Raupe im Neonlicht von Noxxyde ================================================================================ Kapitel 6 --------- Was zuletzt geschah: Im Tausch gegen ein reichhaltiges Frühstück, führt Jonas ein klärendes Gespräch mit Erik, bis dieser beschließt, seinen Mund lieber anderweitig zu nutzen. Kurz darauf verlässt Jonas Eriks Wohnung, das Datum für sein erstes echtes Sexdate und eine Menge Zweifel im Kopf.   Kapitel 6 Dichte Wolken, hereinbrechende Nacht und flackernde Straßenlaternen wuschen jede Farbe aus den Straßen, ließen die eigentlich vertraute Gegend fremd erscheinen. Jonas warf einen Blick auf sein Handy. Er war gute zwanzig Minuten zu früh und hatte keine einzige Nachricht, die ihm einen Vorwand zum Trödeln gab. Maria schwieg seit einem kurzen Telefonat am Anfang der Woche und Jonas fürchtete, sie mit seinem aktuellen Dauerthema ‚Scheiße, ich werde wirklich und wahrhaftig mit nem Kerl ficken‘ endgültig verschreckt zu haben. Um Wiedergutmachung bemüht, schrieb er:   Du, 17:38 Uhr alles okay bei dir?   Du, 17:38 Uhr hab ganz schön viel über mich gequatscht in letzter zeit   Du, 17:38 Uhr sorry dafür   Du, 17:39 Uhr ich weiß, du hast eh schon stress genug   Du, 17:39 Uhr dafür weißt du hoffentlich, dass du mich immer anrufen kannst   Du, 17:39 Uhr wollt ich bloß noch mal klarstellen   Nachdem Jonas fünf Minuten am Straßenrand gelungert und vergebens auf eine Antwort gewartet hatte, steckte er sein Handy weg, versuchte, das flaue Gefühl in seinem Magen zu ignorieren und klingelte. Der Türöffner summte innerhalb weniger Sekunden. „Du bist früh dran.“ Erik ließ Jonas in seine Wohnung. „Daraus kann ich wohl schließen, dass du mehr Interesse an mir hast als damals an dem Job im Tix.“ Eine altbekannte Röte stieg in Jonas‘ Gesicht. „Bild dir mal nicht zu viel darauf ein!“ „Ah, da musst du dir bei mir keine Sorgen machen.“ Heute war Erik kein sorgloser Philosophiestudent. Seine Brille war verschwunden, das dunkelgraue Hemd saß perfekt und die zurückgebundenen Haare gaben seinen Zügen eine einschüchternde Strenge. Von der kumpelhaften Vertrautheit, die er bei ihrer letzten Begegnung ausgestrahlt hatte war nichts übriggeblieben. In der Hoffnung, seine Nervosität zu verbergen, wandte Jonas ihm den Rücken zu und hängte seine Jacke an die Garderobe gegenüber der Küche, wurde jedoch zurückgehalten, als er diese betreten wollte. „Heute nicht.“ Eriks Hand legte sich auf Jonas‘ Rücken und drängte ihn mit sanfter Bestimmtheit den Gang entlang. Auf der linken Seite erspähte Jonas ein geräumiges Wohnzimmer, vollgestellt mit Bücherregalen und einer beeindruckenden DVD-Sammlung, dazu eine gemütlich aussehende Couch und einen Fernseher, über dessen Größe sein Vater Freudentränen vergießen würde. Offensichtlich war aber auch das nicht Eriks Ziel, denn er führte Jonas zu der Tür gegenüber, hinter der sich ein Schlafzimmer verbarg. Wie der Rest der Wohnung, war es schlicht und freundlich gehalten; ordentlich, ohne pedantisch zu wirken. Anders als die Küche, hatte es jedoch etwas eigentümlich Unpersönliches an sich, war eher Hotelzimmer als privater Rückzugsort. Jonas‘ Blick blieb an Eriks Bett hängen. Kein Doppelbett, aber groß genug, um zwei Erwachsenen Platz zu bieten und mit den schwarzen Satinlaken der einzige dunkle Fleck in der sonst hellen Einrichtung. Seine Finger strichen über den glatten Stoff. Plötzlich war sein Mund wie ausgetrocknet. Die ganze Woche hatte eine Fantasie die andere abgelöst, aber jetzt hier zu stehen, in der Realität, war etwas völlig anderes. „Nervös?“ Vermutlich war Erik von einem radioaktiv verseuchten Psychiater gebissen worden und konnte seither Gedanken lesen. „Ein bisschen“, gab Jonas zu. Erik nahm Jonas‘ Hände in seine, hauchte zarte Küsse auf die Fingerspitzen. „Wir tun nichts, was du nicht willst. Und wenn du lieber nur reden möchtest, ist das auch in Ordnung. Oder falls die lieber wieder gehen willst …“ „‘Nen Scheiß will ich!“ Vehement schüttelte Jonas den Kopf. „Aber was zu trinken wär ganz nett.“ „Cola? Oder lieber Red Bull?“ „Warm und abgelaufen?“ „Frisch gekauft und kaltgestellt. Allerdings küsse ich niemanden, der nach diesem Zeug stinkt.“ „Lügner“, neckte Jonas. „Du konntest letztes Mal gar nich‘ genug von mir bekommen.“ „Welpenschutz“, erwiderte Erik ungerührt. „Den wirst du heute nicht mehr genießen.“ „Dann lieber Cola.“ Erik verschwand ums Eck, um die Getränke zu holen und Jonas nutzte die Gelegenheit, sich auf das Bett zu kuscheln. Es war weich und kühl, aber Erik musste es frisch bezogen haben, denn es roch lediglich dezent nach Weichspüler, anstatt den Duft nach Sonne und Holz zu verströmen, den Jonas inzwischen fest mit ihm verband. Er schloss die Augen und öffnete sie erst wieder, als er eine Bewegung neben sich wahrnahm. Erik hatte sich zu ihm gelegt, studierte sein Gesicht und lächelte, als hätte er gefunden wonach er gesucht hatte. Sanft zog er Jonas zu sich, seine Lippen strichen so zärtlich über dessen Haut, dass er die Berührung mehr ahnte als spürte. „Fühlst du dich wohl?“ „Schon. Bin aber immer noch scheißnervös.“ Eriks legte eine Hand auf Jonas‘ Brust. „Mhm. Merke ich.“ „Ja, ja. Verarsch mich n-Ah!“ Jonas quietschte auf und versuchte kichernd, Eriks Fingern zu entgehen, die sich in seine empfindlichen Seiten gruben. „Kitzlig?“ „N-ah …“ Jonas strampelte verzweifelt, doch rasch wurde ihm klar, dass er keine Chance hatte, dem eisernen Griff um seine Taille zu entkommen. Also ging er zum Gegenangriff über. „Hey!“, protestierte Erik lachend. Mit einem gut getimten Schubs gelang es Jonas, Erik auf den Rücken zu rollen und sich auf ihn zu setzen. „Ha!“ „Gnade!“, flehte Erik und unternahm einen halbherzigen Befreiungsversuch. „Sorry, falsches Safeword.“ „Ah, verflucht.“ Eriks Lachen war ansteckend. So ansteckend, dass Jonas für einen Augenblick unachtsam wurde. Prompt landete er unsanft neben Erik, das Gesicht in das weiche Kopfkissen gedrückt, seine Hände hinter seinem Rücken fixiert. „Fuck!“ „Sorry, falsches Safeword.“ „Du mich auch“, nuschelte Jonas ins Kissen. „Da wir gerade beim Thema sind …“ Erik gab Jonas‘ Handgelenke frei, aber Jonas machte keine Anstalten, sich aufzusetzen. Das Gewicht auf seinem Körper fühlte sich ziemlich gut an. „Hast du dir überlegt, welches du verwenden willst?“ Jonas drehte den Kopf ein Stück, um Erik ansehen zu können. „Dachte an Ampelcode“, schlug er schüchtern vor. „Du weißt schon, grün für ‚gut so, mach weiter‘, gelb heißt ‚nich‘ so wild‘ und rot ‚jetz‘ is‘ aber wirklich mal gut hier‘.“ „Ah. Das wäre tatsächlich auch mein Favorit.“ „Warum hast du’s dann nich‘ gleich vorgeschlagen?“ „Du bist derjenige, der sich im Notfall daran erinnern muss.“ „Oh.“ Eriks Hände, die Jonas bis eben noch streng an seinem Platz gehalten hatten, waren dazu übergegangen, seine angespannten Muskeln in Nacken und Schultern zu lockern. „Dann is‘ mein Vorschlag, das Ganze in ‚Dunkeloliv‘, ‚Straßenköterblond‘ und ‚Dahlienpurpur‘ umzubenennen vermutlich keine gute Idee.“ „So charmant ich das fände, lange Wörter versteht man durch einen Knebel immer ganz schlecht.“ „Knebel, hm? Is‘ das der Plan für heut?“ Erik lachte. „Ich will ja nicht die Spannung aus dem Treffen nehmen, aber sofern du nicht darauf bestehst, würde ich mit sowas ganz gerne warten, bis wir uns ein bisschen besser kennengelernt haben.“ Jonas war sich nicht sicher, ob es Enttäuschung oder Erleichterung war, die er spürte. Vielleicht war es auch einfach nur das angenehme Prickeln, das Eriks Hände durch seinen Körper sandten. Solange er so weitermachte, konnten sie auch einfach den ganzen Abend mit Quatschen verbringen. „Und gerade, weil wir uns fast nicht kennen – und unser erstes Treffen doch arg verbesserungswürdig war“, fuhr Erik fort, „würde ich gerne zusätzlich noch mit nonverbaler Bestätigung arbeiten. Einfach, um uns beide so gut wie möglich abzusichern.“ „Ich hab keine Ahnung wovon du sprichst, aber ich bin ganz Ohr.“ „Das ist eine Möglichkeit für mich, gelegentlich zu prüfen, ob bei dir alles in Ordnung ist, ohne aus dem Spiel auszusteigen.“ Erik legte eine Hand an Jonas‘ Wange und strich mit dem Daumen über dessen Lippen. Instinktiv hauchte Jonas einen Kuss darauf. Für diese Reaktion erntete er ein Schmunzeln. „Das ist eine nonverbale Bestätigung. Wenn du meine Finger küsst, weiß ich, dass alles in Ordnung ist. Reagierst du nicht oder drehst den Kopf weg, werde ich abbrechen.“ „Und wenn ich reinbeiße?“, fragte Jonas schelmisch. „Ah, solange kein Blut fließt, werte ich das als gutes Zeichen.“ Erik rutschte von Jonas‘ Rücken und zog ihn in seine Arme. Seine Lippen waren weich und zärtlich, aber Jonas konnte das Verlangen dahinter fühlen. „Immer noch nervös?“ „Ein bisschen. Aber auf ‘ne gute Art. Also eher, ähm … vorfreudig?“ „Sehr schön. Dann steh auf.“ Gänsehaut kroch über Jonas‘ Arme, Eriks Tonlage hatte sich verändert. Tief, rau, keinen Widerspruch duldend. Mit zittrigen Knien glitt Jonas vom Bett. Erik setzte sich an das Fußende, deutete vor sich. „Hierher.“ Langsam begab sich Jonas an die Position, die ihm gezeigt wurde, starrte auf seine eigenen Füße und widerstand der Versuchung, einen rückversichernden Blick auf Erik zu werfen. Bisher war nichts passiert und dennoch pochte sein Herz wie verrückt. „Sehr gut“, lobte Erik und Jonas konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. „Jetzt zieh dich aus.“ Lediglich Jonas‘ Blutgefäße reagierten sofort, erweiterten sich und ließen seine Wangen glühen. Er realisierte, dass Erik ihn noch nie völlig nackt gesehen hatte. Mit einem Mal hatte er all die kleinen Unzulänglichkeiten vor Augen, die ihn mal mehr, mal weniger störten. Wie durch einen Spiegel sah er seinen Körper, der es bis zu diesem Tag nicht geschafft hatte, nach dem letzten heftigen Wachstumsschub sein Gewicht an seine Größe anzupassen. Seine Arme und Beine waren zu dürr, Rippen, Schlüsselbein und Hüftknochen stachen deutlich hervor. Dazu der große Leberfleck knapp oberhalb seines Bauchnabels und seine Knie, die irgendwie knubbelig und alles andere als erotisch waren. Selbst die Tätowierung auf seiner Brust, die er bisher nie bereut hatte war ihm plötzlich unangenehm. ‚Jetzt reiß dich mal zusammen!‘, schalt Jonas sich selbst. Erik hatte seinen Schwanz im Mund gehabt und ihn mit heruntergelassener Hose über einen Tisch gebeugt gesehen. Dagegen war so ein kleiner Striptease am Sonntagabend doch harmlos. Scheiße, immerhin hatte Erik diesem Treffen zugestimmt. Das wäre kaum der Fall gewesen, wenn er Jonas abstoßend fände. Der leise Zweifel blieb, aber Jonas konnte ihn weit genug abdrängen, um seinen Körper in Bewegung zu versetzen. Fahrig tasteten seine Finger nach dem Saum seines Oberteils. Sie waren eiskalt und fühlten sich fremd auf seiner Haut an, der dicke Stoff betäubte für wenige Augenblicke Jonas‘ Sinne, als er ihn über seinen Kopf zog. Der oberste Knopf seiner Hose klemmte, wollte sich nicht öffnen lassen, bis er wütend daran zerrte und ihn beinahe abriss. Mit derselben Bewegung, mit der er seine Hose auszog, streifte er seine Socken von den Füßen. Nun waren nur noch seine Boxershorts übrig. „Alles?“ „Alles.“ Bevor er zu viel darüber nachdenken konnte, entledigte sich Jonas auch diesem Stück Stoff, dieser letzten Barriere zwischen seinem nackten Körper und der Außenwelt. Entschlossen kickte er sie in eine Ecke. Das Zimmer war kühl. Nicht unangenehm, aber es reichte als beständige Erinnerung daran, dass seine Kleidung auf dem Boden verstreut lag. Jonas glaubte, Eriks prüfenden Blick auf seinem Körper zu spüren. Die Sekunden zogen sich. „Dreh dich um.“ Mit vor Anspannung steifen Muskeln, folgte Jonas Eriks Anweisung. Er zitterte, sein Atem ging flach. Das Bett knarzte. Jonas fuhr zusammen, als sich Eriks Hände unvermittelt auf seine Schultern legten. Sie waren sanft, aber kalt. „Das machst du sehr gut.“ Eriks Hand wanderte von Jonas Schulter nach oben, strich zärtlich über seinen Hals, seine Wange, seine Lippen. Jonas küsste Eriks Fingerspitzen. Er fühlte Eriks Nähe, seine Wärme und es kostete all seine Willenskraft, sich nicht einfach in dessen Arme zu werfen und fest an sich zu pressen. Erik fuhr damit fort, Jonas‘ Körper zu erkunden, doch seine Berührungen hatten ihre ursprüngliche Zärtlichkeit verloren, waren zielstrebig und distanziert – beinahe medizinisch. Kein Zentimeter Haut wurde ignoriert. Erik ließ Jonas die Füße anheben, um seine Sohlen zu begutachten, kniff in seine Brustwarzen, wog Hoden und Penis in den Händen und zog, zu Jonas‘ beschämtem Entsetzen, sogar seine Pobacken auseinander, um einen Blick dazwischen zu werfen. Bald fühlte sich Jonas wie Vieh, das zum Verkauf ausgeschrieben worden war und gerade, als er glaubte, diese Erniedrigung keinen Moment länger ertragen zu können und sich der Kloß in seinem Hals nicht mehr schlucken lassen wollte, hauchte Erik einen zarten Kuss auf seinen Nacken. „Du hast einen umwerfenden Körper. Wir beide werden viel Spaß miteinander haben.“ Die Hände, die sich erneut auf Jonas legten, untersuchten ihn nicht länger, sondern verwöhnten ihn. Ein warmer Mund kam hinzu, liebkoste Jonas‘ Nacken knapp unterhalb des Haaransatzes und bald betete Jonas, Erik möge sich schneller zu den verfänglicheren Körperpartien vorarbeiten. Doch der ließ sich durch Jonas‘ zunehmende Rastlosigkeit nicht aus der Ruhe bringen, hielt sich extralange an dessen Hals auf, nachdem seine Zunge Jonas ein leises Stöhnen entlockt hatte, bevor er sich anderen Körperpartien zuwandte. Jonas‘ Brustwarzen entpuppten sich als überraschend unsensibel und als Erik nicht die erwünschte Reaktion erntete, wanderte er rasch weiter. Dafür entdeckte er Stellen, deren Empfindsamkeit Jonas bis dahin überhaupt nicht bewusst gewesen war. Ein sanftes Streicheln der Innenseite seiner Ellenbogen sandte Gänsehaut über beide Arme, die Nerven knapp unterhalb seiner Ohren schienen direkt mit denen seiner Lenden verbunden zu sein. Und dann war das noch die kleine Erhöhung seines Steißbeins. Ein vorfreudiges Prickeln breitete sich in Jonas‘ Magen aus, als Eriks Finger darüberstrichen, verwandelte sich in enttäuschte Leere, als sie sich wieder zurückzogen. „Erinnerst du dich an die Aufgabe, die ich dir gestellt hatte?“ „Japp.“ „Antworte in ganzen Sätzen.“ Binnen Sekunden, war Eriks Ton von warm und verständnisvoll zu kühl und tadelnd umgeschlagen. „Ich erinnere mich an die Aufgabe, die du mir gestellt hast“, flüsterte Jonas heiser. „Wie lautete sie?“ „Ich … Ich soll dir zwei Fantasien von mir nennen. Eine, die ich vielleicht irgendwann mal erleben will und die andere …“ Jonas schluckte. „Die andere sollte eine sein, die ich in naher Zukunft ausleben möchte.“ „Erzähl mir die zuerst.“ Jonas öffnete seinen Mund, um endlich all die Bilder aus seinem Kopf herauszulassen, aber kein Wort kam über seine Lippen. Er konnte es nicht, konnte Erik nicht erzählen, was er so viele Jahre vor anderen verheimlicht hatte. Zitternd stand er da, starrte auf die hölzerne Schrankwand vor ihm, auf den daran aufgehängten Bademantel und hasste sich selbst für seine Feigheit. „Wir sind zusammen in diesem Zimmer.“ Eriks Stimme, direkt neben Jonas‘ Ohr, seine Hände auf seinen Hüften. „Du kniest vor mir. Nackt. Siehst mich mit deinen unschuldigen Bambi-Augen an. Deine Hände sind hinter deinem Rücken verschränkt. Nicht, weil ich sie dort fixiert habe, sondern weil du weißt, dass ich sie mir dort am besten gefallen.“ Jonas schloss die Augen, sah sich selbst vor Erik knien, so wie er es ihm eben beschrieben hatte. Eriks Hand rutschte tiefer und Jonas keuchte auf. Sie lag auf seinem Steißbein, schob sich allmählich weiter nach unten. „Du erwartest meinen Befehl, aber ich schweige.“ Jonas wusste nicht, wie lange er sich noch auf den Beinen würde halten können. „Ich sehe deine Erregung, sehe die Hoffnung in deinen Augen, dass ich dir heute Befriedigung verschaffe.“ Stille umhüllte Jonas. Alles was er hörte, war sein flacher Atem und das Blutrauschen in seinen Ohren. Alles was er fühlte, waren Eriks neugierige Finger. Seine Zunge bewegte sich, bevor er sie bändigen konnte. „Wie geht’s weiter?“ Eriks Hände verschwanden von seinem Körper, aber bevor sich Jonas entschuldigen, ihn anflehen konnte, nicht abzubrechen, hatte Erik ihn zu sich herumgedreht und in eine feste Umarmung geschlossen. Er flüsterte: „Das finden wir ein anderes Mal heraus.“ Jonas sank in Eriks Arme. In seinem Kopf tobte Chaos. Erregung, Anspannung, Scham und Zuneigung. Einzeln oft schon kaum zu ertragen, wogten sie über Jonas hinweg und er konnte nichts anderes tun als sich an Erik zu klammern und zu warten, bis der Sturm abflaute. „Bist du in Ordnung?“, erkundigte sich Erik nach einer Weile leise. „Denk schon.“ Jonas murrte enttäuscht, als Erik sich ihm entzog, doch gleich darauf wurde er in den flauschigen Frotteestoff des Bademantels gehüllt, den er zuvor angestarrt hatte. Allmählich klärte sich sein Kopf; er nahm seine kalten Zehen und Fingerspitzen wahr, Eriks Hände auf seinem Rücken, die die Wärme des Bademantels verstärkten und schließlich das unangenehme Kratzen in seinem Hals. „Fuck, hab ich ‘nen Brand!“ Erik ließ sein herzliches Lachen hören. „Deine Cola steht auf dem Nachttisch. Vielleicht nicht mehr ganz so gut gekühlt, aber ich vermute, das ist jetzt eher zweitrangig.“ Jonas hörte ihm nur mit einem halben Ohr zu, sobald er die Dose erspäht hatte, stürzte er sich darauf und leerte sie mit zwei großen Zügen nahezu vollständig. Sein Durst war gestillt, dafür brannte die Kohlensäure in seiner Speiseröhre. Er hustete. „Shit.“ Unfreiwillig an ihre erste Nacht und den missratenen Blowjob erinnert, stellte er die Dose rasch ab und räusperte sich, in der Hoffnung einen weiteren Hustenanfall unterdrücken zu können. Erik hatte es sich auf dem Bett bequem gemacht, lehnte mit dem Rücken an einem der großen Kissen. „Komm, setz dich zu mir.“ Nach kurzem Zögern folgte Jonas Eriks Aufforderung, hielt aber Abstand und blieb still. Erik beobachtete ihn aus den Augenwinkeln. „Willst du gerade keine Nähe, oder traust du dich nicht?“ „Ich … keine Ahnung“, murmelte Jonas. „Vielleicht ein bisschen was von beidem.“ Er verstand gerade sehr wenig von dem, was in ihm vorging. „Wenn du nicht willst, ist das natürlich völlig in Ordnung, aber mach bitte nicht den Fehler, die Rollen, die wir im Spiel einnehmen, darüber hinauszutragen.“ Ein fast schon zurückhaltendes Lächeln erschien auf Eriks Gesicht. „Ich persönlich kuschle hinterher ziemlich gern.“ Eriks Lächeln war ansteckend und Jonas fühlte, wie sich seine Schultern entspannten und der Stein in seinem Magen etwas leichter wurde. „Wenn du das so sagst, muss ich diese Einladung ja annehmen.“ Mit Schwung rollte sich Jonas zur Seite und halb auf Erik, der überrascht auflachte und ihn an sich drückte. Schweigend lagen sie sich in den Armen, Eriks Fingerspitzen kreisten über Jonas‘ Rücken, Jonas lauschte Eriks gleichmäßigen Herzschlägen. „Das war echt krass“, nuschelte Jonas, als er genug von der Stille hatte. „War es denn ungefähr das, was du erwartet hattest?“ „Nee!“ Eilig ergänzte Jonas: „Das mein ich aber positiv! Also … Ich mein … es war viel intensiver als ich erwartet hatte … Scheiße, es ist ja eigentlich nix passiert und trotzdem bin ich total fertig … aber es war echt krass geil.“ Jonas fühlte Eriks Körper unter sich beben und wusste, dass er verzweifelt versuchte, nicht laut zu lachen. „Hey! Ich öffne mich dir hier grad! Würdige das gefälligst!“ „Entschuldige“, schnaufte Erik. „Ist nicht böse gemeint. Ich mag deinen Enthusiasmus.“ Er küsste Jonas. Lang. Gefühlvoll. „Du warst fantastisch.“ „Ich hab doch nix gemacht, außer rumzustehen“, wehrte Jonas ab, auch, wenn er sich insgeheim über Eriks Worte freute. „Du hast dich auf mich eingelassen. Da gehört eine Menge dazu. Außerdem“, Erik knabberte sanft an Jonas‘ Ohr, der kichernd versuchte, dem unangenehmen Kitzeln zu entkommen, „bist du unglaublich heiß.“ Bei seinem Fluchtversuch hatte sich Jonas halb auf den Bauch gerollt. Jetzt spürte er Eriks Gewicht auf sich. Und noch mehr. „Du bist hart.“ „Was erwartest du?“, fragte Erik amüsiert. „Habe ich dir nicht eben gesagt, wie heiß ich dich finde? Und jetzt liegst du unter mir, nur in einen Bademantel gehüllt. Natürlich werde ich da hart.“ Jonas drehte den Kopf, um Erik anzusehen. „Und was machen wir da jetzt?“ Er saugte die Luft ein. Da war wieder dieser Blick, dieses Lächeln. Unwissentlich hatte er Runde Zwei eingeläutet. „Erinnerst du dich noch an die Haltung, die ich dir vorhin beschrieben habe?“ „Japp.“ Rasch räusperte sich Jonas. „Ich erinnere mich daran.“ „Zieh den Bademantel aus und nimm sie ein.“ Jonas legte den Bademantel ordentlich gefaltet über das Fußende des Betts und kniete sich auf den Boden. Der kleine, vor dem Bett ausgelegte Teppich war dick und weich, sehr zur Freude von Jonas‘ Knien. Er nahm die Arme hinter den Rücken und schlug den Blick nieder, bis ihm einfiel, dass er Erik in dessen Beschreibung angesehen hatte. Schüchtern sah er auf. „Sehr schön.“ Erik ließ sich Zeit, betrachtete Jonas’ nackten Körper mit unverhohlener Erregung. Unvermittelt erhob er sich, umrundete Jonas gemächlich, schlich um ihn herum, wie ein Jäger um die Beute. „Du bist hier, um mich zu befriedigen und ich werde dir jetzt beibringen, wie.“ Er beugte sich hinunter, seine Finger strichen über Jonas‘ Lippen, der ohne darüber nachzudenken einen Kuss darauf hauchte. „Heute wirst du lernen, wie du mir mit deinem Mund zu Diensten sein kannst.“ Er zog eine Braue hoch. „Verstanden?“ „Verstanden“, murmelte Jonas nervös. Sein Hirn raste um die Frage, was Erik von ihm verlangen würde. Das letzte Mal hatte sich dieser deutlich zurückgehalten und dennoch hätte Jonas dank seines eigenen Übereifers beinahe ein Wiedersehen mit seinem Abendessen gefeiert, an die darauffolgende Panik wollte er gar nicht erst denken. Er erinnerte sich an all die Pornos, die er in den letzten Jahren konsumiert hatte, die Härte, die Brutalität. Es war aufregend dabei zuzusehen, aber er war sich nicht sicher, ob er bereit war, das im realen Leben und an seinem eigenen Körper zu erfahren. Erik hatte von irgendwoher – und Jonas hatte nicht die geringste Ahnung, woher – ein Kondom gezaubert und hielt es ihm vor die Nase. „Streif es mir über. Das ist ab jetzt immer deine Aufgabe.“ „Verstanden.“ Nicht weniger zittrig als bei ihrer ersten Begegnung, öffnete Jonas Eriks Hose, riss die Kondomverpackung auf, ließ dabei beinahe deren Inhalt fallen, schaffte es irgendwie, das Kondom richtigrum aufzusetzen und rollte es ab. Er fühlte sich schrecklich ungeschickt und fragte sich permanent, wie Erik bei diesem Unvermögen seine Erektion aufrechterhalten konnte. Zaghaft blickte er auf. Erik erwiderte seinen Blick, den Hauch eines Lächelns auf den Lippen. „Weiter.“ Jonas öffnete seinen Mund so weit er konnte, versuchte Eriks Glied möglichst tief in sich aufzunehmen. „Warte.“ Erik packte Jonas‘ Nacken, nicht schmerzhaft, aber bestimmt. „Geh nicht gleich in die Vollen. Benutz erst nur deine Zunge. Fang langsam an, arbeite dich vor.“ „Verstanden.“ Jonas bemühte sich, Eriks Erklärung umzusetzen, küsste zunächst den eher unempfindlichen Schaft und arbeitete sich gemächlich zu der sensiblen Spitze vor. „Das machst du sehr gut.“ Eriks Stimme hatte sich verändert, war weicher, genussvoll. Noch immer lag seine Hand an Jonas‘ Nacken, aber er machte keine Anstalten, dessen Bewegungen in irgendeiner Form zu steuern. „Ich wusste, dass du Talent hast“, gurrte er. „Deine Lektion für heute ist nicht, eine perfekte Leistung abzuliefern, sondern zu lernen, auf meine Reaktionen zu achten und herauszufinden, was mir gefällt.“ Jonas gab sein Bestes, probierte alle Varianten, die ihm in den Sinn kamen und von denen er glaubte, dass sie sich gut anfühlen mussten. Er achtete auf jedes Geräusch, das Erik von sich gab und sein Magen kribbelte selbst beim leisesten Stöhnen. Seine Hand wanderte zu seiner eigenen Erektion. Eine Bewegung, die Erik nicht entging. „Habe ich dir erlaubt, dich anzufassen?“ Rasch verschränkte Jonas seine Arme wieder hinter seinem Rücken. „‘Tschuldigung.“ „Ausnahmsweise sehe ich darüber hinweg, aber so nachsichtig bin ich heute zum letzten Mal. Nimm ihn jetzt tiefer in den Mund.“ „Verstanden“, nuschelte Jonas. „Und sieh mich dabei an.“ Jonas zwang sich, auch dieser Aufforderung zu folgen und hob scheu den Blick. Die Lust in Eriks Augen belohnte seinen Gehorsam. Es entpuppte sich als verflucht schwierig, mit hinter dem Rücken verschränkten Armen den Kopf vor und zurück zu bewegen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Das Kitzeln in Jonas‘ Rachen war unangenehm und er schämte sich für die obszönen Schmatzgeräusche und den Speichel, der ihm über Lippen und Kinn lief. Immer wieder musste er innehalten, um nicht zu würgen. „Stopp“, wies Erik ihn unvermittelt an. „Geh erst einmal nur so weit, wie du kannst. Wenn du würgen musst, ist es zu viel.“ „Verstanden.“ Jonas kämpfte gegen Tränen der Enttäuschung. Er schaffte es einfach nicht, Erik so zu befriedigen, wie er es wollte – so, wie Erik es verdient hatte. Eine Hand legte sich an seine Wange, strich gleich darauf zärtlich ein paar Haarsträhnen aus seiner verschwitzten Stirn. „Du machst das sehr gut.“ Auch wenn Jonas Erik kein Wort glaubte, war es schön zu wissen, dass er ihn noch nicht aufgegeben zu haben schien. Eifrig setzte er seine Arbeit fort. Binnen kürzester Zeit verkrampfte sein Kiefer, aber er war fest entschlossen, zu beenden, was er das letzte Mal begonnen hatte. Jonas wusste nicht, wie lange er versuchte, Erik Befriedigung zu schaffen, aber irgendwann schmerzte sein gesamter Körper. Seine Knie, sein Rücken, sein Rachen, jede Faser schrie ihn an, diese Tortur endlich zu beenden. Es war Eriks Reaktion, die ihn dazu animierte, weiterzumachen. Dessen anfänglich verhaltenes Stöhnen war zunehmend unregelmäßiger geworden und schon vor einer Weile in ein heiseres Keuchen übergegangen. Plötzlich hatte Erik sichtlich Mühe, stillzuhalten, seine Finger gruben sich beinahe schmerzhaft in Jonas‘ Nacken, sein Glied zuckte, schien noch größer und härter zu werden und Jonas bemühte sich verzweifelt, bis zum Ende durchzuhalten, während seine eigene Erektion nach Aufmerksamkeit schrie. Schließlich war es vorbei, Erik zog sich aus seinem Mund zurück und warf das Kondom mit einer nachlässigen Handbewegung in den kleinen Mülleimer neben dem Nachttisch. Ein scheußlich belangloses Ende für so viel Mühe und Herzblut. Physisch und psychisch entkräftet, sackte Jonas an Ort und Stelle in sich zusammen, lag still da und versuchte durch wiederholtes Schlucken den Kondomgeschmack von seiner Zunge zu bekommen. Er fühlte den dicken Stoff des Bademantels, der über ihn gebreitet wurde, schmiegte sich bereitwillig in die Arme, die ihn zu sich zogen, inhalierte Eriks Duft und Nähe. „Wie fühlst du dich?“ „Gut.“ Sprechen schmerzte. „War es zu viel für dich?“ Jonas schüttelte den Kopf. „Hätte abgebrochen.“ „Kann ich irgendwas für dich tun?“ „Hier liegen. Genießen.“ Der Anflug eines Lächelns. „Einverstanden.“ Jonas schloss die Augen, fühlte, wie sein verspannter Körper allmählich zur Ruhe kam, spielte das eben Geschehene wieder und wieder in seinem Kopf ab. „Erik?“ „Hm?“ „Ich bin geil.“ Wieder dieses Beben, das Eriks Lachen begleitete. „Ist mir aufgefallen.“ „Und was tun wir jetzt dagegen?“ Erik beugte sich über Jonas, ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen. „Wir? Habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt, weshalb du heute hier bist?“ „Komm schon! Irgendwie muss ich doch auch auf meine Kosten kommen!“ Zärtlich strich Erik mit dem Daumen über Jonas‘ Lippen, doch sein Blick war streng. „Du ziehst deine Befriedigung aus meiner Befriedigung. Alles andere ist ein Bonus, für den du dankbar sein solltest.“ Jonas wollte protestieren, biss sich jedoch auf die Zunge. Keinesfalls würde er betteln! Eriks Hände strichen über Jonas‘ Körper, seine Brust, seinen Bauch. Bei Letzterem zuckte Jonas zusammen. „Ah, stimmt. Du bist kitzlig.“ „Nee, geil. Immer noch.“ „Nun ja“, Eriks Hände rutschten tiefer, „mal abgesehen von deinem kleinen Ausrutscher, warst du heute wirklich ausgesprochen brav. Ich denke, dafür kann ich dir eine kleine Belohnung zugestehen. Sofern du mich lieb darum bittest.“ „Bitte.“ So viel zu nicht Betteln. „Ah, das geht enthusiastischer.“ „Bitte!“ Ein Lächeln wie das eines weißen Hais auf der Jagd. „Da kann ich ja wirklich kaum widerstehen.“ Erik zog Jonas den Bademantel von den Schultern, setzte sich auf seine Oberschenkel und drückte ihn mit seinem Gewicht tiefer in den weichen Teppich. „Sag es noch mal.“ „Bitte!“ Zärtlich streichelten Eriks Fingerspitzen über Jonas’ Erektion, brachten keine Erleichterung, sondern größere Qual. „Noch mal.“ „Bitte, Erik, bitte.“ Jonas‘ Körper brannte vor Verlangen, seine Lippen bewegten sich, obwohl sein Hirn längst jede Arbeit eingestellt hatte. „Oh, bitte, bitte, bitte!“ Eriks Hände, Eriks Berührungen, Eriks Lachen. Jonas‘ Finger krallten sich in den Teppich, zerrten an den Fasern. Sein Körper zuckte, bäumte sich auf, sein Atem stockte und für einen Augenblick wurde alles schwarz. Nur langsam nahm die Welt wieder Konturen an und Blut erreichte Stellen, die lange unterversorgt gewesen waren. „Verfickte Scheiße war das geil.“ Jonas war sich nicht sicher, ob er laut gesprochen hatte, dass sein Hals kratzte, als hätte er eine Handvoll Nägel verputzt deutete allerdings darauf hin. Noch immer nicht völlig Herr seiner Sinne, blinzelte Jonas gegen das gedämpfte Licht, das ihm im Moment viel zu hell erschien und blickte an seinem Körper hinunter. „Shit, ich fürchte, dein Bademantel hat was abgekriegt.“ „Dafür habe ich eine Waschmaschine.“ Erik stand auf, holte ein kleines Handtuch aus einer der Nachttischschubladen und wischte damit vorsichtig über Jonas‘ verschwitzten Körper, ehe er sich wieder zu ihm auf den Boden legte. Jetzt, da seine Erregung fürs Erste abgeflaut war, konnte Jonas die Geborgenheit richtig genießen. „Ich mag dein Tattoo. Interessanter Stil.“ Spielerisch fuhr Erik über das tiefrote Herz auf Jonas‘ Brust, das von wirren Linien und Tintenkleksen umgeben war. Wie die Skizze eines Comics, der sich nicht zwischen Expressionismus und Minimalismus entscheiden konnte. „Meine Mutter is‘ ausgeflippt als sie’s gesehen hat.“ „Wirklich?“ „Klar. Wundert dich das?“ „Ehrlich gesagt, schon ein bisschen. Ich dachte, Tattoos wären inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Vielleicht mal abgesehen von Arschgeweihen.“ Erik neigte den Kopf. „Welches ich, trotz ausführlicher Begutachtung, bei dir nicht entdecken konnte. Warum also die Aufregung?“ „Bayerisches Dorf und so. Da ticken die Uhren anders als hier in Berlin. Ich mein, wenn meine Eltern wüssten, was ich … Dass ich …“ Jonas brach ab, wollte nicht über dieses Thema sprechen. Stattdessen drehte er sich zu Erik. „Was ist mit dir? Hast du Tattoos?“ Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass Erik kein einziges Kleidungsstück abgelegt hatte. Vermutlich gehörte das zum Spiel, aber Jonas musste zugeben, dass er zu gerne einen näheren Blick auf Eriks Körper geworfen hätte. „Keine Tattoos. Ich mag sie an anderen, aber ich hätte keine Ahnung, was ich mir stechen lassen sollte. Außerdem …“ Zum ersten Mal an diesem Abend, klang Verlegenheit durch Eriks sonst so ruhige Stimme. „Ich habe es nicht so mit Nadeln.“ Überrascht von diesem Geständnis, stützte sich Jonas auf seinen Ellenbogen auf. „Mindestens zweimal hast du‘s aber überstanden.“ Neckisch knabberte er an dem Ohrläppchen mit den zwei kleinen Silbersteckern. „Schon“, räumte Erik ein, „aber du hättest mich mal sehen sollen, als die Piercerin die Nadeln ausgepackt hat. Da wäre ich ihr beinahe zusammengeklappt.“ Anstatt Jonas von sich zu schieben als dieser hämisch kicherte, zog Erik ihn noch näher an sich. Entspannt lagen sie halb auf, halb nebeneinander, im stillen Einverständnis, diesen Augenblick nicht länger durch unnötige Worte zu zerstören. Unglücklicherweise hatte Jonas‘ Magen andere Pläne. Ein in der Ruhe grauenhaft lautes Knurren tönte durch den Raum. Peinlich berührt drückte Jonas sein Gesicht mit einem leisen Stöhnen gegen Eriks Brust. Erik reagierte gelassen wie immer. „Irgendetwas sagt mir, dass ich nicht der Einzige bin, der allmählich Lust aufs Abendessen bekommt.“ „Hätte nix dagegen“, gab Jonas zu. „In Ordnung, ein Vorschlag: Ein Stück die Straße runter ist ein recht guter Italiener, der seine Pizzen auch zum Mitnehmen anbietet. Wir bestellen, drehen eine kleine Runde an der frischen Luft, nehmen auf dem Rückweg die Pizza mit und lassen den Abend hier ausklingen.“ „Klingt ziemlich gut.“ Widerwillig löste sich Jonas von Erik und setzte sich auf. An seiner von Schweiß und anderen Körperflüssigkeiten überzogenen Haut klebten Teppichflusen, die er notdürftig mit den Fingern abzupfte. „Du kannst davor übrigens gerne duschen“, bot Erik an. „Wo das Bad ist, weißt du ja.“ „Ich glaub, das mach ich.“ Jonas streckte die Hand nach Erik aus. „Kommst du mit?“ „Ich bin notorischer Kaltduscher“, antwortete dieser ohne Anstalten zu machen, ebenfalls aufzustehen. „Ohne mich hast du vermutlich mehr Spaß. Handtücher sind in dem kleinen Schränkchen unter der Spüle. Nimm dir einfach, was du brauchst.“ Ein wenig enttäuscht betrat Jonas das Bad, das so viel geräumiger als sein eigenes war. Neben einer Badewanne fand sich eine eigene Duschkabine darin, dazu zwei Schränkchen, sowie Waschmaschine und Trockner. Kein Vergleich zu der Abstellkammer, die er sein Eigen nennen durfte und nach deren Besuch er sich meist dreckiger fühlte als zuvor. Dennoch hätte er den Platz gerne mit Erik geteilt. Das warme Wasser, das Jonas begrüßte, beendete jedoch rasch jede Grübelei. Nicht alle dreißig Sekunden von einem kalten Schwall getroffen zu werden, war ein Luxus, an den er sich schon beinahe nicht mehr erinnern konnte.   „Scheiße, die frische Luft tut echt gut!“ Jonas hielt seine Nase in den kühlen Herbstwind und sog den Duft der Großstadt tief in seine Lungen. Die Pizza, die sie eben bestellt hatten, wurde vermutlich gerade frisch belegt und wartete darauf, in den heißen Steinofen geschoben zu werden. Bis dahin spazierten sie durch einen kleinen, nahegelegenen Park. „Wohnst du eigentlich schon lange hier?“ „Hier in der Gegend oder allgemein in Berlin?“, hakte Erik nach. „Du stammst gar nich‘ von hier?“ „Hört man das nicht?“ Jonas war gar nicht erst auf die Idee gekommen, dass Erik nicht in Berlin geboren sein könnte, aber jetzt, da er darüber nachdachte, klang der schwache Dialekt, der sich manchmal in seine Sprache mischte sehr wenig nach Berliner Schnauze. „Dann beides. Seit wann bist du in Berlin und seit wann hier in der Gegend?“ „Ah, mal sehen. Hier in der Straße wohne ich erst seit ein paar Monaten, in Berlin schon etwas länger. Ich bin damals für mein Studium herzogen. Das dürften jetzt“, Eriks Finger zuckten, als er nachrechnete, „gute sieben Jahre sein.“ „Oh, wow.“ Der Gedanke, so lange in dieser fremden Stadt zu leben, überstieg Jonas‘ Vorstellungskraft. „Du bist noch ganz frisch hier, richtig?“, lenkte Erik das Thema auf ihn. Jonas nickte. „Seit Ende September. Für die Wohnung müssen wir aber schon seit August Miete bezahlen. War immer noch die beste Alternative, weil sie für die Gegend und Größe echt scheißbillig is‘. Wenn ich bloß mal gewusst hätte, wie die Nachbarn drauf sin‘. Und, was die Vermieterin für ‘ne blöde Schnepfe is‘. Stand zwei Tage nach meinem Einzug schon vor der Tür und ‚wollt mal nach dem Rechten sehen‘. Hat das seitdem jede Woche wiederholt. Hab ihr dann neulich angeboten, dass sie ja einfach gleich ‘ne Überwachungskamera installieren könnte, falls ich mal in der Uni sein sollte, wenn sie vorbeikommt. Jetzt herrscht erst mal Ruhe.“ Erik lachte. An einer kleinen Abzweigung bedeutete er Jonas, nach rechts zu gehen. „Ich habe dich nie gefragt, was du studierst.“ „Hatten ja bisher eher andere Themen, ne?“ Jonas grinste verlegen. „Visuelle Kommunikation. Und ja, ich hab ‘nen Führerschein, damit ich dann Taxifahren kann.“ Aber Erik machte keine Witze über Jonas‘ Jobaussichten nach dem Abschluss, was ihn zu einer seltenen Spezies machte. Stattdessen fragte er: „Gefällt es dir bis jetzt?“ „Voll! Das sagt aber wahrscheinlich jeder Student im ersten Semester.“ „Mir war immer klar, dass BWL nicht mein Traumstudium ist.“ Bildete sich Jonas das ein, oder hörte er eine gewisse Bitterkeit in Eriks Stimme? „Warum hast du’s dann studiert?“ „Weil mir nichts Besseres eingefallen ist.“ Erik zuckte mit den Schultern. „Im Grunde kann ich mich auch nicht beschweren. Andernfalls hätte ich meinen heutigen Job nicht. Ursprünglich habe ich tatsächlich ganz schlicht hinter der Bar angefangen, aber weil ich gut mit der Besitzerin ausgekommen bin und einer der wenigen war, die längerfristig dort gearbeitet haben, habe ich mit der Zeit zusätzliche Aufgaben übernommen. Die Stelle, die ich jetzt habe, war mehr oder weniger ein Geschenk der Besitzerin zu meinem Abschluss.“ „Wann hast du den eigentlich gemacht?“ Jonas wollte die Gelegenheit, Erik einmal so auskunftsfreudig zu erleben nicht verstreichen lassen. „Den Bachelor vor einem halben Jahr, so ungefähr. Im Moment mache ich nebenbei meinen Master, allerdings in Teilzeit.“ „Echt jetzt? Trotz Job und obwohl du BWL scheiße findest?“, fragte Jonas verständnislos. „Es ist nicht mein Traumstudium“, gab Erik zu. „Aber die Arbeit im Tix ist auch nicht mein Traumjob und mit einer guten Masterspezialisierung sucht es sich leichter nach etwas Neuem. Ich meine, die Bezahlung ist wirklich fair und die Leute sind supernett, aber die Arbeitszeiten sind … sagen wir mal ‚verbesserungswürdig‘.“ „Man arbeitet, wenn andere frei haben.“ „Stimmt, du hattest ja erzählt, dass deinen Eltern eine Gaststätte gehört. Dann kennst du das sicher selbst.“ „Nur den Teil mit der fairen Bezahlung haben meine Eltern übersprungen“, murrte Jonas, dem inzwischen eine ganz andere Frage im Kopf rumspukte. „Erik …“ „Hm?“ „Wie alt bist du eigentlich?“ „Im Januar werde ich siebenundzwanzig.“ „Oh.“ Damit war Erik gute sechseinhalb Jahre älter als Jonas. Er musste ihn für ein halbes Kind halten. „Stört dich der Altersunterschied?“ Rasch schüttelte Jonas den Kopf und überlegte fieberhaft, wie er das Thema wechseln konnte. Ihr Weg führte sie an einem kleinen, verlassenen Spielplatz vorbei. Jonas deutete darauf. „Bock auf Schaukeln?“ „Bist du wirklich volljährig, oder habe ich mich vorhin strafbar gemacht?“, fragte Erik schmunzelnd. Bevor sich Jonas darüber ärgern konnte, dass er seinen Plan, den Altersunterschied nicht weiter zu thematisieren erfolgreich vergeigt hatte, steuerte Erik die vier großen Reifenschaukeln an. „Soll ich dich anschubsen?“ „Kann ich selbst!“ Jonas streckte ihm die Zunge raus und kletterte auf einen der Reifen. „Uff, das war als Kind irgendwie einfacher.“ Er warf einen Blick auf Erik und brach in einen Lachanfall aus, der ihn beinahe rückwärts von der Schaukel befördert hätte. Erik hatte es zwar geschafft, sich irgendwie auf den gegenüberliegenden Reifen zu zwängen, aber in Wollmantel, Anzughose und mit der Größe einer kleinen Giraffe, war es praktisch unmöglich für ihn, nicht deplatziert zu wirken. „Ich fühle mich gerade nicht ganz ernstgenommen“, tadelte er amüsiert. „Liegt daran, dass ich dich grad nich‘ ernst nehme!“ „Dann muss ich wohl dafür sorgen, dass du das in Zukunft tust.“ Jonas‘ Herzschlag beschleunigte, als Erik ihm bei diesen Worten verschmitzt zuzwinkerte. Erschreckend ungelenk, aber mit der Freude kleiner Kinder, stießen sie ihre Schaukeln an und schwangen sich hoch in die Lüfte. Der kalte Wind biss in Jonas‘ Ohren und Finger, Sauerstoff füllte seine Lungen. Für einen herrlichen Moment ließ er all seine Zweifel und Ängste auf dem Boden zurück. „Drehen wir um?“, schlug Erik nach ein paar Minuten vor. „Die Pizza sollte fertig sein und ich fürchte, mit jeder Sekunde, die ich auf diesem Ding sitzen bleibe, steigt das Risiko mir alle Knochen zu brechen signifikant.“ Jonas pustete warme Luft auf seine steifen Finger. „Okay.“ Einen Großteil des Rückwegs bewältigten Erik und Jonas schweigend, nicht, weil sie sich nichts zu sagen gehabt hätten, sondern weil sich die Stille gut anfühlte, nachdem in den vergangenen Stunden ein Sturm an Eindrücken über sie hinweggetost war. Die Pizzeria war wunderbar warm und der Duft nach geschmolzenem Käse und Tomatensoße umwirbelte Jonas‘ vom Hunger geschärfte Nase. „Zweimal Pizza Medium, macht genau zwölf Euro.“ Die Bedienung reichte ihnen die beiden Kartons und bevor Jonas eine Chance hatte, seinen Geldbeutel hervorzukramen, hatte Erik ihr bereits zwei Scheine zugesteckt. „Ich geb dir das Geld dann oben“, bot Jonas an, aber Erik winkte ab. „Quatsch, die Pizza geht auf mich. Du bist immerhin durch die halbe Stadt gefahren, um hierher zu kommen, da kann ich das Abendessen übernehmen.“ Ein wenig verlegen, nickte Jonas. „Danke. Is‘ echt nett von dir.“ Noch bevor er sich entschieden hatte, ob es sich bei diesem Italiener um jenen handelte, den er so verzweifelt gesucht hatte, bevor er vor Eriks Haustür gelandet war, waren sie bereits zurück. „Endlich wieder im Warmen“, seufzte Erik, nachdem er seine Wohnungstür aufgeschlossen hatte. „Das war doch noch keine Kälte“, stichelte Jonas. „Schon mal beim Snowboarden in ‘ne Schneewehe gekracht? Das verfluchte Zeug kommt echt in jede beschissene Ritze!“ „Deshalb halte ich mich von Bergen fern. Jedenfalls, solange dort Schnee liegt.“ „Laaangweilig!“ Jonas ließ sich auf den Küchenstuhl fallen, auf dem er auch beim letzten Mal gesessen hatte und klappte seinen Pizzakarton auf. Allmählich fühlte er sich fast heimisch. „Bist du eigentlich Vegetarier?“ „Wie kommst du darauf?“ Erik stellte zwei Dosen Cola auf den Tisch und setzte sich auf den Platz gegenüber Jonas. Der zuckte mit den Schultern. „Du hast ‘ne Margherita bestellt und beim Frühstück neulich stand hier alles Mögliche rum, aber jetzt, wo ich drüber nachdenk, war nix in Richtung Fleisch dabei.“ Jonas biss ein Stück seiner Pizza ab, der Käse zog lange Fäden. „Fuck, die is‘ echt gut.“ „Habe ich doch gesagt.“ „Also bist du’s?“ „Vegetarier? Ja.“ „Aber es stört dich nich‘, wenn ich Fleisch esse?“, fragte Jonas nach einem Blick auf die über seine Pizza verteilten Salamischeiben. „Nein.“ „Und wenn ich dich danach küsse?“ „Sofern du dabei nicht versuchst, mir vorgekaute Fleischmasse in den Hals zu stopfen, habe ich damit kein Problem.“ Jonas grinste. „Dich nich‘ wie ‘ne Vogelmutti füttern. Is‘ abgespeichert.“ Erik antwortete nicht, sondern starrte gedankenverloren auf das Pizzastück in seiner Hand. „Was is‘?“, fragte Jonas misstrauisch. „Ah, nichts, nichts.“ „Schon klar. Und jetzt noch mal die Wahrheit.“ Erik lächelte verlegen. „Ich habe mich nur gerade gefragt, wie lange zwischen dir und deiner Ex-Freundin schon Schluss ist. Und ob es eine dezente oder wenigstens charmante Möglichkeit gibt, danach zu fragen.“ „Und?“ „War das dezent oder charmant?“ „Nee, kann man so jetzt nich‘ grad behaupten.“ „Dann wohl nicht.“ Jetzt war es an Jonas, verlegen zu lächeln. „Ein paar Monate sin‘ wir jetzt auseinander.“ Je länger er diese Lüge aufrechterhielt, umso leichter ging sie ihm über die Lippen. „Sie is‘ fürs Studium nach München gezogen, ich hierher und auf ‘ne Fernbeziehung hatten wir beide keinen Bock.“ Tatsächlich waren Maria und er einfach froh gewesen, endlich einen Ausweg aus dieser Farce gefunden zu haben. „Mhm, Fernbeziehungen können schwierig sein.“ Einen Augenblick lang wirkte es, als wollte Erik noch mehr sagen, aber schließlich biss er lediglich von seiner Pizza ab. „Jaah … Jedenfalls sind wir noch Freunde. Ziemlich gute sogar.“ Wenigstens das entsprach der Wahrheit. „Gut, dass ihr euch das erhalten konntet.“ „Niemand kennt mich besser als Maria“, gab Jonas zu. Instinktiv warf er einen Blick auf sein Handy. Noch immer keine Nachricht von ihr. „Aber ihr Studium is‘ echt anspruchsvoll und sie hat kaum Freizeit.“ „Wie lange wart ihr zusammen? Ah, entschuldige, wenn ich zu persönlich werde. Du musst natürlich nicht antworten.“ „Nee, schon gut.“ Jonas neigte den Kopf. Überlegte, wann all das angefangen hatte. „Vier Jahre.“ „Ah, ziemlich lang.“ „Jaah …“ Erik zeigte ein schmales Lächeln. „In Ordnung, ich glaube, ich habe dich genug ausgehorcht. Entschuldige, falls ich dir zur nahe getreten bin … oder erfolgreich Salz in die Wunde gerieben habe.“ „Nee, is‘ schon okay“, versicherte Jonas und fluchte innerlich darüber, Erik mit seiner Lügengeschichte ein schlechtes Gewissen eingeredet zu haben. „Es is‘ … kompliziert.“ „Mhm.“ Erik schien dennoch entschieden zu haben, das Thema fallenzulassen und ein weiteres Mal breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus. Jonas brauchte für das letzte Viertel Pizza länger als für die drei davor. Nicht nur, weil er allmählich satt war, sondern weil er wusste, dass jeder Bissen das Ende des Abends näherbrachte. Leise seufzend stopfte er sich den knusprigen Rand in den Mund. Er konnte es ja doch nicht ewig heraus zögern. „Ich sollte dann wohl langsam gehen.“ „Ist es doch schon so spät?“ Erik warf einen Blick auf die Küchenuhr über der Tür. „Ah, tatsächlich. Ich vergesse immer, dass mein Tagesrhythmus nicht dem der meisten Leute entspricht.“ „Meiner eigentlich auch nich‘“, gab Jonas zu. „Aber mein erstes Seminar geht schon um acht los. Also sollte ich wohl …“ „Schon klar.“ Erik stand auf und begleitete ihn zur Tür. „Also dann …“, murmelte Jonas verlegen, die Klinke in der Hand. „Komm gut nach Hause.“ „Ja, du au– äh, ich mein … Bye.“ „Jonas?“ „Ja?“ „Ich würde das sehr gerne nächste Woche wiederholen. Hast du Lust?“ „Ja!“ Plötzlich stand Erik ganz nah vor ihm, drängte Jonas mit dem Rücken gegen die Tür, die Hände an seinen Hüften, den Mund an seinem Ohr. „Dann habe ich eine weitere Aufgabe für dich.“ „W-Was für eine?“ „Ich habe heute sehr viel Rücksicht genommen.“ Eriks Daumen legte sich auf Jonas‘ Lippen, zwang sie auseinander. „Nächste Woche werde ich mehr fordern. Du solltest also ein wenig üben.“ Jonas nuschelte zustimmend, hob dann jedoch den Kopf und sah Erik direkt in die Augen. „Und wenn ich jemand anderen zum ‚Üben‘ benutze?“ Eriks Mine blieb unverändert, sein Lächeln undurchdringlich. „Deshalb verwenden wir Kondome, nicht wahr?“ Er löste sich von Jonas, öffnete die Tür und schob ihn nach draußen. „Wir sehen uns nächste Woche.“ Mit diesen Worten schlug er die Tür zu.   Und wenn ich jemand anderen zum Üben benutze? Jonas stöhnte in sein Kissen. Wieso hatte er das gesagt? Das hatte nicht im Geringsten geholfen, sich Erik gegenüber weniger unterlegen zu fühlen, stattdessen fürchtete er nun, es sich endgültig mit ihm verscherzt zu haben. Jonas‘ Selbstmitleid wurde vom Piepen seines Handys unterbrochen. Eine Nachricht von Erik. Er musste sich zwingen, sie zu lesen.   Erik, 22:01 Uhr Hey ;) Bist du gut nach Hause gekommen?   Du, 22:02 Uhr japp   Du, 22:02 Uhr hab meinen bus genau erwischt   Erik, 22:03 Uhr Schön zu lesen :) Ich wollte dir noch eine gute Nacht wünschen und noch mal sagen, dass ich den Abend mit dir wirklich sehr genossen habe.   Jonas lächelte. Das klang nicht kühl oder verärgert. Vielleicht hatte er es, entgegen seiner Befürchtungen, doch nicht verbockt.   Du, 22:03 Uhr ich fand den abend auch klasse!   Du, 22:04 Uhr und freu mich auf ne wiederholung!   Du, 22:04 Uhr träum von mir ;)   Jonas legte das Handy weg und kuschelte sich in sein schmales, leeres Bett.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)