Schulfragen von _Delacroix_ ================================================================================ Schulfragen ----------- Möchtest du einen Tee?“, fragte Hermione und riss Draco damit aus seinen Gedanken. Er hatte sich ein wenig in der Betrachtung des Raums verloren.   „Das wäre nett“, entgegnete er.   Es war immer noch ungewohnt auf Hermiones guter Seite zu stehen, dennoch hatte er sich mit ihrem Waffenstillstand inzwischen arrangiert. Die Wahrheit war, sie kamen sogar gut miteinander aus, wenn sie das wollten. Ein Punkt, an den er noch vor ein paar Jahren nicht geglaubt hätte.   „Setz dich, ich bin gleich zurück“, erklärte Hermione und marschierte aus der Tür. Draco blickte ihr nach. Da war nichts von den sorgsamen Bewegungen einer Grande Dame in ihr. Sie mochte die Zaubereiministerin sein, dennoch war sie immer noch in erster Linie eines: Effizient.   Man sah es an der Art wie sie ihr Büro einrichtete. Sowohl an dem im Ministerium als auch an dem in diesem Haus, aber man konnte es auch bei anderen Gelegenheiten beobachten. Wenn sie sich bewegte, wenn sie sprach und auch wenn wie sie ihren Gästen Tee anbot. Alles was sie tat, schien ein festes Ziel zu haben, auf das sie unaufhörlich hinarbeitete. Da war keine Ablenkung, kein Schnörkel, keine Schön-Malerei.   Ihm sollte es recht sein.   Die Sessel waren hoch und weich. Beinahe ein bisschen zu weich für seinen Geschmack. Astoria hätte sie nett gefunden. Stumm strich er über das dunkelrote Leder. Er vermisste sie noch immer.   Irgendwo im Zimmer tickte eine Uhr. Akten stapelten sich auf auf dem Schreibtisch und doch hatte der Raum seinen ganz eigenen Charme. Da war die feine Struktur des Kamins, der Schrank, der so viel leichter wirkte, als er es vermutlich war und das warme Licht, das durch große, helle Fenster schien. Das hier war kein Zimmer mit dem man Gäste zu beeindrucken versuchte, hier wurde wirklich gearbeitet. Man konnte es an der Art sehen, wie sich die Akten auf dem Schreibtisch stapelten und an der Art, wie die Bücher krumm und schief aus dem Regal guckten. Pansy hätte deshalb einen Anfall bekommen.   Es klopfte gegen die Tür und selbst dieses Geräusch wirkte, als wäre es auf Arbeit abgestimmt. Es war nicht laut; nicht so aufdringlich, dass man seinen letzten Gedanken darüber vergessen konnte und doch präsent genug, dass man es besser nicht ignorierte.   „Mom?“, fragte ein Junge, mit kurzem, rot-braunem Haar, hielt aber noch im gleichen Augenblick inne. „Oh, Verzeihung. Ich wusste nicht, dass wir Gäste haben.“   Draco schüttelte den Kopf. „Das macht nichts“, wiegelte er ab.   Der Junge trat ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich. „Hugo Weasley“, stellte er sich vor. Hugo mochte jünger sein als Scorpius, aber er wirkte souverän. Das hier war sicher nicht das erste Mal, dass er in das Arbeitszimmer seiner Mutter platzte und einen Fremden vorfand.   „Draco Malfoy“, entgegnete er.   Hugo nickte. „Ich weiß. Ich habe Sie im Propheten gesehen. Sie versuchen die Rechte der magischen Gesellschaft zu stärken.“   Draco war überrascht. Es kam nicht oft vor, dass ihm Jemand sagte, dass er ihn aus der Zeitung kannte und dann war dieser Jemand auch noch ein Kind. „Grangers Sohn“, rief er sich in Erinnerung und erlaubte es sich, den Jungen zu mustern. Er war sicher jünger als Scorpius. Vielleicht so ein oder zwei Jahre. Eher zwei wenn man bedachte, dass er eine ältere Schwester hatte, die mit seinem Sohn nach Hogwarts ging. Apropos Hogwarts... „Solltest du nicht in der Schule sein?“, fragte er mit mildem Interesse, das ihm einen unschuldigen Blick aus braunen Augen einbrachte.   „Da war ich, Sir. Der Unterricht ist seit zwei Stunden aus.“   Draco wusste, was diese Worte bedeuteten. Er verstand sie nur nicht. Wenn der Unterricht aus war, sollte der Junge in seinem Gemeinschaftsraum sitzen. Irgendwo in Gryffindor oder Ravenclaw. Er sollte nicht im Arbeitszimmer seiner Mutter stehen. Außer natürlich -   „Du gehst nicht nach Hogwarts“, kombinierte er und wurde prompt mit einem breiten Grinsen belohnt. „Du gehst auch nicht nach Durmstrang. Du … Gehst auf eine Ganztagsschule?“   Hugo nickte, scheinbar fasziniert. „Sie sind der Erste, der das so schnell erraten hat“, gratulierte er. „Miss Vane glaubt immer noch ich wäre ein Slytherin. Sie guckt mich immer böse an, wenn sie vorbeikommt um Dad bei der Vermarktung irgendeiner Erfindung zu helfen.“   „Hat er sie denn nicht aufgeklärt?“   Hugos Grinsen gefror auf seinen Lippen und auch wenn er sich bemühte, weiterhin neutral zu wirken, es gelang ihm nicht. Da waren seine Kiefer, die sich eindeutig ein bisschen zu fest zusammenpressten und auch dieser Blick. Draco kannte diesen Blick. Hermione hatte ihn schon in ihrer Schulzeit perfektioniert.   „Er erzählt lieber von Rose“, erklärte der Junge, als wäre es das Uninteressanteste auf der Welt. Ein guter Versuch, aber nicht gut genug um Draco zu überzeugen. Auch wenn er ganz sicher nicht weiter fragen würde. Ronald Weasley konnte seine Familienprobleme schön alleine lösen.   „Sie ist deine Schwester, nicht wahr?“, bemühte er sich um einen unauffälligen Themenwechsel.   „Ja, und eine Gryffindor. Wobei ich das nicht ganz verstehe... Ich fand sie nie besonders mutig.“   „Ich finde die meisten Gryffindors nicht mutig. Ich fürchte also, das ist kein Kriterium.“ Draco lächelte dünn und auch Hugo schien sich wieder ein bisschen zu entspannen.   „Victoire wollte unbedingt eine Gryffindor werden“, erzählte er unvermittelt. Draco wusste nicht, wer genau Victoire war, aber trotzdem nickte er. Soweit er wusste, hatten fast alle Kinder das eine oder andere Wunschhaus. Nicht selten inspiriert von den Erzählungen ihrer Eltern und Geschwister. So war es in seinem Freundeskreis und sicher auch in dem von Granger-Weasley. „Als sie eine Hufflepuff geworden ist, hat sie auf der Bühne zu weinen begonnen. Einen ganzen Monat lang soll sie untröstlich gewesen sein. Ted zieht sie immer noch damit auf.“   „Das ist nicht besonders nett.“   Hugo nickte. „Es ist schon seltsam, oder? Es gibt gemeine Hufflepuffs, feige Gryffindors und dumme Ravenclaws.“   „Dumme -“   „Ja, Roxanne.“   Gerne hätte Draco etwas erwidert, doch der Name sagte ihm genauso wenig wie Victoires. Und wer war er, dass er ein Mädchen verteidigte, ohne es zu kennen? Stattdessen verschränkte er die Finger ineinander. „Was glaubst du, woran das liegt?“   Hugo schien zu überlegen. „Am Anfang glaubte ich, was mein Vater sagt“, erklärte er schließlich, „Nämlich, dass der Hut einen in das Haus steckt, für das man die größten Voraussetzungen hat. Ich glaubte auch, wenn man es nur stark genug will, kann man ihn beeinflussen. Aber nachdem was Victoire passiert ist – Nein, ich glaube, er hört nicht auf Wünsche. Zumindest nicht, wenn der Wunsch nicht ohnehin in Frage kommt. Und er geht auch nicht danach, ob eine Fähigkeit vorhanden ist. Rose ist nicht mutig und Roxanne nicht klug. Ich denke, er versucht zu erkennen, welche Fähigkeit für den Schüler am nützlichsten ist und welche er am besten ausbauen sollte.“   „Also ist Roxanne eine Ravenclaw, damit sie richtig denken lernt?“   Hugo zuckte mit den Schultern. „Entweder das, oder der Hut ist irgendwann kaputt gegangen. Können magische Hüte kaputt gehen?“   Draco überlegte. Angeblich steckte uralte, mächtige Magie in diesem Hut und seine Mutter pflegte zu sagen: „Wenn etwas magisch ist, dann kann es auch kaputt gehen“. Aber seine Mutter war seine Mutter und sicher nicht die beste Quelle, wenn es um die Lebenszeit unbekannter, sehr alter Zauber ging. Entsprechend gab es auf die Frage wohl nur eine ehrliche Antwort und die lautete: „Ich habe keine Ahnung.“   „Wovon hast du keine Ahnung?“, fragte Hermione und balancierte ein Tablett mit Teetassen ins Zimmer.   „Wir haben uns nur gerade über den sprechenden Hut unterhalten“, erklärte er ihr.   Hugo nickte. „Er scheint eine schwierige Kopfbedeckung zu sein. Mit sehr viel Eigenleben.“   Hermione lächelte. „Ich weiß noch genau welche Angst ich hatte, bevor ich ihn damals aufgesetzt bekam.“   „Ich hatte auch Angst“, stimmte Draco zu, „Ich fürchte nur aus anderen Gründen. Mein Vater hatte ja sehr früh klar gemacht, dass nur ein Haus für mich in Betracht käme, aber meine Mutter... Sie hat mir in den letzten Wochen vor der Schule so viel über die Gefahren von ranzigen, alten Hüten erzählt, ich hatte sogar Alpträume von dem Ding.“   Hermione schüttelte den Kopf. „Ich hatte mehr Angst, dass ich die Eignungsprüfung nicht bestehe und sofort wieder nach Hause muss“, erinnerte sie sich.   „Nur weil du nie eine magisch vergrößerte Laus gezeigt bekommen hast.“   Hermione schauderte erwartungsgemäß. „Ich glaube, die will ich auch nicht gezeigt bekommen“, gab sie zu.   Neben ihr verschränkte Hugo die Arme. „Schau mich nicht so an, Mom. Ich habe den Hut noch nie in echt gesehen. Aber vielleicht solltest du Rose so eine Haarwäsche kaufen, oder einen magischen Nissenkamm. Ich wäre für einen magischen Nissenkamm. Nur um auf Nummer sicher zu gehen. Ich meine, irgendwie ist da ja was dran. Immerhin wird der Hut jedes Jahr auf die Köpfe wirklich vieler Schüler gesetzt.“   „Schüler mit teilweise sehr fragwürdiger Hygiene.“   „Danke, Draco“, entgegnete Hermione, doch die Spitze machte ihm nichts aus. Er wusste, dass er recht hatte und sie wusste es auch. Auch wenn sie vielleicht annehmen mochte … Interessiert blickte er von ihr zu Hugo.   „Wie ist das bei dir? Gibt es in deiner Schule irgendwelche Aufnahmerituale?“, wollte er wissen.   Für einen Moment wechselten Mutter und Sohn ein paar Blicke, dann schüttelte Hugo den Kopf. „Die Kleinen haben ein Haussystem“, erzählte er auf die Art, auf die nur Jemand erzählte, der selber nicht mehr zu den „Kleinen“ gehörte, „aber sie werden zufällig eingeteilt. Ansonsten besuchen sie im ersten Jahr viele AGs um herauszufinden, was sie interessiert.“   „Es ist eine sehr gute Schule“, versicherte Hermione und Hugo beeilte sich zustimmend zu nicken. „Die St Paul’s ist toll“, pflichtete er seiner Mutter bei, „schon John Milton hat da gelernt.“   „John Milton war -“   Draco hob die Hand um Hermiones Vortrag zu stoppen, bevor sie sich warm reden konnte. „Ich weiß, wer John Milton war.“   Sie blinzelte genau drei mal, dann schlich sich Verwirrung in ihr Gesicht. „Wirklich?“, wollte sie wissen und klang faszinierend überrascht dabei.   Draco nickte. „Wirklich“, wiederholte er nicht ohne Stolz, „Ich kenne auch Shakespeare, Jane Austen und Bram Stoker.“   „Sie müssen Ihr Wissen dringend um George Lucas erweitern“, platzte Hugo heraus.   Draco legte den Kopf zur Seite. „Wer ist George Lucas?“, wollte er wissen und der Junge begann prompt zu strahlen.   „Nur der Schöpfer der besten Filmreihe überhaupt. Äh... Sie wissen was ein Film ist?“   Draco nickte. Er hatte einmal darüber gelesen. Über die seltsame, neue Methode, mit der Muggel ihre Bücher zum Leben erweckten. Nur wie es genau funktionierte, das wusste er nicht. Allerdings schien Hugo das auch gar nicht zu interessieren, denn der strahlte bereits seine Mutter an.   „Können wir nicht „Die dunkle Bedrohung“ gucken?“, bat er aufgeregt.   „Oh Schatz, ich glaube nicht, dass Draco daran Interesse hat“, versuchte sie zu intervenieren, doch Draco hob zum zweiten Mal an diesem Tag die Hand um sie zu unterbrechen. Er hatte selber einen Sohn, er wusste wie solche Situationen waren und es war wirklich nicht schwer, diese hier am eskalieren zu hindern. Zumindest nicht für ihn.   Draco setzte sein bestes Lächeln auf. „Du weißt doch, Granger, dunkle Bedrohungen ziehen mich magisch an.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)