In the spider's web von Mizuki18 ================================================================================ Kapitel 3: Good morning, your highness! --------------------------------------- Beladen mit einem Teetablett und einer genauen Anweisung im Kopf wie ich diesen Tee aufzubrühen hatte, stand ich vor der Tür zu Alois' Schlafzimmer und fragte mich, warum er mich als Weckdienst eingeteilt hatte. Vermutlich wollte er mir den kochend heißen Tee überschütten oder hatte sich eine andere perfide Methode ausgedacht, um mich zu quälen. Ich atmete ein letztes Mal tief durch, dann öffnete ich die Tür und betrat das halbdunkle Zimmer. Die schweren Vorhänge waren noch zugezogen und so gelangte nur wenig Sonnelicht hindurch, welches den Raum erhellte. Das Tablett mit dem Teeservice stellte ich auf dem Nachttisch ab und trat dann an das Bett heran. Inmitten der aufgebauschten Decke und der vielen Kissen lag er. Und blöderweise kam ich nicht umhin zu bemerken, dass er im Schlaf vollkommen unschuldig aussah. Die engelsblonden Haare, die sein friedlich wirkendes Gesicht umrandeten, die dichten, schwarzen Wimpern und die leicht geöffneten Lippen. Er sah wirklich niedlich aus. Niedlich? Ach herrje, ich musste aufhören so naives Zeug zu denken. Alois war mein Herr, er war ein kleiner Psychopath und ich hatte als sein Hausmädchen weder das Recht solche Dinge zu denken, noch sollte ich mich selbst belügen. Alois mochte im Schlaf wie ein Engel aussehen, aber sobald er aufwachte, würde er wieder zum Sadisten mutieren und alles tun, um mich schreien zu hören. "Euer Hoheit." Ich legte eine Hand auf Alois' Schulter und rüttelte zaghaft an ihr. Keine Reaktion, natürlich nicht. "Euer Hoheit, es ist Zeit aufzustehen.", flüsterte ich und rüttelte etwas kräftiger. Alois gab ein unverständliches Brummen von sich und drehte sich auf den Bauch. Ich seufzte. Na toll, ein Morgenmuffel war er offenbar auch noch. Ich trat einen Schritt zurück, musterte die roten Vorhänge mit den goldenen Troddeln und beschloss erstmal die Sonne reinzulassen. Vielleicht würde Alois ja dann aufwachen. Beim Öffnen der Vorhänge wirbelte ich eine kleine Staubwolke auf, unterdrückte das Husten und blinzelte ein paar mal, wegen der plötzlich Helligkeit. Wundervoll, von hier aus hatte man einen tollen Ausblick in den Garten. Alle Rosen standen in voller Blüte, es war ein Meer aus Farben. Und wenn ich das Fenster öffnen könnte, würde man sich von den verschiedenen Düften geradezu erschlagen fühlen. "Gefallen sie dir?", ertönte es mit einem Mal hinter mir und ich fuhr herum. Alois saß aufrecht im Bett und gähnte. Er war also doch wach gewesen. "Ihr seid wach.", sagte ich und lief zum Nachttisch, um den Tee aufzubrühen. "Du hast meine Frage nicht beantwortet.", erwiderte Alois scharf. "Oh, verzeiht. Ja, mir gefallen die Rosen sehr, Euer Hoheit.", entgegnete ich und goss das heiße Wasser über die getrockneten Teeblätter. "Was ist das für ein Tee?", wollte Alois wissen und ich stutzte. Verdammt, weil ich so damit beschäftigt war mir zu merken wie man den Tee aufbrühte, hatte ich den Namen der Sorte völlig vergessen. "Ähm...das ist ein...", begann ich zögernd, als Alois plötzlich laut auflachte und eine wegwerfende Geste machte. "Völlig egal welche Sorte. Es interessiert mich eh nicht." "Oh. Na dann.", sagte ich und ärgerte mich insgeheim. Alois hatte mich nur wieder in Verlegenheit bringen wollen, war ja klar. Ich nahm das kleine Sieb von der Tasse, in dem sich die nassen Teeblätter befanden, legte es auf das Tablett und reichte Alois die dampfende Tasse. Er nahm sie stumm entgegen und begann zu pusten. Hoffentlich verbrannte er sich seine vorlaute Zunge und konnte die nächsten Tage nur noch in Zeichensprache seine Bediensteten schikanieren. Wortlos ging ich zu dem großen Kleiderschrank und suchte alles nötige heraus. Ein weißes Hemd, eine Weste, Strümpfe, Schuhe und Hosen. Obwohl man diese Hosen wohl eher als Höschen bezeichnen müsste, da sie wirklich extrem kurz waren. Das Klappern der Teetasse verriet mir, dass Alois fertig war und jetzt darauf wartete, dass ich ihn anzog. Nun gut, der Anblick seines nackten Körpers wäre bestimmt wesentlich besser zu ertragen, als der meines alten Herrn. Ich drehte mich um und lief dem Kleiderstapel auf meinen Armen zurück zum Bett. Dort saß bereits Alois, ließ seine Beine über die Kante baumeln und hatte die Unterlippe leicht nach vorn geschoben. Das Hemd, das er zum schlafen trug war ihm mindestens drei Nummern zu groß und er wirkte fast verloren darin. Oh je, ich musste aufhören solche Dinge über jemanden zu denken, der...der so war wie Alois. "Du trägst das Haar anders.", bemerkte Alois, während ich die obersten Knöpfe seines Nachthemdes öffnete und es ihm über den Kopf zog. "Ja.", erwiderte ich. Dabei war die Verändern meiner Frisur jetzt nicht gerade weltbewegend. Ich hatte sie lediglich zurückgebunden, damit sie mir nicht ständig ins Gesicht fielen. "Es gefällt mir nicht. Trag sie offen.", entgegnete Alois, als ich gerade nach dem neuen Hemd hatte greifen wollen. "Euer Hoheit?" Ich hatte die Anweisung natürlich ganz genau verstanden, aber war dennoch etwas irritiert. "Trag sie offen!", wiederholte Alois, griff nach meinem Handgelenk und zerrte mich zu sich herunter. "Oder willst du deinen Meister etwa unglücklich machen?", raunte er und ich konnte aus dem Augenwinkel erkennen, wie sich seine Lippen zu einem fast schon grotesken Grinsen verzogen. "Natürlich nicht, Euer Hoheit.", antwortete ich, tastete mir der anderen Hand nach dem Band, welches meine Haare zusammen hielt und löste es. "Gut." Alois ließ mich wieder los. "Jetzt zieh mich weiter an." Ich nickte, stülpte Alois das Hemd über und knöpfte es zu. Er schien jede meiner Bewegungen zu verfolgen und genauestens zu analysieren. Ich versuchte seinen wachsamen Blick so gut wie möglich zu ignorieren. Das Anziehen der Weste und der Hose und das Binden der Schleife verliefen ohne weitere Zwischenfälle, aber die Socken lösten in Alois wohl wieder einen Anflug von mutwilliger Demütigung aus, denn er beugte sich nach vorn und umfasste mein Kinn mit zwei Fingern. "Zieh sie mir mit den Zähnen an." Mit den Zähnen? Bei dem war doch hundertpro ne Schraube locker. "Wie Ihr wünscht, Euer Hoheit." Obwohl sich alles in mir dagegen sträubte, nahm ich einen Teil des Strumpfes in den Mund, spannte mit dem linken Zeigefinger die Öffnung und legte meine rechte Hand unter Alois nacktes Bein, um es ein wenig anzuheben. Ich kam nur langsam voran, denn es war nicht so einfach den Strumpf mit den Zähnen festzuhalten und ihn nicht gleichzeitig voll zu sabbern. Das Schlimmste an der ganzen Sache war aber, dass der Strumpf bis knapp unter das Hosenbein reichte und mein Kopf Alois' Schritt somit gefährlich nahe kam. Beim ersten Strumpf schien er das noch zu ignorieren, doch beim zweiten, packte er mich bei den Haaren, zerrte meinen Kopf hoch, sodass mein Kinn gegen seinen Bauch gedrückt wurde. "Willst du gar nichts sagen? Gar nichts?", grinste Alois und die Hand in meinen Haaren wurde etwas sanfter. "Wenn Ihr einen Wunsch habt, müsst Ihr ihn einfach nur aussprechen, Euer Hoheit.", sagte ich und hoffte so sehr, dass Alois mein Angebot nicht sofort in die Tat umsetzen würde. Was er glücklicherweise auch nicht machte, sondern stattdessen das Gesicht verzog und mich von sich stieß. "Zieh mir die Schuhe an und verschwinde.", brummte Alois und wirkte irgendwie bockig. Ganz so, als hätte sein perfider Plan nicht ganz so funktioniert, wie er sich das vorgestellt hatte. "Jawohl, Euer Hoheit." Ich nahm die Schuhe und zuckte nicht mal mit der Wimper, als Alois sein Bein über meine Schulter legte, damit ich ihm die Stiefel zu schnürte. Dann stand er vom Bett auf, verließ hocherhobenen Hauptes das Zimmer und knallte die Tür zu. Ich blieb zurück, legte sein Nachthemd zusammen und richtete die Decke, sowie die Kissen. Danach machte ich mich auf den Weg in den Speisesaal, wo bereits Hannah und die Drillinge warteten. Das Hausmädchen schenkte mir ein kaum wahrnehmbares Lächeln, von Timber, Canterbury und Thompson wurde ich nur stillschweigend gemustert. Der Tisch war gedeckt und wartete nur noch darauf, dass sich das verzogene Gör auf seinen Stuhl setzte und anfing im Essen herum zu stochern. Etwas unsicher stellte ich mich neben Hannah, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und wartete. Es dauerte auch nicht lange, bis man draußen im Flur Alois' aufgeweckte Stimme vernahm und er in Begleitung von Claude ins Zimmer tanzte. "Hört zu!", rief er, schnappte sich die weiße Tischdecke und zog daran. Alles was sich auf dem Tisch befand, Teller, Gläser, eine Vase, kippte um, fiel auf den Boden und zersprang in tausend Teile. Es erklang ein ziemlich lautes Scheppern, das fast Alois' Lachen übertönte. "Ich hasse das ganze Rot und Gold, wir dekorieren um!", stellte er klar, ließ die Tischdecke los und schritt über das zerstörte Geschirr hinweg. "Und welche Farben wären Euch genehm, Euer Hoheit?", fragte Claude, der in Türnähe stehen geblieben war. Alois drehte sich schwungvoll um. "Blau, mitternachtsblau.", antwortete er und ein melancholischer Unterton schwang in seiner Stimme mit. "Wie Ihr befiehlt, Euer Hoheit." Claude verbeugte sich leicht. "Und was gedenkt Ihr zu frühstücken?" Alois warf einen kurzen Blick auf das am Boden liegende Essen. "Mir egal, du wirst das schon hinkriegen. Ich möchte heute im Garten Essen." "Natürlich, Euer Hoheit.", erwiderte Claude. Alois verließ den Raum und ich hätte am liebsten mit den Augen gerollt. Wenn ich mal das Geld hätte, um einfach so ein teures Porzellanservice zu zerdeppern. "Ihr habt den jungen Herrn gehört. Räumt das weg und bereitet ein neues Frühstück im Garten. Ich kümmere mich dann um die Umdekorierung des Anwesens.", sagte Claude. Die Drillinge nickten und Hannah knickste. Ich schaute ihn ungerührt an und fing mir deswegen gleich ein missbilligendes Schnauben ein. Claude schob die Brille ein Stück seinen Nasenrücken hinauf und stolzierte davon. Ich sammelte mit den anderen das Essen und die Scherben auf und brachte es in die Küche. Ein neues Frühstück zuzubreiten war kein Problem. Es gab Essen im Überfluss. Allerdings war es mir schleierhaft wie Claude sich völlig allein um die komplette Umgestaltung des Hauses kümmern wollte. Das Rot durch mitternachtsblau zu ersetzen? Wie sollte das denn gehen? Aber warum machte ich mir darüber Gedanken? Er hatte gesagt er würde das machen, also würde er auch zusehen müssen, wie er das hinbekam. Alois hatte es sich indes im Garten bequem gemacht und genoss die wärmende Sonne. In der zarten Brise wiegten sich die Rosen leicht hin und her und der Saum meines Kleides flatterte verdächtig weit nach oben. Alois nahm es mit dem Zucken seines rechten Mundwinkels zur Kenntnis. "Wo ist Claude?", fragte er und fuhr mit dem Finger über den Rand seines Glas, das mit Pflaumensaft gefüllt war. "Er kümmert sich um Euren Wunsch bezüglich der Umdekorierung, Euer Hoheit.", antwortete Hannah. "Gut, ich nehme an ich hab heute nichts weiter zu tun?", wollte Alois wissen. Das Glas geriet in eine gefährliche Schieflage. "Nein, nichts.", murmelte Hannah. "Wundervoll." Alois spießte eine Tomate auf, betrachtete sie und steckte sie sich in den Mund. "Wie war noch mal dein Name?" Er deutete mit der Gabel auf mich. Mit vollem Mund spricht man nicht, dachte ich, trat aber gehorsam einen Schritt vor. "Genevieve." "Genevieve, weil dir meine Rosen so sehr gefallen, darfst du einen Kranz daraus flechten.", sagte Alois. Aha, ich musste also einen Kranz flechten. Vermutlich jetzt sofort. Alois' Gesichtsaudruck nach zu urteilen, lag ich mit diesem Gedanken genau richtig, weshalb ich um den Tisch herum ging und nun vor die Qual das Wahl gestellt wurde. Es gab so unendlich viele Rosen in diesem Garten, in so vielen Farben. Eigentlich war es ja egal welche Farbe, aber es wäre sicherlich nicht schlecht zufällig die Lieblingsfarbe meines Herrn zu erwischen. Vielleicht war es ja... "Eins noch!" Ich drehte mich halb zu Alois um. "Die Dornen bleiben selbstverständlich dran." War ja klar, dass der Befehl einen Kranz aus Rosen zu flechten noch ein kleines Extra bekam. Alois' grinste und bedeutete mir mit einer scheuchenden Handbewegung endlich anzufangen. Und mir blieb ja auch nichts anderes übrig, weshalb ich mich hinhockte, mir eine von den blauen Rosen aussuchte und sie mit bloßen Händen aus der Erde riss. Natürlich bohrten sich die Dornen sofort in meine Haut und Blut quoll aus den kleinen Wunden hervor, doch ich machte weiter. Ich zog dasselbe mit noch vier weiteren Rosen durch, ließ mich dann einfach auf meinen Hintern fallen und begann zu flechten. Meine Finger und Handflächen taten höllisch weh, das Blut tropfte auf die Rosen, aber ich machte weiter. Bis der Kranz fertig war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)