Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 75: Einen Schritt, um einen Anfang zu machen ---------------------------------------------------- Es ist wieder Samstag. Wieder sitzt Mokuba gerade in der Einzelsitzung mit Kai und wird in einer viertel Stunde fertig sein. Also schlendere ich in Richtung Arbeitszimmer meines Drachens. Doch zu meiner Überraschung ist er gar nicht in ihm. Ich werfe noch einen Blick in den Waschraum, der zum Büro dazu gehört, doch auch dieser ist verwaist. Wo mag mein Drache nur sein? Ich geh nach oben in unser Zimmer, aber auch da find ich ihn nicht. Als ich zur Treppe zurück gehe kommt mir ein Gedanke. Also geh ich in den Flügel des Hauses, in dem bis vor kurzem noch das Zimmer meines Drachens gelegen hat. Als ich die Tür des alten Zimmers öffne finde ich aber auch dieses verlassen vor. Zu meiner Überraschung wirkt das Zimmer wie immer, mit der Ausnahme, dass die persönlichen Dinge auf der Kommode und den Nachttischen fehlen. Gar nicht so, als wäre es seit Wochen nicht mehr in Benutzung. Als ich mich umdrehe, um das Zimmer wieder zu verlassen, stoße ich mit der Schulter gegen das große Regal, dass hier am Ende des Ganges aufgestellt steht. Ich fluche kurz und frag mich, wer auf diese bescheuerte Idee kam, hier ein Regal aufzustellen. Da fällt mir auf, dass ich das Regal leicht verrückt habe, als ich gegengestoßen bin. Als ich nach dem Regal greife, um es wieder richtig hinzustellen fällt mein Blick hinter das Regal und ich erstarre... Hinter dem Regal liegt eine weitere Tür verborgen! Ich rück das Regal noch ein Stückchen nach vorne und tatsächlich: Ich habe mich nicht geirrt! Da ist eine Tür! Aber warum sollte man vor eine Tür ein Regal aufstellen? Das ist doch völliger Blödsinn... es sei denn... Ich schiebe das Regal wieder auf seinen Platz und gehe zurück zur Treppe. Als ich im Erdgeschoss ankomme bleib ich kurz stehen und schau mich suchend um. Schließlich dringt ein Geräusch aus der Küche an mein Ohr. Ich wende mich zu ihr und als ich durch die Schwingtür trete finde ich meinen Drachen, der am Tresen sitzt, mit einer Tasse Kaffee vor sich und einer Zeitung in der Hand. Er blickt zu mir auf und als er mich sieht lächelt er mich sanft an. Ich erwidere sein Lächeln erleichtert und geh zu ihm. Sanft leg ich meinen Arm um meinen Drachen und platziere einen sanften Kuss auf seine Wange. Er lässt seine Zeitung niedersinken und dreht sich etwas mehr zu mir, bevor er seine Lippen auf die meinen legt. Unser Kuss ist sanft und langsam. Eine dieser Küsse die trotz ihres gemächlichen Tempos voller Leidenschaft und Intensität stecken. Als er langsam endet blickt mich mein Drachen fragend an. Oh, ich sehe seine Leidenschaft in seinen Augen und unter anderen Umständen würde ich ihn mir jetzt schnappen, hoch in unser Zimmer ziehen und verwöhnen. Aber... Kai wartet! Ich kann in seinem Blick sehen, wie er scheinbar meinen Gedanken liest und ihm bewusst wird, dass wir gleich einen Termin haben. Die Leidenschaft erstirbt praktisch sofort und an ihrer Stelle tritt wieder große Unsicherheit. Er will sich schon wegdrehen, als ich meine Hand auf seine Wange lege und ihn hindere. Mein Drachen schluckt schwer. Mit meinem Lächeln will ich ihm ein wenig Mut und Kraft geben. Wiederhole, dass ihm nichts peinlich sein muss und es nichts gibt, wofür er sich schämen muss. Nur sehr zögerlich und unsicher erwidert er mein Lächeln. Dann leg ich meine Arme um ihn und drücke ihn fest an mich. Sofort schlingt er auch seine Arme um mich und hält sich an mir fest. Ich kann spüren, wie angespannt er auf einmal ist. Sanft streich ich ihm über den Rücken. Tatsächlich scheint ihn das wieder etwas zu entspannen. Merke, wie er meinen Geruch tief in sich einzieht. Ich leg meinen Kopf auf sein Haar und genieße einfach nur ihn so zu halten. Am liebsten würde ich die Zeit anhalten und diesen Moment für immer bewahren. Doch dann geht hinter uns die Küchentür auf und unser Wirbelwind kommt herein gestürmt. Er bleibt kurz stehen und blickt uns fragend an, bevor ich ihn zu uns winke. Diese Einladung lässt er nicht lange unbeantwortet im Raum stehen und kommt zu uns, um sich sofort in die Knuddelei einzubringen. Seto legt seinen Arm um seinen jüngeren Bruder und drückt ihn fest an sich. Dann fragt mein Drache Mokuba, wie sein Gespräch war. Überrascht von dem Interesse an seiner Sitzung blickt Mokuba seinen großen Bruder mit einem breiten Grinsen an, bevor er antwortet, dass das Gespräch ganz gut war. Der Kleine sagt ganz offen, dass ihm die Gespräche mit Kai wirklich gut tun. Sanft streicht Seto dem Schwarzhaarigen durch das wilde Haar bevor er sich aufrichtet und strafft. Fragend blickt er mich an und ich nicke nur auf seine stumme Frage, ob ich ihn begleite. Sanft legt er seine Hand in meine und wir verlassen, nachdem Seto seinem Bruder noch einmal einen Kuss auf die Stirn gedrückt hat, die Küche. Im Wintergarten wartet Kai und scheint sich wieder für die Blumen hier zu interessieren. Er lächelt uns beide an, als er sich zu uns dreht und uns begrüßt. Ich erwidere den Gruß mit einem Lächeln und auch Seto grüßt Kai. Ich bin baff. Das ist das erste Mal, dass er von sich aus ohne mein Zutun begrüßt. Auch Kai scheint das zu registrieren, denn sein Lächeln wird noch etwas breiter. Dann deutet er wieder auf die Sitzgarnitur. Als wir Platz nehmen rutscht Seto noch ein Stückchen näher an mich ran. Seine Finger, die mit meinen verschränkt sind, klammern sich etwas fester in unsere Berührung. Dann beginnt alles wie immer mit Smalltalk und was diese Woche so los war. Ich erzähl Kai vom Valentinstag, dem Bild in der Zeitung und dem gerade mal zwei Tage anhaltenden Interesse daran, dass der CEO des weltgrößten Spieleunternehmens scheinbar schwul ist. Seto sagt zu all dem nicht wirklich etwas, aber er wendet sich auch nicht ab und knirscht auch nicht mit den Zähnen. Im Vergleich zur letzten Woche sitzt er regelrecht entspannt neben mir. Fragen von Kai beantwortet er einsilbig, aber er beantwortet sie! Ich seh darin schon einen echt großen Fortschritt im Vergleich zu den letzten beiden Gesprächsversuchen. Dann fragt Kai meinen Drachen, ob er heute mit ihm über etwas reden möchte, dass ihn beschäftigt oder belastet. Seto blickt unsicher und verwirrt zu unserem Psychologen. Sicherlich findet er es merkwürdig, dass Kai ihm die Wahl lässt und nicht einfach eines der Themen, von denen er ja ohnehin schon weiß, anschneidet. Mein Drache tut sich mit einer Antwort auf diese Frage wieder sehr schwer. Nachdem fast anderthalb bis zwei Minuten vergangen sind, durchbricht Kai die Stille. Sanft spricht er Seto wieder an. Sagt ihm, dass er weiß, dass mein Drache in der Öffentlichkeit immer sehr darauf bedacht sein muss, wie er wirkt und was er von sich Preis gibt. Das er versteht, warum Seto so vorsichtig ist und das gut findet, dass er so aufmerksam ist. Meint, er wüsste, was andere in meinem Freund sehen: Ein Wunderkind, ein junges Genie, ein brillanter Stratege, ein eiskalter Geschäftsmann, jemand der selbstbewusst und -sicher immer genau weiß, was er will und wie er seine Ziele erreichen kann. Mein Drachen lässt den Blick vor sich sinken. Er weiß, wie ihn die Menschen sehen. Genau das ist ja sein Problem, denn mit dem, wie sie ihn sehen, stellen sie auch gewisse Ansprüche an ihn, wie er zu sein hat. Es interessiert diese Menschen gar nicht, dass er gar nicht so ist, wie sie es ihm immer andichten oder wie er gelegentlich wirken mag. Wenn man dann ihren Standpunkt etwas ändert, fällt ihnen plötzlich auf, dass Seto ganz anders ist... so war es auch in der Klasse: Seit wir uns geoutet haben und ihren Standpunkt etwas zurecht gerückt haben, haben sie ihre Ansichten und ihren Blick auf meinen Drachen geändert... oder besser gesagt: korrigiert. Schließlich meint Kai zu Seto, dass auch er einen Standpunkt hat und fragt ihn, ob mein Drachen wissen will, wie er ihn sieht. Nur zögerlich hebt mein Freund seinen Blick wieder und schaut Kai unsicher an. Kai setzt an und sagt ihm, dass er einen leidenden jungen Mann sieht. Einen unsicheren Jugendlichen. Ein zutiefst verletztes Kind. Bei den letzten Worten löst sich bei Seto eine Träne und senkt wieder seinen Blick. Mit etwas zittriger Hand wischt er sich die Träne von der Wange und kämpft mit sich, nicht noch eine Träne zu verlieren. Sanft lege ich meinen Arm um seine Schulter. Will ihm zeigen, dass er nicht allein ist. Kann spüren, wie seine Körper zittert. Er beißt sich auf die Unterlippe und schluckt langsam. Noch einmal erhebt Kai seine Stimme. Offenbart meinem Drachen, dass er weiß, dass er in seiner Kindheit und Jugend großen Zwängen ausgesetzt gewesen ist, die ihm nichts als Schmerz, Leid und Scham beschert haben. Aber von ihm habe er keinen Zwang zu erwarten. Er kann meinem Drachen das Gespräch und seine Hilfe nur anbieten, aber annehmen kann nur Seto beides. Da löst sich noch eine Träne aus den Augen meines Drachens. Dieses Mal streiche ich sie sanft von seiner Wange. Weiterhin hält er seinen Blick gesenkt. Ich schätze, Kai hat ihm etwas zum Nachdenken gegeben. Wir beide geben meinem Drachen die Zeit, die er braucht. Schließlich hebt er seinen Blick erst zu mir. Sanft lächle ich ihn an und streich ihm noch einmal über die Wange. Dann blickt er langsam zu Kai. Als er seine Stimme erhebt klingt sie brüchig und unsicher. Will wissen, worüber er anfangen soll zu reden. Ich zieh ihn ein Stückchen näher an mich ran. Meine Brust fühlt sich an, als würde sie gleich vor Stolz platzen. Auch Kai lächelt sanftmütig meinen Drachen an. Dann schlägt er Seto vor, am Anfang zu beginnen und von der Adoption und wie es dazu kam zu erzählen. Ich kann seine Verwirrung verstehen. Sicherlich hat er damit gerechnet, dass Kai direkt zu seinen schmerzlichsten Erinnerungen vorstoßen und den ganzen alten Schmerz wieder heraus kramen würde. Nach einem langen Moment nickt mein Drache schließlich und erzählt uns, wie seine leiblichen Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren, die Verwandten sich ihres Erbes bemächtigt und sie in das Kinderheim abgeschoben haben. Dort habe er seinen kleinen Bruder um jeden Preis beschützen wollen und sich vorgenommen alles zu tun, damit sein Bruder eine glückliche Kindheit haben würde. Als dann Gozaberu das Kinderheim besuchte hätte er seine Gelegenheit eine Veränderung zu erwirken gesehen und ihn zu einem Schachspiel heraus gefordert. Der Einsatz wäre die Adoption gewesen. Da der Mann von einem Kamerateam begleitet wurde und er sein Gesicht vor den Reportern nicht verlieren wollte, habe er eingewilligt. Tatsächlich hätte er ihn geschlagen und somit förmlich dazu gezwungen, sie zu adoptieren. Kai wirkt mehr als zufrieden und stolz. Er dankt Seto dafür, dass er ihm das erzählt habe. Wieder wirft mein Drache mir einen verwirrten Blick zu. Dann strafft sich Kai und steht langsam auf. Meint, dass die Zeit um wäre, aber er den Fortschritt wirklich großartig findet und hofft, dass wir nächste Woche daran anknüpfen kann. Dann verlässt uns Kai und wir bleiben alleine im Wintergarten zurück. Immer noch ist Seto völlig baff und verwirrt. Ich schmunzle ihn sanft an und küsse ihn schließlich liebevoll, um ihn aus seiner Starre und Verwirrtheit zu lösen. Ihm ist gar nicht wirklich bewusst, was für ein großartiger erster Schritt er gerade gemacht hat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)