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Mein Chef und ich

oder: Nie wieder Ferienjobs!
von

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Mein Chef ist in Gefahr

Tatsächlich war meine Einschätzung richtig gewesen. Am Mittwoch war ich mit Saitoh-san gerade im Aufnahmestudio, wo wir auf Miyoshi-san warteten, als genau dieser herein gestürmt kam, mit blitzenden Augen und mehr als wütend. Ich kicherte in mich hinein, als ich den Blonden so sah. Fehlte nur noch, dass ihm Rauch aus den Ohren stob. „Miyoshi-san? Was ist denn los?“ „Mein Zimmer stinkt bestialisch, das ist los!“ Sichtlich verwirrt machte sich der Fotograf auf den Weg zu dem Zimmer meines Chefs. Ich folgte ihm und Miyoshi-san bildete die Nachhut. Saitoh-san öffnete die Tür und trat sofort einen Schritt zurück, wobei er sich die Nase zuhielt. Auch ich ging vor und mein Magen rebellierte, als der Gestank mich traf. „Bah. So muss es riechen, wenn der Teufel kotzt. Was hast du hier drin angestellt, Miyoshi-san?“ „Sehr witzig, Mondkalb. Es hat hier schon so gerochen, als ich reingekommen bin.“ knurrte mein Chef angriffslustig. „Vielleicht ist eine Abwasserleitung geplatzt.“ mischte sich nun Saitoh-san ein. „Unmöglich. Die wurden doch erst überprüft.“ Kurz herrschte Schweigen, bevor der Blonde wieder etwas sagte.

„Wo soll ich mich jetzt umziehen? Hier werde ich auf jeden Fall nicht bleiben.“ „Bis wir herausgefunden haben, woher dieser Gestank kommt, werden Sie sich wohl oder übel im Aufnahmestudio umziehen müssen. Ich werde veranlassen, dass alle Bescheid wissen. Kanagi-kun, du kannst mir helfen, einen Sichtschutz aufzubauen.“ Gehorsam folgte ich dem Fotografen und nach kurzer Zeit stand ein großer, schwarzer Sichtschutz in einer Ecke des Raumes. Hinter dem Sichtschutz stand ein Stuhl, damit Miyoshi-san sich ordentlich umziehen konnte. Die Klamotten, die für den heutigen Tag gebraucht wurden, hingen an einer Kleiderstange neben dem Sichtschutz. Immer noch wütend, verschwand mein Chef hinter eben diesem. „Hey, Mondkalb. Mach dich nützlich und komm her.“ erklang einige Sekunden später seine Stimme und ich trat vor. Was wollte der Blonde denn jetzt von mir? „An der Stange müsste eine Meerjungfrauenflosse sein. Bring sie mir und hilf mir dabei, sie anzuziehen.“ Ich stockte, als mir die Bedeutung seiner Worte bewusst wurde. Ich sollte ihm...helfen? Aber dann würde ich ihn nicht nur halbnackt sehen, sondern ihn auch noch anfassen müssen. Warum sollte ich so etwas tun? „Hast du dafür nicht Leute?“ „Normalerweise schon, allerdings sind die gerade damit beschäftigt, nach der Ursache des Gestanks in meinem Zimmer zu suchen. Und jetzt beeil dich, Mondkalb. Wir haben schon mehr als genug Zeit vertrödelt.“ So ein Mist. Wie hatte meine Racheaktion so nach hinten losgehen können? Nicht nur, dass nun unschuldige Personen deswegen leiden mussten, war ich auch noch zu Miyoshi-sans Helfer degradiert worden. Laut aufseufzend nahm ich die Meerjungfrauenflosse von der Stange und ächzte, als ich merkte, wie schwer das Ding war. Meine Dummheit und meinen Chef innerlich verfluchend, schleppte ich die Flosse hinter den Sichtschutz, wo mich ein Bild erwartete, auf das ich gut hätte verzichten können. Miyoshi san war tatsächlich halbnackt und die einzige Kleidung, die er noch am Leib trug, waren dunkelgrüne Boxershorts.

Ich unterdrückte den Impuls, etwas sehr Gemeines zu sagen und legte die Flosse vor meinem Chef ab, ehe ich mich neben ihn hockte. „Gut zuhören, Mondkalb. Ich stecke gleich meine Füße in die Flosse und du ziehst, kapiert?“ „Ja, schon verstanden.“ gab ich leicht gereizt zurück und zog die Öffnung der Flosse auseinander, damit der andere leichter hineinkam. Dabei fiel mir etwas Seltsames auf und ich zögerte. „Was ist los, Mondkalb? Hast du schon wieder vergessen, was du zu tun hast?“ „Wie lustig. Nein, da drin glitzert etwas. Was ist das?“ Kurz entschlossen griff ich in die Flosse. Das hätte ich mal lieber gelassen. Ein plötzlicher, scharfer Schmerz durchzuckte meine Hand und sofort zog ich diese zurück. Ein langer Schnitt prangte auf meiner Handfläche und lautlos tropfte Blut auf den Boden. „Was zum...“ entfuhr es mir überrascht. Auch Miyoshi-san wirkte verwirrt, doch er fing sich fast sofort wieder. „Saitoh-san! Ich brauche eine Schere!“ rief er und schon war der Fotograf zur Stelle. Seine Augen weiteten sich überrascht, als er mich sah. „Kanagi-kun! Was ist passiert?“ „Nicht jetzt.“ kam es von dem Blonden. „Erst die Schere.“

Saitoh-san reichte ihm das Gewünschte und Miyoshi-san zerschnitt ohne zu zögern die Flosse. „Was ist das denn?“ keuchte der Fotograf, als mein Chef fertig war. Überall im Inneren der Flosse befanden sich… „Rasierklingen. Hätte das Mondkalb nicht aufgepasst, hätte ich mich schwer verletzen können.“ sagte der Blonde ruhig und seine Augen blieben an einer Klinge weiter oben hängen, an der frisches Blut schimmerte. „Wobei >aufgepasst< wohl nicht das richtige Wort ist. Wer hat auch gesagt, du sollst deinen Huf in die Flosse stecken?“ „Mach so weiter und ich breche dir wirklich die Nase, blöder Sack.“ gab ich zurück. Inzwischen schmerzte meine Hand ziemlich und ich verzog das Gesicht. „Komm mit.“ meinte Miyoshi-san etwas sanfter und stand auf. „Im Pausenraum befindet sich ein Erste-Hilfe-Kasten.“ „Tu mir einen Gefallen und zieh dir vorher wenigstens eine Hose an.“ „Ich werde inzwischen die anderen Kostüme überprüfen. Kanagi-kun, du solltest gleich zum Arzt, bevor der Schnitt sich entzündet.“ „In Ordnung.“ Zusammen mit meinem Chef ging ich zum Pausenraum und er nahm einen Koffer von der Wand. Ich streckte ihm die Hand hin und er verarztete sie gekonnt.

„Die Wunde sollte bis morgen verheilt sein. Aber trag den Verband noch eine Weile, damit niemand Verdacht schöpft.“ „Von mir aus. Ich werde aber trotzdem zum Arzt gehen. Nicht, dass ich noch eine Blutvergiftung...was wird das?“ Der Blonde war näher an mich herangetreten und ein seltsamer Ausdruck lag in seinem Gesicht. Er packte mich und zog mich dicht an sich. Gerade, als ich mich beschweren wollte, überkam mich der vertraute, stechende Schmerz am Hals, den ich inzwischen schon kannte und ich wimmerte leise, bevor ich mich an Miyoshi-sans Arm festklammerte. Nach einigen Momenten zog sich der andere zurück und leckte sich über die Lippen. „Wirklich sehr schmackhaft.“ war sein einziger Kommentar und ich widerstand dem Drang, ihm eine zu verpassen. „Reicht es dir nicht, dass meine Hand bereits blutet?“ „Ich kann es nicht ändern. Der Anblick von deinem Blut hat meinen Hunger geweckt.“ Ich ließ den Blonden los, welcher sich einfach umdrehte und in Richtung Tür schritt. „Nimm dir für heute frei. Und danke...Obi.“ Ich blieb wie vom Donner gerührt stehen und starrte meinem Chef hinterher, als dieser den Pausenraum verließ. Miyoshi-san hatte mich tatsächlich mit meinem Vornamen angesprochen.

Immer noch verdutzt, verließ ich etwas später meinen Arbeitsplatz und machte mich auf den Weg zum Arzt, welcher mir riet, meine Hand nicht zu stark zu belasten und in zwei Tagen noch einmal wiederzukommen, damit er die Möglichkeit einer Infektion ausschließen konnte. Da ich noch nicht nach Hause wollte, wo sowieso niemand war, fuhr ich in die Stadt und kaufte in einem Blumenladen einen Strauß weißer Lilien. Danach machte ich mich auf den Weg zum Friedhof. Es war eine Weile her, seit ich das letzte Mal hier gewesen war, dennoch fand ich das Grab meines Vaters ohne Probleme und legte die Blumen dort ab, bevor ich ein kurzes Gebet in den Himmel schickte. Auch nach vier Jahren tat es weh, zu wissen, dass dieses Stück Granit das Einzige war, was von meinem Vater geblieben war. „Hallo, Vater. Ich hoffe, deine Seele hat Frieden gefunden. Ohne dich ist alles so anders. Mutter arbeitet wieder als Arzthelferin. Und ich...ich habe einen Ferienjob angenommen, um sie finanziell zu unterstützen. Der Job ist ganz okay und die Bezahlung angemessen, aber mein Chef ist eine absolute Pest. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich diesen selbstverliebten Angeber verabscheue.“ Ich hielt kurz inne, um mich zu sammeln, bevor ich weitersprach. „Ich wünschte, du wärst hier. Ich hätte dich in den letzten Tagen wirklich gebraucht...“ Mit aller Macht unterdrückte ich die Tränen, die mir wieder in die Augen schießen wollten, atmete einige Male tief durch und machte mich schließlich doch auf den Weg nach Hause.

Dort war immer noch keiner, aber meine Mutter würde bald Feierabend haben, weshalb ich mich entschied, uns Curry zu machen. Ich war fast fertig, als meine Mutter schließlich ankam. Sie freute sich sehr, dass ich für uns gekocht hatte, doch als sie meine verbundene Hand bemerkte, machte sie sich sofort Sorgen. Ich versicherte ihr, dass es schlimmer aussah, als es war und ich schon beim Arzt gewesen war. Das schien sie etwas zu beruhigen. Ich war froh darüber, denn sie wirkte ziemlich müde und ihre Stimme klang etwas heiser. Hoffentlich bekam sie keine Erkältung…



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