Accidentally in Love von Herzkirsche (the story of Rose & Scorpius) ================================================================================ Kapitel 2: two --------------                            Der Tag verging ähnlich wie der kleinste Wimpernschlag und bevor man sich recht versah, stand die Sonne schon tief am Horizont und die Hitze des prallen Gelbs wich der Wärme von glühendem Rot, das sich fast malerisch auf das prächtige Anwesen der Familie Delacour betete und die Nacht nicht mehr fern deuten ließ, welche zweifelsohne kam, wie sie unabwendbar war. Erste Lichter zündeten sich hinter verschlossenen Türen an und erhellten die in Dämmerlicht getauchten Räume, doch am hellsten erleuchtete an diesem Abend die Eingangshalle, welche zwar nicht annähernd enorm und groß war wie die in Hogwarts, aber um einiges ruhmbestickter glänzte. Pünktlich zum Sonnenuntergang dieses Tages versammelten sich die Jüngsten des Haushalts in eben dieser Halle, von welcher aus ein Portschlüssel das umschriebene Taxi zu einem Vorort Londons sein sollte. Und dieser damit verbundene Aufwand war wegen nichts Geringerem als einer Party, einer Veranstaltung für vorwiegend Jugendliche, die ihnen das unausgesprochene Recht gab, zu trinken wie viel und was sie wollten, zu küssen und - was weiß Merlin noch alles – wen und was sie wollten und den bitteren Beigeschmack mit sich brachte, dass man vielleicht Dinge tat, die man bereuen würde. Es waren nicht die Gedanken von Rose, es waren die ihrer Mutter. Hermione stand neben ihrem Mann in der Eingangshalle und drehte nervös eine Locke fortwährend um ihren Zeigefinger. Sie hatte ein mulmiges Gefühl gehegt, schon Stunden zuvor und gegen Ende des Tages war es umso intensiver geworden. Natürlich war es falsch gewesen, dass die Kinder einen derartigen Entschluss alle zu der Party zu gehen, hinter dem Rücken ihrer Tochter abgesprochen hatten. Es hatte sie verletzt, das hatte sie gesehen und sofort gewusst, als das Thema aufgekommen war. Rose war eben keines dieser Mädchen, das gerne auf Feiern ging oder allgemein die Gesellschaft vieler fremder Menschen suchte. Dafür schätzte Hermione sie auch insgeheim, denn ließen sich heutzutage nicht zu viele junger Mädchen in ihrem Handeln beeinflussen? Unterschwellig musste sie an Hauselfen denken, verscheuchte den Gedanken jedoch schnell wieder aus ihrem Kopf. Nicht jetzt. Aber sie hatte auch immer lieber mit einem guten Buch den Tag beendet als mit einer Party, die es zu ihren Zeiten in Hogwarts sowieso noch nicht in diesem Ausmaße gegeben hatte. Immer wenn Gryffindor ein Quidditchspiel gewann, hatte die Freude in einer hausinternen Feier gegipfelt, meist angeführt von den Zwillingen Fred und George. Allerdings wusste sie auch über die Veränderungen in Hogwarts Bescheid und wahrscheinlich lag es einfach daran, dass sie das 21. Jahrhundert schrieben, jedenfalls waren Parties nun nicht mehr nur hausintern geschweige denn aller paar Monate. Und Rose war ihres Wissens nach nie dabei. Was Ron einen Blick aufs Gesicht zauberte, als zweifle er an der Anpassungsfähigkeit seiner Tochter und fürchte, sie würde ausgeschlossen werden, ließ Hermione insgeheim erleichtert aufseufzen. Sie sollte bloß nie etwas tun, was sie nicht wollte oder was ihr Schaden brachte. Albus kam zusammen mit seiner Schwester Lily die breite Treppe hinunter und unterließ es ausnahmsweise das glatte Treppengeländer hinunterzurutschen. „Na endlisch!“, begrüßte sie eine aufgeregte Dominique, die trotz ihres leicht nach unten neigenden Mundwinkels vor Schönheit kaum zu übertreffen war. Ihre vollen Lippen waren in einem satten Rot angepinselt und ihre seidige Mähne floss ihren Rücken herab wie es jeden Wasserfall in den Schatten gestellt hätte. „Wir sind pünktlich, Dome“, erwiderte Lily kratzbürstig und stemmte die Hände in die Hüften, als würde sie keiner Diskussion aus dem Weg gehen wollen. Noch immer schien ihr der Ausflug in den Sumpf ihrer Tante im Nacken zu sitzen und kaum merklich suchten ihre rehbraunen Augen nach Louis, der in einer Ecke mit Fred und Hugo stand und noch nichts von seinem baldigen Glück zu wissen schien. Wie sollte er auch. „Rosie fehlt noch!“, schimpfte Dominique und stampfte dramatisch mit ihrem zarten Fuß auf, was Lily nur mit einem Augenverdrehen bewertete. Augenscheinlich waren sie vollzählig bis auf ihre Cousine Rose. Lily hatte in ihrem Kopf momentan keinen Platz für großes Mitgefühl, überlagerte der Rachedrang an Louis doch ihr Denken, aber sie wusste dennoch, dass sie es falsch angegangen waren. Hätte man nur sie zu Rose geschickt und das Ding wäre geritzt gewesen. Zwar nach Stunden der Bearbeitung, aber immerhin. Nein, Dominique hatte ja selbst gehen müssen. „Wir müssen los und Rose fehlt! Sie will nischt mit!“, wandte sich Dominique an die Erwachsenen, die sich ebenfalls in die Halle begeben hatten, um ihre Warnungen und Belehrungen loszuwerden. „Ruhig bleiben, Schatz, Rosie ist nicht mehr weit.“, lächelte ihre Großmutter Molly und legte ihr die Hand auf die schmale Schulter, um ihre Enkelin zur Treppe zu drehen. Lily steckte sich eine rote Haarsträhne hinters Ohr und folgte dem Blick ihrer Cousine wie Jeder in der marmornen Halle. Eine schwach lächelnde Rose stand oben auf der Treppe und schien sofort wieder fortlaufen zu wollen. Die unterschiedlichsten Emotionen strichen ihr über das von Sommersprossen übersäte Gesicht, die ihren Teint jedoch in ein anderes Licht tauchten als an gewöhnlichen Tagen oder irrte Lily sich? Sie wirkten wie zahllose Schönheitsflecken und in diesem Wort lag die Bedeutung, denn sie wirkten wirklich nur wunderschön, nicht lästig wie die Tragende immer behauptete. Lily beneidete sie sogar darum. Dunkelrote Locken strömten Rose über die Schultern und sie warf sie mit einer Handbewegung aus ihrem Gesicht, als wäre sie Jahre lang zu dieser Geste berufen gewesen. Ihr Körper, den Lily nicht beschreiben konnte, weil sie ein Mädchen war, aber bei dem wohl jeder ihrer Cousins in diesem Moment dachte, dass so seine nächste Freundin proportioniert sein sollte, steckte in einem grünen Kleid, das ein gutes Stück über den Knien endete, jedoch keinen Platz für Spekulationen gab, welche Absichten die Trägerin wohl hatte. Es wirkte elegant, vielleicht sexy, aber nicht mehr. Lily war sich sicher, hätte Dominique dieses Kleid getragen, hätte sie dazu eine eindeutige Nachricht ausgesendet beispielsweise etwas wie ‚Nimm mich, aber schnell’ oder ähnlich Anstößiges. Das erste Mal in ihrem Leben wirkte Rose Weasley wie eine Veela auf ihre Umgebung. Schweigen herrschte in der Halle und Rose’ Blick glitt über die erschrockenen und überwältigten Gesichter ihrer Familie ohne recht zu glauben, was sich ihr für ein Anblick bot. „Ach kommt, tut nicht so, als hättet ihr mich noch nie in einem Kleid gesehen!“, sagte sie schließlich unsicher und stöckelte in ihren unbequemsten Schuhen die Treppe hinunter. Sie hatte das Laufen darin zwar geübt, aber Treppen erboten sich immer noch als gefährlich. „Wow, Rose, du siehst bezaubernd aus.“, stieß Albus hervor und seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das wohl nur er ihr als ihr bester Freund schenken konnte. Überraschung glitzerte aus seinem Blick wie aus allen anderen ebenfalls. „Nicht nur bezaubernd, delikat!“, fiel Fred sofort mit ein und schritt anerkennend auf sie zu. „Sexy, aber in Maßen!“, fügte Louis hinzu und warf seiner Schwester, die wie angewurzelt da stand, einen Blick zu, der das Gegenteil bezeugte. Ron bekam bei den Worten ‚delikat’ und ‚sexy’ gleichsam einen Hustenanfall und Onkel Harry klopfte ihm mit einem vielsagenden Lächeln auf den Rücken. Ihre Mutter lächelte ihr ebenso unsicher zu, wie Rose sich in diesen Sekunden fühlte. „Danke“, murmelte sie schwach als Antwort auf die durchaus positiven Komplimente und fühlte sich unter all den Blicken zusehends unwohl in ihrer Haut. Das war sie nicht gewöhnt und das würde ihr wohl auch nie gefallen, so war sie nun mal nicht. Sie stand höchstens im Mittelpunkt, wenn sie in der Schule eine richtige, alles wissende Antwort gab, aber in sonstigen Bereichen ihres Lebens selbstverständlich nicht. Ihr war die Rolle der stillen Beobachterin auf den Leib geschneidert worden und sie hatte sich daran gewöhnt, sich zusehends damit arrangiert. Ihre Finger umfassten ihre kleine schwarze Handtasche und nachdem ihre Gedanken zu dem Taschenbuch gewandert waren, was darin lag und fast den gesamten Platz einnahm, löste sich ihre Verspannung langsam. Das Buch würde ihr den Abend retten, sie würde sich einfach in ein ruhiges Zimmer setzen, fernab der Party und lesen. Das war ihr Plan. „Sehr hübsch, Rosie“, lächelte ihr Dominique zu und in ihrem Blick lag gleichsam ein Ausdruck, den Rose bisher nur auf ihrem Gesicht gesehen hatte, wenn sie die andere Veela in Hogwarts, Jane, angesehen hatte, die somit einzige Konkurrenz ihrer Cousine innerhalb der Steinmauern ihrer Schule. Nachdem diese Erkenntnis sie traf, kam sie sich sogleich albern vor und wusste nicht, ob sie sich freuen sollte, wenn dem denn so war oder ob sie Stolz oder ähnliches empfinden musste. „Leute, ihr macht sie verlegen, merkt ihr das nicht?“, fragte Teddy in die Runde und zeigte theatralisch, was wohl eine Nachahmung Dominiques sein sollte, auf seine Uhr. „Ihr müsst los, der Portschlüssel wartet nicht ewig!“ „Moment!“, schaltete sich Ginny ein und trat einen Schritt vor. Ihre Augen funkelten wie einst die ihrer Mutter, wenn sie ihre Kinder belehrt hatte und Ginny baute sich vor der Gruppe zu voller Größe auf. „Kein Alkohol. Keine Drogen. Kein Sex. Kein Hausfriedensbruch aller Art. Keine Streiche. Jeder passt auf Jeden auf!“ „Ja, wenn wir Sex haben, dann alle nur zusammen.“, erwiderte Fred ernst und nickte seiner Tante zu, was Rose und den Anderen ein Lachen entlockte. „Passt einfach auf euch auf“, half Hermione Ginny, die schon in Begriff war loszutoben, und blickte alle nacheinander mit einem besorgten Blick an. „Spätestens drei Uhr will ich euch alle hier versammelt sehen“, meldete sich nun auch Tante Fleur zu Wort. „Viel Spaß.“, wünschte Bill und nickte ihnen mit einer Kopfbewegung zu, die sowohl bedeutete ‚Macht’s gut’ als auch ‚Haut endlich ab’. Der Portschlüssel entpuppte sich als Fahrradreifen und als Rose Finger sich darum schlossen, die Gestalten ihrer Eltern und die Umgebung in sekundenschnelle verschwanden, sie sich umeinander drehten und auf seltsame Weise flogen bis die Umgebung wieder klarer wurde und einer Wohnsiedlung wich, breitete sich ein unbekanntes Gefühl in ihrer Magengegend aus. Es war nicht der Schrei ihres Vaters gewesen – „Was machen wir hier, holt meine Tochter zurück!“ - der typische Schrei eines Mannes, der Angst um seine kleine, große Tochter hatte, es war auch nicht die Art der Reise gewesen, wahrscheinlich war es so etwas wie Vorfreude vermischt mit Nervosität oder auch Angst. Es war immerhin ihre erste richtige Party. Plötzlich fühlte Rose sich bei dem Gedanken nur noch unwohler und schrecklich unerfahren. Die Party wurde von einem Mädchen aus ihrem Jahrgang ausgerichtet, einer Freundin von Molly und Lucy, mit der Rose wenig zu tun hatte und die sich eine Hufflepuff nannte. Ihre Eltern waren verreist und wussten noch gar nichts von ihrem Glück, aber nach einem Satz von Lucy zu schließen, kümmerten sie sich nicht sonderlich darum, was ihre Tochter tat und was nicht, sie waren reich und durch Galleonen ließen sich auch Zimmereinrichtungen Eins zu Eins ersetzen. Oder durch Magie, aber Rose bezweifelte, dass Natalie dazu in der Lage war. Gerade als sie an die kleine, wohlproportionierte Hexe dachte, die ungemein gerne tratschte und als größte Klatschtante Hogwarts’ galt, kam ebendiese strahlend auf ihre Gruppe zu gerannt, die sich schlendernd dem großen Haus näherte aus dem schon extrem laute Musik zu hören war. „Endlich seid ihr da!“, rief sie freudig und Rose war sich sicher, dass sie mit diesem Ausruf Jeden begrüßte. Lily schien dasselbe zu denken, denn sie zog eine Grimasse als Natalie sich um Albus’ Hals schmiss und danach auch die anderen männlichen Wesen gebührend umarmte, bevor sie sich mit gezierten Küsschen den Mädchen zu wandte. Lily lehnte ihr Angebot ab und gab ihr zu verstehen, dass sie nicht kuscheln wollte, was Dominique etwas von ‚ihr sozialer Stand’ faseln ließ. Natalie lächelte gekünstelt und als ihr Blick an Rose hängen blieb, zerbrach es sofort. Musternd und ungläubig hing ihr Gesicht an deren Gestalt, bevor sie ihre Fassung zurück gelang und ihr bei dem Küsschen ins Ohr flüsterte: „Da will es aber heute Abend Jemand wissen.“ Im ersten Moment glaubte Rose sich verhört zu haben, aber schließlich kam schon ein Tablett mit kleinen Gläsern auf sie zu geschwebt, was unweigerlich Natalies Aufmerksamkeit auf sich lenkte. „Oh, ein kleiner Willkommensdrink!“, lachte sie und das Tablett schwebte in ihre Mitte. Fred und Al nahmen sich sogleich eines der kleinen Gläser und schlussendlich nahm auch der Rest, wenn auch Rose am Zögerlichsten, seinen Anteil. Natalie hob das Glas hoch und grinste: „Das ist heut schon mein Vierter, also auf was wollen wir trinken?“ „Auf den Abend.“, säuselte Fred und nickte ihr zu, sodass Rose sich zwar an der Art dieses Nickens sicher war, dass ihr Cousin nichts für dieses Mädchen fühlte, aber immerhin Jemanden abschleppen wollte. Sie verspürte den Drang ihn zurechtzuweisen, doch biss sich auf die Zunge. Nur keine Spielverderberin sein. „Auf den Abend also!“, erwiderte Natalie und stürzte sich die durchsichtige Flüssigkeit hinunter. Die anderen fielen in ihren Satz mit ein und taten es ihr gleich, sogar Lily trank es mit einem Zug leer. Rose blickte unsicher in ihr Glas. Sie trank sonst nichts, wovon sie nicht wusste, was es war und das sah ganz und gar nicht gut aus. Sie drehte es in ihren Händen, sah wie Fred und Albus schon mit Natalie in der Mitte auf dem Weg waren, das Haus zu stürmen und fasste einen Entschluss: Sie wollte wenigstens einmal wissen, wie es war. Sie wollte wissen, wie es war zu trinken und hemmungslosen Spaß zu haben. Oder annährend hemmungslos. Einmal in ihrem Leben. Nicht an Regeln denken. Was sollte denn schon passieren? Sie würde nicht so übertreiben wie Al bei seinem ersten Mal im vierten Jahr. Oder wie Fred es andauernd tat. Wie Dominique manchmal. Also kippte sie sich den unbekannten Inhalt des Glases hinunter und ein brennendes Gefühl breitete sich wandernd in ihrem Körper aus, riss sogar kurz die Umgebung aus ihrer Verankerung und Rose musste die Augen zusammen kneifen, um sich nicht sofort zu übergeben. Es schmeckte widerlich und ihr Gesicht fühlte sich an, als wolle es nie mehr die Grimasse des Ekels ablegen. Leicht schwankend folgte Rose den Anderen, spürte den besorgten Blick Lilys auf sich und schüttelte ihn von sich ab. Nach dem Ekel kam ein anderes Gefühl, etwas Wärmendes. Auf den Ekel folgte die Unbezwungenheit. -- Leise Musik umspielte den Raum und durch das weit geöffnete Fenster schlich sich leise die Nachtluft. Er wusste nicht, wann das glühende Rot der Sonne sich endlich hinter dem Horizont verabschiedet hatte und das Malfoy Manor in Dunkelheit und Schatten erstrahlt war, aber diese Tageszeit gefiel ihm bei Weitem besser. Sie war nicht so belastend wie die Tageszeit, denn wenn sie meisten Menschen schliefen, machte das eigentliche Leben erst richtig Spaß. Scorpius hatte die Erfahrung gemacht, dass die Leute mit der Nacht manchmal ihre störenden Eigenschaften ablegten – lag es an der Zeit oder dem Alkohol? – und Fassetten von sich zeigten, die man nie erwartet hätte. Er mochte die Nacht aufgrund ihrer selbstverständlichen Unbezwungenheit lieber. Es gab weniger Regeln und mehr Spaß. Seine eisigen Augen wanderten über sein Spiegelbild und blieben zufrieden an seinem Gesicht hängen. Er war zwar nicht wie Adrian und nannte sich selbstverliebt, aber er konnte durchaus Stolz darauf sein, was er hatte. Er war ein Malfoy. Diese zusätzlichen Stunden Schlaf hatten alle Spuren der letzten Nacht verwischt und konnten Neuen Platz bieten. „Scorpius?“, hörte er seine Mutter rufen und kehrte dem Spiegel den Rücken, um sich in der Höhle der Belehrungen einzufinden. Wie vermutet, stand seine Mutter am Fuß der breiten und dunklen Treppe, hatte die Hände vor ihrer Brust verschränkt und sah seltsam beunruhigt aus. „Keine Sorge, ich pass schon auf sie auf“, nahm er ihr die leeren Versprechungen ab und blieb dicht neben ihr stehen. „Das ist es nicht“, erwiderte sie und ihre Augen funkelten unheilvoll. „Oder vielleicht doch, ja vielleicht ist es das.“ Scorpius zog eine Augenbraue in die Höhe und war sich sicher, dass seine Mutter bald völlig durchdrehen würde, als ihr Blick glasig wurde und sich Richtung oberen Fuß der Treppe erstreckte. Er folgte dem Blick und pfiff anerkennend, als er seine Schwester erkannte, was wohl das einzige Kompliment sein würde, das er ihr je machte. „Schatz, du siehst wunderbar aus!“, rief Astoria strahlend und ihre Besorgnis hatte sie abgestreift wie einen Schatten. „Danke, aber weshalb müssen wir noch mal so spät los? Die Party ist sicherlich schon in vollem Gange!“, murrte Imogene und kam vorsichtig in ihrem leuchtend roten Mini-Kleid die Stufen hinunter. Ihre langen blonden Haare breiteten sich wie Wellen ihren fast noch kindlichen Körper entlang aus und erinnerten Scorpius kurz an seine Freundin Jane. „Weil wir cooler sind als die Anderen.“, grinste er und bekam seltsamerweise Unterstützung von Seiten seiner Mutter: „Ihr seid immerhin Malfoys.“ In diesem Moment führte ein Hauself zwei Gestalten in die Halle, die beim längeren Hinsehen ziemlich mitgenommen aussahen und beim genaueren Mustern, sich als Goyle und Zabini entpuppten. „Oh, habe ich etwa vergessen, die Alarmanlage auszustellen?“, fragte seine Mutter entsetzt und gab sich die Antwort anhand der zerkratzten Gesichter der beiden Jungen selbst. „Sie hingen in den Netzen, Missus“, quiekte der Elf und begann Adrians Hose abzuklopfen. „Das tut mir ja so schrecklich Leid!“, entschuldigte sich Astoria Malfoy bei ihrem Besuch und zückte sogleich ihren Zauberstab, um die beiden Jungen wieder in Form zu päppeln. „Ähm, Mrs. Malfoy, haben sie davon Ahnung? Meine Mutter hat mir mal mit ihrem Heilungszauber die Nase gebrochen“, erklärte Goyle und seine tiefe Stimme wurde von leichter Angst vor dem Kommenden überdeckt. „Ich sehe vielleicht nicht so aus, aber hat Scorpius Euch nie erzählt, dass ich eine Ausbildung als Heilerin hinter mir habe?“, lächelte Mrs. Malfoy, während ihr Zauberstab über Quirins Gesicht wanderte und dort eine glitzernde Spur neuer Haut bildete. Nach weiteren zehn Minuten waren auch Zabinis Wunden soweit verheilt, dass sie nach London aufbrechen konnten. Astoria herzte ihre Tochter zum Abschied, was diese nur ausnahmsweise über sich ergehen ließ und sie schlenderten in den Garten, um zu apparieren. „Imogene, du siehst heute Abend wirklich-“ Scorpius warf Adrian einen warnenden Blick zu und dieser änderte seine Ausführungen. „Nett aus.“ „Oh, danke Adrian. Ich will heute auch unbedingt meine Unschuld verlieren.“, erwiderte Imogene grinsend und wurde sofort von ihrem Bruder an der Schulter zurückgezogen. Scorpius ging in die Knie, um wenigstens etwas auf Augenhöhe mit ihr sein zu können und funkelte sie bedrohlich an. „Solange ich auf dich aufpassen muss, wirst du die Wortgruppe ‚Unschuld verlieren’ nicht einmal in den Mund nehmen!“, warnte er leise und Imogene grinste unentwegt auf seine Kosten. „Mein lieber Bruder, ich hatte ja wohl den Meister - was One Night Stands angeht - zum Vorbild, denkst du, ich will mit meinen fast fünfzehn Jahren nicht auch endlich mal an das Frischfleisch?“ Ihr schallendes Gelächter, das Scorpius vermittelte, dass sie ihn lediglich auf den Arm genommen hatte, erhellte die Londoner Straße und sie näherten sich nun dem Haus, aus dem laute und dröhnende Musik ertönte. Gerade als sie durch das kitschige Gartentor gegangen waren, öffnete sich die Haustür und eine kleine Hexe, die er allerdings nur vom Sehen kannte und die in ihrer Dummheit kaum zu übertreffen war - wenn er an Fächer wie Zaubertränke dachte – bewegte sich wackelnd und lachend auf sie zu. „Natalie Bordman, Hufflepuff“, murmelte Adrian ihm zu, denn im Gegensatz zu ihm, vergaß sein Kumpel nie den Namen eines Mädchens. Ihr folgte gehorsam ein Tablett und Scorpius erinnerte sich daran, dass der Schwebezauber wohl ihre sogenannte Spezialität war. Nur gut, dass es auf mehr als schwebende Tabletts ankam. „Na, wen haben wir denn da!“ Und bevor er etwas tun konnte, hatte sich diese Natalie ihm um den Hals geworfen. „Scorpius Malfoy, Adrian Zabini und Quirin Goyle! Na ihr habt mir noch gefehlt und zu spät wie immer, tja, ihr wollt euren Auftritt wahren, kein Problem.“ Imogene hüstelte, nachdem sie so offenkundig übergangen worden war und Natalies Blick blieb verwirrt zwischen den jungen Männern hängen und taxierte die kleine Lady. „Scorpius, du hast deine kleine Schwester mitgebracht, ach ist das süß.“ „Mit Verlaub, ich bin nicht süß. Mein Name ist Imogene und ich kann weit mehr als nur Schwebezauber“, knurrte seine Schwester zu Antwort und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Das Lächeln auf Natalies Gesicht erfror. „Sicherlich, nun, trinken wie also einen Willkommensdrink.“, befahl sie und das Tablett schwebte in ihre Mitte. Jeder nahm sich ein Glas und Scorpius bemerkte beunruhigt wie Imogene dasselbe tat. „Auf den Abend und darauf, dass mich nicht noch mehr Überraschungen ereilen, stellt euch vor, sogar Rose Weasley ist heute hier!“, berichtete Natalie atemlos, bevor sich die kleine Gruppe schnell den Drink hinunterkippte. Imogene schwankte sogleich und hielt sich am Arm ihres Bruders fest, was Natalies Augen zum funkeln brachte. Belustigt sah sie die kleine Hexe an. „Sind alle Weasleys und Potters hier?“, fragte Imogene leise und kniff die Augen zusammen, um augenscheinlich wieder klareren Verstand zu bekommen. „Ja, alle, aber wie gesagt, von Rose war ich am meisten überrascht, sie hat mir erzählt, dass sie es heute Abend wissen will.“, lächelte Natalie geziert. Adrian und Quirin lachten. „Was denn, wie viel sie verträgt? Nun das dürfte nicht so viel sein, wenn sie nicht nur Buchstaben trinkt!“, grinste Scorpius, vergaß aber das dazugehörige Lachen. Seine Schwester hing immer noch an seinem Arm und irgendwo in diesem Haus war eine Person namens Rose Weasley, was addiert nichts Gutes bedeuten konnte. Er hatte das seltsame Gefühl, dass diese Party anders werden würde, als alle anderen in diesem Sommer zusammen. „Ist Jane da?“, fragte er Natalie, die entzückt wirkte, weil er ihr eine Frage stellte. „Na, aber natürlich, hab ich nicht gesagt, dass auf meine Party Jeder kommt?“, säuselte sie und hätte der Blonde etwas im Mund gehabt, so hätte er sich höchstwahrscheinlich daran verschluckt. Jane war also hier. Und sie hielt es seit über einem Monat für unwichtig ihm zu schreiben. „Vergiss Jane, Scorp“, murmelte Imogene heiser und richtete sich wieder vollends auf. Ihre Augen waren wieder klarer und sie setzte ihr allbekanntes Grinsen auf, um ihm zu vermitteln, dass es ihr besser ging. „Trink nicht soviel“, ermahnte er sie, bevor sie sich in das Getümmel aus Tanzenden stürzten und sich langsam mit der Menge vereinten, in unterschiedliche Richtungen davongingen und Scorpius nur noch das Ziel hatte, Jane zu finden. Und der junge Malfoy fand die hübsche Halb-Veela Jane fast auf der Stelle. Sie war immer da, wo sich eine Traube von jungen Männern gebildet hatte, die alle sabbernd da standen und sie angafften. Sie sonnte sich unter diesen Blicken und versprühte ihren Veela Charme, mit dem sie selbst Scorpius den Verstand geraubt hatte. Er griff sich beim Gehen ein Glas mit unbekanntem Inhalt und stürzte es hinunter. Er erkannte ihre langen Beine zwischen denen mehrerer Männer, die er am liebsten sofort von ihr weggerissen hätte. Er war verdammt noch mal ein Malfoy! Einem Malfoy hörte man nicht einfach auf zu schreiben, wenn dann beendete er es. Und Scorpius wusste, dass er nie eine Chance bekommen hatte, es zu beenden, weil er einfach nicht damit gerechnet hatte, dass sie sich von ihm trennen wollte. Er schubste die Typen beiseite und blickte auf Jane hinunter, die auf dem Sofa saß wie eine Königin und ihn unbeeindruckt ansah. „Scorpius“, sagte sie seinen Namen, genauso wie hunderte Male zuvor und doch war es anders, ein Klang ähnlich wie der von Triumph mischte sich in ihre Stimme. Sie dachte, sie hätte ihn gebrochen. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem schmalen und eisigen Lächeln und seine Augen bemerkten die Hand, welche ihre zarten Finger hielten und nicht losließen, selbst in diesem Moment nicht, wo er es gesehen hatte. Zorn vermischte sich augenblicklich mit seinem Blut und seine Augen suchten die des Kerls, der so dreist war, ihre Hand zu halten. Es war ein bulliger Typ, der zwar zu wissen schien, was ihn erwartete, aber gänzlich kein Interesse daran zeigte. „Scorpius, man“, hörte er Adrians Stimme hinter sich, der versuchte zu retten, was nicht mehr zu retten war. „Willst du mir deine neuste Beute nicht vorstellen?“, fragte er Jane ruhig und blickte wieder zu dem Typen hinüber, der immer noch ihre Hand hielt. Er funkelte ihn zornig an und Scorpius setzte schon dazu an, ihn offenkundig zu beleidigen, als Jane ihm zuvor kam. „Das ist Magnum Davis, er ist mein neuer Freund und ging bis vor Kurzem noch nach Durmstrang, wird jedoch für sein letztes Jahr nach Hogwarts wechseln.“, erörterte sie knapp und ihr Blick suchte den von Scorpius, um ihn zu verzaubern und ihn alle Rachegelüste mit einem mal abzuschnüren. Doch er ging nicht darauf ein und unterschwellig wurde ihm bewusst, dass sich eine Menge Schaulustiger um sie herum versammelt hatte. Als er den Kopf hob, blitzten seine Augen in die von einer aufgeregten Natalie, die sich zu freuen schien, dass eine handgreifliche Auseinandersetzung in der Luft lag. Scorpius leckte sich über die trockenen Lippen und grinste dann Davis herausfordernd an. „Also da wo ich herkomme, klärt man so was anders.“ Seine Stimme klang fremd, überdeckt von einem unterdrückten Zorn, unbeschreiblicher Wut und merkwürdiger Ruhe. „Kein Wunder, Durmstrang ist ja auch bekannt für seine Insassen ohne Eier.“ Scorpius Stimme wurde lauter und er sah zu Adrian, um sich seiner Treue ihm gegenüber zu versichern und während Goyle mal wieder über jede Auseinandersetzung erfreut schien und wortlos seine Unterstützung zusicherte, verdrehte Adrian die Augen, nickte jedoch knapp und begann sich die Ärmel seines Hemdes hochzukrempeln. Als Scorpius das nächste Mal zu Davis blickte, hatte der sich bereits erhoben und funkelte ihn nunmehr wütend an. Er war ein Koloss, einige Köpfe größer – was sowieso untypisch war, wenn man es mit einem Malfoy zu tun hatte – und selbst wenn der Blonde ihn mit seinem Zauberstab in sekundenschnelle erledigt hätte, verstand man es zu ihrer Zeit auch, es den Muggeln gleich zu tun und mit Fäusten zu kämpfen, was obendrein auch seine Vorzüge bot. „Was denn, hast du Angst?“, fragte Scorpius und als sein Blick einen Moment zu lange an Jane hängen blieb, brachte sie sein Blut zum kochen und ließ seine Reflexe schmelzen, sodass er einen heftigen Schlag im Gesicht spürte, merkte wie seine Lippe aufplatzte und das Blut schmeckte, ohne sich recht von ihr losreißen zu können. Davis schlug weiter auf ihn ein und Jane hielt seinen Blick schwach lächelnd fest, der so eine Menge ausdrückte nur keinen Funken Liebe. Eher Freude oder Amüsement über diese Situation. Er spürte den Schmerz und wusste nicht, ob es wegen Davis Schlägen oder Janes Verrat war. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Goyle und Zabini zu ihren Zauberstäben griffen und Davis Freunde elegant aus dem Weg pusteten. Davis verlegte seinen Griff um Scorpius Hals, der nunmehr sicher war, dass Jane ihm einen Körperfesselfluch aufgehetzt haben musste, um zu garantieren, dass ihr neuer Freund ohne eine Wunde davonkam. Miststück. Er fühlte wie Davis Hände fester um seinen Hals drückten und es ihm schwerer viel, zu atmen. Er dachte sich die schlimmsten Flüche aus, doch ohne Zauberstab waren ihm die Hände gebunden. Er hatte keine Chance. „Willst du noch mehr?“, fragte Davis erzürnt und Scorpius brachte ein kleines, arrogantes Lächeln zu Stande. „War das denn schon alles?“ Die Menge zog die Luft ein und Davis schleuderte Scorpius erzürnt durch den Raum, diesmal mithilfe seines Zauberstabes und der Malfoy spürte mit jeder Faser wie er krachend am Boden landete. Dabei hörte er entsetzte Aufschreie und direkt neben seinem Ohr ein gequältes ‚Aua’, bevor der Körperfesselfluch seine Wirkung verlor und Scorpius wieder seltsam lebendig seines Schmerzes Zeuge wurde. Das Gefühl von Ungerechtigkeit legte sich auf seine Zunge und er schmeckte sogleich wie ihm das Blut über die Lippen floss. Er würde sich an diesem Monster noch zu rächen wissen, der aufgrund von Jane ohne einen Kratzer davon gekommen war. Seine Augen folgten der jungen Frau, als sie mit Davis an der Hand und einer Schar von Gefolgsleuten den Raum verließ, ohne sich jedoch die Geste nehmen zu lassen und ihm eine Kusshand zuzuwerfen, von der Davis keine Notiz nahm. Auf den anfänglichen Schmerz folgte die Gleichgültigkeit. „Scorpius Malfoy, gedenkst du heute noch einmal von mir runter zu gehen?“ Der Boden hatte sich wirklich ungewöhnlich weich angefühlt.                            Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)