Kill this Killing Man II von Kalea (Höhen und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 143: total erkältet --------------------------- 143) total erkältet Der nächste Morgen kam nach einer langen Nacht viel zu früh. Erst hatte er sich voller Vorfreude darauf, Dean endlich erlösen zu können, oder zumindest einer Lösung etwas näher zu sein, von einer Seite auf die andere gedreht und dann als er sich entschied wieder aufzustehen und loszufahren, war er wohl todmüde doch noch eingeschlafen. Schnell machte er sich fertig, frühstückte hastig und bereitete endlich alles vor, um das Ziel seiner Fahrt zu finden. Sich zu konzentrieren kostete ihn, wie auch schon am Vortag, einige Versuche bis es ihm gelang und die Perlen über Kanada pendelten. Doch egal, über welche Stelle der Karte er das Pendel hielt und wie sehr er sich auf die Zigeuner konzentrierte, das Pendel wollte keinen festen Punkt finden. Konnten die sich in dieser Nacht so weit bewegt haben? Sam schob die Kanadakarte beiseite und legte erneut die seines Heimatlandes auf das Pentagramm. Wieder hielt er das Pendel darüber und konzentrierte sich. Vielleicht konnte er so ja wenigstens die grobe Richtung ausmachen. Dieses Mal landete das Pendel in Mexiko. Enttäuscht und frustriert ließ sich Sam auf seine Fersen sinken. Was sollte das denn? Klar war es möglich in einer Nacht von Kanada nach Mexiko zu kommen, man musste nur fliegen. Flogen Zigeuner? Gaben sie ihre Wohnwagen auf und setzten sich in einen Flieger? Das Erste konnte er auf jeden Fall bestätigen, schließlich hatten sie das hier schon getan, und warum dann nicht auch fliegen. Hatte ja nicht jeder Flugangst wie sein großer Bruder. „Okay“, sprach er sich selbst Mut zu und versuchte es noch einmal, um auch hier die grobe Richtung herauszubekommen, bevor er sich eine Karte von Mexiko besorgte. Und um ihn vollkommen zu verwirren, landete das Pendel in St. Joseph. „Was soll das?“, wütete er und war kurz davor das Kettenstück in eine Ecke zu feuern. Schnell ließ er sie fallen, bevor er dem Drang doch noch nachgab und ließ sich auf seine Fersen sinken. Er legte die Hände auf die Oberschenkel, schloss die Augen und zwang sich dazu, langsam zu atmen. Nach zehn ruhigen Atemzügen fühlte er sich etwas besser. Er öffnete die Augen und starrte auf die Karte. Was passierte hier? Warum bekam er bei jedem Versuch eine andere Stelle angezeigt? War er als Medium ungeeignet? Hatte die Zigeunerin diese Perlen vielleicht verhext? Hatte er zu oft hintereinander gependelt? Mussten die sich wieder aufladen oder was auch immer es brauchte, um die richtige Antwort zu bekommen. Frustriert fuhr er sich durch die Haare. Was sollte er jetzt tun? Warten, dass er vielleicht ein anderes Ergebnis bekam? Wann durfte er wieder pendeln? Vielleicht war ja auch die letzte Aussage richtig? Vielleicht kamen sie ja wieder hierher und holten ihren Van? Den für ein oder zwei Tage zu bewachen war immerhin besser als nichts zu tun. Vielleicht kamen sie ja wirklich zurück. 'Das glaubst du doch wohl selber nicht', wisperte eine Stimme in seinem Kopf und brachte ihn dazu resigniert zu schnauben. Nein! Er glaubte es nicht, aber er wollte diese winzige Hoffnung nicht auch noch begraben, denn das hieße, dass er mit Nichts in den Händen dastand. Dean war weg, mit Bobby hatte er es sich irgendwie auch verscherzt und die Zigeuner, die ihnen das alles eingebrockt hatten, waren ebenfalls verschwunden. Der Traum von einem normalen Leben war wie eine Seifenblase zerplatzt. Er hatte nichts mehr! Einzig das Wissen, dass sein Bruder jetzt nicht in der Hölle schmorte, unterschied sich von der Situation vor eineinhalb Jahren. Damals hatte er mit viel Glück und Rubys Hilfe Deans Leben retten können und genau das würde er jetzt auch wieder tun und wenn es sein musste allein! Energisch verbot er sich jeden Gedanken daran aufzugeben. Schnell stand er auf und überlegte, während er zur Jacke griff, was er alles brauchen würde, um den Wagen ein paar Stunden, oder Tage, schon allein bei dem Gedanken schauerte es ihn, zu überwachen. Minuten später verließ er sein Zimmer. Schon bald hatte er sich mit einigen Isolierbechern voller Kaffee und Sandwiches eingedeckt und kehrte zu dem kleinen, kaum sichtbaren Waldweg zurück. Was ihn dazu bewogen hatte hier überhaupt genauer hinzuschauen, würde ihm wohl ein ständiges Rätsel bleiben. Er parkte den Wagen etwas weiter entfernt in einer weiteren Einfahrt und packte seine Vorräte in den Rucksack. Aus dem Kofferraum holte er sich eine der Decken, die seit ihren Ermittlungen im Glacier-Park da drin lagen. Dabei fiel sein Blick auf ein in Leder gebundenes Buch. Campells Tagebuch! Dessen Existenz hatte er mehr oder weniger verdrängt! Dean hatte es bei Ellen gelesen und er wollte das eigentlich danach auch tun, doch dann überrannten sie die Ereignisse. Er schob es in seinen Rucksack. So konnte er sich während er in der Kälte wartete wenigstens beschäftigen. Er suchte sich einen halbwegs geschützten, vom Van und dem Weg schlecht einsehbaren Platz und hockte sich dort, in die Decke gehüllt hin. Langsam begann er zu lesen. So lange er konnte, ignorierte er die Kälte, die unerbittlich in seinen Körper kroch und der auch der Kaffee, der nur in den ersten zwei Stunden noch Wärme spendete, nichts entgegensetzen konnte. Zu guter Letzt war es nur noch seine Willenskraft, die ihn aushalten ließ. Als er allerdings so stark zitterte, dass er die Buchstaben kaum noch erkannte, gab er auf. So würde er sich wohl schneller eine Erkältung holen, als die Zigeuner finden. Für morgen müsste er sich etwas anderes ausdenken, denn wenn das Pendel ihn wieder in die Irre schicken wollte, würde er noch einen Tag hier ausharren. Noch wollte er sich nicht geschlagen geben, auch wenn die leise Stimme, die in seinem Kopf vehement darauf hinwies, dass es sinnlos war hier zu warten, immer lauter wurde. Was hatte er denn sonst? Dean würde ihn finden können und der würde auch nicht ruhen, bis er ein Mittel hätte, um ihn zurückzuverwandeln, aber er? Er hatte sich immer für den Schlaueren von ihnen beiden gehalten. Den Zahn hatte ihm Deans Abschlusszeugnis allerdings gezogen. Er war wirklich nur der kleine Bruder, auf den man sein ganzes Leben aufpassen musste! Aber er wollte das nicht. Er wollte doch einmal … „NEIN!“, schimpfte er laut. „Nicht schon wieder so!“ Das hatte ihnen eine für ihn zwar lange, für Dean aber sehr schmerzhafte Zeit eingebracht. Er wollte nicht schon wieder in solche Gedanken verfallen. Trotzdem schaffte er es nicht wirklich, seine Selbstzweifel komplett beiseite zu schieben. War es das, was Dean in genau diese Spirale getrieben hatte? Hatte Dad ihm immer wieder suggeriert, dass er Fehler gemacht hatte und dass diese Fehler jemanden weh getan oder vielleicht sogar das Leben gekostet hatten? Er selbst konnte sich an nichts der Art erinnern, aber wer wusste schon, was John für verquere Gedankengänge hatte, oder was Dean aus manchem Satz herausgelesen hatte. Vorsichtig richtete er sich auf und streckte so seine kalten Muskeln. Im Motel würde er sich als allererstes unter die heiße Dusche stellen und erst wieder hervorkommen, wenn er komplett durchgewärmt war. Außerdem sollte er sich etwas holen, das ihn auch von innen heraus wärmte. Gab es irgendwo in den Kaff mexikanisches Essen? Ungelenk stakste er zum Impala und ließ sich mit einem Stöhnen auf dem Fahrersitz nieder. Er angelte sich seinen Laptop nach vorne und suchte nach jeglicher Art Essen in der näheren Umgebung. Schnell war er fündig geworden. Es gab zwar keinen Mexikaner aber immerhin einen Chinesen und die hatten ja auch scharfes Essen. Eine Stunde später war er wieder in seinem Zimmer. Er stellte das Essen neben die Mikrowelle, schälte sich schnell aus seiner Kleidung und verschwand im Bad. Erst als das ganze Bad von Nebenschwaden durchzogen war, trat Sam wieder aus der Dusche. Er fühlte sich zwar noch immer nicht vollkommen aufgewärmt, allerdings hatte ihn diese Wärme auch müde gemacht und er wollte sich jetzt einfach nur noch ins Bett verkriechen. Trocken und mit frisch geföhnten Haaren kam er ins Zimmer, schob sein Essen in die Mikrowelle und kramte aus seiner Tasche die dicken Sachen heraus, die sie im Glacier-Park getragen hatten. Schnell saß er, dick eingemummelt, im Bett und kaute lustlos auf seinem Essen herum. Der nächste Tag begann für Sam mit Kopfschmerzen und einem kratzenden Hals. „Na toll“, krächzte er. Da hatte er sich also auch noch erkältet! Aber eigentlich war ihm das klar gewesen. So wie er gestern gefroren hatte. Und nicht nur gestern. Auch die Tage davor hatte er kaum auf seine Gesundheit geachtet. Die Sucherei nach Dean und die Nächte davor, die er auf Baumstämmen gesessen und seinem Wolf den Auslauf gegeben hatte, den der dringend brauchte. Er setzte sich auf und wollte nichts lieber, als sich wieder fallen zu lassen. Diese Bewegung tat seinem Kopf alles andere als gut. Außerdem begannen jetzt auch noch seine Augen zu tränen. Das würde binnen weniger Stunden zu einer ausgewachsenen Erkältung werden. Auf dem Weg ins Bad beschloss er, die Observation des Van sein zu lassen, die Zigeuner würden eh nicht kommen, und sich mit den Lebensmitteln einzudecken, mit denen er über die nächsten Tage kommen konnte. Außerdem brauchte er Medizin. Sie hatten zwar jede Menge Schmerzmittel und auch noch etwas Alkohol aber nichts, was bei einer Erkältung helfen würde. Der Supermarkt empfing ihn mit einer großen Anzeigetafel, die ihn darauf aufmerksam machte, dass es nur noch drei Tage waren. Drei Tage bis Weihnachten. Er schluckte. Weihnachten. Dieses Fest wollten sie bei Bobby verbringen. Ein leckeres Weihnachtsessen und den Abend mit Eierpunsch auf der Couch bei einem Spiel ausklingen lassen. Nebenbei hätten sie versuchen können Jody davon überzeugen, dass der alte Brummbär doch ein netter Kerl war und sich eine Beziehung mit ihm durchaus lohnen würde. Tja, dieses Jahr würde es nun weder Punsch noch leckeres Essen geben und Bobby musste seinen Liebeskummer wohl selbst in den Griff bekommen, genauso wie er selbst sein Versagen bei der Suche nach seinem Bruder und dessen Erlösung. Und das sich jetzt schon wieder Tränen in seine Augen drängten, lag auch nur an der Erkältung! Er nahm sich einen Einkaufswagen und begann neben jeder Menge Äpfel und Orangen auch das hineinzupacken, von dem er sich sicher war, dass es gegen Erkältungen half. Schnell lud er noch Tee und Wasser in den Wagen und packte auch einige Dosen Aspirin und Packungen mit heißer Zitrone ein. Außerdem nahm er noch eine Zitruspresse mit. Kurz vor der Kasse fiel ihm ein, dass er auch Taschentücher brauchte, also drehte er noch einmal um und nahm, entgegen seines eigentlichen Entschlusses doch noch eine Flasche Eierpunsch mit. Wenigstens damit wollte er an seinen Bruder denken. An der Kasse lud er auch noch ein paar Packungen Eis ein. So gerüstet sollte er wohl über die Tage kommen. Hustend und schniefend schleppte Sam seine Einkäufe ins Zimmer. Vor einer halben Stunde hatte es zu schneien begonnen. Große schwere Flocken waren während der Fahrt auf die Windschutzscheibe gefallen und hatten ihm die Sicht verschmiert. Jetzt landeten sie in seinen Haaren oder direkt im Kragen seiner Jacke und rutschten, eine nasskalte Spur hinterlassend, seinen Rücken hinunter und ließen ihn noch mehr frieren, als er es eh schon tat. Die Tüte aus dem Drugstore, gleich neben dem Supermarkt, in dem er sich auch noch mit Erkältungsmedizin eingedeckt hatte, stellte er neben das Bett. Er befüllte die Kaffeemaschine, um heißes Wasser zu kochen und schlurfte ins Bad. Bevor er ins Bett kroch, wollte er schnell noch duschen. Sein Shirt klebte unangenehm am Rücken und auch so fühlte er sich eklig verschwitzt. Mit einem zufriedenen Seufzen konnte er sich endlich ins Bett fallen lassen. Neben ihm stand eine Kanne voller heißer Zitrone, ein Teller mit aufgeschnittenen Äpfeln und ein Glas Orangensaft. Außerdem hatte er sich eine Schale Eis mitgebracht. Lustlos zappte er durch die Kanäle und löffelte hin und wieder etwas Eis, bis ihm die Augen zufielen und er in einen unruhigen Schlaf fiel. ~“~ Die Welt roch anders als Dean an diesem Abend erwachte. Er kroch aus seinem Versteck und schaute sich um. Alles war mit einer dicken, weißen, kalten Schicht bedeckt. Neugierig stieß er mit der Nase hinein und schnaufte. Er hob seinen Kopf wieder an. Eine kleine weiße Haube blieb auf seiner Nase liegen. Vorsichtig leckte er es ab. Wasser! Weißes Wasser? Er lief zu einem dick überzogenen Busch und plaffte ihn an. Alles klang so gedämpft. Die Welt hatte sich zugedeckt. Wieder stieß er die Nase in das weiße Zeug und hob den Kopf dieses Mal schneller an. Ein weißer Wattebausch flog in die Luft. Er schnappte danach. Kaute darauf herum. Weißes Wasser? Dean hopste mit allen vier Pfoten zugleich durch den Schnee und japste glücklich. Er sprang nach links und nach rechts. Übermütig kugelte er sich in der unberührten Pracht. Wieder sprang er umher. Dann lief er nur mit den Hinterpfoten, die Vorderpfoten schräg nach vorn gestellt und schob das weiße Zeug zusammen. Er biss in den Haufen. Immer wieder warf er kleine Batzen in die Luft, fing sie auf. Es dauerte lange, bis er genug gespielt hatte und sich daran machte etwas zu fressen zu finden, bevor er in der Dunkelheit weiterzog. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)