The Poetry of Light and Shadow von Ceydrael (Loki x OC) ================================================================================ Kapitel 11: Cinderella ---------------------- »Haltet das Schild etwas höher. Und dreht Euch seitlich, damit Ihr weniger Angriffsfläche bietet.« Sifs klare Stimme raunte Gwen die Befehle ins Ohr, während sie selbst versuchte den Anweisungen der Kriegerin bestmöglich Folge zu leisten. In einiger Entfernung tänzelte Fandral elegant über den staubigen Übungsplatz, gekleidet in eine leichte Lederrüstung und bewaffnet mit seiner bevorzugten Klinge - einem Degen; eben jenem Degen, der in diesem Augenblick geradewegs auf Gwen zuschoss, die glänzende Spitze auf ihre Mitte zielend. Geistesgegenwärtig riss sie das handliche, schlichte Schild hoch, dass Sifs Initialen trug und ließ die Klinge somit kurz vor ihrer Brust mit einem schleifenden Geräusch an sich vorbei gleiten. »Sehr gut.« lobte sie die Kriegerin erfreut und legte Gwen die Hand in einer freundschaftlich aufbauenden Geste auf die schmale Schulter. »Wir machen doch noch eine echte Walküre aus Euch, Gwendolyn.« Tja, da war sich Gwen nicht so sicher… Sie schwitzte längst nach einigen Angriffsversuchen des blonden Kriegers unter ihrem leichten Hemd und in ihrem Arm machte sich langsam ein angestrengtes Zittern bemerkbar, da sie Sifs Schild verkrampft festhielt. Das war dann doch ein etwas anderes Training als die paar Stunden Selbstverteidigung, die sie in New York hinter sich gebracht hatte. Sie war wahrscheinlich meilenweit davon entfernt eine Lady Sif oder ein geschickter Krieger wie Fandral zu werden. Nichtsdestotrotz war Gwen natürlich jemand, der nicht so leicht einfach aufgab - und Herausforderungen scheute sie schon gar nicht. Eigentlich hatte sie den Tag in völliger Ruhe begonnen, war recht gelangweilt und ziellos durch die Gänge Gladsheims gestreift, ihren Wächterschatten im Rücken, nachdem Loki ihr mitgeteilt hatte, dass er den Allvater aufsuchen wollte, um ihn über die neuesten Entwicklungen zu unterrichten. Daher hatte sie keine Beschäftigung für den Morgen gehabt und war zugegeben etwas enttäuscht darüber gewesen, dass sie nicht sogleich wieder Zeit mit Loki verbringen konnte. Der gestrige Abend war überraschend angenehm ausgeklungen - nach dem Essen, in dessen Verlauf sie so viele neue Dinge über den Prinzen erfahren hatte und der folgenden Enthüllung über ihre Angreifer hatte sie sich noch eine ganze Weile mit Loki fast schon erschreckend normal unterhalten können; er hatte ihr von seiner Zeit in Vanaheim berichtet und ihr noch mehr Einblick in die Vorgänge der Magie gewährt. Sie hatte schlussendlich das Gefühl gehabt, dass diese seltsame Barriere zwischen ihnen - zwischen Mensch und Gott - ein wenig gebröckelt war; Loki war wesentlich zugänglicher gewesen als noch zuvor. Und Gwen musste sich eingestehen, dass sie sich in seiner Nähe nicht nur wohl sondern auch sicher fühlte. Ein seltsamer Gedanke, da sie doch ständig von so vielen Wächtern im Palast umgeben war. Doch all diese unbekannten Männer konnten ihr nicht das ungewöhnliche Gefühl von Sicherheit vermitteln, dass sie in der Nähe des Magiers verspürte. Eigentlich äußerste Ironie in sich selbst - da fühlte sie sich bei genau jener Person geborgen und gut behütet, vor der sie wahrscheinlich die meiste Angst haben sollte. Zumindest nach Aussage aller anderen. Doch gerade Lokis selbstsichere Arroganz ließ ihn bestimmt und gewissenhaft wirken, überlegt in allem was er tat und genau das schuf ein äußerst beruhigendes Bild - so absurd sich das selbst in ihrem eigenen Kopf anhören mochte. Doch der Magier war es, dem sie es zutrauen würde mit jeder Gefahr fertig zu werden. Gwen war gedankenverloren durch die Gänge geschlendert, bis sie einen kleinen Trainingsplatz innerhalb der Palastmauern entdeckt hatte; das sandige Terrain war von einem offenen Bogengang umringt und ohne Überdachung, sodass die Sonne ihren Weg uneingeschränkt auf den Platz finden konnte. Ihre Strahlen brachen sich auf den glänzenden Rüstungen von Thor und seinen Freunden, die eine morgendliche Übungseinheit absolvierten. Staub wirbelte unter den schweren Stiefeln der Männer auf, die sich gegenseitig in ihrem Training spielerisch attackierten; bunte Umhänge flatterten geräuschvoll durch die Luft, während das scharfe Klirren von aufeinandertreffenden Waffen weithin hörbar war. Zwischendurch erscholl immer wieder das grollende Lachen Volstaggs oder der unverkennbar dröhnende Triumphruf Thors, wenn dieser einmal mehr erfolgreich die Angriffe seiner Freunde abwehrte. In den überdachten Gängen umher waren ein paar Asen wie Gwen stehen geblieben, um das Schauspiel interessiert zu verfolgen. Gwen wusste, dass hinter dieser spielerischen Leichtigkeit des Trainings doch eine äußerst ernste Angelegenheit lag; im Moment unbedacht und vielleicht vergessen, doch noch immer anwesend wie das lauernde Maul einer Schlange. Der Angriff, der Asgard getroffen hatte, war nur der Anfang gewesen und jeder hier war sich dessen wahrscheinlich bewusst - denn der Allvater irrte sich fast nie. Und eben jene Krieger, die nun in einem leichtfertigen Spiel ihre Fähigkeiten gegeneinander gebrauchten und trainierten, würden es am Ende womöglich sein, die zwischen Asgard und ihren Feinden stehen würden; Schilde und Waffen entschlossen gehoben, um die letzte Verteidigungslinie zu bilden, die das Reich der Asen vor dem Untergang bewahren würde. Und so konnte man unter den neckenden Sprüchen und dem gelösten Lachen von Thor und seinen Gefährten doch eine unterschwellige Nervosität verspüren; der Hauch einer Ahnung vor der drohenden Gefahr - die Gewissheit, dass ihre Bewegungen auf dem Übungsplatz ebenso schnell auf das offene Schlachtfeld verlegt werden konnten. Es war nur eine Frage der Zeit. Eine Zeit, die sich die Tapferen Drei, Lady Sif und Thor wie all die anderen Asen in ihrem Reich mit den alltäglichen Dingen ihres Lebens vertrieben, um zumindest den Anschein von Normalität zu wahren und die Angst vor der drohenden Gefahr nicht ihre Herzen berühren zu lassen. Gwen hatte eine ganze Weile schweigsam beim Training der Krieger zugesehen, ab und an wie die anderen umstehenden Asen applaudiert, wenn Thor oder einer seiner Freunde wieder einmal eine besonders gekonnte Finte ins Feld gesetzt oder einem fingierten Angriff geschickt ausgewichen war. Es war unübersehbar, dass Thor der erklärte Liebling der Asen war; Männer wie Frauen jubelten dem Donnergott zu und feuerten ihn bestimmt an, was der blonde Mann durchaus zu genießen schien. Immer wieder winkte er der Menge zu und verbeugte sich spielerisch vor der kleinen Schar der Zuschauer, wenn er einmal mehr den Sieg aus einem der Duelle getragen hatte. Allerdings standen die anderen Krieger ihm in Beliebtheit wenig nach; Fandral wurde ebenso von den Asenfrauen angehimmelt wie der Donnergott selbst, nur dass der blonde Krieger bewusst in der Bewunderung der Frauen badete und dafür mehr als einmal einen Seitenhieb von Sif oder Hogun kassierte, wenn er wieder einer reizenden Dame eine Kusshand zuwarf und dadurch einen Augenblick unaufmerksam wurde. Auch Volstagg warf sich mehr als einmal prahlerisch in Pose, wenn er einen seiner Gefährten in den Staub geschickt hatte und ließ sein dröhnendes Lachen hören. Selbst Hogun zeigte dann und wann ein sachtes Schmunzeln, wenn die zuschauenden Asen seine Kampfkünste durch heftigen Applaus wertschätzten. Lady Sif war natürlich die unangefochtene Favoritin aller Männer, die den Trainingskampf beobachteten und Gwen konnte das durchaus verstehen; die dunkelhaarige Kriegerin war wunderschön und mehr als geschickt im Umgang mit dem Speer und ihrem Schild. Doch Sif hatte nur Augen für einen Mann, dass war Gwen bereits früher aufgefallen - selbst jetzt beim Training huschte ihr Blick mehr als einmal zu Thor hinüber und die beiden schienen ab und an bewusst im Kampf die Nähe des jeweils anderen zu suchen. Die zwei würden ein wirklich hübsches Paar abgeben. Diese fünf tapferen Streiter waren die strahlenden Lichtgestalten Asgards; die Helden der Asen, jene Krieger, in die ein ganzes Volk die meiste Hoffnung legte. Sie waren unheimlich beliebt, doch Gwen mochte sich den Druck, der auf ihren Schultern lastete, nicht einmal vorstellen. Auf ihnen lag die projizierte Verantwortung für eine ganze Welt; nicht unähnlich jener Position, die die Avengers auf der Erde einnahmen. Gwen war nicht dumm und sie wusste, wie diese Dinge liefen - Helden waren so lang öffentlichkeitstauglich und beliebt wie sie die Interessen der Menschen vertreten und für Ordnung sorgen konnten. Doch ein Fehltritt, nur einmal versagen und die zuvor geliebten Helden wurden gern als Sündenböcke für all das missbraucht, was in der Gesellschaft schief lief. Auf der Erde waren die Meinungen über die Avengers schon jetzt gespalten; die meisten hielten sie für Helden, doch ein paar andere nur für maskierte Spinner, die das Unheil erst angezogen und eine Menge Schaden angerichtet hatten. Die Position als strahlender Hoffnungsträger konnte schnell zu einer recht undankbaren Stellung werden. Gwen hoffte, dass Thor und seinen Freunden nicht irgendwann dieses ungerechte Schicksal blühen würde. Ungewollt musste sie an Loki denken, als die Menge erneut über einen gut platzierten Schlag Thors mit Mjölnir jubelte; ihm würden die Asen wohl nie so zujubeln, seinen Namen nie begeistert rufen oder nach seiner Aufmerksamkeit gieren. Sie hatte die misstrauischen und argwöhnischen Blicke der Asen bemerkt, wenn Loki in der Nähe war. Der Magier dämmerte im Schatten seines Bruders; jetzt wohl erst recht nach seinen Verbrechen, die sicher durch Gerüchte und geflüsterte Mutmaßungen in dunklen Ecken an die Öffentlichkeit gedrungen waren. Obwohl weder Frigga noch Thor etwas in diese Richtung erwähnt hatten, fiel es Gwen in diesem Augenblick wie Schuppen von den Augen; diese Wut, dieses Unverständnis, das Loki verspürt haben musste als er die Wahrheit über seine Herkunft herausfand musste noch zusätzlichen Zündstoff erhalten haben durch die Gewissheit, hinter Thor zurückzustehen. Der Donnergott liebte seinen Bruder und weder er noch die Königin hatten den Magier diese Gewissheit wahrscheinlich spüren lassen, doch sie war offensichtlich - durch die Blicke und das Verhalten des Volkes. Die Asen hatten Angst vor dem Magier - ob sie nun von seiner Herkunft ahnten oder nicht; doch das Nutzen der Magie war schon genug des Frevels, den der Prinz in ihren Augen wohl begangen haben musste. Gwen wurde unvermittelt aus ihren Gedanken gerissen, als sie ihren Namen von den Lippen Thors vernahm; der hatte sie nämlich gerade in den Reihen der Zuschauer entdeckt. »Guten Morgen, Gwen. Kommt doch her zu uns.« Gwen hob sofort abwehrend die Hände, vor allem da einige der umstehenden Asenfrauen sie sofort argwöhnisch und missgünstig beäugten, doch der Donnergott ließ nicht locker. Entschlossen kam er zu ihr herüber und entlockte damit einer jungen, blonden Asin hinter Gwen ein sehnsüchtiges Seufzen, was Sif augenblicklich dazu veranlasste, die junge Dame mit Blicken zu erdolchen. »Es ist schön Euch zu sehen, Gwen. Und selten, so ganz allein ohne die Begleitung meines Bruders.« Thor lächelte sie heiter an und streckte ihr die große Hand entgegen, um sie die wenigen Stufen zum Platz hinunter zu geleiten. »Schläft Loki etwa noch? Wundern würde es mich nicht. Sicher hat er wieder in der Bibliothek die Nacht zum Tag gemacht.« »Oh, nein. Nein. Euer Bruder ist bereits auf den Beinen, Thor.« berichtigte Gwen sofort seine Vermutung, während sie sich von ihm zu seinen Freunden hinüberführen ließ. Die Menge der zuschauenden Asen zerstreute sich inzwischen; sie waren wohl der Meinung, dass der größte Teil des unterhaltsamen Schauspieles nun eh vorbei wäre. »Er wollte zum Allvater, um ihn über die neuesten Erkenntnisse seiner Nachforschungen zu unterrichten. Wir haben gestern wahrscheinlich einen wichtigen Hinweis auf eure Angreifer entdeckt.« »Wir?!« Thor hob beinahe überrascht eine Braue, während er mit Gwen im Kreis seiner Freunde stehen blieb, die sich gerade den Staub von den Kleidern klopften und ihre Waffen säuberten. »Sagt bloß, mein Bruder hat Euch an seinen Studien und Untersuchungen teilhaben lassen? Sonst verkriecht er sich in solchen Momenten doch zumeist allein in der Bibliothek oder seinem Zimmer.« »Naja, zwangsweise.« gestand Gwen mit einem schiefen, verlegenen Lächeln. »Ich hab ihn gestern mit dem Abendessen überfallen und dann war ich neugierig und hab ihn über den Stand seiner Nachforschungen ausgefragt…« endete sie in einem unsicheren Wispern und ließ den Blick von einem zum anderen huschen. Die Tapferen Drei und Sif bedachten sie mit einem nicht zu deutenden Blick. Thor sah sie beinahe verblüfft an, dann bettete er eine schwere Hand auf ihrer Schulter und fragte sie eindringlich: »Mein Bruder hat etwas gegessen?!« Etwas unsicher nickte Gwen, nachdem ihr Blick abermals durch die Runde geglitten war. »Äh…ja. Naja, zumindest nachdem ich starrsinnig darauf bestanden habe. Eigentlich wollte er nicht, aber-« Der Druck von Thors Hand auf ihrer Schulter wurde freundschaftlich schwer. »Ich danke Euch, Gwen. Wirklich. Loki achtet viel zu wenig auf sich und sein Wohlbefinden. Er ist stur, das war er schon immer. Er sah die letzten Tage müde und erschöpft aus und ich hegte bereits den Verdacht, dass er erneut die Nahrungsaufnahme verweigern würde, wie er es die letzten Tage seiner Gefangenschaft bereits getan hatte.« »Vielleicht entwickelt die Sterbliche einen durchaus guten Einfluss auf deinen Bruder…« gab Sif zu bedenken, bevor sie Gwen gründlich musterte und die angenehme Wärme von Thors Hand von deren Schulter verschwand. Er nickte Sif zu. »Ich hoffe es. Selbst Frigga gelingt es kaum noch zu ihm durchzudringen…« Alle blickten Gwen nun an, als hätte sie sich eben als das achte Weltwunder vorgestellt. Fandral grinste anzüglich. »Vielleicht ist dein Bruder Frauen ja doch gar nicht so abgeneigt, Thor. Vielleicht hätten wir Sif das ein oder andere Mal einfach mehr auf ihn einwirken lassen sollen, dann wäre er womöglich nicht so wahnsinnig und verbohrt-uff…« Fandrals Rede wurde durch Sifs Ellenbogen unterbrochen, den sie dem Krieger unumwunden in den Magen stieß und diesen böse anfunkelte. »Ich bitte dich…« stieß der blonde Krieger gequält aus. »Niemand kann sich sein ganzes Leben nur hinter Büchern und Pergament vergraben und damit glücklich werden. Der Kerl muss doch auch Bedürfnisse haben. Vielleicht ist ihm ein gewisser Druck zu Kopf gestiegen und hat ihn verrückt gemacht-« Abermals wurde er von Sif unterbrochen, die Fandral die Hand in einer zurechtweisenden Geste gegen den Hinterkopf schlug. »Deine Theorie ist lächerlich. Nicht jeder Mann ist wie du, Fandral.« murmelte die Kriegerin missbilligend. Gwen war sich gar nicht sicher, ob sie diesen Teil der Unterhaltung unbedingt mithören wollte; das war doch sehr privat und ging sie eigentlich auch gar nichts an. Trotzdem lauschte sie natürlich aufmerksam - was vielleicht auch ihrem Job als Journalistin geschuldet war - und konnte sich ein Gefühl von Erleichterung irgendwie kaum erklären, als ans Tageslicht kam, dass Loki offensichtlich kein Weiberheld war. »Vielleicht wäre es besser gewesen, er hätte sich weiterhin dem Essen verweigert und wir wären ihn und seinen Wahnsinn bald losgeworden…« brummte Volstagg gleichmütig, während er die Schneide seiner mächtigen Axt gewissenhaft polierte. »Volstagg!« zischte Hogun warnend und der rotbärtige Riese zuckte getroffen zusammen, bevor er seinen Blick zögerlich zu Thor schickte, dessen Augen sich um eine Winzigkeit verengt hatten. »Tut mir leid, mein Freund. Aber du weißt, was ich von Loki halte. Ich kann die Entscheidung des Allvaters nicht gutheißen. Meiner Meinung nach hätte der Magier in seinem Gefängnis verrotten sollen. Er ist gefährlich und verrückt.« versuchte sich der stämmige Krieger zu rechtfertigen. »Dennoch ist er mein Bruder, wenn auch nicht im Blute, so doch im Geiste. Und das solltet ihr alle nicht vergessen.« raunte der Donnergott zurechtweisend und entschlossen. »Und du solltest nicht vergessen, was er getan hat, Thor.« meldete sich nun überraschend Hogun zu Wort. »Auch wenn er momentan scheinbar in seinen alten geistigen Zustand zurückzufinden scheint, so ist das kein Garant dafür, dass er sich ändern wird.« sprach der dunkelhaarige Krieger beschwörend auf den Donnergott ein. »Du weißt am besten, wie listig Loki ist. Gib dich nicht der Illusion einer trügerischen Hoffnung hin.« Thor fuhr sich aufgewühlt mit einer Hand durch seine wilde, blonde Mähne und senkte den Blick betreten. »Ich weiß…doch gebührt nicht jedem Vergebung?« »Seine Taten können nie vergeben werden, Thor.« Fandral schob seinen Degen zurück in die lederne Halterung an seinem Gürtel. »Das Einzige, worauf Loki bauen kann, ist Wiedergutmachung.« Sif nickte bestätigend und bettete eine Hand auf dem kräftigen Unterarm des Donnergottes. »Er kann das Gewicht seiner Schuld, seiner Verbrechen nur durch richtige und gute Taten verringern. Und vielleicht dadurch irgendwann Vergebung erlangen. Er kann sie sich verdienen. Doch geschenkt werden kann sie ihm nicht.« Gwen stand unschlüssig zwischen den Kriegern und fühlte sich augenblicklich recht fehl am Platz. Es war unverkennbar, dass keiner der Männer eine besonders hohe Meinung von Loki hatte; Thor ausgenommen. Auch Sif schien nicht gerade vor Begeisterung zu sprühen, wenn der Magier zur Sprache kam. Eine seltsame Beklemmung schwebte augenblicklich in der Luft, als wäre Lokis Präsenz selbst jetzt vorhanden, obwohl der Prinz nicht anwesend war und der Grund für Unstimmigkeiten zwischen den Freunden sein konnte; Gwen kam in den Sinn, dass dies womöglich auch schon viel früher so gewesen war. Sie konnte sich augenblicklich vorstellen, wie ein wesentlich jüngerer Thor bei seinen Gefährten Partei für seinen ruhigen Bruder ergriff, als diese einmal mehr wenig begeistert darüber waren, dass sie ihn auf ein Abenteuer mitnehmen mussten. »Behandelt Euch der Magier anständig, Lady Gwendolyn?« wandte sich Fandral nun überraschend plötzlich an Gwen, die bereits froh darüber gewesen war nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Sie konnte sich ein erschrockenes Zusammenzucken gerade noch verkneifen, so versunken war sie schon wieder in ihren Gedanken gewesen. »Oh, ähm…ja, das tut er. Er ist keine leichte Persönlichkeit, aber das bin ich ja auch nicht. Wir arrangieren uns schon.« erklärte sie mit einem zögerlichen Lächeln. Sie hätte jetzt natürlich über Lokis Arroganz und Ignoranz den Menschen gegenüber schimpfen können, doch sie verkniff sich jedes negative Wort über den Prinzen sehr bewusst; man musste die aufgepeitschten Wogen nicht noch mehr anstacheln. Schließlich waren Thors Freunde eh schon schlecht genug auf Loki zu sprechen und es war unnötig, den Donnergott mit weiteren Beschwerden über seinen Bruder zu belasten. Dass Thor unter der Situation litt war mehr als deutlich; sicher war es kein schönes Gefühl immer zwischen den Stühlen stehen zu müssen. Außerdem hatte der gestrige Abend Gwen deutlich gezeigt, dass der Magier durchaus auch anders konnte; er war umgänglich gewesen, fast freundlich und sie hätte beinahe vergessen können, warum er in Asgards Kerker eingesessen hatte. Womöglich war sie genauso gutgläubig wie Thor - vielleicht schlummerte in Loki aber doch noch mehr, als ihm alle augenscheinlich zutrauen wollten… »Das überrascht mich fast.« erhob Volstagg die grollende Stimme wieder. »Bei seiner bekannten Abneigung gegen die Menschen…« Der bärtige Krieger unterbrach sich selbst, indem er seinen Blick wieder auf die glänzende Schneide seiner Axt senkte, nachdem ihm Hogun einen mehr als warnenden Blick zugeworfen hatte. Gwen wurde das Gefühl nicht los, dass da noch einiges unausgesprochen in der Luft hing. »Habt Ihr eigentlich neue Hinweise über Eure Veränderungen erlangt?« wandte Sif das Wort unvermittelt an Gwen und lenkte sie somit von Volstagg ab. Sie blickte die Kriegerin neben sich wieder an, die eben ihren Speer zu einem handlichen, kleinen Stab zusammengleiten ließ und diesen an ihrer Rüstung festmachte. »Konnte Loki etwas über Eure seltsamen Fähigkeiten herausfinden?« fragte nun auch Thor nach. »Naja, mehr oder weniger.« begann Gwen zögerlich. »Loki hat nach einer Untersuchung zumindest zweifelsfrei bestätigen können, dass es nicht Asgards Essenz ist, die mich verändert hat. Nach seiner Aussage bin ich noch immer eine gewöhnliche Sterbliche. Allerdings…« Unsicher stockte Gwen in ihrer Erzählung und sah zögerlich in die Runde. Sollte sie wirklich erzählen, was im Stall bei Sleipnir passiert war? Womöglich würden sie Thor und seine Freunde dann wie ein missglücktes Experiment betrachten; oder misstrauisch und abfällig, wie sie Loki so oft musterten, wenn sie ihm über den Weg liefen. Alle Krieger sahen sie abwartend an und Sif hob auffordernd eine Braue, sodass Gwen nach einem Räuspern doch in ihren Ausführungen fortfuhr. »…naja, ich scheine doch so eine Art „heilende Fähigkeit“ zu besitzen.« Ihr kam es selbst lächerlich vor, dass auszusprechen. Normalerweise war Gwen eine rational denkende und aufgeklärte Frau; sie hielt nicht viel von der Kirche und der Religion, von Hokuspokus und Übersinnlichen - wobei all das auf einem Jahrmarkt ganz unterhaltsam sein konnte. Doch auf einmal schien sie unverhofft kopfüber in eines ihrer Märchenbücher der Kindheit gestürzt zu sein - zu Kriegern, Göttern, Magiern und Zauberei. Fehlten eigentlich nur noch die Drachen. Sie rieb sich mit den Händen übers Gesicht und holte tief Luft, bevor sie die Krieger wieder ansah und in knappen Sätzen von dem Vorfall bei Sleipnir erzählte. »Bei allen Welten - Ihr habt tatsächlich das Schlachtross des Allvaters geheilt?!« kam es verblüfft von Volstagg, der für einen Augenblick sogar vergaß seine Streitaxt liebevoll zu reinigen und in der Bewegung innehielt. »Jeder hatte das Pferd schon aufgegeben…« sprach Hogun verwundert und bedachte Gwen mit einem langen, nachdenklichen Blick. »Wie habt Ihr das gemacht, Gwen?« wandte sich Thor neugierig an sie, doch Gwen konnte nur mit den Achseln zucken. Wenn sie das mal selbst wüsste… »Ich habe keine Ahnung. Ich kann das nicht kontrollieren. Ich kann es noch nicht einmal richtig steuern. Es ist eher so, als wüsste diese „Kraft“ in mir einfach wann die richtige Zeit ist, um sich zu zeigen…und nach Lokis Vermutung scheint sie schon wesentlich länger in mir zu sein, als ich hier in Asgard bin...« »Und Ihr habt wirklich keine Ahnung, wo die Wurzeln dieser Macht liegen könnten?« hakte Hogun fast zweifelnd nach, die dunklen Brauen misstrauisch zusammengezogen. Sie sah ihn entschlossen an. »Nein. Wirklich nicht. Ich habe nie zuvor auf der Erde solche Dinge an mir bemerkt…« antwortete sie ihm wahrheitsgetreu. »Ich weiß nicht, was das in mir ist. Und wenn es nach mir ginge, würde ich es am liebsten auch einfach nur loswerden…« endete sie mit einem recht entnervten Seufzen, was die Krieger veranlasste, sich kurze Blicke zuzuwerfen. »Mit solch einer mächtigen Gabe solltet Ihr nicht schutzlos durch Asgard oder sonst eine Welt wandeln.« sprach Thor bestimmt und nickte Sif knapp zu, die den Wink zu verstehen schien und zu Gwen herüber kam. »Der Meinung bin ich auch.« stimmte Fandral sogleich tatkräftig ein und zog seinen Degen wieder, den er spielerisch durch die Luft warf und geschickt in einer Drehung auffing. »Vor allem solltet Ihr Euch Eurer Haut erwehren können, wenn Ihr mit einem Mann wie Loki unterwegs seid.« Und so fand sich Gwen am Ende zwischen Sif und Fandral wieder, während der Krieger sie mit leichten Angriffen attackierte und Sif ihr hilfreiche Anweisungen gab, wie sie sich mit einem Schild einer Klinge erwehren konnte. Obwohl sie natürlich nach einer ganzen Weile alles andere als perfekt war in dem was sie tat, so musste Gwen doch eingestehen, dass sie dieser Art des Kämpfens durchaus etwas abgewinnen konnte; es machte Spaß und weckte ihren Ehrgeiz, obwohl sie das anfänglich nie erwartet hätte - sie lieferte sich mit Fandral ein spielerisches Duell, passte sich dessen tänzelnden Bewegungen an, sodass sie sich am Ende beide umschlichen wie zwei Raubtiere über dem Kadaver einer geschlagenen Beute. Thor hatte ihr ein leichtes, schlankes Schwert besorgt, das sie nun versuchsweise gegen den blonden Krieger schwingen sollte, der sie immer wieder mit einem herausfordernden Lachen und seinem Degen attackierte und sie kaum einen Augenblick verschnaufen ließ. Die Muskeln ihrer Arme brannten durch die ungewohnte Anstrengung; jeder Schlag auf Sifs Schild vibrierte durch ihre Knochen und ließ Gwen schon jetzt vermuten, dass sie Tage später noch Spuren davon tragen würde. Ihre Oberschenkel zitterten bereits durch die vielen Ausfallschritte, zu denen Sif sie animiert hatte und der Schweiß perlte auf ihrer Stirn, da nicht nur Fandrals Degen unerbittlich auf sie eindrang, sondern auch die Sonne inzwischen hoch im Zenit stand und uneingeschränkt auf den kleinen Übungsplatz herabbrannte. Doch trotz allem hatte sich ein Lächeln auf Gwens Lippen geschlichen, vor allem nachdem Sif sie mit einem ehrlich gemeinten Lob bedacht hatte; die restlichen Männer hatten sich in den Schatten unter den grün bewachsenen Säulen des umgebenden Bogenganges zurückgezogen und beobachteten die beiden aufmerksam und erheitert. Thor und Volstagg ließen sich sogar zu begeisterten Rufen hinreißen, wenn Gwen es ab und an tatsächlich schaffte, einen Treffer bei Fandral zu landen, was wahrscheinlich mehr Glück als wirkliches Können war, da der Krieger sie nie mit voller Härte und Entschlossenheit angriff. »Ich hoffe, ihr lasst mir das sterbliche Mädchen heil und in einem Stück, immerhin wäre alles andere ein ziemliches, diplomatisches Problem.« erscholl eine samtig amüsierte Stimme plötzlich über dem Klirren von Stahl auf Stahl und dem Lachen der Männer, die augenblicklich verstummten. Auch Gwen und Fandral unterbrachen ihren Kampf und wandten sich um, nur um sogleich ebenfalls neben Sif auf die Knie zu gehen. Thor rutschte mit Hogun und Volstagg vom Geländer, auf welchem sie Platz gefunden hatten und die Männer sanken vor der Königin in den Staub des Übungsplatzes, die gerade die Stufen zu ihnen herabkam, begleitet von zwei Palastwächtern, die allerdings im schattigen Durchgang stehen geblieben waren. »Eure Hoheit.« Volstagg und Hogun neigten die Köpfe ehrerbietend, während Thor seiner Mutter strahlend entgegen lächelte. »Mutter. Du leuchtest heute wieder wie die Sonne, ein bezaubernder Anblick für meine unwürdigen Augen.« Gwen musste anerkennen, dass Thor Recht hatte - die Königin sah wunderschön aus, was jedoch nicht nur an der schlichten, hellen Robe lag, die sie trug. Ihre Züge wirkten entspannter und diese tiefen Schatten der Trauer waren aus ihren Zügen verschwunden, die Gwen noch bei ihrer Ankunft hier aufgefallen waren. Obwohl Asgard einen schrecklichen Angriff erlitten hatte und sicherlich in noch immer nicht unbeträchtlicher Gefahr schwebte, so war die Königin ein strahlendes Bild der Hoffnung. Ihr sanftes Lächeln verströmte Zuversicht und Güte. Frigga schmunzelte verhalten auf ihren Sohn herab und blieb neben ihm stehen, um eine Strähne seines schmutzstarren Haares zwischen den Fingern einzufangen. »Was ich von dir nicht gerade behaupten kann, mein Sohn.« erwiderte sie amüsiert. »Ich hoffe doch, dass du dieses Chaos bis heute Abend in eine ansprechende Form bringst?« Eine Frage war es nicht gerade, eher klang es nach einem unterschwelligen Befehl. Thor runzelte einen Augenblick recht verwirrt die Stirn, was die Königin eine schmale Braue zurechtweisend in die Höhe ziehen ließ. »Du hast es doch nicht etwa vergessen, Thor?« Der Donnergott sah beinahe hilfesuchend zu Sif herüber, die ein stummes Wort mit den Lippen formte. »Oh, natürlich nicht, Mutter.« Thor erhob sich wieder und seine Gefährten sowie Gwen taten es ihm gleich. Er ergriff die Hand Friggas und zog diese an seine Lippen. »Natürlich habe ich das Winterfylleth nicht vergessen.« »Gut. Denn deine Anwesenheit wird ebenso erwartet wie die deiner Gefährten.« Der Blick der Königin glitt durch die Runde und blieb an Gwen hängen, die unschlüssig Schild und Schwert sinken ließ und nicht so recht wusste, worum es überhaupt ging oder was von ihr erwartet wurde. »Kommt herüber, Mädchen.« erscholl Friggas warme Stimme über den Platz. Gwen ließ sich von Fandral und Sif ihre Waffen abnehmen, bevor sie sich beeilte, der Anweisung der Königin Folge zu leisten. Im Gehen klopfte sie sich den Staub aus Hose und Hemd und versuchte ihre Haare zumindest in eine halbwegs ansprechende Form zu bringen, bevor sie vor der Königin stehen blieb. »Eure Hoheit…« »Ich werde euch die junge Frau nun entführen, ihr Lieben. Ich hoffe euch alle heute Abend zu sehen.« Bestimmt nickte Frigga Thor und seinen Freunden zu, bevor sie Gwen mit einer grazilen Handbewegung dazu aufforderte, ihr zu folgen. Ein wenig unsicher lief Gwen somit hinter der Königin durch die Gänge des Palastes, während ihr selbst die beiden Palastwächter nachfolgten. Nach einer Weile des Schweigens hielt sie es nicht mehr aus und schloss zu Frigga auf. »Was ist Winterfylleth?« fragte sie zögerlich in Richtung der Königin, die ein seichtes Schmunzeln sehen ließ. »Unser Winternachtsfest. Damit verabschieden wir den Sommer, damit der Winter seinen Platz finden kann.« »Der Winter?« Gwen sah beinahe verwirrt durch ein geöffnetes Fenster nach draußen. »Aber es ist doch gerade erst Sommer.« Seitdem sie in Asgard war hatte sie keinen einzigen kalten Tag erlebt; im Gegenteil, Wetter und Vegetation waren hochsommerlich. »Die Winter in Asgard sind nicht lang, dafür aber heftig.« erklärte ihr die Königin. »Sie kommen schnell und zwingen das Land unter ihre Herrschaft. Hier gibt es keine solch gleitenden Übergänge zwischen den Jahreszeiten wie auf Midgard.« »Und wohin bringt Ihr mich jetzt?« hakte Gwen unsicher nach. Frigga blickte zu ihr hinüber und lächelte amüsiert, während sie eine Braue tadelnd in die Höhe zog. »So neugierig, Gwendolyn Lewis? Ist dies Eurer Berufung auf der Erde geschuldet?« »Zu einem gewissen Teil sicherlich schon. Allerdings bin ich selbst auch gern darüber informiert, was man mit mir vorhat. Immerhin befinde ich mich in einer fremden Welt, bin eure Gefangene und eurer Gnade ausgeliefert.« rechtfertigte Gwen ihre Wissbegier, bevor sie sich ihrer unbedachten Worte bewusst wurde und verlegen auf ihre Unterlippe biss. Sie sollte wirklich öfter zuerst überlegen und dann sprechen, denn sie konnte es sich eigentlich nicht leisten, irgendjemanden hier zu verärgern - schon gar nicht ein Mitglied der Königsfamilie. »Ihr seid keine Gefangene, Gwendolyn.« berichtigte sie die Königin sanft. »Ihr seid unser Gast. Und als solcher gebührt Euch natürlich die gleiche Aufmerksamkeit und Ehre wie allen anderen hier in Asgard. Daher möchte ich Euch gern für das anstehende Fest vorbereiten und einkleiden. Es wäre mir eine Freude, wenn Ihr meine Gastfreundschaft in Anspruch nehmen würdet.« Sie waren inzwischen vor einer großen, hellen Holztür angelangt, die mit unzähligen, filigranen Blättern und Blüten verziert war, welche kunstvoll in das Holz eingeschnitzt worden waren. Die Königin blieb stehen und die beiden Männer der Palastwache traten vor, um die Tür zuvorkommend für die beiden Frauen zu öffnen. Dahinter erstreckte sich ein großer, behaglich eingerichteter Raum in hellen Cremefarben mit einer weitläufigen Fensterfront, die helles Sonnenlicht hereinließ. Einige der glänzenden Kristallfenster waren geöffnet und ein milder Lufthauch brachte die weißen Vorhänge in Bewegung. Der Raum teilte sich in zwei großzügige Bereiche; hinter einer dünnen Stoffwand erkannte Gwen eine Art Badezimmer - eine riesige, goldene Wanne beherrschte diesen Teil des Zimmers, während der andere unübersehbar zum Ankleiden diente. Ashlyn wäre wahrscheinlich in diesem Moment aus ihren meist unheimlich teuren Pumps gesprungen… Ein Kleiderschrank reihte sich an den anderen; gewaltige, beinahe monströse Ungetüme, deren Türen offen standen und den Blick auf eine unglaubliche Vielzahl an Kleidern, Roben und Gewändern preisgaben, die in allen möglichen Kolorierungen leuchteten - eine Symphonie an Farben, als hätte man das gebrochene Licht eines lupenreines Kristalles in Stoff eingefangen. Von überall glitzerte, schillerte und schimmerte Gwen edler und kostbarer Stoff entgegen; selbst wenn man wie sie eher schlichte und einfache Kleidung bevorzugte, so konnte man sich diesem zauberhaften Anblick doch einfach nicht entziehen. Das war der Traum eines jeden Mädchens. Zwei sittsam gekleidete Asenfrauen waren im Raum anwesend, die sich eben umwandten und vor der Königin demütig knicksten. »Lasst ein Bad für unseren Gast ein.« wandte sich Frigga an die beiden Frauen, die sofort gehorsam nickten und sich an die Arbeit machten. »Wir haben eine Menge zu tun…« fügte die Königin leise gemurmelt an und bedachte Gwen mit einem abschätzenden, doch nicht unfreundlichen Blick. Sie kam sich unter den Augen der eleganten Asin sofort unwürdig vor; beschämt wurde sie sich ihrer staubigen Kleidung und wirren Haare bewusst, die sie als Folge des Kampfes mit Fandral davongetragen hatte. Wenn sie geahnt hätte, dass die Königin heute noch nach ihr verlangen würde, dann hätte sie sich bestimmt nicht so unbefangen durch den Staub gerollt… »Kommt, trinkt etwas mit mir bis Eurer Bad bereit ist.« verlangte die Königin einladend und trat zu einer kleinen Sitzecke hinüber, deren Mitte ein schmaler Tisch darstellte, der mit Getränken aller Art und einer üppigen Obstplatte beladen war. Gwen folgte der Asin unsicher nach und Frigga goss ihnen beiden etwas Wein in die bereitstehenden Becher. Gwen nahm ihren dankbar entgegen; ein Schluck Wein würde jetzt vielleicht ihre flatternden Nerven beruhigen. Sie fühlte sich vor der Königin auf dem Prüfstand und sie wusste nicht einmal, warum sie das so unruhig machte; doch sie wollte definitiv den besten Eindruck bei der Asin hinterlassen. Wahrscheinlich tat sie eh gut daran, den bei jedem Asen zu hinterlassen, wenn sie ihren Aufenthalt hier nicht noch unnötig verlängern wollte. Die Königin hatte sich auf einem der bequemen Stühle niedergelassen und musterte Gwen schweigend über den Rand ihres Bechers, was diese bald nicht mehr aushielt und nach einem knappen Räuspern die unangenehme Stille durch eine Frage unterbrach: »Denkt Ihr, dass ich auf eurem Fest willkommen bin? Ich glaube, einige der Asen mögen mich nicht besonders…« Frigga wischte ihre Bedenken mit einer lapidaren Handbewegung beiseite. »Das Volk steht allem Neuen und Unbekannten misstrauisch gegenüber. Das sollte nicht Eure Sorge sein. Ihr seid ein Gast der Königsfamilie.« »In Ordnung….« quittierte Gwen diese Aussage leise und hob den eigenen Becher wieder an die Lippen, bevor ihr Blick aus dem Fenster schweifte. »Ist eine Feier zu dieser Zeit nicht ein wenig…leichtfertig? Versteht mich nicht falsch, aber immerhin kann Asgard jeden Moment wieder angegriffen werden.« gab sie zu bedenken und sah zurück zur Königin, die ihren Becher auf dem Tisch abgestellt hatte und sich eine tiefrote Beere aus der Obstschale fischte. »Auch wenn wir nicht feiern, verringert das die Gefahr eines Angriffes wohl kaum. Das Volk liebt Traditionen. Sie vermitteln eine gewisse Sicherheit und Beständigkeit. Wenn wir die Illusion von Normalität und Stärke für unser Reich aufrechterhalten können, so wird Asgard nicht in Chaos und Angst versinken. Die Asen benötigen ihre Bräuche und Sitten; das gibt ihnen Kraft und Entschlossenheit und genau darauf werden wir angewiesen sein, wenn wir dem trotzen wollen, was uns noch bevorstehen mag.« Die Wahrheit hinter diesen Worten ließ sich nicht verleugnen und der Sinn erschloss sich sogar Gwen in diesem Augenblick. Grundsätzlich lief es auf der Erde doch auch nicht anders; die Menschen wurden mit falschen und fingierten Neuigkeiten und Nachrichten bei Laune gehalten und die Wahrheit oft verschleiert und vertuscht, um keine Panik oder Aufstände unter der Bevölkerung hervorzurufen. »Warum habt Ihr mich gestern Abend unter einem Vorwand zu Eurem Sohn geschickt?« fragte Gwen unvermittelt; über den abendlichen Geschehnissen und Enthüllungen hatte sie dieses kleine Detail fast vergessen, doch mit einem Mal erschien es ihr sehr wichtig, die Antwort auf diese Frage zu erfahren. Ein feines, schuldloses Schmunzeln kräuselte sich um die Lippen der Königin, während diese in aller Seelenruhe eine weitere Beere mit spitzen Fingern aus dem Obst auf dem Tablett sortierte. »Weil ich eine Mutter bin und mir Sorgen um ihn gemacht habe. Ich wollte, dass er endlich wieder etwas richtiges isst.« erklärte ihr die Königin entgegenkommend. »Ihr hättet ihn einfach darum bitten können.« schob Gwen unzufrieden ein. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass mehr hinter den Taten der Königin steckte, als diese vordergründig zugeben wollte. Frigga hob recht skeptisch eine perfekte Braue. »Glaubt Ihr wirklich, dass ein Mann wie er sich noch irgendetwas von seiner Mutter sagen lässt? Ob gut gemeint oder nicht, Loki hat seinen eigenen Kopf. Den hatte er schon immer. Er hätte nicht auf mich gehört…« Die Königin unterbrach sich kurz, um die reife Beere eingehend zu studieren und vor den Augen zu drehen und zu wenden, als würde sie etwas daran suchen. »…aber eine Frau wie ihr besitzt ihre ganz eigenen Möglichkeiten. Ich wusste, dass Ihr es schaffen könntet zu ihm durchzudringen. Ich hoffte, dass Ihr sein Licht sein könntet…« endete sie in einem kaum mehr hörbaren Wispern. Der Blick der Königin war seltsam eindringlich geworden, beinahe schon beschwörend, während über ihre Züge eine Hauch von Zuversicht und Ehrfurcht huschte, den Gwen sich kaum erklären konnte. Sie wollte zu einer erneuten Frage ansetzen, wurde allerdings von einer der Asenfrauen unterbrochen, welche eben um den Stoffbehang herumgetreten war und sich höflich vor ihr und der Königin verneigte. »Das Bad ist bereit, Eure Hoheit.« »Hervorragend.« Frigga klatschte erfreut in die Hände und erhob sich mit dem seichten Rascheln ihrer Robe von ihrem Stuhl. »Kommt, Gwendolyn. Sicher seid Ihr froh, wenn Ihr aus diesen staubigen Kleidern herauskommt.« Abermals blickte Gwen verlegen an sich herab, dann stibitzte sie sich ein Stück Apfel vom Tablett, bevor sie der Königin um den Stoffbehang folgte. Es war wirklich mehr als angenehm, die schmutzigen Klamotten ablegen zu können und so eifrig umsorgt zu werden, wie es die beiden Zofen der Königin mit ihr taten; nachdem Gwen hinter einem Sichtschutz aus ihren Sachen geschlüpft und anschließend in das herrlich duftende Badewasser geglitten war, tauchten die beiden Asenfrauen sofort wieder auf und machten sich daran, Gwen jeglichen erdenklichen Luxus zukommen zu lassen. Wenn man wie Gwen aus einer Familie stammte, die schon seit jeher wenig Geld besessen hatte, so war es nicht verwunderlich, dass man sich irgendwann einfach an eine sparsame und genügsame Lebensweise gewöhnt hatte; bisher hatte es Gwen auch nie gestört, dass sie nicht übermäßig viel besaß - sie legte keinen besonders großen Wert auf Luxus und Prunk und war mit ihrem Leben recht zufrieden. Immerhin hatte sie alles, was sie brauchte. Doch jetzt wurde sie plötzlich umsorgt und behandelt wie eine Prinzessin und sie ertappte sich dabei, wie sie das nach anfänglichem Unwohlsein durchaus genoss. Entspannt seufzend lehnte sie sich in der Wanne unter dem gewaltigen Schaumberg zurück, während die Zofen weitere duftende Öle und Blütenblätter in das Wasser zugaben, bevor sie sanft begannen, den Staub aus Gwens langen, roten Haaren zu waschen. Gwen schloss genießend die Augen, während ihr das leise Rascheln von Stoff verriet, dass die Königin neben ihr angekommen war und auf einem kleinen Hocker Platz genommen hatte. Frigga schmunzelte amüsiert auf sie herab; Gwen hatte blinzelnd ein Auge geöffnet. »Ihr scheint Euch mit den Vorzügen Asgards sichtlich anzufreunden!?« mutmaßte die Königin erfreut. »Naja, ich muss zugeben, dass ich auf der Erde nicht ganz so viel Luxus für mich habe. Normalerweise muss ich mir mein Badewasser da selbst einlassen und die Haare wäscht mir auch keiner. Ich könnte mich glatt daran gewöhnen.« gestand Gwen mit einem verhaltenen Schmunzeln. »In Midgard kennt man den Brauch einer Dienerschaft nicht mehr?« fragte die Königin fast neugierig; natürlich wusste sie wahrscheinlich recht wenig von der modernen, neuen Welt. »Oh doch, schon. Aber dafür benötigt man das nötige Kleingeld oder einen gewissen Stand in der Gesellschaft. Von beidem bin ich sehr weit entfernt.« erläuterte Gwen amüsiert. »Und Ihr habt keinen Gefährten auf Midgard, der Euch diese Dienste erweisen würde?« fragte Frigga in beinahe beiläufigem Tonfall, während sie einer der Zofen einen kleinen Tiegel mit einer wohlriechenden Tinktur für Gwens Haare reichte. Gwen runzelte im ersten Moment ein wenig irritiert über die Frage die Stirn, bevor sie freimütig antwortete: »Nein, den habe ich nicht. Und ich muss zugeben, dass ich von Männern eigentlich auch erst einmal die Nase voll habe.« offenbarte sie unwirsch; eine Handvoll verkorkster Beziehungen war ihrer Meinung nach auch genug Stoff für die nächsten zehn Jahre. »Eigentlich…?« hakte die Königin gedehnt nach. »Aber Ihr sehnt Euch nach einer festen Bindung?« Forschend blickten die klugen Augen Friggas auf sie herab und normalerweise hätte es ihr wahrscheinlich seltsam erscheinen müssen, dass eine eigentlich fremde Frau sie so offen über private Dinge ausfragte, doch Frigga wirkte nicht einfach neugierig; es schien sie wirklich zu interessieren, was Gwen über diese Dinge dachte. »Natürlich.« gestand sie seufzend ein. »Leider beweise ich kein sonderlich gutes Händchen bei der Männerwahl, weswegen meine Beziehungen meist alle in Katastrophen endeten. Aber grundsätzlich möchte ich den Glauben an die Liebe natürlich nicht aufgeben, so naiv das auch sein mag.« Das zufriedene Lächeln der Königin verschwamm im nächsten Augenblick schon hinter einer glasklaren Wasserwand, da die Zofen Gwen die Haare spülten und somit das Gespräch zwangsweise unterbrachen. Frigga erhob sich von ihrem Platz. »Wenn Ihr fertig seid, so kommt zu mir herüber. Ich werde ein passendes Kleid für Euch finden.« Gwen genoss noch eine ganze Weile die fürsorglichen Hände der Asenfrauen, die ihr mit duftenden Cremes und Ölen Haut und Haare massierten, bevor sich die zwei höflich zurückzogen, damit Gwen der Wanne entsteigen konnte. Sie wickelte sich in ein großes, bereitliegendes Tuch und schlang ein weiteres um ihre nassen Haare, bevor sie zögerlich barfuß hinüber in den anderen Teil des Raumes zu der Königin schlich. Frigga winkte sie zu sich heran; die Asin hatte wohl bereits ein Kleid für sie herausgesucht, welches sorgfältig drapiert an einer der Schranktüren aufgehängt war. »Gefällt es Euch?« fragte die Königin sanft und beobachtete Gwen aufmerksam. Gefallen?! Dieses Kleid war einfach umwerfend. Ein prachtvoller Wasserfall aus dunkelgrüner Seide, der glänzend das Sonnenlicht widerspiegelte; am runden Halsausschnitt waren schimmernde Smaragde und Diamanten angebracht, ebenso zogen sich Wellen der kostbaren Edelsteine über die geraffte Taille und den weit auslaufenden, sanft fallenden Stoff des Rockes. Die Ärmel des Kleides waren lang und wie der Rest dieses Kunstwerkes mit silbernen und goldenen Verzierungen versehen, die dem ganzen Kleidungsstück etwas unheimlich edles verliehen. Wahrscheinlich war dieses Kleid mehr wert als Gwens gesamte Wohnung samt Einrichtung in New York. »Du meine Güte…ja, natürlich. Es ist wunderschön.« Bewundernd ließ Gwen die Finger über den glatten Stoff gleiten. »Dann probiert es an.« Sofort zog die Königin den Stoff vom Bügel und schob Gwen damit zu einem Vorhang, hinter dem man sich ungestört umziehen konnte. »Ich bin gespannt wie Ihr darin aussehen werdet.« Unsicher blieb Gwen hinter dem Vorhang zurück und betrachtete den wertvollen Stoff in ihren Händen mit einem ungläubigen Kopfschütteln; niemals zuvor in ihrem Leben hatte sie etwas Vergleichbares getragen. Eigentlich war sie eher der legere Typ und liebte ihre bequeme Kleidung - hoffentlich würde sie dieses kostbare Kleid nicht gleich beim Anziehen kaputt machen. Doch die Neugier ließ sie flink in den glatten, unheimlich angenehmen Stoff schlüpfen und den Vorhang dann beiseite ziehen, um sich der Königin zu präsentieren. Etwas befangen blickte sie an sich herab und ließ die Finger abermals unsicher durch die glänzenden Stoffschichten des Rockes fahren, während Frigga herantrat und den Verschluss im Rücken zuvorkommend für Gwen schloss. »Ich wusste es. Es steht Euch ausgezeichnet.« sprach die Königin erfreut. »Nun müssen wir nur noch Eure Haare richten.« Sie führte Gwen an den Schultern zu einem zarten, weißen Frisier- und Schminktisch hinüber und ließ sie dort Platz nehmen. Die Königin zog Gwen das Handtuch sanft vom Kopf, sodass deren feuchte Locken herabfielen und sich um ihre blassen Schultern sammelten, die das figurbetonte Kleid großzügig offenliegen ließ. Geschickt machte sich Frigga dann selbst daran, Gwens rote Haare in Form zu bringen, während sie Gwen in ein unbefangenes Gespräch über das anstehende Fest und deren Bedeutung verwickelte, sodass gar nicht auffiel, wie schnell die Zeit doch verging. Gwen musste feststellen, dass Frigga eine wirklich herzliche und würdevolle Frau war, in deren Gegenwart man sich durchaus wohlfühlen konnte; sie war genau das, was man von einer Königin erwartete - eine Frau mit Format und klaren Vorstellungen. Frigga reichte Gwen eine kleine Schatulle, die ein paar wirklich fantastische smaragdgrüne Ohrringe und eine Halskette in eben dieser Farbe beinhaltete. »Tragt das heute Abend. Es passt zu Eurem Haar und zu Euren Augen.« wisperte die Königin fast liebevoll und reichte Gwen auffordernd die Hand, nachdem die sich die Ohrringe angesteckt und die Kette umgelegt hatte. Frigga führte sie vor einen beinahe mannshohen, kristallklaren Spiegel und blieb hinter Gwen stehen, die warmen Hände in einer beinahe mütterlichen Geste auf deren blassen Schultern gebettet. »Ihr seht umwerfend aus, Gwendolyn. Wusste ich doch, dass unter dem Staub eine hübsche Frau verborgen liegt.« sprach die Königin erfreut und äußerst zufrieden. Gwen starrte ihr Spiegelbild mit großen Augen an, während ihr aus dem Glas eine scheinbar vollkommen fremde Frau entgegen sah. Sie erkannte sich selbst kaum wieder. Ihre Haare waren kunstvoll nach oben gesteckt und nur ein paar vereinzelte Strähnen kringelten sich um ihr herzförmiges Gesicht, aus dem ihre hellen Augen wie funkelnde Diamanten hervorstachen, da die Königin sie mit einer dunklen Schattierung betont hatte. Das umwerfende Kleid umschmeichelte ihre Figur in genau richtigem Maß, ohne anstößig offenherzig zu wirken; ihre Schultern lagen verführerisch frei, während im runden Halsausschnitt des Kleides die geborgte, prachtvolle Kette glitzerte. Gwen bettete erstaunt eine Hand auf ihrer Wange, zupfte an einer Strähne ihres Haares, ließ die Finger über die Glieder der wertvollen Kette gleiten, bevor sie den Stoff ihres Kleides ein wenig anhob und sich überwältigt von allen Seiten betrachtete. Nein, sie sah wirklich kaum noch aus wie die Gwendolyn Lewis aus New York - eher wie die asische Version einer Prinzessin ihrer selbst. Sie fühlte sich fast wie Cinderella in dieser schicksalshaften Nacht vor dem großen Ball. »Oh…Schuhe…« merkte Frigga sofort bestürzt an, als sie Gwens nackte Füße unter dem Saum des Kleides hervorlugen sah. Die Königin brachte ihr daraufhin ein paar passende, goldfarbene Schuhe, die wie angegossen passten. Gwen betrachtete noch immer ungläubig schmunzelnd ihr Spiegelbild, während sich feine Röte auf ihren Wangen ausbreitete und sie den Blick der Königin im Glas suchte. »Ihr habt nicht zufällig ganz bewusst die Lieblingsfarben Eures Sohnes für mich gewählt, Eure Hoheit?« Das beinahe ertappte, verhaltene Zucken um Friggas Mundwinkel bestätigte Gwen in ihrem Verdacht; dieser Vorwand am gestrigen Abend war nicht einfach nur bloße Willkür der Königin gewesen. Sie verfolgte ihren ganz eigenen Plan. Allerdings war sich Gwen noch nicht so wirklich sicher darüber, welchen Part sie in dieser Geschichte zu spielen hatte. »Würde es Euch stören, wenn es so wäre?« fragte die Königin dann nach einer Weile und sah Gwen über deren Schulter hinweg im Spiegel an. »Würde es Euch stören, wenn Ihr den Blick meines Sohnes auf Euch ziehen würdet?« verhallte ihre Stimme ergründend im Raum. Gwen antwortete nicht sofort, wenngleich sie sich der Antwort eigentlich fast sogleich sicher war. Doch was wollte die Königin von ihr hören? Sie würde doch wohl kaum eine Verbindung zwischen ihrem Sohn und einer Sterblichen anstreben wollen… Dieser Gedanke war absurd. »Nein, es würde mich nicht stören, Eure Hoheit.« sprach sie dann wahrheitsgemäß und begegnete dem Blick der Königin fest im Spiegel. Ganz im Gegenteil. Die Vorstellung, dass in Lokis Gesicht vielleicht einmal etwas anderes als Gleichgültigkeit und Kälte zu sehen wäre, ließ Gwens Herz überraschend schnell schlagen und zauberte noch einen Hauch Farbe auf ihre Wangen. Verdammt, sie sollte gar nicht so viel Wert auf seine Meinung legen. Es konnte ihr doch eigentlich egal sein, was er von ihr dachte. Ihre Zeit hier war begrenzt und wenn das Rätsel um ihre Kraft gelöst war, würde sie auf die Erde zurückkehren und Loki wahrscheinlich eh niemals wiedersehen. Warum nur behagte ihr dieser Gedanke ganz und gar nicht? Das wissende Lächeln der Königin strahlte auf sie herab, bevor diese sich abwandte und zurücktrat. Doch Gwen wirbelte ebenso herum und ergriff sanft das Handgelenk der Asin, um sie in der Bewegung aufzuhalten. Mit gespannt gehobener Braue sah Frigga zu ihr zurück. »Was erwartet Ihr von mir, Eure Hoheit? Was erwartet Ihr in Bezug auf…Loki?« wagte Gwen hauchend zu fragen; sie musste die Antwort der Königin einfach kennen. »Ich erwarte nichts von Euch, Gwendolyn Lewis.« sprach die Königin dann beruhigend und wandte sich ihr gänzlich wieder zu. »Doch ich glaube nicht an Zufälle. Sondern an das Schicksal. Und vor einer ganzen Weile erhielt ich Besuch, der mich hoffen lässt, dass auch mein Sohn wieder ins Licht zurückfinden kann. Ich bin eine Mutter und das Einzige, was ich erwarte ist meine Kinder glücklich zu sehen.« Frigga hob eine Hand und strich Gwen in einer mütterlichen Geste über die Wange, bevor sie eine rote Strähne an den rechten Platz schob. »Und nun denkt nicht so viel nach, Gwendolyn aus Midgard. Geht auf das Fest und amüsiert Euch.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)