Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 79: Einen Schritt und dann der freie Fall ------------------------------------------------- Freitagnachmittag und entgegen meiner Gewohnheiten bin ich im Büro. Eigentlich geht meine Arbeitswoche nur noch von Montag bis Donnerstag. Freitag und das Wochenende sind meine Erholungstage. Vor allem der Samstag ist in den letzten Wochen sehr wichtig für mich geworden! Auch wenn ich mich anfangs sehr gegen Kai und die Gespräche mit ihm gesträubt habe, habe ich doch gemerkt, wie gut es mir tut, mit ihm zu sprechen. Unsere Sitzungen haben eigentlich nie den Charakter einer Therapiesitzung. Es ist eher, als würden wir uns schon ewig kennen und nach einer längeren Wiedersehenspause uns gegenseitig auf den neusten Stand der Dinge bringen. Nachdem wir über Mokuba's und meine Adoption gesprochen hatten und er mir bei der Bewältigung dieses völlig irrationalen Traum geholfen hat, indem er zudringlich und später dann zu Gozaberu wurde, läuft es ganz gut. Derzeit arbeiten wir die Lebensumstände nach der Adoption auf. Mit welchen Regeln und Gegebenheiten wir konfrontiert waren und wie ich mich dabei fühlte. Wie mein Alltag ausgesehen hatte. So etwas, nichts weltbewegendes. Katsuya stets an meiner Seite. Bis auf dieses eine Mal weicht er nicht von meiner Seite. Ist für mich da. Gibt mir das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Schenkt mir den Halt, den ich manchmal brauchte, um mich zu überwinden, etwas auszusprechen. Manchmal muss er mich regelrecht dazu zwingen. Aber er tut das, weil es das Beste für mich ist und mich voran bringt. Von daher kann ich ihm das nicht böse nehmen. Doch es ändert nichts daran, dass ich mich mit einigen Dingen dann doch sehr schwer tu. Wie gewissen Worte. Worte, die ich nicht denken und noch weniger aussprechen will. Doch mein Streuner treibt mich immer wieder dazu, sie doch auszusprechen und mich der unangenehmen Realität zu stellen. Ich habe Angst davor, wenn ich mit Kai an den Punkt komme, an dem ich nicht mehr um die Themen herum komme, über die ich eigentlich nicht reden möchte. Doch es wird mir gut tun, ähnlich wie, wenn ich mit meinem Streuner über meine Albträume rede. Daran muss ich einfach glauben, sonst verlässt mich der Mut mich all dem zu stellen, was ich jahrelang von mir geschoben habe und vergessen wollte. Genauso große, wenn nicht sogar größere Angst hab ich davor, wenn Kai der Meinung sein wird, dass wir aus den Einzelterminen einen Gruppentermin machen sollen. Es ist eine Sache mit Katsuya und Kai über all den Scheiß zu sprechen. Aber wie soll ich Mokuba davon erzählen? Ich will ihn nicht noch mehr belasten, als ich es ohnehin schon tu, weil er etwas gesehen hat, was er nicht hätte sehen sollen. Ihm zu sagen, dass es nicht nur Gozaberu war, sondern auch die Big Fives und andere Geschäftsfreunde dieses Monsters... ich weiß nicht, ob er das wirklich so wissen muss. Was soll ihm das auch bringen, außer dass es ihm wieder den Schlaf raubt und in ein emotionales Chaos stürzt. Muss ich wirklich mein Leid auf meinen kleinen Bruder abwälzen? Er weiß doch jetzt grob, was war... warum ich manchmal nicht anders kann, wie ich kann. Und Isono? Er hat auch mehr mitbekommen, als ich je gedacht oder geahnt habe. Natürlich hat er das. Wie konnte ich auch nur einen Moment glauben, dass ihm das, was außerhalb der Villa geschehen war entgangen wäre? Wie oft hab ich mich in meinem Bett, frisch gewaschen, angezogen und versorgt gefunden? Wer, außer Isono, hätte mir so eine Fürsorge angedeihen lassen? Eben. Niemand! Warum hab ich das also nicht schon früher realisiert? Ich wollte nie mit ihm darüber sprechen, was alles geschehen war, weil ich gedacht hatte, dass er nur das in der Villa mitbekommen hätte. Wie naiv das doch von mir war. Wie hat er es geschafft, sich von seiner Hilflosigkeit nicht unterkriegen zu lassen? Wäre es für ihn nicht ein leichtes gewesen, einfach alles hinzuschmeißen und sich von dem Horror abzuwenden und zu befreien? Stattdessen blieb er all die Jahre an meiner Seite. Hat mich nie mit Mitleid angeschaut oder mir das Gefühl gegeben, dass ich Schuld an allem tragen würde. Im Gegenteil! Wie oft hat er mich mit diesem bewundernden Blick angeschaut. Bewunderung, obwohl er doch ganz genau wusste, wie ich benutzt und schmutzig ich war. Dennoch hat er mir das Gefühl gegeben zu mir aufzusehen. Mich unterstützt, wo er nur konnte, ohne auch nur einmal zu versuchen, mich zu übervorteilen oder auszubooten. Selbst jetzt, wo er Miteigentümer ist bleibt er auf dem Teppich und ist eigentlich genauso wie vorher, nur dass er nun mit seinen offiziellen Befugnisse mir eine Menge Arbeit abnimmt. Aber alles Geld der Welt kann nicht aufwiegen, was Isono für mich bedeutet! Ein Klopfen reißt mich aus meinen Gedanken und lässt mich aufblicken. Ich bitte herein und als die Tür sich öffnet kommt Isono herein. Er schließt die Tür und blickt mich fragend an. Für einen Moment weiß ich nicht, was sein Problem ist. Dann richtet sich mein Blick auf meine Brust und mir wird bewusst, dass ich noch keinen Anzug anhabe. Innerlich seufzte ich auf. Ich hasse den Anzug. Die letzten Wochen war ich eher leger gekleidet: dunkle Hose, dunkles Hemd, Poloshirt oder Pulli. Keine Krawatte. Kein Jackette. Einfach nur Sachen, in denen ich mich wohl fühle. Das war Katsuya's Idee. Es war eine hervorragende Idee. Anfangs war ich total skeptisch, doch mein Streuner meinte, dass ich als Chef den Dresscode der Firma vorgebe und daher mir das erlauben dürfte. Wer würde es schon wagen mich in meiner eigenen Firma wegen meiner Kleidung abzustrafen? Eben. Aber bei einem offiziellen Businessmeeting komme ich wohl nicht um diesen verdammten Dreiteiler herum. Also erheb ich mich ganz langsam und wandere in meinen Waschraum. Dort hängt an einem Bügel das verdammte Kleidungsstück. Nur sehr zögerlich greife ich danach und ziehe mich um. Eilig hab ich es nicht. Wenn mein Businesspartner auf diesen altmodischen Dresscode besteht, dann muss er halt warten, bis ich ihn angelegt habe. Während ich in den Anzug schlüpfe frag ich mich sowieso, warum dieses Meeting meine Anwesenheit erfordert? Normalerweise kommuniziert unser Zulieferer direkt mit der Produktion und nicht mit mir. Aber dieses Mal bestand unser Partner darauf, dass das Gespräch unbedingt meine Anwesenheit erforderte. Irgendetwas über eine personelle Veränderung und ein Kennenlernen, damit wir reibungslos unsere Partnerschaft fortsetzen können. Obskur. Ich kann mich nicht erinnern, dass wegen einer personellen Veränderung jemals ein Meeting mit mir erforderlich gewesen wäre. Aber gut... Da dieser Zulieferer das Patent für ein wichtiges Teil der Duelldisk hält und ich ohne dieses Teil erstmal nicht weiter produzieren könnte, hab ich mich bereit erklärt. Ich knirsch mit den Zähnen und ein mulmiges Gefühl macht sich in meinem Magen breit. Mir ist flau im Magen und ich hab die Übelkeit gerade noch so im Griff. Nach außen lass ich mir - hoffentlich - nichts anmerken. Dann steh ich vor dem Spiegel und versuche die Krawatte zu binden. Doch es will einfach nicht klappen. Isono tritt von der Seite an mich heran und legt dann seine Hände an diesen Strick. Ich blick ihn zögerlich an und lass dann meine Hände sinken, während ich mich ein wenig zu ihm drehe. Vorsichtig bindet er mir die Krawatte. Schon peinlich, wenn ich nach Jahren plötzlich nicht mehr dazu in der Lage bin, aber es ist mir keineswegs unangenehm mir von Isono dabei helfen zu lasen. Schließlich sitzt alles, wie es soll und Isono hilft mir ins Jackette. Streicht es mir glatt, entfernt einen verirrten Fussel. Es ist, als ob er ein älterer Bruder wäre, geht mir durch den Kopf. Dann schaut er mich noch einmal prüfend in die Augen und will wissen, ob ich bereit bin. Ich nicke resigniert und wenig begeistert. Dann entfernt er sich zwei Schritte von mir, bevor er mir den Vortritt lässt. Selbstbewusst - was ich nicht bin - geh ich an ihm vorbei, verlasse mein Büro und schreite den langen Flur Richtung Aufzug entlang. Dort wende ich mich nach rechts und folge einem weiteren Gang zum Konferenzraum. Meine Mitarbeiter, die mir begegnen, bleiben immer stehen und grüßen mich respektvoll. Kaum bin ich vorbei gezogen gehen sie wieder ihrer Wege. Schließlich erreiche ich die Tür und öffne sie. Schlagartig bleib ich stehen und hab das Gefühl mich im freien Fall zu befinden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)