Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 276: Ein schwieriges Thema ---------------------------------- 276) Ein schwieriges Thema „Setzen Sie sich“, sagte der Bademeister, als sie in seiner Kabine angekommen waren und wies auf einen Stuhl. Er ließ seinen Blick durch die Schwimmhalle schweifen und kontrollierte seine Monitore bevor er sich ebenfalls setzte. „Also“, begann Sam ruhig, „was wollten Sie mir nicht vor Zeugen sagen?“ „Nichts, ich wollte nur das Bad nicht so lange unüberwacht lassen“, erklärte Diggs ohne den Blick von seinen Monitoren zu nehmen. „Nur weil Sie das Bad nicht unüberwacht lassen wollten, musste mir ihre Kollegin keine Latschen raussuchen...“, erklärte Sam ruhig. „Sie haben etwas gesehen und egal was es ist. Ich werde Sie nicht verurteilen. Ich werde Ihnen glauben.“ Eine Weile schwieg der Rettungsschwimmer noch, bevor er leise zu sprechen begann. „Ich dachte ich hätte jemanden hinter ihm gesehen, jemanden wie einen Schatten. Und als Lowe dann auch noch ihren Namen flüsterte, kurz bevor er das Bewusstsein endgültig verlor ... Ich hatte ihn aus dem Wasser ziehen und wiederbeleben können. Doch er krampfte und als die Rettungssanitäter kamen, war er nicht mehr ansprechbar. Auf dem Weg ins Krankenhaus ist er dann verstorben. Ein Herzinfarkt, wie ich hörte.“ „Sie haben einen Schatten gesehen?“, brachte Sam das Gespräch wieder auf den Punkt, der ihn interessierte. „Haben sie ihn erkannt?“ „Ich dachte es, aber es kann nicht sein!“ „Wieso nicht?“ „Weil ich mir eingebildet habe sie zu sehen!“, brach es aus ihm heraus und er zeigte auf einen Zeitungsartikel, der an der Pinnwand hing. Sam erhob sich und ging zu der Wand hinüber. Schnell überflog er den Artikel. Er handelte von einer 17-Jährigen, die hier regelmäßig schwimmen kam. Sie bekam einen Krampf und ertrank. Die Eltern erhoben schwere Vorwürfe gegen das Bad und die Besucher, die an diesem Tag ebenfalls hier waren, weil alle zugesehen hatten, wie sie ertrank. „Ist das wahr?“, wollte Sam wissen. „Nein.“ Der Rettungsschwimmer wusste sofort, worum es bei der Frage ging. „Nein. Sie war allein in diesem Bereich des Beckens.“ Er deutete auf die Stelle. „Es dauerte ein paar Sekunden, eine halbe, vielleicht auch eine Minute, bis der erste Helfer bei ihr war und sie über Wasser zog, wurde mir erzählt. Sie wurde an den Beckenrand gebracht. Bei der Wiederbelebung brach ihr jemand die Rippen und eine davon hat wohl die Lunge verletzt. Es war ein Unfall, aber die Eltern wollten das nicht gelten lassen. Sie haben in ihr wohl schon einen neuen Schwimmstar gesehen.“ Diggs zuckte mit den Schultern. „So gut war sie nie, aber niemand sollte sein Kind so verlieren.“ „Sie waren nicht hier?“ „Nein, ich hatte Urlaub.“ „Sie haben sie hier gesehen, als Lowe starb?“, wollte Sam eine Bestätigung. „Sagen Sie es ruhig: Ich sehe Geister! Ich gehöre in Behandlung!“ „Ich glaube nicht, dass sie in Behandlung gehören. Jeder von uns sieht manchmal Dinge, Personen die nicht da sind, die er sich nicht erklären kann. Personen die man gerne wiedersehen würde.“ „Sie hat mir nichts bedeutet! Sie war ein Badegast wie alle anderen hier auch!“ „Trotzdem wären es Ihnen lieber, wenn sie nicht gestorben wäre und wieder hier zum Schwimmen käme.“ „Natürlich wäre es das!“ „Sehen Sie. Ich denke das ist der Grund, warum Sie sie vermeintlich gesehen haben.“ „Sie erklären mich nicht für verrückt?“ So ganz konnte Diggs es noch nicht fassen. „Es erklärt aber nicht, warum Lowe ihren Namen geflüstert hat.“ „War er bei ihrem Unfall dabei?“ „Ich könnte es mir vorstellen. Er kam regelmäßig, genau wie sie.“ „Okay.“ Sam schüttelte leicht den Kopf. „Trotzdem habe ich hier einen Mord, zumindest einen sehr schlechten Scherz mit Todesfolge aufzuklären. Also: Ist Ihnen hier jemand aufgefallen, der sich komisch verhalten hat, der andere Badegäste bedrängt oder belästigt hat? Ist hier vermehrt gestohlen worden?“ „Nein, nichts. Hier war alles wie immer, zumindest ist mir niemand aufgefallen, der sich so verhalten hätte. Klar Kinder albern immer mal rum, doch die sind eher untereinander gemein, nicht gegenüber Erwachsenen. Tut mir leid. Ich wüsste von keinem Vorfall, den ich Ihnen nennen könnte.“ „Das muss Ihnen nicht leidtun!“, Sam schaute sich um. „Die Kameras, zeichnen die auch auf?“ „Ja, wie speichern die Daten zwei Wochen.“ „Können Sie mir die Aufnahmen von dem Tag zeigen, an dem Lowe starb?“ „Setzen Sie sich da hin“, er schob einen weiteren Stuhl vor die Bildschirme, „Ich suche Ihnen die Aufnahmen raus." Zwei Stunden später hatten sich Sams Vermutungen bestätigt. Es war ein Geist und dank Diggs' Hinweis war er sich auch sicher wer dieser Geist war. Jetzt war es Zeit zurück zu fahren, wenn er noch vor Dean wieder da sein wollte. Die Recherche nach Robin Langs Grab würde er morgen von Zuhause aus machen, wenn Dean arbeiten war. Ihre Leiche konnte er dann hoffentlich in der folgenden Nacht verbrennen. So liebte er seine Fälle. Er ging zum Impala. "Hey", grüßte er die schwarze Schönheit und stieg ein. Irgendwie fand er es ja immer noch komisch mit einem Auto zu reden, doch wenn Dean es schon nicht mehr tat ... Die schwarze Schönheit sollte nicht auch noch unter Deans Amnesie leiden müssen. „Oh Gott“, stöhnte er leise und rieb sich über das Gesicht. Der Wahnsinn hatte ihn erfasst! Er zog sein Telefon aus der Tasche und drückte die Kurzwahltaste für Deans neues Handy. Nach dem dritten Klingeln meldete sich sein Bruder. „Hey, wie weit seid ihr?“, fragte er. „Halbe Stunde, Stunde vielleicht noch“, erklärte der Ältere ein wenig kurz angebunden, „warum fragst du?“ „Ich wollte Essen holen“, erklärte Sam, „Was möchtest du?“ „Chinesisch wäre schön.“ „Du liebst chinesisch!“, lachte Sam. „Aber klar. Ich hole chinesisch. Bis dann.“ Sam grinste. Jetzt hatte er gleich noch eine gute Ausrede, wenn Dean schon da war. Dann müsste er nur noch den Anzug erklären. Mit mehreren Tüten behangen schob sich Sam durch die Haustür. „Hey, bist du schon lange hier?“, fragte er und lud alles auf der Theke ab. „Fast eine halbe Stunde.“ „Oh, dann haben wir uns wohl nur um wenige Minuten verfehlt“, log Sam unverfroren, was sollte er auch sonst sagen? Von dem Fall konnte er Dean ja schlecht erzählen. In Momenten wie diesem wünschte er sich, dass er nicht entschieden hätte, ihn über ihre wahre Tätigkeit im Dunklen gelassen zu haben, doch daran konnte er jetzt nichts mehr ändern. „Warum hast du einen Anzug an?“, fragte der Ältere skeptisch. „Ich wollte sehen, ob ich ihn so anziehen kann, wenn ich mir die Unis anschauen fahre.“ „Unis anschauen?“ „Ja, ich wollte in den nächsten Wochen zu einige Unis fahren und schauen, welche mir zusagt, bei welcher ich mich für mein Jura-Studium bewerben kann.“ „Ich muss aber nicht mitkommen, oder?“, wollte Dean etwas unsicher wissen. „Wäre schon schön mal wieder mit dir zusammen unterwegs zu sein, so wie früher. Aber nein. Du hast deinen Lehrgang. Da solltest du nichts verpassen.“ „Und was ist mit deinen Kursen? Hast du frei?“ „Ja. Den Stoff kann ich problemlos aufholen. Damon schreibt für mich mit.“ „Lerne ich den mal kennen?“ Sam erzählte viel von diesem Damon und so langsam interessierte es ihn, ob das Bild, dass er von ihm hatte der Wirklichkeit entsprach. „Stellst du mir deine Freunde auch mal vor?“ „Vielleicht sollten wir uns mal alle in dem Diner von Javiers Familie treffen“, überlegte Dean. „Das ist ein ganzes Stück vom College weg, aber irgendwann schaffen wir das vielleicht“, nickte Sam „Oder wir feiern dein halbjähriges Erwachen aus dem Koma.“ „Das ist morgen, wenn das Datum stimmt. Da habe ich keine Zeit, außerdem finde ich nicht, dass das ein Grund zum Feiern ist. Ich habe mein Leben immer noch nicht zurück!“ „Vor einem halben Jahr stand fest, dass du leben wirst. Für mich ist das ein Tag zum Feiern!“, erklärte Sam. „Und der nächste Feiertag wird sein, wenn du dich wieder erinnern kannst!“ „Du hast noch Hoffnung?“ „Ich will sie nicht aufgeben!“ Dean schnaufte nur. Wollte er sich erinnern? Ja, mehr als alles andere! Aber er hatte auch Angst vor diesen Erinnerungen. Angst davor, dass sie nicht mehr zu seinem Leben jetzt passen würden. „Lass uns essen“, schlug Sam vor, um das Thema zu beenden. Hier würden sie auf keinen Nenner kommen. Hatte Bobby Recht? Wollte Dean sich nicht erinnern? Auf diese Frage würde er wohl keine Antwort bekommen, zumindest nicht so lange, bis der sich wirklich erinnerte. Gemeinsam packten sie die Tüten aus und machten es sich mit Bier und Limonade auf der Couch gemütlich. „Was macht ihr eigentlich immer auf der Feuerwache?“, fragte Sam, um ein Gespräch in Gang zu bringen. „Wir renovieren den Aufenthaltsraum. Sie wollen alles etwas umstellen und jetzt haben wir die Steckdosen umgelegt und die Anschlüsse für den Fernseher.“ Sam nickte. „Hast du schon überlegt, was du machen willst, wenn du mit der Ausbildung fertig bist? Wo willst du arbeiten?“ Dean schaute ihn einen Moment lang schweigend an. „Nein noch nicht wirklich“, sagte er dann und schüttelte leicht den Kopf. „Ein paar von uns, maximal die Besten vier, können noch ein Praktikum in der Rettungszentrale machen. Das Krankenhaus wäre eine Option, oder die Feuerwehr. Außerdem können wir uns mit der Ausbildung sofort bei der Feuerwehr bewerben, haben sie uns am Anfang erklärt.“ Dean zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung was ich machen will. Die Arbeit bei Ed macht mir Spaß und sie bringt Geld. Solange er mich braucht, will ich erstmal da bleiben und mich nebenbei in aller Ruhe umschauen.“ Sam nickte. Er staunte mal wieder wie gut sich Dean in den letzten Wochen in das normale Leben eingefügt hatte. Sein Bruder machte rasante Fortschritte. „Und du?“, wollte der jetzt wissen. „Ich hoffe, dass mein Collegeabschluss fürs Studium gut genug ist und ich eine Zusage von einer Uni bekomme. Alles andere wird sich dann ergeben.“ „Von einer Uni? Gibt es hier doch mehrere?“ „Nein. Ich habe mir mehrere Unis rausgesucht, bei denen ich mich bewerbe und einige, die ich mir noch ansehen will.“ „Das heißt wir bleiben nicht hier?“ Dean klang traurig. „Das kann ich dir nicht sagen.“ „Dann ist das alles hier, dann ist der Lehrgang ja vollkommen sinnlos! Warum willst du dann wissen, was ich vorhabe? Warum soll ich mir Gedanken über die Zeit nach dem Lehrgang machen, wenn ich hier doch keine Zukunft habe?“ „Warum sollst du hier keine Zukunft haben? Vielleicht nimmt mich die Uni hier? Du könntest auch hier wohnen bleiben und ich ziehen in ein Studentenwohnheim und komme in den Ferien her. Du hast hier Freunde und Familie.“ Das Gefühl, dass Dean ihn tatsächlich nicht mehr brauchte schnürte ihm die kehle zu. „Aber ich habe noch nie alleine gelebt! Ich weiß nicht, ob ich das schaffe!“ „Du hast Freunde hier, die dir jederzeit helfen. Bobby und Jody wären auch immer für dich da.“ „Ich will aber nicht immer alleine sein!“ „Das wolltest du noch nie“, erklärte Sam leise. Doch Dean schien ihm nicht zugehört zu haben. Er steigerte sich weiter in seine trotzige Abwehrhaltung hinein. „Du würdest auch kein Baby alleine lassen!“ „Du bist kein Baby!“, sagte Sam ruhig. „ICH“, betonte Dean wütend, „bin ein halbes Jahr alt!“ „Dafür bist du aber schon ganz schön groß!“, konnte sich Sam nicht verkneifen zu sagen. Dean warf ihm einen wütenden Blick zu, wandte sich ab und wollte in seinem Zimmer verschwinden. Sam beeilte sich seinem Bruder den Weg zu vertreten. Er umfasste seine Schultern und wartete, bis der zu ihm aufsah. „Was?“, fauchte Dean. „Ich wollte dich nicht ärgern. Es ist nur so widersprüchlich dich zu sehen und dich mir gleichzeitig als halbjähriges Baby vorzustellen. Entschuldige bitte! Irgendwie hast du ja Recht. Deine Erinnerungen reichen nur ein halbes Jahr zurück. Allerdings hast du in dem halben Jahr mehr gelernt als mancher in seinem ganzen Leben. Nein, Dean, du bist kein Baby und ja, es gefällt mir auch nicht, ohne dich umziehen zu müssen. Ich würde lieber mit dir zusammenbleiben.“ Er schluckte und grinste. „Das klingt jetzt, als wären wir ein verliebtes Pärchen!“ Schnell wurde er wieder ernst. „Ich kann dich verstehen, Dean. Wir waren ein Leben lang zusammen, du hast dich dein Leben lang um mich gekümmert und ich würde mich freuen, wenn wir auch weiterhin verbunden blieben. Ich weiß noch nicht, was im nächsten Sommer auf mich zukommt, wohin es mich verschlagen wird und ich denke, es wäre das Beste, dass wir uns darüber erst Gedanken machen, wenn wir mehr wissen. Ist das für dich okay?“ „Ich will hier nicht weg und ich will nicht alleine sein!“, erklärte der Ältere trotzig. „Ich brauche dich doch! Wer soll mir denn sonst die Welt erklären, wer soll mein Essen essen und mit wem soll ich mich streiten?“ Ich hab doch nur dich!“ Er schniefte. Sam versuchte die Tränen, die plötzlich in seine Augen drängen wollte herunter zu schlucken. Er atmete durch: „Wir haben noch mehr als ein halbes Jahr Zeit. Vielleicht nimmt mich ja auch keine der Unis, die ich mir raussuche.“ Sam schüttelt den Kopf. „Die Zukunft ist so unsicher wie die Tatsache, dass du dich erinnern wirst. Ich hoffe auf Beides, aber es gibt keine Garantie.“ Dean holte tief Luft und nickte dann kurz. „Ich möchte jetzt trotzdem in mein Zimmer!“ erklärte er und Sam ließ ihn los, trat aus dem Weg und seufzte, nachdem sich die Tür hinter seinem Bruder geschlossen hatte. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er seinen Mund gehalten hätte, aber er wollte nicht lügen. Jetzt hatte Dean Zeit, sich damit auseinanderzusetzen und das fand er besser, als wenn er ihn kurz vor Ultimo damit überfahren hätte. Noch einmal schaute er auf Deans Tür, seufzte und stieg die Treppe hoch in sein Zimmer. Er wollte noch recherchieren, um diese Todesserie in Hillcrest zu beenden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)