R.A.B. von abgemeldet (one last riddle) ================================================================================ Kapitel 10: In Gefangenschaft: Der letzte Horkrux ------------------------------------------------- Die Zeit schien auf einmal zähflüssig wie Sirup. Ilona betrachtete ausdruckslos den dunklen Lord, der ihre Schultern noch immer mit einem eisernen Griff gefangen hielt. In einem nicht einkalkulierten Wutanfall hatte er das Mädchen aus dem Schlaf gerüttelt. Das war sehr, sehr dumm gewesen. Voldemort fühlte nicht. Voldemort konnte nichts aus der Ruhe bringen. Schön langsam sollte sein jüngeres Abbild dies verinnerlicht haben. Da durfte es keine Ausnahmen geben. Absolut keine. Die gefährlichen Nebenwirkungen, die solch gefühlsbetontes Handeln nach sich zogen, waren gar nicht abzuschätzen. Aber trotzdem. Tom Riddles Augen blitzten immer noch voller Zorn, als er nun abrupt seine Gefangene losließ und sich hastig von der bewegungslos Daliegenden entfernte. Flink zog der junge Lord seinen Zauberstab hervor. Ohne zu zögern richtete er ihn auf Ilona, die sich noch immer keinen Zentimeter gerührt hatte. „Ich verbiete dir, noch einmal von diesem Wesen zu träumen“, knirschte Voldemort mit eisig kontrollierter Stimme. Die junge Frau starrte ihn nur an. „Aber…“, begann sie schließlich mit undeutlicher Stimme. „Kein Aber!“, unterbrach der dunkle Lord mit einem unartikulierten Fauchen. Ilona verstummte. Ihr Gesicht schien mit einem Mal aus einem einzigen, großen Fragezeichen zu bestehen. Hatte das Mädchen sich das nur eingebildet, oder schwang da plötzlich tatsächlich ein Hauch von Panik in den Worten des schwarzen Magiers mit? Nein. Das konnte nun aber wirklich nicht sein. Eher brach die Eiszeit in der Hölle an, als dass... Ohne ein weiteres Wort wandte die Hufflepuff ihren unsteten Blick weg von Tom Riddle und wieder nach oben in Richtung Zimmerdecke. Gedankenverloren begann Ilona, die zahlreichen Risse in der Tapete abzuzählen. Sie war noch immer nicht tot. Das Mädchen hatte zwar keine Ahnung, warum. Aber sie lebte noch. Und nur das zählte schlussendlich. Also sollte sie gelegentlich gefälligst die Klappe halten und das tun, was der mächtigste dunkle Magier aller Zeiten von ihr verlangte. „Wo haben Sie dieses Ding zum ersten Mal gesehen?“, durchdrang mit einem Mal Voldemorts zischelnde Stimme die eingekehrte Stille. Ilona kräuselte kurz missbilligend ihre Nase. Nur ungern rückte sie mit der Wahrheit heraus. Aber es musste wohl sein. „Ich habe das Baby noch nie zuvor in meinem Leben zu Gesicht bekommen. Nur sein Schreien glaubte ich schon in meiner ersten Nacht hier vernommen zu haben…“ Verwirrt hielt das Mädchen für einen Moment inne. „Wenn ich das nicht auch nur geträumt habe“, setzte sie schließlich unsicher fort. Dabei wollte die junge Frau sich abwesend an der Nase kratzen- ihre linke Hand versagte jedoch kurzerhand den Dienst. Stattdessen fuhr plötzlich ein flammender Schmerz ihren ganzen Arm hinauf, der sich schlussendlich in den Schultern zu kompensieren und Sekundenbruchteile danach zu implodieren schien. Unwillkürlich stieß die Hufflepuff ein Wimmern aus. „Aber woher kennen Sie das Ding dann?“, fragte Tom Riddle ungerührt weiter. Ilona entgegnete nichts, stieß nur einen weiteren kleinen, kaum vernehmbaren Klagelaut aus. „Antworten Sie bitte in ganzen Sätzen“, herrschte der dunkle Lord sie daraufhin barsch an. Wenn die Schülerin gekonnt hätte, hätte sie beide Augen verdreht. Aber die sich furchtbar schnell auf ihrem ganzen Körper ausbreitenden, versengenden Flammen verlangten ihre ganze Aufmerksamkeit. Und ließen keine übermäßige Zeit für solche angedeuteten Missfallens Bekundungen. Dabei war nirgends auch nur ein kleiner Funken auf ihrer Haut zu sehen. Soweit Ilona aus vor Schmerz halb geschlossenen Augen erkennen konnte, lag sie selbst zwar unbeweglich, aber vollkommen rein und unverbrannt auf dem eichenen Boden Lord Voldemorts Kammer da. Da konnte doch etwas nicht mit rechten Dingen zugehen… Diese Tortur konnte die junge Frau sich doch nicht einfach nur einbilden! Oder? „Oh, schon gut!“ Genervt wedelte der junge Mann mit seinem Zauberstab. Und als hätte er einfach nur kurz einen Schalter umgelegt, breitete sich mit einem Mal erfrischende Kühle von den Haarwurzeln bis in die Zehenspitzen in der Hufflepuff aus. Das Mädchen atmete erleichtert auf. „Inneres Feuer, nehme ich an?“, wollte sie mit leicht schwankender Stimme wissen, während sie das Gefühl von wässriger Kälte in all ihren Fasern von ganzem Herzen genoss. „Ein spezielles Dämonenfeuer“, erläuterte Voldemort kurz. „Diese Flammen haben eine viel stärkere und ausdauernde Wirkung- allein ihr Auftreten bewirkt vollkommene Körperstarre. Damit ist in Ihrem Fall nicht auch noch ein gekoppelter Lähmfluch vonnöten.“ „Verständlich.“ Ilona streckte langsam alle überdurchschnittlich langen Finger aus und dehnte sie vorsichtig. „Faszinierend, wie schnell sie mein Geheimnis heraus bekommen haben“, sprach das Mädchen schließlich, nach unbehaglichem, langem Schweigen, mit betont gleichgültiger Stimme weiter. „In Hogwarts bin ich sechs Jahre lang unerkannt geblieben- aber ich nehme an, mit einem Zauberer wie Sie kann sich dort niemand vergleichen.“ Sie tat es schon wieder. Tom Riddle runzelte die Stirn. Der Halb Grindeloh lobte schon wieder seine Wenigkeit mit einem derart unteilbaren Unterton, dass sie mit einem Mal direkt, er konnte sich nicht helfen, beleidigend klang. War das nun Absicht? Zufall? Der dunkle Lord konnte die wahre Intention hinter diesem blassen, herzförmigen Gesicht einfach nicht ausmachen. Selbst ihre Augen, aus deren Ausdruck er mit Hilfe der Legilimentik üblicherweise alle Gedanken, Ziele und Ängste sofort herausfiltern können sollte… Sie waren wie kohlschwarze Tümpel ohne Grund, in denen man leicht versinken konnte… Wie aus weiter Ferne drang mit einem Mal eine hohe, kalte Stimme an Toms Ohr. Überrascht stellte der junge Mann fest, dass er gerade selbst sprach, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. Er musste wohl deutlich übermüdeter sein, als er selbst zuvor noch angenommen hatte. Oder das fortlaufende Messen mit diesem Mischwesen kostete ihn zu viel Kraft… Aber diesen Gedanken verbot der dunkle Lord sich, sobald er in seinem rasend arbeitenden Gehirn auch nur kleinlaut in Erscheinung getreten war. Das war einfach nicht möglich. Ein vollausgebildeter Magier, zumal mit solch unglaublichem Talent ausgestattet wie er, war einem Halb Grindeloh immer überlegen. Immer. „Unter Ihrem rechten Knie ist eine kleine, blaue Schuppe verhaftet. Ich nehme an, Sie haben sie, als Sie das letzte Mal ihre Beine abschabten, übersehen.“ Verwundert hob Ilona beide Augenbrauen. Vorsichtig, nur jede verdächtig wirkende Bewegung vermeidend, setzte das Mädchen sich nach diesem abrupt hervorgestoßenen Hinweis auf und zog ihr rechtes Bein zu sich heran. Tatsächlich. Ein silberblau glänzendes Überbleibsel war ihr wohl vor drei Tagen, als sie das letzte Mal ihre Gliedmaßen von verdächtigen Meereshäuten befreite, entgangen. Wie lange das inzwischen schon wieder her zu sein schien. Einfach unglaublich. Mit einem Mal war Ilonas Kehle verdächtig trocken. Oh nein. Jetzt nur nicht schon wieder zu weinen beginnen. Lord Voldemort musste ja direkt denken, dass er es mit einem lebenden Wasserspender zu tun hatte… Obwohl es ihr andererseits ja auch vollkommen egal sein konnte, was ein Ungeheuer dachte. Vollkommen, jaa… Um die plötzlich aufgeschwemmten, nostalgischen Erinnerungen zu vertreiben, schüttelte die Schülerin hastig den Kopf. Dabei konnte sie jedoch, mitten in diese geistig nicht gerade anspruchsvolle Arbeit versunken, plötzlich nicht umhin zu bemerken, dass jede ihrer Bewegungen verfolgt wurde. Ziemlich genau verfolgt wurde, sogar. Unwillkürlich versteifte Ilona sich. Widerwillig stoppte sie abrupt das Kopfschütteln und entgegnete dem glasigen Blick des jungen Mannes vor ihr mit gebotenem Abscheu. „Ich laufe Ihnen schon nicht weg, Mr. Riddle“, formulierte die Hufflepuff spitz. „Sie müssen diesbezüglich also wirklich kein allzu genaues Auge auf mich haben. In dieser sowie in allen nur erdenklichen Beziehungen eigentlich ebenfalls, möchte ich nur hinzufügen.“ Bildete sie sich das nur ein, oder war soeben der Hauch eines Hauchs eines Lächelns über die Fratze dieses unmenschlichen Monsters gehüpft? Das Mädchen setzte mit ungläubiger Stimme fort. Diesen Stimmungsumschwung, wenn es denn einer war, musste sie unbedingt ausnützen! „Und da wir gerade sowieso dabei sind, und Sie mich noch immer nicht umgebracht haben“ Inzwischen war der Ton der Blonden höchst verwundert in die Höhe geschnellt. „Da können Sie mir doch gleich verraten, was Sie denn nun von mir wollen.“ Stille senkte sich über den hell von der Nachmittagssonne beleuchteten Raum herab. Lord Voldemort betrachtete das Mädchen noch einen Moment lang mit erhobenem Zauberstab und einem eindeutig nicht deutbaren Blick. Dann jedoch schien er wie aus einer Trance zu erwachen und senkte die Spitze seines Stabes zu Boden. Geistesabwesend fuhr er sich mit der linken Hand durch sein ordentlich gescheiteltes Haar, ohne seine Gefangene dabei auch nur einen Augenblick aus den Augen zu lassen. Dabei fielen dem jungen Mann zufällig einige störrische Locken ins Gesicht, die plötzlich ein seltsames Eigenleben entwickelt zu haben schienen und seinen Glättungsversuchen widerspenstig widerstehen wollten… Da traf Ilona die Erkenntnis wie ein Schlag. Bevor die junge Frau sich zurückhalten konnte, sprudelte es aus ihr heraus: „Sie sind gar nicht der echte Lord Voldemort!“ …Tödliches Schweigen folgte diesen Worten. Schließlich hatte Tom Riddle sich soweit unter Kontrolle, dass er halbwegs gleichmütig entgegnen konnte: „Sind Sie in den letzten dreißig Sekunden etwa vollends verrückt geworden, Miss Una? Natürlich bin ich es.“ Die Stimme des jungen Mannes war mit einem Mal mit einem Hauch von Trotz versehen. „Ich bin der Dunkle Lord persönlich!“ Sein Zauberstab sprühte bei diesen letzten Worten grün silberne Funken und die smaragdenen Punkte um seine Pupillen glühten ebenfalls leuchtend auf. Doch Ilona winkte nur mit der linken Hand unbeeindruckt ab, bevor sie mit ungehemmter Begeisterung fortfuhr: „Sie sind eine Erinnerung! Eine lebendige Erinnerung! Wie sollte sich sonst ihr verjüngtes Erscheinungsbild erklären lassen und…“ Der jungen Frau blieb mitten im Satz der Mund offen stehen. „Sie sind der letzte Horkrux“, flüsterte das Mädchen mit einem Mal. Ihre Stimme war schwächer als ein Windhauch geworden und hatte plötzlich alle Freude verloren. Mit folgenschweren Worten beendete Ilona ihre unglaubliche Entdeckung: „Das unentdeckte Amulett des Salazar Slytherin- da drin waren Sie 65 Jahre lang versteckt...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)