In the spider's web von Mizuki18 ================================================================================ Kapitel 13: My dear, my everything ---------------------------------- "Gefällt es dir, kleine Rose? Los, sag mir, dass es dir gefällt.", raunte Alois und nahm mein Kinn zwischen zwei Finger. Ich schluckte. Der Anblick des zertrümmerten Schädels war furchtbar, aber ich konnte einfach nicht wegsehen. In meinem Magen rumorte es. "Sieh nur Claude! Es gefällt ihr so sehr, dass sie sprachlos ist!", jauchzte Alois, klatschte in die Hände und tanzte um die Leiche herum. "Und jetzt fahr uns zurück! Ich hab Hunger." Alois sprang Claude förmlich auf die Arme und dieser trug ihn aus dem Haus hinaus. Ich lief ihnen hinterher, eine blutige Fußspur zurücklassend. Die Fahrt zurück verlief anfangs schweigend. Das Geschehene hatte mich zu sehr verwirrt und mitgenommen. Warum hatte Alois das getan? Weshalb hatte er mich hierher zurückgebracht, damit ich meinem ehemaligen Herrn beim Sterben zusah? Die Grausamkeit hatte mich dabei nicht wirklich sonderlich überrascht, aber der Grund hierfür wollte sich mir einfach nicht erschließen. "Du denkst nach. Ich kann es sehen.", sagte Alois plötzlich und ich schaute auf. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und fixierte mich mit seinen eisblauen Augen. "Ja, ich frage mich warum Ihr das getan habt.", erwiderte ich. "Hm, brauche ich denn wirklich einen Grund um so jemanden wie ihn zu töten?", wollte Alois wissen. Ich schüttelte leicht den Kopf. "Nein, aber warum habt Ihr mich mitgenommen? Und warum er? Es gibt genügend Menschen von seiner Sorte.", antwortete ich. "Natürlich gibt es die. Aber...du gehörst mir und Leute, die meine Spielsachen benutzten oder sie kaputt machen, mag ich nicht.", erklärte Alois. "Also...habt Ihr es für mich getan?", hakte ich nach. "Wegen dir! Nicht für dich, verwechsle das bloß nicht.", mahnte Alois und hob den Zeigefinger. "Außerdem wollte ich mal wieder das Anwesen verlassen." "Natürlich, ich verstehe." Ich senkte den Kopf und begann meine Hände zu kneten. Auch wenn Alois mir deutlich klar gemacht hatte, dass nicht ich der Grund für diese Unternehmung war, so ließ mich dieser Gedanke trotzdem nicht los. Hätte ich ihm nicht erzählt, dass mein ehemaliger Herr mich missbraucht hatte, wäre er nie darauf gekommen ihn umzubringen. Er konnte sagen was er wollte. Insgeheim würde ich immer glauben, dass er es getan hatte, weil er es nicht hatte ertragen können zu wissen, dass mich ein anderer Mann geschändet hatte. Womöglich lag ich damit ja auch komplett falsch, aber bei Alois konnte man sich sowieso nie wirklich sicher sein. Als wir am Anwesen ankamen, wartete Hannah bereits am Tor. Sie hatte den Kopf gesenkt und ihre Finger ineinander verschränkt. Irgendetwas musste passiert sein. Sonst würde sie nicht schon am Tor auf die Kutsche warten. "Was machst du denn hier? Solltest du nicht drinnen sein und...dich um irgendwas kümmern?", murrte Alois, als er aus der Kutsche ausstieg und sich erst einmal streckte. "Das hab ich, Euer Hoheit. Aber während Eurer Abwesenheit erhielt ich diesen Brief." Hannah holte besagten Briefumschlag unter ihrer Schürze hervor. Alois beäugte ihn skeptisch. "Und? Was steht drin?" "Es geht um Euren Onkel.", sagte Hannah und im gleichen Moment stöhnte Alois genervt auf. "Nicht schon wieder. Was will er denn diesmal? Schon wieder Geld?" "Nein." Hannah schüttelte den Kopf, sodass sich ein paar Haarsträhnen aus ihrem Zopf lösten. "Es geht um Euren Anspruch bezüglich Eures Titels und des Anwesens. Euer Onkel zweifelt noch immer daran, dass Ihr tatsächlich der Sohn des verstorbenen Earls seid." "Ugh, kann er denn nicht endlich Ruhe geben?!", blaffte Alois und stemmte die Hände in die Hüften. "Er wird diesmal in Begleitung eines Priesters hier auftauchen, der die Echtheit Eurer Aussagen prüfen will, Hoheit.", fuhr Hannah fort. "Halt die Klappe! Ich will davon heute nichts mehr hören!", fauchte Alois, riss Hannah den Brief aus der Hand und zerriss ihn. "Verzeiht mir, ich wollte Euch nicht verärgern, Hoheit." Hannah wich vorsichtig einen Schritt zurück und schaute gen Boden. "Tja hast du aber. Du hast Glück, dass mir mein Onkel vollkommen egal ist und ich bis eben gute Laune hatte.", brummte Alois. "Ist das Mittagessen fertig?" "Ja, selbstverständlich." Hannah trat beiseite und Alois stolzierte mit großen Schritten auf das Anwesen zu. Ich trippelte hinterher, Hannah und Claude blieben am Tor stehen. Ich drehte mich nicht nach ihnen um. Es war mir egal was die beiden Teufel untereinander noch zu bereden hatten, ich wollte davon nichts wissen. Der Vormittag war mir viel zu ereignisreich gewesen. Ich war mit meinen Gedanken furchtbar weit weg und bekam deswegen auch nicht viel vom Mittagessen mit, aber da Alois mich auch nicht ansprach, vermutete ich einfach, dass nichts Wichtiges passierte, während ich geistig abwesend war. "Wann hat er gesagt wird er ankommen?", fragte Alois plötzlich, als Hannah und die Drillinge gerade damit beschäftigt das Geschirr abzuräumen. "Wann wird wer kommen?", hakte Hannah nach. Alois verdrehte die Augen. "Na wer wohl? Mein Onkel." "Oh, er sagte, dass er am Tag nach Eintreffen des Briefes kommen würde.", antwortete Hannah. "Also schon morgen? Na toll, ich hätte wirklich besseres zu tun, als mich um diesen Fettsack kümmern zu müssen.", nuschelte Alois und stand auf. "Claude, ich gehe doch richtig in der Annahme, dass du für morgen alles vorbereiten wirst, nicht wahr?" "Aber natürlich, Euer Hoheit.", bestätigte Claude. "Gut, ich will dem Priester keinen Grund geben an mir zweifeln zu müssen.", erwiderte Alois. "Man könnte nie an Euch zweifeln, Hoheit.", entgegnete Claude und ich musste ein abfälliges Schweigen zurückhalten. So ein Heuchler. "Genevieve, komm. Wir sollten die Zeit bis zum Abendessen sinnvoll nutzen." Er winkte mich hinter sich her und ich folgte ihm wie ein braves Hündchen. Diesmal ging es nicht in den Wald, sondern in die Eingangshalle und Alois griff erneut nach dem Schwert. Erst dachte ich er würde von mir verlangen mich wieder in still hinzustellen, doch dann hielt er mir ein zweites Schwert entgegen. Mir klappte fast die Kinnlade herunter. "Nimm es. Aber pass auf, dass du dir nicht weh tust, kleine Rose.", grinste Alois und meine etwas zittrigen Finger schlossen sich um den Griff des Schwertes. "Ich...habe noch nie gekämpft. Ich bin Euch keine würdige Gegnerin, Hoheit.", sagte ich, aber Alois zuckte nur mit den Schultern. "Egal, versuch dich zu verteidigen. Und ich versuche dich nicht umzubringen." Dieser Junge war doch des Wahnsinns, schoss es mir noch durch den Kopf, als ich auch schon ausweiche musste, um von der scharfen Klinge nicht durchbohrt zu werden. Was dachte Alois sich denn bitte dabei?! Er übte fast jeden Tag und ich hielt zum ersten Mal so ein Ding in der Hand. Er konnte doch nicht wirklich erwarten, dass ich mich anständig verteidigte. "Los, hoch mit dem Schwert!", kommandierte Alois und geistesgegenwärtig leistete ich seinem Befehl folge. Zum Glück, denn keine Sekunde später holte er aus und ich blockte den Angriff praktisch durch reinen Zufall ab. "Gut, weiter!" Weiter? Wenn er weiter machte würde dieses Duell für mich tödlich enden. Ich ließ das Schwert auf Hüfthöhe sinken und taumelte nach hinten, als mich dort Alois' nächster Schlag traf. "Langweil mich nicht, kleine Rose! Greif mich an!", rief Alois und riss die eisblauen Augen dabei weit auf. Angreifen? Oh Gott, mein Kopf würde rollen, wenn ich ihm auch nur einen Kratzer zufügte. Aber auf der anderen Seite konnte ich es mir nicht leisten seine Befehle zu missachten. Ich umfasste den Griff des Schwertes also mit beiden Händen und rannte einfach blindlings auf ihn zu. Alois selbst hatte offenbar ebenso wenig damit gerechnet wie ich, denn für einen kurzen Augenblick sah ich die Überraschung in seinem Gesicht. Dann fing er sich jedoch wieder, parierte meinen äußerst vorhersehbaren Angriff und ich spürte ein kurzes Brennen am rechten Handgelenk. Als ich hinsah, lief ein feines Blutrinnsal meinen Daumen entlang. "Niemand tut meiner Rose weh, außer mir selbst.", hörte ich Alois flüstern und zuckte zusammen, als sich die Spitze seines Schwertes leicht in meinen Rücken bohrte. "Hörst du? Dein Leben gehört mir. Ich entscheide, ob du stirbst oder nicht." Ich nickte und ließ das Schwert fallen, welches mit einem metallischen Geräusch auf dem Boden aufkam. "Braves Mädchen." Frech leckte er mir über die Ohrmuschel und warf dann sein eigenes Schwert weg, sodass es mehrer Meter über den Boden der Eingangshalle schlidderte. "Komm her." Zwei Arme wanden sich um meine Hüfte und ich drehte mich zu Alois um. "Was bin ich für Euch?" Alois hob eine Augenbraue, dann lächelte er milde. "Du bist mein Eigentum, mein Spielzeug. Eine hübsche Blume mit Dornen. Meine kleine Rose, mein Schmetterling ohne Flügel. Du gehörst mir." Wie zur Bestätigung griff er mit einer Hand in meine Haare und zog daran, sodass ich den Kopf gezwungenermaßen in den Nacken legen musste. "Mir ganz allein." Alois beugte sich über mich und presste seine Lippen harsch auf meine. Es tat fast weh und es wurde schlimmer, als er mir so fest in die Unterlippe biss, dass ich Blut schmeckte. Aber dennoch gab ich keinen Laut von mir, nicht einmal ein Wimmern. Egal was noch alles auf mich zu kam, Alois würde den Schrei, den er sich so sehr wünschte, nicht bekommen. Dennoch, ich würde mein Ziel weiter verfolgen. Mein Ziel, das darin bestand diesen teuflischen Engel von einem Jungen vor dem zu retten, was ihm drohte. Ewige Finsternis und Verdammnis. Gott, ich musste aufhören solche pathetischen Sachen zu denken. Stattdessen sollte ich mich schlau machen, was Dämonen betraf. Denn von Claude würde ich keine Antworten bekommen. Hannah wäre vielleicht bereit mir die Wahrheit zu sagen, aber sie hatte zu große Angst vor Alois und die Drillinge konnte ich sowieso vergessen. Aus deren Gerede wurde niemand schlau. Alois löste sich von mir und ich merkte erst jetzt, dass ich während des Kusses die Luft angehalten hatte. "Du blutest..." Alois strich mit dem Daumen über meine Unterlippe und steckte ihn sich dann in Mund. Mir wurde schlecht. "Komm mit." Er griff nach meiner Hand und zerrte mich mit sich. Ich stolperte ein paar Mal über meine eigenen Füße, fiel aber nicht hin, wofür ich meinem gestörten Gleichgewichtssinn wirklich sehr dankbar war. "Also...Euer Onkel...", keuchte ich, während Alois fröhlich einen der vielen Flure entlang hüpfte, mit mir im Schlepptau. "Ugh, fängst du jetzt auch noch von dem an?", stöhnte er und ich konnte es nicht sehen, doch ich war mir ziemlich sicher, dass er die Augen verleierte. "Verzeiht, ich wollte nur..." "Er ist mein Onkel und kommt ständig wegen Geld angekrochen. Mehr brauchst du über ihn nicht zu wissen.", unterbrach Alois mich. "Das ist es nicht. Ich wollte wissen warum er Euch anzweifelt.", erwiderte ich und Alois blieb so abrupt stehen, dass ich beinahe mit ihm zusammen stieß. "Er will Geld und Ländereien. Das ist alles. Und um das zu bekommen, versucht er zu erreichen, dass man mir meinen Titel aberkennt. Er will beweisen, dass ich nicht der Sohn meines Vaters bin. Dieser jämmerliche alte Sack." Alois ballte die eine Hand zur Faust und drückte meine so fest, dass ich es knacken hörte. "Eine Schande, dass er anzweifelt wer Ihr seid.", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Er ist habgierig, mehr nicht. Es geht ihm nicht mal wirklich um mich. Ich bin ihm völlig egal.", sagte Alois und obwohl er wahrscheinlich versuchte es zu vermeiden, kam ich nicht umhin eine gewisse Traurigkeit aus seiner Stimme heraus zu hören. "Mir seid Ihr nicht egal.", murmelte ich deswegen geistesabwesend. Alois zuckte zusammen, als hätte er nicht mit dieser Aussage gerechnet. "Ich weiß. Aber auch nur, weil du keine andere Wahl hast.", flüsterte er und wandte sich ab. Ich zog die Augenbrauen zusammen. "Was? Seid Ihr etwa der Meinung, dass Ihr mich zwingen könntet so etwas zu sagen? Ihr könnt mich schlagen, demütigen und foltern, aber Ihr könnt mich nicht brechen. Wenn ich also sage, dass Ihr mir nicht egal seid, dann sage ich das, weil ich es wirklich so meine.", erklärte ich. Ein Zittern durchfuhr Alois und er drehte sich ruckartig zu mir um. "Sag...solche Dinge nicht, wenn du es nicht wirklich ernst meinst!" Er hob drohend den Zeigefinger und ich dachte schon er würde ihn mir ins Auge rammen, als er tief durchatmete und sich offensichtlich entspannte. "Wie dem auch sei. Bis zum Abendessen ist noch Zeit und die sollten wir nutzen. Immerhin...bist du mein Spielzeug und mit einem Spielzeug sollte man auch spielen, nicht wahr?" Alois hob vielsagend die Augenbrauen. Oh Gott, was um alles in der Welt hatte er jetzt schon wieder vor? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)