The Petboy Contract von Sky- ================================================================================ Kapitel 31: Michael dreht durch ------------------------------- Nachdem sie den ganzen Tag miteinander verbracht und ihn in vollen Zügen genossen hatten, kehrte Simon zu Cypher und Hunter zurück und fühlte sich so glücklich wie nie zuvor. Zu sehen, dass es Leron inzwischen deutlich besser ging und er auch sonst wesentlich entspannter als sonst wirkte, versetzte ihn in eine richtig euphorische Stimmung und er konnte es kaum erwarten, ihn bald wiederzusetzen. Mit einem glücklichen Lächeln klingelte er an der Tür und wurde auch schon von Cypher empfangen, der im ersten Moment eher weniger guter Laune war. Als er aber das überglückliche Strahlen des Ankömmlings sah, da musste er auch selbst schmunzeln. „Na da hat aber jemand einen wunderbaren Tag gehabt“, bemerkte er und ließ ihn herein. „Netter Halsschmuck übrigens. Wusste gar nicht, dass ihr zwei auf diese Art von Beziehung steht.“ Abrupt blieb Simon stehen und betastete instinktiv das Lederhalsband, welches er trug. Da es eigentlich sehr dezent und im ersten Moment wie Schmuck aussah, hätte er nicht gedacht, dass Cypher es sofort durchschauen würde und daraufhin lief er hochrot im Gesicht an und brachte nur eine ungeschickte Frage zustande: „Wie bitte?“ Doch Künstler grinste nur amüsiert und klopfte ihm auf die Schulter. „Ich kenne mich mit dem ganzen Kram ein wenig aus. Da wir es gerne härter mögen, kommt normaler Sex auch nicht wirklich infrage. Ich bin halt masochistisch und Hunter ist ein Sadist. Da ergänzen wir uns ganz gut.“ „Ach echt?“ fragte Simon ein wenig überrascht. „Ich hätte nicht erwartet, dass du masochistisch bist.“ Gemeinsam gingen sie ins Wohnzimmer, wo Hunter auf dem Sofa saß und ein Bier trank. Von Ezra war keine Spur zu sehen und wie er erfuhr, hatten die beiden ihn zum Kloster zurückgebracht und es hatte dabei natürlich wieder ein großes Theater gegeben, weshalb Hunter und Cypher vorhin nicht gerade in guter Stimmung gewesen waren. „Nun, Hunter und ich stehen auf Rollenspiele“, gestand Cypher und man sah ihm an, dass ihm allein schon die Vorstellung großen Spaß bereitete. „Ich liebe es, wenn er den brutalen maskierten Einbrecher spielt, der mich überfällt und mir droht, mich umzubringen, wenn ich auch nur einen Mucks von mir gebe. Vor allem wenn er auch noch ein Messer dabei hat und mir die Atemwege mit seiner starken Hand zudrückt. Die grobe Behandlung, der harte Sex und dann noch die blauen Flecken wahrer Leidenschaft…“ Ein wenig entgeistert starrte Simon ihn an als er das hörte. Nun gut, das Gefängnisrollenspiel war ja auch nicht gerade zärtlich gewesen, aber dass die beiden hier allen Ernstes ein Rollenspiel spielten, bei dem Cypher gewürgt und mit einem Messer bedroht wurde, war nach seinem Geschmack ein wenig zu heftig. Naja…wer halt darauf stand… Jeder Mensch war da eben anders und solange die beiden ihren Spaß dabei hatten, war es doch in Ordnung. Als sein Blick zu Hunter wanderte, schaute dieser seinen Partner mit einem Blick an, den man leicht als tödlich bezeichnen konnte. „Wenn er doch maskiert ist, woher weißt du dann, dass es Hunter ist und nicht tatsächlich ein Einbrecher?“ wollte Simon wissen und mit Sicherheit war diese Frage auch berechtigt. Zwar war es unwahrscheinlich, dass so etwas passieren konnte, doch ausgeschlossen war es ja nicht. „Hunter trägt immer ein erkennbares Zeichen am Körper oder er sagt einen Satz zu mir, den wir vorher ausgemacht haben. Auf diese Weise habe ich klare Gewissheit und er kann mit mir machen, was er will. Er ist zwar Sadist, aber er hat sich unter Kontrolle und er weiß, was er mir alles antun darf. Und jemand, der sich mehrere Piercings und Tattoos hat stechen lassen, der kann so einiges aushalten.“ „Ihr seid wirklich ein schräges Paar“, murmelte Simon und schüttelte den Kopf. „Wir müssen wirklich Brüder sein.“ Michael Evans war zerknirscht und in einer äußerst explosiven Stimmung. Nicht nur, dass seine Kopfschmerzen ihn fast in den Wahnsinn trieben und sich anfühlten, als würde man ihm glühende Dolche in den Kopf stoßen. Nein, auch die Blamage nagte an ihm, dass sein jüngster Bruder es tatsächlich geschafft hatte, sich gegen ihn aufzulehnen und ihm eine schwere Gehirnerschütterung, eine Schädelfraktur und eine gebrochene Nase zu verpassen. Zudem hatte dieser Dreckskerl ihm auch noch zwei Zähne ausgeschlagen. So etwas hatte dieser Dreckskerl noch nie gewagt. Und als wäre das noch nicht die Krönung des Ganzen, hatte der Doktor ihm heute die Diagnose für die Ursachen seiner Kopfschmerzen genannt. Das Ergebnis hatte den 42-jährigen getroffen wie ein Schlag und es hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen: es war ein Hirntumor. Er war die Ursache seiner Kopfschmerzen, seiner zwischenzeitigen Halluzinationen und seiner motorischen Probleme, an denen er zusätzlich seit jüngster Zeit litt. Nach Prognose des Arztes blieben ihm nur noch knapp zwei Monate zu leben. Zwei lächerliche Monate wegen dieser verdammten Kopfschmerzen. Seine Freundin Judy, die trotz seiner Wutanfälle und seiner gelegentlichen Gewaltausbrüche bei ihm blieb, versuchte ihm so gut es ging beizustehen und ihm Trost zu spenden. Doch er wollte sie nicht sehen. Dieses dämliche Weibstück interessierte ihn sowieso nicht die Bohne. Sie war quasi seine „arrangierte Verlobte“, die sein Vater ihm angedreht hatte. Er hatte sich auf das Spielchen eingelassen, weil er gehofft hatte, dass er dadurch endlich zum Nachfolger ernannt werden würde. Und nun war das alles vorbei. Ein gottverdammter Tumor würde ihm in zwei Monaten den Rest geben. „Michael“, sprach Judy vorsichtig und trat näher. Sie war eine zart gebaute Person mit platinblondem Haar und einer etwas zu groß gewachsenen Nase. Auch wenn sie nur fünf Jahre jünger war, wirkte sie fast noch wie ein Kind und vielleicht hätte er Interesse an ihr gehabt, wenn sie sein Typ gewesen wäre. Doch nun war ihm das eh gleichgültig. Er würde bald sterben und der einzige Mensch, der ihm jetzt noch helfen und ihm beistehen konnte, war sein treuer Bruder Jordan, auf den er sich bisher immer verlassen konnte. Ja, Jordan würde ihm zuhören und ihm helfen, Leron ein für alle Male aus dem Weg zu räumen und den Jungen zurückzuholen, damit er ihn wenigstens noch für die letzten zwei Monate allein zu seiner Verfügung hatte. „Michael, wir werden das schon gemeinsam schaffen.“ „Halt die Schnauze und bring mir das Telefon“, grummelte dieser zerknirscht und schluckte die Tablette, die ihm als einzige wirklich Linderung verschaffte. Der Arzt sagte ihm, dass diese ihm helfen würde und das war zumindest ein kleiner Trost. Gerade, als er sie zusammen mit einem Glas Wasser einnahm, folgte ein zaghaftes „Aber Michael…“ von Judy, doch er ließ sie gar nicht erst weiter zu Wort kommen und brüllte wütend „Gib mir das verdammte Telefon, oder ich mache dir Beine!“ Erschrocken zuckte die 37-jährige zusammen und folgte schleunigst seinem Befehl. Sie wusste, dass es nicht ratsam war, ihn noch weiter zu reizen, wenn ihre Knochen heil bleiben sollten. Also holte sie hastig das schnurlose Telefon und reichte es ihm, bevor sie wieder sicherheitshalber auf Abstand ging. Michael schenkte ihr keinerlei Beachtung und wählte Jordans Nummer. Allerdings dauerte es eine längere Zeit, bevor sein Bruder endlich an den Apparat ging und sich meldete. Er klang so kühl und abweisend wie immer. „Michael, was gibt es? Ich habe momentan viel zu tun und es wäre freundlich, wenn du dich kurz fassen könntest.“ Der 42-jährige legte den Handrücken seiner freien Hand auf die Stirn in der Hoffnung, sich dadurch etwas Linderung zu verschaffen, bis die Tablette zu wirken beginnen würde. Doch das half leider nicht im Geringsten und es schmerzte ungeheuerlich. Sein Schädel fühlte sich an, als würde er jeden Moment explodieren. Dieser verdammte Tumor, der ihm diese höllischen Kopfschmerzen bereitete und ihm sein Leben zerstört hatte. „Ich muss mit dir reden, Jordan. Ich habe einen Hirntumor.“ Eine kurze Pause trat ein, bevor sein Bruder sich eher unbeeindruckt erkundigte „Ein Hirntumor?“ „Ja verdammt“, knurrte Michael verärgert. „Die Prognosen sind auch echt beschissen. Der Arzt gibt mir nur noch zwei Monate, weil es zu spät ist, den Tumor zu entfernen.“ Wieder trat eine Pause ein, aber das war bei Jordan nichts Ungewöhnliches. Er wurde immer sehr still am Telefon, wenn er über irgendetwas nachdachte. Und das tat er ziemlich oft, wenn er seine nächsten Fragen oder Antworten genau bedachte. „Und warum rufst du mich an?“ „Warum?“ platzte es laut aus Michael wie ein Gewehrschuss heraus. „Na weil ich deine Hilfe brauche, verdammt. Als ich den Jungen holen wollte, ist Ronnie vollkommen ausgetickt und hat mir die Nase gebrochen und zwei Zähne rausgeschlagen. Ich brauche deine Hilfe, Jordan. Wenn ich schon bald sterben muss, dann nicht, bevor ich nicht den Jungen wieder habe!“ „Tut mir leid, Michael. Das geht nicht.“ Einen Moment lang war er vollkommen verwirrt und konnte nicht glauben, was er da gehört hatte. Er hatte fest damit gerechnet, dass Jordan ihm helfen würde. Sie beide bekamen doch immer alles geregelt. Sie hatten sich ja auch schon damals um Ronnie „gekümmert“, wenn er der Meinung war, dass sein jüngster Bruder eine Zurechtweisung brauchte. Und jetzt auf einmal zog Jordan den Schwanz ein und verwehrte seinem sterbenden Bruder diese einfache Bitte? Was erlaubte der sich eigentlich? „Das ist doch wohl jetzt ein Scherz, oder? Verdammt noch mal Jordan, ich sterbe in zwei Monaten. Willst du deinem älteren Bruder da nicht helfen?“ „Ich wüsste nicht wieso“, kam es kühl und abweisend vom anderen Ende der Leitung zurück. „Wie stellst du dir das überhaupt vor? Ich habe Frau und Kinder, ich kann es mir nicht erlauben, in deine kriminellen Machenschaften hineingezogen zu werden. Und da du sowieso bald sterben wirst und damit aus der Nachfolge ausgeschlossen wirst, habe ich mich um bessere Dinge zu kümmern, als um deine Vorlieben. Kriege deine Dinge alleine geregelt, aber ich werde nicht mehr bei deinen Spielchen mitmachen.“ Ein kurzes Klicken ertönte, gefolgt von einem monotonen rhythmischen Piepton, der signalisierte, dass das Gespräch abgebrochen wurde. Doch Michael reagierte nicht darauf. Immer noch hielt er den Hörer an sein Ohr gedrückt und starrte ins Leere. Fassungslosigkeit überkam ihn, als ihm dämmerte, dass sein Bruder ihn eiskalt im Stich gelassen hatte. Ausgerechnet Jordan ließ ihn nach all der Zeit im Stich und das auch noch dann, wenn er ihn am meisten brauchte. All die Jahre hatte er in dem Glauben gelebt, dass er sich immer auf seinen zweitjüngsten Bruder verlassen konnte, egal was auch war. Und stattdessen ließ dieser ihn einfach fallen, nachdem dieser von der Diagnose gehört hatte und die Nachfolge für den Konzern sicher in seinen Händen wusste. War das alles zwischen ihnen etwa die ganze Zeit nur vorgeheuchelt und vorgegaukelt? War er, Michael Evans, all die Jahre nur belogen und betrogen worden? Langsam schleichend wich die Fassungslosigkeit immer mehr blinder und rasender Wut. Unbändiger Zorn stieg in ihn auf und er schleuderte das Telefon mit aller Kraft durch den Raum, sodass es gegen die Wand schlug und in seine Einzelteile zerbrach. Das würde er sich nicht gefallen lassen. Michael Evans ließ sich von niemandem benutzen oder betrügen. Dieser treulose Verräter würde schon sehen, was es bedeutete, sich den Falschen zum Feind zu machen und dann würde er mit allen abrechnen, die ihn erst in diese Lage gebracht hatten. Sie alle würden dafür teuer bezahlen, das stand fest. Judy, die erst ziemlich erschrocken zusammenzuckte als das Telefon an der Wand zerschmetterte, registrierte nicht, welch mordlustige Gedanken ihr Liebster gerade hegte. Ihr Kopf war gerade von ganz anderen Dingen erfüllt und als sie sah, wie Michael das Wohnzimmer verließ, lief sie ihm nach und rief „Michael, was hat das zu bedeuten? Wer ist der Junge, von dem du da redest? Michael!“, ohne wirklich eine Antwort zu bekommen. Er schenkte ihr keinerlei Beachtung, doch das war ihr in dem Moment vollkommen egal. Dass Michael von einem Jungen sprach, den er unter allen Umständen zurückhaben wollte, konnte nur folgendes bedeuten: entweder hatte er mit einer anderen Frau ein Kind und hatte es ihr die ganze Zeit verschwiegen, der Junge hatte etwas mit seinen Geschäften zu tun oder aber, woran sie lieber nicht denken wollte: er hatte sexuelles Interesse an einem Kind. Um endgültig Gewissheit zu haben, musste sie ihn zur Rede stellen. „Michael, jetzt sag mir endlich was das für ein Junge ist, von dem du da redest. Betrügst du mich…“ Ohne Vorwarnung drehte Michael sich um und packte sie an den Haaren. Sein Gesicht war zu einer hässlichen, dämonischen Fratze verzerrt, in deren Augen blanker Hass und Zorn loderten. Ein Schrei des Schmerzes und Entsetzens entwich Judys Lippen, bevor ihr Kopf gegen die Wand geschlagen wurde. Immer und immer wieder hallte ein hässlicher dumpfer Knall durch das Haus, als Michael den Kopf seiner Freundin und geplanten Verlobten immer und immer wieder gegen die Wand schlug, an der sich bereits ein blutiger Fleck bildete. Er wiederholte es so oft, bis sein Arm lahm wurde und es ein leises Knirschen gab, als der Schädelknochen unter seiner Kraft nachgab und er Judy daraufhin zu Boden fallen ließ. Regungslos, mit blutüberströmtem und deformiertem Gesicht lag die 37-jährige auf dem Boden und ihre weit aufgerissenen toten Augen spiegelten Angst und Fassungslosigkeit wieder. Keuchend stand Michael über ihrer Leiche, während seine Kopfschmerzen schmerzhaft im selben Takt wie sein Herzschlag pulsierten und ihn fast ohnmächtig werden ließen. Als er sah, was er getan hatte, empfand er nicht eine Sekunde lang so etwas wie Reue oder Bedauern. Er registrierte nicht einmal wirklich, dass er gerade einen Menschen umgebracht hatte. Oder zumindest registrierte es der verkümmerte moralische Teil in seinem Kopf nicht, der ihm immer wieder einbläute, es nicht zu tun. Selbst sein Vater hatte ihm immer wieder eingetrichtert, es nie zu weit zu treiben, weil er ihm dann auch nicht mehr helfen konnte. Doch das interessierte ihn jetzt sowieso nicht mehr. Diese Frau war selbst schuld. Sie hätte ihn nicht stören dürfen. Judy hatte eigentlich gewusst, dass es gefährlich war, ihn zu stören, wenn er wütend war. Sie war ihm ohnehin ziemlich auf die Nerven gegangen und jetzt hatte sie bekommen, was sie verdient hatte. Eine gewisse Genugtuung überkam ihn und ohne dem Leichnam weiter Beachtung zu schenken, ging er in sein Arbeitszimmer. In einem Safe neben seinem Schreibtisch verwahrte er wichtige Wertpapiere, Bargeld, Schmuck seiner Mutter und die Pistole, die er sich zugelegt hatte. Er hatte sie nie benutzt und eigentlich nur für den Fall gekauft, dass er eines Tages von einem Einbrecher überrascht werden könnte. Aber nun hatten sich die Dinge geändert. Er würde bald sterben, also was kümmerten ihn dann noch die Verbote und Warnungen seines Vaters? Jetzt waren die letzten Ketten gesprengt und nun gab es keinen Rückhalt mehr. Keine Grenzen und keine Verbote. Dieser Gedanke vermischte sich mit dem infernalischen Schmerz in seinen Kopf und löschte alles andere in seinem Verstand. Nichts anderes war mehr von Bedeutung für ihn. Er konnte endlich der Mensch sein, der er eigentlich war. Mensch? Nun, andere würden es vielleicht als wahnsinniges Monster bezeichnen. Etwas, das man für immer wegsperren sollte… oder was nie hätte geboren werden dürfen. Der Wahnsinn ergriff nun vollständig Besitz von Michael Evans. Ein blutroter Schleier legte sich über seine Gedanken und er verfiel in einen Zustand, den man als eine Art der Obsession beschreiben konnte. Es gab nichts anderes mehr für ihn. Alles in ihm schrie nach Rache. Er war übervoll mit diesem Drang und hätte es so etwas wie eine Stimme in seinem Kopf gegeben, hätte sie die Stimme seiner Mutter angenommen, die ihn zuflüsterte „Tu es, töte sie alle“, ohne Pause und Unterlass. Michael öffnete den Safe und holte seine Pistole heraus. Es war eine SIG Sauer P226, eine wirklich hervorragende Waffe, die er von Jackson geschenkt bekommen hatte. Sie war sehr präzise und lag wunderbar in der Hand. Der kalte Stahl fühlte sich angenehm an und die Schwere war genau richtig. Damit konnte er locker seine Probleme lösen. Dann hatte alles wieder seine Ordnung und er konnte sich um die wichtigen Dinge kümmern. Als er die Pistole betrachtete, spielte sich ein Lächeln auf seine Lippen. Und es war kein gutes Lächeln. Während er das Magazin durchlud, begann er eine Melodie zu summen. Ein Lied, welches seine Mutter immer zu singen pflegte. Es war London Bridge is Falling Down, allerdings hatte sie immer einen ganz anderen Text gesungen. Auch wenn sie es nur gesungen hatte, als er und Jordan Kinder gewesen waren, hatte er das Lied niemals vergessen und konnte es selbst nach all den Jahren perfekt nachsingen. Und nun, da er sowieso bald mit der Problembeseitigung anfangen würde, war ihm danach, ein wenig dieses alte Lied zu singen: “London Bridge is falling down, Falling down, falling down, London Bridge is falling down, My fair lady. Build it up with skulls and bones, Skulls and bones, skulls and bones, Build it up with skulls and bones, My fair lady. Skulls and bones will all fall down, All fall down, all fall down, Skulls and bones will all fall down, My fair lady. Build it up with blood and flesh Blood and flesh, blood and flesh Build it up with blood and flesh, My fair lady. Blood and flesh will wash away, Wash away, wash away, Blood it and flesh will wash away, My fair lady. Build it up with cadavers, Cadavers, cadavers, Build it up with cadavers, My fair lady. Cadavers will last for long, Last for long, last for long, Cadavers will last for long, My fair lady. London Bridge is falling down, Falling down, falling down, London Bridge is falling down, My fair lady.” Wunderbare Erinnerungen an seine Kindheit wurden wach, als er seine Mutter noch ganz für sich hatte, weil Jordan eher eine Bindung zum Vater hatte. Es waren herrliche Zeiten gewesen und er würde nie vergessen, als seine Mutter sich um diese Haushälterin gekümmert hatte. Abigale war ihr Name gewesen und sie war eine richtige Schreckschraube gewesen. Streng, unerbittlich und offensichtlich hatte sie etwas gegen Kinder gehabt. Als er eine Katze aus der Nachbarschaft verschleppt und für seine Spiele im Keller benutzt hatte, war Abigale just in dem Moment in den Keller gekommen, als er die Katze am Schwanz gepackt und mit einer Schere auf sie eingestochen hatte um zu sehen, wie viele Stiche es wohl brauchte, bis das Tier tot war. Abigale hatte geschrien, ihn von der Katze weggezerrt und ihn geohrfeigt, während sie ihn „Monster“ oder „Teufelsbalg“ nannte. Michael hatte sich das natürlich nicht gefallen lassen und seiner Mutter davon erzählt. Diese hatte ihn in den Arm genommen, ihm den Kopf gestreichelt und gesagt, dass sie dafür sorgen werde, dass diese abscheuliche Frau es nie wieder wagen würde, ihm etwas anzutun. Sie hatte ihm versprochen gehabt, dass diese Abigale nie wieder in seine Nähe kommen würde. Und tatsächlich war diese abscheuliche Frau nie wieder zurückgekehrt. Seine Mutter hatte gelächelt, ihm den Kopf gestreichelt und gesagt „Mach dir keine Sorgen mein Schatz. Mommy regelt die Dinge schon.“ Das hatte sie immer gesagt, wenn ihn irgendein Kindermädchen oder anderer Bediensteter schlecht behandelt hatte. Ja, seine Mutter hatte immer die Dinge geregelt, wenn jemand ihre Kinder nicht anständig behandelte oder es auch nur wagte, sie anzuschimpfen. Und nun war er an der Reihe, die Dinge zu regeln. Er war jetzt alt genug und seine Mutter war tot. Aber er wusste, dass sie mit Sicherheit stolz auf ihn sein würde, wenn sie wüsste, dass er nicht einfach nur so faul da saß und diesen Zustand bejammerte. Nein, er würde die Dinge regeln… Mit diesem guten Gefühl steckte er die Pistole und ein paar Patronen ein, als er zu seinem Wagen ging und in Richtung Jordans Haus fuhr. Er brauchte nur eine halbe Stunde, bis er die Villa erreichte, die Jordan zusammen mit seiner Frau Evelyn nach der Geburt ihrer Töchter bezogen hatten. Es war bereits Abend, da musste die Familie sicherlich zuhause sein. Langsam stieg Michael aus dem Wagen, nachdem er ihn in der Garageneinfahrt geparkt hatte und klingelte an der Eingangstür. Die Haushälterin Margarete öffnete die Tür und erkannte ihn sofort. „Oh Mr. Evans, einen schönen guten Abend. Sie kommen auf einen Besuch vorbei?“ „Ja“, antwortete er mit einem überzeugend gespielten freundlichen Lächeln. „Ich wollte meinem Bruder mal kurz hallo sagen. Ist er denn da?“ „Ihr Herr Bruder speist mit der Familie im Esszimmer.“ Margarete, die schon ein wenig älter war und gut und gerne eine Art Ersatzgroßmutter für die beiden Töchter von Jordan sein konnte, wandte sich um und ging in Richtung Esszimmer, Michael folgte ihr, während seine Hand in die Jackentasche wanderte, wo sie den kalten Griff der Pistole umklammerte und diese entsicherte. Im Esszimmer traf er tatsächlich auf Jordan und seine Familie. Seine beiden Töchter Kayleigh und Lily, die gerade erst zur Grundschule gingen, waren hübsche kleine und muntere Mädchen, die wie kleine Prinzessinnen gekleidet waren. Margarete räusperte sich und ging direkt zu Jordan. Dieser sah auf und bedachte seinen Bruder mit einem kühlen Blick, als er ihn fragte „Was willst du hier, Mike?“ „Onkel Mike!“ riefen die Mädchen aufgeregt und sprangen von ihren Plätzen auf, um zu ihn zu laufen. „Du kommst uns besuchen, Onkel Mike? Hast du eine Überraschung mitgebracht?“ fragten sie aufgeregt, denn Michael brachte den Mädchen immer etwas mit, wenn er mal zu Besuch kam. Immerhin hatte er ja so ein gutes Verhältnis zu Jordan gehabt. Doch dieses Mal würde es etwas anders laufen. Allein bei dem Gedanken konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Natürlich habe ich eine Überraschung mitgebracht. Sie wird euch wirklich umhauen!“ Und damit zog er die Pistole und bevor die beiden Mädchen realisierten, dass es kein Geschenk war, was er in der Hand hielt, fielen die ersten Schüsse und bohrten sich in den Kopf und in die Brust der beiden Mädchen. Als Evelyn entsetzt aufschrie und zusammen mit Jordan aufsprang, schoss Michael erneut und traf seine Schwägerin in den Hals, in die Brust und in den Unterleib. Margarete streckte er mit einem Kopfschuss nieder und als Jordan fliehen wollte, bremste er die Flucht mit zwei gezielten Schüssen in die Knie. Jordan schrie laut auf und stürzte zu Boden, während Blutpfützen sich auf dem Boden ausbreiteten. Langsam trat Michael näher. Seine Kopfschmerzen waren inzwischen verschwunden, doch ein lautes Pfeifen und Dröhnen in seinen Ohren blieb vom Lärm der Schüsse zurück. Dennoch hörte er die gequälten Schreie seines Bruders mehr als deutlich genug. „Hey Jordan, lass uns ein paar Dinge regeln. Genauso wie Mum es früher immer genannt hat, wenn jemand nicht nett zu uns war.“ Die nächsten Schüsse trafen Jordan in die Handflächen, einer erwischte seine Wirbelsäule und der letzte Schuss bohrte sich in seine Lunge. Wissend, dass es einen langsamen und qualvollen Erstickungstod nach sich ziehen würde wenn er nicht vorher verblutete, blieb Michael direkt vor ihm stehen und schaute auf ihn herab. Es war schon ironisch zu sehen, was für ein Häufchen Elend sein geschätzter Bruder geworden war, der sonst immer so kalt und emotionslos wirkte. „Du hast wohl geglaubt, du könntest mich als deine Spielfigur benutzen, um an Vaters Firma zu kommen, was? Und jetzt, da ich sterben werde, bin ich dir wohl nicht mehr von Nutzen. Na das hast du dir ja schlau eingefädelt, aber ich bin nicht dumm, Jordan. Und hast du wirklich geglaubt, ich lasse mir das gefallen?“ Er hockte sich nun hin, um seinen sterbenden Bruder besser ins Gesicht zu sehen, während dieser verzweifelt nach Luft rang, während seine Miene von entsetzlichen Schmerzen gezeichnet war. Es war wirklich eine Genugtuung, ihn jetzt so zu sehen, nachdem dieser ihn so schändlich verraten hatte. „Erinnerst du dich noch, als Mum sagte, sie würde die Dinge regeln? Sie hat sich nie von jemandem für dumm verkaufen lassen. Glaubst du echt, du kommst mit dieser Tour bei mir durch? Nein, ich werde jetzt die Dinge selber regeln. Seeya, Jordan.“ Damit richtete sich Michael auf und ließ seinen Bruder in seinem verzweifelten Todeskampf zurück. Mit ihm hatte er die Dinge geregelt, fehlten nur noch Leron. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)