Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 30: Die Schönheit einer Ruine ------------------------------------- 30) Die Schönheit einer Ruine Langsam umrundeten sie die Ruinen. Immer wieder warf Sam einen Blick auf das EMF. „Und?“, wollte Bobby neugierig wissen. „Nichts. Wenn Dean etwas tut, dann tut er es richtig.“ Lächelnd blickte er zu dem Freund. Dabei streifte sein Blick eine junge Frau mit einer weißen Rose in der Hand. „Hallo Sam“, grüßte sie den Winchester, als sie sich ihnen noch etwas weiter genähert hatte. „Hallo, Dr. Mahlkemper. Wo wollen Sie denn hin?“ Sam deutete auf die Rose. „Ich war an Fletchers Grab und irgendwie hatte ich das Bedürfnis auch hier …“ Sie brach ab und überlegte kurz. „Jetzt wo es hoffentlich vorbei ist.“ „Hier kriechen zumindest keine Teenager mehr herum.“ Der Winchester lächelte. „Das hoffe ich.“ Sie seufzte leise. „Darf ich Ihnen unseren Onkel vorstellen?“, fragte Sam etwas verspätet. „Das ist Dr. Mahlkemper. Sie hat mich zusammengeflickt und das ist …“ „Daniel Jeffreys“, fiel Bobby ihm ins Wort. „Freut mich, Sie kennen zu lernen.“ „Wollen Sie auch zu dem Familientreffen? Wo ist eigentlich Ihr Bruder, Sam?“ Dr. Mahlkemper schaute sich suchend um. „Der ist noch nicht wieder fit.“ „Fit, wieso?“ „Der letzte war wohl schlecht“, wich Sam einer Antwort aus. „Oh, er hat sich …“, Sie stockte kurz und schien zu überlegen. „Gestern war der Todestag Ihrer Mutter?“ Sie schaute Sam bedauernd an. „Ja“, sprang Sam sofort darauf an. „Das tut mir leid. Dann haben Sie es wohl auch nicht zu dem Treffen geschafft?“, wandte sie sich an Bobby. „Nein. Leider nicht“, antwortete der Jäger ruhig. „Ich muss weiter“, sagte sie leise. Irgendwie fühlte sie sich fehl am Platz. „Grüßen Sie Dean.“ „Machen wir. Und danke nochmal, Doc.“ Die Jäger wandten sich ab. „Klärst du mich auf?“, wollte Bobby leise wissen, kaum dass die Ärztin außer Hörweite war. „Sie hat mich behandelt und Dean hat ihr ein paar Fakten über diese Tischlerei aus der Nase gezogen. Dabei hat er ihr wohl eine Geschichte aufgetischt, die erklären sollte, warum wir zusammen unterwegs sind. Er hat ihr erzählt, dass wir zu einer Tante wollen um da den Todestag unserer Mom zu begehen. Ihr damaliger Freund war eines der Opfer“, fügte er noch an. Bobby nickte und schaute der Ärztin hinterher. „Lass uns noch eine Runde drehen.“ Das EMF schwieg eisern. „Was Dean mach, macht er richtig“, wiederholte Bobby Sams Satz nach einen weiteren Blick auf die Anzeige. Der Winchester nickte. „Ja, und über ihn hat dieser Brauer auch keine Macht mehr.“ Bobbys Blick wanderte über seinen jüngeren Ziehsohn. Er lächelte leicht. Seine Jungs! „Lass und hier abhauen“, schlug Sam vor. Gemeinsam gingen sie zurück zum Wagen. „Kommst du nicht mit rein?“, wunderte sich Sam, als Bobby sein Zimmer ansteuerte, kaum dass sie wieder vor ihrem Motel standen. „Nein, ich will gleich packen und wieder zurück.“ „Hast du denn in den wenigen Tagen schon so eine Unordnung gemacht?“, wollte der Winchester grinsend wissen. Der alte Jäger brummelte sich etwas Unverständliches in den Bart und wandte sich ab. Auch Sam ging zu ihrem Zimmer. In der Tür blieb er wie angewurzelt stehen. Dean saß auf der Bettkante und starrte vor sich hin. „Hey“, grüßte der Jüngere und schloss die Tür hinter sich. Dean blickte nicht auf. Alarmiert ging Sam vor seinem Bruder in die Hocke und legte seine Hände auf Deans. „Dean?“, fragte er leise. Der brauchte noch Zeit um sich aus der zähen Masse seiner Gedanken zu lösen. Ganz langsam fokussierten sich seine Augen auf den Jüngeren. „Was ist los?“, wolle Sam augenblicklich wissen. Doch Dean schüttelte nur den Kopf und starrte wieder vor sich hin. Alles fühlte sich irgendwie dumpf an und das lag nicht daran, dass er am Abend zu viel getrunken hatte. Er fühlte sich leer und irgendwie ausgeliefert. Was hatte Sam noch alles gesehen? Was von seinem Leben gehörte wirklich noch ihm? Er hatte nie gewollt, dass Sam erfuhr, dass sich ihre Eltern oft gestritten hatten, mal abgesehen davon, dass er es wirklich erfolgreich verdrängt hatte. Die ganzen Jahren war John sein Held gewesen und jetzt kam es ihm so vor, als ob dessen Denkmal kurz davor war vollkommen in sich zusammen zu stürzen und ihn mit Schutt und Staub erdrücken zu wollen. Er hatte sich zwar inzwischen von John gelöst, doch das hatte er selbst gewollt. Für diese Erinnerungen und deren Folgen war er einfach noch nicht bereit! „Können wir hier verschwinden?“, wollte er kaum hörbar wissen und richtete seinen Blick wieder auf Sam. „Du bist aber noch nicht fahrtauglich!“, gab der sofort zu bedenken. „Ist egal, ich will hier einfach nur weg!“ „Okay, dann zieh dich an, ich packe zusammen.“ „Danke!“, sagte Dean heiser. Er brauchte jedoch noch eine Weile, bis er sich mit einem Ruck aus seiner Lethargie löste und ins Bad ging. Besorgt schaute Sam seinem Bruder hinterher und begann dann damit, ihre Sachen zu packen. Er kontrollierte gerade die Schränke, als es klopfte und Bobby eintrat. „Wollte mich verabschieden“, sagte der Jäger ruhig. „Fahr vorsichtig und grüß Jody von uns“, sprudelte Sam hervor und umarmte den Freund. „Danke für alles“, sagte er und löste sich, um auch Dean die Möglichkeit zu geben, sich zu verabschieden. Der Ältere trat etwas ungelenk vor seinen Ziehvater. „Danke“, nuschelte er und ließ sich in eine Umarmung ziehen, der jedoch die Wärme und Herzlichkeit fehlte, die ihnen sonst zu Eigen war. Besorgt schaute Bobby zu Sam. „Ich denke, er kämpft noch mit den Nachwirkungen von gestern“, versuchte Sam das ungute Gefühl zu unterdrücken. „Passt auf euch auf“, sagte Bobby und löste sich von dem Jungen. „Du auch“, erwiderte Sam und blickte ihn lächelnd in die Augen. „Dean?“ Sams Stimme klang fordernd. Kaum dass der alte Jäger das Zimmer verlassen hatte, war er vor seinen Bruder getreten und fasste ihn bei den Armen. Nur langsam hob Dean den Blick. „Was ist mit dir?“, drängte der Jüngere. „Ich …“ Er brach ab und schüttelte den Kopf. „Bitte Dean! So langsam mache ich mir wirklich Sorgen um dich!“ „Ich fühle mich einfach nur leer.“ „Leer?“ „Wie im falschen Film!“ „Das ist auch nicht beruhigender.“ „Ich musste mich in den letzten Tagen einigen Erinnerungen stellen, die ich tief in mir vergraben glaubte. Erinnerungen, die du nie erfahren solltest, weil ich dir diese heile Familie nicht nehmen wollte.“ „Es ist nicht so schlimm, Dean. Ich bin erwachsen. Ich muss nicht mehr geschützt werden. Ich verkrafte es auch, dass unsere Eltern eben nicht die perfekte Ehe hatten.“ „Du vielleicht. Ich habe es verdrängt und wollte nie wieder daran denken müssen. Ich wollte wenigstens etwas Perfektes in meinem Leben.“ „Mom!“ „Was?“, wollte der Blonde irritiert wissen. „Du hattest Mom.“ „Ja. Sie war perfekt.“ Ein Lächeln huschte über Deans Gesicht, doch viel zu schnell verblasste es wieder. „Ich wünschte nur, du hättest sie auch kennenlernen dürfen.“ Sam nickte. Jetzt erfasste dieses beklemmende Gefühl auch ihn. „Lass uns verschwinden“, sagte er und wandte sich zur Tür. Schnell jedoch drehte er sich wieder zu seinem Bruder um. „Ich fahre!“, erklärte er voller Überzeugung und hielt Dean die Hand hin. Ohne Widerrede kramte der in seiner Tasche und holte den Schlüssel hervor. „Genieß es. Es wird nicht oft passieren!“ Sam grinste nur, nahm den Schlüssel und ging zur Fahrerseite des Impalas. Die Dämmerung senkte sich über das Land. Noch immer saß Dean auf dem Beifahrersitz. Doch das gedachte er jetzt zu ändern. „Da vorne ist eine Tankstelle“, zeigte er auf die hell erleuchteten Schilder. „Wir haben noch Sprit im Tank.“ „Nicht nur mein Baby muss essen.“ Sam grinste. Wenn sein Bruder so nach Essen verlangte, musste es ihm besser gehen. Er setzte den Blinker und hielt neben einer der Tanksäulen. Dean tankte und kam mit einem Sixpack Bier, Salat und einigen Sandwiches zurück. „Hat dir der heutige Morgen nicht gereicht?“, hakte Sam auch sofort nach. „Warts ab!“, erwiderte Dean nur und hielt seinem Bruder die Hand hin. „Herzlichen Glückwunsch“, grinste Sam und begann Deans Hand zu schütteln. „Lass das“, fauchte Dean und riss seine Hand weg. „Ich liebe dich auch.“ Sam konnte nicht mehr an sich halten. „Dann rück den Schlüssel raus, ich fahre!“, knurrte der Ältere und versuchte böse zu schauen. Für einen Augenblick überlegte Sam den Spaß noch weiter zu treiben, ließ es aber doch sein. Schließlich wollte er nicht, dass Dean wegen ihm seinen Wagen demolierte, weil er ihn kurzschließen musste. Das würde der ihm Ewigkeiten nicht verzeihen. Die Dunkelheit hatte sich inzwischen wie eine Decke über das Land gelegt. Dean lenkte den Impala noch immer über die Straßen. „Wo willst du eigentlich hin?“, fragte Sam ein wenig ungeduldig. So langsam konnte er sich das Verhalten seines Bruders nicht mehr erklären. Warum hatte der Essen geholt, wenn er doch gar keinen Hunger zu haben schien? Wollte er ihn nur vom Fahrersitz vertreiben? Da hätte er doch nur fragen müssen! Dean warf seinem Bruder einen Blick zu, den der nicht einordnen konnte. Es war weder die reine Freude, die sein Bruder oft zu empfinden schien, wenn er fuhr, noch Hass oder Trauer, die Sam darin lesen konnte. Eher Unsicherheit und Verwirrung. Der Jüngere wollte gerade zu einer weiteren Frage ansetzen, als Dean den Blinker setzte und in einen Waldweg einbog. Nicht weit von der Straße entfernt gab es eine kleine Lichtung, an dessen Rand der Ältere den Wagen parkte und ausstieg. Er holte ihr Essen und das Bier aus dem Fond des Wagens und setzte sich auf die Motorhaube. Endlich ging Sam ein Licht auf. Diese Momente der Stille und Zusammengehörigkeit waren selten gesät. Im letzten Jahr hatten sie sich nicht einmal Zeit dafür genommen. Viel zu viel war in den vergangenen Monaten passiert. Eigentlich hatten sie das zuletzt ein paar Mal nach Jess’ und Dads Tod gemacht. Für sie war es die Gewissheit, dass sie zusammen gehörten und dass es auch in ihrem verqueren Leben Momente des Glücks und der Stille gab. Die Erkenntnis, dass sie füreinander da waren, hinterließ ein warmes Gefühl in seinem Magen. Dean war gerade in der Zeit nach Jessicas Tod immer für ihn da gewesen, auch wenn er es selten offen gesagt hatte. Jetzt war es an ihm, seinem großen Bruder diesen Beistand zu leisten. Er beeilte sich seinen Platz neben seinem Bruder einzunehmen, nahm die geöffnete Flasche entgegen und lehnte sich an die Frontscheibe. Es war so friedlich hier und dieser Frieden schien auch die Brüder zu erfassen. Langsam entspannte sich auch Dean. Irgendwann rutschte Sam von der Motorhaube. Er holte zwei weitere Flaschen Bier, reichte eine an seinen Bruder weiter und setzte sich wieder neben ihn. Gemeinsam schauten sie in den sternenklaren Himmel. Unbemerkt verging die Zeit, bis Sam sich rührte. Seine Blase forderte ihr Recht. Mit leisem Bedauern rutschte er vom Impala und ging zum Waldrand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)