Mein Chef und ich von BloodyRubin (oder: Nie wieder Ferienjobs!) ================================================================================ Kapitel 7: Mein Chef ist tatsächlich ein Vampir!! ------------------------------------------------- In meinem Kopf gingen sämtliche Alarmglocken los und ich musterte den anderen aufmerksam. „Woher weißt du von meinem Traum?“ „Eventuell, weil es keiner war?“ gab Miyoshi-san zurück und ließ sich neben mir auf dem Rasen nieder. „Ich habe zwar keine Ahnung, warum du mitten in der Nacht ins Aufnahmestudio gekommen bist, aber ich muss sagen, dass dein Blut wirklich außerordentlich schmackhaft ist. Wenigstens ein kleiner Trost.“ „Bist du in letzter Zeit mal irgendwo gegen gerannt? Mal abgesehen davon, dass es keine Vampire gibt, warum kannst du unbeschadet in der Sonne rumlaufen?“ Erneut seufzte der Blonde auf. „Lass mich raten: Alles, was du über Vampire weißt, hast du aus Büchern, Filmen und dem Internet? Dann solltest du jetzt versuchen, deine wenigen Gehirnzellen anzustrengen, Mondkalb. Sonnenlicht kann Vampiren nichts anhaben. Und ehe du fragst: Nein, ich schlafe nicht in einem Sarg und ja, ich habe ein Spiegelbild.“ „Muss beruhigend für dich sein, deinen Narzissmus ausleben zu können.“ antwortete ich mit einem unüberhörbar sarkastischen Unterton. „Du glaubst mir immer noch nicht, oder?“ „Wie kommst du nur darauf? Natürlich glaube ich dir, dass du ein Vampir bist. Bestimmt treffe ich in nächster Zeit auch noch auf Feen, Elfen und Werwölfe.“ „Steh auf.“ befahl Miyoshi-san völlig ruhig. Vielleicht war es sein ernster Tonfall, vielleicht auch die Tatsache, dass er mich dieses Mal nicht Mondkalb nannte, doch ich gehorchte und verfolgte mit meinem Blick, wie auch der andere aufstand. Er ging auf mich zu und ich wich unbewusst zurück, bis mein Rücken gegen die Rinde der Eiche stieß und ich somit nicht mehr weiter konnte. Dicht vor mir hielt er inne und ganz langsam veränderte sich seine Augenfarbe von dunklem Blau zu einem glühenden Dunkelrot. Er lächelte bösartig und ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter, als ich die langen, scharfen Eckzähne erkannte. „Wie...“ stotterte ich und Miyoshi-san kicherte. „Hauptsächlich verändere ich mich, wenn ich hungrig bin. Aber wenn ich mich etwas anstrenge, kann ich auch so zum Vampir werden. Glaubst du mir jetzt, Mondkalb?“ „Ich...das ist doch nicht möglich.“ Immer noch weigerte sich mein Verstand zu glauben, was meine Augen sahen. Konnte mich nicht einfach mal jemand kneifen und mich damit aus dieser bizarren Situation herausholen? Stattdessen spürte ich, wie warmer Atem über meinen Hals strich. Ich wollte etwas sagen, doch dann jagte ein fast unerträglicher Schmerz durch meinen Körper. Ohne es zu wollen, gab ich einen wimmernden Laut von mir, kniff fest die Augen zusammen und griff mit einer Hand nach der Schulter des Blonden, um mich daran festzuhalten. Dieses Mal trank er nicht so ungestüm wie zuvor und auch nicht so viel. Dennoch fühlte ich mich schwach, als Miyoshi-san sich zurückzog. „War das...wirklich...nötig?“ „Nein. Aber jetzt glaubst du mir wenigstens. Oder besser gesagt, du wirst mir glauben, sobald die Wahrheit endlich zu dir durchgedrungen ist, Mondkalb.“ Ich zwang mich, nicht wieder wütend zu werden und musste gleichzeitig einsehen, dass mir der andere offenbar doch keinen völligen Schwachsinn erzählte. Das Pochen an meinem Hals war der beste Beweis dafür. „Könntest du jetzt endlich deine Hand von meiner Schulter nehmen?“ riss mich Miyoshi-san aus meinen Gedanken. „Ich weiß ja, dass ich selbst auf dich eine ungeheure Ausstrahlung haben muss, aber wir sind hier in der Öffentlichkeit.“ „Ist das dein Ernst?“ fragte ich ungläubig und riss meine Hand fast schon panisch zurück. „Zum einen: Du hast mich vor nicht einmal zwanzig Minuten in der Öffentlichkeit geküsst und mir auch noch in den Hals gebissen. Zum zweiten ist das einzige, was du ausstrahlst, deine Arroganz und zum dritten: Wie kann man nur so derartig selbstverliebt sein? Nur weil du gut aussiehst, macht das deinen Charakter auch nicht besser.“ Miyoshi-san hatte für meine Worte nur ein herablassendes Lächeln übrig, bevor er sich wieder auf dem Rasen niederließ. „Soso, du findest mich also gutaussehend. Sehr interessant.“ „Ich werde jetzt gehen.“ knurrte ich zurück, hob mein Buch auf und hatte mich bereits umgedreht, als der andere mich aufhielt. „Du bist nicht nur dämlich, sondern auch unhöflich, Mondkalb. Ich bin so zuvorkommend und opfere dir meine wertvolle Zeit, um deine wahrscheinlich völlig inhaltslosen Fragen zu beantworten und du willst einfach gehen?“ „Ja, will ich. Was könnten wir beide denn auch schon zu besprechen haben?“ „Bist du dir sicher? Das ist deine einzige Chance, Mondkalb. Wenn du etwas wissen willst, frag jetzt.“ Ich drehte mich etwas, um Miyoshi-san direkt in die nun wieder tiefblauen Augen zu sehen. „Und du wirst ehrlich antworten?“ fragte ich zweifelnd. „Sicher.“ Obwohl ich ahnte, dass ich es wahrscheinlich bereuen würde, setzte ich mich zu dem Blonden und überlegte kurz. „Wie bist du zum Vampir geworden?“ „Ein anderer Vampir hat mir sein Blut eingeflößt.“ „Einfach so? Ich meine, er muss doch einen Grund dazu gehabt haben.“ „Nein, hatte er nicht. Er war selbst noch recht unerfahren. Ich bin mir sicher, er wollte unbedingt wissen, wozu er fähig ist. Nun, seine Neugier hat ihn nicht sehr weit gebracht. Der Meister war nicht erfreut, als er davon erfahren hat. Eigentlich ist es Vampiren nämlich untersagt, weitere Vampire ohne seine Erlaubnis zu erschaffen. Deswegen hat er den Vampir, der mich verwandelt hat, auch töten lassen.“ „Meister? Wer ist das?“ „Der erste, der zum Vampir wurde. Er ist bereits uralt und nach allem, was ich weiß, lebt er irgendwo hier in Japan. Allerdings habe ich ihn noch nie gesehen.“ „Bist du unsterblich?“ „Ja und nein. Mein Körper altert nur sehr langsam und ich kann nur sterben, wenn mich jemand verbrennt, mir den Kopf abschlägt oder mir einen Pfahl ins Herz stößt. Dennoch kann ich verletzt werden. Hätte mich zum Beispiel deine Faust vorhin getroffen, hätte ich jetzt eine blutige Lippe.“ „Kann man einen Vampir wieder zum Menschen machen?“ „Davon weiß ich nichts. Vielleicht, vielleicht nicht.“ „Weiß deine Familie, dass du ein Vampir bist?“ „Nein. Meine Mutter ist tot. Mein Vater lebt in Italien und ich bin nicht dumm genug, ihm von meinem Schicksal zu erzählen. Ich habe noch einen jüngeren Bruder, aber...“ Hier unterbrach sich Miyoshi-san und biss sich auf die Unterlippe. Ich erkannte, dass er nicht darüber sprechen wollte und wechselte das Thema. „Warum hat dieser...Meister nur deinen Erschaffer töten lassen? Macht er sich keine Sorgen, dass du genau da weitermachst, wo der andere Vampir aufgehört hat?“ „Offenbar nicht. Ich habe keine Ahnung, warum er mich nicht auch getötet hat. Anscheinend weiß er ganz genau, dass ich bisher noch niemanden zum Vampir gemacht habe. Und ich werde mich hüten, sein Missfallen zu erregen.“ Kurz trat Schweigen zwischen uns ein, während ich versuchte, die ganzen Informationen zu verarbeiten. Dann fiel mir noch etwas ein und ich ergriff wieder das Wort. „Du hast gestern gesagt, dass du nur noch mein Blut trinken kannst. Aber im Gegensatz zu dir werde ich irgendwann sterben. Was passiert dann?“ „Dann wird ein neues perfektes Opfer für mich geboren werden. Was unsere momentane Verbindung betrifft: Sie erlischt mit deinem Tod. Ob und wann ich mein neues perfektes Opfer finde, weiß ich aber nicht. Bis dahin kann ich mich aber wie zuvor von anderen Menschen nähren.“ Der Blonde griff urplötzlich in seine Hosentasche und zog ein Handy hervor. „So spät schon? Ich sollte langsam nach Hause. Ich habe morgen noch etwas Wichtiges vor. Man sieht sich, Mondkalb.“ Völlig verdutzt ergriff ich nun selbst mein Handy und wurde kalkweiß. Es war schon nach sieben. Meine Mutter würde mich umbringen. Und dann erkannte ich, warum ich vorhin so ein schlechtes Gefühl gehabt hatte. Der letzte Bus, der mich nach Hause hätte bringen können, war vor fünfzehn Minuten abgefahren. Das bedeutete, ich würde wohl laufen müssen. Und das wiederum hieß, ich wäre erst in knapp zwei Stunden daheim. Meine Mutter würde mich so was von umbringen... „Ist irgendwas?“ erkundigte sich Miyoshi-san, der bereits aufgestanden war und sich gerade einige Grashalme von der Hose klopfte. „Nein, nichts.“ So weit kam es noch, dass ich diesem aufgeblasenen Idioten von meiner Misere berichtete. Stattdessen wandte ich mich ab und machte mich auf den Weg. Sehr weit kam ich aber nicht. Ich war gerade erst aus der Stadt raus, als neben mir ein Motorrad anhielt. Es brauchte nicht viel, um zu erraten, wer am Steuer saß. „Soll ich dich mitnehmen, Mondkalb? Ich habe noch einen Helm unter dem Sitz.“ „Warum fährst du mit einem Motorrad? Hat deine Limousine einen Platten?“ „Nein, weißt du, mein Chauffeur hat gekündigt.“ erwiderte Miyoshi-san trocken und stieg von seinem Fahrzeug. Er klappte den Sitz hoch und drückte mir einen Helm gegen die Brust. Reflexartig hielt ich ihn fest, während der Blonde den Sitz wieder hinunterließ und sich wieder hinsetzte. Widerwillig setzte ich den Helm auf, ließ mich hinter Miyoshi-san nieder und schlang meine Arme um den Bauch des anderen. Mit einem lauten Knattern setzte das Vehikel sich in Bewegung und wir fuhren die Straße entlang. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)