The Poetry of Light and Shadow von Ceydrael (Loki x OC) ================================================================================ Prolog: Der Niederlage schmerzende Fessel ----------------------------------------- Schmach. Tiefschwarze Schande. Demütigung, sengend wie Feuer, zehrend wie ein Eissturm und unersättlich nagend wie ein Parasit. Schlimmer als der gnadenlose Kampf um Macht konnte nur der Fall danach sein - unerbittlich, hart und schmerzend. Und seine Wunden musste nun der Wolf allein in seinem Käfig lecken, da er sich gegen sein Rudel gestellt hatte. Vor einiger Zeit noch war er voller Zuversicht gewesen, sich das erobern zu können, was ihm sein Leben lang schon zustand; er hatte den Verheißungen der Chitauri nur zu begehrlich gelauscht und ihren Worten geglaubt, immerhin hatten sie genau jene Seite in ihm angesprochen, die verletzt und verzweifelt war, gierig nach Wiedergutmachung. Anerkennung. Macht. All das hätte ihm gehören können. Eine Herde kniender Sklaven, die zu ihm aufsahen und ihm huldigten; die einzig wahre Art einem Gott wie ihm zu dienen. Er hätte es seinem Vater zeigen können. Und seinem Bruder. Er hätte es ihnen allen gezeigt; hätte bewiesen, dass er weder schwach noch minderwertig war, obwohl durch seine Adern nicht das Blut der Asen floss. Er war es wert zu herrschen. Es war sein Geburtsrecht. Es war die einzige Entschädigung für all die Zurückweisung; für diesen Schatten seines Bruders, in welchem er all die Jahre über dämmern und leben musste. Egal, was er auch getan hätte, es wäre doch nie genug gewesen; niemals genug, um neben Thor bestehen zu können und schlussendlich den Thron Asgards zu besteigen. Nein…dieser Thron war niemals für den Spross eines Eisriesen bestimmt gewesen. Egal wie viel er lernte, wie gewissenhaft er studierte oder sich geschickt im Umgang mit Magie, Wort und Schrift zeigte - niemals wäre das Recht zu herrschen das seine gewesen. Und dabei wäre er doch ein wahrlich besserer König als sein hohlstämmiger Bruder gewesen; er besaß mehr Verstand, mehr Geist, mehr Klasse. Wo sich Thor zumeist nur auf seine Muskeln und seinen verfluchten Hammer verließ, besaß er selbst doch die Gabe, seinen Kopf zu gebrauchen - und nicht nur, um mit jenem voreilig durch die nächste Wand zu stürmen. Warum nur hatte der Allvater das nie gesehen? Warum hatte er nie das Potenzial seines zweiten Sohnes anerkannt? Diese Frage musste er sich doch eigentlich gar nicht stellen. Er kannte die Antwort darauf bereits. Weil Odin ihn nie geliebt hatte. Weil er nicht dessen Sohn war. Nicht sein Fleisch und Blut. Weil er ihn wahrscheinlich im Grunde seines Herzens verabscheute. Fürchtete. Hasste. Der Ledereinband des Buches in Lokis Händen gab ein protestierendes Ächzen von sich, da sich die schlanken Finger des Mannes fest in das vom Alter geschundene Material pressten. Die grünen Augen waren starr auf die Buchstaben auf dem bereits vergilbten Pergament gerichtet, ohne das jene die Bedeutung wirklich zu erfassen vermochten; die schwarzen Lettern verschwammen vor seinem Blick und tanzten wabernd aus seinem verengten Gesichtsfeld. Kurz war er versucht, seiner schwelenden Wut und Verzweiflung Raum zu geben und das Buch an die gegenüberliegende Glaswand seiner Zelle zu werfen, doch was hätte das schon gebracht - wohl nicht mehr als ein müdes Aufwallen der magischen Barriere; ein zartes Schimmern auf dem unzerstörbaren, mit magischen Fäden verstärkten Glas, fast ähnlich eines spöttischen Zwinkerns. Außerdem konnte er kaum riskieren eines der kostbaren Bücher zu beschädigen, die ihm hier in der Einsamkeit allein wie schweigsame Freunde waren. Das Lesen war zumeist die einzige Ablenkung, die es jetzt noch für ihn gab, wenn er der Enge seines Gefängnisses überdrüssig wurde und die Gedanken immer und immer wieder die gleichen, trägen Kreise zogen; sich enger um ihn schlossen und ihm den Atem nahmen, die Wände näher rücken ließen. Obwohl seine Zelle genügend Licht hereinließ, war der Verlust von Freiheit beengend und drückte ihm vermehrt wie eine tonnenschwere Last auf die Brust, unter welcher er oft zu ersticken schien. Nie verirrte sich jemand hier herunter zu ihm, um ihn zu besuchen. Außer der tonnenschweren goldenen und mit Sicherheit mehrfach verriegelten Tür des Raumes und einigen brennenden Fackeln gab es auch nichts zu sehen; nichts außer sich immer und immer wiederholenden steinernen Wänden, die jenen Raum einfassten, in welchem sich seine Zelle befand. Einmal am Tag öffnete sich die goldene Doppeltür, um einer Dienstmagd den Durchlass zu gewähren, die in Begleitung mehrerer schweigsamer Wachen und seiner Mahlzeit erschien. Die junge Frau hielt den Blick stets gesenkt, wenn sie die Stufen zu seiner Zelle herabschritt, um ihm das Essen zu bringen und sich nach seinen Wünschen zu erkundigen. Wahrscheinlich hatte das einfältige Mädchen Angst, dass er sie allein mit einem Blick verhexen oder töten würde. Wahrscheinlich hatte man ihr auch genau das erzählt. Ihm sollte das ganz recht sein; solange man ihn noch fürchtete konnte er zumindest sicher sein, dass seine Bemühungen nicht gänzlich für umsonst gewesen waren. Furcht konnte doch um einiges berauschender sein als bloße Demut. Anfangs hatte er sich noch den Spaß erlaubt, Wünsche zu äußern, die dem jungen Mädchen die Wangen brennen ließen oder ihr stattdessen jegliches Blut aus dem Gesicht geraubt hatten. Natürlich hatte man keinen davon erfüllt. Doch am Ende war selbst das nicht mehr befriedigend und er begnügte sich mit den einfachen Bitten nach neuen Büchern oder Pergamentrollen aus der Bibliothek. Eh der einzige Wunsch, den man ihm gewähren würde, so vermutete er. Natürlich gab man anbei noch besonders Acht darauf, dass seine Lektüre ungefährlich blieb und er nicht schlussendlich doch einen Weg fand, seinem Gefängnis zu entfliehen. So verweilten seine kostbaren Magiebücher außerhalb seiner Reichweite und er durfte sich mit leichter Kost begnügen; unterhaltsamen, aber kaum fordernden Geschichten, sodass sein Verstand oft in einem trägen Schwebezustand verharren musste, wenn er nicht auf der Suche nach Nahrung sich selbst zu verschlingen drohten sollte. Die Tage zogen sich träge dahin, jedes Korn in der Sanduhr der Zeit so lang wie Äonen. Dieses Nichtstun war müßig. Es war zermürbend. Es war Folter für einen wachen Geist wie den Lokis. Vielleicht bezweckte ja genau das der Allvater - dass er seinen Verstand verlor und als hirnlos sabbernder Fußabtreter in Zukunft neben der Palastwache vor den Toren Gladsheims angeleint sein Dasein fristen durfte. Ein ewiges Mahnmal und Warnung für all jene, die nach mehr streben wollten, als ihnen offenkundig zustand. Er konnte sich bereits die Gesichter seiner Familie vorstellen, die dann mitleidig auf ihn herabblicken würden. Seine Mutter Frigga, tränenfeuchte Augen und ein bedauernder Blick, neben ihr der Allvater, das Gesicht gemeißelt aus Stein wie immer, allein im verbliebenen Auge Enttäuschung glimmend und nicht zu vergessen sein Bruder - der göttliche, perfekte Thor - der wohl mit Genugtuung sein Mitleid heucheln würde. Doch besser wohl geheuchelt, als wenn es ehrlich wäre. Alles könnte er wohl ertragen…doch das Mitleid seines Bruders wäre zu viel. Mitleid brauchten nur die Schwachen. Doch nicht er. Nicht Loki. Erneut bekam das Buch in seinen Händen eine verführerische Schwere und die brodelnden Emotionen ließen ihn nun doch unkontrolliert handeln. Das Leder donnerte mit einem dumpfen Laut gegen die Glaswand, die daraufhin wie erwartet nur ein müdes Schimmern sehen ließ; Wellen gleich auf einem stillen See, in welchen man einen Stein warf. Das Buch fiel mit wehenden Seiten der Schwerkraft folgend zu Boden und riss in seinem Fall die Karaffe mit Wasser mit sich, die auf einem kleinen Beistelltisch stand. Scheppernd landete diese auf dem Boden und verteilte ihren Inhalt großzügig über die Glaswände der Zelle. Einen tiefen Atemzug schöpfend ließ sich Loki in seinem Sessel wieder zurücksinken, verschränkte die Finger zu einer Stütze, auf der er sein Kinn betten konnte und betrachtete so dieses winzige Fleckchen Chaos konzentriert, das er erzeugt hatte. Die herabperlenden Wassertropfen an der Glaswand hatten doch etwas unheimlich Beruhigendes, ebenso wie die kleine Pfütze, die sich langsam auf dem Steinboden ausbreitete und die ersten gierigen Finger nach dem herabgefallenen Buch greifen ließ. Wasser ließ sich nicht aufhalten. Es fand immer seinen Weg oder bahnte sich jenen stetig und ausdauernd. Genauso würde er sein. Unaufhaltsam. Nicht zu zähmen. Sie waren allesamt Schwachköpfe, wenn sie glaubten, dass diese Zelle ihn ewig aufhalten könnte. Allerdings hoffte er, dass man ihm neues Wasser gewähren würde, solange dieser beengende Raum eben noch seine Heimat war. Seine Kehle war doch plötzlich recht ausgedörrt. Ein bekannter, doch zu dieser Zeit unerwarteter Klang ließ ihn aufblicken. Die große, goldene Doppeltür schwang langsam mit dem typisch schabenden Geräusch auf und herein spazierte - oh welch unsägliche Freude - Thors persönliche Eskorte geistreicher Begleiter und Stiefelputzer. Blieb ihm hier denn auch gar nichts erspart? Grundsätzlich war er über jede Ablenkung dankbar, allerdings war er sich ziemlich sicher, dass er auf diese verzichten konnte. Ein resigniertes Seufzen konnte sich der schwarzhaarige Gott kaum verkneifen, allerdings hielt er sich gerade noch davon ab die Augen entnervt in die Höhe zu rollen. Betont gelangweilt sah er den vier Besuchern entgegen, die langsam die Stufen herabkamen und sich gemächlich umsahen. An der Spitze lief Fandral, ganz der aufgeblasene Trottel, wie man ihn kannte; nicht zum ersten Mal fragte sich Loki, wie der blonde Möchtegern-Schönling es schaffte, nicht über seine Stiefel zu stolpern, wenn er die Nase derart hoch in den Wolken trug. Wie Frauen so etwas anziehend finden konnten, war dem Magier ein völliges Rätsel. Wahrscheinlich besaßen einige Frauen grundsätzlich weniger Hirnwindungen, um dieses Gehabe überhaupt länger als einen Atemzug ertragen zu können. Glückliche Weiber… Hinter Fandral schritten Hogun und Volstagg die Treppen herab. Der bärtige Riese hielt wie immer etwas essbares in einer seiner Hände und kaute genüsslich an der saftigen Schweinekeule, während er in der anderen Hand einen Krug Met mit sich führte und abwechselnd von beidem ordentlich zu sich nahm. Mit Essen konnte man Volstagg gewiss auch zu einer Reise ohne Wiederkehr zu Hel überreden - Hauptsache, er bekam genug Proviant. Dagegen war Loki der eher schweigsame Hogun fast schon sympathisch. Immerhin sprach der kaum, wenn es nicht wirklich angebracht war und das ließ zumindest auf ein Maß an Intelligent hoffen. Als letztes trat Sif durch die Tür, bevor jene sich hinter der Kriegerin wieder schloss und Loki somit den Blick nach draußen verwehrte. Für einen Augenblick verspürte er tatsächlich so etwas wie Enttäuschung…aber wirklich nur für einen Augenblick, bevor jenes wage Gefühl in Wut umschlug. Er hatte doch wohl auch nicht wirklich geglaubt, dass Thor ihn hier besuchen würde. Oder der Allvater. Nein, die zwei saßen sicher gesellig beisammen bei einem rauschenden Fest und amüsierten sich über seine Niederlage. Zumindest Frigga hätte er erwartet, doch vielleicht hatte Odin seiner Frau schlicht untersagt, diesen Ort zu betreten. Stattdessen durfte sich Loki nun an der Gesellschaft von Thors Freunden laben. Er selbst besaß ja von dergleichen eher wenig, was beinahe untertrieben war. Die vier hatten ihn als „Sonderling“ schließlich auch nur akzeptiert, weil er nun einmal der Bruder Thors war - so unglaublich das in ihren Augen wohl auch gewesen sein musste. Sie mussten sich ja alle ziemlich gefreut haben, als offenbart wurde, dass Loki nicht Odins leiblicher Sohn war und es endlich eine Erklärung für dessen Andersartigkeit gab. Bestimmt war es unheimlich erleichternd einen Grund vorgesetzt zu bekommen, warum man jemanden all die Jahre einfach nie gemocht hatte. Sif hatte nun auch die letzten Stufen genommen und war hinter den Männern an Lokis Zelle angelangt. Sie war wohl die einzige aus diesem Haufen, der der Magier ein Fünkchen Anerkennung entgegen bringen konnte, immerhin war sie grundsätzlich gar nicht so anders als er selbst. Sie hatte sich gegen die Normen und Traditionen gestellt und sich aus der Rolle als Ehe- und Hausfrau gewunden, um eine ganz passable Kriegerin zu werden. Ja, ihr konnte Loki definitiv etwas abgewinnen. Zumindest ihrer Lage und dem Streben, das eigene Schicksal für sich umzuschreiben. Das kam ihm irgendwie bekannt vor. Allerdings saß er jetzt in dieser Zelle. Sie nicht. »Meine Freunde! Wie schön euch zu sehen.« begann Loki gespielt erfreut, während er sich in seinem Sessel entspannt zurücklehnte und die langen Beine elegant übereinander schlug. »Was verschafft mir denn die Ehre eures seltenen und doch so erquickenden Besuches?« Jeden der vier bedachte er mit einem breiten, aufgesetzten Lächeln, welches so falsch wirkte, dass selbst diese umnachteten Krieger das bemerken mussten. »Die Neugier, Loki. Die Neugier…« begann Fandral, der sich gelassen an die Glaswand der Zelle lehnte und Loki über die Schulter hinweg musterte, bevor der Blick des blonden Kriegers weiterglitt und das eher spärlich eingerichtete Gefängnis des Magiers in Augenschein nahm. »Wir wollten einmal schauen, wie du so deine schier grenzenlos neugewonnene Freizeit genießt. Mit ausreichend Lesestoff, wie ich sehe…« Fandral hatte das Buch auf dem Boden entdeckt, dessen Seiten sich bereits mit dem Wasser aus der herabgefallenen Karaffe vollgesogen hatten. »Kleiner Wutanfall, Loki?« Der Blonde konnte sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen, nachdem er sich gänzlich umgewandt hatte, um nun direkt in die Zelle zu spähen, die Hände an die Glaswand gestützt. Lokis Blick folgte dem von Fandral zu jenem Buch, bevor sein Lächeln noch breiter wurde und er dem Krieger in die Augen sah, noch immer gelassen, beinahe gelangweilt auf seinem Platz verweilend. »Aber nicht doch, mein Freund.« Loki genoss es, wie sich Fandrals Gesicht recht widerstrebend bei dieser vertrauensvollen Anrede verzog. »Ich übe mich nur weiterhin in der Kunst der Magie, immerhin sollte man sich stets verbessern und üben, um nicht einzurosten.« Die magische Druckwelle traf ohne Vorwarnung auf die Barriere der Zelle und ließ diese ein zartes Summen von sich geben, während sich schimmernde Wellen durch die magischen Fäden auf dem Glas bildeten, welches den plötzlichen Angriff des Magiers abfing. Fandral stolperte zurück und riss die Hände so rasch von dem Glas, als hätte er sich verbrannt. Das selbstgefällige Grinsen war aus seinem Gesicht gewichen und hatte Schrecken Platz gemacht, der sich sogleich in Empörung und Wut wandelte. Sif war sofort zu dem Krieger geeilt und untersuchte dessen Hände, die unversehrt schienen, bevor sie Loki einen finsteren Blick zuwarf. Hogun hatte beinahe sogleich alarmiert zu seinem Morgenstern gegriffen. Ohne das gelangweilt überhebliche Lächeln von den Lippen zu nehmen, breitete Loki die Arme aus und ließ ein Schnalzen der Zunge vernehmen. »Aber, aber, meine Freunde. Nicht gleich so grimmig. Das war doch nur ein kleiner Scherz. Ein Willkommensgeschenk quasi.« Volstagg trat nun an das Glas, allerdings hielt der nun einen gewissen Sicherheitsabstand, als würde er der Barriere schlussendlich doch nicht gänzlich trauen. Der bärtige Riese nahm die Zelle ebenfalls in Augenschein, während er immer noch an dem Fleisch in seiner Faust kaute und sich nicht die Mühe gab, seine Geringschätzung zu verbergen - weder in seiner Stimme, noch in seinem Blick. »Hübsch hast du es hier, Loki. Beinahe werde ich ganz neidisch auf dein lauschiges Reich. Empfängst du auch ausreichend Damenbesuch? Ist bestimmt ganz aufregend, wenn die Wachen durch die Wände zusehen können.« Volstagg brach in grollendes Gelächter aus. Loki stimmte für einen Augenblick mit einem humorlosen, knappen Lachen ein, bevor er seicht den Kopf schüttelte. »Im Gegensatz zu dir, Volstagg, benötige ich keine Zuschauer. Ich weiß auch ohne Applaus und Bewunderung meine Taten zu würdigen.« »Ach tatsächlich?! Da bedenke man doch die vielen Menschen auf Midgard, die deiner Zerstörung und deinem Wahnsinn zusehen mussten.« warf Hogun ein und erntete dafür von Loki einen giftigen Blick aus ebensolchen stechend grünen Augen. »Menschen sind schwach.« zischte Loki. »Würden sie ihrem Instinkt und der natürlichen Ordnung folgen, so gäbe es keinen anderen Platz als jenen kniend vor einem Gott. Sie wollen doch geführt und beherrscht werden. Sie wollen jemanden, den sie anbeten können.« »Ach, und gerade du hältst dich also für diesen anbetungswürdigen Gott?« Fandral prustete amüsiert los, verschluckte sich aber beinahe an seinem Lachen, als Lokis Kopf einer Schlange gleich bereit zum Angriff herumfuhr und der ihn fixierte. »Ich habe mehr Anrecht auf diesen Platz, als irgendjemand sonst.« spie der Magier förmlich aus. »Ich besitze Macht, von der ihr oder mein Bruder nur träumen könnt und wesentlich mehr Verstand als ihr alle zusammen.« Die grünen Augen Lokis hatten sich verengt und glommen in einem ungestümen Licht; er musterte jeden der vier Krieger nacheinander, während sich seine Lippen wieder zu einem süffisanten Grinsen verzogen. Die Arme hatte er nun auf die Lehnen des Sessels gebettet und sich so ein Stück weit nach vorn gelehnt, näher an das Glas heran. »Warum sollte ich also nicht herrschen?« »Weil du wahnsinnig bist, Loki.« meldete sich nun Sif zu Wort und trat näher an die Zelle heran. Ihre Stimme erklang ohne Herablassung oder Geringschätzung, sondern schlicht kühl und sachlich. Mit einem Hauch von Bedauern. Doch das mochte sich Loki vielleicht einbilden. »Du kannst nicht herrschen, weil du verrückt geworden bist. Einst war das anders, doch nun sind deine Ziele reiner Irrsinn, dein Wesen verdorben von Neid, Gier und Zorn, fehlgeleitet von den Chitauri. So jemand wie du darf nicht herrschen. Niemals.« Sif war vor dem Glas stehen geblieben und begegnete Lokis Blick unerschrocken und direkt. Der Magier fixierte die Kriegerin abschätzend, das Grinsen auf seinen Lippen war verblasst. »Du begreifst den Ernst der Lage noch immer nicht. Du wirst in dieser Zelle verrotten, Loki. Das ist dir hoffentlich bewusst. Das wird dein Grab, wenn du dich nicht wieder erinnerst, wer du einst warst. Wenn du nicht lernst, die Schwächeren zu behüten und Achtung vor allem Leben zu haben, denn das ist es, was Götter tun. Ich hoffe, du erkennst irgendwann, dass auch du geliebt wirst. Deine Familie will dich noch immer nicht aufgeben-« »Genug! Schweig still, Weib!« Eine erneute Energiewelle donnerte auf die Wand der Zelle und ließ jene magisch aufleuchten; Loki war aus seinem Sessel aufgesprungen, der Körper angespannt vor Zorn und Aufregung. Die Hände des Magiers klammerten sich um die Lehnen des Sessels, so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Sein Gesicht hatte sich zu einer Maske aus Wut verzerrt. »Ich bin der Gott der Lügen, also richte nicht dergleichen an mich, denn ich erkenne sie sofort.« Sif war erschrocken zurückgewichen, während Fandral und Hogun sogleich schützend neben sie getreten waren. »Wenn du dich da mal nicht irrst…« wisperte die Kriegerin mehr zu sich selbst, bevor sie sich resigniert umwandte und mit wehendem Umhang die Treppe hinaufstieg. »Kommt, das ist Zeitverschwendung hier…« rief sie ihren Begleitern zu. Ihre Faust schlug gegen die Tür, woraufhin sich diese wieder öffnete. Ohne einen Blick zurück war sie verschwunden. Loki sah ihr noch einen Moment nach, dann fuhr er sich mit einer Hand durch sein schwarzes, deutlich länger gewordenes Haar und gab ein knappes, leicht unsicheres Lachen von sich, während sich seine Züge wieder entspannten und er die verbliebenen Krieger mit altbekanntem Grinsen ins Auge fasste. »Frauen. Sie reden einfach zu viel.« erklärte er den Männer, ohne Zustimmung zu erwarten, bevor er sich wieder betont gelassen in seinen Sessel zurücksinken ließ, als wäre nichts gewesen. Hogun bedachte ihn mit einem langen Blick, bevor er sich ebenfalls abwand und schweigend hinter Sif hereilte. Volstagg verdrückte eben den letzten Bissen seines Bratens und gab ein langes Rülpsen von sich, dann hob er den Metbecher Loki entgegen. »Nun, schönen Abend noch, Prinz der Lügen. Ich muss zurück auf das Fest. Dort wartet noch ein halbes Schwein auf mich.« Mit grollendem Lachen verschwand der bärtige Krieger ebenso. Auch Fandral wand sich nun zum Gehen, doch er hielt kurz inne und verbeugte sich spöttisch vor dem Magier hinter der Glaswand. »Ihr entschuldigt, Eure Hoheit. Eure Lügenhaftigkeit. Doch auf mich wartet man ebenso und Frauen soll man bekanntlich nicht warten lassen.« Er richtete sich selbstgefällig grinsend wieder auf und erntete von Loki ein giftiges Zischen. »Grämt Euch nicht, Majestät. Die Feierlichkeiten hätten Euch eh nicht gefallen, ist der Anlass doch Eure Niederlage.« Hinter dem blonden Krieger fiel die schwere Tür mit einem dumpfen, endgültig scheinenden Laut ins Schloss und ließ Loki wieder allein mit sich und seinen Gedanken. Lange noch starrte der Magier auf die geschlossenen Türflügel und unterdrückte die aufwallenden Gefühle, für die der unerwartete Besuch wie dürres Holz für ein ersterbendes Feuer gewesen war; gierig leckten die Flammenzungen an der neuen Nahrung und breiteten sich rasend schnell aus. Unruhig stand Loki wieder aus seinem Sessel auf, durchquerte die Zelle mit wenigen Schritten, um die herabgefallene Wasserkaraffe vom Boden aufzuheben. Mit ein wenig Glück wäre noch etwas Flüssigkeit darin… Ein paar einsam verbliebene Tropfen fielen in seinen Becher. Oben in Gladsheim trank man sicher gerade den köstlichsten Wein, den besten Met, das stärkste Bier. Wahrscheinlich hob Thor gerade mit seinen Freunden die Becher und trank auf Lokis Gefangenschaft, gütig und zufrieden dabei belächelt vom Allvater. Der Wasserbecher landete wie zuvor das Buch an der magischen Barriere der Zelle, bevor jene unter der Wut des Magiers erzitterte, als eine Energiewoge nach der anderen auf das Glas donnerte und jenes sirren und unruhig flackern ließ; ein heftiges Entladen von Magie auf Magie, ein tobender Sturm aus Macht und Emotionen, in dessen Zentrum Loki den Kopf in den Nacken warf und seine zornige Verzweiflung hinausbrüllte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)