R.A.B. von abgemeldet (one last riddle) ================================================================================ Kapitel 11: In Gefangenschaft: Der Tod -------------------------------------- Und dann erinnerte Ilona sich wieder. Freitag, der 25. Juni. Die letzte Stunde Verteidigung gegen die dunklen Künste hatte soeben begonnen. Das ganze Jahr über war von den Sechstklässlern nur ein Thema behandelt worden: Den Aufstieg und Fall des Lord Voldemort alias Tom Riddle. Angeleitet wurden sie dabei von Professor Potter, dem einzig noch lebenden Fachmann in diesem dunklen Aspekt der Zaubererwelt. An ihre letzte Stunde konnte Ilona sich wegen zweierlei Dinge noch so genau entsinnen. Erstens, Harrys Haare hatten an diesem Tag noch verstrubbelter, unordentlicher, (begehrenswerter) und sogar etwas gelockt ausgesehen. Diese auf den ersten Blick unwichtige Tatsache hatte sie in genau diesem Moment, in dieser kleinen Kammer, im Angesicht eines ebenfalls unfreiwillig lockigen Voldemorts an jenen Unterricht erinnert. Und zweitens… „Weasley! Zählen Sie mir ein letztes Mal noch die sieben zerstörten Horkruxe Lord Voldemorts auf!“ Die Angesprochene zuckte schuldbewusst zusammen. Bis jetzt hatte die Todmüde es nicht für nötig gehalten, dem sowieso nur mehr sporadisch gehaltenen Unterricht ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Die Schülerin war noch verträumt in den letzten, entscheidenden Sieg der Gryffindors gegen die Slytherin Quidditch Mannschaft versunken gewesen. In Gedanken war sie jeden einzelnen Spielzug noch einmal durchgegangen, die den Löwen schlussendlich (wenn auch knapp) den Quidditchpokal gesichert hatten. Da blieb für Du weißt schon wen nicht viel Platz übrig. Und für diese Nachlässigkeit bekam das Mädchen nun die Rechnung präsentiert. „Ähm…“ Noch etwas schlaftrunken kratzte sich die junge Frau die Stirn und versuchte gleichzeitig krampfhaft, dem strengen Blick des Professors nicht zu entgegnen, der sie nun, da sie so schnell offenbar keine Antwort wusste, mit hellgrünen, vor Missvergnügen blitzenden Augen erdolchte. Während das Mädchen sich verzweifelt der richtigen Antwort zu entsinnen versuchte, wurde neben ihr gleichzeitig, und von den restlichen, munter plappernden Schülern gänzlich unbemerkt, vorsichtig eine Hand gehoben. „Lassen Sies gut sein, Weasley. Aber seien Sie gewarnt: Der einzige Grund, warum ich Ihnen für diese nicht erbrachte Leistung keine Punkte mehr abziehe, ist schlicht und einfach die Tatsache, dass Sie gestern Ihre Kollegen aus Slytherin allesamt vom Besen geworfen haben.“ Die ganze Klasse brach daraufhin in lautes Gelächter aus. Professor Potter erlaubte sich ebenfalls ein kleines Lächeln, bevor er sich freundlich der Sitznachbarin der errötenden Rothaarigen zuwandte. „Ja, Miss Una?“ „Nun, Sir.“ Die Ausgerufene schluckte nervös. „Die Antwort auf ihre Frage lautet: Tom Riddles Tagebuch; der Ring seines Großvaters; das Collier der Rowena Ravenclaw; die Schatulle der Helga Hufflepuff; das Medaillon aus dem Besitz Salazar Slytherins; die Schlange Nagini und…“ Die Hufflepuff verharrte einen Augenblick. „Sie selbst“, schloss sie schließlich mit schüchterner Stimme. Auf Ilona lag nun die geballte Aufmerksamkeit der Klasse. Noch nie, NOCH NIE hatte man die stille Blonde von den Dachsen so viel auf einmal reden gehört. Professor Potter unterbrach schließlich als Erster das eingetretene, perplexe Schweigen. „20 Punkte für Hufflepuff, Miss Una!“, rief er laut. Seine Augen glänzten vor Freude. „Besser hätte ich es wirklich nicht selbst formulieren können“, setzte der Lehrer gut gelaunt fort. „Wären Sie nur 17 Jahre früher geboren! Im Krieg hätte man Ihr ausgezeichnetes Gedächtnis und Ihren wachen Geist gut gebrauchen können.“ Das war das größte Lob, das Harry Potter einem Schüler gegenüber je ausgesprochen hatte. Ilona tat es ihrer Banknachbarin gleich und errötete bis unter die Haarspitzen. Gemächlich wandten sich die Köpfe der Schüler nach dieser kurzweiligen Unterbrechung wieder ihren Kollegen zu. Die Jugendlichen begannen erneut entspannt darüber Reden zu halten, was sie in den Ferien nicht alles anstellen würden. Es war schließlich die letzte Stunde. Es war schließlich Sommer… „Aber leider muss ich hinzufügen, dass Ihre Antwort eigentlich nur teilweise richtig war.“ Abrupt wurde es im Klassenzimmer still. Ausnahmslos alle Kinder wandten sich nun mit großen Augen wieder ihrem Professor zu. Dieser bedachte seine Schüler lange mit einem seltsam in die Ferne gerichteten Blick, bevor er leise fortsetzte: „Wir konnten damals nur sechs Horkruxe zerstören. Der siebte ist bis heute verschollen.“ Sofort brach ein Tumult los. Ausnahmslos jeder Schüler wurde mit einem Mal verdächtig blass um die Nase und/oder begann sofort aufgeregt mit seinem Sitznachbarn zu tuscheln. Was sollte das bedeuten? Erlaubte sich Professor Potter nur einen Scherz? Wollte er ihnen zu Schulschluss einfach nur noch einen gehörigen Schrecken einjagen? Oder…? Rose war schließlich die Erste, die ihre Überraschung überwand. Die mutige Gryffindor zog beide Augenbrauen hoch und stellte mit lauter Stimme die entscheidende Frage: „Wie meinen Sie das, Professor?“ „Wie meine ich was, Miss Weasley?“, entgegnete Harry höflich. „Sie haben uns doch erzählt, dass Voldemort tot ist!“, ertönte es plötzlich laut aus der hintersten Reihe. Alain McLaggen, ein stämmiger Hufflepuff in Ilonas Jahrgang, war mit einem Mal aufgestanden und stierte den Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste nun wütend an. „Jeder hat uns erzählt, dass Voldemort tot ist! Jeder WEISS, dass Voldemort tot ist, verdammt noch mal! Jedes Stück seiner kümmerlichen Seele ist von Ihnen zerstört worden, Professor!“ Hier musste Alain einen Augenblick lang innehalten, um erst einmal schnaufend Luft zu holen. Nur allzu schnell gewann er aber seine Stimmgewalt wieder und der Dachs wetterte munter weiter. „Also was sollen jetzt diese Anspielungen? Wollen Sie uns Angst machen?“, klagte er. Harry schob anstatt einer beruhigenden Antwort die Brille seinen Nasenrücken hinauf, verschränkte die Arme und schwieg. Unbehagliche Stille senkte sich über den Unterrichtsraum. Und zu aller Verwunderung war es schließlich Ilona, die als Erste sprach. „Ich denke, Professor Potter meint mit seiner Andeutung das verschollene Amulett des Salazar Slytherin“, murmelte sie gedankenvoll. „Immerhin glauben wir nur zu wissen, dass es zerstört wurde. Aber es muss ja eindeutig schon viel früher vernichtet worden sein- der Zettel, den Professor Potter in dem Duplikat, dass er selbst geborgen, gefunden hat, deutet auf eine schon länger vergangene Zeit…“ Harry lächelte seine Schülerin an, die sich daraufhin sofort verhaspelte und peinlich berührt schwieg. „Schön, dass Sie mich verteidigen, Miss Una“, begann der Lehrer schließlich mit angenehm klingender Stimme, „aber schon wieder liegen Sie richtig und falsch zugleich. Es ist zweifellos wahr, dass ich mit meiner Korrektur Slytherins Amulett meinte. Aber zugleich ist falsch, wenn Sie denken, dass Voldemort für immer von dieser Welt verschwunden ist…“ „Sir, das kann doch nicht Ihr Ernst sein.“ Diesmal hatte Majorie Finnigan gesprochen. Sie war eine zierliche und normalerweise friedliebende Gryffindor, sah in diesem Moment aber ganz und gar nicht friedlich aus. Vielmehr funkelte das Mädchen den weiterhin gelassen lächelnden Lehrer zornig an. „Sie wollen mir doch nicht weismachen, Sir“, begann die Schülerin kühl zu argumentieren. „dass Sie ernsthaft glauben, dass…Voldemort…“ „Oh, ich bin sicher, dass er noch lebt“, unterbrach Professor Potter munter ihren stockenden Monolog. Daraufhin folgte in der ganzen Klasse ein allgemeines, ängstlich- empörtes Atemanhalten. Bevor jedoch irgendjemand anders seine Stimme erheben konnte, hatte Harry schon hastig weitergesprochen: „Sie müssen verstehen: Ich habe zu lange gegen ihn gekämpft, als dass ich mir nicht vorstellen könnte, dass er nicht zusätzlich noch zu den Horkruxen irgendwo für sich eine Hintertür eingerichtet hat… Aber lassen wir dieses Thema. Ich will Ihnen doch nicht frühzeitig die Ferien…!“ In diesem Moment hatte es geläutet und die Schüler waren verwirrt und fassungslos, ohne weitere Erklärungen, in die Ferien entlassen worden. Damals hatte Ilona noch gedacht, dass Harry Potter bei den Gefahren, die er in seiner Jugendzeit laufend hatte durchleben müssen, eben etwas paranoid geworden war… Das tat ihrer Schwärmerei keinen Abbruch. Aber dass der Junge, der überlebte, mit seiner Vermutung tatsächlich Recht hatte. Das hätte sich die Hufflepuff nie und nimmer vorstellen können. Nun stand der lebende Beweis dafür, dass Harry die Wahrheit gesagt hatte, jedoch direkt vor ihr. Und lächelte die Hufflepuff kalt an. Sodass dem Mädchen mit einem Mal unwiderruflich klar wurde, dass es das jetzt war. Dass er jetzt töten würde. „Ich fürchte, dass Sie zu viel wissen, Miss Una“, begann Lord Voldemort andächtig. Der Zauberstab des dunklen Lords war mit einem Mal wieder auf die am Boden Liegende gerichtet. Ilona blieb nicht einmal mehr Zeit, die Augen zu schließen. „CRUCIO!“ Dumpfer Schmerz kroch erneut in dem Mädchen hoch und machte sie stumm, taub und blind. Aber das war nicht so schlimm, versuchte die junge Frau sich einzureden, während sich ihr Rückgrat gefährlich nach oben bog und sie wegen der großen, stetig immer mehr werdenden Qual bereits Sterne in ihrem Sichtfeld aufblinken sah. Es war nicht so schlimm… Es war ..nicht. so… schlimmmmm… Sie war noch nicht tot, warum war sie noch nicht tot? Warum quälte er sie, warum ließ er sie nicht einfach gehen, warum? Aber es war ja… Doch, war es. Denn Tom Riddle dachte dieses Mal nicht daran, aufzuhören. Und so zerfaserten sich die Muskelfasern der Hufflepuff unter schrecklichen Schmerzen qualvoll langsam. Es war, als würde man sich selbst zusehen, wie die Flammen am Scheiterhaufen empor leckten und immer mehr von sich selbst zu brennen anfing, immer mehr… Bis man selbst brannte, im Ganzen und ewig und die Pein einem die Seele zerriss… Und Ilona schrie nicht. Wenn auch ihr Körper verging, vielmehr nur mehr eine klägliche Hülle zu sein schien, die aus nichts als Asche bestand. Wenn auch ihr Gehirn sich verflüssigte und jeden einzelnen, je gedachten Gedanken hervor spie, ohne Sinn und Vernunft… Da gab es etwas in dem Geist der Schülerin, das unzerbrechlich war. Jedenfalls glaubte das Mädchen dies. Und deswegen schrie sie nicht. Auch wenn die Hölle nichts dagegen schien, nichts und gar nichts und wieder nichts… Und dann hörte es auf. Es hörte tatsächlich auf. Mit einem abrupten Zischen waren die Qualen wieder wie weggewischt. Tonlos öffnete Ilona ihren Mund. Und schloss ihn wieder. Obwohl der Fluch von ihr genommen worden war, zuckten die Gliedmaßen des Mädchens immer noch wie wild hin und her, ohne bestimmtes Ziel oder eine angepeilte Richtung. Ihre Haut war unter dem enormen Druck aufgeplatzt. Zahlreiche, blutrote Striemen hatten sich auf dem Körper der jungen Frau breit gemacht, so als hätte etwas gewaltsam versucht, aus ihr herauszubrechen… Ihre Seele, wahrscheinlich. Denn Ilona war tot. Anders konnten die Schmerzen nicht zu erklären sein. Anders konnte es nicht gehen. Nein. Nur am Rande nahm die Blonde schließlich wahr, dass ein Schatten stetig ihr Gesicht verdunkelte. Ein Schatten, dessen Konturen verblüffende Ähnlichkeit mit Tom Riddle hatten. Tom hatte sich tief zu der schwer Malträtierten herab gebeugt und betrachtete das Mädchen nun mit unstillbarer Wut. Was ärgerte ihn an der Kleinen bloß so? Die Antwort wusste der junge Mann selbst nach langem und angestrengtem Nachdenken nicht. Der Dunkle Lord war einfach nur so unheimlich zornig. So unheimlich zornig! Es war so lächerlich. Ein Halb Grindeloh starb zu seinen Füßen. Na und? Aber es beschäftigte den jungen Mann so sehr. So sehr, dass unbedingt noch gefragt werden musste… Nein. Ein Lord Voldemort fragte nicht. Ein Lord Voldemort wusste. Schließlich ließ er sich aber dennoch herab, ein paar Hohn triefende Wörter der Sterbenden entgegen zu schleudern: „Schade, dass Sie nicht geschrien haben.“ Das war eine Frage. Eine indirekt gestellte, letzte Frage. Aber Miss Una war sicher zu schwach, um zu antworten, viel zu schwach und unrein und verrückt und Und zu seiner größten Verwunderung, ja, zu größtem Schock und Unglauben seinerseits breitete sich auf dem leichenblassen Gesicht der jungen Frau plötzlich ein Lächeln aus. Bevor Tom Riddle reagieren, auch nur den Zauberstab heben konnte, hatte sie mit letzter Kraft die linke Hand gehoben und sie sachte an seine rechte Wange gelegt. Ilona flüsterte: „Wissen Sie, Tom. Ich War Noch nie Ein Guter Verlierer.“ Und dann zwinkerte ihm dieses unverschämte Weibsstück auch noch zu! Toms Wangen brannten plötzlich. Der Slytherin entriss sich mit Leichtigkeit dem mit einem Mal Tonnen wiegenden Griff der Sterbenden und wich schwer atmend zurück. Er durfte nicht denken, er durfte jetzt nur JA NICHT denken… Töte sie! Töte sie! Töte sie! Töte…! Er richtete den Zauberstab direkt auf das Herz des Mädchens. Sie richtete ihren unvorstellbar dunklen, unvergesslichen, verdammenswerten, ganz eigenen, grässlichen Blick auf ihn. Lord Voldemort verlor sich nicht in solchen unermesslichen Tiefen. Lord Voldemort. Lord Voldemort war tot. Aber sein jüngeres Abbild war zurückgekehrt. Und Tom ließ das Feuer los. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)