Drachenjagd von Lady_of_D (Die Himmelsgöttin) ================================================================================ Kapitel 18: Izara ----------------- Izara folgte dem König. Sie kehrten zurück ins Schloss, wo ein spannungsgeladener Bergdrache ihre Ankunft erwartete. "Prinzessin", knurrte Kyia, nachdem sie vor ihrem König auf die Knie gegangen war. "Ich bitte vielmals um Verzeihung, Hoheit. Dass die Prinzessin einfach verschwinden konnte, ist unverzeihlich. Jede Strafe, die Ihr für angemessen haltet, werde ich demütig auf mich nehmen." Irritiert starrte Izara zu König Devon. "Steh' auf Kyia", sagte er ruhig, "du hättest es nicht verhindern können." "Ich hätte aufpassen müssen", erwiderte Kyia, als wünschte sie, dass der König sie bestrafte. "Gegen Himmelsblut bist auch du nicht gefeit, Kyia", die Blicke des Königs wurden eisiger, "und außerdem", er sah jetzt wieder zu Izara, "ist die Prinzessin keine Gefangene. Solange die Umgebung sicher ist, darf sie sich überall aufhalten. Sei es innerhalb oder außerhalb des Schlosses." "Jawohl", Kyia senkte den Blick. "Ruh dich noch etwas aus", er nickte Izara zum Abschied zu und verschwand in den Fluren. Langsam erhob sich der Bergdrache, Kyia stieß einen tiefen Atemzug aus, dann begleitete sie Izara zurück in ihr Zimmer. Izara hätte sich gerne entschuldigt, aber Kyia selbst hatte ihr schon mehrmals gesagt, dass es für eine Prinzessin nicht angemessen war, vor ihren Untergebenen um Entschuldigung zu bitten. * In ihrem Zimmer angekommen, warf sich Izara aufs Bett. Schlaf hätte sie bitter nötig gehabt. Was auch immer das für ein Traum gewesen war, er hatte sie nicht zur Ruhe kommen lassen. Die Augenlider wurden schwer, doch die Kopfschmerzen und der Druck auf ihrer Brust ließen sie nicht schlafen. Langsam legte sie sich auf die Seite, dass ihr Blick zu dem großen Spiegel wanderte. Sie verstand, warum sie so angesehen wurde. König Juras hatte dieselben hellen Haare, dieselbe blasse Haut. Von ihm hatte sie die hohen Wangenknochen und das spitze Kinn. Mit den Fingerspitzen strich sie sich über die Stirn. Der alte König hatte kürzeres Haar, das ihm wirr ins Gesicht gefallen war und einen Großteil seiner Augen verdeckt hatte. Sie hatte ja schon immer gewusst, dass sie nicht viel von ihrer Mutter geerbt hatte (außer die zierliche Statur), aber die Ähnlichkeit zu König Juras machte ihr doch ein klein wenig Angst. Wenn das Volk nicht nur äußerliche Ähnlichkeiten vermutete? Wenn sie glaubten, sie könnte wie er sein? Dabei war er ihr so fremd wie der Drache in ihr. Sie biss sich auf die Lippen. Wie konnte es passieren, dass sie von einer jungen Frau zum weinerlichen Drachenmädchen mutiert war? Trotzig wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. Sie rollte sich vom Bett und ging auf den Frisiertisch zu. Kaltes Wasser stand in einer silbernen Schale, Izara klatschte es sich ins Gesicht und blickte entschlossen in ihr Spiegelbild. Bis zu ihrer Abreise musste sie sich zusammennehmen. Nicht dass König Devon seine Entscheidung überdachte, und Izara doch noch im Schloss bleiben musste. Wenn erst einmal der Schrecken der Nacht vorüber wäre, könnte sie sich sogar ein wenig auf die Reise freuen. * Nur schwer unterdrückte sich Izara einen Gähner. Sie hatte doch noch ein wenig Schlaf gefunden, wenn auch nur in mehreren kleinen Abständen und auch nicht gerade gut, dass sie weit davon entfernt war zu behaupten, erholt zu sein. Für die Abreise sollte es genügen. Linnora half ihr beim Packen. Die Dienerin erzählte Izara, was sie über Whalla wusste und schwärmte ihr von der exotischen Küche des Landes vor. Izara war erstaunt, dass das Fürstentum mit dem Drachenkönig zusammenarbeitete. Sie hatte immer geglaubt, dass sich alle Menschen vor ihnen fürchteten. Paladine gab es nicht nur in Medanien, sie nisteten überall und verbreiteten Hass und Misstrauen. "Fürst Hallswejf ist ein Verbündeter", sagte Linnora und knüllte die alte Bettwäsche zu einer Kugel, "er und der König unterstützen sich schon seit vielen Jahren. Ich vermute, unser König will Euch dem Fürsten vorstellen; Eure Existenz offiziell machen." "Ich habe immer gedacht, dass ich hier versteckt gehalten werde, bis ich-" Einen Erben gezeugt habe?, dachte Izara weiter und verdrängte die Worte gleich wieder. Heute wollte sie nicht darüber nachdenken. Zu gegebener Zeit würde sie den König fragen, aber jetzt wollte sie sich nur auf die Reise konzentrieren. Linnora packte zu Ende, während Izara ihren morgendlichen Rundgang begann. Als sie aus den Badeanstalten zurückkehrte, lief sie auf ein bekanntes Gesicht zu. "Trias!", rief Izara und kam ihm ein Stück entgegen. "Prinzessin Izara", verneigte sich Trias und schenkte ihr ein Lächeln hinterher. "Wie ich sehe, hast du dich gut eingelebt", sagte er und musterte flüchtig ihre Garderobe. "Ich kann mich nicht beklagen", winkte Izara ab. Sie wollte nicht gleich an die Startschwierigkeiten erinnert werden, die sie bis heute verfolgten. So lange, wie sie Trias nicht gesehen hatte, tat es gut, ein weniger verdrießliches Gesicht zu sehen, und sie wollte, dass das so blieb. "Ich kenne auch niemanden, der sich über die Annehmlichkeiten einer Prinzessin beschweren würde." "Dann hast du noch keine echte Prinzessin getroffen", lächelte sie keck zurück . "Ich habe mehr Prinzessinnen getroffen, als du dir vorstellen kannst", entgegnete er mit einem Funkeln in den Augen, "aber bevor ich dir Dinge erzähle, die ich lieber nicht erzählen sollte: bist du bereit für deinen Ausflug nach Whalla?" Izara nickte. Sie hätte zwar gerne gewusst, was für Geschichten Trias zu erzählen hatte, doch der Volan sah nicht gerade so aus, als würde er sich noch ein weiteres Wort aus der Nase ziehen lassen. "Wirst du auch mitkommen, Trias?" "Selbstverständlich", schnaubte Trias, "ich lasse meinen König ganz sicher nicht alleine." Trias klingt wie eine Amme, Izara musste über den Gedanken schmunzeln. Scheinbar hatte auch der mächtigste Drache keine Sekunde Ruhe vor seinen Leibwächtern. "Dann kannst du mir sicher erzählen, was genau wir dort machen werden." Trias Blick lenkte Izaras Aufmerksamkeit nach hinten. "Ähm." räusperte sich die Zofe, Izara hätte sie beinahe vergessen. Peinlich berührt, entließ sie die Dienerin und mit einem Knicks entfernte sie sich. "Politik", antwortete Trias. Er war ebenfalls losgelaufen. Zusammen gingen sie in Richtung Schlossgarten. Das Wetter war günstig für einen kleinen Spaziergang im Freien, bevor das Frühstück auf sie wartete. Nach wochenlangem Stubenhocken war es endlich Zeit, die frische Luft zu genießen! "Fürst Hallswejf hat den König für ein paar Tage in seine Sommerresidenz geladen", erzählte Trias weiter. "Es sind ein paar Ausflüge geplant - jagen, den Tierpark besuchen, Tee mit den Damen trinken - sowas halt. Wie jedes Jahr wird der Fürst einen Ball veranstalten, meist am vorletzten Tag. Nichts Großes, nur im engsten Kreis." "Solange ich nicht tanzen muss", sagte Izara, die ein wenig Vorfreude packte. "Aber natürlich! Als Prinzessin wird es deine Pflicht sein, den Tanz mit dem König zu eröffnen." "Warte!", Izara blieb stehen, aber Trias lief einfach weiter, also eilte sie ihm hinterher, "das ist nicht dein Ernst!", keuchte sie, "ich kann nicht tanzen. Oder glaubst du, in Kandio laden die Herrschaften uns Drachen auf ihr Anwesen ein?" "So schwer ist das nicht", meinte Trias, Izara hätte beinahe aufgelacht. "Kannst du denn tanzen?" "Nein, ich bin der Leibwächter - schon vergessen?", er zwinkerte ihr zu, "aber bei den Damen sah das nicht so schwer aus. Du wirst das schon hinkriegen." "Trias!" Sie war sprachlos. Auf einmal gab es ein paar gute Gründe, hier zu bleiben. Wie sollte sie denn in kürzester Zeit tanzen lernen? Wenn alles glatt lief, könnte sie gerade einmal zwei Schritte vor und zurück laufen, ohne gleich hinzufallen. Sie musste den König davon überzeugen, dass tanzen eine ganz dumme Idee war. Ein lauter Knall ließ ihre Gedanken unausgesprochenen. Auch Trias lenkte den Blick in Richtung Schlossgarten. "Was war das?" Izara erwartete keine Antwort. Die laute Stimme erkannte sie sofort. Neben ihr schnaubte der Volan und verschränkte die Arme vor der Brust. "War zu erwarten, dass Sila nicht begeistert sein würde", sagte er. "Worüber?" Izara erhaschte einen Blick auf den Eingang. Die zwei gläsernen Türen zeigten die große Treppe, die zum Schlossgarten führte. Irgendwo zwischen den Labyrinth-artigen Blumenbeeten hörte sie Sila fluchen und schimpfen. Ein Wasserspender kippte um, Wasser spritzte in alle Richtungen. "Der König wird mit ihr geredet haben", antwortete Trias, der sich an die Wand gelehnt hatte und auf etwas zu warten schien. "Falls du ein Frühstück im Freien geplant hast, solltest du das lieber nochmal überdenken. Bis Sila sich beruhigt hat, könnte es noch einige Stunden dauern. Sie hat vom König erfahren, dass sie nicht mitreisen wird. Wie du hören kannst, hat sie die Entscheidung nicht gut aufgenommen." "Ich wusste nicht, dass normalerweise Sila-", Izaras Vorfreude schwand. Sie war also Ersatz. Vielleicht ein besserer Ersatz - aus politischer Sicht -, aber das änderte nichts an dem, was sie war. Ein bisschen verstand sie Silas Unmut, sie würde jetzt gerne auch ein paar Wasserspender umwerfen. "Der König reist fast immer mit Kyia, Sila und mir", er drehte sein Gesicht zu Izara, "Kyia und Sila gehören zu den Stärksten ihrer Art. Während der Verhandlungen sind ihre Kompetenzen gefragt. Als Bergdrache ist Kyia für Waffen und Rüstungen zuständig. Sila ist, wie du bestimmt schon gemerkt hast, ein Wasserdrache. Lòng sind für Grundversorgung und Wasserspeicher verantwortlich - wenn die Gelder knapp werden, hat sie das letzte Wort." Das hätte man ihr früher sagen können. Izara wusste manchmal nicht, wozu sie eigentlich hier war, wenn keiner mit ihr redete. Mit jedem Mal wuchs der Frust. Einerseits wie Luft behandelt, sollte sie im selben Atemzug die Verantwortung einer Prinzessin übernehmen. Sie verstand einfach nicht, was man von ihr wollte. "Mach' dir keinen Kopf", er stupste sie mit der Schulter an, "dass sie nicht mitkommt, ist ihre eigene Schuld." Und wieso glaubte Izara, dass es doch ihre Schuld war? Das Poltern hörte auf, die Stimme wurde schwächer und nach einiger Zeit kam jemand die Treppen hinaufgestiegen. Es war Kyia, der Bergdrache hatte sein Schwert in die Scheide gesteckt und marschierte nun auf Izara und Trias zu. "Hast du das Weib beruhigen können?", Trias stützte sich von der Wand an. "Ihr Weibchen seit in der Brutzeit kaum zu ertragen." "Solange du keine Kinder kriegen kannst, solltest du dich aus Dingen heraushalten, von denen du nichts verstehst." Für einen Morgen war das der längste Satz, den Izara je aus Kyias Mund gehört hatte. Trias verdrehte die Augen. "Haben wir wieder mal unseren Humor verloren, Kyia?" "Wenn du noch Zeit findest, Witze zu reißen, dann machst du eindeutig etwas falsch, Trias." "Oh, ich kann viele Dinge gleichzeitig, Kyia. Du gibst mir nur nie die Chance, es dir zu zeigen." "Dumme Sprüche reißen und an der Wand lehnen, meinst du?" Kyia stemmte die Hände in die Hüften. "Suchst du Streit, Bergriese? Wie wäre es, wenn wir das draußen klären?" "Ähm, Leute", meldete sich Izara, die sich nicht sicher war, ob jeden Moment einer lachen würde oder doch der Anfang einer Schlägerei in Gang war. Bei Kyia war sie sich sicher - der Bergdrache würde ganz sicher nicht lachen. Kyia schnaubte. Ihre Muskeln spannten sich unter den Kleidern an. Mit einem Kopfschütteln wandte sie sich an Izara. "Nach dem Frühstück reisen wir ab." Und schon war sie weg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)