The Poetry of Light and Shadow von Ceydrael (Loki x OC) ================================================================================ Kapitel 26: Erkenntnisse ------------------------ »Wir werden Malekith angreifen, mit aller Kraft, die wir haben.« Die entschiedenen Worte des Allvaters schwebten einen Moment bedrohlich im Raum, wie das weit entfernte Grollen eines nahenden Unwetters,- aufgeladen und knisternd entlang der Nervenbahnen, eine unheilvolle Ahnung, die sich unangenehm im Leib ballte, während die Personen rund um den Tisch kurze, fragile Blicke tauschten, in denen die zaghafte Hoffnung zerbrach. »Ihr wisst, dass dieses Vorgehen unumgänglich ist…« Odin stützte die Hände auf den Tisch, seine Schultern wirkten beladen durch die Last der Herrschaft, sein Haupt gebeugt unter dem Wissen, etwas fordern zu müssen, was unter normalen Umständen wesentlich mehr als einer Bitte bedurft hätte. »Wir müssen sofort handeln, wenn wir nicht untergehen wollen.« Thor verschränkte die Arme grimmig vor der Brust, während Volstagg ein ergebenes Schnaufen ausstieß und Fandral flüchtig ansah, der unpassend gelassen schien,- ebenso wie der Feuerriese, welcher seine glühenden Augen bisher neugierig auf Loki weilen ließ, bevor sich die geschlitzten Pupillen nun aufmerksam zusammenzogen und er die Nasenflügel blähte, als hätte der Jäger den altbekannten Geruch seiner Beute aufgenommen. »Wir sind erleichtert, dass ihr so zahlreich dem Aufruf des Allvaters gefolgt seid.« Thor hob seinen starren Blick vom Tisch an und fokussierte ihn auf die Anwesenden. »Nicht alle Reiche waren so kooperations- und opferbereit. Jotunheim verschließt sich jeglichen guten Worten und Angeboten, gemeinsam an einem Tisch eine vorläufige Waffenruhe auszuhandeln. Von den Eisriesen haben wir keine Unterstützung zu erwarten. Es scheint eher, als würden sie unser Schicksal als gerechte Strafe erachten…« schloss der Donnergott in einem betretenen Knurren; die Unzufriedenheit war ihm deutlich anzusehen, dass er keine bessere Kunde übermitteln konnte. Daraufhin entblößte der Feuerlord eine Reihe scharfer, weißer Zähne zu einem amüsierten Grinsen, was Loki zu ignorieren suchte, indem er sich gelassen in seinem Stuhl zurücksinken ließ und die schmalen Hände vor sich auf der Tischplatte faltete; der Blick des Muspel fühlte sich wie nagende Parasiten an, die kribbelnd über seine Haut krochen. Der Feuerriese musste unverkennbar davon Kenntnis besitzen, dass in Lokis Blut das Erbe der Jotunen floss,- wenngleich Muspelheim und Jotunheim nie offen im Zwist gelegen hatten, so waren die entgegengesetzten Elemente von Feuer und Eis doch so prägnant in ihrer Unvereinbarkeit, dass sich Feuer- und Eisriesen wohl abzustoßen schienen wie zwei gleichpolige Magneten. Loki spürte das Nachhallen eines seltsamen Echos in seinem Inneren,- wie ein Tropfen, der eine seichte Wasseroberfläche aufgewühlt hatte, breiteten sich die Wellen träge aus und hinterließen eine summende Resonanz in seinem Geist, als würde an dessen Rand ein bedrohlich lauernder Schatten warten, welcher den Körper in Alarmbereitschaft versetzte. Unter anderen Umständen hätte der Magier dieses eigenartige Gefühl als durchaus faszinierend erachtet, jetzt jedoch war es einfach lästig wie ein misstönendes Geräusch, welches schmerzhaft in den Ohren nachklang; die Anwesenheit des Feuerriesen nagte latent an seiner Konzentration und die war noch durch den zurückliegenden Kampf mit diesen armseligen Menschen, sowie der Auseinandersetzung mit Heimdall strapaziert. »Haben wir zu erwarten, dass sich die Jotunen Malekith anschließen werden?« fragte einer der Zwerge nach und strich sich beunruhigt über das fellbesetzte Wams; er war ein stämmiger Krieger mit grimmig entschlossenem Blick und einem dichten, grauen Vollbart. Die silberne Brosche auf seiner Weste, welche einen Amboss nebst einem Hammer darstellte, wies ihn als einen der drei Meisterschmiede Niflheims aus,- Loki erkannte ihn als Sindri, jenen Zwerg, der einst Mjölnir aus dem Herzen eines sterbenden Sternes für die Asen gefertigt hatte. Thor schüttelte überzeugt den Kopf. »Nein. Das halte ich für unwahrscheinlich. Er hat ihre Welt ebenso attackiert und unter seiner Herrschaft wären sie verdammt. Es würde ihnen nichts bringen, sich seinem Heer anzuschließen.« Fandral beugte sich zu Hogun hinüber und wisperte nachdenklich: »Nun, außer vielleicht die Rache an Asgard und dem einen, der ihren König getötet hat…« Der dunkelhaarige Krieger warf seinem Gefährten einen scharfen Blick zu, gebot ihm und seiner Zunge damit Einhalt, bevor er Unruhe und das Unglück noch selbst heraufbeschwören konnte; Fandral ließ sich mit einem Achselzucken zurückfallen und grinste Loki entschuldigend an, der unweit der beiden saß und damit jedes Wort verstanden hatte. Der Magier barg die Augen kurz hinter der rechten Hand und massierte sich ungesehen die angespannten Schläfen, bevor er sich die Haare in einer geistesabwesenden Geste nach hinten strich,- obwohl er Fandral dieses Zugeständnis kaum machen wollte, musste er zugeben, dass die Worte des Kriegers nicht gänzlich unberechtigt waren. Niemals hätte er gedacht, dass seine Taten, seine Verfehlungen, je so weitreichend sein und solche Wellen schlagen könnten, dass sie ihn selbst bis ins Jetzt und Hier verfolgen würden. Er hatte den Stein losgetreten, der zu einer Lawine wurde,- hatte die Handvoll Jotunen ungesehen nach Asgard geleitet, dann seinem gutgläubigen, leicht zu beeinflussenden Bruder die Idee in den Kopf gesetzt, gegen die Eisriesen in den Kampf zu ziehen, den Krieg zu suchen und am Ende selbst Laufey getötet, um dem Allvater die eigene Treue und Stärke zu beweisen. Würden seine überstürzten, seine unüberlegten Handlungen der Vergangenheit am Ende ihre Verdammnis sein? Diese ganzen Ereignisse reihten sich wie Perlen auf einer Kette, die immer schwerer am Hals wurde und sie alle in die Tiefe der tosenden See ziehen konnte… Loki hätte niemals erwartet, dass er am Tisch des Allvaters sitzen und tatsächlich so etwas wie Reue im Angesicht seiner Taten empfinden könnte,- er war immer der Meinung gewesen, einen klaren Blick zu haben, die Dinge lückenlos planen zu können, im Recht und wesentlich geistreicher als der Rest zu sein. Doch zurückblickend musste er - zumindest sich selbst gegenüber - eingestehen, dass sein Handeln nicht immer gänzlich ohne emotionalen Antrieb gewesen war, wo kühles, logisches Verhalten angebrachter gewesen wäre. Sein Blick fiel kurz auf die kleine, rothaarige Menschenfrau, die kraftlos und recht verloren auf dem Stuhl neben ihm saß und nervös eine blutleere, angespannte Linie in ihre Unterlippe kaute, während sie die Hände in ihrem Schoß verknotet hielt, als wüsste sie sonst nix mit ihnen anzufangen. Ihre Augen huschten suchend umher, während sie sich kurz in ihrem Stuhl aufrichtete. Auf Lokis Lippen tanzte die Andeutung eines vergänglichen, ergebenen Schmunzeln,- nun, er hatte so einiges nicht erwartet… Eine sanfte Berührung am Arm lenkte seine Aufmerksamkeit erneut zu Gwendolyn hinüber, die unruhig zu ihm aufsah. Ihre blassen Finger lagen auf dem Leder seiner Rüstung. »Angel…- ich meine, Fenrir ist weg. Ich…mir ist es erst jetzt aufgefallen. Als wir den Palast betreten haben war er noch bei mir. Ich muss ihn in der Menge verloren haben…« wisperte sie ratlos, ihre hellen Augen kündeten von Besorgnis und schlechtem Gewissen. Der Magier blickte sich rasch um und sah Gwens Worte bestätigt; der Hund war verschwunden. Allerdings versetzte ihn diese Erkenntnis nicht sofort in Panik; Fenrir war ein magisches, unabhängiges Wesen,- er tat, was er wollte, wann er es wollte und war keinem Herrn Rechenschaft schuldig. »Mach dir keine Sorgen.« beruhigte er die Menschenfrau überzeugt und ließ sich dazu hinreißen, ihre zierliche Hand auf seinem Arm mit den eigenen Fingern zu streifen. »Fenrir ist durchaus in der Lage selbst auf sich acht zu geben. Er wird nicht weit sein und gewiss irgendwo in deiner Nähe weilen. Womöglich war ihm der Auflauf im Palast einfach zu viel. Es geht ihm bestimmt gut.« erklärte er leise. Er konnte ihre Sorge verstehen; der Hund war gewissermaßen ein Stück ihrer Heimat und ihres vertrauten Lebens, an das sie sich noch immer klammerte. Sie hatte bereits eine Menge aufgegeben und zurückgelassen, allein für eine ungewisse Zukunft und die vage Aussicht auf die Wahrheit. Gwen holte tief Luft und nickte dann schwach, bevor sie ein zögerliches Lächeln zeigte und die Finger vom Leder seiner Rüstung zurückzog. »Okay…« hauchte sie tapfer und ließ sich auf ihrem Platz wieder zurücksinken, nachdem sie offenbar die misstrauischen Blicke Freyas bemerkte hatte, die Gwen nicht aus den Augen ließ, als würde sie nur darauf warten, dass die Sterbliche einen Fehler beging,- wie die Spinne im Netz, die auf die nichtsahnende Fliege lauerte. Es war unverkennbar, dass die Magierin die Anwesenheit der Sterblichen mehr als missbilligte und vor wenigen Monden noch hätte Loki ihre Abneigung durchaus geteilt; doch in ihm hatte ein schleichender Prozess begonnen,- ein Wandel, dessen Richtung und Ziel er noch nicht so genau abzuschätzen wusste. Sicher war jedoch, dass er sein Denken und Handeln der Vergangenheit immer öfter in Frage stellte und seine Prinzipien - zum eigenen Verblüffen - vermehrt kritisch betrachtete. »Erlaubt mir eine Frage, werter Allvater…« Freya zog ihre Augen von Gwen ab und begegnete Lokis Blick für einen Moment, in welchem er ein seltsam vertrautes, rotes Schimmern an den Rändern ihrer Iriden wahrnahm, bevor sie den Kopf zur Stirnseite des Tisches neigte. »Von welcher Kraft sprecht Ihr bitte? Eure Kraft ist, meinen Beobachtungen zu Folge, im Augenblick recht überschaubar und wenig eindrucksvoll.« durchbrach die polierte Samtstimme der Magierin die angespannte Ruhe und ließ den Nachhall von spöttischer Zurechtweisung durch den Raum klingen. »Asgard hat viel seiner ehemaligen Stärke eingebüßt. Ich hoffe doch, Ihr wollt Eure Verbündeten nicht zu einer selbstmörderischen Mission motivieren und sie vorschicken, um die eigenen Reihen zu schützen?« Die Vanin hob eine ihrer perfekten Brauen bezeichnend in die Höhe und tippte mit den makellosen Nägeln einen gleichmäßigen, fast gelangweilten Rhythmus auf der polierten Tischplatte, während sich der Allvater aufrichtete und straffte, als müsste er sich für einen Angriff wappnen und Thor zischend die Luft einsog; seine Gefährten starrten die Magierin entgeistert an. Loki entlockte Freyas direkte Art ein knappes Heben seiner Braue, bevor er locker die Beine übereinander schlug und mit verräterisch zuckenden Mundwinkeln den Beginn dieser sicherlich durchaus unterhaltsamen Diskussion bedachte; es war amüsant, einmal selbst nicht derjenige zu sein, dessen Zunge sich schnell Feinde schaffen konnte. Obwohl er im Moment durchaus Odins und Thors Interessen teilte, so verspürte er doch eine gewisse Befriedigung darüber, dass jemand außer ihm dem Allvater immer noch die Stirn bieten konnte. »Nun, fassen wir einmal zusammen…« riss Freya das Wort abermals an sich, bevor Odin oder Thor sich sammeln und auch nur Luft holen konnten; während die Asen unzufrieden mit den Zähnen knirschten, hing der Rest der Versammlung ergeben an den Lippen der schönen Vanin, die es ganz offensichtlich genoss, im Mittelpunkt des Interesse zu stehen. »…Asgard besitzt eine Streitmacht, die angeschlagen ist durch Malekiths überraschenden Angriff und die Versuche, eure Bevölkerung zu schützen. Des Weiteren haben wir dort flüchtige Zwerge, deren Reich ihr nicht schützen konntet, denen Heim und Land genommen wurden und die nun ohne jegliche Grundlage Zuflucht bei euch fanden. Oh, und vergessen wir nicht die edlen Alben…« Freyas Hand wies in einer eleganten Geste knapp auf die Mitglieder von Alfheims Ältestenrat. »…die wohl das letzte Mal in die Schlacht zogen, als Eure Taten noch ungeschriebene Tinte in einem namenlosen Fass waren, Allvater Odin Borson. Welcher Kraft wollt Ihr Euch also bedienen? Der der Menschen? Midgard ist ein rückständiges Reich, bevölkert mit selbstgerechten Plagen, die sich gegenseitig jederzeit für ein bisschen Ruhm und Gold selbst abschlachten würden. Oder wollt Ihr womöglich am Ende doch die Jotunen anbetteln, die nach dem Diebstahl ihrer Urne und der Kriegsgier Eures geistlosen Sohnes zerstreut und uneins in den Ruinen ihrer Welt leben müssen?!« »Freya!« Freys warnendes Zischen schoss wie ein Blitz durch den Raum, bevor der Vane eine Hand vorschnellen ließ, um das Handgelenk seiner Schwester zu umgreifen und diese mit einem Ruck zu sich heranzuziehen. Die blauen Augen des Magiers leuchteten in einem zurechtweisenden Feuer, während er bestimmt verlangte: »Es ist genug! Mäßige deinen Ton!« Sein Blick sprach von Fassungslosigkeit, allerdings auch von einer tief vergrabenen Angst, welche Loki aufmerksam werden ließ,- aufmerksam darauf, dass sich Freys Finger eine Spur zu fest um das Handgelenk seiner Schwester klammerten, als bräuchte er selbst Halt. »Sag du mir nicht, was ich zu tun habe!« giftete die Vanin ihren Bruder aufgebracht an und versuchte sich aus dessen Griff zu befreien. »Es ist gut, Frey…« Frigga schickte eine wohlwollende Geste in Richtung der beiden Geschwister und trat näher an den Tisch heran, da sie bis eben eher als stiller, sittsamer Beobachter im Hintergrund aufgetreten war; ihre Hand fand den Weg auf die Schulter ihres Mannes, als müsste sie jenen in seinen nächsten Worten vorsorglich zurückhalten. »Lasst Eure Schwester ruhig aussprechen.« gewährte die Königin gütig, allerdings beinhaltete ihre Stimme einen kaum wahrnehmbaren, eisigen Hauch, der Loki jedoch auffiel; er kannte diese Tonlage nur zu gut aus der Vergangenheit, wenn Thor und er wieder einmal Unfug angestellt und Frigga sie erwischt hatte. Diese Frau wusste, dass Schweigen und Abwarten oft die klügere Wahl war, während Sünder sich oft irgendwann in ihre eigenen, feurigen Rechtfertigungen selbst verstrickten. »Aber Eure Hoheit, sie kann doch nicht-« begehrte Volstagg in einem Knurren entrüstet auf, doch Friggas knapper Blick brachte den Krieger zum Schweigen. »Was wären wir doch für Vorbilder, wenn wir nicht jedem das Recht einräumen würden, seine Meinung zu äußern.« erklärte die Königin gelassen und trat an die Seite ihres Mannes, um diesem und auch allen Anwesenden ihren Standpunkt zu versichern; sie gehörte auf den Platz an Odins Seite, stärkte ihm den Rücken und war sich ihrer Verantwortung als Herrscherin durchaus bewusst. Volstagg ließ sich unzufrieden zurücksinken und presste die Kiefer aufeinander, während Hogun neben ihm unangenehm berührt über die Worte der Vertreter seiner Heimat wirkte. Sif legte dem dunkelhaarigen Krieger eine Hand auf den angespannten Unterarm und schickte einen bösen Blick in Richtung der Vanen, während Loki den verbalen Schlagabtausch aufmerksam, aber auch zunehmend beunruhigt beobachtete; einige von Freyas Worten entsprachen sicher der Wahrheit, doch der Verlauf des Gespräches entwickelte sich in eine Richtung, die ihm Unbehagen bereitete, da er ahnte, worauf das hinauslief. Thor zeigte sich - für den Magier überraschend - recht ruhig und besonnen, wenngleich Loki den Sturm in den Augen seines Bruders kannte, welcher dort unverhohlen tobte,- doch der Donnergott wuchs offenbar an seinen Aufgaben, denn wo er früher zornentbrannt aufgesprungen wäre, um womöglich ein Duell für diese ungeheuerlichen Worte zu verlangen, sondierte er nun offenbar zuerst die Lage, bevor er zum Handeln ansetzen wollte und das nötigte Loki fast so etwas wie Anerkennung ab. Womöglich bestand ja doch der Funken einer Hoffnung, dass Thor Asgard nicht sofort am ersten Tag seiner Herrschaft zu Grunde richten würde… Freya reckte das Kinn stolz, entzog Frey ruckartig ihren Arm, nachdem der seinen Griff widerstrebend gelockert hatte und starrte ihren Bruder auf eine Weise an, als wolle sie ihn für seine Unverfrorenheit auf der Stelle zu Asche verbrennen, bevor sie ihre Rede ungerührt fortsetzte, als wäre gar nichts geschehen. »Sehen wir den Tatsachen doch ins Auge, Allvater. « säuselte sie selbstgefällig und betrachtete kurz die goldenen Nägel ihrer rechten, ungeschützten Hand, das letzte Wort betont spöttisch von der Zunge stoßend. Ihre rötlich schimmernde Magiekugel schwebte nun ruhig auf der Höhe ihrer Schulter und offenbarte in regelmäßigen Abständen ein flackerndes, geschlitztes Auge,- ein Wächterzauber, unheimlich kraftvoll und nützlich, da er einem Magier die Sicht auf Dinge gewähren konnte, die seine eigenen Augen nicht zu sehen vermochten. »Ihr habt keine Kraft. Und auch keine Macht. All Eure Hoffnungen müssen nun darauf ruhen, dass Vanaheim und Muspelheim sich bereit erklären werden, ihre Streitkräfte in diesem Krieg mit den Euren zu vereinen, denn sonst werdet Ihr hoffnungslos unterlegen sein,- selbst wenn Ihr Thor mit Mjölnir an die Front schickt und Eure Streitmacht auch noch so gut ausgebildet sein mag. Ihr braucht mehr Kämpfer...« Ihr glühender Blick hob sich und suchte jenen der Anwesenden, die Gewissheit war wie ein Leuchtfeuer in ihren Augen, an dem niemand vorbeikam. Hinter ihr bauschten sich die Vorhänge im sanften Wind des heraufziehenden Abends, welcher die nahende Kälte der Nacht mit sich trug; wenngleich die Atmosphäre durch Malekiths Frevel und unberechtigtes Eindringen in Yggdrasils Reich aufgeladen und am Brodeln war, so ließ der Winter sich doch nicht einfach aufhalten. Das Winterfylleth lag nun schon einige Zeit zurück und lang konnte es nicht mehr dauern, bis die ersten Ausläufer des Frostes ihre schneebedeckten Finger über die Gipfel der Berge ins Tal hinabschicken würden. »Was soll uns diese Rede nun lehren, Freya Njörddotter?« erhob Fandral das Wort und rieb sich in einer langsamen, nachdenklichen Geste den blonden Bart; obwohl er angetan von der Schönheit der Vanin wirkte, so schienen deren Worte doch weniger Eindruck auf ihn gemacht zu haben. »Vanaheim betrifft dieser Krieg ebenso oder meint Ihr Ymirs Hass wird an Eurer Welt vorbeiziehen und nur die anderen vernichten? Natürlich benötigt Asgard eure Unterstützung, wie ihr auch Asgards benötigen werdet.« Thor bettete die kräftigen Unterarme auf dem Tisch vor sich und verschränkte die Hände bedächtig miteinander, bevor er Freyas Blick offen und unerschrocken begegnete. »Was wollt Ihr, Tochter des Njörd? Des Allvaters Kniefall und seine aufrichtige Bitte? Womöglich Gold für eure Streitkräfte? Ich bezweifle, dass ihr in der Position seid Forderungen zu stellen. Wenn Asgard untergeht, wird Vanaheim folgen. Das ist eine Tatsache. Ihr könnt eure Streitmacht für euch behalten, doch sterben werdet ihr trotzdem.« schloss der Donnergott in grimmiger Überzeugung,- offenbar war er nicht gewillt, der Vanin klein beizugeben. Freya straffte ihre Schultern unter der Kraft der Überzeugung. »Wir werden Truppen stellen, doch sollten wir diesen Krieg gewinnen, dann will ich, dass der Allvater Vanaheims Stärke anerkennt!« offenbarte die Magierin anmaßend und entfaltete ihren schlanken Zeigefinger für einen fast drohenden Deut auf Odin, der dieser Geste zumindest äußerlich ungerührt begegnete,- doch seine Augen sprachen von etwas anderem. »Ich will, dass das Protektorat über die neun Welten neu verhandelt wird und das unter dem Gesichtspunkt, dass Vanaheim durchaus das Recht dieser Position zusteht!« forderte die Vanin unerschrocken. Ihre Worte hinterließen eine atemlose Stille im Raum,- Fassungslosigkeit schwebte zwischen ihnen wie dichter, undurchdringlicher Nebel. »Freya!« Frey schien, als wolle er gleich aufspringen und seine Schwester am Arm wie ein ungezogenes Kind aus dem Raum schleifen, um sie gehörig für ihre lose Zunge zu schelten,- offenbar hielt ihn nur seine gute Erziehung auf dem Stuhl, allerdings war die es auch, die ihn zum Eingreifen zwang. Seine Gesichtsfarbe wechselte von Blass zu aufgebrachtem Rot, während er die Magierin an der Schulter packte und zu sich herumzwang. »Bist du wahnsinnig?!« fuhr er sie entgeistert an. »Was soll das?!« Heimdall spannte sich im Hintergrund, entschlossen und bereit, jederzeit einzuschreiten, so der Allvater es verlangen sollte,- der jedoch starrte die Vanen ungläubig an und selbst Friggas Gesichtsausdruck wirkte verrutscht, als könne sie die Ungeheuerlichkeit der Worte kaum erfassen. Nun ging aufgeregtes Murmeln durch den Raum; die Zwerge steckten die Köpfe zusammen und auch die Alben neigten ihre langen Hälse und verständigten sich miteinander. Allein der Feuerriese schien mit ähnlichem gerechnet zu haben, denn er faltete die Hände gelassen auf dem Schoß und lehnte sich zurück, um mit einem müde belustigtem Schmunzeln in die Runde zu sehen, während Odins Züge starr geworden waren und Thor mit seinen Gefährten ungläubige Blicke tauschte,- vielen war anzusehen, dass sie an dem eben gehörten ernsthaft zweifelten. Gwendolyn blinzelte ratlos zu Loki hinauf, der nur knapp mit den Schultern zuckte; er hatte zwar eine Vermutung gehabt, allerdings bis zum Schluss gehofft, dass sein Gefühl ihn trügen würde. Er kannte Freyas raffiniertes Wesen aus den Tagen ihrer gemeinsamen Vergangenheit,- ihre Art, die Dinge geschickt beim Namen zu nennen, ohne lange nach Beschönigungen zu suchen; bestrebt nach den eigenen Zielen hatte die Magierin nie gescheut, auch ihre Schönheit neben ihrem klugen Kopf einzusetzen, um das zu bekommen, was sie wollte und die misslichen Lagen von anderen ohne zu zögern genutzt, um sich selbst einen Vorteil daraus zu verschaffen,- sie war Loki schon immer ähnlicher gewesen, als jemals ein anderer zuvor und gerade deshalb hatte er ihre Gesellschaft genossen, sich verstanden und anerkannt gefühlt. Und welches Bestreben sie nun hier wirklich an den Hof des Allvaters getrieben hatte, war in diesem Moment wohl allen klar geworden,- die latente Konkurrenz zwischen Asgard und Vanaheim war schon lange ein offenes Geheimnis; beide waren mächtige Reiche, Asgard überragend in der Waffenkunst, Vanaheim äußerst gebildet in zahlreichen Wissenschaften und den Fähigkeiten der Magie. Zu Beginn der Herrschaft von König Bor war bereits Streit und Krieg zwischen den beiden gleichwertigen Welten entbrannt, in dessen Fokus die Allmacht über die neun Welten und deren Ausführung gestanden hatte. Die Vanen hatten die Herrschaft der Asen äußerst kritisch betrachtet, waren selbst der Auffassung gewesen, dass gerade Midgard eine härtere Hand benötigte, um die eigenwilligen Menschen vor ihrem Untergang zu bewahren. Die stolzen Vanen sahen sich selbst seit Anbruch der Zeit an der Spitze der neun Welten und manche Asen munkelten sogar, dass es Vanen waren, die das Gold erst nach Midgard gebracht hatten, um die Menschen zu Zwietracht und Neid zu verführen, da diese dem unstillbarem Hunger nach Reichtum schnell verfielen; eine hinterhältige Falle, um die Herrschaft der Asen zu untergraben und in Frage zu stellen. Allein das geschickte Verhandeln Njörds, der seine Landsleute besänftigte und die rechten Worte fand, um die Wogen zwischen Asen und Vanen zu glätten, brachte am Ende die Waffenruhe zum Wohle aller Welten zurück,- diese Weitsicht und seine gütige Art wiesen Njörd als geeigneten Herrscher und Vermittler aus, machten ihn am Ende selbst zum Obersten der Vanen. Doch diese feindselige, fast unüberlegte Herausforderung nun an den Allvater passte nicht zu den Vanen, erst recht nicht zu Freya; Loki hatte die Magierin zwar als ehrgeizige Frau mit einer stürmischen Zunge in Erinnerung, doch war sie stets strukturiert und wohlüberlegt an ihre geplanten Vorhaben herangegangen. Diese kopflose Drohung, diese offene Anfeindung war ein zweischneidiges Schwert, welches sich auch recht rasch gegen Vanaheim selbst wenden konnte, denn obwohl Freya mit ihren Worten nicht ganz unrecht haben mochte, dass Asgard auf die Streitkräfte des anderen Götterreiches angewiesen war, so genoss Odin doch noch genug Ansehen, um diese freimütige Forderung als Ruf nach Krieg zu betrachten,- und das zu einem Zeitpunkt, der schlechter gewählt wohl nicht hätte sein können, nun da das Schicksal ihrer aller Welten auf Messers Schneide tanzte. Loki war sich ziemlich sicher, dass Freya eigenmächtig handelte, denn er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ihr Vater, den er stets als weisen und besonnenen Herrscher erlebt hatte, von dieser fixen Idee seiner Tochter Kenntnis besaß. Diese Vermutung untermalte auch Freys Fassungslosigkeit gegenüber dem Verhalten seiner Schwester; der Vane wirkte regelrecht ratlos und verzweifelt in seiner Lage, die eigene Schwester zu zügeln und von weiteren Worten abzuhalten, die sie beide nur in eine sehr unangenehme Situation bringen würden. Irgendetwas stimmte hier nicht. Loki kam der flüchtige Rotschimmer in Freyas Augen erneut in den Sinn und er zog die Brauen finster zusammen, als ihm ein Gedanke dämmerte, der ihm wenig gefiel,- und zum ersten Mal im Leben hoffte er, dass er sich irren würde. »Diese Forderung ist unerhört...« grollte der Allvater mühsam beherrscht über das andauernde Murmeln hinweg und brachte die Anwesenden damit zum verstummen; sein Blick hob sich bedrohlich und schoss über den Tisch zu Freya hinüber, die grimmig das Kinn hob. »Ihr wagt es, meinen Thron und meine Herrschaft in Frage zu stellen, während unser aller Leben bedroht ist?!« Odins Worte überschlugen sich fast vor unterdrücktem Zorn, den offenbar selbst Frigga nicht besänftigen konnte, die ihre Hand noch immer auf der Schulter ihres Mannes gebettet hatte; auch über die Züge der Königin huschte ein finsterer Schatten, welcher Unverständnis den Vanen gegenüber bescheinigte. »Wir haben im Moment wahrlich genug andere Sorgen, als Eure ungerechtfertigten Machtansprüche, Vanin!« Die Stimme des Allvaters polterte wie rollende Steine durch den Raum; anstelle der Magierin brachte zumindest Volstagg den nötigen Anstand auf, beunruhigt zusammenzuzucken. Heimdalls Gesicht zeigte zum ersten Mal eine wahrnehmbare Regung,- unverhüllte Empörung verhärtete seine Züge, während Hogun sein Unbehagen immer mehr anzusehen war; eine feine Linie an Schweißperlen glänzte auf seinen Schläfen. Seine Loyalität galt den Asen, doch Vanaheim war noch immer seine Heimat. »Ungerechtfertigte Machtansprüche?!« begehrte Freya unbeeindruckt gegenüber Odins Zorn auf und war offenbar wild entschlossen, ihr Gesicht und ihre Interessen zu wahren; die Magierin erhob sich zu voller Größe von ihrem Platz und donnerte ihre klauenbewehrte Hand in einem Scheppern auf den Tisch, während sie dem angsteinflößenden Blick des Allvaters ungerührt begegnete. Zumindest dafür verdiente sie sich Lokis Respekt, der mit einer fragilen Mischung aus Erheiterung und Besorgnis den Schlagabtausch seines Ziehvaters und seiner langjährigen Vertrauten beobachtete. »Ihr habt die Macht einfach so an Euch gerissen und über alle Köpfe hinweg entschieden, dass Asgard die Herrschaft gehört. Ich frage mich, wer Euch gewählt hat?! Die Vanen sicher nicht und die Jotunen wohl kaum. Vielleicht Eure mickrigen Menschen, die Ihr ja offenbar so sehr zu lieben scheint, dass Ihr sie nun schon an Eurem Tisch sitzen lasst?!« Anklagend schoss Freyas Klauenfinger in die Höhe und bohrte sich förmlich durch die Luft in Richtung Gwendolyn, die wohl am liebsten das Kunststück vollbracht hätte, unsichtbar zu werden oder unter dem Tisch zu verschwinden. »Was für ein Schandfleck,- wie eine Ziege an einer festlichen Tafel!« schleuderte die Magierin angewidert in den Raum. Gwendolyn schien sich im nächsten Moment allerdings schon eines anderen zu besinnen, denn Loki konnte ihr empörtes Luftholen vernehmen, brachte sie allerdings mit einem knappen Kopfschütteln und einer Hand zum Schweigen, die er ihr in einer gutgemeinten Weisung auf dem Knie bettete, um sie zurückzuhalten. Es war definitiv besser, nicht auch noch Öl ins Feuer zu gießen,- früher wäre dies genau Lokis Vorgehensweise gewesen, doch heute wollte er sich einmal in Umsicht üben. Dieser Streit tat wenig bei zur Lösung ihres eigentlichen Problem, das sich in genau diesem Augenblick Yggdrasil näherte; außerdem trug Loki nicht unberechtigte Sorge darum, dass Gwendolyn ins Kreuzfeuer geraten könnte. Der Magier konnte Freyas hitzige Art nicht wirklich einschätzen und wenn sich sein Verdacht bestätigen sollte, dann wäre es definitiv besser, wenn die Vanin nicht allzu aufmerksam auf die Sterbliche wurde. »Und sind wir doch einmal ehrlich,- wenn die Asen fähig gewesen wären, Malekith schon im ersten Krieg zu bezwingen und zu vernichten, so würden wir nun alle gar nicht vor diesem Desaster stehen! Asgard ist der Herrschaft nicht würdig!« feuerte Freya mit einer herrischen, ausladenden Handbewegung nach; Thors Züge verhärteten sich gefährlich und Fandral griff sichtbar für alle zu seinem Degen. Die Luft war elektrisiert von Zorn, Missgunst und Empörung,- ein hoch explosives Gemisch, dass kurz vor dem Ausbruch stand. Frey schob seinen Stuhl kratzend zurück und sprang auf; die Stuhlbeine schabten unangenehm über den Boden, ein schaurig misstönender Laut, der in den Ohren schmerzte. »Es reicht jetzt wirklich, Freya. Schluss damit!« unterbrach er seine Schwester entschieden und griff erneut nach ihr. Ein allzu bekanntes Zupfen am Rand seiner Wahrnehmung ließ Loki aufmerksam werden; Energie knisterte in der Luft, als Frey die losen Verbindungen umher anzapfte,- die Lippen des Vanen bewegten sich lautlos und flink und schon im nächsten Moment schien Freya die Kraft zu verlassen; sie sank in den Armen ihres Bruders zusammen wie eine Puppe, deren Fäden man durchtrennt hatte. Für alle Außenstehenden musste es wirken, als wäre Freya plötzlich bewusstlos geworden, vielleicht ihrer hitzigen Rede wegen, doch Loki wusste es besser. Misstrauisch hatte er das Geschehen verfolgt und kreuzte nun den Blick mit Frey, der mehr als genau zu wissen schien, dass zumindest einer im Raum seine Magie bemerkt haben würde,- die Augen des Vanen drückten eine flehende Verzweiflung aus, eine stumme Bitte nach Schweigen, die Loki zwar unzufrieden, aber mit einem kleinen, unauffälligem Nicken gewährte. Irgendwann würde Frey ihm wohl noch Rede und Antwort stehen müssen… »Ich entschuldige mich in aller Form für das Verhalten meiner Schwester.« setzte der Vane nun in gebührlich höflichem Ton an und neigte das Haupt in Demut vor Odin und der Königin, bevor er die augenscheinlich ohnmächtige Freya auf die Arme hob. »Meine Schwester ist schon seit einigen Tagen krank und fiebrig, die Reise hierher war beschwerlich und offenbar ist sie nun nicht mehr Herrin über ihr Handeln. Bitte vergebt ihr die so unbedachten Worte und erlaubt, dass ich mich mit ihr für den Moment zurückziehe, damit sie sich erholen und ihr Gemüt abkühlen kann.« bat der Magier den Rat förmlich. Frigga schickte ein wohlwollendes Nicken in Richtung des Vanen und gewährte diesem ein kleines, ergebenes Lächeln. »Offenbar scheint zumindest Ihr eine weise und manierliche Zunge zu besitzen, Frey Njördson. Eure Höflichkeit zwingt dem Allvater und mir Nachsicht auf. Geht und kümmert Euch um Eure Schwester.« bewilligte die Königin und ließ die Hand von der Schulter ihres Mannes gleiten, um dessen zorngeballte Faust auf dem Tisch zu umschließen,- wieder einmal bewährte sich die Besonnenheit der Königin, die heikle Lagen gewissenhaft zu handhaben wusste; mit Sicherheit war Frigga wie allen anderen auch klar, dass an Freyas Worten keinesfalls eine Krankheit Schuld trug, doch des Friedens wegen ließ sie die Vanen ziehen. »Habt Dank, Euer Hoheit. Allvater. Werter Rat.« Frey verabschiedete sich der Reihe nach mit einem ergebenen Kopfnicken, bevor er sich mit seiner Schwester auf den Armen unter den Blicken aller im Rücken auf den Weg zur Tür machte, die Heimdall ihm entgegenkommend öffnete. Die Anspannung wich augenblicklich aus dem Raum wie zu lang angehaltene Luft. Loki sah Frey grüblerisch mit zusammengezogenen Brauen hinterher, als dieser durch die Tür entschwand, bevor sein Fokus auf den Feuerriesen fiel, der seinen Blick hielt. »Wollt Ihr Euren Begleitern nicht folgen, Lord Uzzagar?« fragte der Magier gut gewählt in die unsichere Stille, nachdem Heimdall die Tür hinter Frey wieder geschlossen hatte; Loki betrachtete beinahe gelangweilt seine gefalteten Hände auf dem Oberschenkel, bevor er den Muspel forschend und abwartend studierte. Auch die restlichen Mitglieder des Rates belauerten abschätzend die Reaktion des Feuerriesen. Wenn dieser ein Sympathisant von Freyas Wahnwitz war - womöglich sogar ein Mittel zum Zweck, um diese irrsinnige Forderung durchzusetzen - so täte Asgard wohl gut daran, dessen Motive im Vorfeld aufzudecken; sie konnten sich keine zwielichtigen Verbündeten leisten, denen es womöglich im entscheidenden Moment einfiel, ihre Gesinnung zu wechseln. Der Feuerriese schien Lokis List spielend zu durchschauen, denn er entblößte seine spitzen Zähne in einem wissenden, fast anerkennenden Grinsen, welches der Magier kühl erwiderte. »Ich arbeite in einigen magischen Angelegenheiten gut mit den Vanen zusammen, doch ich bin nicht deren Leibeigener.« antwortete der Lord gelassen und lehnte sich behaglich zurück; durch die Bewegung traf ein verirrter Strahl der Abendsonne seine Haut und ließ diese wie flüssiges Gold aufleuchten. Die Schuppenmuster darauf schienen ihren ganz eigenen Tanz auf den bewegenden Muskeln zu führen. »Ich teile nicht unbedingt alle Ansichten der Vanenprinzessin. Allerdings…« Der Muspel verschränkte die Arme vor der breiten Brust und lenkte den Blick wieder in die Runde. »…hat Freya auch nicht ganz Unrecht. Ihr seht euch einer Übermacht gegenüber. Es ist nicht so, dass Malekiths Truppen allein nicht besiegbar wären, doch Hels Heer macht mir ehrlich Sorgen. Mein Feuer mag die Untoten zu verbrennen wissen, doch eure Klingen sind wirkungslos gegen sie.« gab der Lord zu bedenken. »Ihr würdet uns im Kampf unterstützen, Lord Uzzagar?« fragte Thor vorsichtig, nachdem er eine ganze Weile mit aufgestütztem Kinn über seinen gefalteten Händen gebrütet hatte; sein Blick war ungewöhnlich ernst und ruhig, entschlossen in seiner blauen Weite. Nun sah er zu dem Feuerriesen herüber und schien ähnlich wie Loki dessen Motive zu prüfen. Der Muspel zögerte nicht lang und nickte knapp, bevor er selbstquittierend die Achseln zuckte. »Mein Schlaf in Muspelheim war lang und ereignislos. Viele meiner Brüder und Schwestern träumen noch immer in unseren ursprünglichen Gestalten, tief unter Stein und Lava verborgen, vielleicht nie wieder fähig, ihre vernunftbegabte Gestalt anzunehmen. So ist es zumindest meine Pflicht, über ihren Schlaf zu wachen und die Erinnerung an uns über die Äonen fortbestehen zu lassen. Mir ist nicht daran gelegen, dass Malekith die Welten ins Dunkel stürzt und vielleicht ist es an der Zeit, als Wächter über das Leben zurückzukehren. Ich bin mir sicher, dass euch ein wenig Feuer durchaus hilfreich sein kann. Außerdem finde ich das Ganze hier äußerst unterhaltsam und Langeweile ist für mich nicht sonderlich erstrebenswert.« Er lächelte schmal und beschwor in der Kehle die Glut seines Atems, sodass die Haut dort flammend rot zu glühen begann, bevor er aus einer Innentasche seines Mantels eine altertümliche Pfeife zog und jene in einem kurzen Atemschwall aus Feuer ansteckte; zufrieden zog er an dem Rauchwerk und blies die würzigen Schwaden durch die Nasenlöcher aus, wo jene sich über ihm in die Höhe kringelten. Gwendolyns Augen wurden riesig und ihr gemurmeltes, fassungsloses »Du meine Güte…« brachte Loki flüchtig zum Schmunzeln. Die Alben beäugten den altehrwürdigen Lord eher skeptisch; wo sie für Ordnung, Disziplin und Sanftmut standen, verkörperten die Muspel wohl das genaue Gegenteil. Die Feuerriesen waren kein sonderlich zivilisiertes Volk,- ähnlich Fenrir waren sie wild und ungestüm, lebten nach ihren eigenen Regeln und Gesetzen. Am Anbeginn der Zeit hatten sie die Himmel über den Welten beherrscht und über die jungen Götter gewacht, doch mit fortschreitender Zeit und der Entwicklung der Völker hatten sie sich nach Muspelheim zurückgezogen und waren fast in Vergessenheit geraten. Viele der Wyvern schliefen in ihrer Drachengestalt in der Tiefe der Feuerlande,- ihr Schlaf dauerte nun schon so lange, dass es einigen wohl gar nicht mehr möglich war, in ihre humanoide Form zurückzufinden. »Wir sind in der Lage Stahl zu fertigen, der Untote verletzen und ihnen widerstehen kann.« mischten sich nun die Zwerge wieder in das Gespräch ein, nachdem die drei Vertreter Niflheims bisher eher still das Gespräch verfolgt hatten,- Sindri hatte erneut das Wort ergriffen. Neben ihm, in der Mitte, saß Alrik, der Herr über Niflheim und das Oberhaupt aller Schmiedezünfte; daneben Iwaldi, der Letzte im Bunde, ebenfalls einer der besten Schmiede der Zwerge,- seinem Können war die herrschaftliche Waffe Gungnir zu verdanken - der Speer, der niemals sein Ziel verfehlen sollte. »Meine Schmiede können euch Schwerter, Speere, Äxte und auch Schilde herstellen, welche der Macht Hels und deren Volk standhalten könnten.« dröhnte Alriks kräftiger Bariton durch den Raum, als der Herrscher Niflheims die eiserne Verschränkung seiner Arme löste und überzeugt in die Runde sah. »Wenn die Völker vereint in die Schlacht zu ziehen gedenken, so werden wir die nötigen Waffen schmieden.« sicherte der Oberste der Zwerge zu. »Sobald die Zwerge ihr nötiges Schmiedewerkzeug haben, werden sie mit der Arbeit beginnen. Das bestätigte mir Alrik bereits.« versprach Odin, der sich aufgerichtet und die Arme hinter dem Rücken verschränkt hatte. Loki schmälerte die Augen gewarnt, als sich Alrik folglich räusperte und einen versichernden Blick mit Thor und dem Allvater tauschte, als hätte er eigentlich noch viel mehr sagen wollen, sich aber wohlweislich zurückgehalten. Natürlich,- wenn die Zwerge ihre benötigten Utensilien bereits gehabt hätten, so hätten sie nun wohl nicht hier am Tisch gesessen und mühselige Worte gewälzt. Der Magier hatte bereits einen Haken an der Sache vermutet… »Und, gestattet mir meine Neugier…« mischte sich Loki nun mit einer gedehnten Frage ein, während sich sein Mund zu einem starren Lächeln verzogen, welches krampfhaft an der Grenze zu einer ironischen Grimasse tanzte. Er bettete die Fingerspitzen beider Hände aneinander und schürzte die Lippen in gespieltem Unwissen. »…wo genau befindet sich das Schmiedewerkzeug der werten Herren Niflheims im Moment? Diese Information muss ich leider überhört haben und dabei glaube ich, dass sie wichtig ist.« Er lehnte sich nach vorn und stützte das Kinn auf die gefalteten Hände, um so gespannt in die Runde zu sehen; Thors harsche Kieferlinie und Odins ergebener Blick verriet ihm eigentlich bereits alles, was er wissen musste. »In Niflheim. In den Hallen der Hauptstadt.« beantwortete sein Bruder die Frage gepresst, aber nicht zögerlich; der Donnergott musste sich zuvor schon ausreichend mit diesem Umstand beschäftigt haben. Loki überraschte diese Offenbarung nun nicht gerade, aber unverkennbar war er nicht der Einzige, dem man dieses kleine Detail vorenthalten hatte, denn Thors Gefährten wirkten schlagartig hellhörig. »Wir werden die Werkzeuge dort heraus holen.« erklärte Thor selbstsicher. Fandral hustete und schlug sich auf die Brust, als habe er sich plötzlich an Thors genialer Idee verschluckt; Sifs Kopf ruckte zu Thor herum und sie sah den Donnergott an, als wäre sie arg besorgt, dass dieser gerade seinen Verstand verloren hatte. »N-Niflheim?!« hinterfragte die Kriegerin auf eine Art und Weise, als hoffe sie sich nur verhört zu haben. »Als wir unser Reich so fluchtartig verlassen mussten, hatten wir keine Gelegenheit mehr, unsere wichtigen und wertvollen Werkzeuge zu sichern und zu bergen. Unsere ganzen Schätze, unser Hab und Gut - unser Leben - musste unter dem Eis zurückbleiben.« erklärte Iwaldi bitter. Loki rieb sich in einer langsamen Geste über das Kinn, welche übertrieben nachsinnend wirkte. »Nun, dann stehen ja nur ein paar Legionen Untoter zwischen dir und den begehrten Werkzeugen, Thor. Das klingt ja fast schon nach einem Kinderspiel.« schlussfolgerte der Magier heiter und ließ ein schmallippiges, ironisches Grinsen sehen; die Tapferen Drei schienen sein Vergnügen ganz und gar nicht zu teilen, denn Volstagg schnaufte nur abwehrend und Fandral zog die Brauen vorgewarnt nach oben, als der Donnergott ihn eindringlich ansah; der Einzige, der äußerlich noch immer ungerührt erschien, war Hogun, doch den stillen Krieger schockierte selten etwas. Er war ehrenhaft und Thor so loyal ergeben, dass er diesem wohl sogar ohne langes Hadern selbst nach Hel hinab gefolgt wäre. »Erlaub mir die Frage, Thor, aber…wen genau meinst du mit wir?!« verlangte Fandral gespannt zu wissen und kratzte sich nervös an der Schläfe, während er die Lippen skeptisch schürzte. Thors Antwort bestand nur aus einem einzigen Blick, der keiner weiteren Worte bedurfte. Fandral schnaufte kurz, sah mit einem schiefen, ungläubigen Lächeln nach unten, als müsste er sich sammeln. »Wirklich, mein Freund?! Du willst uns jetzt tatsächlich fragen, ob wir dieses Himmelfahrtskommando begleiten?!« Der blonde Krieger blickte zweifelnd auf und hoffte wohl immer noch auf einen Scherz, doch Thor spiegelte sein vorsichtig optimistisches Schmunzeln nicht. »Das ist tatsächlich dein Ernst…?!« mutmaßte er erstaunt. »Kaum sind wir diesem Höllenloch entkommen, sollen wir dorthin zurückkehren?!« »Das wird kein Himmelfahrtskommando.« versicherte Thor fest und versuchte mit Überzeugung allein die gültigen Zweifel vom Tisch zu wischen. »Eine kleine Gruppe von wenigen wird nicht so schnell auffallen. Bevor sie bemerken, dass wir überhaupt da sind, sind wir auch schon wieder weg. Und dafür werden wir die geheimen Pfade zwischen den Welten nutzen, um ungesehen und heimlich in die Stadt zu gelangen…« ließ Thor seine Rede bewusst wage ausklingen und wandte den Kopf, um Loki nun offen zu fixieren; alle anderen Augenpaare des Raumes taten es ihm gleich. »Mein Bruder wird uns ungesehen nach Niflheim bringen und wieder herausführen.« erklärte der Donnergott zuversichtlich. »Er kennt die versteckten Wege zwischen den Reichen wie kein anderer.« Loki klatschte in latenter Begeisterung in die Hände, während er sich auf seinem Platz wieder zurücksinken ließ und ein humorloses, abgehacktes Lachen ausstieß. »Oh, Thor,- ich bin erfreut, dass du mich so frühzeitig über deine Pläne und den mir zugedachten Platz darin in Kenntnis setzt, sonst wäre ich womöglich noch versucht gewesen, die kleine Zelle in Midgard diesem unheilvollen Ausflug mit dir vorzuziehen.« ließ der Magier beißende Ironie sprechen, während er ein falsches, fröhliches Lächeln aufsetzte. Mit dergleichen hatte Loki eigentlich bereits gerechnet, denn sonst wären wohl weder Thor und ganz besonders Odin nicht so enthusiastisch in ihrem Bestreben gewesen, ihn zurück nach Asgard und aus dem Einflussbereich von S.H.I.E.L.D. zu holen; es war wohl mehr als töricht anzunehmen, dass der Allvater die Familie nur wieder vereint sehen wollte. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, so war er in gewissem Maße doch enttäuscht,- noch immer eine Spielfigur für andere, in welche diese ihre labilen Hoffnungen auf höhere Ziele setzten - zuerst Odin mit seiner Idee eines Friedens zwischen Asgard und Jotunheim, dann Thanos mit seiner Gier nach dem Tesserakt und nun Thor mit seinem wahnwitzigen Plan. Und noch immer schien er sich aus diesem Schicksal nicht befreien zu können. Nie kam es jemandem in den Sinn ihn zu fragen, was er eigentlich wollte, aber was kümmerten auch schon die Belange eines kurzzeitig begnadigten Straftäters… Loki hatte keine wirkliche Angst,- seine Angst zu sterben war nie so prägnant gewesen wie jene, zu versagen oder den Verstand zu verlieren - lieber wollte er im Kampf für seine Ziele fallen, als vegetierend in einer isolierten Zelle, ein namenloses Nichts, keiner Erinnerung wert. Der Tod war ein unausweichliches Ende, dem man sich irgendwann stellen musste - scheitern und Niederlage nicht. Allerdings hing er auch an seinem Leben und war klug genug, Thors Idee als waghalsig zu erkennen,- es war der einzige Weg diesen Krieg vielleicht zu gewinnen, das wusste Loki, doch würde er jeden Atemzug bis zum tatsächlichen Ende zelebrieren und nicht leichtsinnig das Wagnis suchen wollen. »Ich bin davon ausgegangen, dass du die Dringlichkeit dieser Unternehmung erkennen und mich unterstützen würdest.« hielt Thor entschieden dagegen. »Es ist der beste Plan, der sich auf die Schnelle realisieren lässt und Zeit für einen anderen haben wir nicht. Denn Zeit ist das Einzige, was wir nicht im Überfluss besitzen…« »Im Gegensatz zu einer Menge Risiken und dem Tod als Gewissheit…?!« warf Loki mit hochgezogener Braue ein und erntete damit von Fandral sogar einen Blick, der absurderweise so etwas wie Zustimmung vermittelte. Volstagg war hinter seinem roten Bart merklich erbleicht, als würde er sich in Gedanken bereits von einer Horde Untoter umzingelt sehen. »Also dass du mich als entbehrlich empfindest, kann ich ja fast noch verstehen…« Loki klopfte nachsinnend mit den Fingern auf dem blankpolierten Tisch. »…aber dass du deine Freunde diesem Risiko aussetzen willst, überrascht mich nun doch, Bruder.« »Ja, mich auch.« warf Volstagg eilig ein. »Und ich hasse es, Loki recht geben zu müssen.« sprach er widerwillig. »Du lädst die Hoffnung aller Welten auf unsere Schultern, Thor. Du weißt, dass ich dir überall hin folgen würde,- bei den Nornen, du weißt, das bin ich bereits - immer und zu jeder Zeit, mein Freund. Doch nicht zu einer Unternehmung, die von Beginn an zum Scheitern verurteilt ist. Immerhin wäre dein Bruder die einzig wirklich wirkungsvolle Waffe, die wir gegen die Untoten haben werden.« erklärte er entrüstet. Der Blick des bärtigen Kriegers war beinahe flehend, während er seine fadenscheinigen Bedenken vortrug. »Dein grenzenloses Vertrauen ehrt mich über alle Maßen, Volstagg…« bemerkte Loki trocken. »Nun, nichts gegen dich, Loki, aber du hast dich in der Vergangenheit eher selten als wirklich vertrauensvoll und opferbereit erwiesen.« warf Fandral ein. »Außerdem zweifle ich ebenso an dem Erfolg dieses Vorhabens. Dieser Plan ist wahnwitzig, Thor. Du hast diese Horden gesehen, die Niflheim förmlich überrannt haben. Und nicht nur das,- Eis und Schnee sind auch nicht gerade unsere Verbündeten.« erinnerte er beschwörend. »Du kannst ja hierbleiben und zitternd vor dem Kamin ausharren, wenn du dich um kalte Füße sorgst, Fandral…« spottete Loki bissig. »Wenn wir hierbleiben, sterben wir so oder so...« warf Hogun unheilvoll ein. Sif rollte die Augen und seufzte entnervt. »Nun hört auf euch zu streiten, das bringt uns im Moment auch nicht weiter. Thor wird wissen, was er tut. Er wird uns nicht in den Tod führen. Das hat er doch bisher nie.« sprach die Kriegerin mit fragiler Zuversicht, die sie selbst wohl kaum empfand. »Hogun, der Grimmige, spricht wahr. Den Tod werden wir gewiss finden, wenn wir Malekith nicht aufhalten.« brachte sich nun zum ersten Mal einer der Uralben in das Gespräch ein; die Stimme des Wesens klang hell wie silberne Glocken, rein, freundlich und fast unpassend dafür, von Tod und Verderben zu sprechen. Ein dezenter Dialekt begleitete seine Worte, als wäre es für die Wesen ungewohnt, sich in der Umgangssprache mitzuteilen. »Sterbt lieber einen ehrenvollen Tod als unter der finsteren Herrschaft Ymirs zu siechen.« Der Lichtalb hob den hauchzarten Schleier, welcher bisher seine Züge bedeckt hatte und enthüllte sein schmales Gesicht, bevor er den Kopf leicht in den Nacken kippte; seine hellen, pupillenlosen Augen umwölkten und verdunkelten sich unter der Gedankensicht,- Loki konnte die Macht der Alben wie die prickelnde Süße einer überreifen Frucht auf der Zunge schmecken, als die beiden verbliebenen Ratsmitglieder ihre langgliedrigen, knochigen Hände ausstreckten und diese auf der polierten Tischplatte spreizten. Ein Schaudern überlief das Holz, bevor sich die Maserung zur glasklaren Oberfläche eines Spiegels wandelte; unsicher zogen die Zwerge und Sif ihre Hände vom Tisch zurück, während Odin in stoischer Ruhe verharrte, den Blick beinahe grimmig und finster auf das sich bildende Schauspiel vor sich gerichtet. Selbst Heimdall trat nun näher; die spiegelnde, magisch leuchtende Oberfläche des Tisches warf helle Schemen auf sein Gesicht und beleuchtete die harten Züge in einem beinahe gespenstigen Licht, während seine goldene Rüstung den Schein glänzend zurückwarf. Aus dem klaren, wolkigen Weiß des magischen Spiegels formte sich langsam ein Bild,- eine Landschaft, die nach und nach an Kontur und Schärfe gewann, sich in Farben und Formen verdichtete; immergrüne Blätter waren zu sehen nebst mächtigen Ästen und Zweigen, die in einen schreiend roten Himmel aufragten. Ein unglaublich mächtiger Baumstamm erschien im Sichtfeld, welcher in seinem Umfang kaum zu erfassen war; das Holz war schartig, dunkel und alt, vermittelte aber trotz allem unbestreitbar die Stärke und Beständigkeit von Äonen. Das Bild glitt weiter und vergrößerte sein Sichtfeld, ab von dem gewaltigen Baum, als würde sich der Beobachter von den Zweigen in die Lüfte erheben, um einen besseren Blick zu gewähren; durch das dichte Blätterdach hindurch konnte man nun auf eine weite, offene Ebene sehen, die sich lang und frei bis zum glutroten Horizont erstreckte. Die Landschaft war grün und in sanften Hügeln geschwungen, doch hier und da begannen die Gräser und Büsche bereits zu welken,- unselig dunkle Flecken breiteten sich aus, die wie schwärende Wunden in dieses Heiligtum gerissen wurden. »Die Ebene von Yggdrasil…« hauchte Hogun ehrfürchtig; der Krieger hatte sich nach vorn gebeugt und das Schimmern der immergrünen Blätter spiegelte sich in seinen Augen. Selbst der Feuerriese wirkte nun interessiert und schob sich seine ruhig glimmende Pfeife in einen Mundwinkel, um nachdenklich darauf zu kauen, während sich seine geschlitzten Pupillen zu kaum wahrnehmbaren Strichen verdünnten, als er seinen Blick auf den magischen Spiegel fokussierte. »Wir bedienen uns Aars Augen, um das zu sehen, was sich unserem Blick verbirgt.« sprachen die beiden Alben, die den Zauber aufrecht erhielten, synchron in ihrem glockenhellen Singsang, während das mittlere Wesen noch immer in Trance zu weilen schien, die verdunkelten Augen blicklos in die Höhe gerichtet. Loki strich sich fasziniert mit dem Zeigefinger über die Unterlippe und neigte den Oberkörper ebenfalls näher zum Tisch,- er hatte bereits von den Fähigkeiten der Lichtalben gehört, doch diese noch niemals mit eigenen Augen gesehen. Auch wenn er den Ältestenrat Alfheims nicht unbedingt schätzte, so musste er deren Fähigkeiten doch als beeindruckend anerkennen. Aar war der Adler, welcher im obersten Wipfel der Weltenesche hauste, um von dort nach Feinden Ausschau zu halten und Yggdrasil zu bewachen,- selbst über diese unglaubliche Entfernung war es den Elfen möglich, die versteckten, zaghaften Verbindungen der Magie zu finden und zu nutzen, um mit diesem Wesen Kontakt aufzunehmen. Die geistigen Fähigkeiten der Uralben waren offenbar nicht umsonst so bekannt und begehrt; eine Gabe, die sie sporadisch an ihre Nachfahren, ihr Volk, weitergegeben hatten - zwischen allen Lichtelfen bestand eine Art geistiges Band, welches ihnen die Verständigung über weite Entfernungen und ganz ohne Worte ermöglichte, ebenso wie viele der Alben die Fähigkeit besaßen, in den Verstand und das Empfinden von niederen Geschöpfen wie Tieren zu schlüpfen, um durch deren Augen zu sehen, mit ihren scharfen Sinnen zu hören oder zu riechen. Der Adler schien sich nun noch weiter in die Höhe zu schwingen, um dann in einem pfeilschnellen Sturzflug entgegen des Bodens zu stürzen,- kurz vor dem Aufprall breitete er die Schwingen aus, fing sich in den vertrauten Luftströmen und segelte wieder in die Höhe, träge getragen von den Winden, weitläufige Kreise um die gewaltige Esche ziehend. Wo sich Horizont und Erde in einer schmalen Linie trafen, erkannte man nun wogende Horden aus düsteren Leibern, die bedrohlich und unaufhaltsam näher rückten; Blitze zuckten über den verdunkelten Himmel in der Ferne und beleuchteten das Heer der Eindringlinge in fahlem Licht,- der scharfen Adleraugen gedankt konnte man die leeren, blicklosen Augenhöhlen von Hels Armee erkennen, eingefallene Gesichter, kränkliche Haut unter angelaufenen Rüstungen und Klingen, welche die glutrote Himmelsfarbe und das zornige Wüten der Blitze wie ein Meer aus Irrlichtern zurückwarfen. Vereinzelt hatten sich Dunkelelfen unter die Horden der Untoten gemischt, an deren Spitze unverkennbar Malekith in seiner silbernen Rüstung marschierte,- flankiert von Kursed, seinen Elitekriegern. Er war das Zentrum des tobenden Sturmes, seine Augen schwarz und pupillenlos, die Züge hart und grausam, während seine Stiefel gnadenlos voranschritten und jeden Zweig und Halm unter sich zermalmten. Seine Aura brodelte in bodenlosem Schwarz,- Rauchflammen, welche seine Gestalt umhüllten und sich unersättlich nach jedem Grün umher streckten, dieses gierig verschlangen und verdorren ließen. »Ymirs Einfluss auf Malekith ist nun sehr stark. Kaum sind die reine Bosheit des dunklen Wesens und der Herr der Schwarzalben noch zu trennen.« erklärten die Alben in unheilvollem Ton; ihre Stimmen erklangen wie das geisterhafte Flüstern von Wind, welcher durch altes Mauerwerk strich. Loki spürte unvermittelt Gwendolyns Finger, die nach seiner Hand griffen; die Sterbliche sah mit ängstlich geweiteten Augen auf das dargebotene Bild und war sichtlich erbleicht, atemlos schluckte sie, gefesselt von der abscheulichen Faszination, welche dieser unabwendbaren Apokalypse innewohnte. Malekith fraß sich wie Säure mit seinem Heer durch die Ebene, unaufhaltsam auf Yggdrasil zu, deren letzte Verteidigungslinien sich zum Kampf rüsteten; Aar flog wieder höher und umkreiste den mächtigen Stamm des Baumes, zu dessen Wurzeln sich haushohe Mauern erhoben, die nun unter bröckelnden Steinen langsam zum Leben erwachten; die uralten Golemwächter öffneten unter kreischendem Gestein ihre leuchtenden Augen und strafften die mächtigen Arme, um sich mit trägen Schritten aus ihren Reihen zu lösen und in eine kampfbereite Haltung zu begeben, damit sie dem Ansturm der Eindringlinge begegnen konnten. Diese Wesen waren unbestreitbar mächtig und äußerst verbissene Wächter, allerdings würden selbst sie unter dem immerfort währenden Ansturm von Untoten irgendwann zusammenbrechen,- das war nur eine Frage der Zeit; Zeit, die den Welten ab jetzt wie Sand zwischen den Fingern zerrinnen würde. Das Bild Yggdrasils verlor sich zu einem undeutlichen Schemen, bevor der magische Spiegel in einem hellen Klirren in sich zusammenbrach und die Platte des Tisches wieder ihre ursprüngliche Form annahm. Der mittlere Alb sackte nun erschöpft nach vorn und wurde von seinen Gefährten sanft aufgefangen, die ein schwaches Seufzen ausstießen und durch ihre Schleier hindurch in die Gesichter des Rates blickten. »Ihr seht, Ymir ist so kurz davor sein Ziel zu erreichen. Nur noch wenig, ein halber Mond vielleicht, trennen ihn von Yggdrasils Hort. Wir dürfen nicht zögern.« wisperten die beiden Urelfen zittrig, bevor der Mittlere seinen Kopf schwach anhob und die nun wieder klaren, hellen Augen öffnete. »Alfheim wird Euch Truppen für den Kampf stellen, Allvater. Es wird uns mit Stolz erfüllen, mit Asgard in die Schlacht zu ziehen.« versprach das Wesen entschlossen. »Wenn der Donnergott mit seinen Gefährten das Risiko der Reise nach Niflheim auf sich nimmt, so werden wir all unsere Macht daran setzen, das verlorene Portal wiederzufinden und den Durchgang erneut zu öffnen.« Odin nickte zufrieden und dankbar in Richtung der Alben, bevor er sich mit ernster Miene an die Zwerge wandte: »Wie schnell könntet ihr uns die Waffen bereitstellen, die wir brauchen werden?« Sindri und Iwaldi tauschten einen kurzen, versichernden Blick, bevor sie Alrik zunickten. »Sobald meine Schmiede ihre Werkzeuge haben und Ihr uns alle nötigen Utensilien und Gerätschaften für das Arbeiten zur Verfügung stellen wollt, so versichern wir innerhalb von drei Tagen die nötigen Waffen für alle Truppen fertigen zu können.« erklärte der Zwergenkönig fest und blickte offen in die Runde der Versammlung. »Ebenso wird euch Niflheim mit allen verfügbaren Äxten und Hämmern in den Kampf folgen. Unser Volk wird begierig sein sich für den Frevel an unserer Heimat zu rächen.« grollte Alrik finster und entschlossen, bevor er seine fellumhüllte Faust donnernd auf den Tisch niederfahren ließ; seine Begleiter nickten grimmig. »Ich werde versuchen, ein paar meiner erwachten und von Gleichmut müden Brüder und Schwestern für Euer Vorhaben zu gewinnen.« sprach der Feuerriese nun gedehnt und betrachtete seine Pfeife scheinbar interessiert, welche er in den Fingern wendete, bevor er den Allvater ansah. »Muspelheim wird sich Eurem Kampf anschließen, so Ihr unser Feuer annehmen wollt.« Odin neigte das Haupt in einer dankbaren, fast hoffnungsvollen Geste. »Eure Unterstützung ist mehr als willkommen, Lord Uzzagar.« Dann richtete er sein Wort wieder an die Versammlung. »Von Jotunheim werden wir, wie bereits erfahren, keine Hilfe erwarten können und auch Midgard werde ich nicht in diesen Kampf hineinziehen. Die Menschen sind noch angeschlagen vom Übergriff der Chitauri und Asgard obliegt einmal mehr die Aufgabe ihres Schutzes.« Gwendolyn räusperte sich vorsichtig, bevor sie sich entschieden aufrichtete und die Brauen entschlossen zusammenzog. »Aber ich bin sicher, dass einige von uns für ihre Welt und deren Rettung kämpfen wollen würden, statt tatenlos herumzusitzen und auf das Ende zu warten…« wagte sie zaghaft einen Vorstoß. »Auch ich möchte mich beteiligen-« Loki unterbrach sie unwirsch, bevor sie sich noch selbst um Kopf und Kragen reden würde. »Das kommt überhaupt nicht in Frage.« entschied er kühl. »Du wirst an der Front kaum eine Hilfe sein und niemand ist entbehrlich, um auf dich acht zu geben. Du solltest so weit wie möglich fern von Malekiths Einflussbereich weilen.« erklärte er mit der nötigen Härte, da ihn Gwendolyns Blick störrisch und unzufrieden traf,- in Wahrheit war seine größte Sorge die Tatsache, dass die Sterbliche seine Konzentration gefährden könnte, wenn sie sich eigensinnig am Kampf beteiligen sollte. Denn dann hätte er keine ruhige Minute mehr, wäre in ständiger Bedrängnis und Unruhe, dass sie verletzt werden könnte - diese Sorge war beinahe greifbarer und mächtiger als die Möglichkeit, dass Ymir nur eine weitere Waffe in die Hand bekommen könnte… Natürlich hätte er sich jetzt selbst täuschen und diese Sorge nur einem unterhaltsamen Zeitvertreib zuschreiben können, einer Möglichkeit für seine Ziele, doch mochte er auch der Herr der Lügen genannt werden,- er wusste, dass es selten ratsam war, sich selbst zu belügen. Diese goldene Regel hatte er in letzter Zeit sträflich vernachlässigt,- in Bezug auf seine Heimat, die Verlockungen Thanos‘, seine Schuld am Eklat auf Midgard… Irgendwann hatte er die schönen Täuschungen der Wahrheit vorgezogen - selbst für sich - und damit dem funkelnden, sanften Gespinst von Illusion gestattet, seine Wirklichkeiten zu umhüllen,- die harten Wahrheiten, die so schmerzlich waren, dass man sich ihnen lieber nicht stellen wollte. Doch seit seiner Freilassung und seitdem er Gwendolyn kannte, brachte er Stück für Stück den Mut auf, das Netz aus verlockend funkelnder Täuschung abzustreifen, um die glanzlose Wahrheit dahinter zu betrachten,- es war schwer, es war hart, aber es war auch auf eine Weise befreiend und reinigend, die Loki selten gekannt hatte. Und so war er sich jetzt auch bewusst darüber, dass er die kleine Sterbliche durchaus schätzte und sie ehrlich mochte,- und dass ihr Verlust ein Loch in seine Brust reißen konnte, dessen er schwerlich Herr würde. Er war schuld am Tod so vieler Menschen, doch diesen einen Tod würde er nicht verschulden. Niemals. Loki konnte nicht riskieren, Gwen zu verlieren - er hatte einfach schon zu viel verloren. »Aber ich will nicht nur einfach herum sitzen! Ich will etwas tun, mich nützlich machen!« empörte sie sich dickköpfig und sah nach Unterstützung suchend in die Runde. »Ich habe wie jeder andere das Recht mich zu beteiligen, oder etwa nicht?« Ihre Stimme klang fast verzweifelt, eine Spur weit enttäuscht. Frigga und Sif sahen Gwen verständnisvoll an; wenn jemand den Drang verstehen konnte, nicht hinter den Männern zurückbleiben zu müssen, um für die Liebsten kämpfen zu können, dann waren es wohl diese beiden Frauen. Thor strich sich mit den Fingern betreten durch das blonde Haar, bevor er weich und einfühlsam einzulenken versuchte: »Ich kann dich verstehen, Gwendolyn. Aber Loki hat Recht. Wir wissen noch immer zu wenig über deine Fähigkeiten und wir können nicht riskieren, dass du womöglich Malekith in die Hände fällst. Du solltest dich vorerst wirklich aus allem heraushalten.« Dem Magier entlockte Thors Zustimmung und dessen plötzlich erwachter Verstand ein erleichtertes Aufatmen; zumindest würde Gwendolyn ihn nicht allein verachten, weil nicht nur er sie von diesem Kampf fernhalten wollte. »Aber…-« Sie wollte es doch tatsächlich wagen, erneut aufzubegehren; Gwens Dickkopf stand seinem kaum in etwas nach und ihre Unnachgiebigkeit erfüllte den Magier mit einer seltsamen Anerkennung, mit Stolz. Für einen Menschen war sie wirklich ungewöhnlich willensstark und entschlossen; so manch anderer hätte wohl nach allem, was sie in den letzten Tagen bereits durchgemacht hatte, liebend gern das Weite gesucht. Er konnte ihren Unmut sogar nachvollziehen und verstand, was sie antrieb, doch blieb er bei seiner Meinung, dass sie auf keinen Fall auf das Schlachtfeld gehörte,- wenn dann eher so weit weg davon wie nur irgend möglich. Auch die Alben wandten ihre Augen nun auf die Sterbliche, als würden sie diese zum ersten Mal bewusst wahrnehmen und Neugier glomm in ihren hellen, sternengleichen Augen. Loki konnte das sanfte Prickeln unter der Grenze seiner Kopfhaut spüren, als sie sich auf mentale Weise miteinander verständigten. Fandral wirkte amüsiert, während Hogun die Hände gefaltet hatte und diese starr betrachtete, um sich aus der Diskussion heraushalten zu können. Er wusste darum, dass es manches Mal klüger war zu schweigen und andere nicht in ihren leichtsinnigen Ideen zu bestärken. »Kein aber!« knallte Odins Widerspruch wie der Bug eines Schiffes in die aufgepeitschten Wogen und dämpfte Gwendolyns Starrsinn merklich ab; sie zuckte zusammen und biss sich unsicher auf die Lippe. »Meine Söhne tun gut daran, dir diesen Unfug auszureden, Gwendolyn aus Midgard. Auch ich werde nicht dulden, dass du unnötig nah an Malekith und seine Schergen herankommst. Diese Macht in dir darf nicht in falsche Hände geraten. Das ist ein zu großes Risiko, welches ich nicht eingehen werde.« fuhr der Allvater bestimmt fort und heftete seine harten Augen auf die Sterbliche, die auf ihrem Platz merklich zu schrumpfen schien. Allerdings war ihr Kinn noch immer störrisch erhoben. »Und was deine Bedenken die Sterblichen auf Midgard betrifft…« Odin strich mit starrer Miene über das Holz des Tisches, bevor er den Blick wieder hob. »…ich verstehe deine Gedankengänge, doch gibt es nicht viele, denen ich es zutraue, die Erde zu beschützen, wenn wir es nicht können. Nur diese Handvoll Männer und Frauen, die Thor seine Freunde nennt, werden vielleicht in der Lage dazu sein, die Wogen aufzuhalten, die unsere Streitkräfte nicht bändigen können. Ich brauche Direktor Fury und seine Krieger auf Midgard. Dort können sie den Menschen und sich selbst den größten Dienst erweisen.« Die Stimme des Allvaters verlor etwas an Härte und wurde sanfter, verständnisvoller,- wie ein Vater, der zu seinen Kindern sprach, die noch nicht um die Gefahren der Welt wussten. Seine Züge glätten sich und auch seine Lippen wurden nachgiebiger, als er Gwen nun ansah. »Dieser Kampf, der uns bevorsteht, ist definitiv nichts für Sterbliche. Die Erde ist noch jung, nicht bereit für solch einen Krieg und ihre Bewohner sind es erst recht nicht. Es wird selbst für Asgard eine harte Bewährungsprobe werden, denn niemals zuvor standen wir einem solchen Feind gegenüber und es ist unsere immerwährende Aufgabe, die Schwächeren zu schützen,- wir werden Schwert und Schild für die Sterblichen bilden. Unsere Schulden Midgard gegenüber sind noch nicht abgegolten…« Die letzten Worte, ob leise und ruhig gesprochen, trafen wie Pfeile auf Lokis Brust, ebenso wie der folgende Blick des Allvaters, dessen Auge wie ein Leuchtfeuer der Mahnung war. Die Miene des Magiers blieb unbeweglich, doch innerlich berührten ihn die Worte wohl, vor allem, da er die Wahrheit dahinter erkannte. Er hatte Asgard Schande bereitet,- seiner Familie und seiner Heimat. An diesem Frevel würden die Asen noch einige Zeit zu zehren haben. Als Götter stand ihnen nicht nur Macht und Ansehen zu, sondern auch die Bürde, geringere Geschöpfe zu behüten,- denn am Ende war es genau das, was sie erst zu Göttern machte. »Das wird dein Grab, wenn du dich nicht wieder erinnerst, wer du einst warst. Wenn du nicht lernst, die Schwächeren zu behüten und Achtung vor allem Leben zu haben, denn das ist es, was Götter tun.« Sifs Worte hallten erneut in seiner Erinnerung wieder und was er vor so vielen Monden noch als Schwachsinn abgetan hatte, musste er jetzt als wahr akzeptieren,- die Kriegerin hatte viel früher als er erkannt, worum es tatsächlich ging. In seinem Wahn hatte er über die Konsequenzen seines Handelns erst als letztes nachgedacht,- wenn überhaupt. Vielleicht hatte Gwendolyn einst recht gehabt, als sie davon sprach, dass es keine Schwäche war, sich Fehler einzugestehen. Loki hatte nur nie in Betracht gezogen, dass wahre Stärke darin bestehen könnte, das eigene Handeln kritisch zu hinterfragen und es nicht als selbstverständlich richtig anzunehmen. Selbst als Gott konnte man sich diesen Luxus nicht leisten… Odin besaß diese Fähigkeit,- er bedachte die Folgen seiner Entscheidungen für alle Beteiligten, denn er wusste, dass er als Allvater die Verantwortung für unzählige Leben trug. Er konnte - durfte - es sich nie leisten, persönliche Ziele und Ideale in den Vordergrund zu stellen, denn sein Handeln war wegweisend und bestimmend für alle neun Welten. Loki hatte diese Weisheit und Weitsicht einst auch besessen, bis sein eigener Schmerz und Zorn alles verschlungen hatte wie ein finsterer, bodenloser Abgrund. »Von welcher Macht sprecht Ihr eigentlich in Bezug auf die Sterbliche, Allvater?« hakte nun unerwartet einer der Uralben ins Gespräch ein; das Wesen neigte den Kopf auf eine sinnende Weise und betrachtete Gwendolyn forschend. Die Frage hatte nichts Argwöhnisches an sich, sondern klang ehrlich interessiert. »Wir fragen uns schon die ganze Zeit, wie sich ein Mensch den Platz an Eurem Tisch verdient gemacht hat.« Frigga und Odin tauschten einen kurzen Blick, woraufhin der Allvater kaum merklich den Kopf schüttelte und die Lippen der Königin eine unzufriedene, gepresste Linie bildeten,- Loki verstand Odins Vorsicht; noch immer wussten sie kaum etwas über Gwens Fähigkeiten und die Vanen hatten überdeutlich demonstriert, dass Asgard nicht nur Freunde in den neun Welten hatte. Obwohl Loki nun nicht gerade Alfheim fehlende Loyalität vorwerfen wollte, so war es doch sicherer, wenn weiterhin nur ein kleiner Kreis über die Sterbliche Bescheid wusste. Bevor sie nicht herausgefunden hatten, was es mit Gwendolyns Herkunft auf sich hatte, war es wohl besser Schweigen darüber zu bewahren. Vor allem darüber, dass sie nun wieder in Asgard weilte,- nicht auszudenken, wenn eine undichte Stelle diese Information an Malekith herantrug. Allerdings teilten wohl nicht alle im Raum diese Weitsicht. »Sie hat Sleipnir geheilt.« platzte Volstagg in unpassendem Stolz heraus und fing sich dafür einen Tritt unter dem Tisch von Sifs Stiefel ein, was den Krieger empört und verletzt schnaufen ließ. »Argh! Verdammt, was sollte das denn?!« polterte er los und kassierte daraufhin von Fandral einen Stoß des Ellenbogens zwischen die Rippen. Das und ein schneidender Blick von Thor ließen den rotbärtigen Krieger endlich verstummen. Die Alben wirkten irritiert und blinzelten fragend, doch Odin versuchte diese riskante Klippe mit harscher Selbstsicherheit zu umschiffen. »Gwendolyn Lewis besitzt ein paar außergewöhnliche Kenntnisse über die midgardische Heilkunst. Sie kann uns gute Dienste beim Pflegen unserer Verletzten leisten. Außerdem ist sie durch ihren Aufenthalt hier im Bilde über Asgard, seine Streitkräfte und Verteidigungslinien. Dieses Wissen sollte nicht in die falschen Hände geraten.« Gwendolyn sah ratsuchend zu Loki hinüber, der ihr allerdings mit einem winzigen Kopfschütteln und warnend zusammengezogenen Brauen verdeutlichte, dass es besser wäre, den Mund zu halten. »Einfache Heilkunst macht sie zu solch einem unschätzbar wertvollen Gut für Euch?« Alrik verengte die Augen in Misstrauen und rieb sich den wallenden Bart. »Das erscheint mir ein bisschen wenig, dass ihr alle solch ein Aufhebens um sie macht.« erklärte er unzufrieden. »Ihr habt recht…« mischte ich Frigga ein und trat entschieden nach vorn, ohne die Hand ihres Mannes zu beachten, welcher sie mit einem sanften Griff am Arm hatte zurückhalten wollen. »Das sind nicht die wahren Gründe, warum uns Gwendolyn Lewis so unsagbar wichtig erscheint.« erklärte sie freimütig. »Frigga…« Odins sanftes Wispern war vorsichtig und unsicher, doch die Königin hob eine Hand und unterbrach ihn bestimmt. »Genug der Geheimniskrämerei und des Argwohns. Wir erwarten viel von unseren Verbündeten in dieser Zeit und Vertrauen ist vielleicht das Einzige, was uns vor Malekith und seinen Truppen noch retten kann. Wir sollten offen miteinander reden und ehrlich sein.« Überraschenderweise suchte die Königin nun mit Thor und Loki Sichtkontakt; der Donnergott wirkte einen Moment unschlüssig und nachdenklich, doch dann nickte er kaum merklich. Loki verstand Friggas Ansinnen zwar, allerdings wäre es ihm persönlich auch lieber gewesen, wenn sie Gwendolyns Geheimnis noch eine Weile länger bewahrt hätten,- nicht zuletzt wegen Freya, die im Moment unberechenbar erschien. Trotzdem neigte er knapp das Haupt und gab widerwillig sein Einverständnis, immerhin bestand ja auch die Möglichkeit, dass eines der anderen Reiche etwas Näheres und Hilfreiches über Gwendolyns Herkunft wusste. »Ich glaube, dass Gwendolyn Lewis Inhalt einer Prophezeiung ist, die ich selbst von Skuld erfuhr…« eröffnete die Königin; daraufhin rollte ein atemloses Staunen durch den Raum,- es war allseits bekannt, dass sich die Schicksalsfrauen zurückgezogen hatten und kaum mehr gesehen wurden. Selbst der Feuerriese wirkte nun interessiert; vergessen hing die glimmende Pfeife in seinem Mundwinkel, während er den Ausführungen der Königin lauschte. Frigga begann in kurzen, knappen Sätzen die Vorkommnisse und Begebenheiten um die Sterbliche zu schildern,- sie erzählte von Skulds Weissagung, dem Angriff auf Asgard, Lokis Befreiung, der Heilung Sleipnirs und dem Winternachtsfest. Währenddessen konnte Loki förmlich spüren, dass Gwen sich immer unbehaglicher fühlte; im Mittelpunkt des Interesses zu stehen war offenbar nicht gerade ihre Stärke. Sie knetete die Hände im Schoß und wich den Blicken der Anwesenden aus,- ihr Gesicht spiegelte deutlich, dass sie sich wie ein Außenseiter, ein Sonderling, vorkam, den nun alle interessiert angafften. Er konnte ihr Unbehagen durchaus nachempfinden,- nicht selten hatte er dergleichen Blicke auf sich gewähnt, nachdem er sich seiner wahren Herkunft bewusst geworden war. Der Magier streckte seine Hand aus und umgriff mit seinen Fingern sanft die ihren, was ihr zumindest einen Teil der Anspannung zu nehmen schien; dankbar schickte sie ein scheues Lächeln zu ihm hinauf, obwohl ihre Finger kühl unter den seinen waren. Nachdem Frigga mit ihrer Ausführung geendet hatte, war es einen Moment still im Raum, bevor der Feuerriese als erster seine Stimme wieder fand. »Interessant. Äußerst interessant…« raunte Lord Uzzagar und ließ die glimmende Pfeife damit im Mundwinkel auf und ab hüpfen. »Und ihr wisst tatsächlich nicht, welchen Ursprungs diese ominöse Macht in ihr ist?!« hinterfragte er zweifelnd. »Nein, wissen wir nicht.« bremste Loki den Muspel kühl in seinem Misstrauen. »Unsere Suche auf Midgard verlief im Sand, bis wir auf ein Bildnis stießen, welches unweigerlich davon kündet, dass Gwendolyn Lewis offenbar von Asgard aus auf die Erde hinabgeschickt wurde.« Der Magier nickte seinem Bruder auffordernd zu, woraufhin Thor das Foto unter seinem Umhang hervorzog und über den Tisch zu Odin und Frigga hinschob. »Allerdings behauptet Heimdall noch immer felsenfest, dass er nichts von einem Kind weiß, welches er und nur er nach Midgard hinabgeschickt haben muss.« fügte Loki mit giftgetränkter Stimme an, doch der dunkelhäutige Wächter verzog noch immer keine Miene oder ließ Anzeichen von Reue erkennen,- entweder war er ein wirklich begnadeter Lügner oder aber sich tatsächlich keiner Schuld bewusst. Während der Allvater und die Königin, sowie alle anderen irritiert über diese Eröffnung schienen, bemerkte der Magier aus dem Augenwinkel, dass die Uralben seltsam bestürzt wirkten; ihre hellen Augen weiteten sich in verlorener Fassung und sie wechselten Blicke, die eine Spur zu hektisch wirkten, bevor Loki das bekannte Prickeln ihrer geistigen Unterhaltung auffing. Als er sie jedoch offen ansah, hatten sie sich gefangen und begegneten seinem Blick ruhig und besonnen, beinahe ungerührt, bevor sie unison ihr Augenmerk wieder auf den Allvater lenkten. Niemand anderem schien ihre Reaktion aufgefallen zu sein. »Wenn Ihr es wünscht, Allvater, so können wir unsere Bücher und Chroniken zu dieser Prophezeiung befragen.« boten sie hilfsbereit an. »Womöglich lässt sich dort etwas über diese rätselhafte Macht herausfinden.« Loki zog die Brauen kritisch zusammen; er hatte sich nicht getäuscht und sich dieses Verhalten definitiv nicht nur eingebildet. Offenbar wussten die Elfen mehr, als sie vorgaben,- nur warum hielten sie ihr offensichtliches Wissen zurück? Sie darauf anzusprechen hätte wahrscheinlich nichts gebracht, denn wenn sie hätten reden wollen, hätten sie es jetzt tun können; Loki würde abwarten müssen, um gegebenenfalls der Sache selbst auf den Grund zu gehen. »Das wäre hilfreich.« Odin betrachtete das Foto noch einen Moment lang,- ein Moment, in dem er einen kritischen und scharfen Seitenblick auf Heimdall warf, müder wirkte als noch zuvor, bevor er Gungnir entschlossen umfasste. »Bis wir näheres dazu in Erfahrung bringen konnten, wäre es das Beste, wenn die Informationen über die Sterbliche im kleinen Kreise bleiben würden. Ich muss darum bitten, dass die letzten Worte diesen Raum nicht verlassen werden…« forderte er. »Das versteht sich von selbst.« Alrik neigte zustimmend das Haupt und auch die Alben, sowie der Feuerriese versprachen ihr Stillschweigen. »Was wird nun aus den Vanen?« brachte Fandral nach einem Räuspern die Geschwister wieder in Erinnerung. »Die beiden scheinen mir nicht sonderlich vertrauenswürdig, doch wir werden Vanaheims Streitkräfte brauchen.« gab der blonde Krieger zu bedenken. »Ich werde bei Gelegenheit mit Freya reden.« bot Loki ergeben an, nachdem ihn Thors bohrender Blick förmlich zu diesem Einlenken gezwungen hatte. »Aber zuvor sollten wir Frey die Möglichkeit einräumen, seine Schwester zur Vernunft zu bringen. Er schien mir von ihren Plänen nicht sonderlich überzeugt zu sein.« Er kannte die beiden länger als alle anderen hier; zwischen den Geschwistern und ihm hatte sich im Laufe ihrer Kindheit ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, welches ihm nun hoffentlich helfen würde, die Wogen zu glätten, so es nötig sein sollte. Höchstwahrscheinlich hätte er noch die größten Chancen, bei Freya auf offene Ohren zu stoßen; Loki war sich ziemlich sicher, dass sie kaum mit einem anderen reden würde. »Nun, viel Erfolg dabei…« wünschte Uzzagar mit einem durchtriebenen Schmunzeln; offenbar kannte auch er das Temperament der Vanin mehr als genug. »Dann betrachte ich den Rat für den Moment als beendet.« schloss der Allvater die Sitzung. »Zeit für weitere Reden wäre ein Wagnis, welches nun wohl niemand eingehen will. Ich ließ Unterkünfte für alle Gesandten und deren Begleiter in Gladsheim stellen, welche euch meine Soldaten nun zeigen werden.« Auf einen klirrenden Stoß mit Gungnir hin öffnete sich die Tür zum Raum und einige der Palastwächter traten pflichtbewusst ein, um die Vertretern der Reiche zu ihren Räumlichkeiten zu führen. In dem Klirren von Rüstungen, dem Rascheln von Stoff und leisem Murmeln zerstreute sich die Versammlung. Odin wandte sich dem Donnergott zu, der sich gerade erhoben hatte. »Thor, ihr müsst euch so bald wie möglich auf den Weg machen. Nehmt euch, was ihr braucht und brecht auf. Und seid vorsichtig.« Der Allvater legte seinem Sohn eine schwere Hand auf die Schulter; brüchiger Zuspruch und Sorge in dieser Geste, welche sich in seinem ermatteten Auge spiegelten. »Ihr dürft nicht scheitern. Wir haben Welten, die zu uns aufsehen und unseren Schutz erwarten,- ich habe Söhne, die ich nicht verlieren will…« Thor umschloss die Hand seines Vaters mit der eigenen und drückte diese zuversichtlich. »Sei ohne Sorge, Vater. Wir werden nicht scheitern. Wir werden zurückkehren.« versprach er rau, doch bestimmt. »Hab Vertrauen.« Loki spürte den schweifenden Blick des Allvaters auf sich, doch er erwiderte ihn nicht, sondern scheute davor zurück wie der Schnee vor der wärmenden Sonne. Der Magier erhob sich mit Gwendolyn an seiner Seite und bedeutete ihr, den Raum zu verlassen, während er ihr folgte. Die Tapferen Drei und Sif blieben, um offenbar mit Thor die Details ihrer Reise zu besprechen. Auch Heimdall blieb zurück, denn der Allvater hatte ihn mit einem gebieterischen Wink zu einem Gespräch gebeten. Loki konnte die Sorge Odins einfach nicht glauben, nicht ertragen, da diese alles in Frage und Zweifel stellte, woran er die letzten Jahre geglaubt und sich so verzweifelt geklammert hatte,- Wahrheiten zerschlug, die für ihn zu einem stärkenden Gebet in seinem Exil geworden waren, um seinen fragwürdigen Antrieb nicht zu verlieren. Wahrheiten, die selbst jetzt noch Gewicht in seinem Geist besaßen… Er hatte sich mit der Abneigung Asgards abgefunden; mit der Verachtung Odins, der Geringschätzung seines Bruders, der fehlenden Akzeptanz von Thors Freunden,- irgendwann hatte er alles annehmen können, da er den Grund in seiner frevelhaften Herkunft sah. All das hatte ihm Wut und Ehrgeiz beschert - diese mächtigen Emotionen, die zu seiner Kraftquelle geworden waren, die ihn immer weiter getrieben hatten, ohne auch nur jemals daran zu denken, dem Schicksal klein beizugeben. Loki fürchtete sich,- er fürchtete, nur noch halb so stark zu sein, wenn er die Möglichkeit zuließ, im Unrecht gewesen zu sein und er konnte sich keine Schwäche erlauben. Nicht jetzt, am möglichen Ende aller Dinge und nun, da er feststellte, dass es gewisse Dinge für ihn gab, die er neben sich selbst beschützen wollte… Gwendolyn blieb stehen und sah über die Schulter zu ihm zurück, als würde sie intuitiv spüren, welche Gedanken in seinem Kopf Kreise zogen. Ein hereinfallender Strahl der schwächelnden Sonne streifte ihre Gestalt und tauchte ihr Haar in ein Flammenmeer; wie das letzte Aufbäumen vor dem herannahenden Winter war dieser Moment wie die Hoffnung des Sommers auf Wiederkehr und Loki konnte plötzlich erkennen, dass es Aussicht auf etwas Besseres gab… Die Tage waren dunkel, ihre Zukunft ungewiss, Ymirs Präsenz übermächtig und doch war dort ein Funken Zuversicht, den man nur entfachen musste, um ihn zu einem Sturm werden zu lassen,- die Vergangenheit des Magiers war ebenso gewesen, verzweifelt und aussichtslos und doch hatte das Licht Stück um Stück zu ihm zurückgefunden - in Form der Sterblichen, aber auch in Form seines eigenen, einst so klaren Verstandes und der unumstößlichen Wahrheit der Liebe seiner Familie. Loki schluckte, blieb stehen und verkrampfte den Kiefer, bevor er widerwillig über die Schulter zurücksah, getrieben von Blicken, die er bereits im Nacken gespürt hatte. Frigga stand an der Seite Odins, beide getaucht in das Licht des Sonnenstrahls, welcher verbissen gegen die nahende Kälte des Winters und sein Schicksal hinter grauen Schneewolken ankämpfte,- die Königin fing seinen Blick auf und schenkte ihm ein feines, liebevolles Lächeln, in dem kein Urteil lag. Keine Abscheu, keine Verachtung, nur die tiefe Liebe einer Mutter, die immer für ihre Kinder beten würde,- die es niemals müde wurde, an das Gute zu glauben und ewige Zuneigung wie ein Geschenk darreichte, für das keine Gegenleistung erwartet wurde. Odins Gesicht zeigte weniger Emotionen, abgestumpft und hart durch die vielen Jahre seiner Herrschaft, durch die Schrecken, die er hatte sehen müssen und die Entscheidungen, die zu fällen seine Bürde gewesen waren,- doch sein Auge öffnete sich wie ein Tor und offenbarte einen Mann dahinter, der ebenso Hoffnungen und Wünsche hegte, der es nicht verlernt hatte, zu fühlen und der durchaus Angst vor Verlust empfinden konnte. Diese Angst in Odins Auge zu sehen war wie ein Schock für Loki,- denn diese Angst galt ihm in jenem Augenblick und keinem anderen. Der Allvater war am Ende doch auch nur ein Vater, der um das Wohl seiner Kinder Sorge trug,- und diese Sorge machte keinen Unterschied zwischen der Verbundenheit durch Blut oder jener, die über viele Jahre des Zusammenlebens erwuchs. Dieser Moment der Erkenntnis war hart und schmerzlich; er riss die Hüllen des Magiers wie ein klauenbewehrtes Ungetüm herab und hinterließ ihn nackt und schutzlos dahinter, warf Fragen auf, die zuvor zu stellen er sich nie gewagt hatte. War ein Thron wirklich das Erstrebenswerteste im Leben? Das Einzige, was dieses eingebildete Loch in seinem Herzen füllen konnte? Konnten Macht und Herrschaft jemals dieses eigentümlich warme Gefühl ersetzen, welches sich verstohlen und hinterhältig in sein Inneres wühlte, als er das Herrscherpaar Asgards so vor sich sah,- seine Eltern, die ihm eine Chance gewährt hatten, entgegen aller Regeln und Widrigkeiten, als er verloren und verstoßen war von seiner eigenen Sippe? »Loki…« Thors tiefe Stimme riss ihn aus seinen Überlegungen und sein Blick schnellte flüchtig zu seinem Bruder, der durch den Raum auf ihn zukam. Gleichgültig wandte der Magier sich ab und war bereits im Begriff zu Gwendolyn aufzuschließen, als eine schwere Hand auf seiner Schulter ihn aufhielt; das Gefühl so erschreckend vertraut, so lang verstohlen vermisst. »Loki…warte…« erbat der Donnergott in rauem Ton, durch welchen die ernsthafte Befürchtung hindurchschimmerte, womöglich auf eine Mauer zu stoßen. Der Magier seufzte schwer, blieb aber stehen. Er fing Gwendolyns fragenden Blick auf und nickte ihr flüchtig zu. »Geh schon vor. Lass dich von einer der Wachen zu meinem Zimmer begleiten und warte dort auf mich. Ich werde dich dann aufsuchen.« wies er sie an. Er sah das aufmüpfige Blitzen in ihren Augen, die zögerlich zwischen Thor und ihm umhersahen, bevor sie mit einem kleinen, unzufriedenen »Okay…« einlenkte,- offenbar erkannte sie, dass nun nicht der Moment dafür war, den eigenen Kopf durchzusetzen, obwohl er genau diese Absicht hinter ihrer gefurchten Stirn lesen konnte. Ihr gefiel es definitiv nicht davongeschickt zu werden. Wahrscheinlich befürchtete sie, dass er sich gegenüber seinem Bruder wieder einmal durch fehlendes Benehmen und Feingefühl auszeichnen würde. Es würde gewiss noch ein hartes Stück Arbeit werden sie davon zu überzeugen, dass sie nicht mit nach Niflheim reisen konnte,- denn ohne Frage hatte sie vor, ihn davon zu überzeugen. Nachdem Gwen gegangen war straffte sich Loki und hob die Schultern; er wandte sich seinem Bruder nicht zu, doch allein die Tatsache, dass er blieb und abwartend verweilte, sollte seine Aufmerksamkeit ausdrücken. Die Wärme von Thors Hand verließ ihn, als jener seine Finger zurückzog. »Wirst du uns nach Niflheim begleiten, Bruder?« fragte der Donnergott ernst, angespannt, aber ohne zu wirken, als würde er tatsächlich eine Zustimmung erwarten. Loki zog seine Brauen irritiert in die Höhe, bevor er sich nun doch umdrehte und humorlos meinte: »Ich dachte, diese Entscheidung hättest du bereits für mich getroffen…Bruder?!« Er wollte die gewohnte Verachtung in jenes letzte Wort legen, doch es gelang ihm nur halbherzig,- irgendwo in sich drin empfand er immer noch Enttäuschung über den Gedanken, dass Thor ihn nur deshalb zurückgeholt hatte, weil er seine Fähigkeiten brauchte. Allerdings konnte er ihn auch verstehen - der Donnergott mauserte sich langsam aber sicher zu einem wahren Anführer, der die nötigen Entscheidungen bereit war zu fällen. Genau das hatte er all die Jahre über von Thor erwartet, allerdings auch gefürchtete,- denn wenn sein Bruder zu einem Herrscher heranreifte, so würden seine Bemühungen Asgard vor seiner kopflosen Herrschaft zu beschützen Stück für Stück hinfällig. Ein weiterer Antrieb, der wie eine lose Stufe unter seinem Stiefel zu zerbröseln schien - seltsamerweise machte ihn das in diesem Augenblick allerdings nicht schwächer, sondern erfüllte ihn mit Respekt und Anerkennung, die er eigentlich gar nicht für seinen Bruder empfinden wollte… Thor verzog die Lippen zu einem schwächlichen Lächeln und senkte den Blick kurz. »Du weißt, dass wir ohne dich so gut wie keine Chance haben. Ich kann dich aber auch schlecht zwingen.« Zögerlich sah er wieder auf und ließ einen flüchtigen Funken Schalk in seinen Sturmaugen erkennen. »Obwohl ich so manches Mal gern mit Mjölnir auf dich eingeprügelt hätte…« gestand er unter einem zerbrechlichen Schmunzeln. Loki stieß ein spöttisches Schnaufen aus. »Als ob das je etwas gebracht hätte…« Ihre Blicke trafen sich und fast war es wieder wie früher zwischen ihnen, bevor die Geschehnisse der Vergangenheit ihnen das Lachen aus den Gesichtern gestohlen hatten. Thors Mundwinkel zuckten wehmütig. »Nein… nein, wahrscheinlich nicht…« lenkte er ergeben ein, schwermütig der leichteren Tage gedenkend, bevor er wieder ernst wurde und näher herantrat, sodass die anderen ihn nicht hören konnten. Frigga und Odin hatten den Raum inzwischen mit Heimdall verlassen, nur Thors Gefährten waren zurückgeblieben. »Ich brauche dich für diese Aufgabe. Ohne dich ist jegliche Hoffnung vertan…« Thors Kiefermuskeln verspannten sich und er holte tief Luft, bevor er leiser, doch nicht weniger ehrlich anfügte: »Ich kann das ohne dich nicht schaffen, Loki. Ich brauche dich. Nicht nur deine Magie und dein Wissen,- dich, mein Bruder, an meiner Seite.« Thors Augen waren plötzlich so eindringlich und flehend, dass Loki dem fast nicht standhalten konnte,- er fühlte sich in jenen Augenblick auf Midgard zurückversetzt, als der Donnergott ihm die Hand gereicht, ihn angefleht hatte, seinen Wahnsinn gemeinsam zu beenden. Damals hatte er die falsche Entscheidung getroffen, hatte seinem Bruder einen Dolch zwischen die Rippen gejagt und sich selbst damit verdammt. Und trotz dieser Tat, trotz dieser vielen Monde zwischen diesem Moment und jenem jetzt wurde Thor es nicht müde, an ihn zu glauben,- niemals der Bemühung überdrüssig, den angestammten Platz an seiner Seite für den Magier freizuhalten. Loki presste die Zähne aufeinander und verhärtete seine Züge unter der wesentlich leichteren Unbarmherzigkeit. »Hör auf, Thor. Hör auf, mich mit solch blumigen Worten blenden zu wollen,- das war noch nie deine Stärke, sondern meine. Du hast deine Freunde. Du hast Sif. Frigga und Odin.« entgegnete er in kühler Gewissheit. »Du hast ganz Asgard, was dir zu Füßen liegt und folgt. Du brauchst mich nicht. Das hast du noch nie…« fügte er in giftiger Kränkung an, die er noch immer kaum aus seiner Stimme heraushalten konnte,- er wusste, dass er sich irrational verhielt, falsch lag und das machte das Ganze nur noch viel schlimmer. Noch immer war es schwer, so schwer, gerade vor seinem Bruder die eigene Torheit einzugestehen. »Das ist nicht wahr. Du weißt, dass das nicht stimmt!« Der Donnergott zuckte getroffen zurück, schüttelte unverständig den Kopf, bevor seine Hand vorschoss und Loki am Oberarm ergriff, diesen zu sich heranzog. »Meinst du wirklich noch immer, die Liebe unserer Eltern gehört nur mir allein?! Hör endlich auf, dich wie ein albernes Kind aufzuführen und lass ab von diesen eingebildeten Kränkungen! Fang an, die Wahrheit zu sehen!« fauchte Thor unter nun brüchiger Beherrschung. »Du kannst so viel mehr sein, wenn du dich endlich los machst von der Vergangenheit und diese ruhen lässt. Du bist mehr wert, zu mehr fähig, als du dir selbst zugestehst, Loki. Erkenne das endlich. Du hast alles, was du mir neidest, vor deiner eigenen Nase, nur bist du zu blind, es zu sehen!« Fast verzweifelt starrte der Donnergott schwer atmend auf ihn herab, seine Finger gruben sich hart in das Leder von Lokis Rüstung und erzwangen dessen Aufmerksamkeit. »Verdammt, wie lange willst du noch so weitermachen, Bruder?! Wie lange willst du dich in dein Selbstmitleid zurückziehen und deine Wunden lecken, anstatt dich deinen Taten zu stellen?! Wie lange soll es dich noch mit Befriedigung erfüllen, gegen mich zu kämpfen, anstatt mit mir?!« Unvermittelt ließ Thor ihn los, riss Mjölnir von seinem Gürtel und ließ den Hammer mit einem Krachen auf den Boden fallen, wodurch alle Augen der Zurückgebliebenen sich auf sie beide richteten. Lokis Lippen verzogen sich zu einem zögerlichen Grinsen, breit und furchtbar falsch in seiner Genugtuung und dem zuversichtlichen Triumph,- so falsch, dass er das Spannen in den Mundwinkeln selbst als abstoßend empfand. Volstagg und Fandral wollten an Thors Seite treten, doch der Donnergott hielt sie mit einer Handbewegung auf Abstand, wodurch seine Freunde unsicher stehen blieben; Sif wirkte gehetzt und bereit sich sofort auf Loki zu stützen, doch Hogun packte ihr Handgelenk, als sich ihre Finger bereits um den Griff ihres Speeres schlossen und schüttelte den Kopf; der Krieger schien zu begreifen, dass dieses Gespräch zwischen den beiden Brüdern längst überfällig war. Thor breitete die Arme aus und sah Loki herausfordernd an. »Hier stehe ich, Bruder. Beende es jetzt, wenn du willst. Tilge mich aus deinem Schicksal und erfahre, ob du nachher mehr Freude und Glück empfinden wirst. Finde heraus, ob mein Dasein allein schuld an deinem Schmerz trägt!« grollte er provozierend. Loki stieß ein hartes, humorloses Lachen aus und hob seine Brauen. »Das sieht dir ähnlich, mich im Kreis deiner Lieben herauszufordern, wo die drohende Vergeltung schon im Rücken wartet.« zischte er gehässig, die Worte nicht so geschliffen, wie sie hätten sein sollen, da seine Zunge das Beben der Unsicherheit verspürte. »Lasst uns allein…« verlangte Thor daraufhin sofort, doch seine Freunde sahen sich nur unschlüssig an und weigerten sich, seinen Worten Folge zu leisten. »Lasst uns allein!« bellte der Donnergott seinen Befehl gereizt und endlich setzen sich alle Verbliebenen, wenn auch zögerlich und widerwillig, in Bewegung und verließen den Raum. Hogun war der Letzte, der Sif nach draußen schob und die Tür dann hinter sich schloss. Die Brüder blieben allein zurück,- Stille umhüllte sie, angefüllt mit dem brodelnden Atem Thors und Lokis eigenem Herzschlag, der wie das Tosen der Brandung in seinen Ohren klang. Der Magier war wie erstarrt und rührte sich nicht; seine Gedanken rasten, ebenso wie sein Herz, welches wie kaum etwas anderes zwiegespalten in seiner Brust schlug. Er verspürte tatsächlich die Verlockung des Donnergotts Vorschlag zu folgen, um sich von dessen Schatten zu befreien,- und diese Erkenntnis versetzte ihn in Panik. Diese entsetzliche Vision, Thors Körper zerschlagen und leblos vor sich zu sehen, sollte ihm nicht gefallen,- er hatte lang nicht mehr gewusst, was falsch und richtig war, doch nun erkannte er ohne Mühe, dass dieses Gefühl nicht das seine war. Er sollte keine Befriedigung bei dem Gedanken empfinden, seinen Bruder zu töten,- und als er weiter in sich lauschte, wusste er, dass er es auch nicht tat. Er wollte Thor nicht wirklich töten, hatte es nie gewollt - diese Gedanken waren erst unter seinem Wahnsinn und Thanos‘ listigen Worten wie ein krankes Geschwür in seiner Brust gewachsen. Er hatte Thor immer verachtet für alles, was der scheinbar so mühelos vollbrachte,- die Liebe, die ihm immer so freimütig und leicht zugefallen war; hatte ihm sein unbekümmertes Wesen und die Anerkennung des Allvaters missgönnt, aber gehasst hatte er ihn nie. Thors Tod hätte nie etwas geändert, ihn zu töten würde nie etwas ändern,- denn er selbst würde noch immer derselbe sein; er und seine Sichtweisen waren das Problem, nicht Thor. Der Donnergott trat zornig nach vorn, unzufrieden durch die Regungslosigkeit des Magiers; er packte Loki an den Aufschlägen seiner Rüstung und zerrte ihn förmlich zu sich heran, sodass dieser die verräterischen Anzeichen von brechender Stärke in den verzweifelt angefüllten Augen seines Bruders sehen konnte. »Bei den Nornen - tue es endlich, Loki!« schrie Thor fast und schüttelte ihn in einer verbittert wirkenden Geste. Seine Finger gruben sich wie Stahlfesseln in das Leder, welches er umklammert hielt. »Beende es, wenn es dich glücklich macht. Nur versprich mir, dass du dich um Asgard kümmern wirst. Um unsere Freunde…unsere Eltern…unsere Heimat…« Plötzlich schien sämtliche Kraft aus dem Donnergott zu weichen und er sackte gegen Loki, ließ seine Stirn auf dessen Schulter fallen; unter der unerwarteten Nähe versteifte sich der Magier, hatte er seinen Bruder auch noch nie so verzweifelt erlebt. »Ich ertrage diese Kluft zwischen uns nicht mehr…« hauchte der neben Lokis Ohr, so leise, dass der Magier sich anstrengen musste, die Worte zu verstehen. »Ich kann nicht stark sein für Asgard, wenn du mich noch immer hasst. Ich kann es nicht, Loki. Ich brauche meinen Bruder, jetzt mehr denn je. Ich kann Malekiths Schrecken, Hels Heer nicht ohne deine Hilfe abwehren. Ich kann nicht Ymirs Angriffe abfangen, die Truppen anführen und unsere Freunde beschützen, einen Schild für unsere Heimat bilden, wenn ich deinen Hass im Rücken spüre und immer ein Auge auf meine Flanke haben muss, um deinen Dolchstoß zu erwarten…so kann ich nicht kämpfen. So können wir nicht gewinnen…« endete Thor schwach. »Er kann doch gar nicht anders als der Liebling des Volkes zu sein, weil sie genau das von ihm erwarten. Und du solltest diese Position nicht unterschätzen, Loki. Thor kann sich keine Fehltritte erlauben, weil man ihm ständig auf die Finger schaut. Man erwartet immer die richtigen Entscheidungen und Worte von ihm. Er hat es bestimmt auch nicht leicht.« Unvermittelt erinnerte sich der Magier an Gwendolyns Worte und musste erkennen, dass diese durchaus der Wahrheit entsprachen,- Thors Bürde wog schwer, war die Hoffnung all jener, die zu ihm aufsahen. So war es schon immer gewesen,- Loki mochte sich nicht einmal vorstellen, welch ungeheuerlichen Druck diese Aufgabe bedeutete, doch statt den Pfad des Kriegers zu wählen, hatte Thor offenbar den wesentlich härteren Weg des Herrschers eingeschlagen. Loki schloss die Augen, blendete alles aus, was sie umgab, bis nur Thors kraftloser Körper blieb und dessen zittriger Atem an seinem Hals; der Herzschlag seines Bruders, nah seines eigenen, so ähnlich, so gleich - kein Unterschied war auszumachen zwischen dem Herzen eines Jotunen und dem eines Asen. All diese Unterschiede, die er die Jahre über geglaubt hatte zu sehen, waren seiner eigenen Phantasie entsprungen,- und dieses Wissen war wie ein beklemmendes Stahlband um seine Brust, welches ihn in diesem Moment zu ersticken drohte. Er fühlte sich müde, so schrecklich müde und zerschlagen von den Wirren des Schicksals. Der Donnergott zeigte sich machtlos wie selten zuvor und doch konnte Loki keine wahre Befriedigung darüber empfinden,- nicht mehr. Er hatte immer geglaubt, dass genau dieser Moment es wäre, wonach es sich zu streben lohnte; dass ihn Thors Schwäche für alles entschädigen würde, was er geglaubt hatte, erdulden zu müssen. Doch nun er musste erkennen, dass er falsch gelegen hatte,- Thors Verzweiflung hinterließ nur das Echo einer kalten, schmerzenden Leere in seinem Herzen, die nicht in der Lage war, irgendetwas zu füllen oder besser zu machen. Der Magier hob zögerlich eine Hand, ließ die abwehrende Anspannung aus seinem Körper gleiten und bettete Thor die Finger auf der Schulter; barg dessen gramgebeugte Gestalt und seinen Schmerz unter dieser vorsichtigen, flüchtigen Geste, die kaum einen Wimpernschlag andauern wollte und flüchtig wie die Hoffnung war. Und doch musste sein Bruder sie gespürt haben, denn er holte tief Luft und nickte kaum merklich, so leicht, dass es sich wie ein Windhauch anfühlte, als Thors Haare seine Wange streiften. Es war eine stille Übereinkunft,- noch kein Frieden, doch ein Stück weit dieser Vertrautheit, die es ihnen schon früher gewährt hatte, sich ganz ohne Worte zu verständigen. »Packt eure Sachen und bereitet euch auf die Abreise vor. Ich werde zu euch stoßen, nachdem ich mit Gwendolyn gesprochen habe.« brachte Loki abgeklärt heraus, kühl und emotionslos, die Stimme so poliert und bestimmt wie immer. Er äußerte sich nicht zu den vorangegangenen Worten; tat, als hätte es sie nie gegeben, keine solch heikle Situation, doch wusste er, dass Thor dies auch niemals erwartet hatte,- sein Bruder würde verstehen, dass diese Bereitschaft zu ihrer Reise mehr bedeutete, als ein Schuldgeständnis es je getan hätte. Thor würde verstehen, dass er keine tröstenden, sanften Worte von Loki zu erwarten hatte, keine Versöhnung…nicht jetzt. Jetzt noch nicht. Denn der Magier fürchtete um seinen eigenen Stolz, um seine Gefühle, seine Beherrschung, als er sich nun von Thor löste, ohne ein weiteres Wort abwandte und die Tür öffnete,- jeder Schritt wie ein Beben, welches seine Beine nach oben kroch und seine Gestalt zu zersprengen drohte wie ein herabfallender Regentropfen auf dem harten Asphalt. An diesem Wendepunkt seiner Gefühle war er zuerst seiner eigenen Seele verpflichtet, denn ihm graute vor dem unkontrollierten Zittern, welches nun seine Glieder erklomm und ihn die Hände zu Fäusten ballen ließ, als er sich seinen Weg durch die Gesandten in der Halle des Thronsaales nach draußen bahnte. Im Moment war es genug, dass er endlich erkennen konnte, dass sein Bruder Recht hatte. Nur vereint wären sie stark genug, um das zu schützen, was sie beide verband und liebten,- ihre Heimat. Loki ließ sich Zeit damit sein Zimmer aufzusuchen; seine Füße kannten den Weg, doch sein Kopf folgte erst verzögert hinterher,- seine Gedanken waren wirr wie Friggas Nähgarn, was Thor und er in Kindertagen oft aus Spaß durcheinandergebracht und in ein wildes Chaos aus Farben und Knoten verwandelt hatten. Die Gänge waren weitestgehend verwaist, da wohl die meisten Soldaten und dienstbaren Asen noch immer im Thronsaal weilten, um die Gäste Odins zu versorgen; der Magier war dankbar dafür, denn er benötigte ein paar Momente für sich allein - ein paar stille Augenblicke, in denen er die Geschehnisse der letzten Stunden verarbeiten und ordnen musste. Die vertraute Einsamkeit umhüllte ihn wie ein längst vermisster Freund und obwohl die Zeit drängte, gestattete er sich an der steinernen Balustrade des Ganges stehen zu bleiben und auf den an Gladsheim angrenzenden See hinauszublicken. Das Wasser war dunkel und still, von hauchfeinen Frostfingern überzogen, die im Schein der Abenddämmerung sanft glänzten,- nur ganz vereinzelt trieb der seichte Wind die Äste der kahler werdenden Bäume auseinander und ließ damit verirrte Lichtreflexe aus Grau und Rot wie Irrlichter über den See wabern. Dürre Blätter rauschten über den Boden des leeren Ganges, strichen um Lokis Stiefel und türmten sich dort zu raschelnden Mahnmalen des eilig schwindenden Sommers. Die oft benannte Ruhe vor dem Sturm schien über Asgard zu liegen. An den See schloss sich ein kleiner, wild umwachsener Rosenteich an, auf dem die letzten, einsamen Blüten tapfere Farbklekse in dem trüben Wasser bildeten. In Loki kroch eine Erinnerung hoch, eine von jenen, die er lange verdrängte,- wie Thor und er hier gespielt hatten, jung und weit entfernt von den Männern, die sie jetzt waren. Sie hatten sich um den Teich gejagt, während Frigga auf einer Bank in der Nähe gesessen und sie mit einem Lächeln beobachtet hatte; ihre geschickten Finger hatten eine Nähnadel geführt, welche eine reich verzierte Tunika für Lokis Geburtstag gezaubert hatte. »Komm schon, Bruder, gib nicht auf! Oder willst du dir diese Niederlage wirklich eingestehen, gegen deinen kleinen Bruder verloren zu haben?« provozierte Loki den jungen Donnergott, der sich immer so herrlich aus der Fassung bringen und von seinem Hitzkopf leiten ließ. Der dunkelhaarige Junge ließ eine Illusion von sich verblassen, als sein Bruder diese fast erreicht hatte. Thor blieb frustriert stehen, stützte die Hände auf die Knie und verschnaufte mürrisch. »Ach komm schon, Loki. Das macht keinen Spaß. So wirst du mir immer entwischen. Wie soll ich dich je von deinen Trugbildern unterscheiden!?« Sein kleiner Bruder beherrschte die Kunst der Magie wirklich wie kein anderer; verstohlener Stolz erfasste den Donnergott. »Lass uns lieber auf den Trainingsplatz zu den anderen gehen.« versuchte Thor den jungen Loki nun zu locken. »Fandral hat Met aufgetrieben und wir wollten doch heute Abend mit dem Degen kämpfen üben…« flüsterte er in kindlicher Verschwörung. Loki stemmte die Hände in die Hüften und sah mit hochgezogener Braue auf seinen Bruder herab. »Das können wir gern tun…sobald du mich erwischt hast. Oder soll ich Sif erzählen, dass du bei der Jagd nach mir aufgegeben und wie eine alte Frau gekeucht hast?!« stichelte der Junge grinsend. Der Kopf des Donnergottes schoss nach oben, Ehrgeiz und die Angst vor der Demütigung stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Niemals!« Entschlossen stürzte er nach vorn, siegesgewiss auf Loki zu. Der junge Magier bediente sich freudig seiner neu gewonnenen Fähigkeiten und ließ Thor in sein erschaffenes Trugbild krachen; die Illusion löste sich in Luft auf und der Donnergott taumelte mit wild rudernden Armen, bevor er mit einem lauten Platschen in den Teich fiel. Loki wandte sich vor Lachen und kicherte über das grimmige Gesicht seines Bruders, der eben tropfnass und prustend ans Ufer kroch. »Ach Thor, wann wirst du jemals nicht darauf hereinfallen?« fragte er triumphierend, allerdings auch eine Spur mitfühlend. »Du darfst nicht immer sofort losstürmen und dich von deinen Gefühlen leiten lassen. So oft habe ich dir das schon erklärt.« mahnte er an. Thor zog sich schnaufend aus dem Wasser und bedachte seinen Bruder mit einem ärgerlichen Blick. »Jaja, ich weiß…und ich habe dir schon so oft gesagt, dass du nicht immer mit ehrlosen Mitteln kämpfen sollst.« Die leisen Schritte Friggas näherten sich über den Rasen und Loki versteifte sich unter der Erwartung einer Standpauke, doch die Königin blieb nur schmunzelnd neben ihm stehen. »Dein Bruder kämpft nicht ehrlos, Thor. Er bedient sich nur der Waffen, die ihm zur Verfügung stehen.« erklärte sie dem Donnergott gelassen, bevor sie sich zu Loki herabbeugte und nur für ihn sanft wisperte: »Du bist klug, mein Sohn. Besonnener und scharfsinniger als Thor, das warst du schon immer. Doch gerade deswegen solltest du deinen Bruder nicht narren, sondern ihn beschützen und über ihn wachen. Er wird dich noch brauchen, dich und deinen Verstand.« Friggas Worte hallten in Lokis Ohren wie das Flattern sich entfernender Flügelschläge nach; die Erinnerung entfloh wie ein Vogel in die herabfallende Abenddämmerung,- wie ein Stein, der in der düsteren Tiefe des Sees verschwand, nichts als die bloße Ahnung, die Oberfläche in Aufruhr versetzt zu haben. Der Magier löste sich von der Balustrade und dem steinernen, kalten Geländer, welches er unbemerkt so fest umklammert hatte, dass ihm die Finger schmerzten,- jene massierte er geistesabwesend, als er nun die restlichen Schritte zu seinem Zimmer endlich nahm. Er wusste, dort würde der nächste Kampf auf ihn warten,- und wenngleich er in der Vergangenheit die Herausforderungen eines geistigen Duells, die Finten und Hiebe von wörtlichen Feinheiten und gedanklichen Kunststücken geradezu geliebt und genossen hatte, so wäre ihm nun ein Waffenkampf mit seinen Dolchen wesentlich lieber gewesen… Er fühlte sich müde und ausgelaugt; Schwächen, die er sich schwer zugestehen konnte, doch nichtsdestotrotz besaß. Seine Aufmerksamkeit war erschöpft und seine Konzentration verlangte eine Pause,- doch die würden ihm wohl weder Malekith, noch die kleine, rothaarige Menschenfrau gewähren, welche hoffentlich hinter der Tür auf ihn wartete,- bei ihrem Eigensinn war das immerhin keine Gewissheit. Entschlossen öffnete er die Tür zu seinen Gemächern und seine Augen suchten das Zimmer beinahe sogleich nach Gwens vertrauter Gestalt ab,- früher waren ihm seine Räume immer ein Hort der Zuflucht und Ruhe gewesen; ein Heiligtum, was kaum jemand sonst betreten durfte. Nun war es eigentümlich sich nicht durch die Anwesenheit eines anderen hier gestört zu fühlen, sondern diese vielmehr zu erwarten. Gwen hatte in seiner Leseecke Platz genommen, sprang aber sofort unruhig auf, als Loki eintrat,- sie hatte die Kerzen im Raum entzündet, diese verbreiteten ein warmes, angenehmes Licht und vertrieben die Trostlosigkeit der Abenddämmerung. Ihre Hände hatten sich halbherzig mit einem Buch beschäftigt, welches sie nun aber rasch beiseitelegte, bevor sie ihm abwartend entgegen sah. Abschätzend verfolgte sie jede seiner Bewegungen; ihr war anzusehen, dass sie offenbar Sorge trug, er wäre erneut mit seinem Bruder in Streit auseinandergegangen. Loki schloss die Tür leise hinter sich, bevor er den Blick der Menschenfrau erwiderte,- dies schien für sie wie ein Stichwort zu sein, denn sie straffte sich und kam ihm dann langsam entgegen. »U-und…ist alles in Ordnung?!« erkundigte sie vorsichtig. »Wirst du mit Thor und den anderen nach Niflheim gehen?« Es war eine zaghafte Frage, doch nicht unüberlegt gestellt; wahrscheinlich hatte sie die Wartezeit genutzt, um sich bereits mit diesem Umstand auseinanderzusetzen. Gwen wirkte auf eine eigenartige Weise gefasst, die Loki noch nicht recht zuordnen konnte,- doch er erkannte an dem rascheren Takt ihres Pulses, der sich in der Kuhle unter ihrer Kehle widerspiegelte, dass sie etwas beschäftigen musste. Ihr ganz eigener Duft war durch eine fremde, schwere Nuance verfälscht. »Ja, das werde ich.« bestätigte er mit einem knappen Nicken, bevor er an ihr mit langen Schritten vorbeitrat, um zu seinen Bücherregalen hinüberzugehen; es wäre besser, sich gebührend auf diesen Ausflug vorzubereiten und noch ein wenig Wissen, sowie magische Utensilien zusammenzusuchen, die ihnen im Notfall womöglich das Leben retten konnten. Er holte ein Beutelchen mit Kräutern aus einem Schubfach und verstaute dieses in einer Innentasche seines Mantels. Gwen blieb stehen und zupfte mit den Händen am Saum ihres wieder mal viel zu großen Pullovers, der hier und da bereits Fäden zog und die deutlichen Spuren der letzten, ereignisreichen Stunden trug,- dies schien ihr auch bewusst zu werden, denn ihre Wangen röteten sich auf eine fast beschämte Weise, während sie fahrig über den schmutzigen Stoff strich. »Okay…das ist gut. I-ich glaube, Thor braucht dich wirklich. Er sah unheimlich erledigt aus. So hab ich ihn noch nie gesehen. Das alles scheint ihm unheimlich zu schaffen zu machen…« sinnierte sie leise, als wollte sie ihn in seinem Entschluss bestärken,- oder sich selbst davon überzeugen. Eine eigenartige Anspannung schien zwischen ihnen im Raum zu schweben. »Wann werdet ihr aufbrechen?« Loki hatte begonnen, die langen Reihen seiner Bücher zu durchforsten,- sein Zeigefinger fuhr über die antiken, ledernen Buchrücken auf der Suche nach den vertrauten Titeln, die er noch einmal zu Rate ziehen wollte, um sein Wissen aufzufrischen. »So bald wie möglich. Wahrscheinlich noch heute.« erklärte er gedankenversunken, als er eines der Bücher aus dem Regel zog und flüchtig darin blätterte. »Oh…so bald schon…« hauchte sie gedehnt. Gwens Stimme klang überrascht, beinahe ein wenig erschrocken, als hätte sie sich eigentlich eine andere Antwort gewünscht. »Loki…?!« Eine zaghafte Hoffnung begleitete dieses eine Wort als Anfang einer lauernden Bitte. »…ich hätte da eine Frage…« Der Magier klappte das Buch in seiner Hand vernehmlich wieder zu und schloss die Augen für einen winzigen Moment; Spannung erwuchs in ihm, die er zu unterdrücken suchte. Ihm wurde schleichend bewusst, dass er den Blickkontakt mit Gwen mied und sich als Ausflucht in das Packen seiner Utensilien stürzte,- er scheute vor dem drohenden Konflikt mit ihr zurück und verspürte die schleichenden Ausläufer lähmender Kälte, als er an den unweigerlich herannahenden Augenblick des Abschiedes dachte. So rückgratlos erkannte er sich selbst kaum wieder. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte er sich entschlossen, die Menschenfrau zu behalten,- für sich entschieden, dass sie ihn immer begleiten sollte, weil ihm ihre offene Art gefallen hatte; weil sie ihn fordern und zum Nachdenken bringen konnte. Seine Besitzgier und sein von Natur aus unnachgiebiges Wesen hatten das verlangt, allerdings seine Gefühle nicht bedacht, von denen er lange geglaubt hatte, sie vergessen und verlernt zu haben. Das Problem nun war,- er hatte die Fähigkeit für Emotionen ganz und gar nicht verloren, nur unterdrückt. Und je mehr er Gwendolyn kennenlernte und mochte, desto mehr wollte er sie in Watte packen und beschützen. Wenn nötig auch vor seinen eigenen Ansprüchen und Wünschen… »Nein.« schmetterte er ihr weiteres Luftholen mit der nötigen Härte ab und stellte das schwere Buch zurück in die Reihe seiner Geschwister, bevor er nach dem nächsten griff und mit diesem zu seinem Schreibtisch hinüber ging. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie Gwen die Schultern hängen ließ und ärgerlich die Lippen verzog. Zwischen ihren Brauen bildete sich eine finstere Falte, die gar nicht zu ihrem zarten Gesicht passen wollte. »Du weißt doch noch nicht einmal, was ich dich fragen wollte…« klagte sie zwar empört, doch recht halbherzig an, als wäre ihr eigentlich bereits klar, dass es sinnlos war, etwas vor ihm verbergen zu wollen. Loki legte das schwere Buch auf dem Schreibtisch ab und schlug es an einer markierten Stelle auf, bevor er eine der Kerzen über das Holz heranzog, um den Schein über die altehrwürdigen Seiten zu schicken. Er hob endlich seinen Blick, um Gwen überzeugt anzusehen, während er beide Hände auf den Tisch vor sich stützte. »Doch. Allerdings. Du wirst mich gleich fragen, ob du uns nach Niflheim begleiten kannst und meine Antwort ist „Nein.“« erklärte er ihr ruhig, aber unnachgiebig. Die Schwingen seiner Brauen beschrieben eine hartnäckig entschiedene Linie. Der Magier bemerkte selbst, dass er Gwendolyn gegenüber wieder ungewöhnlich kühl wurde, doch er hielt dies für nötig, um bei seinem Standpunkt zu bleiben und sie von ihrer schwachsinnigen Idee abzubringen. Leider hatte er eine ganz beachtliche Schwäche für die kleine Sterbliche entwickelt und es fiel ihm bei weitem nicht so einfach ihre Bitte abzulehnen, wie er es bei jedem anderen womöglich mühelos vollbracht hätte. Sie warf die Arme unzufrieden in die Luft und trat näher an seinen Schreibtisch heran; der Schein der Kerze beleuchtete ihre Wangen, die nun aufgeregt gerötet waren. »Und was soll ich stattdessen machen?!« Ihre Hände beschrieben einen weitläufigen Kreis, die Geste fahrig und vernichtend. »Hier sinnlos herumsitzen und warten, während ihr euch für das Wohl aller in Gefahr bringt?! Das will ich nicht, Loki. Ich will mitkommen…« Sie war vor seinem Schreibtisch stehengeblieben, während er ihr abschätzend entgegen sah. »Ich kann euch helfen…« meinte sie nun beschwörend und versuchte ihre Strategie zu ändern; verwies dabei auf die geheimnisvolle, doch mächtige Kraft, die sie besaß. »Wenn jemand verletzt wird-« »Du weißt ganz genau, dass du diese Macht in dir nicht mehr gebrauchen sollst.« mahnte er scharf an; schärfer als beabsichtigt, da er die Risiken bestens kannte, die sie wohl stur ignorieren wollte. »Das könnte dir erheblichen Schaden zufügen.« Er versteifte sich, seine Züge wurden finster und er versuchte sie allein durch seine bedrohliche Haltung zum Rückzug zu zwingen; er hatte es oft gezielt vermocht, andere allein durch seine Aura einzuschüchtern, doch seine Sterbliche war offenbar wild entschlossen, ihm die Stirn zu bieten. Er hätte es wissen können, dass sie sich allein von seiner Anwesenheit schon lang nicht mehr verängstigen ließ. »Ich muss es ja nicht übertreiben. Du könntest mich anleiten wie du es schon einmal getan hast…« wiegelte sie ab, versuchte rasch einzulenken. Allerdings wirkte sie nicht weniger überzeugt. »Nein, Gwen.« bremste er sie in ihrem Enthusiasmus. Der Magier hob bedeutungsvoll eine Braue. »Ich fürchte, du hast dem Allvater vorhin nicht richtig zugehört…« mutmaßte er trocken und wollte sich wieder seinem Buch zuwenden, doch sie überraschte ihn, indem sie bestimmt vortrat und die Seiten mit einem Ruck zuschlug, um seine Aufmerksamkeit zu halten. Dumpf hallte der Laut durch den stillen Raum, Staub wirbelte in die Kerzenflamme und ließ jene kurz höher flammen. »Doch, das habe ich, Loki. Aber Malekith ist auf dem Weg zu Yggdrasil. Er ist nicht in Niflheim.« belehrte sie ihn eigensinnig; sie fügte sich die Worte zusammen, wie sie es gerade brauchte und dies war sonst eigentlich ein beliebter Schachzug des Magiers. Er musste ihre Entschlossenheit bewundernd anerkennen,- allerdings änderte sie seine Meinung damit nicht. »Du wirst trotzdem nicht mitkommen.« entschied er mit schneidender Stimme und hoffte, dass ein warnender Blick aus eindringlich verengten Augen sie zur Vernunft bringen würde. Seine Reaktion war überzogen abweisend, da seine Emotionen immer unkontrollierbarer wurden,- die Vorstellung Gwen zu verlieren behagte ihm ganz und gar nicht; allerdings würde er genau das riskieren, wenn er ihrem Drängen schwächlich nachgab. Er musste hart bleiben, für sich und vor allem für sie selbst. Gwen unterschätzte die Risiken dieser Reise und er wollte sie nicht in Gefahr zu bringen, nur weil es ihm verlockend erschien, sie immer in seiner Nähe zu haben… »Und warum nicht?« fragte sie nun unverständig, fast schon eine Spur verzweifelt. »Weil ich sterblich und schwach bin?! Ich dachte, über diesen Punkt wären wir hinaus, Loki. Ich war mit dir in Muspelheim, bin dir sogar nach Hel gefolgt. Ein wahnsinniger Dunkelelf hat mich mit Schattenmagie gefoltert und ein Höllenhund auf der Erde gejagt. Ich war in den letzten Tagen wirklich genug Risiken ausgesetzt und habe wahrscheinlich mehr Gefahren ausgestanden, als sonst irgendein Mensch-« Der Magier unterbrach sie mit einer forschen Handbewegung. »Diese Risiken waren kalkulierbar. Die Situation in Niflheim allerdings ist für mich nicht absehbar.« erklärte er lapidar. Gwen riss die Augen verständnislos auf. »Garm war kalkulierbar?! Malekith war berechenbar?!« Ihre Stimme kletterte spöttisch nach oben und Loki biss die Zähne grimmig aufeinander, da sie seine Deckung wie ein Kartenhaus einriss. Seine fadenscheinigen, schwächlichen Argumente ärgerten ihn selbst maßlos. »Ich hätte mehr als einmal fast sterben können, Loki!« rief sie ihm mit erschreckender Deutlichkeit ins Gedächtnis. »Und genau deshalb werde ich dich nicht wissentlich weiteren Gefahren aussetzen!« fuhr er sie nun unbeherrscht an und schlug die flache Hand krachend auf den geschlossenen Einband des Buches; das Geräusch ließ Gwendolyn zusammenzucken und erschrocken blinzeln, während sie einen Schritt zurückwich. Der Magier atmete scharf ein und ließ den Kopf kurz kraftlos hängen, bevor er den Blick wieder hob; sofort bereute er seine lauten Worte, als er erkannte, dass er sie damit verletzt hatte. Gwen presste die Lippen fest aufeinander und wich seinem Blick entschieden aus, während es wirkte, als kämpfe sie vehement mit aufwallenden Tränen. Diese Frau brachte ihn einfach völlig aus dem Konzept… Loki ahnte, dass sie nun an einem Punkt angelangt waren, an dem er bei Gwen mit Vernunft,- mit kühlen, klaren Argumenten nicht mehr weiterkommen würde; sie würde nicht auf ihn hören, weil sie bereits ihre ganz eigen Sicht der Dinge entwickelt hatte - und einen Dickkopf besaß, der seinem in nichts nachstand. Seine einzige Chance bestand nun darin, einen Schritt zu wagen, den er bisher tunlichst vermieden hatte,- er musste ihr klar machen, wie er fühlte, musste sich öffnen und sie um ein Stück weit hinter seine Fassade blicken lassen, damit sie seine Einwände verstehen konnte. Damit würde er ihr unweigerlich die Macht zugestehen, die er immer gefürchtet hatte, anderen über sich zu gewähren,- allerdings würde er damit auch wahrscheinlich eher zu ihr durchdringen können als mit schlichten Verboten. Gwendolyn war ihm in vielen Dingen stets entgegengekommen; sie hatte seine Launen ertragen, seine Arroganz übersehen, sogar seine Verbrechen akzeptiert und hinterfragt,- sie war an seiner Seite geblieben, obwohl sie es nicht gemusst hätte und es nie müde geworden, an ihn zu glauben und seine guten Seiten herauszulocken. Vielleicht war es an der Zeit, dass er ihr nun endlich etwas zurückgab,- für ihr Vertrauen, ihre Freundlichkeit, Loyalität und Aufrichtigkeit; sie wertschätzte, indem er sie in seine Gedanken und Gefühle einschloss. Nun konnte jeder Tag ihr aller Ende bedeuten; vielleicht die rechte Gelegenheit, um Mut zu beweisen und die Zweifel und Ängste hinter sich zu lassen. »Ich will nicht, dass dir etwas passiert…« gestand Loki nun langsam, leise und deutlich weicher, was Gwens Blick aufmerksam geworden zu ihm zurücklenkte. »Ich bin in Sorge, dass dir etwas zustoßen könnte.« Er zog die Stirn in Falten auf der Suche nach den richtigen Worten. »Dieser Gedanke gefällt mir nicht, Gwen…ich möchte dich nicht verlieren.« Seine Augen hielten nun nichts mehr zurück und er war sich bewusst, dass diese einen flehenden, unsicheren Ausdruck spiegeln mussten; diese Offenheit rüttelte an seinen Grundfesten und ließ ihn die Finger in die Tischkante krallen. Er fühlte sich verletzlich und schutzlos wie schon lang nicht mehr,- zerstört und einsam, wie er einst durch die eisige, leere Weite des Alls gestürzt war - jeden Bezugspunkt zur Wirklichkeit verloren, gefangen im Nichts zwischen Vergangenheit und Zukunft, Leben und Tod, Angst und Hoffnung. Der Magier ließ seine Schutzmauern für die Sterbliche fallen und musste ihrer ungewissen Reaktion harren,- er konnte nicht berechnen, nicht abwägen und planen, wie sie mit seiner Ehrlichkeit umgehen würde. In diesem Moment hatte sie ihn vollkommen in der Hand. Loki wusste das. Und Gwen musste es auch wissen, denn sie zog die Unterlippe befangen zwischen die Zähne und sah ihn einen langen, gedehnten Augenblick regungslos an, in dem sie nicht so recht zu wissen schien, wie sie mit der veränderten Situation umgehen sollte. Sie wirkte irritiert und verunsichert. Dann begannen ihre Lippen zu beben,- erst war es nur ein kaum wahrnehmbares Zittern, bis es zu einem atemlosen, kleinen Schluchzen wurde, was ihrem Mund entfloh. Sie drückte die Fingerspitzen in einer hektischen Geste gegen ihre Lippen, als wolle sie ihre Gefühle mit reiner Willenskraft in sich zurückpressen, während ihre Augen bereits verräterisch zu glänzen begannen. Diese unterschwellige Anspannung, die er die ganze Zeit bei ihr gespürt hatte, brach sich nun ihren Weg hinaus,- es war Furcht und Verzweiflung gewesen wie er jetzt erkannte, als ihre hellen Augen ihn durch den Schleier ihrer mühsam zurückgehaltenen Tränen fixierten. »Und was ist mit mir?! I-ich habe Angst, dass dir etwas zustoßen könnte, Loki…« stolperten die Worte brüchig aus ihrem Mund. »Ich habe Angst, dass du verletzt werden könntest…u-und ich dann nicht da bin, um dir zu helfen…dass ich gar nichts tun kann…dass ich hier warten muss, während du in Gefahr schwebst…« Ihre Stimme wurde immer gebrechlicher und ein einzelner, feuchter Tropfen zog seine nasse Spur über ihre Wange, heimtückisch schimmernd im Schein der Kerzen. »Du hast einst zu mir gesagt, dass ich mit dir komme, egal, wo du hingehst. Wo ich bin, da wirst auch du sein,- genau das hast du gesagt. Zuerst haben mich deine Worte aufgeregt, aber jetzt…j-jetzt kannst du mich nicht einfach hierlassen. I-ich habe Angst, dass ich dich vielleicht nie wiedersehen werde…ich weiß, dass du gehen musst, aber….ich will es nicht…ich will nicht, dass du gehst, Loki…« bekannte sie in einem heiseren Wispern und schlang die Arme um sich selbst auf der Suche nach Wärme und Trost. »Gwen…« Loki richtete sich ruckartig auf und überbrückte die Distanz zwischen ihnen mit wenigen Schritten, um sie ohne Zögern in die Arme zu schließen,- er fing sie im schützenden Kreis seiner Umarmung, presste sie an sich, um ihr den Halt zu geben, den er selbst nicht weniger benötigte. Er spürte ihr trommelndes Herz an seiner Brust, als sie sich sofort an ihn schmiegte und das Gesicht an seiner Schulter barg. Ihre kleinen Fäuste krallten sich in das Leder auf seinem Rücken, als ein merkliches Beben durch ihren Körper rollte. Doch war sie eigenartig still und beherrscht, die erwartete Flut an Tränen blieb aus, als wäre seine Nähe am Ende das gewesen, was sie wirklich gebraucht hatte. Loki verspürte ihren leicht abgehackten Atem an der empfindlichen Seite seines Halses und die verkrampfte Anspannung in ihren Gliedern, die dort noch nicht immer gewesen war,- ihre Schwäche überraschte ihn nicht, denn sie hatte für einen Menschen wirklich viel durchgemacht und er war weit über den Punkt hinaus, wo er sie dafür als schwach gescholten hätte. Was ihn wirklich überraschte und schlucken ließ, einen Schock durch seine Venen jagte - als er vorsichtig über den Stoff auf ihrem Rücken strich und jede Masche des groben Materials erfühlte - war ihre Sorge um ihn,- diese unverblümte Offenheit, ihre Angst vor Verlust, dieses unbeschönigte Geständnis, wie wichtig er ihr geworden war. Er hätte niemals erwartet, dass gerade sie - eine Sterbliche - solche Angst wegen dem Umstand empfinden würde, dass er sterben könnte. Darüber hatte sie sich also wirklich den Kopf zerbrochen; über die Möglichkeit eines für immer währenden Abschiedes, die er in seinen Gedanken bisher gar nicht zugelassen hatte. Ihre Wut und Enttäuschung hätte er abblocken können, damit wusste er umzugehen, war geübt darin,- doch diese Zuneigung war wie eine Waffe, die er noch nicht zu parieren wusste,- sie traf ihn unvorbereitet in genau diese winzigen, verborgenen Winkel seines Wesens, die noch unverdorben und rein von Machthunger und falschem Ehrgeiz waren; die er sein ganzes Leben über tief vergraben hatte, um die nötige Härte und Entschlossenheit zu repräsentieren. »Du solltest eigentlich wissen, dass mich so schnell nichts umbringt…« raunte er beschwichtigend, während er das Kinn mit einem kleinen Seufzen auf ihr Haupt senkte und eine Hand zu ihrem Nacken schickte, um die Finger dort sanft in ihre Haare zu graben; sie erschauderte unter seiner Berührung,- ein wohliges Ausatmen traf seinen Hals und ließ ihre Anspannung fahren. »Du ebenso…« nuschelte sie in schwachem Trotz gegen seine Haut. Lokis Mundwinkel zuckten schwach. »Ich weiß…« Tatsächlich war dies keine leere Phrase,- er hatte die Stärke der Menschen, ihre Willenskraft und ihren festen Glauben durch Gwen wirklich kennengelernt. Wenn sie es schafften ihre hektische Kleingeistigkeit abzustreifen, dann waren sie zu wirklich Großem fähig. »Aber Thor und sein Plan werden dieses Mal meiner ganzen Aufmerksamkeit bedürfen. Und ich fürchte, er wird nur die Hälfte davon bekommen, wenn du dabei bist…« hauchte er in einem vielsagenden Flüstern weich gegen ihr Ohr, nachdem er seinen Kopf geneigt und die Wange leicht in ihr Haar geschmiegt hatte. Ihr Duft war bereits berauschend vertraut. »Sei ohne Sorge. Ich werde wiederkommen.« Gwen schwieg einen langen Moment, bevor sie sich ein wenig von ihm löste und das Gesicht zaghaft drehte, damit sie ihn ansehen konnte; ihre hellen Augen hatten sich auf prüfende Weise geschmälert. »Und das soll ich dem Gott der Lügen glauben…?!« murmelte sie nicht recht überzeugt, doch der winzige, schimmernde Funken Zuversicht erwachte wieder in ihren Seelenspiegeln und vertrieb die matte Hoffnungslosigkeit. Ihre Lippen zeigten die Ahnung eines spöttischen Schmunzelns; kraftlos und kaum wahrnehmbar, doch Loki vermochte es zu sehen. Unvermittelt verspürte er ihre zarten Finger an seiner Wange, als sie eine Hand hob und diese in einem weichen Streifen auf seiner Haut bettete. Sie schützte ihn in dieser besorgten, liebevollen Geste und es war bereits zu spät, als er bemerkte, dass er sich in ihre Berührung schmiegte. »Nicht nur Thor sieht erledigt aus…« gab sie flüsternd zu bedenken; ihr Mitgefühl fühlte sich so richtig und aufrichtig an, wärmte ihn auf eine eigentümliche Art und Weise, die ihn nicht abstieß, wie Sorge es so oft getan hatte. »Ich werde zurückkehren, Gwendolyn…« Der Magier löste ihre Hand von seiner Rüstung und zog jene an seine Brust, platzierte ihre bleichen Finger auf der Stelle seines Herzens, welches unter dem Leder nicht weniger heftig schlug als ihres; zuerst war ihr Blick seiner Geste gefolgt, doch nun musste sie verspüren, dass mehr Wirklichkeit in seinen Worten lag, als sie wohl vermutet hatte,- ihr Fokus flog wieder zu ihm hinauf und der kleine Funke ihrer sprühenden, vertrauensvollen Seele wurde zu der Geburt einer Sonne in dem flüssigen Silber ihrer Augen. »Es ist die Wahrheit. Ich verspreche es dir.« raunte er mit der Wärme und Ehrlichkeit eines Schwurs; sein Blick war aufrichtig und kein verhaltenes Schmunzeln begleitete seine Worte,- seit langem meinte er etwas auch wieder so, wie er es sagte. »Dafür musst du mir versprechen hierzubleiben.« Loki wollte wirklich zurückkehren, denn sein Verlangen nach Flucht war merklich abgedämpft. Er sah eine Zukunft für sich,- noch war sie weit entfernt, wie der Umriss des heimatlichen Hafens am Horizont für einen Wiederkehrenden - doch er wusste, dass sie da war. Die Möglichkeit für einen Neubeginn, dem Schicksal eine ganz andere Richtung zu geben, war da,- die Steine dieses Weges waren bereits vorhanden und Gwen war wie das Licht, was ihn aus der Dunkelheit heraus geleitet und zu diesem Pfad geführt hatte. Der Magier erkannte, dass sie wahrlich aneinander gebunden waren,- durch Fleisch und Blut, Schicksal und ihre gemeinsamen Erlebnisse hindurch; sie war die Kehrseite seiner Medaille und der Anstoß, die richtigen Antriebe zu mobilisieren und den härteren Weg zu gehen. Gwendolyn zog die Unterlippe ergeben zwischen die Zähne, bevor sie ein kleines Nicken sehen ließ und die Finger behutsam über den Rand seines Kiefers schob, um ihn so zu sich herunterziehen zu können; Loki kam ihrer Forderung bereitwillig entgegen, neigte den Kopf und empfing ihre leicht zitternden Lippen in einem weichen Kuss. Diese Berührung schien ihre letzten Widerstände und Zweifel hinfort zu spülen, denn sie ließ sich ohne Zögern in den trägen Rhythmus fallen, in welchem er ihren Mund eroberte; ihre Hand weilte dabei weiter auf dem Leder über seinem Herzen, als bräuchte sie die spürbare Versicherung, dass dies kein Traum und seine Worte ihn ihr tatsächlich zurückbringen würden. Die Hingabe, die Sinnlichkeit, wie sie sich seiner Nähe und seinen Berührungen ergab und diese genoss, war für Loki immer wieder aufs Neue faszinierend und fesselnd zugleich; alles in ihren Küssen, in ihrem getauschten Atem war wirklich und unverfälscht,- jeder Augenblick richtig und ohne Fragen, so neu und doch so vertraut, dass es ihm so leicht wie sonst kaum fiel, jegliche Gedanken auszublenden - seinen Kopf zu leeren, seinem Körper und seinem Herzen die Führung zu überlassen. Er wusste, dass er sich das bewahren wollte,- dass er sich Gwendolyn bewahren wollte; nicht nur ihre Gegenwart, sondern ihr freiwilliges Bleiben an seiner Seite. Denn ihre Nähe brachte die flüchtige Ahnung von Zufriedenheit in sein hartes Wesen zurück... Der Magier löste die innige Verbindung ihrer Lippen langsam und öffnete die Augen wieder; lehnte seine Stirn an jene der Sterblichen, die unter flatternden Lidern zu ihm aufsah. Ihr Atemhauch vermischte sich noch mit seinem, wie auch ihre Hände sich nicht bewegt hatten, als wollten sie den jeweils anderen nicht aus ihrer Nähe entlassen. Eine ganze Weile standen sie still beisammen und zögerten den Abschied so weit wie möglich hinaus,- fingen jedes Sandkorn der Zeit in ihren Händen, um sich Raum für die Akzeptanz der unabwendbaren Dinge zu schaffen. »Ich werde aber nicht ewig auf dich warten…« begann Gwendolyn nun zaghaft, legte trotzige Entschlossenheit in ihre Stimme. »Und wenn du nicht wiederkommen solltest, dann kannst du dir sicher sein, dass ich dich suchen werde, um dich persönlich umzubringen, Loki Laufeyson…« drohte sie ihm fadenscheinig. Lokis Mundwinkel zuckten ohne sein Zutun in die Höhe, während er eine Hand über ihre Wange streifen ließ und sein Daumen die Reste der vereinzelten Tränen aufnahm, bevor er ihre Finger auf seiner Brust umfing und an seine Lippen zog, um ihre kühlen Fingerspitzen mit seinem warmen Atem und einem federleichten Kuss zu wärmen. »Ich hoffe es…« forderte er sie mit einem scherzhaften, weichen Grinsen heraus,- einen Augenblick hielt sie die unnachgiebige Fassade aufrecht, bevor sie sich seinen blitzenden Augen ergab und die Lippen zu einem ergebenen Schmunzeln verzog. »Ich möchte, dass du hier in meinem Zimmer einziehst, nachdem ich gegangen bin.« gab er einem plötzlichen Einfall Raum,- irgendwie gefiel ihm die Vorstellung, dass sie in seinem Bett schlafen würde und er wähnte sie hier sicherer als irgendwo anders. »Du kannst dich frei bewegen und alles nutzen. Vielleicht kannst du mir sogar einen Dienst erweisen und meine Bücher in der Zwischenzeit nach nützlichen Hinweisen für eine Seelenwanderung durchsuchen. Das ist ein Zauber, den wir vielleicht gegen Malekith nutzen können.« schlug er ihr vor. »Nur, wenn du möchtest natürlich…« fügte er nachgiebig an und hob fragend eine Braue. Gwendolyn blinzelte ihn überrascht an und schien verblüfft von seinem Angebot,- ihr war wohl klar, dass dies ein unheimlich großes Zugeständnis darstellte. Dann räusperte sie sich und nickte hastig. »Ja, okay. Natürlich. Gern…wenn du das willst.« Sie schien froh darüber, eine Aufgabe zu bekommen und dass die Aussicht auf tatenloses Herumsitzen damit vom Tisch war. Das schien sie um ein Stück weit auch über die Tatsache zu besänftigen, dass er ohne sie gehen würde. »Und halte dich in der Zwischenzeit von Freya fern…« riet er ihr ernst; solange er nicht mit Sicherheit wusste, was mit der Vanin los war, war es besser, wenn Gwen nicht in näheren Kontakt zu ihr trat. Loki befürchtete, dass die Magierin die Kraftquelle in der Sterblichen spüren würde und er konnte noch nicht recht einschätzen, was Freya dann mit diesem Wissen anfangen würde. Gwen verzog missmutig die Lippen. »Das hättest du mir nicht extra sagen müssen. Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass wir die besten Freundinnen werden…« murmelte sie ironisch. Der Magier schmunzelte leicht und drückte ihre Hände noch einmal, bevor er ihre Finger ziehen ließ und einen Schritt zurücktrat. »Dann werde ich mich jetzt für den Aufbruch vorbereiten.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)