Drachenjagd von Lady_of_D (Die Himmelsgöttin) ================================================================================ Kapitel 52: Devon ----------------- Langsam drehte er sich von ihm weg. Der Geruch von fauliger Paladinmagie hing in der Luft. Die Wände waren brüchig, der Schaden innerhalb des Palastes war im Vergleich zu draußen gering und doch hatte das Innere eine große Lücke in ihre Verteidigung gerissen. Es würde Wochen dauern, bis Immunisierung Nummer zwei vollständig aus dem Gestein vertrieben worden wäre. "Ich brauche dich hier", sagte Devon ruhig. "Ich kann nicht zulassen, dass Ihr allein loszieht", schüttelte sein Leibwächter den Kopf, "genau das erwartet er doch von Euch. Das Ganze ist eine Falle, um an Euch heranzukommen und Ihr wollt Euch ihm auch noch vor die Füße werfen?!" "Dann soll er bekommen, wonach es ihm verlangt." Solange Devon die Himmelsgöttin befreite, war es ihm egal, was der Großmeister von ihm wollte. "Hoheit", Trias rang nach Atem, "was, wenn Ihr getötet werdet? Wie soll es denn weitergehen? Was für eine Hoffnung soll es denn dann noch geben?" "Falsch, Trias. Ohne die Prinzessin wird es keine Hoffnung geben." "Umso wichtiger, dass ich Euch begleite." "Als ich dir sagte, du sollst bleiben, war das keine Bitte." Der Ton des Königs verschärfte sich. "Ich bin Euer Leibwächter! Euch bis in den Tod zu folgen, ist meine Pflicht." "Du bist genauso ein Leibwächter wie du ein Untertan meines Volkes bist! Und ich werde nicht zulassen, dass sich einer meiner Leute opfert." Er schaute ihm streng in die Augen. "Das Volk braucht seinen König", beharrte Trias weiter darauf . "Ein König", erwiderte Devon scharf, "was ist ein König ohne sein Volk?" Trias antwortete nicht. Die Lippen fest zusammengepresst, ergab er sich seinem Schicksal - und das seines Königs. Langsam ließ Devon von ihm ab. "Ich will, dass du dich in meiner Abwesenheit um das Schloss kümmerst. Kyia wird Unterstützung beim Wiederaufbau brauchen. Und sorge dafür, dass unsere Verbündeten die Briefe erhalten. Wir müssen uns unsere Freunde nahe halten. Setze sie über die Details in Kenntnis und triff' entsprechende Vorbereitungen für eine Abreise nach Isven." "Ja, Hoheit." Devon seufzte. Der Missmut seines Leibwächters wäre amüsant, wenn sie nicht vor einer derart misslichen Lage stünden. Gerne hätte er ihm ein paar tröstende Worte gesagt. Doch Devon war nicht der Drache für falsche Versprechungen. Davon hatte es zuweilen genug gegeben, und Trias wusste, wie die Chancen standen. Eine tiefe Verbeugung und der Volan machte sich auf dem Weg in Richtung Arbeitszimmer. Die Wege der Drachen trennten sich. Devon öffnete das Tor zum Schlossgarten und ließ die kalte Brise auf sein Gesicht. Den Garten hatten sie verschont, denn es gab hier nichts, was die Paladine interessierte - zumindest nichts, wovon diese Schlächter eine Ahnung hätten. Über die Wiese geschritten, ging es an unzähligen Rosen- und Dahlienfeldern vorbei. Die Beete wurden noch um ein paar rosane Chrysanthemen erweitert - die Lieblingsblumen der Prinzessin, wie er erfahren hatte. Devon beschleunigte seinen Schritt. Efeu führte ihn in den Kern des Gartens, der von einer menschlichen Frauenstatue mit Drachenflügeln ausgeschmückt wurde. Eine Momentaufnahme, welche an die Erweckung der ersten Himmelsgöttin Kizari erinnern sollte. Ihre Geschichte war von den Menschen vollkommen verzerrt worden. Paladine verdrehten gerne einmal die Wahrheiten. Der Mythos des Flügelmenschen war eine Geschichte, die einst die Drachenjagd rechtfertigen sollte. Als Menschen, die von Beginn an mit Flügeln gesegnet und allein von den Drachen herausgerissen worden waren, wäre es doch nur fair, sein natürliches Geburtsrecht zurückzufordern! Dass sie mit ihren Lugenmärchen ganze Völker auf die Drachen hetzen würden, hätte vor neunhundert Jahren niemand geahnt und vielleicht war es töricht gewesen, an eine friedliche Koexistenz geglaubt zu haben. Traurig blickte die Statue zu Devon hinab. Sie hatte schon immer eine bedrückende Wirkung auf ihn ausgeübt. Die Flügel - wie ein Kokon um die zarte menschliche Hülle gewickelt - waren ihre nackten Füße das einzige, das unter den prächtigen Schwingen hervorlugte. Behutsam legte er seine rechte Hand auf den linken Fuß. Der Marmor war warm, unter seiner Berührung begann er wohlwollend zu vibrieren. Ein Zischen und die Flügel breiteten sich aus, die gesamte Statue bewegte sich, die Beine gingen in die Hocke, der Kopf verneigte sich. Dann rückte die Statue zurück, dass der Sockel einen unterirdischen Eingang freigab. In der Dunkelheit waren die Stufen kaum zu erkennen, doch Devon wusste, dass er nur die ersten zwei hinabsteigen musste, bis Lichtkugeln seinen Weg erhellen sollten. Die Himmelsmagie hier war stark, es pulsierte zwischen dem Gang, als Devon seine Hände darüber streichen ließ, sanft und einfühlsam. Himmelsblut rief Himmelsblut. So war es schon immer gewesen und so würde es auch immer sein. Vorausgesetzt es gab Himmelsblut, das sich rufen konnte. Schnell schob er den Gedanken beiseite. Die letzte Stufe führte ihn in die königliche Ruhestätte. Es war ein kleiner Raum, es gab lediglich einen Sarg, der für ein ganzes Königreich stand, welches dabei war, von der Bildfläche zu verschwinden. Drachen hatten dem Tod noch nie eine große Bedeutung beigemessen - Herrscher bildeten keine Ausnahme. So war der Sarg aus einfachem Stein gehauen, vermutlich mithilfe eines Bergdrachen in Form geschnitten. Auf dem Deckel war die Himmelsmagie wild und unbeherrscht. Die Verstorbenen spürten seinen jüngsten Nachfahren, seinen Zorn und die Schuldgefühle, die in eine ungewisse Zukunft mündeten. Zuerst ging Devon auf die Knie. Er beruhigte sich und sein Gemüt. Wenn er die Vorfahren nicht verärgern wollte, musste er das anwenden, was er die Jahre über gelernt hatte - Ruhe bewahren, die Sinne nach innen kehren und den Geist von weltlichem Schmerz befreien. Ein Gurgeln und die Himmelsmagie beruhigte sich. Wie ein Bindfaden wickelte sie sich um Devons Finger, die Hände begannen zu glühen und ein leises, zufriedenes Schmatzen ließ den Deckel zur Seite kippen. Devon erhob sich. Eine dicke Staubschicht flog ihm entgegen, bevor die Sicht auf das Innere freigegeben wurde. Nur einmal hatte er das Schwert betrachten dürfen. Das war noch vor seiner Herrschaft und noch weit vor einem König, der bereit war, die Gesetze für das Allgemeinwohl zu brechen. Ein Summen benetzte seine Ohren, als die Finger das Metall umfassten. Himmelsblut zuckte in der Klinge, die auf dem ersten Blick gewöhnlich wirkte. Der Griff war mit einfachen Bändern versehen. Stofffetzen, die als Opfergabe dargeboten wurden und ein Zeichen der Verbundenheit waren. Alle Könige, die das Drachenreich beim Namen nennen konnte, hatten sich in dem Schwert verewigt und einen Teil ihrer Kräfte auf die Klinge übertragen. Fast schien es als hätte die Waffe eine Persönlichkeit entwickelt. Das Surren wurde still, als lauschte es Devons Gedanken, die von dem letzten, aussichtslosen Hoffnungsschimmmer zerrten. Andächtig hob er die Klinge auf, das Surren wurde ein Murmeln, Devon glaubte, darin eine Art Bestätigung zu sehen. Das schwache Licht reflektierte die stählerne Klinge, die einen mit dem vertrauten eiskalten Blick betrachtete. Den Griff fest umklammert, verneigte er sich, der Sargdeckel schob sich zurück an seinen Platz und auch die Lichter schienen ihn nach draußen geleiten zu wollen. Das Schwert stieß einen Funken Himmelsmagie aus, dann war es wieder still. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)