Ruf der Sterne von Wolfsfeuer ================================================================================ Kapitel 36: Spekulation und Träume ---------------------------------- Schwarzstreif saß zusammen mit den anderen Mitglieder der Nachtpatrouille in einer ruhigen Ecke und genoss seinen Anteil vom Frischbeutehaufen und hörte den anderen zu. Schattenpelz hatte nicht außergewöhnliches gesehen und Weizenpelz schien in Gedanken woanders zu sein. Stachelherz dagegen starrte nachdenklich auf seine Portion. Windpfote verschlang gierig eine Maus, hatte aber die Ohren gespitzt um nichts zu verpassen. Nun hob Stachelherz den Kopf und sah Schwarzstreif direkt in die Augen. Dieser zuckte fragend mit den Ohren. "Jemand hat uns beobachtet. Ich habe Augen aus der Dunkelheit gesehen. Es war kein Fuchs oder so etwas." Der Zweite Anführer unterbrach sein Essen und starrte ihn ernst an. "Es war nicht auf unserem Territorium, ansonsten hättest du es uns schon während der Patrouille gesagt, oder?" Stachelherz nickte. "Es war auf Bachclanterritorium, also habe ich es bis jetzt verschwiegen. Immerhin war es kein Grenzüberschritt oder ein Räuber, deswegen wollte ich es dir erst jetzt sagen. Was meinst du, wer oder was war es?" Schwarzstreif sah ihn an. "Wie hat er oder sie ausgesehen? Hast du etwas erkennt? Fellfarbe oder so etwas?" Der graue Kater schüttelte den Kopf. "Ich konnte nur die Augen sehen. Aber warum bist du darauf so fokussiert?" Schwarzstreif sah ihn überrascht an. "Du weißt es nicht? Einige Tage vor Schwalbenflügels Tod sind mir ebenfalls Augen aus dem Bachclanterritorium aufgefallen. Damals dachte ich noch, das es einfach nur ein Streuner wäre, aber sie waren jede Nacht da. Nach ihrem Tod waren die Augen auch weg." Stachelherz fuhr seine Krallen aus. Wütend knurrte er. Schattenpelz drängte Windpfote von den Kriegern weg. "Du solltest jetzt besser gehen. Das ist nichts für dich. Sag Felsenpfote doch bitte, dass es noch etwas dauert. Ihr zwei könnt euch doch um die Ältesten kümmern." Windpfote war leicht überfordert und folgte ihren Anweisungen. "Soll das heißen, dass der Mörder von Schwalbenflügel da draußen ist?! Ich würde ihn so gerne das Fell über die Ohren ziehen!" Weizenpelz starrte die beiden überrascht an. Was hatte er verpasst? Schwarzstreif dagegen fuhr ebenfalls die Krallen aus. "Ich kann dich sehr gut verstehen, aber wir wissen es nicht mit Sicherheit. Es könnte genausogut ein einfacher Streuner gewesen sein. Aber die Möglichkeit, dass es wieder da ist, dürfen wir nicht ignorieren. Wir sollten ab jetzt auf der Hut sein." Stachelherz schnippte zustimmend mit dem Schweif und Schattenpelz sah sie ernst an. "Sollten wir dem Streuner einen Namen geben? Das ist einfacher, als immer "es" zu sagen." Die Krieger sahen sie an. "Gute Idee, nennen wir es doch Mörder, oder Blutkralle. Das würde doch seine Mordlust gut betonen!" Stachelherz stand wütend auf und ging hin und her. Schwarzstreifs Blick verdüsterte sich. "Ich habe es immer Nachtauge genannt. Immer wenn ich an ihn denke, kommt die Wut wieder hoch." Schattenpelz sah ihn mitfühlend an. "Geh doch zu deinem Baum. Ich erstatte Sturmstern derweil Bericht." Schwarzstreif sah sie überrascht an. "Du weißt davon?" Schattenpelz nickte wohl wissend. "Meinst du wirklich, mir ist es nie aufgefallen dass ein Baum immer weniger Rinde und immer mehr Kratzspuren hat, wenn du wütend wirst?" Stachelherz blieb nun ebenfalls stehen. "Du hast einen Schlagbaum? Kannst du mir zeigen, wo der ist? Ich will nicht, dass mich Farnfuß und später meine Jungen so sehen müssen. Ich glaube, es würde mir helfen, wenn ich mir Nachtauge vorstelle und so richtig meine Wut an ihm auslassen kann." Schwarzstreif sah, wie Stachelherz nervös seine Krallen aus- und einfuhr. "Na schön, komm mit. Ich könnte das jetzt auch gut gebrauchen." In seiner Stimme konnte man die unterdrückte Wut ohne Probleme heraushören. Schattenpelz sah den beiden nach. "Der arme Baum…" "Du willst mir also sagen, dass eine Katze Namens Nachtauge im Gebiet des Bachclans herumläuft und unsere Patrouillen in der Nacht beobachtet? Und dass dieser Nachtauge Schwalbenflügel getötet hat und er nun noch jemanden töten wird?" Sturmstern hatte Schattenpelz den Rücken zugekehrt. Die Kriegerin trat nervös von einer Pfote auf die andere. "Wir wissen nicht, ob er oder sie Schwalbenflügel getötet hat oder ob es Nachtauge heißt." Sturmstern drehte sich zu ihr, seine Augen waren zusammen gekniffen. "Und ob es überhaupt dieselbe Katze ist?" Schattenpelz schluckte. Er glaubte ihr kein einziges Wort! "Genau." Der Anführer öffnete seine Augen und rückte näher an Schattenpelz heran. "Wer hat dir denn den Floh ins Ohr gesetzt? Ich kenne dich, meine Liebe Schattenpelz. Von alleine würdest du mit so etwas nie zu mir kommen." Die Kriegerin rückte von ihm weg. "Schwarzstreif war es. Und ich habe ihm angeboten, es dir zu erzählen damit er gemeinsam mit Stachelherz seine Wut rauslassen kann." Sturmstern sah sie überrascht an. "Schwarzstreif ist mit Stachelherz seine Wut rauslassen gegangen?" Schattenpelz nickte zustimmend. "Schwarzstreif und Wut?" Sie nickte wieder. "Zusammen mit Stachelherz irgendwo allein?" Die Kriegerin nickte abermals. "Werden sie sich gegenseitig zerfetzen?" Er starrte sie an. "Nein, werden sie nicht. Sie könnten aber die ein oder andere Kralle verlieren, wenn sie es übertreiben." Schattenpelz stand auf und ging aus den Bau. Sturmstern sah ihr traurig nach. Schwarzstreif kam außer Atem im Lager an. Stachelherz war direkt hinter ihm und setzte sich hin. Er war tatsächlich viel ruhiger als zuvor. Weißpfote ging von der Kinderstube zurück in den Heilerbau, machte aber kert, als er die zwei Krieger sah. "Schwarzstreif, Sturmstern will dich sprechen." Der Krieger verdrehte genervt die Augen. Wie sollte er Windpfote nur ausbilden, wenn er nie Zeit für ihr Training hatte? Er schaute noch schnell in den Schülerbau und Windpfote sah neugierig auf. "Ich habe gemeinsam mit Felsenpfote die Ältesten versorgt, wie es Schattenpelz gesagt hat." Ihr Mentor nickte und sah sich auf der Lichtung um. "Gut, dann schließe dich jetzt einer Patrouille an, ich habe noch etwas zu tun." Mit diesen Worten ging er rasch zum Anführerbau. Unverblümt trat er ein und Sturmstern drehte sich überrascht um, ehe sein Blick ernst wurde. "Schattenpelz hat mir bereits alles gesagt. Was du mit Stachelherz treibst, bleibt deine Sache, solange ihr nicht verletzt werdet. Aber was soll das mit diesem Nachtauge?" Schwarzstreif stand still da und rührte sich nicht. Sturmstern starrte ihn auffordernd an, bis der weiße Kater endlich sein Maul öffnete. "Ob du mir das mit Nachtauge glaubst, ist deine Sache, aber wir sind in Gefahr, wenn er tatsächlich wieder da ist. Denk daran, das du mir auch nicht geglaubt hast, als ich dir gesagt habe, dass der Bachclan die Grenze verschieben will. Damals ist bereits jemand gestorben… Willst du, dass sich das alles wiederholt?" Sturmstern senkte seinen Kopf. "Damals habe ich einen Fehler gemacht und Fleckenpfote hat dafür mit seinem Leben bezahlen müssen. Es tut mir ja Leid, aber damals hast du es mit deinen eigenen Augen gesehen. Doch jetzt hast du nur eine Theorie, die in der Luft hängt. Wenn du willst, kannst du die Patrouillen verstärken, genug Schüler und Krieger haben wir ja, aber was kannst du sonst bitte tun?" Schwarzstreif sah an ihn vorbei. "Ich weiß es nicht. Jedenfalls sollte niemand alleine in den Wald gehen. Du weißt, was mit Schwalbenflügel passiert ist." Sturmstern sah ihn traurig an. "Ich weiß, aber wie willst du das dem Clan erklären, ohne dass Panik ausbricht?" Schwarzstreif stand auf und drehte sich beim Ausgang noch einmal um. "Vorerst werde ich nur den Nachtpatrouillen sagen, dass sie auf diese Augen achten sollen." Sturmstern richtete sich auf. "Na gut, aber ich sage dir etwas. Ich werde Nachtauge nicht auf der Großen Versammlung erwähnen. Soviel ist sicher." Schwarzstreif lag in seinem Nest und wartete auf den Schlaf. Den Rest des Tages hatte er mit Windpfote über ihre Leistung bei ihrer ersten Nachtpatrouille gesprochen. Sie selber schien nicht mit sich selbst zufrieden, obwohl er schlechtere Beispiele kannte. Sie setzte sich für seinen Geschmack viel zu sehr unter Druck. Darüber musste er wohl oder übel mit ihr reden. "Schwarzstreif?" Der Kater horchte überrascht auf. Müde schlug er seine Augen auf und musste feststellen, dass er auf einer weiten Wiese lag. War er im Himmelsclanterritorium? Nein, er kannte diese vermaledeite Wiese. Er war im Sternenclan. Hat er wieder eine Nahtoderfahrung? Nein, so etwas fühlte sich anders an. Genervt sah er sich um, welche tote Katze nun wieder mit ihm reden wollte. Wie er das hasste! Am Morgen danach war man immer so müde, als hätte man kaum geschlafen. "Schwarzstreif." Eine Katze mit grauem Fell und schwarzen Streifen trat näher, doch gleichzeitig blieb sie außer Reichweite. Der Krieger kniff die Augen zusammen. "Wer bist du?" Das war etwas neues. Er kannte die Katze tatsächlich nicht, oder konnte sich nicht an sie erinnern. "Schwarzstreif, vertrau ihm nicht. Ihm kann man nicht trauen, vergiss das nicht." Der Traum löste sich langsam auf und alles wurde verschwommen. "Warte! Wer bist du?! Und wem soll ich nicht vertrauen!?" Die Katze wurde immer undeutlicher und ihre Stimme immer schwächer. "Ich bin Strei-" Schwarzstreif schreckte auf, als ihn jemand weckte. Distelschweif sah ihn besorgt an. "Schwarzstreif, du hast im Traum getreten und gemurmelt. Was war denn los?" Der Krieger klammerte sich immer noch an die Erinnerungen, die er noch an den Traum hatte. "Das wüsste ich, wenn du mich nicht so früh geweckt hättest." Die schwarze Katze schreckte zurück. "Es- es tut mir Leid. Aber du hast so unruhig geschlafen und fast hättest du Weizenpelz im Schlaf getreten, da wollte ich dich lieber wecken." Schwarzstreif schielte aus dem Bau. Es war noch Nacht. Morgen war Vollmond, das merkte man. Er sammelte noch grob etwas Moos, das bis vor kurzem noch sein Nest war und machte es sich bequem. Insgeheim wusste er, dass die Katze nicht mehr zurückkommen würde, doch er hoffte es trotzdem. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)