Don´t fuck the Company von RedRidingHoodie ================================================================================ Kapitel 1: Klokumpels --------------------- You got designer shades just To hide your face and You wear em around Like you´re cooler than me. Mike Posner – Cooler than me In der prallen Mittagssonne zog ein schwarz glänzender BMW von der Autobahn auf einen Rastplatz. Geschickt wich er Passanten aus, die ihm neugierig und beeindruckt hinterhergafften, um vor einer Tanksäule zu halten. Noch bevor der Tankwart sich nähern konnte, stieg ein sonnenbrillenbewährter Mann aus, das Handy lässig zwischen Ohr und Schulter geklemmt, die Ärmel seines engen, dunkelblauen Hemdes hochgerollt. Auf dem Beifahrersitz lag ein wegen der Hitze abgelegtes Jackett. Endlich nahte der Tankangestellte, dem der Kunde bedeutete, vollzutanken, ohne den anderen Mann richtig anzusehen oder seine falsch-freundliche Begrüßung zu beachten. Während der BMW befüllt wurde, entfernte der ungewöhnlich blasse Mann sich von seinem Wagen. Er hatte sein Telefonat nicht beendet und sagte gerade: „Dann mach ihm klar, dass er auf mich angewiesen ist, nicht umgekehrt.“ „Das wird nicht so einfach“, wiedersprach eine Frauenstimme. „Du bist nicht sein einziger Kunde.“ „Wenn er sich weiter so quer stellt, sorge ich dafür, dass er keinen einzigen Kunden mehr hat.“ Die Frauenstimme lachte, ein raues, halb ersticktes Geräusch, welches sexuelles Interesse implizierte. Er kannte es genau, nicht nur von ihr, und er konnte es ignorieren. „Ich liebe es, wenn du so drauf bist, Sasuke“, gurrte Karin in den Hörer. „Wie denn?“ „Wenn du den bösen Buben spielst, meine ich.“ Amüsiert flatterten seine Mundwinkel, doch seine Stimme klang nach wie vor kühl, als er befahl: „Kümmere dich darum“, und auflegte. Unter der Sonnenbrille blickten schwarze Augen Richtung BMW. Der Tankwart war verschwunden, vermutlich holte er die Rechnung. Immerhin arbeitete er zügig. Wenig später bezahlte Sasuke den Mann und fuhr seinen Wagen auf einen der Parkplätze, um die Toiletten der Raststätten aufzusuchen. Aus Hygienegründen hätte er darauf verzichtet, aber er hatte noch eine Stunde Fahrtweg vor sich, sodass ihm nichts anderes übrig blieb. Zum Glück sahen die sanitären Anlagen einigermaßen sauber aus, und der vorhandene Dreck wurde von den dunklen Brillengläsern verhüllt, welche der Schwarzhaarige nicht abnahm, da das gute Stück seine Sehschwäche ausglich. Er öffnete gerade seine Hose an einem der Pissoires, als die Tür aufging. Kurz begegnete er dem Blick des Neuankömmlings, sah jedoch sofort weg. Erste Regel beim Pinkeln; nie zu lange Starren. Das hatte dem Kerl jedoch scheinbar niemand verraten, denn er stellte sich an das Becken direkt neben Sasukes, wo er sogar: „Hi!“, sagte, während er den Reißverschluss runterzog. Der Schwarzhaarige gab statt einer Antwort ein irritiertes Grunzen von sich. Was sollte das denn? Der andere hatte wohl kein Problem damit, in so unmittelbarer Nähe zu pinkeln. Schon war fröhliches Plätschern zu hören, untermalt von einem erleichterten Stöhnen. Genervt und angewidert linste Sasuke zu ihm rüber und erspähte gebräunte Haut unter einem blondem Bartschatten sowie Schultern und Arme, die eindeutig regelmäßig ein Fitnessstudio von innen sahen. Ein klassischer Sportprolet. In der Hoffnung, endlich seine Ruhe zu finden, beendete er sein Geschäft und ging zum Waschbecken. Dieses hatte er allerdings nicht lange für sich, denn erneut folgte Blondie ihm. Diesmal schoss Sasuke ihm einen eindeutig feindseligen Blick zu, was den anderen jedoch nur zum Grinsen brachte. „Es geht nach einer langen Fahrt doch nichts darüber, anständig zu pissen, oder?“, fragte er, während er sich die Hände wusch. Sasukes zuerst überraschter Blick wurde schnell finster. Nicht nur ein Sportprolet, sondern ein Perverser. „Was willst du von mir?“ „Nichts. Ich war nur beeindruckt von deiner Ausstattung“, erklärte er, sich mit anzüglichem Lächeln die Hände an der Jeans abwischend. „Ziemlich üppig, aber ganz schön protzig, oder? Obwohl ich zugeben muss, dass man damit bestimmt viel Spaß haben kann…“ Zuerst war Sasuke wie vor den Kopf gestoßen, doch jetzt kochte Wut in ihm hoch. Wie konnte dieser Kerl es wagen, seinen Schwanz anzustarren und noch dazu zu bewerten? „Perverses Arschloch“, zischte er und ging auf die Tür zu. Am liebsten hätte er den anderen geschlagen, doch das wäre unter seiner Würde. „Pervers?“, schnarrte Blondie hinter ihm provokativ. „Was meinst du, Alter? Ich rede von deinem Auto. Der BMW draußen gehört doch dir, oder?“ Perplex blieb Sasuke stehen, spürte die Röte seinen Kragen hochsteigen. Das ging bei seiner blassen Haut schnell, passierte jedoch trotzdem selten. Er schämte sich nie. Doch diesen Konversationsversuch so falsch verstanden zu haben, war äußerst peinlich. Als er den anderen allerdings wieder ansah und dessen anzügliches Grinsen bemerkte, wusste er, dass er sich nicht geirrt hatte und seine kurze Verlegenheit wich wieder Zorn. Dieser Wichser wollte ihn verarschen. „Heh… Du siehst süß aus, wenn du rot wirst“, stellte Blondie fest, womit er Sasukes Wut nur noch mehr anstachelte. Er war nicht süß. Und er hasste es, in Verlegenheit gebracht zu werden. „Fick dich“, knurrte er und verließ nun endgültig das Klohäuschen. Hinter sich hörte er den Perversen, der ihm folgte, etwas murmeln, das nach: ´Nicht lieber dich?`, klang, doch als er ihn anfunkelte, lächelte der Trottel nur unschuldig. „Hey, komm schon, das war ein Witz“, quengelte der Fremde auf seinen Fersen. „Du weißt schon, die Dinger, über die man lacht. Haha.“ „Haha“, wiederholte Sasuke sarkastisch. „Jetzt zieh Leine.“ „Na, das mit dem Lachen üben wir aber nochmal.“ Der andere stellte sich breit grinsend direkt vor den Schwarzhaarigen und hielt ihm die Hand hin, völlig die eigentlich eindeutige Aufforderung seines Gegenübers ignorierend. „Ich bin übrigens Naruto.“ Statt einzuschlagen, verschränkte Sasuke die Arme. „Ich sagte, zieh Leine.“ Naruto runzelte die Stirn und schürzte die Lippen, wodurch er wie ein unzufriedenes Kleinkind aussah. „Jetzt hab dich nicht so, das war ein Joke… Ok, vielleicht nicht der Beste… Sorry.“ Selbsterkenntnis war bekanntlich der erste Weg zur Besserung, dachte Sasuke die Augen verdrehend. Trotzdem sagte er nichts und ging an Blondie vorbei in Richtung seines Wagens, aus dem er seinen Laptop nahm. Ein Blick auf seine Armbanduhr zeigte ihm, dass es bereits fast eins war. Diese Fahrt hatte ihn viel Zeit gekostet, und jetzt musste er sich zudem mit aufdringlichen Blondinen auf Raststättentoiletten herumärgern. Das war wirklich nicht sein Humor. Immerhin schien er Naruto jetzt abgewimmelt zu haben, wie er durch kurzes Umhersehen erkannte, also konnte er wohl in Ruhe beim Mittagessen arbeiten. Wirklich, so etwas hatte er noch nie erlebt, dachte er, als er den Restaurantbereich der Tankstelle betrat. Sicher war er schon öfter angemacht worden – die Bedienung, die seine Bestellung aufnahm, war gleich die nächste, die ihn augenklimpernd anschmachtete – doch noch nie auf so eine bescheuerte Art und Weise. Scheinbar hatte dieser Trottel es nicht böse gemeint, doch zu glauben, dass so etwas funktionieren könnte… Sasuke war immer wieder entsetzt davon, wie tief menschliche Dummheit reichen konnte. In dem Versuch, diese peinliche Szene zu vergessen, nippte er an dem Kaffee, den die Serviererin bereits gebracht hatte, und fuhr seinen Laptop hoch. Er hatte keine Mail von Karin, was hieß, dass sie seinen Auftrag noch nicht ausgeführt hatte und ihn unzufrieden stimmte, obwohl ihr Telefonat noch keine halbe Stunde her war. Effizienz war ihm wichtig, weshalb ihn die Verzögerung in seinem Tagesplan so störte. Allerdings konnte er die Mails seiner Angestellten und Geschäftspartner recht schnell beantworten und sich dann bereits an seine weiteren Aufgaben machen, während er (für ein Tankstellenrestaurant gar nicht so schlechtes) Hühnchen Curry aß. „Hi… Dürfte ich mich hier hinsetzen?“, fragte eine Stimme. Sasuke blickte nicht mal auf. „Es gibt genug freie Plätze.“ „Und was, wenn ich genau hier sitzen will?“ Irritiert hob er jetzt doch den Blick – und holte tief Luft, als er Toiletten-Blondie auf sich herabgrinsen sah. Warum überraschte ihn das jetzt so gar nicht? „Was willst du von mir?“ „Na ja…“ Naruto kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Ne Mitfahrgelegenheit, wenn du so fragst. Ich hab an deinem Nummernschild gesehen, dass du aus Konoha kommst, und wollt fragen, ob du mich mitnimmst.“ Völlig vor den Kopf gestoßen starrte Sasuke den anderen an, dessen Worte er für einen schlechten Scherz hielt, nach dem, wie er sich zuvor verhalten hatte. Erwartete er wirklich, dass er ihn in sein Auto ließ, nachdem er ihn auf dem Klo angequatscht, verarscht und zur Weißglut getrieben hatte – in nicht mal fünf Minuten? Zumindest schien ihm das bewusst, denn er räusperte sich nervös, bevor er fortfuhr: „Ich weiß, das war vorhin… Äh, unglücklich, deswegen wollt ich dich zum Essen einladen. Als Entschuldigung.“ „Kein Interesse“, erwiderte Sasuke und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. „Eeeeeeh?!“, schrie Naruto empört auf. „Was heißt ´kein Interesse`? Das ist nen aufrichtiges Schuldeingeständnis, Mann! Sowas lehnt man nicht einfach ab.“ „´Man` vielleicht nicht, aber ich.“ „Boaaa, du bist echt ein Arschloch!“ Der Dunkelhaarige sah mit hochgezogenen Brauen wieder zu seinem Gegenüber. „Weiter so. Vielleicht nehme ich dich ja mit, wenn du mich beleidigst.“ Blaue Augen funkelten ihn wütend an. „Du hast eh schon nein gesagt, da kann ich auch ehrlich sein.“ Da musste er Naruto wohl Recht geben, doch er sah davon ab, ihm das mitzuteilen und wandte sich stattdessen wieder seinem Laptop zu, dessen Bildschirmschoner sich bereits eingeschaltet hatte. So viel Zeit hatte er mit diesem Trottel verschwendet, hervorragend… Weit kam er allerdings nicht mit seiner Arbeit, denn da näherte sich eine Kellnerin, die den noch immer (etwas hilflos) vor seinem Tisch stehenden Naruto fragte: „Kann ich Ihnen auch etwas bringen?“ „Ich nehm, was er hat“, verkündete er und setzte sich kurzerhand auf den Stuhl, um den er vorhin erfolglos gebeten hatte. Sasuke hatte beschlossen, ihn zu ignorieren. Vielleicht würde das funktionieren, wie bei Kindern auf dem Schulhof, die ihre Späßchen irgendwann aufgaben, wenn sie keine Aufmerksamkeit bekamen. Da hatte er die Rechnung allerdings ohne Naruto gemacht. „Glaub mir, ich würd lieber bei jedem anderen mitfahren als bei dir arrogantem Sack, aber hier fährt sonst keiner nach Konoha, ich hab mich schon seit Stunden umgeschaut. Die Saison hat noch nicht angefangen, deswegen ist kaum jemand auf den Straßen.“ „Stattdessen hättest du laufen können.“ So viel zum Vorsatz, ihn zu ignorieren. Aber sportlich genug für den Weg sähe Blondie aus. Wenn er sich beeilte, hätte er in drei, vier Tagen in der Stadt sein können. „Jaa, klar.“ Obwohl Sasuke nicht hinsah, konnte er praktisch hören, wie der andere die Augen verdrehte. „Ich muss morgen da sein. Hab da meinen ersten Arbeitstag in ner neuen Firma.“ Da war er ja früh dran. Sasuke fragte sich, wo er schlafen wollte, wenn er jetzt scheinbar noch keine Unterkunft hatte, sprach es jedoch nicht aus, um die Konversation nicht weiterzuführen. Er hatte wirklich besseres zu tun, als sich die Lebensgeschichte dieses Klo-Stalkers anzuhören. Die kurze Stille die eintrat, während Naruto sein Essen gebracht bekam, nutzte Sasuke, um erneut die E-Mail zu lesen, die er vorhin geschrieben hatte. Bei dem Anblick blinzelte er irritiert. ´Wenn Sie einen ersten Arbeitstag haben, können wir uns über weitere Zusammenarbeit unterhalten`, stand da. Verärgert davon, so von dem Geplapper dieser Nervensäge beeinflusst worden zu sein, korrigierte er den Text und kontrollierte die anderen Nachrichten, die er geschrieben hatte, seit Blondie sich zu ihm gesetzt hatte, doch alles andere schien in Ordnung zu sein. „Jetzt stell dich nicht so an“, nörgelte Naruto weiter, sobald die Bedienung weg war. Dabei schmatzte er lautstark an seinem Curry, was ihm einen angewiderten Blick von Sasuke einbrachte, der Essgeräusche auf den Tod nicht ausstehen konnte. „Das war vorhin echt bescheuert, tut mir leid. Aber als ich den Wagen gesehen hab, hab ich mit nem netten Opa gerechnet und nicht mit… Sowas wie dir.“ Sasuke zog die Brauen hoch. „´Sowas wie mir`?“ „Na ja, einem jungen, attraktiven Kerl halt. Erzähl mir nich, dass du nich weißt, wie scharf du bist, das kauf ich dir nich ab, Alter.“ Sasuke schnaubte, halb amüsiert, halb herablassend. Natürlich wusste er, wie er aussah, er besaß Spiegel und war sich seiner Wirkung auf andere durchaus bewusst. Und wie sich jetzt herausstellte, hatte er Recht gehabt mit der Vermutung, dass Naruto ihn auf der Toilette (auf eine ziemlich dämliche Art und Weise) angebaggert hatte. „Natürlich weiß ich das.“ „Arroganter Sack.“ Zuerst sah Naruto ihn mürrisch an, doch dann verzogen seine Mundwinkel sich nach oben. Ihre Blicke blieben aneinander hängen, und zum ersten Mal fiel Sasuke auf, was für ein ungewöhnlich intensives Azurblau die Augen des anderen hatten. Dickes, blondes Haar stand wild von seinem gebräunten Gesicht ab, dessen Kinn mit einem ungepflegten Bartschatten bedeckt war. Er sah… Nicht schlecht aus. Nach wie vor gefiel Sasuke das viel zu tief ausgeschnittene Achselshirt nicht, doch das konnte man ja ausziehen. Blinzelnd schob er diesen Gedanken beiseite. Wenn er schon so etwas überlegte, sollte er sich vielleicht tatsächlich mal wieder jemanden aufreißen. Er wusste schon nicht mehr, wann das zuletzt geschehen war, was jedoch nicht an mangelnden Interessenten lag. Sasuke hatte einfach anderes zu tun und einen Ruf zu verlieren, er konnte nicht einfach so herumvögeln. Und hier auf dieser Raststätte würde er seine Quote sicher nicht verbessern. „Isst du das noch?“, riss Naruto ihn mit halbvollem Mund aus seinen Überlegungen und deutete auf Sasukes noch kaum berührten Teller. Als der Dunkelhaarige eine wegwerfende Geste machte, zog der Blonde den Teller zu sich und begann, diesen mit überglücklichem Gesicht zu vertilgen. Leicht angewidert sah Sasuke zu. Er hatte wohl noch nie jemanden gesehen, der sich so über etwas zu Essen gefreut hatte. „Kannst du nicht leise essen?“ „Was denn? Es schmeckt halt!“ „Es schmeckt nicht schlechter, wenn du den Mund schließt.“ Naruto verzog das Gesicht, tat aber, was von ihm verlangt wurde. „Sowas pingeliges wie dich habe ich auch noch nicht erlebt… Sagst du mir jetzt wenigstens, wie du heißt?“ Ohne von seinem Laptop aufzublicken, seufzte Sasuke. „Wieso sollte ich?“ „Immerhin fahren wir nachher ein ganzes Stück zusammen, da wäre es doch nett, zumindest das zu wissen, oder?“ Irritiert blinzelnd richtete er sich auf. „Du hast immer noch nicht aufgegeben?“ Naruto kratzte sich breit grinsend am Hinterkopf und rief: „Natürlich nich! Is sowas wie mein Lebensmotto oder so!“ Ein Lebensmotto… Natürlich hatte ein Kerl wie dieser so etwas, hätte Sasuke sich eigentlich denken können. Vermutlich träumte er zudem von einer Karriere als Rapper oder dergleichen. Solche Typen gab es wie Sand am Meer, und sie waren alle dumm wie Stroh. Nun, das war nicht sein Problem. „Ich betreibe keinen Taxiservice“, stellte Sasuke klar, der den Rest seines Wassers trank und sich nach der Kellnerin umsah, um zu bezahlen. „Und was arbeitest du dann? Muss ja wichtig sein, wenn du sogar in deiner Mittagspause daran sitzt“, stellte Naruto mit einem Nicken zum Laptop fest. Ob es wichtig war, konnte Sasuke nicht sagen, aber es war seine Arbeit, und er machte seine Arbeit immer gründlich. Zumal viele Jobs davon abhängig waren. Doch diese Art von Verantwortung kannte Blondie wohl nicht, sodass er sich nicht die Mühe machte, darüber zu sprechen. Zumal: „Das geht dich nichts an.“ „Aaaalter, du bist ja gesprächig wie ein Baum.“ „Du unterhältst dich mit Bäumen?“, fragte Sasuke süffisant nach. Wieso tat er das nicht gerade jetzt, anstatt ihm auf die Nerven zu gehen? „Und ein Korinthenkacker bist du auch! Das war nur nen Vergleich, ok?!“, motzte Naruto, als gerade die Kellnerin kam. Diese sah etwas verunsichert zwischen den beiden Männern hin und her und fiepte: „Ähm, zahlen Sie zusammen oder getrennt?“ „Ge…“, fing Sasuke an, wurde jedoch von seinem Stalker unterbrochen. „Zusammen.“ Schon hatte er das Portemonnaie gezückt und beglich die Rechnung mitsamt angemessenem Trinkgeld. Die Bedienung verabschiedete sich höflich und verließ den Tisch, sodass sie nicht hörte, wie Naruto sagte: „Ich hab doch gesagt, dass ich dich einlade, Mann. Als Entschuldigung, schon vergessen?“ „Hn.“ Sasuke klappte den Laptop zusammen und erhob sich. Von oben herab musterte er Blondie abweisend. „Ich nehme dich trotzdem nicht mit“, verkündete er und verließ das Restaurant. Hinter sich hörte er Naruto rufen: „Wer bedankt sich auch für eine Einladung?“, doch darauf reagierte er nicht. Unterwegs warf er einen Blick auf die Uhr, deren Stand er nicht so recht glauben wollte, sagte er doch, dass er fast eine Stunde mit Naruto dort gesessen haben sollte. Das konnte unmöglich sein. Er würde das dumme Ding zur Reparatur bringen lassen müssen. Draußen schlug ihm eine Welle heißer Luft entgegen, die ihn sich auf die Klimaanlage in seinem Wagen freuen ließ. Im Gehen zündete er sich eine Zigarette an, die er sich nach der letzten, anstrengenden Stunde wirklich verdient hatte. Jemand so aufdringlichen wie diesen blonden Querkopf hatte er wohl noch nie erlebt, und er hatte beruflich schon einige verrückte Leute kennengelernt. Und dann erwartete der allen Ernstes, dass Sasuke ihn mitnahm. Als würde er sich freiwillig eine weitere Stunde dieses Geplapper antun. „Rauchen ist schlecht für die Gesundheit.“ Sasuke schloss die Augen in der Hoffnung, sich das nur einzubilden, doch als er sie wieder öffnete, stand da natürlich trotzdem Naruto vor ihm, der ihn vorwurfsvoll anstarrte, als würde er seine Zigarette direkt auf dem Grab seiner geliebten Großmutter abklopfen. Provokativ blies der Schwarzhaarige ihm den Rauch mitten ins Gesicht. „Was du nicht sagst.“ Fluchend fuchtelte Naruto mit den Armen, um den Rauch zu verscheuchen. Sasuke nutzte die Gelegenheit, um weiterzugehen, doch Blondie gab noch immer nicht auf. „Du musst echt mal wieder richtig gepimpert werden, vielleicht wärst du dann nich mehr so ne verdammte Bitch.“ Abrupt blieb er auf dem Absatz stehen, wirbelte herum und sah sich Naruto direkt gegenüber, der ihm wieder nachgelaufen war und ihn jetzt aus nur wenigen Zentimetern Entfernung mit verdutzten Hundeaugen angaffte. „Du bist ein Fremder, der mich ungefragt auf einer Raststätten Toilette angequatscht hat und seitdem nicht mehr in Ruhe lässt. Ich schulde dir nichts, und du solltest froh sein, wenn ich dich nicht anzeige.“ Die Verblüffung des anderen legte sich viel zu schnell, stattdessen lächelte er süffisant. „Awww, hab ich da etwa einen Nerv getroffen…? Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass du so untervögelt sein sollst… Wobei, wenn du immer so ein Arschloch bist…“ „Halt die Klappe“, zischte Sasuke, der bedauernd zu der Zigarette hinabsah, die er in seinem Ärger auf den Boden gepfeffert hatte. Sich eine neue anzuzünden, hatte er jetzt aber keine Lust, sodass ein weiterer Punkt auf seiner Liste unverrichteter Dinge stand; er hatte nicht gegessen, nicht so viel gearbeitet wie geplant und nicht geraucht. Immerhin war er auf der Toilette gewesen… wobei er das lieber hätte sein lassen sollen, wenn er den Klammeraffen ansah, der ihm seither hinterher lief. Wütend darüber, so von diesem Fremden gereizt worden zu sein, stapfte er zu seinem Auto, stieg ein und legte den Laptop auf den Rücksitz, bevor er den Motor startete. Seine Hände krampften um das Lenkrad und er zwang sich, tief einzuatmen. Er hatte jetzt keine Zeit, sich mit so etwas zu beschäftigen, die Saison fing am nächsten Tag an und der Besuch bei seinen Eltern, von dem er gerade zurückkehrte, hatte schon genug Zeit gefressen. Doch Mikoto, seine Mutter, hatte darauf bestanden, ihn zu sehen, und jetzt war er im Verzug mit seiner Arbeit. Lästige soziale Pflichten… Endlich fühlte Sasuke sich ruhig genug, das Gaspedal durchzudrücken und den Rastplatz zu verlassen. Er steuerte den Wagen langsam aus der Parklücke und zwischen den anderen Autos durch, als er plötzlich eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnahm. Noch bevor er reagieren konnte, spürte er den Aufprall eines Körpers auf seinem Wagen. Die Vollbremsung ließ seine Reifen quietschen, doch die Gestalt, die zwischen zwei Motorhauben hervorgestürmt war, war trotzdem zu Boden gegangen. „Fuck“, zischte er und schnallte sich ab, um aus dem Auto zu kommen. Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, rannte er um seinen BMW, das Handy in der Hand, den Notruf schon fast getätigt… Als er einen blonden Haarschopf sah, der sich mühsam vom Asphalt kratzte. Echt jetzt? „Naruto…“ Grinsend, eine Hand an seinem Kopf, wandte er sich zu Sasuke um. „Stets zu Diensten… Autsch…“ „Du spinnst doch“, seufzte der Schwarzhaarige und kniete sich zu dem anderen. Immerhin hatte er diesen angefahren, ob er jetzt eine Nervensäge war oder nicht. Zum Glück sah Naruto nicht ernsthaft verletzt aus, was wohl daran lag, dass Sasuke langsam gefahren war. „Geht es dir gut?“ „Jaaa, ich bin unkaputtbar, keine… Aua!“, fiepte er, als Sasuke ihm einige Strähnen aus der Stirn strich, unter denen sich abgeschürfte Haut zeigte. Der Uchiha runzelte missbilligend die Stirn. „Das sehe ich... Aber es sieht nicht allzu schlimm aus. Soll ich einen Krankenwagen rufen?“, fragte er, zu seinem Handy nickend, das er neben sich auf den Boden gelegt hatte. „Ah, ich hab doch schon eine hübsche Krankenschwester… Aua!“ Sasuke hatte ihm eine Kopfnuss verpasst und klopfte sich den Staub von den Hosen. Wenn der Trottel schon wieder Scherze machen konnte, hatte er ihn vielleicht nicht fest genug getroffen. Verspätet beschleunigte sich sein Herzschlag und zum ersten Mal realisierte er richtig, was gerade passiert war. Ein Autounfall hatte ihm gerade noch gefehlt. Besorgt drehte er sich um, doch die Kühlerhaube des BMW schien genauso wenig Schaden genommen zu haben wie der Mann, der dagegen gesprungen war. Trotzdem sah er aus dem Augenwinkel zu Naruto, der sich etwas wackelig auf die Beine rappelte. Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können. „Sag mir bitte, dass das keine Absicht war.“ „Dann sag ich es halt nicht“, lachte der andere unbeschwert, wobei jedoch zu sehen war, wie er vor Schmerz leicht zusammenzuckte. Ganz so unzerstörbar war er dann wohl doch nicht. „Vollidiot“, schnaubte Sasuke, dann ging er zur Autotür. Seine Hände zitterten plötzlich und er fühlte sich seltsam losgelöst von seiner ganzen Umgebung. Dieser Verrückte hätte sich gerade – mit seiner Hilfe! – beinahe umgebracht. Ihm war völlig die Kontrolle entglitten, etwas, das er hasste, und alles nur wegen dieser strohdummen Blondine. Auf der Suche nach etwas Halt lehnte er sich an die Fahrertür, sah Naruto an und fragte: „Was ist das für ein Job, der dein Leben wert ist?“ Der Blonde beendete die Inspektion seiner Kleidung, um Sasuke anzugrinsen. „Na, mein Job eben!“ Was war das bitte für eine Antwort? Der Schwarzhaarige schnaubte genervt und sah über den Parkplatz hinweg, in dem Versuch, die Situation zu überdenken und sich zu beruhigen. Es war tatsächlich nicht viel los, was erklärte, warum Naruto keine Mitfahrgelegenheit gefunden hatte. So hatte niemand den Unfall gesehen. Wenn sein (freiwilliges) ´Opfer` auf eine Anzeige verzichtete, könnte er sich vielleicht wenigstens sparen, zur Polizei zu gehen. Und er konnte sich schon vorstellen, was dieser Dummkopf als Entschuldigung haben wollte. Eigentlich sträubte sich alles in ihm, zu glauben, dass jemand bereit war, so weit zu gehen, um ein Ziel zu erreichen (noch dazu, wenn dieses Ziel nur die Arbeitsstelle war), doch Blondie hatte es ja selbst zugegeben. „Hol deine Sachen“, verlangte Sasuke, dem die logische Konsequenz der Geschehnisse bewusst wurde. Hierlassen konnte er Naruto nämlich nicht, nachdem dieser angefahren worden war, egal, wie sehr er beteuerte, ´es sei gar nicht so schlimm`. Zumindest war Naruto inzwischen aufgestanden und hatte seine reichlich zerschundene Kleidung zurechtgezupft. „Huh?“ „Dein Gepäck“, explizierte Sasuke ungeduldig. „Wenn du nach Konoha ziehst, wirst du wohl welches dabei haben. Und beeil dich.“ „Du… Nimmst mich also mit? Echt jetzt?!“, strahlte Blondie und stürmte davon, als der Schwarzhaarige nickte. Als Sasuke den Wagen zur Seite fuhr, um den Weg nicht zu blockieren, fragte er sich, was er sich da eingebrockt hatte und ob er nicht doch lieber schnell das Weite suchen sollte, während sein frischgebackener Mitfahrer weg war. Doch da sah er Naruto bereits mit einem gigantischen Koffer auf den BMW zuhumpeln. Einem gigantischen Koffer – und einer fast genauso gigantischen Katze. Das Tier hatte langes, orangerotes Fell, bis auf zwei schwarze Streifen, die jeweils von der Nase zu den Ohren liefen. An deren Spitzen wiederum hatte es zwei lange Fellbüschel. Mal wieder wusste Sasuke für einen Moment nicht, was er sagen sollte. Wie schaffte Naruto das nur ständig? Schließlich brachte er perplex heraus: „Was ist das?“ Gerade so, als hätte das Tier ihn verstanden, legte es die Ohren an und starrte Sasuke aus rotbraunen Augen finster an, während es mit seinem Herren näherkam. Dieser hob den Fellberg hoch als wöge er nichts und streichelte ihm den Kopf. „Das ist Kurama. Kurama, das ist… Äh…“ Er lehnte sich etwas zurück, um das Nummernschild sehen konnte, und fuhr fort: „Das ist SU.“ Genervt rieb Sasuke sich über die Schläfe, während er unentwegt das Starren des Tieres erwiderte, bis dieses sich schließlich mit einer Art Grunzen auf Narutos Arm umdrehte. Dieser war begeistert: „Aw, er mag dich! Sonst beißt er Fremde immer… Du bist nämlich eine ganz, ganz böse Mizi, nicht wahr, Kurama…?“ Die ´böse Mizi` hatte für den grenzdebilen Tonfall, mit dem ihr Herrchen sprach, nur ein leises Knurren übrig. Allerdings machte sie keine Anstalten, ihn zu beißen oder sonst wie zu verletzen, als er die Finger durch ihr dichtes Fell gleiten ließ. Sasuke war nicht begeistert davon, dass Naruto ihm das Ungetüm einfach vor die Nase gehalten hatte, obwohl dieses scheinbar ganz gerne Mal die Zähne in Fremden versenkte. Aber da er Glück gehabt hatte, nützte es wohl nichts, sich zu beschweren. Außerdem wollte er endlich los, und es war nicht so, dass er keine Katzen mochte. Genau genommen kam er mit diesen Tieren besonders gut aus. Doch das hieß nicht, dass er eines von ihnen auf den Ledersitzen seines BMW haben wollte. „Du reist mit deiner Katze?“, fragte Sasuke weiter, da Naruto seine vorige Frage nicht verstanden zu haben schien. Kurama fauchte leise und sein Besitzer erklärte: „Er ist ein Kater“, als wäre das offensichtlich. „Darum geht es nicht“, stöhnte der Dunkelhaarige gereizt. „Ah, komm schon. Er ist stubenrein, und er bleibt die ganze Fahrt ruhig, versprochen.“ Irgendwie wartete Sasuke darauf, dass sein neuer Mitfahrer das als Scherz offenbaren würde, was er natürlich nicht tat. Also seufzte er, bedeutete Naruto, seine Sachen in den Kofferraum zu packen und startete den Motor, als er neben ihm saß, das haarige Ungetüm auf seinem Schoß. Ihm war unbegreiflich, wie es zu dieser Situation hatte kommen können. Er hatte nur seine Eltern besuchen wollen, und jetzt hatte er einen Mann über den Haufen gefahren und saß mit besagtem Mann und seiner Katze – Pardon: Kater – im Auto. Was für ein Tag. „Sagst du mir jetzt eigentlich endlich, wie du heißt?“, erkundigte Naruto sich nach viel zu kurzem Schweigen. Sasukes Puls hatte sich gerade erst wieder beruhigt. „Wieso sollte ich?“ „Damit ich dich später anzeigen kann“, feixte sein Beifahrer, hob aber abwehrend die Hände, als sein Fahrer ihn böse anstarrte. „Schon gut, reg dich ab. Ich wollte nur höflich sein.“ „Damit hättest du anfangen können, bevor du mich gestalkt hast.“ Naruto streichelte lachend seinen Kater, der sich auf seinem Schoß zusammengerollt hatte. „Aber jetzt verbringen wir ja mehr Zeit miteinander, da muss man sich doch unterhalten können!“ Der Fahrer beschleunigte etwas mehr als nötig, um einen LKW zu überholen. Wenn er wütend oder angespannt war, fuhr er immer zu schnell. „Aha.“ „Du bist echt anstrengend, weißt du das?“, jammerte der Blonde die Augen verdrehend. Sagte der Richtige, dachte Sasuke mit aufeinandergepressten Lippen, doch er sagte nichts. Ein paar Sekunden starrte Naruto ihn an, dann fuhr er fort: „Dann muss ich halt raten. Irgendwas mit S und U, deinem Nummernschild nach zu schließen…“ „Wie genau hast du mein Auto eigentlich angesehen?“ Naruto grinste ihn herausfordernd an – zumindest hielt Sasuke es für den Versuch einer Provokation, für ihn sah es jedoch eher dümmlich aus. „Als ich darunter begraben lag, hatte ich genug Zeit.“ „Du bist vor meine Motorhaube gesprungen“, zischte Sasuke, dem das Gestichel des anderen sekündlich mehr auf die Nerven ging. Sein anfängliches Schuldbewusstsein war bereits verflogen. „Du verstehst echt keinen Spaß, oder?“ Ihm war nicht ganz klar, was daran ´spaßig` sein sollte, jemand anderem beinahe einen Mord anzuhängen, doch hatte er jetzt keine Lust mehr, mit ihm zu reden, sodass er einfach nicht antwortete. Diesen Wink mit dem Zaunpfahl ignorierte Naruto jedoch, der munter weiter plapperte: „Ok, zurück zu deinem Namen. So, wie du dich benimmst, ist es bestimmt was Spießiges wie… Hm… Siegfried oder Ulrich oder…“ Eine Weile riet er weiter, die Aura schlechter Laune ignorierend, die von seinem Beifahrer aufstieg wie eine Giftwolke. Schließlich unterbrach Sasuke ihn, indem er zischte: „Du hältst nie die Klappe, oder?“ „Nicht, bis du mir deinen Namen sagst“, stimmte Blondie vergnügt zu. Dabei ließ er die Finger durch das Fell seiner Katze gleiten wie ein Superschurke. Sasuke würde nachher jemand hier drinnen staubsaugen lassen müssen. Er glaubte zwar nicht, dass Naruto wirklich still sein würde, doch die zunehmend absurderen Namensvorschläge nervten ihn so sehr, dass er: „Sasuke“, sagte. Der andere strahlte ihn selbstzufrieden an. „Na also, das war doch gar nicht so schwer, oder, Sasuke?“ Naruto kostet den Namen aus wie eine Trophäe. Der Angesprochene verdrehte die Augen und beschleunigte, was Kurama weckte, der bis dahin friedlich auf dem Schoß seines Herrchens geschlafen hatte. Mit einem Knurren stierte er zu Sasuke, als wüsste er, dass dieser dafür verantwortlich war, dass er geweckt worden war. Vor Ärger grub er Naruto die Krallen ins Bein, der aufjaulte: „Man, ich kann doch nichts dafür!“, und versuchte, seine Jeans zu befreien. Beleidigt sprang der riesige Kater auf den Rücksitz, wo er es sich, wie Sasuke im Rückspiegel sah, auf seinem Armani-Jackett bequem machte. Er verzog das Gesicht. So ein Mistvieh. „Warum steckst du ihn nicht in einen Katzenkorb?“, wollte Sasuke wissen, während er ein paar neidisch dreinblickende Papis in ihren Familienkutschen überholte. „Darauf steht er nicht besonders.“ Als Sasuke herablassend schnaubte, deutete Naruto entrüstet auf den Fellberg hinter sich, der gerade rote Haare auf einer Designerjacke verteilte. „Alter, hast du ihn gesehen?! Versuch du mal, so ein Ungetüm in einen Käfig zu stecken, wenn er nicht will. Mein Dad hatte den Trick raus... Aber mir ist es sowieso lieber, wenn er frei rumlaufen kann. Und er ist viel schlauer als andere Katzen. Auf Leckerli oder so fällt er nicht rein und er versteht jedes Wort, das wir sagen.“ Naruto hatte die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern gesenkt, doch sein Fahrer verdrehte nur die Augen. Das behauptete doch jeder Besitzer von seinem Haustier. Zumindest, soweit er das beurteilen konnte, denn er hatte nie ein Haustier besessen. Sein Vater war kein Fan von Vierbeinern im Haus, und als er seinen eigenen Haushalt führte, konnte er ebenso gut auf überall verteilte Haare verzichten. Zumal er sowieso keine Zeit hatte, sich um ein Tier zu kümmern, wie er mit einem Blick auf seine Armbanduhr bestätigte. Dank des rothaarigen Ungetüms und seines Herren war er spät dran, was er hasste. „Also, Sasuke…“ „Du wolltest die Klappe halten, wenn du meinen Namen weißt.“ „Ich sagte aber nicht, dass ich sofort still sein würde, nachdem ich ihn weiß, oder?“, feixte Naruto mit leuchtenden Augen. Hinter ihnen schnurrte der Kater stotternd, fast, als würde er lachen. Sasukes Geduld mit seinem Beifahrer war bereits deutlich strapaziert. Er spürte einen leichten Schmerz in der linken Schläfe, was bei ihm nie ein gutes Zeichen war. „Dir ist klar, dass ich dich einfach rausschmeißen könnte, oder?“ „Du dürres Krischperl?! Das will ich seh… Oh“, unterbrach Naruto sich überrascht, die Hand an Sasukes Arm, welchen er austestend drückte. Dabei spürte er unter dem dünnen Hemd definierte Muskeln, nur waren diese eben nicht so übertrieben aufgepumpt wie bei ihm selbst. Mit einem selbstgefälligen: „Hn“, schnippte Sasuke die Finger des anderen weg. „Und jetzt sei still.“ „Schon gut, schon gut… Hat es einen Grund, aus dem du so mies drauf bist?“, plapperte Blondie munter weiter drauf los. Sasuke warf ihm nur einen Blick zu, dann überlegte er, dass sie wohl noch etwas weniger als eine halbe Stunde unterwegs sein dürften. Er könnte die Nervensäge – und das Fellknäuel, das sein Jackett vollhaarte – tatsächlich rausschmeißen. Selbst zu Fuß könnten sie gegen Abend in der Stadt sein… Nicht, dass es sein Problem wäre, ob sie jemals ankamen. „Gesprächig biste wirklich nich…“, schmollte Naruto, der keine Antwort bekommen hatte, dann strich er über Sasukes Stirn, welche dieser gerunzelt hatte. „Weißt du, das man Falten bekommt, wenn man das zu oft macht?“ „Kann ich mir leisten.“ Kurz war es still im Wagen – Welche Wohltat! – Dann lachte Naruto so laut, dass seine Katze fauchend aus dem Schlaf hochfuhr und sich im Fußbereich der Rückbank versteckte. Sasuke schoss ihm einen finsteren Blick zu, ehe er sich ein amüsiertes: „Hn“, nicht verkneifen konnte. Es gab nicht viele, die so locker mit seiner überheblichen Direktheit klarkamen. Oft erlaubte er sich sowieso nicht, diese Seite von sich preiszugeben – er fragte sich, wie Naruto ihn so schnell dazu gebracht hatte, seine Mauer aus Distanziertheit zu durchbrechen. Schließlich war er es aus seiner Rolle als Geschäftsführer gewohnt, stets höflich und respektvoll zu sein, egal, wie dumm die Fragen seiner Kunden waren. Ähnlich verhielt er sich seiner Familie gegenüber. Einzig sein Bruder bekam ab und zu Sasukes ´zickige` Seite (So nannte es zumindest Itachi) zu sehen, doch der konnte damit umgehen. Was er wohl zu seinem heutigen ´Abenteuer` sagen würde? Wahrscheinlich fände er das alles höchst amüsant. Inzwischen hatte Naruto sich genügend eingekriegt, um kichernd hervorzustoßen: „Hätte nicht gedacht, dass neben deinem Stock im Arsch noch Arroganz Platz hat! Respekt!“ Sasuke verzog das Gesicht und sagte nichts dazu, weshalb der Blonde ihn gegen die Schulter knuffte. „Komm schon, das war nett gemeint. Humor ist wichtig!“ „Findest du? Merkt man kaum.“ Wobei ´Humor` wohl ein dehnbarer Begriff war. „Hehe, das gehört in meinem Job halt dazu.“ „Hm“, machte Sasuke, der keine Lust hatte, den Köder zu schlucken und weiter nachzufragen. Naruto kicherte noch hin und wieder, sagte aber nichts mehr. Stattdessen lehnte er sich ans Fenster uns beobachtete schweigend die Landschaft, sodass endlich Ruhe im Wagen einkehrte. Neben der Autobahn waren jetzt öfter Häuser zu sehen, und schließlich sah Sasuke endlich ihre Ausfahrt. Sie hatten Konoha erreicht. Und das, ohne das er seinem Beifahrer an die Gurgel gegangen wäre, das war doch etwas. Er warf Naruto aus dem Augenwinkel einen Blick zu, doch der Blonde war irgendwann während der letzten Minuten eingeschlafen, und er wollte nicht das Risiko eingehen, ihn zu wecken und sich dann wieder sein endloses Geplapper anhören zu müssen. Zwar hatte er nicht gesagt, wo genau er hin wollte, doch Sasuke wusste schon, wo er ihn absetzen würde. Auf dem Weg durch die Stadt stellte er fest, dass die Straßen des Ferienortes sich bereits mit jungen, zumeist halbnackten Leuten füllten, obwohl Saisonstart erst in zwei Tagen war. Noch saßen in den Straßencafés fast nur Einheimische oder Arbeiter von außerhalb bei einem frühen Abendessen, doch schon bald würde dieses Bild sich wandeln. Bevor es so weit war, hatte Sasuke noch viel zu tun, wovon ihn das Dornröschen auf seinem Beifahrersitz abgehalten hatte. Das würde wohl eine Nachtschicht bedeuten. Als sie an ihrem Zielort angekommen waren, parkte Sasuke und berührte Naruto an der Schulter, um ihn zu wecken. Er gab ein unwilliges Grunzen von sich, schälte sein Gesicht von der Fensterscheibe und starrte sein Gegenüber verschlafen an, als wüsste er überhaupt nicht, wo er sich befand oder wie er dorthin gekommen war. „Was´n…?“, murrte er und kratzte sich am Kinn, auf dem ein blonder Bartschatten spross. „Wir sind da. Hol deine Sachen und steig aus“, erklärte Sasuke gelassen. Noch immer verwirrt drehte Naruto sich um und erblickte das Krankenhaus, vor dem der Wagen stand. „Was?“ Da der Blonde das Offensichtliche scheinbar nicht verstand, erklärte sein Fahrer: „Du warst Opfer eines Verkehrsunfalls. Lass dich untersuchen. Dafür musst du aussteigen.“ „Willst du jetzt einen auf verantwortungsvoll machen?“, moserte Naruto, sich wieder nach Sasuke umdrehend. Inzwischen war wohl sein Kater erwacht, denn vom Rücksitz war ein leises Rascheln zu hören, ehe Kurama sich auf den Schoß seines Herren schwang. Dabei blickte er würdevoll aus dem Wagen, wie um die Umgebung zu inspizieren. „Damit bist du n bisschen spät dran, oder?“ Wegen der Kritik zuckte er nur die Schultern. Dann halt nicht. „Steig trotzdem aus.“ Naruto verzog das Gesicht und streckte sich. „Alter, das man so gut aussehen und so ein Arsch sein kann… Ich dacht immer, das wär n Klischee…“ „Hn… Funktionieren diese Sprüche eigentlich bei irgendwem?“, wollte Sasuke unbeeindruckt wissen. „Oh, meistens ziemlich gut, danke der Nachfrage.“ Naruto grinste ihn an, und irgendwie glaubte Sasuke ihm, obwohl er mit seinem struppigen Dreitagebart, der blonden Mähne, die dringend einen Friseur brauchte, und den orangen, etwas schmuddeligen Achselshirt so überhaupt nicht sein Typ war. Von seinem Hang, ständig zu reden, mal ganz abgesehen. Er hatte etwas Einnehmendes, in all seiner nervigen Lautstärke, sonst hätte er Sasuke wohl kaum dazu gebracht, mit ihm zu reden, geschweige denn, ihn mitzunehmen. Als er keine Antwort bekam, seufzte der Blonde, packte seinen (leise knurrenden) Kater am Bauch und stieg aus. Dabei lehnte er sich jedoch nochmal ins Wageninnere und funkelte seinen Fahrer herausfordernd an. „Bist du dir sicher, dass du keine Belohnung haben willst?“ Die größte Belohnung würde sein, endlich seine Ruhe zu haben, aber er hatte jetzt keine Lust mehr auf dämliche Wortgefechte, sodass er schlicht nickte. „Na gut…“, mümmelte Naruto so enttäuscht, dass Sasuke sich fragte, wie oft er einfach so Leute auf der Straße aufriss. Noch etwas, das er überhaupt nicht mochte; Sprunghaftigkeit. „Aber du hättest bestimmt auch deinen Spaß, Sasuke…“ „Wenn du nicht endlich dein Zeug aus dem Kofferraum holst, fahre ich damit weg.“ Die Männer sahen sich in die Augen, bis der Blonde das Gesicht verzog. „Oh, schon gut! Ich hab´s kapiert, du bist einer von den Bösen. Dann halt nicht!“ Damit knallte er die Beifahrertür zu und holte sein Gepäck. Sasuke verdrehte die Augen und startete den Motor, fuhr allerdings nicht direkt los. Stattdessen beobachtete er Naruto, der sein Handy aus der zerschlissenen Jeans gezogen hatte und auf jemanden am Hörer einredete. Der Trottel sah ganz und gar nicht danach aus, als würde er das Krankenhaus betreten, obwohl er vor nicht mal zwei Stunden angefahren worden war… Ungeduldig sah er geradeaus, schloss die Finger fest ums Lenkrad, und öffnete schließlich das Beifahrerfenster. „Naruto.“ Dieser blickte auf, scheinbar erstaunt, den BMW noch zu sehen, und legte den Kopf fragend schief. „Lass dich untersuchen“, befahl Sasuke, dann drückte er das Gaspedal durch. Im Rückspiegel sah er seinen unfreiwilligen Beifahrer grinsend winken, und er bildete sich ein zu sehen, wie seine Lippen: „Danke, du Bastard!“, formten, ehe er hinter der nächsten Biegung verschwand. Sasuke rieb sich entnervt über die Augen und bekam plötzlich unbändige Lust auf eine Zigarette. Zum Glück hatte er diesen Volltrottel zum letzten Mal gesehen. You never say ´Hey` Or ´Remember my Name` And it´s probably cause You think you´re cooler than me Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)