Diagnose: Schreibblockade von Geminy-van-Blubel (Dreimonatige Challenge) ================================================================================ Kapitel 108: 7.4.2024: widmen ----------------------------- „Willst du sie eigentlich zurück?“, hatte Steffen geradeheraus gefragt und beobachtete nun Detlefs Reaktion. Ein gewisser Unwille lag in seinen Zügen, aber galt der Saskia, der Frage oder dem Fragenden selbst? Der Blonde verschränkte die Arme vor der Brust und stieß sich vom Tisch ab, an den er sich gerade erst gelehnt hatte. „Was ist heute los mit dir? Erst die Aktion mit dem Foto, dann jetzt diese Frage – was soll das?“, ging er zu den Lebensmittelvorräten und fing an, sich der Vorbereitung des Abendessens zu widmen. Inzwischen hatten immer mehr frische Lebensmittel Einzug gehalten, genauso wie ausreichend Vorräte von Reis, Nudeln und anderem, um nicht alle zwei Tage frisch einkaufen zu müssen – obwohl ihm gerade das im Moment vielleicht sogar ganz lieb gewesen wäre, um der Situation zu entkommen. „Ich hab mich nur gefragt, wohin das mit euch beiden eigentlich führen soll. Willst du wieder eine Beziehung mit ihr eingehen? Willst du nur mit ihr befreundet sein? Willst du so weit wie möglich gar keinen Kontakt mehr mit ihr? Was willst du?“, heftete Steffen seinen Blick auf Detlefs breites Kreuz, während der ihm den Rücken zudrehte und keine Anstalten machte, das zu ändern. „Ich weiß, du bist ihr Cousin und du meinst es gut mit ihr. Und du weißt hoffentlich, wie dankbar ich für deine Hilfe bin, aber ehrlich gesagt: Das geht dich nichts an“, sagte Detlef und widmete sich den Vorratsdosen, um Pilze und Mais herauszusuchen. Er war es leid, dass ständig jemand aus der Familie oder dem Freundes- und Bekanntenkreis Fragen und Äußerungen zu seinem Liebes- und Arbeitsleben fallen ließ. Seit der Trennung und seinem Umzug schien jeder von ihm zu erwarten, dass er sich für seine Entscheidung rechtfertige oder sich ungefragt die Meinungen anderer anhörte. Steffen schwieg. Er schwieg auch dann noch, als Detlef ihn fragte, ob sie noch irgendwo Curry hatten. Der Blonde seufzte aus und drehte sich endlich wieder zum Tisch um. Noch immer keine Antwort, sondern nur Steffens eiserner Blick. „Tut mir leid, wenn dich das vor den Kopf gestoßen hat, aber das geht nur Saskia und mich was an. Also? Weißt du, ob wir noch Curry haben?“, lehnte Detlef sich an die Arbeitsplatte und stützte die Hände auf ihr ab. Steffen begann, mit dem Finger auf die Tischplatte zu tippen und nickte dann langsam. „Im Kühlschrank“, murmelte er und erhob sich, während Detlef sich weiter ums Essen kümmerte. Er hielt kurz inne, als Steffen wieder in sein Zimmer verschwand. Ein wenig meldete sich das schlechte Gewissen und doch versuchte er sich zu sagen, dass er richtig gehandelt hatte – etwas, das ihn noch immer einiges an Überwindung und Überzeugungsarbeit kostete. „Wenn zwischen Saskia und dir alles geklärt ist, störts dich ja auch nicht, dass sie wieder auf Dates geht, richtig?“, ertönte es plötzlich hinter ihm und er erschrak. Lag es daran, dass er Steffen nicht hatte zurückkommen hören oder an dem, was der gesagt hatte? Mit großen Augen starrte er Saskias Cousin an, während der sich neben ihn stellte und auf sein Handy schaute. „Ich hatte nicht den Eindruck, dass ihr gerade viel Kontakt miteinander habt. Vielmehr hab ich den Eindruck, dass du ihr seit Wochen aus dem Weg gehst – was okay ist, wenn du das wirklich willst.“ Er hob den Blick und schaute Detlef fest an. „Wenn du kein Interesse mehr an einer Beziehung mit ihr hast, bin ich damit völlig fein. Aber ich hab bei dir eher das Gefühl, dass du noch sehr viel für sie empfindest und gerade nicht merkst, wie dringend du ins Handeln kommen solltest, wenn du noch eine Chance bei ihr haben willst“, hielt er Detlef sein Handy unter die Nase und zeigte ihm den Teil des Chatverlaufs, in dem Saskia von der Verabredung erzählt hatte. „Vielleicht trifft sie sich mit einer Freundin“, murmelte der heiser und räusperte sich. „Wir… wir machen doch eigentlich nur eine Pause“, ließ er den Blick zu Boden wandern, als Steffen sein Handy wieder einsteckte. „Hast du ihr das auch so gesagt?“, fragte der und Detlef hob leicht die Schultern. „Ich hab ihr gesagt, dass ich gerade Zeit brauche, um herauszufinden, was ich will und dass ich mir über Vieles Gedanken machen muss, wie es weitergehen soll“, murmelte er. „Klingt für mich nicht unbedingt nach einem Lass uns eine Pause machen, sondern eher nach einem Gut möglich, dass ich bei meiner Grübelei auch erkenne, dass es mit uns nicht mehr passt“, verschränkte Steffen die Arme vor der Brust und betrachtete mit strengem Blick, wie Detlef sich zum Stuhl schleppte und darauf nieder ließ. Er schüttelte den Kopf und rieb sich das Gesicht. „Ich hab mich vielmehr gefragt, ob ich überhaupt noch der Mann bin, den sie will“, glich seine Stimme einem Flüstern. Steffen runzelte die Stirn. Er ging ihm nach und setzte sich ihm gegenüber. „Wie meinst du das?“ Detlef schaute auf seine Hände, die er auf seinem Schoß ruhen ließ. Schwielig und kräftig waren sie geworden. Von dem angehenden Akademiker sah er längst nichts mehr beim Blick in den Spiegel. „Na ja, ich hab mich in der letzten Zeit ziemlich verändert. Gut möglich, dass sie mich jetzt nicht mehr will… aber ich weiß nicht, wie gut ich damit gerade umgehen könnte. Weißt du… Ich wollte einerseits herausfinden, wer ich bin, aber andererseits dann auch zu ihr zurückkehren und ihr zeigen, dass ich endlich was aus mir gemacht hab. Dass auf mich Verlass ist und ich halt kein… Traumtänzer bin.“ Steffen rollte mit den Augen, als Detlefs Worte ihn an die Auseinandersetzung mit dessen Vater erinnerten. „Inzwischen hab ich den Plan gefasst, dass ich nach Beginn der Ausbildung zu ihr gehe und ihr sage, dass ich nun ein Mann bin, auf den sie stolz sein kann. Dass ich vielleicht noch nicht allein für eine Familie sorgen, aber sie zumindest unterstützen kann. Dass es mir wirklich ernst ist mit dem, was ich jetzt beruflich mache", sprach Detlef weiter und einen Moment saßen die beiden Männer schweigend beieinander, um ihren Gedanken nachzuhängen. Dann runzelte Steffen plötzlich die Stirn und schaute Detlef irritiert an. „Hast du gerade Familie gesagt?“, fragte er und hob die Augenbrauen, als Detlef leicht nickte. „Wir hatten zuletzt viele Schwierigkeiten und müssen an der Beziehung arbeiten – auch ein Grund, warum ich dachte, dass uns etwas Abstand vielleicht ganz gut täte, um die Gemüter zu beruhigen – aber trotzdem stand für mich immer fest, dass sie die Frau ist, mit der ich mein Leben verbringen und eine Familie gründen will“, hob er den Blick zu Steffen, dem das Gesicht merklich entgleiste. „Und hast du ihr das auch mal so gesagt?!“, rief er entgeistert aus – wohl wissend, wie unglücklich und unsicher Saskia durch Detlefs Verhalten war. Der aber schüttelte leicht den Kopf und rieb sich den Nacken. Nur langsam konnte er sich eingestehen, dass er bislang nicht den Mut aufgebracht hatte, ihr das alles zu sagen – aus Angst, völlig zu zerbrechen, wenn sie abgelehnt hätte auf ihn zu warten. „Irgendwie hatte ich damals plötzlich das Gefühl, dass mir alles zu viel wird. Dass ich keine Luft mehr bekomme und weg muss, aber ich wollte auch nicht sang- und klanglos verschwinden und hab erst mal nur gesagt, dass ich Zeit für mich brauch“, zuckte Detlef die Schultern und Steffen betrachtete ihn. Er wusste noch gut, wie Saskia ihn nach der Trennung tränenüberströmt angerufen hatte und auch, was für ein Häufchen Elend Detlef an dem Abend gewesen war, an dem seine Eltern ihn rausgeschmissen hatten. So wütend ihn Saskias gebrochenes Herz auch gemacht hatte, war Detlef in seinen Augen eigentlich immer ein feiner Kerl gewesen – einer, der sich manchmal aber auch selbst im Weg stand, wie er damals schon vermutet hatte und auch jetzt wieder dachte. „Ich glaub, ich hab nicht damit gerechnet, dass sie so schnell über mich hinweg kommt“, sprach der nun weiter und Steffen platzte der Kragen. „Wie blöd bist du eigentlich?!“, fuhr er ihn an und schüttelte fassungslos den Kopf. „Sie ist nicht über dich hinweg, sie hängt inzwischen seit gut vier Monaten in der Luft und fragt sich, wie es weitergehen soll! Du kriegst ja den Mund nicht auf, um das zu erzählen, was du mir gerade gesagt hast!“, stand er auf und stützte die Hände in die Hüften. „Ja, die Situation ist schwierig für dich, aber hast du auch mal dran gedacht, wie es ihr geht? Sie hat dir sogar geholfen, als ihr schon auseinander ward. Du solltest eigentlich merken, wer dich unterstützt und mit wem du offen reden kannst. Also sprich auch mit den Menschen und warte nicht, dass sie deine Gedanken lesen! Und sprich vor allem endlich mit Saskia! Und wenn du sie nur bittest, auf dich zu warten! Zeig ihr, was sie dir bedeutet! Oder willst du ernsthaft warten, bis in ein paar Monaten die Ausbildung anfängt und sie bis dahin im Unklaren lassen? Ganz ehrlich? Das wäre nicht fair und wenn du das wirklich machst, vergess ich für einen Moment, dass ich dich eigentlich gut leiden kann!“, schnaubte Steffen aus und schloss dann erleichtert die Augen, als Detlef meinte „Du hast Recht“. „Klar hab ich Recht“, murmelte er und setzte sich wieder. "Ich hab gar nicht gemerkt, wie viel Zeit inzwischen schon vergangen ist", murmelte Detlef und verschränkte die Arme auf dem Tisch. „Jap. Damits künftig besser läuft, nimm am besten den hier mit“, lehnte Steffen sich hinüber zu seiner Werkzeugkiste und zog einen Zimmermannshammer hervor, den Detlef irritiert musterte. „Was soll ich damit?“ Steffen grinste und schob den Hammer über den Tisch. „Gegen dein Brett vorm Kopf“. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)