A Sky full of Stars von Mondlichtkrieger ================================================================================ Kapitel 3: 03 ------------- „Du willst wissen, ob ich morgen eine Frau bei mir habe?“, zog er eine Augenbraue verwirrt nach oben und musste daraufhin lachen. „Ich wollte morgen mein Motorrad sauber machen und es verbessern. Ich habe im Moment außerdem keinen Kopf für Frauen. Sie sind viel zu stressig und viel zu nervig, als dass ich jetzt eine bei mir haben will. Aber du bist in Ordnung. Du weißt, wann du schweigen sollst und wann nicht. Ich bin froh, dass du hier bist.“ Er legte sich neben sie und sah ebenfalls in den Nachthimmel hinauf. Es beruhigte ihn, zu sehen, dass die Sterne ihn nicht verurteilten und er so sein konnte, wie er wollte. „Wieso musst du auf Tommy aufpassen? War das die Gegenleistung, dass du mit mir mitkommen kannst?“   Sie ließ das Gesagte einen Moment auf sich wirken. Er war froh, dass sie hier bei ihm war. Der Gedanke gefiel ihr und sie lächelte vor sich hin, aber dann fiel ihr seine Frage wieder ein und sie riss sich aus ihren Träumereien. „Ja, sozusagen. Ich glaube, meine Eltern gehen morgen auf irgendeine Benefizveranstaltung vom Krankenhaus und der Babysitter ist angeblich krank. Aber ich habe den Verdacht, dass sie nur nicht wollen, dass ich rausgehe.“ Elena zuckte mit den Schultern. Sie war nichts anderes von ihren Eltern gewohnt. Seit sie denken konnte, musste sie tun, was sie ihr sagten. Wenn sie doch mal rebellierte, gab es Hausarrest oder Strafarbeiten. Und auch nach ihrem 18. Geburtstag hatte sich nicht viel verändert, außer dass sie nun für viel mehr verantwortlich gemacht wurde. „Weißt du noch, damals in der Junior High School, als wir auf Klassenfahrt waren? Das waren die einzigen drei Tage, wo sie keine Macht über mich hatten“, sagte sie lachend und sah Sebastian von der Seite an. Er nickte, sah sie aber nicht an. Am liebsten hätte sie ihn gefragt, ob er sich an noch mehr erinnerte, aber sie sah ihm an, dass er mit den Gedanken ganz woanders und viel zu weit weg war.   „Drei Tage...“, entwich es ihm leise. „Nur drei Tage.“ Sebastian sah kurz zu ihr hinüber, sagte dann aber nichts weiter und blickte wieder in den Sternenhimmel. „Was ist, wenn du ausziehst?“ Seine Stimme durchdrang nach einigen Momenten die Stille. „Du kannst doch mit einer deiner Freundinnen eine Wohngemeinschaft aufmachen. Dann wärst du zumindest schon einmal deine Eltern los und kannst machen, was du willst.“ Manchmal wünschte er sich, dass er mit seiner Mutter weggegangen wäre und doch hinderte ihn irgendetwas daran. Allerdings wusste er bis heute nicht, was ihn davon abhielt. „Aber… Davon abgesehen… Wollen wir noch etwas durch die Gegend fahren und vielleicht finden wir noch eine Bar, wo wir noch etwas bleiben können?“   Elena zuckte mit den Schultern und dachte kurz über seinen Vorschlag nach, mit ihren Freundinnen zusammenzuziehen. Die Einzige, die dafür in Frage kam, war Sarah, aber sie würde nie bei ihrer Mutter und deren neuen Ehemann ausziehen. Seufzend setzte sie sich auf und betrachtete Sebastian von der Seite. Am liebsten wäre sie noch mit ihm ausgegangen, aber dann wäre sie nicht pünktlich zu Hause und hätte sicher bis zu ihrem 21. Lebensjahr Hausarrest. Elena fischte ihr Handy, welches gerade vibrierte, aus der Hosentasche. Ihre beste Freundin war am anderen Ende der Leitung, aber Elena verstand kaum ein Wort. „Hallo? Sarah?“ Im Hintergrund dröhnte laute Musik durch den Lautsprecher ihres Handys. „Heeeey, Süüüüüüßeeee“, sagte Sarah gedehnt. Elena hörte sofort, dass sie getrunken hatte. „Los, schwinge deinen Arsch zur Party bei Mike. Du brauchst Spaß!“ Sebastian hatte sich mittlerweile aufgesetzt und sah sie nun aufmerksam an. Elena verdrehte die Augen. „Tut mir leid, Sarah. Ich muss um 22 Uhr zu Hause sein.“ Sie seufzte, als Sarah am anderen Ende noch irgendwas sagte, dann legten sie auf. Elena sah Sebastian entschuldigend an, denn der letzte Satz war auch an ihn gerichtet.   „Dann werde ich dich rechtzeitig nach Hause bringen“, sagte Sebastian und sah auf sein Handy, um die genaue Uhrzeit herauszufinden. Es war noch ungefähr eine Stunde, bis Elena wieder zu Hause sein musste. Er stand auf und ging zu seinem Motorrad. „Von wann bis wann musst du morgen auf deinen Bruder aufpassen?“ Sebastian hatte eine kleine Hoffnung, am nächsten Tag vielleicht doch noch einmal etwas mit Elena zu unternehmen. Vielleicht bestand die Möglichkeit am Abend noch etwas mit ihr zu machen. „Komm, wir fahren noch etwas herum, bevor du wieder zurück musst...“ Es war für seinen Geschmack noch viel zu früh, um wieder nach Hause zu gehen. Allerdings wusste er noch nicht, was er mit dem angefangenen Abend machen sollte.   Elena lächelte, als sie auf die Beine kam. „Meine Eltern müssen morgen morgen Abend halb sieben los und ich denke, sie werden erst spät nachts zurückkommen.“ Sie zuckte mit den Schultern und ging auf das Motorrad zu. Nachdem sie sich wieder hinter ihm auf das Fahrzeug gesetzt hatte, presste sie sich fest an ihn. Dieser junge Mann, der sich durch den Abendverkehr der Stadt schlängelte, war schon immer ihr bester und auch einziger Freund gewesen. Bei ihm fühlte sie sich geborgen. Er war immer für sie da, und dass seitdem sie denken konnte. Mittlerweile hatten sich ihre Interessen verändert, aber dennoch verbrachten sie so viel Zeit wie möglich miteinander. Und mit niemandem sonst wäre sie lieber unterwegs, als mit ihm. Selig schmiegte Elena sich an Sebastians Rücken, soweit es ihr Helm zuließ, und beobachtete die vorbeirauschenden Lichter der Stadt. Eine Weile hatten sie kein bestimmtes Ziel. Sebastian fuhr einfach so durch die Gegend. Elena hatte ihre kalten Hände in die Taschen seiner Lederjacke geschoben. Immer wieder spürte sie, wie es vibrierte, aber er schien es gar nicht zu bemerken. Sie ertappte sich dabei, sich zu fragen, ob er womöglich doch noch mit jemand anderes verabredet war. Was sollte sie auch anderes erwarten? Immerhin war sie es ja, die mit 18 nicht länger als bis zehn Uhr ausbleiben durfte, und das an einem Wochenende. Sie spürte die Wut gegenüber ihren Eltern in sich aufsteigen. Was bildeten sie sich eigentlich ein, ihr solche Vorschriften zu machen? Elena hatte nie Anlass zur Sorge gegeben, sie hatte nie rebelliert. Wahrscheinlich sollte ich das mal machen, dachte sie grimmig.   Allerdings bemerkte Sebastian sehr wohl, dass sein Telefon in der Lederjacke vibrierte. Er ignorierte es dennoch. Im Moment konzentrierte er sich auf den Verkehr, der sich vor ihm auftat. „Soll ich dich abholen, wenn deine Eltern wieder da sind?“, fragte er, als sie an einer Ampel stehen bleiben mussten. „Wenn nicht, dann ist es auch nicht schlimm.“ Am Vormittag und am Nachmittag konnte er sich seinem Motorrad widmen. Er hatte es in den letzten Tagen und Wochen vernachlässigt. Seine Maschine hatte zu viel mitgemacht und jetzt musste er es wieder gut machen. Ab und zu musste man auch eine Gegenleistung bringen. Genau 21.59 Uhr brachte er das Motorrad vor dem Haus von Elenas Eltern zum Stillstand und nahm seinen Helm vom Kopf. Er schaltete den Motor ab und ließ Elena absteigen. „Wir werden uns wieder sehen“, lächelte er ihr entgegen. „Ich habe dich noch rechtzeitig zurückgebracht. Deine Mutter kann also nichts sagen.“ Und genau in diesem Moment öffnete sie auch schon die Tür und sah ungeduldig zu Elena. Sie stemmte die Hände in die Hüften und tippte mit dem Fuß ebenso ungeduldig auf den Boden. Diese Geste ließ Sebastian nur breit lächeln. „Behalte den Helm erst einmal. Es wird nicht das letzte Mal sein, dass du mich begleiten wirst.“   Elena lächelte ebenfalls breit und wandte sich zum Gehen um. Als sie den Gesichtsausdruck ihrer Mutter sah, überkam es sie plötzlich. Sie drehte sich zu Sebastian, rannte auf ihn zu und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Sie hörte ihre Mutter erschrocken nach Luft schnappen. Mit einem schüchternen Lächeln drehte sie sich von ihm weg und lief ins Haus, wo sie direkt in ihr Zimmer ging. Mit einem leisen Knall fiel ihre Tür ins Schloss und sie warf sich auf ihr Bett. Sicher würde ihre Mutter sofort hier oben sein, also bereitete sie sich mental auf die Auseinandersetzung vor. Elena zählte bis 254, dann schwang die Tür auf und ihre Mutter baute sich bedrohlich in ihrem Zimmer auf. „Was um alles in der Welt denkst du eigentlich, was du da eben getan hast?“, fauchte sie, während Elena sich aufsetzte und mit den Schultern zuckte. „Bist du jetzt zur Schlampe geworden?“ Ihre Mutter spuckte die Wörter förmlich aus. „Bitte...“, flüsterte Elena beschwichtigend. „Du rennst mitten in der Nacht davon, bist mit diesem Streuner unterwegs. Fährst auf seinem Motorrad? Und küsst ihn dann auch noch?! Bist du von allen guten Geistern verlassen?! Was sollen die Nachbarn denn denken?“ Mrs. Cardens Tirade nahm kein Ende und Elenas Wut übernahm die Kontrolle über ihr Denken. Sie sprang auf und ballte die Fäuste. „Verdammt, halt die Klappe!“, schrie sie. „DU hast doch keine Ahnung von meinem Leben! Seit Jahren reiße ich mir hier den Arsch auf und bin eine gute Schülerin. Tue alles, was ihr von mir verlangt. In der Hoffnung, dass ihr mir ein paar Freiheiten lasst! Ich bin 18! In einem halben Jahr beende ich die Schule und gehe aufs College, für das ich nebenbei gesagt ein Vollstipendium bekommen habe. Und was macht ihr? Ihr schließt mich hier ein, als wäre ich ein kleines Kind.“ Sie holte tief Luft, während sie ihrer Mutter ins fassungslose Gesicht starrte. „Weißt du was? Damit ist Schluss… Mir reicht es! Mir egal, was du sagst… Ich werde jetzt gehen“, sagte Elena und nahm ihre Tasche vom Boden. Ihre Mutter tauchte plötzlich auf. Elena versuchte gerade aus der Tür hinaus zu schlüpfen, aber Mrs. Carden schaffte es, sie am Arm zu ergreifen. Mit einem Ruck riss sich ihre Tochter los und stürzte zur Tür hinaus in die Nacht. Erst einige Straßen weiter kam Elena endlich zum Stehen. Unschlüssig, was sie als Nächstes tun sollte, starrte sie in die Dunkelheit. „Kannst du mich abholen?“ schrieb sie nervös an Sebastian. Vielleicht schlief er ja schon. Unruhig lief sie durch die dunklen Gassen ihrer Nachbarschaft. Ihr genaues Ziel kannte sie noch nicht. Plötzlich hörte sie ihren Klingelton und sie beeilte sich den Anruf entgegen zu nehmen. „Gott, Sebastian endlich“, rief Elena ins Telefon. Bastian seufzte am anderen Ende der Leitung. „Entschuldige, ich bin gerade erst zu Hause rein. Was gibt es denn?“, fragte er und sie konnte sich bildlich vorstellen, wie er sich mit der Hand durch das weißblonde Haar fuhr. Während sie telefonierten, lief Elena immer weiter, bis sie die Lichter des angrenzenden Stadtteils vor sich aufblinken sah. „Ich bin in der 74. Straße, Ecke Maple Street. Kannst du mich abholen?“ Wieder sah sie seinen Gesichtsausdruck vor sich und musste bei dem Gedanken daran lächeln. „Na klar, bleib einfach, wo du bist. Ich bin sofort unterwegs“, sagte er und legte auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)