The Poetry of Light and Shadow von Ceydrael (Loki x OC) ================================================================================ Kapitel 19: Dunkle Vergangenheit -------------------------------- Eine unscheinbare Kleinstadt, wie es derlei viele auf der Landkarte gab. Ein Ort, geprägt von scheinheiliger Harmonie, die sich in gepflegten Vorgärten und reinen, weißen Fassaden von schicken Einfamilienhäusern manifestierte. Ein Ort, umschmeichelt von scheinfrommem Frieden und Ordnung, an dessen Eindruck die Bewohner mit Nachdruck festhalten wollten; mit kleinen, idyllischen Geschäften, reinlichen Straßen und blumengesäumten Parkanlagen. Die dichten, dunkelgrünen Tannenwälder Kanadas zogen sich fast wie ein schützender Ring um die kleine Stadt, welche eingebettet in einem länglichen Tal zwischen höheren Gipfeln lag, auf denen der Winter bereits Einzug gehalten hatte, wie auch auf den reifüberzogenen Wiesen des Ortes, die unter der Morgensonne glitzerten. Loki schob seine getönte Brille höher auf der Nase, um über die tiefstehende Sonne und deren Reflexionen auf Straßenschildern und raureifbesprenkelten, geparkten Autos noch etwas zu erkennen; er lenkte den Maserati gemächlich die Hauptstraße ins Zentrum der kleinen Stadt hinunter, während Gwendolyn neben ihm langsam aus ihrem Schlaf erwachte. Die Sterbliche hatte sich in eine Decke gekuschelt, nur ihre fellbesetzten Stiefel und ihr rotes Haar hatten noch herausgeschaut, bevor jetzt ihre Augen folgten, die blinzelnd und verkniffen die Umgebung sondierten, während sie sich aus den Lagen der Decke schälte und herzhaft gähnte. »Guten Morgen…« raunte Loki mit einem Schmunzeln und bescherte Gwen damit ein seichtes Zusammenzucken; offenbar hatte sie einen Augenblick Probleme sich zu orientieren. »Morgen…« nuschelte sie verhalten und tastete nach dem Becher mit dem Rest ihres längst kalten Kaffees; ein Überbleibsel ihres letzten Zwischenstopps. Angewidert verzog sie das Gesicht, kippte das bittere Gebräu jedoch in einem Ruck hinunter. Die Menschen hingen wirklich sehr an diesem absonderlichen Laster; Loki selbst konnte der schwarzen Brühe wenig abgewinnen, nach der die Sterblichen so verrückt waren - hatte eine belebende Wirkung, schmeckte aber scheußlich. »Ich wollte doch nur fünf Minuten die Augen zumachen…« murmelte Gwendolyn beinahe reumütig neben dem Magier, der ihre mühsamen Verrenkungen mit einem Grinsen beobachtete; offenbar war Schlafen in diesen tiefen Schalensitzen nicht sonderlich angenehm. Die Sterbliche griff sich in den Nacken und stöhnte gepeinigt auf. Eigentlich hatte sie ihm angeboten gehabt, die restliche Strecke am Steuer zu übernehmen, damit er sich auch mal ausruhen könnte, doch nachdem sie so tief neben ihm eingeschlafen war, hatte er sie nicht mehr wecken wollen. Sie hatte den Schlaf sicher auch nötiger als er gehabt. »Aus den fünf Minuten sind reichliche drei Stunden geworden.« informierte sie Loki, der den Wagen gerade durch eine Allee am Rande eines kleinen Teiches lenkte, wo ein älterer Mann mit seinem Hund zum Morgenspaziergang unterwegs war. Der Alte verfolgte das teure Auto mit einem argwöhnischen Blick aus seinem faltigen Gesicht. »Inzwischen sind wir angekommen.« »Tatsächlich…« murmelte Gwen verhalten und richtete sich in ihrem Sitz auf, die Decke noch immer schützend um sich geschlungen. »Hier scheint sich wie immer nichts geändert zu haben…« Ein flüchtiges Lächeln glitt über ihre Lippen, welches seltsam wehmütig erschien, allerdings auch verhalten. Mit beiden Händen fuhr sie sich durch die wirren Haare und erneuerte ihren losen Zopf, bevor sie nach ihrer Brille auf der Ablage griff und jene wieder auf die Nase schob. Dann schweifte ihr Blick von einer Seite auf die andere und ihr Finger zeigte Loki bestimmte Orte und Plätze, welche sie mit ihren Erinnerungen schmückte. »Dort hinten ist der kleine See, an welchem ich als Kind oft mit meinem Dad angeln war. Und dort ist der Laden der alten Wilhelmine, die hatte wirklich die besten Süßigkeiten und Plätzchen im Ort. Daneben hat Tahatan seinen Laden. Er ist sowas wie unser Stadt-Indianer, zumindest bezeichnet er sich selbst so. Seine Wurzeln liegen bei den Ureinwohnern Amerikas.« Ihr Finger deutete nun auf ein größeres, älteres Gebäude, vor dem sich viele Kinder tummelten und kreischend über den Hof davor jagten. »Oh, meine alte Schule…naja…keine schöne Erinnerung…« gab sie sarkastisch von sich und ließ sich in ihrem Sitz wieder zurücksinken. »Fahr einfach die Hauptstraße weiter, dann müssten wir die Polizeiwache bald erreichen. Sie liegt ein wenig außerhalb des Zentrums, am anderen Ende der Stadt.« Der Magier nickte und folgte der Straße in gemächlichem Schritttempo, gerade da in der Nähe der Schule immer wieder Kinder gefährlich nah am Rand des Bürgersteiges auftauchten. Loki mochte die Sterblichen zwar nicht besonders, doch ihre winzigen Nachkommen waren noch weitestgehend unbelastet von den Dummheiten und Sünden ihrer Eltern, sodass man sie fast als unschuldig bezeichnen konnte. Ein Wort, was der Magier selten benutzte, dessen Bedeutung er aber durchaus kannte. Ein leises, empörtes Maunzen drang aus dem hinteren Bereich des Autos hervor und veranlasste Gwendolyn, sich in ihrem Sitz umzudrehen. »Hey Baby, ich weiß, du willst raus und hast Hunger, aber ein bisschen musst du dich noch gedulden…« Der Kater war bisher ziemlich genügsam und ruhig in seiner Box gewesen, doch nach mehr als einem Tag im Auto hatte er offenbar die Nase gestrichen voll vom fahren. Loki konnte es ihm nicht verübeln. Seine eigenen Knochen würden es umgehend begrüßen, sich wieder einmal strecken zu dürfen; diese fahrbaren Untersätze der Sterblichen waren definitiv nicht für großgewachsene Götter gemacht. »Nicht nur dein Haustier wäre froh über ein bisschen frische Luft und Bewegung…« raunte der Magier mürrisch und entlockte damit der Sterblichen ein sachtes Schmunzeln. In einer vertraut freundschaftlichen Geste tätschelte sie seinen Unterarm und säuselte gespielt mitleidig: »Keine Sorge, mein Großer. Ich geh nachher mit dir Gassi, damit du dir die Beine vertreten kannst.« Lokis angespannt gehobene Brauen veranlassten Gwendolyn zu einem hellen Kichern, was ihm irgendwie gut gefiel; seine Mundwinkel zuckten ebenfalls in die Höhe und ihm entkam ein amüsiertes Schnauben. »Zu gütig…« murmelte er verstimmt. Dem Magier fiel auf, dass die Finger der Sterblichen noch immer auf seinem Unterarm lagen; die Berührung war angenehm warm und sanft. Gwen räusperte sich unsicher und zog ihre Hand dann langsam zurück, nachdem ihr wohl ebenfalls aufgefallen war, dass sie den Kontakt einen Augenblick zu lang gesucht hatte. Loki hatte es nicht gestört. »Tja, ähm…« begann sie dann, nachdem sie sich wieder gerade in ihren Sitz hatte sinken lassen. »Wie sieht nun dein Plan konkret aus? Jetzt sind wir ja hier, wo alles angefangen hat. Wie geht es jetzt weiter? Ich meine, ich habe schon früher nach den genauen Umständen meines Auftauchens geforscht, allerdings haben mir alle immer nur das Gleiche gesagt. Ich glaube nicht, dass sich das nach den Jahren geändert hat. Was ist, wenn wir nix finden?« Ihr Blick schweifte unsicher zu ihm herüber. »Wir werden etwas finden.« gab Loki bestimmt von sich und hielt den Wagen sanft vor einer Ampel, wo eine Gruppe junger Mütter mit Kinderwagen wohl gerade unterwegs war zum morgendlichen Einkauf im Supermarkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Alle Frauen wandten die Köpfe neugierig zu dem teuren, unbekannten Wagen um und einige vergaßen selbst für einen Moment, die Straße zu überqueren; alle versuchten gespannt in das Innere des Wagens zu schielen. Gwen ließ sich auf ihrem Sitz tiefer sinken und verbarg das Gesicht halb hinter der Hand; sie schien nicht sonderlich viel Wert darauf zu legen erkannt zu werden. »Was macht dich da so sicher?« hinterfragte sie. Ein Blick in den Rückspiegel offenbarte Loki den schwarzen Van von S.H.I.E.L.D, der fast Stoßstange an Stoßstange hinter ihnen gehalten hatte. Diese Bewachung durch die Schoßhunde Direktor Furys war absolut lästig; auch wenn der Magier die Intentionen der Sterblichen dahinter verstand - er kam sich wieder vor wie in Asgard mit einer Meute abgerichteter Palastwachen im Schlepptau. Außerdem war dieser Haufen Agents mehr als lächerlich; wenn er es darauf angelegt hätte, der Erde erneut zu schaden und seinem Machthunger zu folgen, so hätte ihn dieser jämmerliche Trupp um Andrew Preston gewiss nicht aufhalten können. Bildeten sich diese hirnlosen Marionetten wirklich ein, etwas gegen ihn ausrichten zu können? Diese Anmaßung allein wäre es fast schon wert gewesen, sie zu vernichten… Der Magier biss die Zähne angespannt aufeinander und beschleunigte den Wagen bei Grün unpassend schnell, sodass die Reifen geräuschvoll durchdrehten, bevor der Maserati geschmeidig nach vorn schnellte. Die Blicke der Frauen folgten ihnen nach, wie der Magier im Außenspiegel erkannte - ebenso der Van, der einen Moment tatsächlich Schwierigkeiten hatte, ihnen zu folgen, was Loki ein amüsiertes, selbstzufriedenes Grinsen auf die Lippen zauberte. »Wenn in Asgard nicht des Rätsels Lösung liegt, so muss es sie hier geben. Das ist eine unabdingbare Tatsache.« »Naja, ich weiß nicht, ob ich deinen Optimismus da teilen kann….oder will…« sprach die Sterbliche leise und seufzte. Der Magier schielte flüchtig zu ihr hinüber; sie zog die Decke wieder höher und wirkte mit einem Mal seltsam angespannt. Sie kaute auf der Innenseite ihrer Wange, während sie nachdenklich aus dem Fenster sah. »Dir behagt der Gedanke nicht, dass wir wirklich etwas finden könnten, oder?« Loki drosselte das Tempo des Maseratis wieder, damit der Van aufholen konnte. Der Magier hatte keine Lust auf erneute, ellenlange Diskussionen - die hatten ihm nach dem Besuch der seltsam quietschbunten Restaurantkette mit einem rothaarigen Narren als Aushängeschild gereicht; die Menschen hatten wirklich seltsame Götzen, die sie anbeteten. »Nein, nicht wirklich.« begann Gwendolyn, bevor sie tief Luft holte. »Ich meine, einerseits bin ich schon neugierig und will endlich wissen, was das in mir ist und woher es komm, woher ich komme, wo meine Wurzeln liegen, aber andererseits…« Sie hielt kurz inne und sah wieder aus dem Fenster auf die vorbeiziehenden Häuser und Bäume am Rand der Straße. »…wenn wir etwas finden, dann wird wahrscheinlich nichts mehr so sein wie vorher. Und davor habe ich Angst.« Loki hob fragend eine Braue und sah kritisch zu ihr hinüber. »In deinem Leben ist jetzt schon nichts mehr wie zuvor.« Die Sterbliche lachte knapp, resigniert, einsichtig. Ihr Fokus senkte sich auf ihre Hände, die den leeren Kaffeebecher zwischen ihren Flächen rollten. »Tja, ja…da hast du wahrscheinlich Recht. Die Frage ist nur…wie viel schlimmer kann es noch kommen?« Ihre hellen Augen suchten seinen Blick und er erkannte eine tief verborgene Bitte im Licht dieser blassen Teiche; ein Flehen nach Unterstützung und der Zuversicht, dem Ungewissen nicht allein begegnen zu müssen. »Nun, in Anbetracht der Tatsache, dass der Herr der Schwarzalben Malekith von einem uralten Wesen, sinnend auf Rache, besessen ist und das Universum in eine zweite Finsternis zu stürzen droht, so gehe ich doch recht in der Annahme, dass es durchaus wesentlich schlimmer kommen kann.« resümierte er trocken. Gwendolyn seufzte erneut, nun beinahe beschämt. »Tja, stimmt. In Anbetracht dieser Tatsache ist mein Schicksal wahrscheinlich eher unwichtig-« murmelte sie schwächlich. »Das wollte ich damit nicht andeuten.« unterbrach er sie bestimmt. »Ich wollte damit nur sagen, dass wir damit fertig werden, egal, was wir auch finden mögen. Wir werden dieses Problem mit deiner Kraft, dieses Rätsel lösen. Dessen bin ich mir gewiss, wogegen ich beim Weltenende mehrerlei berechtigte Zweifel hege, ob wir jenes ebenso selbstverständlich bewältigen können.« erklärte er sich sachlich, während er den Wagen gekonnt in eine Parklücke lenkte, die ihm die Sterbliche knapp gewiesen hatte. Nun sah sie ihn wahrlich verblüfft an, bevor sie blinzelte und ehrlich überrascht meinte: »Du…du hast von „wir“ gesprochen…?!« Loki zog die Stirn kraus und drehte den Zündschlüssel, woraufhin der Wagen mit einem sanften Schnurren verstummte und ungewohnte Ruhe zurückließ. Der Van von S.H.I.E.L.D hielt unweit hinter ihnen an der Straßenseite. »Natürlich wir. Mir ist nicht bewusst, dass ich eine Illusion genutzt hätte, um mich unsichtbar zu machen.« Mit einer bezeichnend hohen Augenbraue wandte er sich zu Gwendolyn, die kurz den Blick senkte, bevor sie ihn wieder ansah. »Ja…nein, also das hab ich nicht gemeint. Ich meinte…ich bin überrascht, dass du so selbstverständlich von „wir“ sprichst. Ich…also…ach scheiße…ich meine, danke Loki. Einfach danke, dass du da bist, auch wenn du jetzt womöglich lieber woanders wärst.« Erneut streckte sie ihre blasse, zierliche Hand aus und bettete ihre Finger auf seinem Unterarm, der durch den aufgerollten Stoff seines Hemdes halb entblößt war. »Das bedeutet mir viel, ehrlich. Ich bin froh, dass du jetzt hier bist.« Ihr Blick war so offen und zugetan, dass er darunter schlucken musste und den Schlüssel des Wagens dann mit einem verhaltenen Räuspern aus dem Schloss zog. Es war lang her, dass ihn jemand so offen und vertrauensvoll angesehen hatte und Loki wusste kaum noch, wie man mit so etwas umgehen musste. Vertrauen… Er war geübter darin, Vertrauen und Erwartungen zu enttäuschen, als jene zu erfüllen. Thor hätte er jetzt sicherlich ein paar passend bissige Worte erwidert, doch bei Gwendolyn brachte er das irgendwie nicht fertig. Bei seinem Bruder wusste er, dass dieser niemals in seiner naiven Liebe schwanken würde; egal, was Loki auch tat oder sagte, Thor würde ihn immer lieben - tief in seinem Herzen würde der Donnergott immer einen Platz für Loki reserviert haben. Der Gedanke war seltsam tröstlich; albern, aber tröstlich. Egal, wie sehr er um sich schlug und biss wie ein wildes Tier - Thor würde immer zu ihm zurückkehren wie ein Stern, der einfach nicht aus seiner Bahn konnte; wie Planeten kreisten sie umeinander, immer entfernt, doch nie weiter als es die Anziehungskraft zuließ - sie konnten nicht ohne einander, aber miteinander war es ebenso schwer. Doch bei Gwendolyn wagte er diese Grenze nicht so forsch auszutesten; sie fesselte nichts an ihn außer dieser unsichtbare Strang, der sie seltsamerweise verband - ihre Nähe und ihr Zutrauen wären schneller zerstört und womöglich nicht so rasch wieder aufgebaut. Dass sie nach der Sache mit New York jetzt hier mit ihm im Auto saß, ihn berührte und ihm ihren Dank aussprach war bereits Wunder genug; ein Wunder, was er gewiss nicht verdient hatte und was er noch weniger begreifen konnte. »Schon in Ordnung. Ich versprach, dich zu schützen und ich halte mein Wort.« brachte er rau heraus und drückte ihr die Schlüssel des Wagens in die Hand, bevor er die Tür öffnete und ausstieg. Er benötigte jetzt dringend frische Luft; jene begrüßte ihn mit morgendlicher Kälte, in welcher der Geruch des Winters bereits mitschwang. Es war kalt, die Luft klar und rein - eine wahre Wohltat nach der stickigen Luft der Großstadt. Loki hatte keine Probleme mit dem beinahe eisigen Hauch, welcher aus dem Norden heranwehte; Gwen jedoch zuckte stöhnend zusammen, als sie sich nur in einem dünnen Shirt und Jeans aus dem Auto wagte. Sie schlang die Arme um sich und rieb jene in einer intuitiven, aber nutzlosen Geste. »Mist…hab ganz vergessen, wie kalt es um die Jahreszeit hier schon sein kann…« murmelte sie bibbernd. »Hoffentlich hab ich irgendwo noch einen Pullover rumliegen…« Sie umrundete das Auto und öffnete den Kofferraum, um in ihren Sachen zu wühlen. Der Magier indes sah sich aufmerksam um; vor ihnen zogen sich die Treppen zur örtlichen Polizeistation hinauf, vor der ein paar jüngere Polizisten in der morgendlichen Kälte zusammenstanden, Kaffeebecher und Zigaretten in der Hand. Ein paar Köpfe hatten sich bereits zu ihnen umgewandt, während man sie kritisch und aufmerksam in Augenschein nahm. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lag ein Geschäft mit großer, verglaster Front; ein Friseursalon, wie ein Schild auswies, in welchem Kundinnen wie angestellte Damen nun neugierig an das Fenster herantraten und die Neuankömmlinge eingehend musterten. Die Münder der Frauen bewegten sich hektisch, wahrscheinlich wurden bereits die ersten Thesen aufgestellt, während beinahe alle Augenpaare an dem Gott hängen blieben und jenen unverhohlen anstarrten. Die weiblichen Sterblichen drückten sich fast die Nasen am Fenster platt. Zumindest besaßen die Weiber den Anstand, den Blick zu senken, als Loki seinen Fokus zu ihnen lenkte und die schmalen Augenbrauen über den Rand seiner Sonnenbrille erhob; allerdings wurden die Köpfe schon wieder zusammengesteckt, als Gwendolyn an seine Seite trat und sich ebenfalls umsah. In einigen Gesichtern spiegelte sich unverhohlene Missgunst. Gwen hatte einen schrecklich unförmigen Pullover übergeworfen, die schmalen Schultern allerdings noch immer unter der Kälte hochgezogen. »Tja, wir werden wohl Stadtgespräch Nummer eins heute sein…« murmelte sie sarkastisch, nachdem sie die aufgeregten Frauen im Geschäft gegenüber ebenfalls bemerkt hatte. Der Magier zögerte nicht lange und zog seine Lederjacke aus, um sie der Sterblichen noch um die bebenden Schultern zu legen. Sie wirkte verblüfft und sah fast irritiert zu ihm auf, während sie sich dankbar in die Jacke kuschelte; Loki hatte sogar das Gefühl, dass sie verstohlen seinen Geruch einsog, was ihn mit fremdartig männlichem Stolz erfüllte. »Äh…danke. Aber…ist dir nicht-« Sie unterbrach sich selbst und grinste schief zu ihm auf. »Schon gut. Ich vergaß. Eisriese. Irgendwie ziemlich praktisch.« meinte sie leichthin mit einem feinen Schmunzeln und zum ersten Mal störte es Loki seltsamerweise nicht, mit seiner Abstammung konfrontiert zu werden. Gwendolyn gebrauchte dieses verhasste Wort nicht wie eine Beleidigung; nicht wie ein Wort, was Schrecken oder Abscheu hervorrufen sollte, sondern wie eine verborgene Bewunderung. Loki entblößte die Reihen seiner weißen Zähne in einem wölfischen Lächeln; ab und an konnte es durchaus von Vorteil sein, eine eisige Herkunft zu haben, entschied er in diesem Moment. »Gut. Dann mal auf in den Kampf, hm?« Gwendolyn straffte die Schultern und umrundete das Auto, um sich mit selbstsicherem Schritt schon in Richtung Polizeiwache aufzumachen, als Andrew Preston sie aufhielt, welcher eben aus dem Van hinter ihnen gestiegen war. Der Agent musterte Loki wie die Sterbliche argwöhnisch. »Wo wollt ihr hin?« Seine Tonlage vermittelte latenten Widerwillen. Es war ihm selbst über getönte Brillengläser anzusehen, dass ihn diese Reise ziemlich gegen den Strich ging - eine Tatsache, die den Magier innerlich triumphieren ließ. Gemächlich begab er sich an die Seite der Sterblichen, die die Hand des Agents in einer entschiedenen Geste von ihrem Arm wischte. »Oh, Andrew, nicht. Geh zurück zu deinem Wagen. Die Regierung können wir hier gerade gar nicht gebrauchen. Wir ziehen so schon die ganze Aufmerksamkeit auf uns. Die Leute hier sind Fremden gegenüber misstrauisch genug. Wenn wir irgendwas in Erfahrung bringen wollen, dann halte dich und deine Männer zurück, okay? Beobachtet von mir aus, überwacht, macht, was ihr wollt, aber geht uns nicht auf die Nerven und folgt uns auf Schritt und Tritt!« fuhr sie ihn verstimmt an. Gwendolyn hatte die Sache von New York und Ironman offenbar nicht vergessen. Andrew Preston schnaubte unzufrieden, doch da er ebenfalls die argwöhnischen Blicke der Polizisten bemerkte, fügte er sich schlussendlich mit einem letzten, warnenden Blick in Lokis Richtung und ging zu seinem Auto zurück. »Gwendolyn?! Bist du’s wirklich?« Einer der jungen Männer hatte sich aus der Traube der Gesetzeshüter gelöst und kam nun die Treppe zu ihnen herab, während er sich seine Mütze von den braunen, kurzen Haaren zog. Sein wachsamer Blick aus braunen Augen flackerte über Loki, ebenso über den Van von S.H.I.E.L.D, bevor er bei der Sterblichen stehen blieb und jene verblüfft angrinste. »Ben?!« Gwendolyn schien ebenso überrascht, bevor sie den großen, kräftigen Mann freudig in die Arme schloss. »Hey, schön dich zu sehen. Himmel, gut siehst du aus. Wie geht es dir?« Bewundern blickte sie zu dem Jungen auf, was Loki fast ein ärgerliches Knurren entlockt hätte. »Danke, gut. Und schön, dich zu sehen, Gwen. Mensch, du warst lange nicht hier. Bist du gekommen, um deine Eltern zu besuchen?« Seine Aufmerksamkeit weilte einen Augenblick zu lang für den Geschmack des Magiers auf dem schwarzen Van, dann auf dem teuren Maserati, bevor der Blick des Polizisten erneut an dem Gott hängen blieb. Der Sterbliche war definitiv aufmerksam. Loki schenkte ihm ein süffisantes, aufgesetztes Grinsen. »Oh, ja, ähm…auch. Hauptsächlich bin ich hier, weil ich für eine neue Story recherchieren will.« erklärte sich Gwendolyn mit geübter Selbstsicherheit und strahlte den jungen Mann einnehmend an. »Und ich dachte schon, du wärst aus der großen Stadt geflohen.« begann Ben nun amüsiert, bevor er wieder ernst wurde. »Wir haben die Bilder aus New York hier auch gesehen. Ziemliches Chaos bei euch da unten, hm? Immer etwas los…« Wieder glitt sein Blick über Gwens Schulter zum Wagen von S.H.I.E.L.D, bevor er Loki genauer in Augenschein nahm und über dessen recht leichte Bekleidung in der frostigen Luft die Braue hob. Der Polizist selbst war in eine dicke Jacke gekleidet. »Und wer ist dein Freund hier?« verlangte er freundlich zu wissen und grinste die Sterbliche neugierig an. »Oh, das…das ist…äh…« Gwen hatte sich zu dem Magier umgewandt, die Arme noch immer um sich und seine Jacke geschlungen, über deren Kragen sie nun fast ein wenig hilflos zu dem Gott aufsah. »…ein Kollege von mir. Sein Name ist Loki. Er ist Europäer und soll mich die Wintermonate über begleiten.« Sie streckte nun eine zierliche Hand in Richtung des Magiers, dann wies sie auf den sterblichen Ordnungshüter. »Ben, Loki Laufeyson. Loki, das ist Ben Henslay, ein…ähm… alter Freund von mir.« Der Polizist lachte amüsiert auf. »Ach, jetzt bin ich schon nur noch der alte Freund?!« Er zwinkerte Gwendolyn zu, die verlegen tiefer in der großen Jacke des Gottes versank. »Nun gut, ich will euch nicht aufhalten, muss eh gleich auf Streife. Da wünsche ich euch mal viel Glück für eure Recherchen. Oh, äh, Gwen…« wandte er sich nochmal um, wo er eben schon dabei gewesen war zu gehen. »…vielleicht kann man sich ja mal wieder treffen, wenn du länger in der Stadt bleiben solltest?! Ich würde mich echt freuen.« Sein Ton war definitiv zu hoffungsvoll und ließ Loki die Brauen senken; zum Glück für den Sterblichen trug er die Sonnenbrille, sonst wäre der liebe Ben wahrscheinlich unter seinem vernichtenden Blick zu Asche verschmort… »Hm, ich glaube nicht, dass ich lange da sein werde, Ben. Wir sind gewissermaßen nur auf der Durchreise. Tut mir leid…« erklärte sie entschuldigend. Der Polizist ließ die Schulter hängen, zeigte aber ein jugendliches, zuversichtliches Lächeln. »Hey, schon okay. Dann vielleicht ja ein andermal.« Er winkte Gwendolyn zum Abschied zu, dann lief er schnellen Schrittes zu seinem Kollegen und stieg in ein bereitstehendes Streifenfahrzeug. »Ein alter Freund, hm…« wiederholte Loki trocken und starrte dem jungen Polizisten hinterher, während er neben Gwendolyn herlief, welche die Hände in seiner Jacke vergrub und dem Mann ebenfalls mit dem Blick folgte. »Der Sterbliche hat eindeutig Interesse an dir, welches sich nicht nur auf Freundschaft bezieht.« »Ach Quatsch…« wiegelte Gwen sogleich ab und erklomm die Stufen zur Polizeiwache. Die Traube der Männer hatte sich aufgelöst; selbst mit dicken Jacken und heißem Kaffee war es den meisten wohl zu kalt geworden, um länger als eine Zigarettenpause in der eisigen Luft zu verweilen. »Das ist längst vorbei. Wir waren mal ein Paar, aber das ist schon Ewigkeiten her. Ben war meine erste, richtige Beziehung.« erklärte die Sterbliche beiläufig und zog die Tür zur Station auf, während ihr gar nicht auffiel, dass der Magier zurückblieb. Er hatte die Brauen kritisch hinter seiner Brille zusammenzog, sodass sich eine sehr steile und sehr scharf begrenzte Falte auf seiner Stirn bildete. Sein glimmender Blick folgte dem fahrenden Polizeiwagen und er hob in einer rein gefühlsmäßigen Bewegung seine Hand; das Summen der Magie bereits schon kribbelnd zwischen den Fingerspitzen als grüner Schein umherwabernd. Wie leicht es wäre, diese unbedeutende Existenz zu beenden; ein Wink nur, das Krümmen einiger Knochen, ein müdes Aufwallen von Magie, kaum der Rede wert… Doch rechtfertigte die scheinbare Leichtigkeit das Auslöschen eines nahezu unwichtigen Lichtes? Sprach einen allein die Möglichkeit der Tat von Schuld frei? »Das wird dein Grab, wenn du dich nicht wieder erinnerst, wer du einst warst. Wenn du nicht lernst, die Schwächeren zu behüten und Achtung vor allem Leben zu haben, denn das ist es, was Götter tun.« Im letzten Augenblick presste Loki die Lippen aufeinander und ließ die Hand sinken; der Wagen mit Ben verschwand um die nächste Häuserecke und der Magier wandte sich mit einem Schnauben ruckartig ab. Dann erst folgte er der Sterblichen ins Innere des Hauses, während er angespannt die Zähne zusammenbiss. Wenn es nicht völlig abwegig gewesen wäre, würde er behaupten, dass er tatsächlich zu einem besseren Gott mutierte. Eine erschreckende Vorstellung. Wahrlich erschreckend. Nach gefühlten Stunden in hitzigen Diskussionen und ergebnislosen Wortgefechten stürmte Gwendolyn wieder aus der Polizeistation; sie stieß die Tür geräusch- und schwungvoll auf, sodass diese unter einem vernehmlichen Donnern mit der Hauswand kollidierte. Der Beamte hinter dem Empfangstresen schickte ihnen einen ärgerlichen Blick hinter, nachdem er wohl froh war, die lästigen und hartnäckigen Besucher endlich abgewehrt zu haben. Loki stolzierte gemächlich hinter der wutschnaubenden Sterblichen aus dem Gebäude, die Hände in den Taschen seiner dunklen Jeans vergraben, beobachtete er ihren Ausbruch mit ehrlicher Erheiterung und blieb am oberen Treppenabsatz stehen, während der auffrischende Wind an den Aufschlägen seines Hemdes und seinen Haaren zerrte. Sein Auftauchen zog die Meute an begierigen, neugierigen Frauen wieder an das Fenster des Friseurgeschäftes, was der Magier über den Rand seiner getönten Gläser registrierte. Die sterblichen Frauen machten in seiner Gegenwart oft den Eindruck, als hätten sie noch nie einen Mann erblickt. »Was bilden die sich eigentlich ein?! Ich darf nicht mal meine eigene Akte einsehen?! Man, das ist doch hirnrissig. Wo soll ich denn jetzt auf die Schnelle einen Anwalt auftreiben?« Aufgebracht stapfte die Sterbliche in ihren Stiefeln vor den Treppenstufen auf und ab und meckerte unzufrieden in die Falten seiner Lederjacke, in welcher sie ihre Nase unter hochgezogenen Schultern vor dem kalten Wind vergraben hatte. Ihre Augen jedoch blitzten vor Feuer und boten einen reizvollen Gegensatz zu den eher frostigen Temperaturen. »Damit sind wir kein Stück weiter gekommen. Wir können doch nicht jeden Bewohner befragen, ob er in fraglicher Nacht etwas Ungewöhnliches bemerkt hat. Was für ein Mist…« Frustriert rieb sie sich über die geröteten Wangen. Tatsächlich hatten sich die Angestellten der Station geweigert, Gwendolyn die Akte jener Nacht auszuhändigen, in welcher sie gefunden wurde, mit der Begründung, dass dies nur unter Aufsicht eines Anwaltes geschehen dürfte. Alles Bitten und Betteln hatte nichts geholfen; die Polizisten waren standhaft geblieben. Und der Magier hatte das Gefühl gehabt, dass hinter dem Schutzschild der Vorschriften noch etwas gänzlich anderes stand - einige der älteren Polizisten hatten anfangs unpassend nervös auf Gwendolyns Anfrage reagiert, als wollten sie unbedingt etwas verstecken. Das hatte definitiv seinen Argwohn geweckt. Und seine Neugierde. Der Magier reckte das Kinn und löste seine Sinne; wie ein Angler seinen Köder zog er die Fäden seiner Magie wieder ein, die er zuvor in dem Gebäude unbemerkt und geschickt gewoben hatte. Die energetischen Verbindungen ballten sich unter einem rauschenden Säuseln zu einer Einheit und formten eine perfekte Illusion, welche sich nun auf den Rückweg zu ihrem Meister machte. Kurz darauf schwang schon die Tür der Polizeistation erneut auf und ein älterer Mann lief die Treppen hinab; hinter ihm, durch die noch offene Tür glitt geschmeidig eine hochgewachsene Gestalt in Uniform, welche ein breites, zufriedenes Grinsen spiegelte, was auf den Zügen Lokis seinen Ursprung trug. Gwendolyn war am Fuße der Treppe stehen geblieben und starrte plötzlich verstummt mit großen Augen zu der perfekten Kopie des Magiers auf, deren Gesicht halb unter dem Schatten einer Polizeimütze verborgen lag. Allerdings war das spöttische Grinsen auf den blassen Zügen unverkennbar, ebenso die dunklen Haare, welche sich über dem Rand der Uniformjacke kräuselten. Die Illusion des Polizisten überreichte dem wahren Magier eine braune, unauffällige Mappe und lief dann ebenfalls gemächlich die Stufen hinab, um die Straße hinauf zu verschwinden. Die Sterbliche starrte der Kopie Lokis mit offenem Mund hinterher und der Gott stellte mit gehobener Braue fest, dass ihr Blick einen Augenblick tatsächlich auf seinem Hintern zu hängen schien - zumindest auf dem Hintern seiner Illusion, bevor jene hinter der nächsten Biegung der Straße in einem Schimmern verschwand. Selbstgefällig und gelassen stieg der Magier nun ebenfalls die Stufen hinab und blieb neben der Sterblichen stehen, die braune Akte mit einem süffisanten Grinsen in den Fingern schwenkend. »War es etwa das, wonach du verlangtest?« »Loki!« zischte Gwendolyn fast erschrocken und riss ihm die Akte förmlich aus der Hand, um diese sofort unter der Lederjacke verschwinden zu lassen. Gehetzt sah sie die Straße auf und ab, warf selbst einen nervösen Blick über die Schulter zum Friseurgeschäft, wo sie noch immer Beobachter hatten und beugte sich dann näher zu dem Magier. »Verdammt! Du kannst doch nicht einfach eine Polizeiakte stehlen und damit noch in der Gegend herumwedeln! Bist du völlig verrückt?!« wisperte sie angespannt. »Darf ich meinen allseits nachgesagten Wahnsinn als Ausrede nutzen?« hinterfragte er noch immer schmunzelnd. Ihre Aufregung amüsierte ihn; als ob die Sterblichen schon etwas gegen ihn hätten unternehmen können. »Nein, darfst du nicht!« wies sie ihn zurecht, wobei ihre Mundwinkel verräterisch zuckten. Ihre zierliche Hand klatschte in einer belehrenden Geste vor seine Brust, nicht mehr als das flüchtige Streifen ihrer Finger, bevor sie verstohlen ihre Jacke öffnete und auf Datum und Name der Akte schielte. »Bingo.« murmelte sie mit einem zufriedenen Lächeln und sah zu dem Magier auf. »Danke, Loki.« »Gwendolyn?« Eine raue, akzentuierte Stimme ließ die beiden herumfahren. »Gwendolyn Lewis?!« Ein Mann mittleren Alters war am oberen Treppenabsatz erschienen, seine dunklen Augen fixierten die beiden unter dem Rand eines breitkrempigen Hutes. Sein dunkles Haar war zu einem Zopf gebunden, seine Haut dunkler und zerfurchter als jene der meisten Anwohner; ein Zeichen, dass er viel an der frischen Luft und unter der Sonne unterwegs war. Ein Mann der Natur, sinnierte Loki, als er den Fremden musterte. Dessen gesamte Haltung strahlte Ruhe und Gleichmäßigkeit aus, Frieden und Freundlichkeit. Er trug eine lederne, bunte Weste unter einer dicken Jacke, seine Füße steckten in festen, dunklen Stiefeln. Um seinen Hals baumelte ein Bündel bunter Federn und silberner Talismane. Gwendolyn drückte die gestohlene Akte ertappt unter ihrer Jacke an die Brust und schickte einen zögerlich unsicheren Blick zu dem Mann hinauf, der nun mit einem freundlichen Lächeln zu ihnen herab kam. »Tahatan?!« Die Sterbliche entspannte sich augenblicklich, als der Benannte vor ihnen stehen blieb und grüßend das Haupt neigte. »Auch ein alter „Freund“?!« verlangte der Magier in spöttischem Argwohn zu wissen, während er den Mann kritisch, aber nicht unfreundlich näher in Augenschein nahm. Dessen Aura strahlte in einem hellen Sonnengelb, warm und freundlich; eine angenehme Präsenz, die ihre sanften Finger nach der Aura des Magiers auszustrecken schien. Gwendolyn zog die Brauen zusammen und schüttelte den Kopf mit einem verkniffen irritierten Gesichtsausdruck in Richtung des Magiers. »Was?! Nein…naja, doch…Loki, das ist Tahatan. Ich habe dir doch von ihm erzählt. Er hat den kleinen Laden hier in der Stadt, den er sehr erfolgreich betreibt, wenn er nicht gerade durch die Wälder streift und mit den Bäumen spricht.« erklärte die Sterbliche nun mit einem warmherzigen Schmunzeln, was der ältere Mann gutmütig zurückgab. Er schien nicht verstimmt über die Äußerung der Menschenfrau zu sein, eher amüsiert über ihre Worte. »Früher hast du meinen Geschichten über die Bäume, Tiere und Geister des Waldes zumindest gern gelauscht, soweit ich mich erinnere. Du warst meist gar nicht mehr aus meinem Laden zu bekommen. Dein Dad musste dich oft mit Schokokeksen nachhause locken.« Der Mann brach in ein warmes, angenehmes Lachen aus, was Gwendolyn die Schamesröte in die Wangen trieb. Verstohlen linste sie zu dem Magier hinüber, bevor sie verhalten nuschelte: »Das ist jetzt aber wirklich lange her…« Tahatan ergriff die Sterbliche sanft am Arm und wies sie ein Stück näher zu sich, während er sich den Hut von den dunklen Haaren zog und fast wie beiläufig zu dem schwarzen Van von S.H.I.E.L.D. hinüber sah. »Ich habe deinen kleinen Disput drinnen eben mitbekommen. Die Männer haben dich nicht wirklich gerechtfertigt behandelt. Und ich bin eben zu dem Schluss gekommen, dass du durchaus ein Recht hast, deine Wurzeln zu kennen, Gwendolyn…« Sie wollte schon erklärend aufbegehren, doch der Mann unterbrach sie bestimmt. »Ich weiß, dass du diese Akte nicht für eine Story haben willst. Du warst noch nie eine sonderlich gute Lügnerin, Gwendolyn.« Er schmunzelte, als die Sterbliche die Schultern resigniert sinken ließ. »Daher wollte ich dir etwas mitteilen. Etwas, was mir in der Nacht aufgefallen ist, als man dich gefunden hat und was wahrscheinlich nicht in den Akten steht…« Der Mann machte eine kurze Pause und sah Gwen lang an, bevor sein kluger Blick zu dem Magier schweifte. In den braunen Augen veränderte sich etwas; ein altes Bewusstsein glomm darin auf und zauberte Tahatan ein wissendes Lächeln auf die Lippen. »Ihr seid weit weg von zuhause, Yuma…« meinte er ruhig. Loki hob eine Braue in die Höhe und tauschte einen beinahe verwirrt fragenden Blick mit Gwendolyn, die den älteren Mann forschend ansah. »Sohn eines Anführers…!?« murmelte sie dann, wahrscheinlich das fremde Wort übersetzend. »Tahatan, du…du weißt, wer er ist…?!« wisperte sie überrascht. »Nein, er weiß es nicht.« erklärte Loki mit schmalem Lächeln, nachdem seine magischen Sinne die Aura des Mannes abgetastet und ausgelotet hatten. »Aber er fühlt es wahrscheinlich. Er hat eine Begabung für das Übersinnliche.« Der Magier neigte das Haupt leicht zur Seite und musterte den Mann nun mit interessierten Augen. Tatsächlich hätte er es nicht für möglich gehalten auf Midgard auch nur einen Menschen zu finden, den man einem Zauberwirker ähnlich setzen könnte. Doch offenbar war die Magie in Midgard nicht völlig verloren; wenn auch schwach ausgebildet, so hatte der Mann vor ihm doch auffällig feine Sinne und ein Gespür für Erschütterungen und Unregelmäßigkeiten in den Energien. Interessant. »Aber…also, Tahatan…äh…das mit ihm ist ein bisschen kompliziert. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll…er ist-« begann Gwen erklärend, doch der Mann unterbrach sie erneut mit einem milden Lächeln. »Schon gut, Gwendolyn. Ich muss es nicht wissen. Ich muss nur wissen, dass er dir nicht schaden will und auf dich acht geben wird…« Tahatan hob seinen Blick zu dem Magier und kreuzte dessen Fokus unbeirrt; Weisheit stand in den warmen, braunen Kreisen jener Augen, die Lokis Seele zu sondieren schienen; ein prüfender, wissender Blick, der durch die Schleier und Illusionen grüner Augen zu sehen vermochte - jenes Forschens ähnlich aus alten, wissenden Augen des Allvaters, wenn Thor und Loki sich einmal mehr wegen Ungehorsam und Streichen vor seinem Antlitz zu verantworten hatten. Loki begegnete der Musterung unbeirrt, wenngleich er die Brauen in einer unbewusst kritischen Reaktion senkte. »Seid unbesorgt, ich werde niemanden davon erzählen. Sein Dasein verursacht so schon genug Wellen in den Energien…« versicherte Tahatan dann ehrlich und legte Gwendolyn eine große Hand beruhigend auf die Schulter. »Zurück zum Thema…du kennst sicher noch den alten Mason, der oben in den Barrow Hills wohnt, oder?« Gwendolyn nickte leicht, durchaus argwöhnisch. »Ähm…ja. Natürlich. Den kennt doch wahrscheinlich jeder, obwohl ihn die meisten kaum zu Gesicht bekommen. Er ist ein ziemlicher Einsiedler und bleibt lieber für sich…« kam ihre zögerliche Antwort. Sie schien selbst schon zu versuchen, die Verbindungen des Rätsels zu knüpfen, um die Antwort zu erahnen. »Nun, in jener Nacht machte ich noch einen kleinen Spaziergang, da ich nicht schlafen konnte. Und da bemerkte ich Masons PickUp. Vor der Polizeiwache. Um ein Uhr nachts. Findest du es nicht auch sonderbar, dass er sich gerade an diesem Tag in die Stadt wagte, noch dazu in der Nacht?! Einkaufen wollte er also sicher nicht. Was also trieb ihn sonst hier herunter…?« Tahatan ließ die Worte schwer in der Luft hängen und setzte sich seinen breiten Hut wieder auf, den er die ganze Zeit in der Hand getragen hatte. Der Wind frischte auf und ließ den dunklen Zopf des Mannes flattern, während er unbeirrt auf die Sterbliche herabsah. Gwendolyn runzelte die Stirn und blinzelte ein paar Mal, bevor sie zaghaft begann: »Du willst sagen-« »Nein, ich will gar nichts sagen, Gwendolyn.« meinte der Mann mit einem Schmunzeln. »Ich will dich nur darauf hinweisen, dass dies womöglich eine Spur ist, die du verfolgen solltest, wenn du wirklich deine Wurzeln finden willst.« endete er in einem sanften Raunen und schenkte der Sterblichen ein Zwinkern. Gwen wechselte einen schnellen Blick mit Loki, der aufmerksam zugehört hatte und nun ein knappes Nicken zeigte, bevor sie sich wieder Tahatan zuwandte. »Das werde ich.« »Aber nicht mehr heute.« sprach der ältere Mann, während er seinen Hut unter einer weiteren, kühlen Böe festhielt, welche Gwendolyn erneut fröstelnd die Arme um sich schlingen ließ. Loki stand weiterhin ungerührt neben ihr; die frostigen Winde eher sanfte Liebkosungen, die seine Haut umschmeichelten wie die Ahnungen auf Finger einer längst vergessenen Liebhaberin. »Das Wetter schlägt um. Ein Tief zieht von Norden heran. Die Meteorologen prophezeien den ersten Blizzard der Saison…« Tahatan hob den geschmälerten Blick zum Himmel, welchen bereits die ersten stahlgrauen Wolken überzogen, die rasch über das Tal wanderten. »Wartet bis morgen. Dann sollte das Schlimmste vorüber sein. Doch im Schneegestöber solltet ihr nicht in den Bergen herumirren.« Der Mann sah die beiden wieder an, bevor er Gwendolyn erneut eine dunkle, wettergegerbte Hand auf der schmalen Schulter bettete und jene sanft drückte. »Pass auf dich auf, Gwendolyn. Ich sehe einige Wirren in deiner Zukunft. Du wirst dich noch vielen Prüfungen stellen müssen. Höre nie auf zu vertrauen - auf dich und auf jene, die in deinem Herzen sind…« raunte der Mann ungewöhnlich ernst unter dem Rascheln der Blätter, welche der Wind die Straße hinabtrieb. Dann verzogen sich seine Lippen wieder zu einem freundlichen Lächeln. Die Sterbliche schluckte sichtbar, dann nickte sie sachte. »Danke, Tahatan.« murmelte sie mit belegter Stimme. »Ich will euch nicht länger aufhalten. Ich muss eh selbst noch ein paar Besorgungen machen. Grüß deine Eltern lieb von mir, ja?« Tahatan tippte sich grüßend an die Krempe seines Hutes, dann wandte er sich ab und überquerte nach einem kurzen Blick zurück die Straße. »Noch mehr kryptische Weissagungen…« wisperte Gwendolyn mit einem Seufzen, während sie bereits zurück zu ihrem Auto schritt. »Langsam kann ich mir fast ein Buch davon binden…« Beinahe erschöpft lehnte sie sich gegen den Maserati und holte tief Luft, bevor sie die Straße auf und ab sah, die Arme noch immer um sich geschlungen. »Ich weiß grad gar nicht, was ich von all dem halten soll. Schon vor Jahren habe ich nach einem Hinweis auf meine Wurzeln gesucht und niemand hat mir mehr verraten als das, was alle wussten. Ich wurde vor der Polizeistation gefunden. Warum ist mir nicht früher aufgefallen, dass das alles sehr seltsam war? Niemand wollte etwas gesehen haben, niemand hatte etwas gehört oder bemerkt…« Loki blieb vor ihr stehen, die Hände wieder in seinen Taschen vergraben. »Womöglich wollten sie diesen Mann schützen, von dem dein Freund sprach?« sinnierte er nachdenklich. »Willst du auf die Warnung des Sterblichen hören?« fragte er dann sachlich und musterte Gwendolyns blasse Stirn, welche von nachdenklichen Falten überzogen wurde. Sie nickte knapp. »Tahatan kennt sich unheimlich gut mit der Natur und dem Wetter aus. Er hat ein Gespür dafür. Wenn er sagt, dass wir nicht gehen sollten, dann sollten wir das auch nicht tun.« Sie zog ihre Unterlippe grübelnd zwischen die Zähne und blickte erneut die Straße hinab, bevor ihr Blick jenen des Magiers suchte. »Aber morgen läuft schon deine Frist auf der Erde aus. Einen Tag so ungenutzt zu verschwenden gefällt mir nicht…« gab sie unzufrieden zu bedenken; ein Hauch von Sorge flackerte durch ihre hellen Augen. Loki zuckte knapp die Schultern. »Verschwendet muss er ja nicht sein…« Er streckte eine Hand aus und hob das Kinn der Sterblichen leicht an, während er ihre Züge mit kritischem Blick musterte. »Du siehst eh aus, als könntest du Nahrung, Ruhe und Schlaf gebrauchen. Wolltest du nicht deine Eltern besuchen?« Er zog die Finger in einem weichen Streifen von ihrer Haut zurück und schob sich eine wirre Strähne aus dem Gesicht, welche der Wind dort aufmüpfig gebettet hatte. »Hm…ja. Schon. Eigentlich würde ich zwar lieber endlich der Wahrheit näher kommen, da mich dieses Warten wahnsinnig macht, aber etwas anderes können wir ja eh nicht tun.« Gwendolyn stieß sich mit einem Seufzen von dem Auto im Rücken ab und kramte die Schlüssel des Wagens heraus, welche sie dem Magier mit einem Lächeln wieder in die Hand drückte. »Du darfst fahren. Ich will meinen Eltern nicht erklären müssen, warum ich plötzlich so einen verdammt teuren Wagen habe. Die unterstellen mir noch Machenschaften mit der Mafia.« erklärte sie schmunzelnd. »Mafia?!« Lokis Brauen hoben sich fragend über den Rand seiner Sonnenbrille, während er den Wagen entriegelte und auf den Fahrersitz rutschte. Die Sterbliche lachte leise und ließ sich neben ihm in den Beifahrersitz fallen; ihre Hand schoss sofort vor und betätigte die Heizung des Wagens. »Ja, Mafia. Fieser Geheimbund. Und du würdest da definitiv ins Bild passen.« erklärte sie mit einem schelmischen Grinsen, nachdem sie dem Magier einen Zeigefinger auf die Brust gestoßen hatte. »Tu mir bitte einen Gefallen, Loki…« begann Gwendolyn dann eindringlich, nachdem er bereits den Wagen gestartet hatte. Sein Blick schweifte abwartend zu ihr hinüber. »…meine Eltern sind nicht mehr die jüngsten und ich will sie in diese ganze Sache auch wirklich nicht mit reinziehen. Lass uns das Thema Asgard, Garm und Malekith einfach nicht anschneiden, ja?« Bittend sah sie ihn an, während sie sich noch immer in seiner ihr viel zu großen Jacke vergraben hatte. Ein seltsam reizvoller Anblick, wie er fand. Er konnte ihre Bedenken verstehen und ihre Bitte war für ihn nachvollziehbar; sie wollte jene, die sie liebte, nicht unnötig belasten. Wenn Malekith wirklich sein Ziel erreichen sollte, so würden alle hier noch schnell genug mit den Auswirkungen dieses Krieges konfrontiert werden. »In Ordnung.« stimmte er mit einem kleinen Nicken zu und legte die Hand bereits auf den Schaltknüppel, welche Gwendolyns Finger nun umfassten. »Und bitte benimm dich.« fügte sie beinahe flehend an, während ihr Blick an seine Vernunft appellierte. Lokis Lippen spannten sich unter einem seichten Schmunzeln, welches rasch zu einem breiten Grinsen erwuchs. »Tue ich das nicht immer?!« zog er sie süffisant auf. »Nicht wirklich. Nein.« wollte sie ihn streng zurechtweisen, doch das verräterische Funkeln in ihren Augen verriet jenes Lachen, dass sie sich nun verbot. Gwendolyns Elternhaus lag wieder etwas abseits des Zentrums; ein kleines, einladendes Häuschen am äußeren Ende der Stadt, welches sich an den Rand des Waldes schmiegte. Das großzügige Grundstück wurde von einem weißen, schlichten Zaun umrandet, hinter welchem gerade ein großer Hund über den Rasen zum Tor flitzte, nachdem er die Autotüren vernommen hatte. Große blaue Augen beobachteten die Sterbliche und Loki aufmerksam, welche gerade aus dem Maserati gestiegen waren; der Schwanz des Hundes wedelte freudig durch die Luft. Gwen trug den Transportkorb ihres Katers, während sich der Magier selbstständig ihren Koffer geschnappt hatte. Ein Blick über die Schulter bestätigte Loki, dass der Van von S.H.I.E.L.D tatsächlich zurückgeblieben war, wie die Sterbliche es verlangt hatte; Gwen hatte kurz mit Agent Preston telefoniert, um ihn zu informieren, wohin sie unterwegs waren, aber auch um ihm mitzuteilen, dass S.H.I.E.L.D sich in einer kleinen Pension in der Nähe einquartieren sollte. Das hatte dem Agent natürlich nicht geschmeckt, vor allem nicht, da Loki so mit der Sterblichen allein wäre, doch Gwen hatte jeglichen Protest seinerseits einfach erstickt, indem sie aufgelegt und das Telefon mit einem entnervten Seufzen in das Handschuhfach des Wagens geworfen hatte. Dort lag es jetzt wohl immer noch. »Hey, Angel. Na mein Lieber. Wie geht es dir?« Gwendolyn hatte das kleine Gartentor aufgestoßen und Winstons Korb kurz abgestellt, um den aufgeregten Hund in Empfang zu nehmen, welcher sie freudig ansprang; die Sterbliche lachte heiter und kraulte dem großen Tier die Ohren, bevor sie den Hund liebevoll umarmte, der sie mit seinen großen Pranken in seiner Begeisterung fast umwarf. Ein Alaskan Malamute, wie sie Loki eben erklärte; das Tier hatte eine hübsche schwarz-weiße Zeichnung und seidiges Fell, ein ungewöhnlich edles Gesicht und tieftreue, eisblaue Augen. »Gwenny?!« Ein älterer Mann mit sichtlich ergrauten Haaren kam gerade um eine Ecke des Hauses und blieb recht verdutzt auf dem Rasen stehen; er trug ein praktisches Arbeitshemd und ausgewaschene Jeans, nebst einer Mütze, die er sich jetzt langsam vom Kopf zog. Sein bereits faltiges, doch gesundes Gesicht wurde von einem weißen Vollbart umrahmt, unter dem sich seine Mundwinkel nun beständig in die Höhe zogen, als er seine Tochter erkannte. »Dad!« Gwendolyn ließ nun von dem Hund ab, der ihr treu hinterher trottete, während sie über die Wiese zu ihrem Vater lief und sich diesem stürmisch in die Arme warf. Die Wiedersehensfreude war beiden deutlich anzumerken und Loki blieb ein wenig abseits stehen, während er sich recht fehl am Platz fühlte. Der Magier bemerkte die Freudentränen des Mannes, als er seine Tochter so unvermittelt wieder in den Armen halten durfte und auch Gwendolyn wirkte sichtlich angerührt von diesem Moment, wobei sie sonst stets den Anschein von Stärke und Kraft zu wahren versuchte. Widersprüchliche Gefühle tanzten durch die Brust des Gottes und ließen ihn in diesem Augenblick für die dunkle Brille auf seiner Nase dankbar sein; womöglich hätte man sonst die Emotionen in seinen Augen bemerkt, die sich vorwitzig aus dem Eispanzer seines Wesens kämpften. Er erkannte, dass er den Vater um seinen Platz beneidete; Gwendolyn ließ bei ihm alle Hemmungen fallen, was von sichtlichem Vertrauen zeugte und der Magier musste sich eingestehen, dass er ebenso gern ihr uneingeschränktes Zutrauen besitzen würde - doch dafür würde er kämpfen müssen, das war ihm klar und weitere Fehltritte durfte er sich dann nicht mehr erlauben. Und andererseits war er ebenso neidisch auf die Sterbliche; auf die Freude und die offenen Arme, welche sie zuhause erwarteten - auf diese unverhüllte Zuneigung und Liebe, die Gwendolyn zuteil wurden. Odin hätte sich niemals zu solch einer Gefühlsregung in der Öffentlichkeit hinreißen lassen, schon gar nicht Loki gegenüber. Mit starrem Gesicht wartete der Magier im Hintergrund; die Züge einmal mehr eine harte, unberührte Maske, unter welcher die Muskeln in seinen Wangen angespannt zuckten. Das Kinn hatte er eigenwillig erhoben, während er mit sich selbst und seinen unnützen Gefühlen kämpfte; Midgard und dessen Bewohner brachten ihm tatsächlich nur Probleme - angefangen mit den Avengers, seiner Niederlage, S.H.I.E.L.D und nun mit dieser rothaarigen Sterblichen, in deren Nähe er immer öfter daran erinnert wurde, dass auch er ein lebendiges Wesen mit Gefühlen und Regungen war, auch wenn er auf diese Erkenntnis liebend gern verzichtet hätte… »Gwen?! Himmel, was machst du denn hier? Warum hast du nicht angerufen und gesagt, dass du kommst?« Der Mann löste sich ein wenig von seiner Tochter und sah mit einem noch immer ungläubig erfreuten Blick auf Gwendolyn herab. »Wir haben doch gar nicht mit dir gerechnet.« »Aber ihr habt doch bestimmt trotzdem etwas zu essen und ein Bett für mich?« säuselte die Sterbliche mit süßem Augenaufschlag liebevoll zu ihrem Vater, während sie ihm das Arbeitshemd glatt strich und einen falsch geschlossenen Knopf richtete. Der Mann lachte; ein angenehmer, warmer Laut. »Aber natürlich, meine Kleine. Für dich doch immer.« Zärtlich drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn und schob ihr ein paar wirre Haare hinter die Ohren. Dann erst hob sich sein Blick und richtete sich neugierig auf den Magier, welcher abwartend im Hintergrund stand; auch das teure Auto in der Einfahrt wurde kritisch beäugt. Ebenso schien dem Vater jetzt aufzufallen, dass Gwendolyn eine für sie viel zu große, recht männliche Jacke trug. »Wen hast du denn mitgebracht?« Gwendolyn drehte sich wieder zu dem Magier um, eine große Hand ihres Vaters noch auf der Schulter, während Loki nun näher kam; Angel lief wie ein Eskorte neben dem Gott und beobachtete jeden von dessen Schritten aufmerksam. »Dad, das ist Loki. Ein Kollege von mir. Wir sind wegen Nachforschungen für eine neue Story in die Gegend gekommen. Loki, das ist Harry Lewis, mein Vater.« Der Magier blieb vor den beiden stehen und streckte dann die Rechte aus, um jene dem anderen Mann zu reichen; so langsam gewöhnte er sich an dieses Ritual auf der Erde, obwohl er es noch immer seltsam fand. Doch Gwendolyn würde gewiss erwarten, dass er sich respektvoll ihrem Vater gegenüber benahm. »Eine Ehre, Sie kennenzulernen, Sir.« raunte er anständig, was der Sterblichen ein zaghaftes Schmunzeln entlockte. Der andere Mann ergriff seine Hand in einer kräftigen Geste und schien erfreut über die guten Manieren des Magiers. »Was ist denn hier draußen los?« meldete sich unvermittelt ein weibliche Stimme zu Wort; eine ältere Frau kam gerade die Stufen vor dem Hauseingang herunter, eine bunte Schürze über ein einfaches Kleid gebunden, an welcher sie sich die Hände abwischte, als wäre sie bis eben noch in der Küche zugegen gewesen. Die Frau hatte ihr bereits gräuliches Haar zu einem ordentlichen Zopf geflochten und Freude erhellte augenblicklich ihr mütterliches, rundliches Gesicht, da sie ihre Tochter erblickte. »Gwen?!« »Hallo, Mom.« wandte sich die Sterbliche mit einem breiten Lächeln an ihre Mutter und flog dieser genauso förmlich in die Arme. Dann wurde Loki auch Marian Lewis vorgestellt; Gwendolyns Mutter schien sofort angetan von dem hochgewachsenen Magier und strahlte diesen freundlich an, während sie die Falten ihrer Stürze glatt strich. Loki musste sofort an Frigga denken; an jene Frau, die ihm viele Jahre seines Lebens am nächsten gestanden und ihm das Gefühl einer Familie und Liebe näher gebracht hatte - er mochte die meisten Asen nicht wirklich achten, doch der Königin gebührte noch immer sein Respekt und ein einmaliger Funke seiner Zuneigung. »Mom, wir würden gern über Nacht bleiben, wenn das okay ist?! Wir haben Tahatan in der Stadt getroffen und er erzählte uns von dem drohenden Blizzard - schöne Grüße übrigens von ihm. Er meinte, es wäre zu gefährlich heute noch weiter zu fahren.« Gwendolyn sah fragend zu ihrem Vater, der knapp nickte und dem Himmel einen abschätzenden Blick zuwarf. »Hm, ja, ich habe das heute auch schon im Radio gehört. Und wenn Tahatan das sagt, dann stimmt es mit Sicherheit.« »Natürlich könnt ihr hierblieben, meine Liebe.« beruhigte ihre Mutter Gwendolyn sofort. »Ihr habt bestimmt auch Hunger, oder? Allerdings habe ich das Essen noch nicht fertig. Ihr müsst noch ein wenig warten.« meinte sie dann fast entschuldigend. »Kein Problem. Wir wollten uns eh noch die Füße ein wenig vertreten. Wir saßen jetzt stundenlang im Auto.« erklärte Gwendolyn ihrer Mutter entgegenkommend, bevor sie ihrem Vater schon Winstons Transportkorb in die Hand drückte, worüber der ältere Mann gar nicht glücklich schien. »Hast du deine Kratzbürste wieder mitgebracht?« zog er seine Tochter liebevoll auf, die ihm einen gespielt bösen Blick schenkte. »Natürlich. Geht nur noch ein Stück, bevor es anfängt zu schneien. Aber…der junge Mann geht mir so nicht raus.« Anklagend deutete Marian auf die eher leichte Bekleidung des Magiers. »Sie holen sich ja den Tod, Loki. Moment…« Die resolute Frau verschwand kurz im Haus, während Gwen Loki mit einem fast entschuldigenden Schmunzeln ansah, bevor ihre Mutter auch schon wieder in der Tür auftauchte, eine dicke Jacke im Arm und ein langes, ledernes Band in der Hand. »Wärt ihr so lieb und würdet Angel gleich mitnehmen? Der Gute hatte seinen Auslauf heute auch noch nicht.« fragte Marian, bevor sie Loki mit einem Lächeln die Jacke in die Hand drückte. »Ich hoffe, sie passt Ihnen. Aber die Größe sollte so ungefähr stimmen.« Der Magier nahm die Jacke dankbar entgegen und warf sie sich über; er verzichtete auf den Hinweis, dass ihm eigentlich nicht kalt war, denn die Frau würde es wahrscheinlich eh nicht verstehen. Außerdem gefiel ihm ihr mütterliche Zuneigung und das zufriedene Lächeln irgendwie, als sie sah, dass er tatsächlich Platz in der geliehenen Jacke fand. Obwohl er als Fremder zu ihnen gekommen war, fühlte er sich aufgenommen. »Okay, Angel. Dann wollen wir mal.« sprach die Sterbliche neben ihm den Hund an, der sofort begeistert mit dem Schwanz wedelte und sich gegen ihr Bein drückte, sodass sie ihm die Leine ohne Mühe anlegen konnte. »Dann bis später. Und lasst Winston ein bisschen raus.« rief sie über die Schulter zurück, was ihrem Vater ein entnervtes Stöhnen entlockte. Ein zurechtweisender Ellenbogenstoß ihrer Mutter brachte den Mann zum verstummen. »Du hast sehr angenehme, herzliche Eltern.« meinte Loki nach einer Weile, die er schweigsam neben Gwendolyn hergelaufen war; sie hatten einen Pfad in den Wald genommen und die Ruhe hier beide genossen - eine friedliche Stille, die nur hin und wieder durch das Knacken von Ästen oder dem Rauschen des Windes unterbrochen wurde, der durch die hohen Wipfel der Tannen fuhr und jene unter seiner Gewalt bog. Der morgendliche Frost war hier nicht den Strahlen der Sonne gewichen, sondern hatte sein Reich nachhaltig verteidigt; Moos und Blätter knirschten unter ihren Stiefeln, während sich die ersten Schneeflocken durch das Geäst kämpften und beinahe märchenhaft zu Boden segelten - die viel benannte Ruhe vor dem Sturm. Loki genoss die kühle, frische Luft in vollen Zügen; es war eine Wohltat nach der langen Reise in dem stickigen Auto die Beine einmal wieder ausreichend bewegen zu können. Die Bäume des Waldes umfingen sie wie ein schützender Kokon und konnten beinahe vergessen machen, dass sie auf Midgard waren und dass hinter ihnen bereits bedrohliche Ereignisse ihre Vorboten schickten. Würde all diese Ruhe bald gestört werden; würden die majestätischen Tannen in Flammen aufgehen und unter Schatten begraben werden, wenn Ragnarök über sie hereinbrach? Der Hund tänzelte motiviert und erfreut um ihre Beine, bevor Gwendolyn ihm endlich die Leine abnahm und schmunzelnd dabei zusah, wie Angel davonstürmte und geschmeidig über einen umgestürzten Baum des letzten Winters sprang. »Die Besten.« Ihre Stimme war von deutlichem Stolz geprägt, während sie die Leine des Hundes in der Tasche ihrer Jacke verschwinden ließ. »Sie sind mehr, als ich mir je wünschen konnte. Ich hätte es wesentlich schlechter treffen können. Dafür bin ich unendlich dankbar. Sie haben mich nie spüren lassen, dass ich adoptiert bin…eher habe ich das getan…« fügte sie leise an; sie klang seltsam reumütig und Loki reichte ihr hilfsbereit eine Hand, als sie beide über den Baumstamm auf ihrem Weg kletterten. »Wie meinst du das?« hakte er interessiert nach; seine Brauen senkten sich hellhörig und ihr ausweichender Blick ließ ihn erraten, dass dort Dinge in ihrer Geschichte lagen, über die sie eigentlich nicht sprechen wollte. Doch besaßen sie nicht alle diese Schatten der Vergangenheit? Gwendolyn ließ sich von ihm über das morsche Holz helfen und gab seine Hand entgegen seiner Erwartung nicht frei, sondern hielt seine Finger weiterhin umschlungen, während sie an ihrer Lippe nagte und flüchtig nach dem Hund Ausschau hielt, der in einiger Entfernung die Schnauze in ein Erdloch steckte. Der fröhlich wedelnde Schweif schien ihnen beinahe zuzuwinken. »Naja…ich fürchte, ich habe mich manchmal nicht so benommen, wie es eine Tochter tun sollte. Ich habe meinen Eltern früher einiges an Ärger bereitet.« Ihr Blick hob sich flüchtig zu dem Magier an. »Es gab eine Zeit, als ich so meine Probleme mit der Wahrheit über meine Adoption hatte…« gestand sie unter einem kleinen Seufzen. Wieder einmal fühlte sich Loki ihr verbunden; über Welten und Ränge, über Vergangenheit und Geschehnisse hinweg waren ihre Schicksale gar nicht so unähnlich und einmal mehr sah er in der Sterblichen beinahe ein verzerrtes Spiegelbild seiner eigenen Geschichte. Er wollte ihre Gefühle ergründen und ihre Vergangenheit verstehen, denn womöglich hätte er dann über sich selbst noch mehr in Erfahrung bringen können… »Erzähl mir davon…« verlangte er raunend, aber weich und drückte ihre Finger in einer instinktiv bestärkenden Geste; jene Berührung schien Gwendolyn erst zu verdeutlichen, dass sie seine Finger noch immer hielt und zaghafte Röte durchdrang ihre Wangen, doch sie löste die Verschränkung ihrer Hände nicht. »Man kann auch bitte sagen…« murrte sie unzufrieden. »Bitte.« fügte der Magier mit einem Grinsen an und animierte sie zu einem Seufzen. »Interessiert dich das wirklich?« fragte sie zweifelnd nach. »Hätte ich sonst gefragt?« entgegnete er mit gehobener Braue, bevor er sich die Sonnenbrille endlich von der Nase zog und in der Brusttasche seines Hemdes barg. Die Sterbliche zog die kühle Luft geräuschvoll in die Lungen, bevor sie zu sprechen begann; ihr Blick weilte in der Ferne, wo Angel fröhlich zwischen den Tannen umher rannte und die ersten, zarten Schneeflocken vom Boden aufwirbelte. »Meine Eltern haben mir recht frühzeitig erzählt, dass ich adoptiert bin. Man hätte es mir auch gar nicht lange verheimlichen können, da ich gemerkt habe, wie mich die anderen Kinder immer ansahen und mich behandelten. Ich wusste, ich war anders, aber ich konnte es mir nicht erklären. Bis ich die Wahrheit erfuhr. Von da an war eine seltsame Leere in mir und ich habe nach Zugehörigkeit gesucht, die ich im Herzen und in den Kreisen der anderen Kinder offensichtlich nicht finden konnte…« Sie unterbrach sich kurz und zog ihre Hand von Lokis zurück, um dem Hund den Hals zu kraulen, der eben selig tapsend zu ihnen zurückkam, die Zunge glücklich hechelnd aus der Schnauze hängend. »Kinder können echt grausam sein und natürlich stürzen sie sich gierig auf jedes Fünkchen Andersartigkeit, damit sie etwas haben, worauf sie herumhacken können. Meine Schulzeit war nicht gerade ein Traum; die meisten meines Alters mieden mich, Jungs gaben sich natürlich kaum mit mir ab, während die Mädchen sich die Mäuler über mich zerrissen. Natürlich wusste fast die ganze Stadt von den Umständen meines Auftauchens; darum wurden dann gruselige oder fantasievolle Geschichten geschmückt - einmal war ich die Tochter einer Hexe aus den Bergen, das andere Mal die einer Hure, die mich hatte loswerden wollen und in anderen Fällen wahrscheinlich die Strafe Gottes. Das niemand in jener Nacht etwas gesehen oder gehört haben wollte, förderte natürlich die Phantasie der Leute und es entstanden die wildesten Gerüchte, warum jemand ein Kind einfach so auf der Straße vor einer Polizeistation ablud…« Obwohl Gwendolyn ihre Worte recht sachlich und abgeklärt setzte, so konnte Loki doch den Schmerz dahinter erahnen; ihre Aura waberte unruhig unter seinem geschärften Blickfeld, welche Emotionen mehr als alles andere verdeutlichte. Die Sterbliche redete sich ein, dass sie über diese schändlichen Worte und die erniedrigende Ablehnung hinweg war, doch im Grunde ihres Herzens ahnte sie wohl, dass dem nicht so war. Der Magier wusste nur zu gut, wie es in ihr aussehen musste; manche Dinge brannten sich tief ins Gedächtnis, unauslöschlich dort verankert für die Ewigkeit. Teilweise fühlte es sich an, als würde sie seine Geschichte erzählen - aus einem anderen Blickwinkel, doch erschreckend ähnlich. »Und ich habe natürlich irgendwann angefangen zu rebellieren.« sprach sie nun weiter, nachdem sie einen Stock vom Boden aufgelesen hatte, welchen sie warf, damit der Hund begeistert hinterher sprinten konnte. »Hab mir gewissermaßen die falschen Freunde gesucht, Außenseiter wie mich. Naja und von da an habe ich ziemlich viel Dummheiten mitgemacht; hier und da ein bisschen Ärger gestiftet, Autoreifen zerstochen, Mülltonnen angezündet, Diebstähle begangen, Alkohol und Zigaretten im Übermaß konsumiert….solcher Schwachsinn eben.« Sie schüttelte offensichtlich über sich selbst den Kopf. »Ich bin wirklich nicht stolz darauf, wie ich mich benommen habe. Ich hab meinen Eltern viel Ärger bereitet und trotzdem haben sie immer zu mir gehalten.« »Stammen deine Vorstrafen aus dieser Zeit?« hakte Loki ruhig nach; er erinnerte sich an die Erwähnung einiger Vergehen der Sterblichen, die der Computer des Erfinders aufgezählt hatte. Gwen schürzte die Lippen unwillig und funkelte zu ihm herüber. »Das musstest du natürlich mitbekommen…« Loki teilte die Lippen in selbstgerechtem Grinsen. »Ich bin ein äußerst aufmerksamer Zuhörer.« »Ja…leider…« seufzte sie resigniert, bevor sie die Schultern straffte und einen kleinen Hügel vor ihnen erklomm, hinter dem Angel gerade schon verschwunden war. »Die Sache mit der Körperverletzung war ein wirklich dummes Ding meinerseits. Ich hatte einem Mädchen eine verpasst, die mich in einer Bar dumm angemacht hatte. Das war genau an meinem achtzehnten Geburtstag gewesen. Ich glaube, ich hatte ihr ausversehen wohl die Nase gebrochen…« Loki zog ziemlich zweifelnd die Brauen in die Höhe und musterte die Sterbliche nun mit einem mehr als kritischen Blick; seine grünen Augen sondierten jedes Stück ihres eher kleinen, zierlichen Körpers und ließen in ihm berechtigte Zweifel aufkommen, ob sie da gerade wirklich von sich selbst sprach. Gwendolyn blieb stehen, da sie seinen skeptischen Blick bemerkt hatte. Sie stemmte die Hände in die Hüften, um imposanter und bedrohlicher zu wirken; wahrlich beeindruckend, da sie noch immer seine viel zu große Jacke trug, in der sie halb verschwand. »Hey, ich weiß genau, was du gerade denkst. Aber man sollte meine Erscheinung und Größe nicht unterschätzen.« Entschlossen hob sie das Kinn an; vereinzelte Schneeflocken trieben über ihre blasse Haut und verfingen sich in ihren dunklen Wimpern. »Zu meinen besten Zeiten hätte ich mich auch mit Kerlen wie dir angelegt.« Ihr Zeigefinger stieß wie die Spitze eines Dolches auf seine Brust und ließ ihn schmunzeln. »Das fällt mir schwer zu glauben.« raunte er in heiterem Zweifel. Sein Blick senkte sich flüchtig auf den Finger auf seiner Brust, welchen Gwendolyn dann auch zurückzog, um die Hände in den weiten Ärmeln ihrer Jacke zu bergen. Der Wind hatte inzwischen deutlich aufgefrischt. »Ja, naja…okay…wahrscheinlich nicht unbedingt mit Männern genau wie dir. Gegen einen Gott schätze ich meine Chancen doch eher gering ein…« nuschelte sie einlenkend in den Kragen der Jacke und schenkte ihm einen kurzen, funkelnden Blick, welchem er nicht weniger intensiv begegnete. »Ich freue mich, dass du deine Niederlage schon vor der Schlacht eingestehst.« zog er sie mit arroganter Miene auf, was ihm einen Schlag ihrer Faust gegen den Oberarm einbrachte, den Loki mit einem ehrlichen Lachen wegsteckte, während Gwendolyn schmollend den Hügel hinabstrauchelte; der Boden war hart und überfroren, sodass sie mehr als einmal das Gleichgewicht zu verlieren schien. Bevor sie mit dem Waldboden Bekanntschaft machte, da sie über eine herausragende Wurzel stolperte, war der Magier schon an ihrer Seite und fing sie in einem sanften Griff auf, da sie rückwärtig gegen ihn fiel. Gwendolyn blinzelte aus großen Augen zu ihm auf, da er sie hielt und auf sie herabgrinste; die feine Röte auf ihren Wangen rührte augenblicklich nicht nur von der Kälte her, dessen war sich Loki sicher. Ein angenehmes Prickeln durchzog seine Finger, als er sie wieder auf die Füße stellte und dabei flüchtig ihre Hand streifte. »Danke…« murmelte sie verlegen und strich sich die wirren, roten Haare aus dem Blickfeld, während sie nach Angel Ausschau hielt, der in dem wirbelnden Weiß der immer dichter fallenden Schneeflocken kaum noch auszumachen war. »Und was hat es mit dem …Drogenbesitz auf sich?« fragte er dann weiter, leicht über das ungewohnte Wort stolpernd, welches sich in seiner Erinnerung festgesetzt hatte. Der Magier hatte bereits gehört, dass die sterblichen Midgards gern mit zweifelhaften Substanzen liebäugelten, um ihren Geist zu stärken oder durch Illusionen zu täuschen - ein erbärmlicher Ersatz für den Einsatz von Magie, dessen sie nicht fähig waren; eine hoffnungslose Suche nach einer Welt, dessen Türen für sie verschlossen blieben. Gwendolyn sah zögerlich zu ihm zurück, bevor sie geräuschvoll durch die Finger pfiff; der Hund tauchte hinter einigen Tannen wieder auf und kam langsam zu ihnen zurück gelaufen. Seine Schnauze war mit Schnee und Erde beschmiert, welche die Sterbliche mit dem Ärmel ihrer Jacke von seiner Nase putzte. Dann legte sie ihm die Leine wieder an. »Naja, die Dummheiten ziehen sich irgendwie durch mein ganzes Leben. Nachdem ich zumindest am Ende meiner Jugend begriffen hatte, dass ich mit den falschen Freunden und diesem flegelhaften Benehmen nie zu etwas kommen würde, rissen mich die Männer ins Verderben…« Sie legte eine bedeutungsschwere Pause ein und schenkte Loki einen vielsagenden Blick, unter welchem er gespielt unschuldig die Hände hob, was ihr ein leises Lachen entlockte. »Ben war meine erste Beziehung gewesen und wenn es nach ihm gegangen wäre, so wäre er auch die letzte gewesen…« begann sie dann zögerlich dieses eher heikle Thema anzuschneiden, während sie nun bereits den Weg zurück nahmen, da sich der Himmel über ihnen merklich verdunkelt hatte und die Schneeflocken wie wilde Insekten inzwischen aggressiv durch die Luft trieben. Gwendolyn blickte erneut zu Loki herüber, als erwartete sie schon, dass er die Augen entnervt von ihrem Gerede verdrehen würde, doch wohl entgegen ihrer Annahme lauschte er weiterhin aufmerksam und sah sie offen an. »Ben wollte immer alles bestimmen. Als ich entschieden hatte nach New York zu gehen, fiel er aus allen Wolken. Er wollte seine Heimat und seinen Job als Polizist hier nicht aufgeben, ich jedoch mehr aus meinem Leben machen. Also trennten sich unsere Wege im Guten.« Sie hielt erneut flüchtig inne, da sie über einen weiteren morschen Baum klettern mussten, wobei ihr Loki wieder half, was der Sterblichen ein kleines, verlegenes Lächeln entlockte. »Naja, danach folgten weitere diverse Beziehungen, in denen ich mich dummerweise immer für die falschen Männer aufopferte und mich selbst dabei vergaß.« Der Magier hätte nun eigentlich Enttäuschung oder Schmerz in ihrer Stimme erwartet, doch allein Ärgernis klang heraus; eine Wut, die sie offenbar auch auf sich selbst hegte, da sie ihre eigenen Fehler erkannte. Loki verspürte augenblicklich Bewunderung für die Frau; sie hatte ihre Defizite sondiert und war damit gestärkt aus diesen Bindungen gegangen. Allerdings linderte das nicht diesen verstohlen brodelnden Zorn in dem Gott auf all diese gesichtslosen Männer ihrer Vergangenheit, die es gewagt hatten sie zu enttäuschen. Diese Offenheit ihm gegenüber stärkte das Band zwischen Gwendolyn und ihm merklich; sie schenkte ihm in diesem Augenblick ihr Vertrauen uneingeschränkt, indem sie ihm von den dunklen Flecken auf dem gewobenen Tuch ihrer Vergangenheit erzählte und Loki hätte dieses Entgegenkommen gern vergolten, indem er einige Schandflecken in ihrem Leben auslöschte - das Bedürfnis, jemanden zu beschützen war seltsam, doch er sperrte sich nicht mehr dagegen, sondern ließ es auf sich wirken. »Ich will jetzt auch gar nicht so genau auf alles eingehen und dich mit allen Einzelheiten dieser Beziehungen langweilen. Das ist eh alles Vergangenheit. Es bleibt nur zu sagen, dass meine letzte Verbindung mit einem Mann auch meine wohl denkbar Schlechteste war; er hat mich und meine Gutgläubigkeit schamlos ausgenutzt und ich war lange zu blöd, um das zu erkennen. Ich habe die Augen vor der Wahrheit verschlossen; vor all den anderen Frauen, die er neben mir hatte und den illegalen Machenschaften, in die er mich reinzog. Als ich dann mit seinen Drogen erwischt wurde, bin ich endlich aufgewacht. Leider musste es erst zu einer Vorstrafe kommen, bevor ich wieder klar sehen konnte…tja, nun, jetzt weißt du es.« Loki hielt sie an der Schulter auf, sodass sie stehen blieb und ihn einen Moment ein wenig verwirrt durch die wirbelnden Schneeflocken ansah. Angel hatte zwischen ihnen Platz genommen und schmiegte sich treu an Gwendolyns Schenkel. »Und ich danke dir für deine Offenheit, Gwen. Danke, dass du mich an deiner Vergangenheit hast teilhaben lassen.« raunte er respektvoll. Sie wusste wahrscheinlich nicht, wie sehr sie ihn mit ihrer Ehrlichkeit ehrte, nach allem, was er ihrer Welt angetan hatte - und auch ihr beinahe angetan hätte, wie er nun reumütig erkannte. Nach allem, was er sich geleistet hatte, in der Vergangenheit, aber auch ihr gegenüber, war es wirklich erstaunlich, dass sie ihm trotzdem noch immer vertrauen wollte und anscheinend wirklich ehrliche Gefühle an Zuneigung für ihn aufbrachte; sie hatte es ihm auf der Fahrt hierher gestanden, doch irgendetwas in Loki hatte dies einfach nicht glauben wollen - nicht glauben können. War es wirklich so, dass er sich selbst die Zuneigung und Liebe anderer verbot, um sich seinen Fehlern nicht stellen zu müssen? Wenn man seinen Weg stets allein ging, musste man auf niemanden Rücksicht nehmen; keine Entscheidungen erklären und hinterfragen - nur das eigene Gewissen beschwichtigen. Vertrauen war ein Risiko, welches einzugehen ihm schwer fiel; ebenso wie Zuneigung, denn jene machte einen verletzlich, ob man das nun wollte oder nicht. Doch längst sah er die Sterbliche nicht mehr nur als Gefäß ihrer Macht, sondern als ebenbürtige Person neben sich; es war ein schleichender Prozess gewesen, der sein Ende nun in diesem Moment fand. Loki respektierte Gwendolyn. Die Erkenntnis kam über ihn wie die heftigen Schneeflocken des aufziehenden Sturmes; er erkannte sie an und - was fast noch erstaunlicher war - er mochte sie wirklich, auch wenn er wusste, dass ihn das angreifbar machen würde. Womöglich standen sie vor dem Ende des Universums und vielleicht war es nun vergeudete Zeit, sich Sorgen über eventuelle Konsequenzen mancher Dinge zu machen; wahrscheinlich konnte man nicht immer das Für und Wider einer Sache bemessen… Loki hob seine Hand von der Schulter der Sterblichen zu ihrer Wange; er zögerte kurz, hielt ihrem unsicheren Blick stand, bevor er seine Handfläche warm auf ihrer Haut bettete und seinen Daumen in einer sanften Regung über ihre Wangen streifen ließ - er kostete diese Empfindung äußerst aufmerksam aus, die Wärme unter seinen Fingern, ihr verstohlen zittriges Ausatmen, wie sie sich instinktiv seiner Hand entgegen schmiegte…und es gefiel ihm. »Ähm…ja, klar…kein Problem. Gern geschehen…?!« wisperte sie ein wenig irritiert, während ihre Finger Halt im Fell des Hundes suchten, der noch immer brav zu ihren Füßen saß. Ihre Reaktion war verhalten und Loki konnte es ihr nicht verdenken; ihre Vorsicht ihm gegenüber war begründet und nun wahrscheinlich auch der Grund, warum er sich in der Vorwärtsbewegung aufhielt, als er sich schon zu ihr herabbeugen wollte. Er spürte das Verlangen sie zu küssen; Gwendolyn hatte ihm in Asgard eine Welt offenbart, die ihm bisher verborgen geblieben war und seitdem er auf Midgard angekommen war, brodelte das Verlangen in ihm nach dieser Frau - er hatte sie nicht weniger vermisst, als sie ihn und auch nicht weniger an sie gedacht. Und doch wollte er ihr die Entscheidung überlassen, wie viel zu geben sie bereit war; ihr Körper würde sich nicht verweigern, dessen war sich Loki bewusst, als er sah, wie sich ihre Lippen erwartungsvoll öffneten - doch ihr Herz und ihr Verstand mussten hinter dieser Entscheidung stehen und der Magier war sich nicht sicher, inwiefern dies der Fall war. Er würde nie wieder einen Menschen unter seinen Willen zwingen, da er die Kostbarkeit in allem freiwillig geschenktem plötzlich erkannte; ein gestohlener, aufgedrängter Kuss wäre eine Lüge gewesen und auf einmal hatte der Gott der Lügen ein Problem mit Unwahrheiten. »Wir sollten zurückgehen…« hauchte er damit und lehnte seine Stirn gegen die der Menschenfrau. Sie schloss die Augen unter einem tiefen Luftholen, verbarg die flüchtige Enttäuschung darin und nickte dann leicht, bevor sie seine Hand vorsichtig wieder ergriff und ihre Finger mit den seinen verband. »Okay…« Gwen wollte gerade zwei Tassen heiße Schokolade die schmale Treppe zu ihrem Zimmer hinaufbalancieren, als sie durch die Stimme ihrer Mutter an der unteren Stufe aufgehalten wurde. »Und Loki ist wirklich nur ein Kollege?« Marian stand an der Ecke zur Küche gegen die Wand gelehnt und polierte eines der Weingläser des Abendessens, während ein wissendes Lächeln ihre Lippen umspielte. Gwen straffte die Schultern und wandte sich ihrer Mutter zu, die sie neugierig ansah. Obwohl sie nicht durch Blut verbunden waren, so knüpfte doch die unbestreitbare weibliche Intuition ein beständiges Band zwischen ihnen. Marian wusste einfach immer, wenn ihre Tochter etwas beschäftigte. »Ja, Mom. Er ist nur ein Kollege.« beteuerte sie in einem Tonfall, der hoffentlich ehrlich und ernst genug klang. Offensichtlich war dies nicht der Fall, denn ihre Mutter hob zweifelnd eine Braue, bevor sie das polierte Glas kritisch begutachtete. »Er gefällt mir. Er hat ausgesprochen gute Manieren und drückt sich sehr gewählt aus. Er ist klug und wohlerzogen und bildet damit einen ziemlichen Gegensatz zu diesen Männern, mit denen du dich sonst triffst, Gwendolyn. Gut, von Ben abgesehen, der war wirklich ein guter Junge…« Das Pfeifen des Sturmes unterbrach ihr Gespräch kurz; der Wind riss an den klappernden Fensterläden und ließ Angel den Kopf heben, der es sich auf einem Kissen an der Haustür bequem gemacht hatte. Neben ihm lag Winston und gähnte herzhaft, bevor er sich zwischen den Pfoten des Hundes zusammenrollte. »Loki scheint ganz anständig zu sein. Ein Mann von Wert.« fuhr ihre Mutter dann fort. Gwen musste sich augenblicklich krampfhaft verkneifen, nicht in haltloses Gelächter auszubrechen; angestrengt biss sie sich auf die Unterlippe, damit Marian nicht das Gefühl bekam, dass Gwen sie auslachen würde. Die Ironie dieser Situation war allerdings zu komisch - ihre Mutter fand gerade Gefallen an jenem Mann, der die Erde hatte unterjochen wollen. Wenn Marian nur wüsste, wer Loki wirklich war… Allerdings lag sie mit ihrer Einschätzung nicht ganz falsch; der Magier hatte sich wirklich den ganzen Tag über vorbildlich benommen, wobei sie schon Angst gehabt hatte, dass er ihrer Bitte entgegen sein Unwesen treiben würde. Doch das war nicht der Fall gewesen, obwohl sie schon das Schlimmste nach dem MC‘Donalds Desaster befürchtet hatte. Nach dem Mittagessen hatte Loki ihrem Vater bereitwillig beim Anbringen der Fensterläden geholfen, um das Haus vor dem eintreffenden Sturm zu schützen und hatte selbst vor und nach dem Abendessen beim Tisch decken und abräumen geholfen, was Gwen mehr als ein erstauntes Stirnrunzeln entlockt hatte. Beim Essen hatte er sich gewählt mit ins Gespräch eingebracht, wenn er angesprochen wurde, ansonsten höflich gelauscht, wenn Gwen ihren Eltern von New York und ihrer Arbeit doch erzählt hatte, sodass beide nun durchaus angetan von dem Prinzen waren. Und Gwen konnte es ihnen eigentlich nicht verdenken; der Magier hatte sich plötzlich von einer gänzlich anderen, freundlichen Seite gezeigt und sie war die ganze Zeit über das Gefühl nicht losgeworden, dass ihm dieses herzliche, vertraute Familienleben der Lewis‘ recht gut gefiel; dass er es buchstäblich genoss, zumindest für diesen einen Tag Teil der Familie zu sein, denn ihre Eltern hatten ihn behandelt wie ihren eigenen Sohn. Harry und Marian freuten sich stets über Besuch und wurden es nie müde, diesen gebührend zu verwöhnen und herzlich aufzunehmen. Marian hatte sich mit dem Abendessen mal wieder selbst übertroffen; noch dazu hatte sie ihren preisgekrönten Apfelkuchen gebacken, von dem Gwen sich so viele Stücken genehmigt hatte, dass sie sich nun wie kurz vor dem platzen fühlte. »Außerdem sieht er noch ziemlich gut aus. Er hat einen ausgesprochen ansprechenden Hintern.« offenbarte ihre Mutter nun mit einem verträumten Lächeln. »Mom!« stieß Gwen entsetzt aus und schüttelte ungläubig den Kopf, während sie errötete; es gab gewiss Dinge, über die wollte man sich mit seiner Mutter bestimmt nicht unterhalten. Außerdem war die Tür ihres Zimmers am oberen Ende der Treppe nur angelehnt und sie wollte bestimmt nicht riskieren, dass Loki etwas von ihrem Gespräch hörte. »Was denn?« empörte sich Marian mit einem Schmunzeln. »Meinst du, nur weil ich verheiratet und schon etwas älter bin, habe ich keine Augen mehr im Kopf?« rechtfertigte sich ihre Mutter und stellte das Glas hinter sich auf die Küchentheke. »Oh Gott…Mom, das ist peinlich…« murmelte Gwen und wenn sie nicht die beiden Tassen in den Händen gehalten hätte, dann wäre ihr Gesicht jetzt gewiss hinter selbigen verschwunden. »Ich wollte damit ja nur sagen, dass du dir so eine Chance nicht entgehen lassen solltest. Du musst sie ergreifen, Gwendolyn. Ich bin sicher, so einen Mann findest du auf der ganzen Welt bestimmt nicht noch einmal…« sprach Marian eindringlich. Und wahrscheinlich auch in keiner der anderen neun Welten, sinnierte Gwen im Geist und seufzte schwer. Irgendwie konnte sie die Wahrheit hinter den Worten ihrer Mutter ja auch nicht leugnen… Das Schlimmste daran war eh, dass sie Marian in allen Punkten Recht geben musste; sie war dem Magier doch eh schon längst verfallen. Irgendwie war es da nicht gerade förderlich, wenn ihre Mutter sie auch noch in ihrem Wahn bestärkte - eigentlich sollten Mütter vor dem Teufel warnen und die eigenen Kinder nicht noch in dessen Arme treiben. »Ich will einfach nur, dass meine Tochter glücklich ist. Das ist doch nicht verboten, hm?« Marian war näher gekommen und auf die erste Stufe der Treppe getreten, um ihrer Tochter einen zärtlichen Kuss auf die Stirn zu drücken. Sie trug noch immer das gleiche Parfüm wie seit Jahren; ein vertrauter Duft, der Gwen Heimat vermittelte. »Ich bin stolz auf dich, Gwen. Du hast etwas aus deinem Leben gemacht, bist so hübsch und groß geworden.« Die Hand ihrer Mutter strich ihr zärtlich über die Wange. »Ich möchte dich einfach auch für die Zukunft in guten Händen wissen und dich lächeln sehen. Und in Gegenwart deines Kollegen hast du heute ziemlich viel gelächelt…« stellte Marian schmunzelnd fest. Gwendolyn errötete erneut ertappt und räusperte sich verhalten. »Hm…wirklich? Ist mir gar nicht aufgefallen…« versuchte sie die Situation halbherzig zu retten. Oh man, konnte man ihr die Emotionen wirklich so deutlich ansehen? Warum konnte Loki auch nicht einfach irgendein Mann von der Erde sein - vielleicht mit einem weniger langen Vorstrafenregister? Das hätte vieles wesentlich einfacher gemacht. »Dafür ist es mir aufgefallen.« meinte ihre Mutter mit einem Zwinkern und schob sie dann die Treppe hinauf. »Nun geh schon hoch zu ihm, bevor die Schokolade kalt wird.« Gwen seufzte schwer und straffte sich, dann nahm sie die letzten Stufen und schob die Tür zu ihrem Zimmer mit der Schulter auf. Der Raum begrüßte sie mit der altbekannten Gemütlichkeit; hier hatte sich in all den Jahren kaum etwas verändert. Ihr großes, schmiedeeisernes Bett beherrschte den größten Teil des Zimmers, daneben ihr Schreibtisch, auf dem nun die geblümte Lampe warmes Licht verbreitete. Eine schon ziemlich abgenutzte Couch war von ihrer Mutter für Loki zum Schlaflager umfunktioniert worden, darauf türmten sich etliche Kissen und Decken. Wie der große Magier auf dem winzigen Ding allerdings Platz finden sollte, war ihr selbst ein Rätsel. Der Gott selbst war nicht zu sehen. »Loki?« rief Gwen zögerlich und stellte die beiden Tassen auf dem Schreibtisch ab, bevor hinter ihr die Tür des angrenzenden Badezimmers aufschwang. »Ich bin hier.« Der Magier trat heraus mit nichts weiter als einer tief sitzenden Stoffhose bekleidet, während er sich die Haare gerade mit einem Handtuch trocken rieb. Einsame Wassertropfen perlten noch auf seiner Brust und seinen ausgeprägten Bauchmuskeln, die Gwen nun mit dem Blick nachzeichnete. Es gab Dinge auf dieser Welt, die gehörten definitiv verboten… Sie befeuchtete sich nervös die Lippen und wandte sich wieder dem Schreibtisch und ihrer Tasse zu, die sie nun fahrig an den Mund hob. »Ich habe dir eine heiße Schokolade mitgebracht. Keine Ahnung, ob Asen oder Eisriesen das mögen, aber auf der Erde ist das ein ziemlicher Renner…« »Ich werde mir ein Bild davon machen.« raunte der Prinz nun direkt an ihrem Ohr, nachdem er unbemerkt hinter sie getreten war. Gwen verkniff sich gerade so ein erschrockenes Zusammenzucken, als Loki um sie herumgriff und sich seine Tasse angelte. Dann verriet ihr das Rascheln von Stoff, dass er sich wohl glücklicherweise ein Hemd übergeworfen hatte. Oder unglücklicherweise, wie man es gerade sehen wollte. Gwen drehte sich wieder um, die Tasse in ihrer Hand und kam sich sogleich wieder unscheinbar neben der Präsenz des Magiers vor; sie war vorhin schon duschen gewesen und trug dementsprechend jetzt nur ihre Schlafanzughose und ein weites, reizloses Shirt unter ihrem Morgenmantel. An ihren Füßen steckten alberne Plüschhausschuhe in Form von pinken Hasen mit riesigen Ohren. Man, warum hatte sie auch nicht daran gedacht Reizwäsche einzupacken, um sich mit diesem geballten Maß an Erotik neben sich zumindest ansatzweise messen zu können!? Vielleicht, weil sie noch immer ehr der praktische Typ war und bei der andauernden Kälte diese Klamotten sicher zweckdienlicher waren. Sie schnappte sich die gestohlene Polizeiakte vom Tisch und ließ sich damit auf ihr Bett fallen. Bisher hatte sie es vermieden, in dieses Schriftstück zu schauen, wobei sie die Neugier sonst nie lange ausbremsen konnte, doch hier ging es immerhin um sie selbst und sie wusste immer noch nicht so genau, ob sie einige Dinge über sich wirklich wissen wollte und sollte. Angespannt blätterte sie durch die Akte, während sich neben ihr die Matratze absenkte; ein kurzer Blick über den Rand ihrer Tasse offenbarte ihr den Magier, der interessiert neben ihr Platz genommen hatte. »Und? Steht etwas darin, was uns weiter bringt?« fragte er leise und nippte nun selbst vorsichtig an seiner Schokolade, um gleich darauf anerkennend zu nicken. »Das ist lecker.« resümierte er. »Ja, nicht wahr? Lewis‘ Geheimrezept.« erklärte sie stolz, wandte sich dann jedoch wieder ihrer Akte zu und überflog die Seiten rasch. »Ich glaube, Tahatan hatte Recht. Hier drinnen steht wirklich nichts Brauchbares. Keine Hinweise. Keine Zeugen. Gar nichts.« Frustriert zuckte sie die Schultern und warf die Mappe mit einem Seufzen von sich. »Alles Fakten, die ich eh schon kenne. Wenn der alte Mason wirklich irgendwas mit meinem Auftauchen zu tun hat, dann deckt ihn offensichtlich jemand. Er wird hier mit keiner Silbe erwähnt.« Gwen wollte gerade ihre Tasse wieder an die Lippen heben, als unvermittelt ein peinigender Schmerz durch ihre Finger fuhr und sie merklich zusammenzucken ließ; ihre Hand begann unter dem Ärmel des Morgenmantels zu glühen und ihren entflammten Fingern entglitt das Porzellan. Lokis Hand bewahrte sie davor, sich mit der heißen Schokolade zu verbrennen; er fing die Tasse geistesgegenwärtig auf, während Gwen in die Kissen zurücksank und die schmerzende Hand an ihre Brust presste. Sie biss die Zähne zusammen und versuchte den Wellen aus Schmerz standzuhalten; erneut krochen pulsierende Nadelstiche unter ihrer Haut durch das Fleisch, doch dieses Mal war es wesentlich schlimmer als noch in New York. »Verdammte Scheiße…« stöhnte sie gequält auf. Gwen hatte gedacht, das Schlimmste überstanden zu haben, doch dem war wohl nicht so; nachdem das Leuchten und die Schmerzen die letzten Tage glücklicherweise nachgelassen hatten, schienen jene nun mit doppelter Gewalt zurückzukehren. Lokis dunkler Haarschopf tauchte über ihrem Gesicht auf; verschwommen nur nahm sie die Umrisse seines Gesichtes durch den Schleier ihrer Tränen wahr, welche sich eigensinnig aus ihren Augenwinkeln stahlen. Kühle, schlanke Finger griffen nach ihrer Hand und zogen jene von ihrer Brust fort. Augenblicklich schien der Schmerz zurückgedrängt zu werden; das furchtbare Brennen verwandelte sich in ein dumpfes Pochen, welches auszuhalten war. Gwen schnappte erleichtert nach Luft und bettete sich den anderen Arm über dem Gesicht, um die Tränen am Ärmel ihres Morgenmantels abzuwischen; ein paar Sekunden blieb sie regungslos, aber hastig atmend liegen, bevor sie ihren Arm wegzog und sich wieder halb aufrichtete. Loki kniete neben ihr auf dem Bett; seine Züge wirkten hochkonzentriert, während er ihre Hand hielt und seine Finger in einem sanften, grünen Schimmern über ihre Haut fuhren, um dort verschlungene Runen zu zeichnen, die magisch glimmend in der Luft schwebten. »Oh man…ich dachte, dass wäre vorbei, nachdem es sich die letzten Tage nicht mehr gemeldet hat…« murmelte Gwen ernüchtert und rieb sich mit dem Ärmel ihres Morgenmantels erneut über das inzwischen bestimmt fleckig rote Gesicht. Lokis verengter Blick schoss sofort zu ihr herüber. »Dies ist bereits schon einmal aufgetreten?!« Seine schneidende Stimme formte weniger eine Frage, als vielmehr eine Anklage. Gwen zuckte leicht unter seinem stechenden Blick zurück und senkte den eigenen in einem Räuspern. »Äh…ja, in New York. Vor ein paar Tagen, aber da war es nicht-« »Warum hast du mir nichts davon erzählt?!« fuhr er sie rau an und unterbrach sie damit scharf; fast meinte sie einen Funken von Enttäuschung in seiner Stimme zu hören. Im Gegensatz dazu strichen seine wohltuenden Finger noch immer sanft über ihre Haut und hüllten ihre Hand in einen milden, grünen Schein. »Ich…ich…« stotterte sie ein wenig hilflos und beschämt. »Ich wollte dich damit nicht belasten. Es hatte ja eh aufgehört und…und wir hatten doch wirklich andere Dinge zu tun. Da erschien es mir nicht gerade passend mit meinen kleinen Problemen anzufangen…« versuchte sie sich unbeholfen zu verteidigen. Warum zum Teufel fühlte sie sich jetzt bitte so schuldig? »Gwendolyn…« Lokis Stimme hatte einen bedrohlichen Unterton angenommen; ein Muskel seiner Wange zuckte, als er anscheinend die Zähne angespannt aufeinander biss. Seine Brauen senkten sich tief über seine strahlenden Augen. »…ich will, dass du mir alles erzählst, egal wie unbedeutend es erscheint. Ist das für dich verständlich?« verlangte er herrisch. Sein Befehlston stieß bei ihr sofort auf Widerstand. Wenn er nicht ihre Hand weiterhin gehalten hätte, so wäre sie durchaus in Versuchung gewesen, die Arme bockig zu verschränken. »Jetzt fahr dich mal wieder runter. Muss ich dir jetzt auch erzählen, wenn ich aufs Klo-« Gwen stoppte in einem überraschten Keuchen, als Lokis Hand vorschoss und ihr Kinn fast grob packte, um ihren Blick zu seinem zu zwingen; sein Gesicht schwebte unweit vor dem ihren, sodass seine Augen zu zwei grünen Sonnen wurden, die ihre gesamt Welt einnahmen. »Dieses unkontrollierte Leuchten verursacht eine Divergenz in deinen Zellen. Eine Abweichung in der molekularen Struktur deiner Aura. Es ist wie ein Riss in einem Damm; wenn dem nicht Einhalt geboten wird, werden deine Zellen bröckeln und die Macht in dir selbständig hervorbrechen. Weißt du, was das heißt, Gwendolyn?« verlangte er harsch zu wissen, doch die ängstliche Besorgnis in seinen Worten war nicht zu überhören, welche sich auch in seinen grünen Augen spiegelte, die flüchtig umwölkt wurden von dunkleren Emotionen. Lokis Worte benötigten ein wenig länger, um in Gwens Gehirn zu finden, doch als sich ihr die Bedeutung des eben gesagten erschloss, musste sie hart schlucken. Ihre Augen weiteten sich ängstlich. »Ich…ja…« hauchte sie reumütig. »Ich verstehe…« Betroffen senkte sie den Blick und spürte ein unkontrollierbares Zittern in ihren Gliedern erwachen, welches wohl vom Schock herrührte. Sterben…sie würde sterben… Loki hatte ihr Kinn wieder losgelassen und konzentrierte sich erneut krampfhaft auf ihre Hand, die er weiterhin mit filigranen Linien seiner Magie umhüllte. »Ich werde versuchen, die bestehenden Verbindungen wieder zu verknüpfen und den Riss durch magische Nahtstellen zu schließen. Ich weiß nicht, wie lange das hält, doch es sollte eine vorübergehende Lösung sein.« erklärte er ihr mit betonter Sachlichkeit. »Bis wir nicht genau wissen, welche Macht dort in dir schlummert, wirst du diese nicht mehr einsetzen. Hast du mich verstanden?« »Aber-« »Kein aber, Gwen.« stieß er zischend wie eine Schlange aus. »Du wirst diese Kraft nicht einsetzen. Du wirst nicht einmal daran denken. Hast du das verstanden? Es ist zu gefährlich.« Seine Augen durchbohrten sie förmlich in ihrer Eindringlichkeit und Gwen holte zittrig tief Luft, bevor sie zögerlich nickte. »Okay…« hauchte sie schwach und raffte den Morgenmantel mit der freien Hand um ihre Schultern zusammen, bevor sie dem Magier schweigend bei seinem Tun zusah. Sie hatte ja nicht gewusst, dass es so ernst war… Wieder einmal stand ihre Welt auf einer Klippe, die unter ihren Füßen bereits zu bröckeln schien; diese Macht in ihr entwickelte sich immer mehr zu einem Fluch ihres Lebens und Gwen wollte wirklich augenblicklich nichts mehr, als diese Kraft loszuwerden - sie wollte weder wissen, wo sie herkam, noch für was sie zu nutzen war. Sie wollte einfach nur wieder Normalität. Und vor allem wollte sie leben… Loki hatte seine magische Behandlung offenbar beendet, denn er entließ ihre Hand in einem warmen, weichen Streifen aus seinen Fingern und strich sich das dunkle Haar nach hinten, welches sich in einigen Strähnen aus seiner perfekten Frisur gelöst hatte. Dann holte er tief Luft und sah sie wieder an, runzelte die Stirn leicht und musterte sie…besorgt?! Tatsächlich - es war unverhohlene Sorge in seinen einzigartigen Augen. »Ist dir kalt?« sprach er leise. Gwen hatte gar nicht bemerkt, dass sie die Arme in einer hilflosen Geste um sich geschlungen hatte, da ihr Körper unkontrolliert zu zittern begonnen hatte. Während draußen der Sturm vor dem Fenster heulte und heftig an den hölzernen Fensterläden zerrte, biss sie sich verkrampft auf die Unterlippe und krallte die Finger in den Stoff ihres Morgenmantels - in ihr tobte ihr ganz eigener Orkan. Sie würde nicht heulen! Sie würde nicht- »Komm her…« raunte Loki plötzlich und seine harten Züge wurden merklich weicher, als er ihr eine Hand entgegen streckte und seine Finger wie auch sich selbst einladend anbot. Gwen zögerte wirklich nur einen winzigen Augenblick, dann ergriff sie seine Finger und rutschte vorsichtig zu dem Magier hinüber; der jedoch verblüffte sie, indem er sie wie selbstverständlich an seine Brust zog und sich mit ihr auf das Bett sinken ließ. Sein Arm drückte sie an seinen überraschend warmen Körper, während er mit der freien Hand die Decke heranzog und über sie beide ausbreitete. Er selbst lehnte sich gegen das eiserne Bettgestell im Rücken. Gwen schob all ihre Bedenken beiseite und schlang einen Arm um Loki, während sie das Gesicht dankbar an dem Stoff über seiner Brust barg; sein dumpfer, gleichmäßiger Herzschlag bildete einen beruhigenden Rhythmus unter ihrer Wange, sodass sie seufzend die Augen schloss und sich nur darauf konzentrierte - sie blendete all ihre Sorgen und Ängste für den Moment aus und genoss schlicht die Wärme und Geborgenheit des Körpers neben ihr, der eine Sicherheit versprach, wie sie sie selten erlebt hatte und die sie in diesem Moment einfach benötigte. Der Magier schien das zu ahnen, denn er redete nicht auf sie ein oder nötigte sie mit Fragen - er war einfach nur da, beruhigte sie mit seinem Schweigen und seiner Gegenwart; Gwen registrierte nach einer Weile sogar die sanften Finger in ihrem Haar, welche sich dort leicht wie ein Windhauch setzten, als wäre deren Besitzer eigentlich selbst unsicher über sein eigenes Handeln. Gwen schob sich diesen flüchtigen Berührungen langsam, aber merklich entgegen, sodass sie Loki ihre stumme Einwilligung gab, ohne ihn zu verschrecken; einen Augenblick verschwanden seine Finger und sie hatte schon Angst, dass er sich von ihr lösen würde, da er sich einen Augenblick versteifte, doch dann zog er sie ein Stück mehr an sich und strich in gemächlichen, behutsamen Bewegungen weiter über ihr Haar und ihre Schultern. Sie bemerkte kaum, wie sich ihre eigenen Finger selbstständig machten, wie ihre Hand über den Stoff auf Lokis Brust glitt, während sie noch immer seinem kräftigen Herzschlag lauschte; es war absolut unglaublich - in diesem Moment fühlte sie sich vollständig und sicher wie niemals zuvor in ihrem Leben. Wenngleich draußen Stürme tobten, Malekith womöglich das Weltenende vorbereitete und sie durch die Macht unter ihrer Haut zu verschwinden drohte - all das verlor in diesem einen, unbeschreiblichen Augenblick an Bedeutung, da sie in den Armen des Prinzen lag und erkannte, dass dies der einzige Ort war, an welchem sie nun sein wollte. An welchem sie für immer sein wollte. Wo sie hingehörte. Loki füllte einen existenziellen Platz neben ihr - in ihrem Leben - aus, sodass sie sich ohne ihn fast wie unvollständiges Puzzle vorkam; es war einfach so verdammt richtig, ihn bei sich zu wissen - es fühlte sich so gut an, ihn zu fühlen, zu riechen, zu hören, zu sehen. Morgen schon lief seine Frist aus und er musste wieder von der Erde verschwinden. Würde dies einen erneuten Abschied bedeuten? Würde sie ihn wieder verlieren? Gwen grub die Nase unbewusst in den Stoff von Lokis Hemd und atmete seinen einzigartigen Duft tief ein, der in ihre Lungen und ihre Venen fuhr wie Balsam für ihre Seele. Eine Weile lagen sie so still da; eine Weile, in der Gwen über vieles nachdachte und zum Fenster starrte, an welchem der Sturm noch immer beharrlich riss und die hölzernen Läden leise klappern ließ, bevor sich ihre Gedanken zu einer Frage formten, die dann leise ihre Lippen verließ: »Du hast Jotunheim damals nicht nur angegriffen, weil du dich vor dem Allvater beweisen wolltest, oder? Du wolltest die Eisriesen vernichten, weil du jegliche Spur deiner Herkunft verwischen wolltest.« Seltsam, mit einem Mal verstand sie, was Loki damals angetrieben haben musste. Gwen änderte ihre Position ein wenig, sodass sie den Magier ansehen konnte, wenngleich ihr Kopf weiterhin auf seiner Brust ruhte und ihr Arm ihn umfangen hielt. Seine Finger stoppten kurz auf ihrem Haar und er blinzelte angespannt ins Leere, bevor sich sein Blick zu ihr herab senkte; er schien nachzudenken, denn zwischen seinen Brauen erhob sich wieder diese steile, tiefe Falte ähnlich einer zerklüfteten Furt, die das Meer in die Landschaft gegraben hatte. Gwen befürchtete schon, dass er nicht antworten oder sie von sich schieben würde, doch er überraschte sie abermals, indem seine Finger ihre Arbeit wieder aufnahmen und durch ihr offenes Haar strichen, während er sich flüchtig die Lippen befeuchtete. »Die Jotunen waren stets die Schreckgestalten alberner Kindergeschichten. Feinde Asgards. Monster, vor denen man in dunkler Nacht und eisigem Wind warnte.« begann er dann stockend zu erzählen, während sich sein Blick wieder hob und undeutlich wurde, als würde er in der Ferne seiner Vergangenheit etwas sehen, was nur er zu fokussieren vermochte. »Sie sind alles, was die Asen nie sein wollen; sie sind wie die Nacht zum Licht des Tages. Und ich wurde von einem Tag auf den anderen zu einem frostigen Schandfleck im Glanz Asgards; ein bedrohlicher Schatten des Feindes in all der strahlenden Pracht des Allvaters.« Loki stoppte kurz und Gwen spürte, dass er mit sich rang; seine Brauen bewegten sich angespannt unter ungesprochenen Gedanken und sein Kiefer verkrampfte sich sichtbar unter seiner blassen Haut. Gwen zögerte nicht lang, sondern streckte ihre Finger aus, um die Hand des Magiers zu ergreifen, welche bisher regungslos auf seiner Brust geruht hatte. Sie umschloss seine Finger zaghaft und drückte diese bestärkend, was der Magier mit einem fast verwirrten Stirnrunzeln quittierte; dann verwob er seine Finger mit den ihren. »Ich wollte an der Lüge meines geschenkten Lebens festhalten, Gwendolyn.« gestand er dann rau und überraschte sie mit der Ehrlichkeit und Offenheit seiner Worte; er erschien ihr zum ersten Mal ohne seine vielen Masken, rein und unverfälscht - einfach Loki. »Obwohl ich wusste, dass dies alles zerbrechliches, fragiles Täuschwerk war, so hatte ich dieses Leben doch lieben gelernt. Ich hatte es immer geahnt, dass ich anders war und doch klammerte ich mich beständig an diese erdachte Existenz meiner asischen Geschichte. Mir war eine Familie geschenkt worden, die ich im Grunde meines Herzens nie missen wollte und doch wusste ich, dass mit der Enthüllung meiner Wurzeln diese Lüge zu bröckeln begann. Ich hinterfragte zu viel, zweifelte plötzlich Dinge an, die mein ganzes Leben über da gewesen waren und zerstörte damit meine eigene Zukunft. Ich musste erkennen, dass all meine hohen Ziele niemals erreichbar sein würden. Nicht, weil meine Fähigkeiten nicht ausreichten, sondern weil meine Herkunft selbst, mein Blut, eine Grenze bildete, die alles studieren und lernen nie überwinden würde können…« Er hielt erneut inne und seine Züge verfinsterten sich schmerzlich, sodass Gwen gerade so dem Drang widerstehen konnte, den Magier in ihre Arme zu schließen. Doch sie hatte Angst, dass jede unbedachte Regung ihn verschrecken und in seinem Redefluss bremsen würde. »Ja, ich wollte die Eisriesen vernichten, weil ich dieses Zeugnis meiner Herkunft nicht ertrug. Ich wollte sie auslöschen, um eine Vergangenheit reinzuwaschen, an der ich selbst gar keine Schuld trug. Ich konnte es nicht verkraften, die Wahrheit zu kennen. Ich redete mir ein, dass ich mit dem Ende der Eisriesen auch meine eigene schmachhafte Herkunft vernichten könnte. Kein Zeugnis mehr meiner Geburt. Ein leeres, reines Blatt Papier, das man neu füllen könnte…« Loki suchte kurz ihren Blick und vielleicht auch Unverständnis oder Abscheu darin, doch Gwen sah ihn einfach nur offen und aufmerksam an, während ihre Finger sanft über die Haut seiner Hand fuhren. Niemals zuvor war der Gott so offen gewesen und sie ahnte, dass dieser seltene Moment wahrscheinlich auch nicht so schnell eine Wiederholung finden würde; es war ein unendlich kostbarer Augenblick, eine Einsicht, die Loki in sein Herz und seine Seele gewährte und sie war dankbar für diese Chance, diesen komplizierten Mann ein wenig besser verstehen zu können. Der Magier schenkte ihr sein Vertrauen, machte sie zu einem Teil in seinem Leben und nichts wollte sie mehr, denn sie spürte, dass ihr zögerliches Herz sich entschieden hatte. »Ich verspüre keine Zugehörigkeit zu diesem Volk und auch kein Mitleid für die Jotunen. Die Eisriesen hatten mich als Säugling ausgesetzt. Zum sterben. Ein schwächlicher Spross Laufeys, der keine Verwendung in ihren Reihen fand. Zu klein. Zu nichtig. Entbehrlich. Wenn Odin mich nicht gefunden hätte, wenn seine Gnade nicht gewesen wäre - aus welchen Gründen er auch immer handelte - dann würde ich jetzt nicht existieren. Niemand würde auch nur einen Gedanken an Loki verschwenden.« resümierte der Magier erschreckend kalt und sachlich; eine furchtbare Tonlage, die Gwen frösteln ließ. Sie richtete sich nun doch auf, sodass ihr die Decke von den Schultern rutschte, während sie selbst näher zu Loki rückte. Der sah sie fast irritiert an, blinzelte, als müsste er sich erst einmal wieder ins Hier und Jetzt zurückrufen; argwöhnisch beäugte er ihre Hand, die Gwen nun ausstreckte, um sie sanft auf seiner Wange zu betten. Loki versteifte sich unter diesem ungewohnten Kontakt, doch als Gwens Daumen leicht über seine Haut strich, löste sich die Anspannung seiner Glieder und er ließ sich in die Berührung fallen, schloss selbst für einen Augenblick die Augen, um sich ihren Fingern kaum spürbar entgegen zu schmiegen - zaghaft und immer noch von einer unterschwelligen Vorsicht behaftet, als würde er aller Zuneigung nicht trauen, die sich flüchtig und vergänglich wie ein Windhauch herausstellen könnte. »Aber du existierst, Loki. Du hast überlebt. Du bist hier. Und ich bin wirklich froh darüber.« wisperte Gwen leise, während sie seinen Blick suchte und die eigene Wahrheit in den grünen Kreisen seiner einzigartigen Augen erkannte - ein Leben ohne Loki war für sie nicht mehr vorstellbar; ihre Schicksale waren so fest miteinander verknüpft, dieses unsichtbare Band bereits in ihr Fleisch und Blut übergegangen, sodass es wohl ihren eigenen Tod bedeutet hätte, die Existenz des Magiers aus ihrem Gedächtnis zu löschen. Lokis Lippen verzog ein flüchtiges, spöttisches Lächeln, bevor er ihre Hand umfasste und sanft von seiner Wange zog. »Ich glaube wirklich, du bist die Einzige, die froh über meine Existenz ist. Du vergisst offenbar meine Taten…es gibt so vieles, was du nicht weißt, Gwendolyn…was niemand weiß, aber alle zu wissen glauben…« wisperte er mit einem schweren Seufzen, dann drückte er ihre Finger zart gegen seine Lippen und entließ ihre Hand aus seinem Griff. Gwen schlang die Decke wieder um ihre Schultern, blieb jedoch neben dem Magier auf dem Bett hocken. »Dann erzähl es mir, Loki. Schließ mich nicht aus…« bat sie leise. Er sah sie einen Augenblick nachdenklich an, dann schien er eine Entscheidung getroffen zu haben. »Ich kann es dir stattdessen zeigen.« Er zog sie wieder zu sich und Gwen ließ sich neben ihm nieder, an das Bettgestell gelehnt bettete sie den Kopf nun auf seiner Schulter. Der Magier hob die freie Hand, das Licht der Schreibtischlampe verlosch und ließ schwelende Dunkelheit zurück, in welcher die Geräusche des Sturmes noch bedrohlicher wirkten. Gwen rutschte unwillkürlich näher zu Loki, der wie selbstverständlich seinen Arm wieder um sie schlang. Die Atmosphäre des Zimmers veränderte sich, begann zu knistern und zu schimmern, bis ein Bild in der Dunkelheit entstand, welches in einer scheinbar fast wässrigen Sphäre vor ihnen in der Luft schwebte. Feine Wellen überzogen die glatte, glasklare Oberfläche, unter welcher sich zwei Gestalten aus dem Dunkel schälten in einer Umgebung, die nichts Irdisches an sich hatte. In der Ferne glommen Galaxien und Sterne des Universums. Eine der Gestalten erkannte Gwen als Loki. Er trug seine Kampfrüstung und jenen gehörnten Helm, den sie aus den Aufzeichnungen aus Stuttgart kannte, ebenso lag das Zepter des Tesserakts in seinen Händen. Die andere Gestalt war Gwen unbekannt; ein fremdartiges Wesen, gehüllt in eine schimmernde Rüstung, die Züge halb verborgen durch eine Kapuze und das goldene Geflecht einer Maske. Das Wesen trat gerade hinter einer Felsformation hervor und fixierte den Magier, die Stimme ein unseliges Hallen in den Weiten des Alls. »Du zweifelst an uns? Du zweifelst an ihm? Er, der dir das Zepter gab, dir altes Wissen schenkte und neue Bestimmung, als du ausgestoßen warst - besiegt-« Der Loki dieser Erinnerung begehrte harsch auf: »Ich war ein König! Der rechtmäßige König von Asgard, verraten…« Das fremdartige Wesen stieß ein Knurren aus. »Dein unbedeutender Ehrgeiz, kindlichen Entbehrungen entsprungen…« Es hob die sechsfingrige Hand zu den Sternen. »Wir blicken auf größere und bedeutendere Welten als die Erde. Wenn wir den Tesserakt erst haben-« »Aber noch habt ihr ihn nicht.« unterbrach Loki das Wesen, welches sich rasend schnell zu dem Magier bewegte und diesen umkreiste wie ein Raubtier seine Beute, die Augen verborgen unter Bahnen dunklen Stoffs. »Du wirst deinen Krieg gegen die mickrigen Streitkräfte der Erde bekommen, Asgardier. Doch wenn du scheiterst, so gibt es kein Reich, keinen kargen Mond, keine Kluft, in der er dich nicht finden würde. Denkst du, du weißt, was Schmerzen sind?!« Das Wesen war hinter Loki getreten und hatte seine Hand neben das Haupt des Prinzen ausgestreckt. »Er wird dich lehren nach etwas zu betteln wie süßem Schmerz…« Die Finger des Wesens trafen auf das Haupt des Magiers, welcher die Züge sogleich gepeinigt verzog, bevor die Erinnerung in der Sphäre verblasste. Gwen versuchte das Ganze einem Sinn zuzuordnen und zu verstehen, was ihr Loki dort zeigte; war sein Angriff auf die Erde womöglich gar nicht so freiwillig gewesen, wie sie alle immer gedacht hatten? Hatte man ihn auf gewisse Weise dazu…gedrängt? War er in einen Strudel geraten, aus welchem er sich nicht mehr hatte befreien können? Das würde ein ganz neues Licht auf die Ereignisse der Vergangenheit werfen; ihn nicht freisprechen von Schuld, doch sein Wesen aus einer anderen Perspektive beleuchten. Die Drohung des Wesens hallte unheilvoll in Gwens eigenen Knochen nach und ließ sie erneut frösteln, wodurch sie sich näher an Loki schmiegte. Das Bild verdunkelte sich und wechselte; zeigte nun eine andere Szene zu einer offensichtlich anderen Zeit. Ein zerklüfteter Berghang war zu sehen, darauf Thor und Loki, die in ein Streitgespräch verwickelt waren. Der Donnergott hatte seinen Bruder am Nacken gepackt und nah zu sich gezogen; in Thors Zügen spiegelte sich ungläubige Hoffnung. »Ich dachte, du wärst tot…« Loki verzog keine Miene, raunte nur gehässig: »Hast du getrauert?« »Wir alle haben das.« beteuerte der Donnergott. »Unser Vater-« Der Magier unterbrach ihn. »Dein Vater.« Er riss sich aus Thors Umklammerung los und stapfte den schmalen Pfad des Berges hinab. »Man hat dir doch sicher von meiner wahren Herkunft erzählt.« Thor folgte ihm und sprach eindringlich auf ihn ein: »Wir sind zusammen aufgewachsen. Wir haben zusammen gespielt. Zusammen gekämpft. Erinnerst du etwa gar nichts mehr davon?« Die Stimme des Donnergottes erklang schmerzlich enttäuscht, fast flehend sah er seinen Bruder an. Loki drehte sich ruckartig zu ihm um, seine Züge spiegelten die Pein längst vergangener Tage; er wirkte ausgemergelt, war kränklich blass. »Ich erinnere einen Schatten. Ein Leben im Schatten deiner Größe. Ich erinnere, wie du mich in einen Abgrund geworfen hast. Ich war ein König und sollte es auch sein!« Thor breitete ungläubig die Arme aus. »Und darum nimmst du die Welt, die ich liebe für deine eingebildeten Kränkungen? Das lasse ich nicht zu. Die Erde steht unter meinem Schutz.« Loki lachte humorlos und boshaft. »Oh, und du machst das wirklich großartig! Die Menschen schlachten sich gegenseitig ab, während du dich untätig sorgst. Ich will über sie herrschen. Warum sollte ich das nicht?« Thor sah seinen Bruder forschend an. »Denkst du, du stehst über ihnen?« Der Magier hielt kurz inne, schien zu überlegen, bevor er überzeugt meinte: »Oh ja.« »Dann weißt du nicht, was wahre Herrschaft bedeutet.« raunte der Donnergott in enttäuschter Resignation. »Ein Thron stünde dir nicht zu.« Loki stieß seinen Bruder wütend beiseite und stapfte den Pfad des Berges wieder hinauf. »Ich habe Welten gesehen, von denen du keine Ahnung hast. Ich bin gewachsen in meinem Exil, Odinson.« zischte er Thor gehässig entgegen. »Ich habe die wahre Macht des Tesserakts gesehen und wenn ich ihn beherrsche-« Thor unterbrach ihn gewarnt, seine Züge vermittelten Vorsicht. »Wer hat dir diese Macht gezeigt? Wer lenkt den Möchtegern-König?« »Ich bin König!« schrie Loki ihn an. Das Bild verschwamm erneut und löste sich dann in einem Wink durch des Magiers Hand auf; Loki ließ die schwebende Sphäre verschwinden und Gwen verspürte sein tiefes Luftholen unter dem Heben seiner Schultern. Sie schwiegen nun beide und lauschten in die Stille des Raumes, welche vom Rauschen des Windes untermalt wurde, der wütend um das Haus tobte und seine Herrschaft forderte. Gwen starrte lange noch auf jene Stelle, wo sie eben die Erinnerungen des Magiers gesehen hatte; sie versuchte die Bruchstücke zu einem sinnvollen Bild zu verbinden und etwas daraus zu formen, was sie dann von allen Seiten in Ruhe betrachten könnte. »Erschreckt dich, was du gesehen hast? Fürchtest du das, was ich einst war? Noch immer bin…« raunte der Magier plötzlich in die Stille, ohne sich wirklich zu regen. In der Dunkelheit war es schwer in seinen Zügen zu lesen, allein seine Augen schienen ihr eigenes Licht im Dunkel zu verströmen und fixierten sie. Gwen schüttelte den Kopf. »So bist du nicht mehr, also muss ich dich auch nicht fürchten. Das warst du auch nie.« Sie deutete wage auf jene Stelle, wo eben noch der Zauber des Magiers in der Luft geschwebt hatte und hoffte einfach, dass Loki ihren Wink im Dämmerlicht erkannte. »Dort sprach ein Wahnsinn aus dir, der nicht allein von dir kam. Ist es nicht so, Loki? Irgendjemand hat dir diesen Wahn in den Kopf gesetzt, die Erde anzugreifen, oder?« Sie rutschte wieder ein wenig herum und legte die Hände auf die Schultern des Magiers, nachdem sie sich neben ihm positioniert hatte. Seine leuchtenden Augen hoben sich zu ihr an. »Willst du das gern glauben, Gwendolyn?« Seine Stimme klang spöttisch, als würde er ihre Hoffnung amüsant finden. »Ich will es nicht nur. Ich glaube es, Loki. Ich denke, dass du jemanden gefolgt bist auf einen falschen Pfad. Das war ein Fehler, aber so etwas kann jedem passieren. Davor ist niemand gefeit.« Der Magier lachte knapp und humorlos auf. »Nur zetteln die wenigsten wohl einen Krieg nach ihren verirrten Pfaden an…« Gwen spürte seine Hände an ihren Seiten, als er sie wieder an sich drückte; unvermittelt zog er sie an seine Brust und barg ihr Haupt an seiner Halsbeuge. »Nach meinem Sturz vom Bifröst fiel ich lange durch die bodenlose Weite des Alls; eine erdrückende, furchtbare Kälte, verschlingende Schwärze, ein allumfassendes Nichts, welches einem die Seele aus dem Leib saugt. Ich war verwirrt nach meinem Fall; rachsüchtig, verzweifelt, nicht mehr ich selbst. Ich klammerte mich an jedes Fünkchen Hoffnung auf eine Zukunft. Und da kam Thanos…« wisperte Loki an ihrem Ohr; allein der Name ließ sie frösteln. Lokis Arme schlangen sich um Gwen, als wollte er sie um jeden Preis bei sich behalten. Eigentlich überflüssig, da Gwen eh nirgendwo anders sein wollte als in seinen Armen. »Er flüsterte mir genau die Worte ein, die ich hören wollte, bestärkte mich in meinem Hass und meinem Glauben. Er ist ein Meister der Überzeugung mit Schmerz und Pein. Ich war angreifbar in meiner Wut, durch die Leere in meiner Brust und er wusste das. Thanos hat meine Schwäche ausgenutzt; als ich dies erkannte, war es bereits zu spät, etwas zu ändern.« Gwen spürte, wie Loki das Gesicht in ihrem Haar vergrub und sie selbst strich mit den Händen über seine Seiten. Die Dunkelheit schien ihn mutig werden zu lassen und vermittelt ihm offenbar trügerische Sicherheit und das Gefühl von Schutz. »Ich konnte nicht mehr zurück nach Asgard. Nach meinem Sturz hatte ich gar nichts mehr, Gwen. Keinen Thron, keine Familie, keine Heimat. Ich war allein. Ohne Perspektive. Aber mit viel Wut und tödlicher Verzweiflung im Herzen - diese Gefühle haben mich zu Thanos getrieben und ihm den Weg geebnet. Ich kann mich nicht freisprechen von meiner Schuld, niemand kann das, denn ich war mir meiner Taten zu jeder Zeit bewusst. Ich bin schuldig und verdiene-« Gwen hatte sich leicht von Loki gelöst und ihm ihren Zeigefinger auf die Lippen gelegt, um ihn zum verstummen zu bringen. Ihre Augen suchten die seinen und ihr Blick flackerte zwischen den leuchtenden, grünen Kreisen umher, die in der Dunkelheit wie schimmernde Sterne strahlten. »Jetzt bist du aber nicht mehr allein…« hauchte sie von eigenen Emotionen überwältigt, bevor sie ihren Finger von seinen Lippen zog und jenen Platz mit ihren eigenen füllte. Sie küsste den Magier weich, sanft und vorsichtig - eine zaghafte, beinahe unschuldige Berührung, in der jedoch alle ihre Gefühle lagen, die sie in diesem Moment so drängend empfand. Es war nicht egal, was Loki getan hatte, doch Gwen glaubte daran, dass er sich ändern und bessern konnte; seine Seele war nicht verloren und das war alles, was zählte. Alles, was sie wissen musste. Sie würde an seiner Seite stehen, egal, was das Schicksal noch für sie bereithalten mochte, das schwor sie sich selbst. Lokis Finger strichen über ihre Wange und sie fühlte sein zaghaftes Lächeln an ihren Lippen, bevor sie die Augen wieder öffnete. »Danke…« flüsterte der Magier rau; ein Wort, in dem mehr als je zuvor die Wahrheit schwang, gesprochen vom Gott der Lügen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)