The Petboy Contract von Sky- ================================================================================ Kapitel 53: Simons Behandlung ----------------------------- Es war wesentlich ruhiger geworden und da Leron sich aufgrund seiner Erschöpfung und des Stresses nicht in der Lage gefühlt hatte, arbeiten zu gehen, hatte er sich für zwei Tage krankschreiben lassen, um ein wenig zur Ruhe zu kommen. Aber selbst in dieser Zeit war er nicht untätig geblieben. Er hatte viele Gespräche mit Simon geführt und sie beide waren sich wieder ein wenig näher gekommen, nachdem sie sich die letzten Tage fast nur gestritten hatten. Es tat ihnen beiden gut und Simon selbst nutzte diese Zeit seinerseits, um sich selbst so gut wie möglich zu erholen und dann wieder auf die Behandlung zu sprechen zu kommen. Obwohl er sich selbst nach zwei Tagen nicht sonderlich erholt hatte, wirkte er zumindest ein bisschen gesünder als zuvor. Nachdem er Leron noch ein klein wenig bearbeitet hatte, gab er nach und erklärte sich einverstanden, dass Simon sich der Augenbehandlung unterzog. Dies tat er aber auch nur nachdem er noch einmal Rücksprache mit Dr. Dawson gehalten und erfahren hatte, dass Cyphers Behandlung ohne die geringsten Komplikationen verlaufen sei. Ebenso hatte ihm der Augenarzt mitteilen können, dass selbst nach der Behandlung keinerlei Beschwerden aufgetreten seien und das Mittel auch tatsächlich anschlug. Auch wenn Cyphers Augen noch empfindlich auf das Sonnenlicht reagierten und er noch nicht ganz so gut sehen konnte, so war die weiße Schicht auf seinen Augen fast vollständig abgebaut und nur kleine weiße Stellen waren zurückgeblieben. Und auch diese wurden langsam immer kleiner. Zwar haderte Leron immer noch ein wenig mit der endgültigen Entscheidung, weil er immer noch fürchtete, dass irgendetwas Unvorhergesehenes passieren könnte. Insbesondere da Simon immer noch gesundheitlich angeschlagen war. Zwar hatte er kein hohes Fieber, aber er litt dennoch unter starker Müdigkeit und Erschöpfung, obwohl er fast zwölf Stunden geschlafen hatte. Doch der Augenarzt versicherte ihm, dass es keinen Grund zur Besorgnis gab, denn schwere Nebenwirkungen könnten nun ausgeschlossen werden. Also hatte auch für Leron die Sache festgestanden und er vereinbarte einen entsprechenden Termin. Doch so wirklich glücklich fühlte sich der Unternehmer nicht. Ihn beschäftigte da etwas, das mit seinem gestrigen Traum zu tun hatte. Und eine quälende Frage umkreiste seine Gedanken. So saß er grübelnd in der Küche und trank einen Kaffee, den der Butler Anthony frisch aufgebrüht hatte. Aber nach Frühstück war ihm nicht zumute. Simon seinerseits hatte sich zurückgezogen, um ein heißes Bad zu nehmen, von dem er sich erhoffte, dass es seinen Kreislauf ein wenig förderte. Eine Weile hatte er da gesessen und ins Leere gestarrt, bis der alte Engländer sich räusperte und sich die Frage erlaubte „Geht es Ihnen nicht gut, Mr. Evans? Wünschen Sie vielleicht eine Kopfschmerztablette?“ „Nein danke“, murmelte Leron geistesabwesend, während seine Gedanken weiterkreisten. Ich denke nur nach.“ „Geht es vielleicht um Mr. Cavanaugh?“ Hieraufhin wandte Leron den Blick zum Butler, der dies offenbar als stillen Tadel auffasste und mit einem Räuspern ergänzte „Entschuldigen Sie. Es steht mir nicht zu, nachzufragen. Ich bin nur ein wenig besorgt um Sie und Mr. Cavanaugh. Es ist leider keine einfache Zeit für Sie beide und ich sehe, dass es Ihnen und Mr. Cavanaugh nicht gut geht. Noch dazu kam diese traurige Nachricht von Ihrem Herrn Vater. Das ist wirklich sehr belastend.“ Doch auch das war es nicht, was Leron so nachdenklich stimmte. Und da er erkannte, dass er selbst durch Grübeln allein keine befriedigende Antwort erhalten würde, wandte er sich schließlich an Anthony und fragte „Sie sind schon seit knapp 30 Jahren Butler bei uns. Da müssen Sie meine Mutter doch eigentlich gut gekannt haben, oder?“ „Was heißt schon gut gekannt“, erwiderte Anthony und goss Leron noch etwas Kaffee nach. „Privat habe ich sie nie näher kennen gelernt und sie hat noch nie im Vertrauen zu mir gesprochen. Aber als Butler bekommt man so manche Dinge mit, wenn Sie verstehen was ich meine.“ Das genügte Leron schon und so wagte er es, mit ihm darüber zu sprechen. Denn bei Anthony konnte er sich sicher sein, dass er die Wahrheit unverfälscht und unparteiisch sagen würde, ohne irgendetwas zu verschweigen. „Ich habe letzte Nacht von dem Tag geträumt, als wir uns von unserer Mutter verabschiedet haben. Erinnern Sie sich noch daran?“ „Oh ja, das tue ich“, seufzte Anthony und faltete seine Hände. „Ihre Brüder hat es sehr schwer getroffen und Sie selbst waren damals noch ein Kind und haben kaum die Situation verstehen können. Es war ein sehr trauriger Abschied gewesen.“ „Mum sagte mir, dass ich niemals so enden soll wie sie“, fuhr Leron zögerlich fort. „Und sie hatte so traurig dabei ausgesehen. Ehrlich gesagt dachte ich bis vor kurzem noch, dass sie in Wahrheit eine geistesgestörte und sadistische Psychopathin ist so wie Michael. Aber inzwischen weiß ich selber nicht mehr, was ich glauben soll. Und Vater erzählt die Dinge aus seiner Sicht und inwiefern sie der Wahrheit entsprechen, kann ich auch nicht sagen, weil ich mich kaum an damals erinnern kann. Anthony, wer war meine Mutter wirklich? Sagen Sie es mir bitte.“ Hier schwieg der Butler grübelnd und fuhr sich mit einer Hand durch sein lichtes graues Haar. Er musste schon angestrengt nachdenken, denn die Erinnerungen an Katherine Evans lagen viele Jahre zurück und er wollte keine unüberlegten Aussagen treffen. Schließlich aber beendete er sein Grübeln und antwortete „Ihre Mutter war durch ein schweres Leben gezeichnet. Für gewöhnlich war sie eine freundliche und trotzdem schlagfertige Frau und ihre Kinder waren ihr ein und alles. Sie konnte jähzornig werden, aber sie hat auch mit sich gekämpft. Wie ich bereits sagte, habe ich sie im Privaten nie näher kennen gelernt, aber ich habe eine Szene gesehen, die mich zugegebenermaßen damals erschrocken hat.“ „Was ist passiert?“ „Sie führte Selbstgespräche“, erklärte Anthony. „Sie redete mit sich selbst und antwortete auch. Es schien, als wären da zwei Personen in einem Körper. Und wann immer sie alleine zu sein glaubte, stritt sie mit sich selbst. Dabei ging es vor allem um ihre Kinder. Verzeihen Sie, wenn ich vielleicht nicht den genauen Verlauf wiedergeben kann, aber ich weiß noch wie sie zu sich selbst sagte ich werde dich töten, wenn du meine Kinder anrührst. Ihre Mutter war schwer krank und hat bis zu ihrem Tod mit sich selbst gekämpft, um das zu beschützen, was sie geliebt hat.“ „Aber warum hat sie sich dann niemals Hilfe gesucht?“ fragte Leron verständnislos. „Ich meine… selbst damals hatte es doch mit Sicherheit Möglichkeiten gegeben, dass sie sich hätte behandeln lassen können.“ Hier aber lächelte der Butler milde, denn sein Erfahrungsschatz war bei weitem größer als Lerons und als Vater von Kindern hatte er zudem eine ganz andere Sichtweise. „Sie verstehen es vielleicht nicht, weil Sie selbst keine Kinder haben, Mr. Evans“, begann er zu erklären. „Aber wenn man Kinder hat und zudem unter einer unheilbaren und vor allem gefährlichen psychischen Krankheit leidet, entwickelt man Angst davor, sich Hilfe zu suchen.“ „Wie meinen Sie das?“ „Ihre Mutter hat Sie und Ihre Brüder mehr geliebt als alles andere. Sie war eine außerordentlich starke Frau, aber ihre größte Angst war, ihre Kinder zu verlieren. Ihre Mutter wusste selbst, dass sie krank war. Fast jeden Tag kämpfte sie gegen ihre Krankheit an und stritt sich mit ihr selbst, weil sie Angst hatte, dass sie eines Tages ihren Kindern etwas antun könnte. Aber stellen Sie sich mal vor, Sie haben eigene Kinder und die Behörden erfahren, dass Sie schreckliche Dinge tun und unter Wahnvorstellungen leiden. Glauben Sie wirklich, besagte Behörden würden Ihre Kinder bei Ihnen lassen, wenn Sie solch eine Gefahr für sich und andere darstellen?“ Hier musste Leron ihm zustimmen. Kein Jugendamt der Welt würde Kinder bei einer Mutter lassen, die klinisch verrückt war und nicht nur ihren Mann misshandelte, sondern auch Menschen tötete. Man hätte ihr sofort das Sorgerecht entzogen und dafür gesorgt, dass die Kinder von ihr fernblieben. Und nun begann sich Leron die berechtigte Frage zu stellen, was denn die richtige Lösung gewesen wäre. Sich Hilfe zu suchen und damit das einzige Glück verlieren, das man noch hatte, oder aber Tag für Tag mit sich selbst kämpfen um nicht die eigenen Kinder zu verlieren. „Wenn wir nicht gewesen wären, dann hätte sie sich vielleicht behandeln lassen…“ „Sagen Sie das nicht, Mr. Evans!“ erwiderte der Butler energisch. „Sie tragen keine Schuld an der Krankheit Ihrer Mutter und ihrer Entscheidung, sich nicht einweisen zu lassen. Wenn ich mir die Freiheit erlauben darf, meine Meinung zu sagen, dann hätte Ihre Mutter sich von Ihrem Vater trennen und sich bei einem anderen Mann eine helfende Stütze suchen sollen. Zwar hätte es ihre Krankheit nicht geheilt, aber womöglich so manche Symptome gelindert. Und womöglich hätte sie dann weniger Angst gehabt, sich Hilfe zu suchen. Aber wenn Sie meinen persönlichen Rat hören wollen, Mr. Evans: grübeln Sie nicht so viel über die Vergangenheit nach. Wir können sie nicht mehr ändern und Ihre Mutter hätte sicherlich nicht gewollt, dass Sie so viel über ihre Krankheit nachdenken. Man soll ab und zu den Toten gedenken, aber in erster Linie sollte man sich um die Lebenden kümmern. Über Ihre Mutter können Sie jederzeit nachdenken, aber Mr. Cavanaugh braucht Sie jetzt.“ „Da haben Sie wohl Recht“, gab Leron zu und trank seinen Kaffee aus. „Anthony, Sie sind schon so lange im Dienst meiner Familie und ehrlich gesagt habe ich Sie manchmal mehr als eine Vaterfigur angesehen als meinen Vater selbst. Und ich bin Ihnen wirklich dankbar, dass Sie all die Jahre hier waren und sich gut um Simon kümmern, wenn ich nicht da bin.“ „Es ist mir eine Freude, Mr. Evans“, antwortete Anthony darauf und war sichtlich glücklich über diese Worte. „Und ich hoffe wirklich, dass Sie und Mr. Cavanaugh auch diese Krisen gut überstehen und wieder zueinanderfinden. Liebe ist harte Arbeit und man wächst an den Hindernissen. Aber es werden irgendwann wieder bessere Zeiten kommen, dessen bin ich mir sicher. Und ich sehe, wie sehr Ihnen die Beziehung zu Mr. Cavanaugh gut tut.“ Das heiße Bad und der entspannte Einstieg in den Tag hatte Simon sichtlich gut getan. Obwohl er immer noch angeschlagen wirkte, so sah er deutlich weniger kränklich aus als in den letzten Tagen. Nachdem er mit dem Baden fertig war und angezogen hinunter in die Küche kam, begrüßte er Leron mit einer Umarmung und gab ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange. Er ahnte nichts von dem Gespräch, welches der Unternehmer mit seinem Butler gehalten hatte und man sprach auch nicht darüber. Obwohl es schon fast Mittagszeit war, machte Anthony dem 21-jährigen das Frühstück fertig, während seinerseits nichts aß und stattdessen die Zeitung überflog. Mit einem liebevollen Vorwurf bemerkte Simon, während er sich Frischkäse auf sein Brötchen strich bevor er Gurkenscheiben darauf legte „Du solltest dir vielleicht mal angewöhnen, morgens zu frühstücken. Nur Kaffee trinken ist nicht gerade gesund.“ „Ach wirklich?“ fragte Leron herausfordernd. „In anderen Ländern scheint es auch zu funktionieren. Ich hatte noch nie wirklich viel von einem ausgiebigen Frühstück gehalten. Ein paar Tassen Kaffee reichen auch. Und? Wie fühlst du dich heute?“ „Ganz gut soweit“, antwortete Simon und biss ein Stück von seinem Brötchen ab. Er war wirklich dankbar für die Mahlzeit, denn er fühlte sich so ausgehungert, als hätte er seit Tagen nichts mehr gegessen. Und vor lauter Hunger hatte sogar schon sein Magen zu schmerzen begonnen. Er kaute gar nicht viel, sondern schlang regelrecht seine erste Brötchenhälfte hinunter und begann sogleich die andere Hälfte zu belegen. „Ich bin zwar noch etwas müde und der Magen hängt mir in den Kniekehlen, aber ansonsten geht es mir gut.“ „Das ist gut“, sagte der Unternehmer und faltete nun die Zeitung zusammen, bevor er sie beiseitelegte. „Dann fahren wir gleich zur Praxis von Dr. Dawson.“ Hieraufhin ließ Simon sein Brötchen sinken und starrte Leron ungläubig an. Er konnte noch gar nicht fassen, dass sein sehnlichster Traum nun zum Greifen nahe war und es trotz jahrelangem Wartens und unzähliger Opfer nun so plötzlich kam. Es war fast zu schön um wahr zu sein und für einen Moment überkam ihn sogar der Zweifel, ob er wirklich wach war oder dies alles vielleicht nur träumte. Er spürte sogar, wie sich wieder Tränen in seinen Augen zu sammeln begannen, aber nicht vor Traurigkeit, sondern vor Glück. Da er nicht wusste wie er mit seinen Gefühlen umgehen sollte, begann er hilflos zu lachen und die Tränen aus den Augenwinkeln zu wischen. „Es ist schon verrückt… Obwohl ich mein ganzes Leben darauf gewartet habe, kommt das alles so plötzlich. Ich dachte fast schon, dieser Tag würde niemals kommen.“ Leron streichelte ihm zärtlich den Kopf und drückte ihn fest an sich, woraufhin Simon die Umarmung erwiderte. „Es ist alles in Ordnung, Simon. Ich will, dass du glücklich wirst und ich weiß, wie viel dir die Behandlung bedeutet. Du hast genug durchgemacht und ich freue mich auch wirklich für dich.“ Aus den Augenwinkeln bemerkte der Unternehmer, wie Anthony mit einem gerührten Lächeln die beiden betrachtete, bevor er sich wieder seiner Arbeit widmete, um das Mittagessen vorzubereiten. Liebevoll strich er durch das lockige dunkelbraune Haar des Jungen, musste aber mit Besorgnis feststellen, dass er sich immer noch kalt anfühlte. Es war glücklicherweise nicht mehr so schlimm wie an jenen Tagen, wo Simon mit hohem Fieber krank im Bett gelegen hatte. Aber er strahlte immer noch eine merkwürdige Kälte aus, die außer ihm nur Hunter bemerkte. Warum nur fühlte sich der Junge so kalt an, wenn er laut Diagnose von Dr. Morris nicht einmal unterkühlt war? Zwar waren sein Puls und seine Körpertemperatur niedrig und auch sein Herzschlag war ein wenig langsamer, aber nichts hatte auf eine ernste Krankheit hingewiesen. Das Ergebnis des Bluttests hatte außer einem Mangel an bestimmten Vitaminen nichts Auffälliges ergeben. Auf näheres Nachfragen hatte Leron erfahren, dass der Vitaminmangel zu einer Volkskrankheit gehörte und vielleicht das geschwächte Immunsystem erklärte, nicht aber den schwachen Puls und die recht niedrige Körpertempratur erklärte. Der Hausarzt konnte nur spekulieren, dass es daran lag, weil sich der Körper vom Fieber noch nicht erholt hatte, aber Leron seinerseits wusste es besser. Irgendetwas stimmte mit Simon nicht und anscheinend konnte selbst ein Arzt nicht genau feststellen, was ihm fehlte. Also hatte er sich an Cyphers Worte zurückerinnert, dass Simons Gesundheit vielleicht von seiner Psyche beeinflusst wurde und er deshalb so geschwächt war, weil er sich in einer depressiven Phase befand. Und so setzte er seine Hoffnung darin, dass es Simon besser gehen würde, wenn er endlich die Behandlung beginnen konnte. Einen Versuch war es immerhin wert und Leron war inzwischen so ratlos, was den Zustand seines Liebsten anging, dass er auch Versuche in diese Richtung machte, um ihm irgendwie helfen zu können. „Wenn du mit dem Frühstück fertig bist, fahren wir los. Aber lass dir ruhig Zeit.“ Doch wenn es nach Simon gegangen wäre, dann hätte er sein Frühstück so hastig wie möglich hinuntergeschlungen, aber das hätte ihm nur auf den Magen geschlagen und ihm noch schlimme Bauchschmerzen beschert. Also zwang er sich zur Ruhe und aß noch ein zweites Brötchen. Obwohl er bis vorhin noch unter solchen Hungerkrämpfen gelitten hatte, dass er vielleicht drei oder vier gegessen hätte, verspürte er vor lauter Aufregung keinen Hunger mehr. Nachdem er noch ein Glas Orangensaft getrunken hatte, eilte er wieder hoch in sein Zimmer, um sich fertig zu machen und beeilte sich dabei so sehr, dass ihm beinahe beim Treppensteigen der Kreislauf versagte und ihm kurzzeitig schwarz vor Augen wurde, sodass er sich am Geländer festhalten musste. Am Ende der Treppe war er völlig außer Atem und wankte mehr oder weniger in sein Zimmer. Doch er blieb nicht stehen und schaffte es mit Mühe in sein Zimmer. Nachdem er die Zähne geputzt, seine Jacke und Schuhe angezogen hatte, ging er wieder nach unten, wo Leron bereits auf ihn wartete. Der Unternehmer schaute ihn besorgt an und sagte „Du bist ziemlich blass. Bist du dir sicher, dass alles in Ordnung ist?“ Doch Simon winkte nur schwer atmend ab und erklärte „Ich habe mich nur ein klein wenig überanstrengt, das ist alles.“ Da er wohl Sorge hatte, dass der 21-jährige gleich vor Erschöpfung oder bedingt durch seinen schwachen Kreislauf kollabieren würde, nahm er seinen Arm um ihm ein wenig Halt zu geben. Sie gingen gemeinsam nach draußen und ein kalter Herbstwind wehte ihnen entgegen. Es fiel ein leichter Regen und hatte eine fast wohltuende Wirkung auf Simon. Ihm war, als würde die kalte und klare Luft seinen Kreislauf wieder ein wenig fördern, auch wenn das Gefühl täuschte. Gemeinsam gingen sie zur Limousine, wo bereits der Chauffeur wartete. Simon war als würde ihm das Herz bis zum Hals schlagen. Er war so fürchterlich aufgeregt, dass er sich nicht beruhigen konnte und nicht einmal ruhig auf seinem Platz sitzen konnte. Die Autofahrt schien sich ewig hinzuziehen und meistens sah er ungeduldig aus dem Fenster, um zu schauen, ob es noch lange dauerte. Nachdem er so lange gewartet und ausgeharrt und unzählige Opfer gebracht hatte, konnte es jetzt nicht schnell genug für ihn gehen. Es war als wäre all seine Geduld aufgebraucht. Unruhig kaute er auf seiner Unterlippe und musste von Leron beruhigt werden, denn dieser befürchtete, dass Simon sich noch überanstrengen würde. Als sie dann endlich die Praxis des Augenarztes erreicht hatten, war Simon der erste, der noch vor dem Chauffeur ausstieg. Er war ungeduldig wie ein Kind am Weihnachtsmorgen und es konnte ihm nicht mehr schnell genug gehen. Lerons Beschwichtigungen hörte er kaum und so musste der Unternehmer ihn ein wenig energischer zurückhalten. Gerade betraten sie die Arztpraxis, als plötzlich Leron stehen blieb, denn sein Handy begann zu klingeln. Er hielt kurz inne und sah, dass es sein Vater war. Sollte er rangehen oder nicht? Simon, der gemerkt hatte, dass sein Begleiter stehen geblieben war, blieb nun ebenfalls stehen und schaute ihn fragend an. „Was ist?“ „Mein Vater…“, antwortete Leron knapp. „Ich gehe eben kurz ran. Vielleicht ist ja etwas passiert.“ Damit drückte er auf den grünen Hörer und fragte sofort „Hey Vater, was ist los?“ „Du klingst gehetzt“, stellte Lionel am anderen Ende der Leitung fest. „Bist du irgendwo unterwegs?“ „Ich habe einen Termin. Was ist los? Warum rufst du an?“ „Ich habe den Notar bestellt und möchte, dass du zum Krankenhaus kommst, damit wir die Überschreibung so schnell wie möglich über die Bühne bringen können.“ Leron schaute zu Simon, der seinerseits besorgt wirkte, denn er befürchtete, dass sich vielleicht der gesundheitliche Zustand des alten Mannes verschlimmert haben könnte. Der Unternehmer seinerseits rieb sich die Augen und seufzte leise. „Das kann ich gerne machen, aber nicht jetzt. Ich begleite Simon gerade zu einem Termin und der ist sehr wichtig.“ „Und die Zukunft des Konzerns ist es nicht?“ entgegnete Lionel mit einer Gegenfrage. „Ich weiß zwar nicht, was es für ein Termin ist, aber der Junge ist kein Kind und so wichtig kann dieser Termin nicht sein, dass du dafür deine Arbeit vernachlässigst. Du vergisst, in welcher Lage wir uns befinden.“ „Ich habe es nicht vergessen, aber ich halte meine Versprechen und ich kann auch danach noch zum Krankenhaus kommen.“ „Der Notar kommt aber schon gleich und glaubst du, er wird so lange warten? Ich bitte dich, Leron. Komm zur Vernunft und überdenke mal deine Prioritäten.“ Aus irgendeinem Grund kam sich Leron hilflos und zerrissen vor. Auf der einen Seite wollte er unbedingt an Simons Seite sein, wenn dieser mit der Behandlung begann aber konnte er seinem totkranken Vater eine Abfuhr erteilen, nachdem sie sich beide ausgesprochen hatten? Er wusste es nicht und wäre in seiner Ratlosigkeit verblieben, wäre da nicht Simon zu ihm gekommen. Mit einem mitfühlendem Blick legte dieser eine Hand auf Lerons Schulter und sagte „Fahr du ruhig zum Krankenhaus. Ich kann das auch alleine machen.“ Doch sonderlich glücklich fühlte sich der Unternehmer nicht mit dieser Entscheidung. Ihm kam das schlechte Gewissen, denn er wusste, dass er Simon vernachlässigen würde und er fühlte sich, als hätte er diese Rücksichtnahme nicht verdient. „Simon…“ Doch der Angesprochene schüttelte den Kopf und versicherte ihm „Es ist in Ordnung. Es ist sicherlich wichtig für dich, oder? Ich kann nachher mit dem Taxi wieder nach Hause fahren.“ Nur mit Widerwillen gab Leron nach und schloss seinen Liebsten in die Arme, wobei er sich aufrichtig entschuldigte, nicht dabei sein zu können und bestand zumindest darauf, dass Simon später mit der Limousine nach Hause fahren würde. Er selbst fuhr mit dem Taxi. Simon selbst betrat nun allein die Praxis, nun nicht mehr ganz so euphorisch und ungeduldig. Dabei war er nicht einmal traurig darüber, dass Leron zum Krankenhaus gefahren war. Nun gut, er hätte es sich gewünscht, dass dieser bei ihm geblieben wäre, aber er hätte es nicht übers Herz gebracht, darauf zu bestehen, wenn Lerons Vater mit Krebs, zwei Tumoren und einer kaputten Leber im Krankenhaus lag und nicht mehr lange zu leben hatte. Aber er machte sich Gedanken. Er begann sich Sorgen zu machen und geriet wieder in ein tiefes Grübeln, welches all die Freude und allen Enthusiasmus, den er bis dahin verspürt hatte, völlig zerstörte. Und so kam es, dass er mit einer fast schon traurigen Miene das Behandlungszimmer betrat und Dr. Dawson begrüßte. Der Augenarzt war sichtlich besserer Laune und schien äußerst zufrieden zu sein. Immerhin hatte er etwas geschafft, was es zuvor wahrscheinlich noch nicht gegeben hatte und welcher Mensch freute sich nicht über eine Entdeckung, die zudem auch erfolgreich war? Mit einem strahlenden Gesicht drückte er Simons Hand zur Begrüßung und erkundigte sich nach seinem Wohlbefinden. Nachdem der 21-jährige ihm versichert hatte, dass es ihm gut ging, zeigte sich der Augenarzt noch zufriedener und erklärte mit Stolz „Das ist schön zu hören. Die Behandlung von Mr. Grant war auch ein voller Erfolg. Seine Augen haben sich weitgehend normalisiert und das nach nur zwei Tagen. Und wenn bei Ihnen alles genauso gut verläuft, dann dürfte alles auch so schnell passieren." Simon nahm auf dem Behandlungsstuhl Platz, auf dem zuvor schon Cypher gesessen hatte, empfand aber bei Weitem nicht die Angst, die sein älterer Bruder verspürt hatte. Ohne viel zu sagen ließ er Dr. Morris seine Augenlider fixieren, die Augen mit den Tropfen benetzen und spürte nicht einmal einen leisen Anflug von Furcht, als die Nadel zum Einsatz kam. Im Gegensatz zu seinem Bruder hatte Simon keinerlei Angst vor Spritzen und nahm auch kaum den Stich wahr. Alles verlief schnell und unkompliziert und beinahe so erschreckend einfach, dass sich der 21-jährige für einen Moment erstaunt zu fragen begann, ob das schon wirklich alles war. Er hatte erwartet, dass die Behandlung, auf die er so lange hingearbeitet und gewartet hatte, etwas spektakulärer und aufwendiger sein würde. Und so fragte er verwundert „Das war es schon?“ „Ja, das war es“, bestätigte ihm Dr. Morris, als er ihm die Klammern wieder entfernte, nachdem er seine Augen noch mal mit den Tropfen benetzt hatte. „Sie wundern sich, dass es so schnell ging, nicht wahr? Nun, es war ja auch zum Glück nichts, was einer schweren Operation bedurft hätte. Sie müssen sich jetzt einfach nur etwas Zeit geben. Es dauert ein paar Tage, bis das Melanin vollständig abgebaut ist und Sie müssen sich schonen. Tragen Sie eine Sonnenbrille, wenn Ihre Augen direktem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Nehmen Sie täglich diese Augentropfen für die nächsten zwei Tage um jegliche Reizungen durch die Medikation zu vermeiden. Während dieser Zeit dürfen Sie auch weder Kraftfahrzeuge oder schwere Maschinen bedienen, weil das Sehvermögen deutlich eingeschränkt wird.“ Simon hörte sich die medizinische Belehrung aufmerksam an, ließ sich die Augentropfen mitgeben und bedankte sich bei Dr. Dawson. Da er kaum noch etwas sehen konnte, ging er langsam und bedächtig durch die Praxis, stieg vorsichtig die Stufen hinunter und ließ sich vom Chauffeur in den Wagen helfen, denn er konnte nicht einmal mehr den Griff der Wagentür sehen. Während sie wieder nach Hause fuhren, schweiften seine Gedanken wieder zu Leron und er fragte sich, wie das Gespräch mit seinem Vater wohl verlief. Denn ihn beschlich das Gefühl, dass da noch irgendetwas über sei hereinbrechen würde. Es war keine Gewissheit, sondern nur eine ungefähre Ahnung. Aber er machte sich ernsthaft Sorgen um Leron. Und kaum, dass diese Besorgnis über ihn kam, spürte er, wie er müde wurde und ihn langsam schleichend wieder seine Kräfte verließen, sodass er, kaum nachdem sie wieder zurück zur Villa gefahren waren, ohne die Hilfe des Chauffeurs kaum von seinem Platz aufstehen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)