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R.A.B.

one last riddle
von

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Exkurs nach Hogwarts. Der weiße Ritter und die Diebin

Am nächsten Morgen war die Stimmung in der Großen Halle, gelinde gesagt, miserabel.

Obwohl jeder einzelne Schüler genau wusste, dass die Chancen, Dementoren in diesen geschützten Bereich eindringen zu sehen, bei exakt Null lagen, konnte man sich im Allgemeinen

einer ängstlichen Nervosität nicht erwehren, sobald man Fuß in den heute nur trübe beleuchteten Raum setzte.

Zudem verdunkelten den ganzen Morgen schon tintenschwarze, riesige Wolken drohend die verzauberte Decke der Halle. Sie ließen immer wieder drohendes Donnergrollen laut werden, das baldigen, heftigen Regenfall ankündigte, was natürlich

keinen

Schlossbewohner zu Jubelrufen bewegen konnte.
 

Alles in allem waren also nur lausige Voraussetzungen für einen friedlichen Sonntag gegeben.
 

An solchen düsteren Tagen rückte man unwillkürlich auf den Haustischen zusammen und war sich mit einem Mal dankbar der Tatsache bewusst, dass man nicht alleine speisen musste.

Natürlich,

die wenigen Einzelgänger auf den Tischen der Dachse, Adler, Löwen und Schlangen blieben von dieser spontanen Welle des Zusammengehörigkeitsgefühls unberührt.

So auch Rose, die sich überraschend früh für einen Sonntagmorgen am weitest entferntesten Eck des Gryffindor Refugiums niedergelassen hatte, um mit finsterer Miene zu frühstücken.

Das war man durchaus von dem Morgenmuffel gewohnt: Normalerweise gesellte sich nur noch Ilona, obwohl eigentlich eine Hufflepuff, im Laufe der Zeit zu der Rothaarigen und schaffte es wenigstens manchmal, mit verträumten Hinweisen auf das wunderschöne Wetter heute, einen etwas entspannteren Gesichtsausdruck auf das Gesicht ihrer besten Freundin zu zaubern.
 

Aber nun war Miss Una nicht mehr da.
 

Und deswegen wagte es niemand, in Roses Nähe auch nur laut zu atmen.

Die Wutanfälle der leicht zu reizenden Gryffindor waren an sich schon fürchterlich. Nun aber, wenn Ilona, die einzige Person, die das cholerische Temperament des Mädchens immer halbwegs in Zaum gehalten hatte,

verschwunden war…

Da wagte niemand, nicht einmal der mutigste Löwe, eine Prognose zu stellen, was genau passieren würde, wenn an diesem denkwürdigen Morgen jemand der Weasley dumm kam.
 

Zu allgemeinem Erstaunen jedoch schien Rose bis jetzt ungemein friedfertiger Laune zu sein.

Nicht einmal der ahnungslose Ravenclaw- Erstklässler, der sie unabsichtlich mit dem Ellbogen anstieß, als er sich von seinem Tisch erhob, musste schwerwiegendere Konsequenzen fürchten als einen kurzen Blick seitens des Mädchens, der den Jungen zwar

etwas blass um die Nase und

deutlich zitternd,

aber ansonsten zweifelsfrei

am Leben

von dannen ziehen ließ.
 

Doch die Eskalation

musste ja kommen.
 

Gerade in dem Moment, in dem Rose Trübsal blasend den letzten Löffel Müsli in ihren Mund schob, öffnete sich das Eingangstor der Großen Halle mit einem übermäßig lauten Knall und

Scorpius,

überraschenderweise allein und ohne seine üblichen Kumpanen,

trat schlecht gelaunt über die marmorne Schwelle.
 

Unwillkürlich hielt jeder im Raum die Luft an.
 

Hunderte Augenpaare sahen nun auf und wechselten schnell zwischen dem mürrischen Slytherin und der noch mürrischeren Gryffindor

hin und her. Selbst einige Professoren unterbrachen mit einem Mal abrupt ihre schon die ganze Zeit andauernden, leise geführten Diskussionen am Lehrertisch und beäugten nun sowohl die junge Weasley als auch Malfoy junior äußerst misstrauisch.

Scheinbar schien sich die ganze Halle mit einem Mal atemlos zu fragen:

Wer würde anfangen?
 

Wer der beiden Erzfeinde würde zuerst dem anderen eine beschämende Schmähung an den Kopf werfen und somit

einen Orkan

aus geschossenen Zaubersprüchen und Gewalttätigkeiten

heraufbeschwören,

vielleicht sogar ein Duell,

das Hogwarts noch nie zuvor gesehen hatte?
 

Scorpius schien die geballte Aufmerksamkeit, die man ihm mit einem Mal entgegenbrachte, als Erster wahr zu nehmen.

Instinktiv verharrte er mitten im Schritt, wandte den Kopf und fokussierte die einsame, rothaarige Gestalt, die am Rande des Gryffindor Tisches gedankenverloren in ihre leere Müslischale starrte.

Rose hatte noch nichts gemerkt.

Sehr gut.

Ein leichtes Lächeln stahl sich auf das Antlitz der Schlange.

Bedächtig trat der junge Mann nun endgültig in die Halle ein und machte sich auf den Weg.

Dem Slytherin war gleichzeitig sehr wohl bewusst, dass nun jedes Augenpaar in der Großen Halle seinen Schritten folgte. Unwillkürlich verbreitete sich Scorpius Lächeln noch etwas.

Sein letzter Tag in Hogwarts versprach entgegen aller Erwartungen wohl doch noch spaßig zu werden.
 

Er ignorierte den Tisch seines Hauses, was ihm einige verwirrte Blicke und auch warnende Zurufe einbrachte.

Schnell ließ der Slytherin auch den Hufflepuff Tisch hinter sich, der heute, anstatt in fröhlicher Gelb und Schwarzmischung zu glänzen, ganz in die letztere, traurigere Farbe gekleidet war.

Wohl im Gedenken an Ilona.

Scorpius beschleunigte seine Schritte und ließ bald auch den neugierig verstummten Ravenclaw Tisch hinter sich.

Inzwischen hatte bereits ein Großteil der Gryffindors seinen Zauberstab gezogen.
 

Nicht um Malfoy junior aufzuhalten, ganz im Gegenteil! Die Schüler wollten nur vorbereitet sein, im Angesicht der großen Eskalation, die sich da vor ihren schaulustigen Augen zusammenzubrauen drohte.
 

Inzwischen hatte auch Hermine Granger von ihrem unberührten Teller aufgesehen.

Verwirrt fokussierte ihr Blick den todesmutigen Spross aus der Malfoy Familie, der sich ihrer Tochter mit jeder verstrichenen Sekunde weiter näherte.

Was der junge Mann wohl von Rose wollte?

Sie doch wohl nicht vor aller Augen provozieren?
 

Hermine bezweifelte dies.

So verrückt konnte nicht einmal Dracos Sohn sein, die junge Weasley anzupflaumen, wenn das Mädchen derart schlecht gelaunt aussah. Nicht einmal ihre Mutter würde sich bei diesem mörderischen Gesichtsausdruck, den die Rothaarige gerade zur Schau trug, in die Nähe der aufbrausenden Tochter wagen…

Neben ihr war mit einem Mal das Geräusch von zerberstendem Glas zu vernehmen.

Draco Malfoy, der aus einer üblen Laune des Schicksals heraus direkt neben der Professorin für Verwandlung seinen Platz am Lehrertisch bezogen hatte, starrte mit dramatisch verengten Pupillen auf die Szenerie, die sich da vor ihm abspielte, herab.

In seinen Händen hielt der Zaubertranklehrer noch den kläglichen Rest eines bauchigen Glases, das unter dem enorm zunehmendem Druck seiner Hände zersplittert war.

Die Handflächen des Mannes waren mit einem Mal von vielen kleinen, blutenden Kratzern überseht, doch er

schien dies überhaupt nicht zu bemerken,

sondern fuhr stattdessen munter fort, seinen Sohn allein durch glühende Blicke zum sofortigen Umdrehen bewegen zu wollen.

Unwillkürlich hob Hermine den neben sich bereit liegenden Zauberstab und murmelte einen Heilzauber.

Die noch in der Haut verhaftet gebliebenen Scherben schossen plötzlich aus den sich in Sekundenschnelle von allein verschließenden Wunden und vereinigten sich mit dem restlichen Glas wieder zu dem edel geformten Krug in Malfoys Hand.

Dieser honorierte diese freundliche Geste jedoch nur mit einem nachlässig gemurmelten, kaum hörbaren Dank, ohne den Blick dabei auch nur eine Sekunde von seinem Sprössling zu nehmen, der sich inzwischen neben die noch immer geistig abwesend wirkende Rose gesetzt hatte.

Hermine musste schlucken. Sie sandte mit Lichtgeschwindigkeit ein Gebet zum Himmel, dass ihre Tochter

nun nicht verrückt spielen

und die ganze Halle in Staub und Asche zerlegen würde,

nur weil sich soeben eine der

von dem Mädchen meistgehassten

Personen

neben ihr niedergelassen hatte.

Die Gryffindor sollte nur einmal Ruhe bewahren und die Beleidigungen, die Scorpius ihr sicherlich gleich an den Kopf werfen würde, einfach als Nonsens abtun…

Mrs. Granger war bewusst, wie absurd dieser verzweifelte Wunsch selbst in ihren Ohren klang.

Aber die Hoffnung starb eben immer zuletzt.
 

Schließlich wurde Rose Weasley als Letzte in der Halle bewusst, dass irgendetwas nicht stimmte.

In der Großen Halle war es mit einem Mal so beunruhigend still.
 

Was war passiert?
 

Hatte soeben etwa Lord Voldemort persönlich an die Tür zum Frühstücksraum angeklopft oder

warum

hielt hier jeder plötzlich den Atem an?
 

Unwillig hob und drehte die junge Frau ihren Kopf ein kleines Stück in Richtung der anderen Gryffindors. Die sonst so mutigen Löwen hatten inzwischen alle den üblichen Sicherheitsabstand zwischen dem Mädchen und sich selbst von zwei auf fünf Meter vergrößert und starrten fassungslos, teilweise sogar mit offenem Mund, auf einen Punkt, der sich scheinbar direkt hinter der ahnungslosen Rose befand.

Flink drehte sich die Weasley um und

wurde

plötzlich

mit einem

neben ihr sitzenden,

zufrieden wirkenden

Scorpius konfrontiert,

der auch noch die Unverschämtheit hatte, sie nun, da Blickkontakt herrschte, freundlich anzulächeln und (gut vernehmbar auch in der restlichen Halle) zu grüßen: „Guten Morgen, Sonnenschein!“
 

„Grrm“, war das einzige, was die junge Frau daraufhin entgegnete, bevor sie sich wieder lustlos ihrer (wie schon zuvor erwähnt) leeren Müslischale zuwandte.

Ansonsten passierte nichts.

Rein GAR nichts.
 

Die gesamte Schüler und Lehrerschaft schien mit einem Mal erleichtert aufzuatmen.

Gott sei Dank.

Heute zum Frühstück gab es keine Katastrophe serviert, aus welchem

seltsamen

Grund auch immer.
 

Aufgeregtes Stimmengewirr wurde wieder laut und die gesamte Halle schien ihre alltäglichen Gewohnheiten ungestört erneut aufzunehmen.

Es wirkte beinahe so, als wäre alles wie zuvor, bevor Scorpius in die Halle getreten war.

Abgesehen davon natürlich, dass nun jedes Gespräch, das nun fortgesetzt oder neu begonnen wurde, von nur einem einzigen Thema handelte:

Seit wann gingen sich Rose Weasley und Scorpius Malfoy nicht mehr an die Kehle, sobald sie sich in die Augen sehen mussten?

Und beinahe noch wichtiger war die gleich darauf folgende Frage:

WAS hatten die beiden Todfeinde denn bloß derart Wichtiges zu besprechen, dass sie nun so

geheimnistuerisch ihre Köpfe zusammensteckten?
 

„Erzählst du mir jetzt von deinem tollen Plan?“,

flüsterte Scorpius so leise, dass Rose beinahe von seinen Lippen ablesen musste, um den Sinn seiner Frage überhaupt erfassen zu können.

„Später“, war die einzige, kurze Entgegnung der Rothaarigen. „Hier haben sogar die Wände Ohren.“
 

„Das

kannst du laut sagen.“
 

Der Slytherin warf den Gryffindors an der anderen Seite des Tisches mehrere misstrauische Blicke zu. Die Löwen hatten inzwischen

mit einem Mal

ganz unerwartet

die Entfernung zwischen sich

und Rose

auf 30 Zentimeter

verkleinert

und versuchten nun angestrengt, jedes geflüsterte Wort zwischen den beiden mit seltsam vergrößert wirkenden Ohren aufzuschnappen, während sie weiterhin so taten, als würden sie sich angeregt unterhalten.

„In zehn Minuten in der Bibliothek?“, formte Scorpius tonlos mit seinen Lippen.

Doch Rose schüttelte nur widersinnig den Kopf. Dabei neigte sich ihr Mund wie zufällig dem Ohr des jungen Mannes zu und sie hauchte vielmehr, als dass sie sprach:

„Zu viele Leute. Gleicher Ort wie gestern?“
 

Der Blonde konnte daraufhin ein Stöhnen kaum unterdrücken. Wie war das schnell noch einmal mit der offenbar berechtigten Hoffnung gewesen, dass sein letzter Tag in Hogwarts doch noch angenehm werden könnte?

Stattdessen würde er seiner empfindlichen Nase wieder diese schreckliche Toilette antun müssen.

Wunderbar.
 

Der junge Mann stimmte schlussendlich jedoch trotzdem mit einem kurzen Nicken zu. Er erhob sich langsam wieder von seinem Sitzplatz, nicht aber ohne zuvor

noch mit einer fließenden Handbewegung

die

störrische

Strähne,

die Rose heute

schon wieder

ins Gesicht hing,

resolut

nach hinten zu streichen.
 

„Bis bald, Rose“, lächelte der Slytherin und zwinkerte ihr zu.

Die Weasley funkelte ihn wütend an, sagte jedoch nichts.

Vor der gesamten Lehrerschaft, deren Blicke die junge Frau sehr wohl im Rücken spürte, konnte sie diesem Schleimbeutel für diese unsinnige Geste keinen Fluch anhängen, das sah selbst das überschäumende Temperament der Rothaarigen ein.

Mit wütend verschränkten Armen verfolgte die Gryffindor die hochgewachsene Gestalt ihres Komplizen, der sich nun federnden Schrittes einen Weg zu seinem Tisch bahnte, wo ihn ausnahmslos fassungslose oder angeekelte Gesichter erwarteten, die an Missgunst nur noch von dem mörderischen Antlitz

Draco Malfoys

übertroffen wurden, der in diesem Moment wutschnaubend den Lehrertisch verließ.
 

Das wirst du mir büßen, Scorpius, schwor die Weasley sich innerlich.

Eines Tages, wenn ich nicht mehr auf deine Unterstützung angewiesen bin, SCHWÖRE ich dir…

So ging es noch den Rest des Frühstücks weiter.
 

Aber Scorpius machte sich nichts aus den bösen Blicken, die ihm Rose konstant zuwarf. Er genoss lieber glänzender Laune die eigens für ihn zubereiteten Eier Benedikt.

Das Leben konnte manchmal so überraschend schön sein.
 

„Also. Wie sieht dein Plan aus?“
 

Rose und Scorpius hockten elf Minuten später unkomfortabel eng aneinander gedrückt Seite an Seite in der letzten Kabine des Mädchenklos im zweiten Stock und vermieden es angestrengt, sich gegenseitig in die Augen zu blicken. Es war einfach

zu seltsam,

mit seinem Erzfeind

in so engem Raum

zusammengepfercht

zu sitzen

und sich nicht

zu beleidigen,

sondern vielmehr ernsthaft zu versuchen,

zusammenzuarbeiten…

Der Slytherin war schließlich der Erste gewesen, der die angebrochene, unangenehme Stille zwischen den beiden, die herrschte, sobald sie sich gleichermaßen angeekelt auf dem Kachelboden niedergelassen hatten, mit eben erwähnter Frage unterbrochen hatte.
 

„Der Plan. Genau.“

Die Weasley schien plötzlich wie aus einem Traum erwacht und begann nun mit leiser Stimme, jeden Zug ihres Vorhabens zu erläutern.

„Dank Ilona war es mir schon mehrmals vergönnt, des Nachts aus dem Schloss zu entfliehen. Wir haben einfach zwei Thestrale aus dem Wald hierhergelockt und sind auf ihrem Rücken davongeflogen…“

„Thestrale?“, unterbrach Scorpius mit alarmierter Miene, doch seine Komplizin überging diesen Einwurf mit einer wegwerfenden Handbewegung. Sie warf dem jungen Mann nur einen spöttischen Seitenblick zu, bevor sie konzentriert fortfuhr:

„Hast du Tomaten auf den Ohren? Ich selbst kann die Viecher ja nicht sehen, aber Ilona kann es und du müsstest es auch können, weil du ja schon jemanden mit eigenen Augen hast sterben sehen. Das stimmt doch, oder?“

Bedrohlich blitzend verharrten ihre eisig graublauen Augen eine Sekunde lang auf dem Antlitz des verdächtig blass gewordenen Slytherins. Dieser nickte einmal kurz, wagte jedoch gleichzeitig noch einmal einzuwenden:

„Gibt es denn keinen Zauber, der auch den Luftraum von Hogwarts sicher hält? Ich meine…“

„Der gilt nicht für Thestrale“, unterbrach Rose ihn forsch.

„Sie gehören praktisch zu dem Schloss dazu und fliegen in der Nacht öfters ihre Runden über dem Gelände. Glaub mir, Ilona und ich haben das bestimmt schon fünfmal gemacht und niemand ist uns bisher auf die Schliche gekommen.

Also, ich weiß, wie man sie anlockt und auch reitet.

Du musst nur dafür sorgen, dass der Astronomieturm um Punkt Mitternacht einen Moment lang unbewacht ist. Gerade dann ist zwar Wachablöse, und in diesen dreißig Sekunden, bis die Lehrer die Plätze ausgetauscht haben, kann man eigentlich problemlos die Tür aufschließen und in den Turm verschwinden, aber zur Sicherheit würde ich dir raten, zusätzlich ein paar Stinkbomben sorgfältig in einem anderen Stockwerk detonieren zu lassen, auch wenn das eine auffällige Vorgehensweise ist.

Jedenfalls hoffe ich, dass wir, selbst wenn alle Ablenkungsmanöver schief gehen sollten, sowieso nicht gesehen werden, denn ich bin gestern

noch in Professor Potters Büro eingebrochen und

habe das hier gestohlen.“

Triumphierend hielt die junge Frau bei diesen Worten einen leicht schimmernden, seltsam flüssig wirkenden Umhang hoch, den sie plötzlich aus ihrer Umhängetasche gezaubert hatte.

Scorpius genügte ein fachmännischer Blick, um zu erkennen, was dieses Stück Stoff so ungewöhnlich machte.

„Ein Tarnumhang?“, flüsterte er voller kaum unterdrückter Bewunderung. „Die sollen ja unglaublich selten sein…Wie hast du den nur in die Finger gekriegt?“

„Hast du nicht zugehört? Ich habe ihn mir eine Zeitlang von Potter ausgeborgt“,

knurrte die Weasley grimmig und verstaute den Tarnumhang wieder sorgfältig in ihrer halbvollen Tasche.

„Für einen Professor in Verteidigung gegen die dunklen Künste ist er ganz schön nachlässig. Ich habe gestern Nacht seinem verwaisten Büro (du weißt ja, er ist immer noch im Wald auf der Suche nach Ilona) einen Besuch abgestattet und der Tarnumhang lag noch immer unberührt in dem Versteck, das er mir einmal voriges Jahr gezeigt hat.“

„Aber vielleicht liegen Flüche auf dem Umhang?“, warf Scorpius sofort ein. „Ich zumindest hätte einige Diebstahlzauber auf ihn gelegt, wenn…“

„Für wie blöd hältst du mich eigentlich?“, unterbrach Rose ihn zischelnd. „Ich habe das Ding hundertmal untersucht und bin gestern Nacht während des Rückweges in mein Haus sogar darunter geschlüpft- nichts ist passiert! Also spar dir dein Misstrauen lieber für etwas anderes auf.“
 

„Na gut. So sollten wir zumindest unbehelligt bis zum Astronomieturm… Moment mal.“

Der junge Mann legte fragend den Kopf schief.

„Wo und wann treffen wir uns überhaupt?“, wollte er neugierig von der neben ihm Hockenden wissen.

Die Antwort kam sofort wie aus der Pistole geschossen.

„Um halb zwölf wieder hier! Das Klo der Maulenden Myrte ist wirklich der letzte Ort, wo uns jeder halbwegs intelligente Mensch vermuten würde…“
 

„Entschuldige mal“, ertönte es plötzlich beleidigt aus der Toilette.

„Was soll das denn bitte heißen?“

Rose und Scorpius blieb vor Schreck fast das Herz stehen, als aus der Kloschüssel in der Kabine plötzlich eine Fontäne schmutzig grauen Wassers herausspritzte und sie beide von Kopf bis Fuß durchnässte.

Damit aber noch nicht genug.

Mit einem furchterregenden Platschen erhob sich nämlich mit einem Mal die Maulende Myrte persönlich aus der stinkenden Brühe und funkelte die zwei Schüler aus dicken Brillengläsern heraus trotzig an.

„Es ist nämlich nicht so, dass ich keine Gefühle habe, wisst ihr“,

fing das tote Mädchen mit durchdringender Stimme an zu klagen. „Ich leide darunter, dass mich hier niemand mehr besuchen kommen will…“

Der Geist schluchzte mitleiderregend auf und verbarg den großen Kopf zwischen den durchsichtigen Händen.

Im nächsten Moment schien Myrte jedoch bemerkenswert schnell wieder gefasst.

Sie hob ihr seltsam leuchtendes Gesicht wieder und musterte die beiden schreckerstarrten Schüler triumphierend mit ihren dunklen Knopfaugen, die von der Brille, die sie trug, noch um ein Vielfaches vergrößert wurden, sodass sie mehr wie eine tote Eule als ein toter Mensch aussah.

Mit vor Heiterkeit noch höherer Stimme als sonst verkündete der Geist:

„Ihr wart schon einmal hier! Ich habe euch gehört, aber ich dachte mir, dass ihr gleich flüchten würdet, wenn ich aus der Toilettenschüssel käme…Also habe ich euch belauscht! Und ich habe ganz schön interessante Dinge erfahren…

Ihr wollt aus Hogwarts flüchten, nicht wahr?“

Mahnend hob Myrte ihren linken Zeigefinger und intonierte salbungsvoll: „Ich denke, dass das den Direktor sehr interessieren wird…“
 

Verdammt.

Oh verdammt.

In Roses Kopf wirbelten die Gedanken hilflos durcheinander. Sie musste sich jetzt sofort etwas einfallen lassen, sonst…
 

„Werte Dame. Ich gehe vor Ihnen in die Knie.“
 

Scorpius hatte sich direkt zu Füßen des perlweißen Geistes hinbegeben.

Da hockte der junge Mann nun und betrachtete die überraschte Tote mit einem derart echt wirkenden, faszinierten Ausdruck in den Augen, dass sogar

seine verblüffte, rothaarige Begleiterin

im ersten Moment dachte,

dass er die folgenden Lobpreisungen, die der geübte Akteur sogleich zum Besten gab,

von Herzen kamen.
 

„Ihr Antlitz,

so fein!

Ihr Gebaren,

so lieblich!

Sagt mir, Mademoiselle, wie konnte ich eine solche Rose, deren Schönheit

alle

anderen kümmerlichen Gewächse

verblassen lässt, bis jetzt nur übersehen?“,

schmachtete der Slytherin gekonnt und lächelte die sich inzwischen leicht rosa verfärbende Myrte selig an.

„Nun kann ich sterben“, trieb es Scorpius sogleich auf die Spitze, als er merkte, dass sein Charme den Geist verzauberte.

„Nun kann ich wirklich sterben!

Denn ich habe alles Wunderbare in der Welt gesehen und mir

ist es jetzt

möglich, dem Tod furchtlos ins Auge blicken.“
 

Ok.

Entweder war Malfoy junior nun endgültig verrückt geworden oder

er war einer der talentiertesten Schauspieler, die Rose je gesehen hatte.

Das Mädchen tendierte, nach langem und intensivem Nachdenken, schließlich zu...
 

Scorpius riss die junge Frau aus ihren konzentrierten Überlegungen, indem er in diesem Augenblick pathetisch in ihre Richtung deutete und vor der begeisterten Myrte erneut sein Bestes gab:

„Wir wollen die Gefährtin meiner treuen Dienerin aus den Fängen des Bösen befreien!

Nur deswegen müssen wir Hogwarts heute Abend verlassen. Sagt, meine Schöne,

ist diese Tat des Tadelns wert?“

Hoffnungsvoll verharrte der Slytherin und himmelte Myrte weiterhin mit einem so andächtigen Gesichtsausdruck an, als gäbe es tatsächlich nichts Schöneres auf der Welt als das pustelige Gesicht des maulenden Geistes zu sehen.

Geehrt von so viel Aufmerksamkeit, färbte sich der Geist noch um eine Nuance tiefer rosa, bevor er schließlich mit schwacher Stimme entgegnen konnte:

„Mein Ritter! Wie lange habe ich auf jemanden wie Euch nur gewartet! Keine Eurer Taten könnte ich jemals nicht gutheißen oder gar dem Feind verraten!

Sagt mir nur

eins, Geliebter“
 

Bei diesen Worten kam Myrte Scorpius noch näher, bis sie sich schließlich Aug in Aug gegenüber-standen, oder besser gesagt, teilweise -schwebten:

„Was bekomme ich als Belohnung dafür, dass ich mich nicht mit dem Bösen verbrüdere? Vielleicht“

Die Tote bekam mit einem Mal glänzende Augen.

„Einen Kuss?“, endete sie hoffnungsvoll.

Scorpius unterdrückte ein Würgen. Gleichzeitig schaffte er es jedoch, seine Arme weit auszubreiten und freudig zu verkünden: „Nur einen? Ihr enttäuscht mich, Mylady!

Hunderte, Tausende gehören nur Ihren wunderbaren Lippen…“
 

Rose, die nicht länger an sich halten konnte, stand abrupt auf und lief aus der überfüllten Kabine. Sie versuchte es zumindest bis zum Korridor zurückzuhalten, aber

bereits nach drei weiteren Schritten

musste

das Mädchen

so sehr

lachen, dass

sie innerhalb

von Sekunden

Seitenstechen bekam und mit vornübergebeugtem Oberkörper stehen bleiben musste.

Hinter sich hörte die junge Frau nur noch ein hastiges

„Ihr müsst das dumme Ding verstehen- sie weiß eben nicht, wovon ich rede. Auf ein baldiges Wiedersehen,

meine Morgenröte“,

bevor auch Scorpius aus der Toilette auftauchte,

die sich irgendwie seltsam drohend anhörenden, zärtlichen Abschiedsrufe Myrtes

(„Geliebter! Eile nur davon und komme genauso eilig wieder!“)

dabei komplett ignorierend und die sich vor Lachen bereits den Bauch haltende Weasley grob vor sich her aus dem WC schubsend.

Spätestens da konnte Rose nicht mehr.

Sie ließ sich auf Ort und Stelle auf den Boden fallen und lachte sich die Seele aus dem Leib.

„Ich weiß nicht, was daran so witzig sein soll- ich habe nur unseren Plan gerettet“, ließ sich Scorpius spitz vernehmen.

Aber das half alles nichts.

Die Vorstellung des weißen Ritters war einfach zu göttlich gewesen.

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2009-08-01T19:29:40+00:00 01.08.2009 21:29
LOL!!!

Echt witzig!
Zum Totlachen!!!
^^

Ein Malfoy als weißer Ritter... LOL
...
^^


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