The Petboy Contract von Sky- ================================================================================ Kapitel 7: Unruhige Nacht ------------------------- Er hatte sich ganz klein gemacht und wagte es kaum zu atmen. Sein kleiner Körper zitterte vor Angst und seine Augen waren voll von Tränen. Nur mit Mühe konnte er ein Schluchzen unterdrücken und er betete innerlich, dass sie ihn nicht finden würden. Ganz schwach konnte er Schritte hören und eine unheilverkündende Stimme rief laut vom Flur her: „Ronnie! Wo versteckst du dich, Ronnie?“ Aus Furcht, er könnte vor Angst aufschreien, presste er seine Hände auf den Mund und sah mit angsterfülltem Blick zur Tür. Sie durften ihn nicht finden, alles war ihm lieber aber nicht das. Doch ewig konnte das nicht gut gehen, das wusste er selbst. Anthony und sein Vater waren nicht da und seine Mutter… die einzige Person, die ihn hätte wirklich beschützen können, war tot. Es war niemand da, der ihm helfen, oder ihn beschützen konnte. Er war ganz alleine auf der Welt. Ein leises „Mommy…“ war das Einzige, was er hervorbrachte. Auch wenn er insgeheim wusste, dass seine Mutter ihn nicht mehr hören konnte und auch nicht kommen würde, sprach er es dennoch aus. Es war ein leiser, verzweifelter Hilferuf eines kleinen Jungen, der wusste, dass ihm Schlimmes bevorstand. „Ronnie!“ Er hielt sich die Ohren zu und versuchte verzweifelt, diese Stimme zu ignorieren und sie nicht mehr hören zu müssen. Warum nur ließen sie ihn nicht in Ruhe? Wieso waren sie so gemein zu ihm? Was hatte er ihnen denn getan, dass sie ihn so sehr hassten? Ein eisiger Schreck durchfuhr ihn, als er hörte, wie die Tür geöffnet wurde und Schritte näher kamen. „Ronnie….“, hörte er ihn rufen. „Komm raus, oder ich hole dich!“ Doch er blieb in seinem Versteck und hoffte insgeheim, dass er unentdeckt bleiben würde. Aber da wurden auch schon die Schranktüren aufgerissen und er sah Michael plötzlich vor sich stehen. Er wirkte wie ein monströser Riese und ein breites Grinsen zog sich über sein Gesicht. „Hab dich gefunden!“ Ängstlich versuchte der kleine Junge wegzukriechen und zu flüchten, doch da wurde er am Kragen gepackt und hochgerissen. „Aua Mike!“ rief er voller Angst. „Lass mich los! Du tust mir weh!“ Doch Michaels Hand umschloss seinen dünnen Arm und er schaffte es nicht, sich loszureißen. Er schrie vor Schmerz als sich der Griff verstärkte und er das Gefühl kam, als würde diese Hand ihm noch den Arm brechen. Unerbittlich schleifte Michael ihn zum Bett, wo Jordan auch schon wartete, wie immer mit einem kühlen und gefühllosen Glanz in den Augen und einer nichts sagenden Miene. Der kleine, achtjährige Junge wurde aufs Bett gestoßen und bevor er einen weiteren Fluchtversuch wagen konnte, packte Jordan ihn und hielt seine Handgelenke fest. „Du warst ein ungezogener kleiner Bruder“, hörte er Michael sagen. Er sah das breite Grinsen und diesen Ausdruck von Wahnsinn in den goldgelben Augen seines ältesten Bruders. Entsetzliche Angst überkam ihn und er schrie nun aus voller Kehle, wehrte sich nach Leibeskräften, doch er war mit diesem schwachen Kindeskörper nicht gegen seine Brüder gewachsen, die ihrerseits 18 und 19 Jahre alt waren. „Stopf ihm den Mund, damit er nicht so herumschreit“, wies Michael seinen Bruder Jordan an. „Es wird Zeit für ein kleines Bestrafungsspiel und ich hab keine Lust, wegen ihm noch taub zu werden…“ „Nein, ich will nicht. Lasst mich los! Mommy! Daddy!!!“ „Mum wird nicht kommen, um dich zu trösten“, schrie nun Michael und gab ihm eine Ohrfeige. „Sie ist tot und du warst lange genug Mommys kleiner Liebling. Es wird Zeit, dass aus dir ein großer Junge wird, Ronnie. Hast du gehört? Also nimm es wie ein großer Junge!“ Mit Entsetzen sah der kleine Junge, wie Michael näher kam und den Reißverschluss seiner Hose öffnete. Er wollte schreien, doch Jordan hielt ihm den Mund zu und hielt ihn so fest gepackt, dass es unmöglich war, sich zu befreien. Und der vor Angst zitternde kleine Junge schaffte es nicht, genügend Gegenwehr zu leisten, als Michael seine kleinen Beine auseinander drückte. „Zeit für das Bestrafungsspiel, kleiner Bruder…“, hörte er ihn flüstern, als auch schon ein infernalischer Schmerz durch seinen kleinen Körper jagte. Ruckartig fuhr Leron auf und war erst völlig orientierungslos. Er war schweißgebadet und seine Hände zitterten und sein Herz schlug wie verrückt. Ein Alptraum, schoss es ihm durch den Kopf. Es war nur ein Alptraum. Er war nicht mehr in seinem Elternhaus und er war auch nicht mehr der kleine Junge von damals. Das alles war nur ein Traum gewesen. So, so… Nur ein Traum? Dafür scheint er dir aber sehr real vorgekommen zu sein.“ „Lass mich in Ruhe“, brachte er hinter zusammengepressten Zähnen hervor und versuchte, sich wieder zu beruhigen. „Warum kannst du nicht endlich still sein?“ „Du willst mir den Mund verbieten? Mach dich nicht lächerlich, Ronnie. Ich bin hier der ältere von uns beiden. Ich habe einen Mann aus dir gemacht. Und du besitzt nicht den Mumm, um mir die Stirn zu bieten.“ „Hör auf damit!“ Leron stand aus dem Bett auf und ging zum Bad hin. Etwas kaltes Wasser machte ihn vielleicht wieder etwas klarer. Als er das Waschbecken erreichte, drehte er den Wasserhahn auf und wusch sich sein Gesicht. Doch als er sich wieder aufrichtete und in den Spiegel sah, fand er nicht sein Spiegelbild vor, sondern das von Michael. Erschrocken wich Leron zurück. Es kam sehr selten vor, dass Michael leibhaftig erschien, wenn er allein war, für gewöhnlich hörte er nur seine Stimme. Höhnisch betrachtete sein älterer Bruder ihn. Er trug wie immer einen schwarzen Anzug und eine gestreifte Krawatte, sein blondes Haar war ordentlich frisiert und er sah abschätzig und schadenfroh auf seinen jüngsten Bruder hinab. „Du bist immer noch so ein erbärmlicher Jammerlappen wie früher, Ronnie. Ein kleiner Junge, der immerzu nach seiner Mommy flennt und der immerzu nach Liebe und Aufmerksamkeit schreit. Selbst mit 31 Jahren bist du immer noch ein verdammtes Baby. Oder glaubst du echt, du könntest der Vergangenheit entkommen?“ „Warum sagst du mir das?“ fragte Leron seinen Bruder im Spiegel, ohne sich im Klaren zu sein, dass dieser nicht existierte, zumindest nicht in diesem Raum. Doch der Gedanke kam ihm nicht, dass etwas nicht stimmen könnte. Es erschien ihm zu wirklich, als dass er in der Lage gewesen wäre, diese Erscheinung zu hinterfragen. „Was willst du?“ „Du weißt, was ich will, Ronnie…“, erklärte Michael. „Du hast etwas, das mir gehört…“ Simon, schoss es Leron durch den Kopf und ihn überkam das Entsetzen. Seine schweißnassen Hände ballten sich zu Fäusten und sein Körper versteifte sich. Fassungslos sah er seinen Bruder im Spiegel an und wich zurück. Er will Simon, schoss es ihm durch den Kopf und hallte dort wieder wie ein Echo. Er will Simon! Er will ihm etwas antun! Er will ihn mir wegnehmen und wird ihn noch umbringen. „Ich werde ihn dir nicht überlassen“, rief Leron und Wut stieg in ihm auf. Wut gegen seinen Bruder und vor allem Wut über die Tatsache, dass dieser ihm tatsächlich androhte, Simon zu holen und ihm wieder diese schrecklichen Dinge anzutun. Allein der Gedanke an den zerschundenen, halb toten Körper, dessen Hand- und Fußgelenke an die Bettpfosten gefesselt waren während die Augen von einer Augenbinde verdeckt waren, weckte in ihm diese starken Gefühle, die er damals entwickelt hatte, als er den armen Jungen dort hatte liegen sehen. Entsetzen, Mitleid, Schuldgefühl… und schließlich auch eine seltsame Art der Zuneigung. Dieser Tag hatte sich tief in Lerons Gedächtnis gebrannt, als wäre es erst gestern gewesen, als er nichts ahnend zum Loft gefahren war und diesen 17-jährigen Jungen regungslos und nackt auf dem Bett liegen sah. Er hatte kaum noch geatmet und er hatte Würgemale am Hals gehabt und einige Verletzungen, die ihm durch Schläge beigebracht worden waren. Leron hatte den Jungen erst für tot gehalten und alles daran gesetzt, ihn wieder zurückzuholen und für einen kurzen Augenblick hatte der Junge sogar kurz die Augen geöffnet gehabt, bevor er wieder das Bewusstsein verlor. Als Leron diese Augen zum ersten Mal gesehen hatte, dachte er sich nur „Oh Mein Gott, er ist blind!“ Er war schon einiges von seinem Bruder gewohnt, doch der Gedanke, dass er einen blinden Teenager entführte, ans Bett fesselte, ihn blutig prügelte und sogar würgte, während er sich an ihm verging, war für Leron zu viel gewesen. Vor allem da er die Brutalität seines ältesten Bruders am eigenen Leib zu spüren bekommen hatte. Nachdem er den Jungen erfolgreich reanimieren konnte, hatte er ihn in eine Decke gewickelt und ins Krankenhaus gebracht. Die Identität des Jungen hatte er nicht erfahren und als er ihn im Krankenhaus besuchen wollte um mehr über die Hintergründe zu erfahren, war dieser auch schon verschwunden gewesen. Er hatte das Krankenhaus verlassen, sobald er wieder genug Kraft hatte. Erst dieser Zeitungsartikel mit dem Serienmörder hatte Leron wieder auf seine Spur gebracht, nachdem er vergeblich nach dem Jungen gesucht hatte. Ein Foto und ein gut bezahlter Detektiv hatten binnen weniger Tage geschafft, was er alleine in drei Jahren nicht geschafft hatte. Und schnell hatte Leron die Hintergründe erfahren und sie hatten ihn nicht wenig schockiert: der Junge stammte aus einem Waisenhaus, hatte weder Familie noch Verwandte oder irgendwelche Freunde und verdiente sich sein Geld auf dem Straßenstrich. Schlimmer hätte ihn die Wahrheit nicht treffen können. Und sein einziger Gedanke war gewesen, ihn dort wegzuholen, egal wie. „Was ist?“ fragte Michael. „Hat es dir etwa die Sprache verschlagen? Mal im Ernst: was willst du von diesem Bengel denn schon? Er ist nicht mal ein gutes Betthäschen mit so hässlichen Augen und im Grunde ist er auch schon inzwischen zu alt, findest du nicht auch? Lass uns lieber etwas Jüngeres suchen. Etwas… weniger verbrauchtes…“ „Du bist ja krank“, rief Leron angewidert. „Ich lasse nicht zu, dass du dem Jungen auch nur ein Haar krümmst, hast du gehört? Wag es auch nur in seine Nähe zu kommen und ich bringe dich um!“ „Oho… der kleine Ronnie will auf großen Macker machen“, kommentierte Michael spöttisch, holte ein Taschentuch hervor und begann damit seine Brille zu putzen. „Und was willst du tun, um ihn vor mir zu schützen? Du kannst nicht ewig bei ihm sein und ich kann dir versprechen: sobald du ihn auch nur für eine Sekunde lang unbewacht lässt, hole ich ihn mir zurück. Ich gewinne immer, Ronnie. Und wenn ich ihn dann endlich wiederhabe, werde ich ihm das Hirn rausficken und lasse dich dabei zuschauen! Mal sehen, wessen Namen er dann schreien wird, wenn ich ihm den Verstand rausvögle.“ Ein lautes Knacken, gefolgt von einem leisen Klirren ertönte, als Leron gegen den Spiegel schlug und ihn dabei zerbrach. Scherben schnitten in seine Handknöchel und rissen blutige Wunden. Ein stechender Schmerz bohrte sich in seine Hand und er presste die Zähne zusammen. Seine Hand blutete und es steckten Splitter darin. Doch die Stimme war verschwunden und Michaels Erscheinung ebenfalls. Er war endlich fort… Die Tür zum Schlafzimmer wurde vorsichtig geöffnet. Licht fiel vom Flur in das dunkle Zimmer und eine Silhouette tauchte im Türrahmen auf. Für einen Moment überkam Leron die Angst, es könnte tatsächlich Michael sein, der gekommen war, um Simon mitzunehmen. Doch dann wurde das Licht eingeschaltet und er sah, dass es Simon selbst war. Er rieb sich müde die Augen und trug aufgrund der sehr warmen Sommernacht lediglich Boxershorts. „Was ist los?“ murmelte er verschlafen. „Ich habe Stimmen und einen lauten Krach gehört.“ „Simon…“ Leron atmete erleichtert aus. Dabei vergaß er für einen Moment seine blutende Hand. „Ich bin nur schlafgewandelt und hab dabei den Spiegel zerschlagen. Geh ruhig wieder ins Bett schlafen. Du solltest dich…“ „Ach du Scheiße, du blutest!“ Simons Müdigkeit war verflogen und er kam nun zu ihm und sah sich die Hand an. „Und da sind Splitter drin. Hast du eben eine Pinzette?“ Leron versuchte seine Hand wegzuziehen, denn es widerstrebte ihm, dass der Junge ihn so sah. Vor allem aber wollte er möglichst vermeiden, dass dieser die Wahrheit erfuhr. Nämlich dass er sich gerade eben mit seinem Bruder gestritten hatte, der ihm angedroht hatte, dem Jungen erneut wehzutun. Es war das Beste, ihn wegzuschicken. „Ich mach das schon selbst“, sagte er nur, doch Simon ging bereits nach einer Pinzette Ausschau halten. „Einer der Splitter sitzt tief, da braucht man zwei Hände. Äh, gibt es hier irgendwo einen Verbandskasten?“ „In der Küche ist einer.“ Simon drehte das Wasser auf und spülte das Blut von Lerons Hand, um die Splitter besser sehen zu können. Es brannte in den aufgeschnittenen Wunden und Blut tropfte ins Waschbecken. „Du musst das nicht tun“, versuchte Leron ihm zu erklären. Ich mache das lieber selbst.“ „Schon gut“, meinte Simon nur und schüttelte nur den Kopf. Er schnappte sich die Pinzette und während er mit der anderen Hand vorsichtig die kleinen Schnittwunden auseinanderzog, um besser an den Splitter heranzukommen, war er hochkonzentriert. „Jetzt bin ich ja eh da. Und außerdem ist es eh schwer, alleine die eigene Hand zu verarzten.“ Dem konnte Leron nichts entgegensetzen. Es wäre in der Tat schwierig geworden, alle Splitter herauszuziehen und dann die Hand zu verbinden. Trotzdem störte es ihn, dass Simon ihn verarztete. So wollte er es doch nicht haben. Er sollte sich um ihn kümmern, nicht umgekehrt. Doch das war nicht das Einzige, was ihn beschäftigte. Da war nämlich noch das Problem mit Michael. Sein Bruder würde herkommen und den Jungen mitnehmen. So etwas durfte er nie und nimmer zulassen. Aber was konnte er denn tun? Sollte er ihn vielleicht doch rund um die Uhr in der Villa einsperren, um ihn zu beschützen? Ja, das wäre womöglich keine schlechte Idee. Andererseits könnte es für seinen Plan, Simons Herz zu gewinnen, nicht förderlich sein. Nein, es war absolut kontraproduktiv und darum schied das erst mal aus. Aber was konnte er sonst tun? Zwar war Anthony tagsüber da, aber Leron war sich nicht sicher, ob dieser in seinem fortschreitenden Alter etwas gegen Michael ausrichten konnte. Und wenn Michael auch noch Jordan dabei hatte, der schon immer eine Art stiller Mitläufer gewesen war, dann hatte Anthony keine Chance. Vielleicht sollte er doch besser Kameras in der Villa installieren lassen, um sicherzugehen. Das schien eine bessere Lösung zu sein. Aber die Stimme der Vernunft sagte ihm, dass es unwahrscheinlich sei, dass Jordan wirklich so etwas noch mal tun sollte wie früher. Er war inzwischen verheiratet, hatte Kinder und damit genug andere Dinge, um die er sich kümmern musste. Da war es doch unwahrscheinlich, dass er sich zu irgendeinem Verbrechen hinreißen ließ. „An deiner Stelle wäre ich mir da nicht so sicher…“ „So, das war der letzte“, murmelte Simon und legte die Pinzette beiseite. Inzwischen waren neue Blutrinnsale hervorgequollen und flossen über seinen Handrücken und zwischen seine Finger. „Kannst du mir zeigen, wo ich den Verbandskasten finde?“ Leron ging voran in die Küche und er fragte sich, warum er sich denn nicht energischer durchsetzte. Er war hier der ältere und Simon hatte ihm zu gehorchen. Ganz einfach aus dem Grund weil er wusste, was das Beste war und Simon das seiner Meinung nach nicht einschätzen konnte. Stattdessen hatte er klein bei gegeben und das passte ganz und gar nicht zu ihm. Er gab nie nach. Schließlich erreichten sie die Küche und Leron holte aus einem der Schränke den Verbandskasten hervor. Simon öffnete ihn und nachdem er mit einem Spray die verletzte Hand desinfiziert hatte, begann er die Hand zu bandagieren. Dabei warf Leron einen flüchtigen Blick auf die Uhr: es war halb vier. „Wie geht es dir denn eigentlich?“ erkundigte er sich. „Es geht wieder“, antwortete Simon, während er nun damit begann, den Verband zuzuschnüren, damit er auch fest saß und sich nicht öffnete. „Ich hab noch leichte Kopfschmerzen, aber ich denke, morgen werde ich wieder fit sein.“ „Aha“, murmelte Leron ein wenig geistesabwesend. Simon betrachtete ihn mit einem fragenden Blick und ihm entging nicht, dass Leron sich ein wenig seltsam verhielt. Er wirkte durcheinander und etwas schien ihm zu schaffen zu machen. Wahrscheinlich war es ein ziemlich heftiger Traum gewesen, den er gehabt hatte. So laut, wie er geschrien hatte, war Simon ein eiskalter Schauer über den Rücken gelaufen und er hatte zuerst gedacht, es wäre ein Einbrecher in der Villa. Und dann hatte Leron den Spiegel zerschlagen und sich verletzt. Irgendetwas war passiert, das wusste er sofort. Er bezweifelte auch, dass es wirklich vom Schlafwandeln herkam, aber andererseits konnte er sich auch nicht erklären, was denn sonst noch infrage kam. Und es sah auch nicht danach aus, als würde Leron die Wahrheit erzählen wollen. Nun, es konnte ihm auch recht sein. Im Grunde gingen ihm die Probleme anderer Leute nichts an, vor allem nicht die seiner Freier. Und er tat Leron diesen Gefallen ja auch nur, weil dieser sich ja auch um ihn gekümmert hatte, als er am Nachmittag wegen seinem Sonnenstich zusammengeklappt war. Es war eine unverbindliche und höfliche Geste, mehr nicht. Und doch beschäftigte es ihn, Leron so zu sehen. Er hatte seine starke und selbstbewusste Ausstrahlung verloren. Stattdessen wirkte er fast schon ängstlich. Simon hätte fast geglaubt, dass das nicht der echte Leron war, sondern nur eine billige Kopie. Aber dem war nicht so. Irgendetwas war in diesem Zimmer passiert, das ihn sehr verstört hatte. Nachdem er die Wunden verarztet hatte, räumte er den Verbandskasten wieder weg und spürte, wie die Müdigkeit wieder zurückkehrte. Er konnte noch ein paar Stunden Schlaf gut gebrauchen. „Ich gehe dann mal wieder ins Bett“, sagte er und rieb sich die Augen. „Gute Nacht.“ „Ja…“, murmelte Leron und schien ihm nicht einmal zugehört zu haben. Er wirkte sehr geistesabwesend, als würde ihn irgendein Gedanke beschäftigen… oder eine schreckliche Erinnerung, die ihn bis ins Mark erschüttert hatte. Simon bekam es schon fast mit der Angst zu tun, als er ihn so sah. „Gute Nacht…“ Leise ging Simon zurück in sein Zimmer und kroch in sein Bett. Dank der Klimaanlage, die tagsüber lief, war es nachts sehr angenehm, sodass man nicht schweißgebadet aufwachte und nicht mehr einschlafen konnte, weil im Zimmer noch die Hitze des Tages stand und man das Gefühl hatte, zu ersticken. Doch obwohl er sich sehr schläfrig fühlte und das Bett gemütlich und die Zimmerluft klar und angenehm war, bekam er kein Auge zu. Er hatte sich wirklich erschrocken, als er Leron vor dem zerschlagenen Spiegel gesehen hatte. Noch nie hatte er gesehen, wie jemand so totenbleich wie eine Leiche gewesen war. Und wenn er nicht gewusst hätte, dass es vollkommen unmöglich war, dann hätte er wirklich gedacht, dass Leron einen Geist gesehen hätte. Und für einen Moment kam ihm der kurze Gedanke, dass etwas in diesem Haus nicht stimmte… oder mit Leron. Vielleicht gab es ja tatsächlich so etwas wie Gespenster hier, nur nicht in der Form, wie man sie aus Gruselfilmen kannte. Es war eher eine andere Form von Gespenstern, die einen verfolgten und heimsuchten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)