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Follow your Heart

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen *_*

Ja, es geht weiter und ich freue mich so, ich bin derzeit mega motiviert und in der Fortsetzung schon weit gekommen, wobei ich gerne noch weiter wäre...aber egal ;)
Zum Prolog: Es ist sicherlich eine ziemliche Überraschung und beantwortet vielleicht im Vorfeld schon Fragen, die sich manche von euch gestellt haben. Schaffen es Mimi und Tai? Tja, es sei so viel verraten der Prolog ist ein weit vorgeholtes Kapitel ;) Die Reise wird drei Jahre dauern... und setzt cirka zwei Jahre nachdem Epilog der letzten Geschichte an ;) Irgendwann wird der Prolog zum Kapitel und dann wird es natürlich noch weiter gehen.
Ich hatte mir im Vorfeld wahnsinnig viele Gedanken gemacht, was mit den einzelnen Charakteren passieren wird, damit die Fortsetzung spannend und mitreisend wird. Ich hoffe, ich konnte euer Interesse wecken....

Nun wünsche ich euch bei dem kurzen Prolog viel Spaß beim lesen ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo... Heute ist so ein schöner Tag und ich habe trotz erheblicher Müdigkeit gute Laune :) daher lade ich heute das erste richtige Kapitel hoch, besonders weil ich die nächsten Tage wieder weniger Zeit habe. Viel Spaß beim Lesen und danke an die ersten Kommentare und Favoeinträge :* Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser :)

Es ist Freitag, können wir kurz inne halten um das gebührend zu feiern? ;) Ich mache es in dem ich ein neues Kapitel hochlade ;) und ich hoffe euch gefällt Tais Sicht :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Es ist wieder Freitag und somit ein neues Kapitel. Vielen Dank an alles Favos und besonders an die lieben Kommis :* ;* Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser,

es sind gefühlte 1000 Grad und ich glaube ich schmelze, doch vorher kommt noch das neue Kapitel ;) Viel Spaß beim lesen und bis nächste Woche mit einer neuen Überraschung ;) :* Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hi ihr lieben Leser,

es ist Freitag und heute gibt es schon früh ein neues Kapitel. In diesem Sinne, lasst euch überraschen ;) Das Drama geht weiter XD Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen, ihr glaubt gar nicht wie froh ich bin, dass endlich Freitag ist, hier ein neues Kapitel uuuuund vielen Dank für 50 Kommentare :*** Ihr seid wunderbar :)))) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben, hier kommt ein etwas anderes Kapitel und zwar die Sicht beschrieben aus Soras Perspektive, ich bin echt gespannt, wie ihr es findet und ob es mir auch mit ihr gelungen ist ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben, hier kommt die zweite Sicht der Sorato Reihe und zwar die Sicht von Matt und jetzt bin mal gespannt, was ihr zum schluss sagen werdet, ich glaube ich geh schon mal in Deckung... Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen,

heute geht es weiter mit einem neuen Kapitel, Danke nochmal an euch alle, ich wünsche euch viel Spaß beim lesen. Liebe Grüße euer Linchen :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
puh...nach einer mehr als stressigen Woche doch noch pünktlich das neue Kapitel online gestellt... So langsam geht es rund und bin sehr auf eure Meinung gespannt :) Liebe Grüße Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Bitte Nachwort beachten! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallooo ihr lieben, ich bin wieder zurück :)
Ich wünsche euch allen noch ein frohes neues Jahr und denke das darf man noch, oder???
Es geht mir/uns gut und ich freue mich sehr wieder aktiv dabei zu sein. Ich hoffe ihr habt die Geschichte in der kleinen Pause nicht vergessen...
Viel spaß beim lesen... Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben, ein neues Kapitel bin sehr gespannt was ihr dazu sagen werdet.
Ich wünsche euch viel Spaß beim lesen :)

Euer Linchen Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser,

heute kommt schon sehr früh ein neues Kapitel, da ich gleich auch schon wieder unterwegs bin =) Ich hoffe euch gefällt es, auch wenn es derzeit etwas ernster zur Sache geht.

Liebe Grüße euer Linchen:) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Tag an euch alle =)

Heute gibt es nochmal einen Ausflug in Yamatos Welt :) Ich hoffe euch gefällt es :)
Beim nächsten Mal treffen dann Tai und Mimi wieder aufeinander :)

Ich wünsche euch allen ein frohes Osterfest :)
Viel Spaß beim Eiersuchen :)
Liebe Grüße euer Linchen :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Tag ihr lieben Leser,

ich weiß es ist viel Zeit vergangen und ich habe jetzt lange nicht mehr hochgeladen, aber jetzt habe ich die meisten Sachen erledigt und wieder etwas mehr Zeit.
Ich arbeite zwar jetzt auch wieder, aber dennoch versuche ich jetzt alle zwei Wochen Freitags ein neues Kapitel hochzuladen.
Ich hoffe der neue Rhythmus ist so auch in Ordnung :)

Ich wünsche euch viel Spaß beim ersten Teil der Hochzeit in dem Joe und Saori heiraten. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Morgen ihr lieben Leser,

heute kommt Soras Sicht und ich hoffe, sie gefällt euch :) Ich wünsche euch viel Spaß beim lesen :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Tag ihr lieben Leser,

wie ein neues Kapitel? Dabei ist doch gar nicht Freitag??? Ja, richtig diesmal kommt das Kapitel am Gründonnerstag. Da ich ab heute Abend bis Ostermontag nicht zuhause bin und ich euch nicht solange warten lassen wollte. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, euch als kleines Ostergeschenk das Kapitel vorzeitig hochzuladen. Ich wünsche euch viel Spaß bem lesen. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Tag ihr lieben Leser,

erstmal möchte ich mich bei 400 Kommentaren bei euch bedanken :) Ich kann es gar nicht glauben, soviel Feedback hatte ich zu einer Geschichte noch nie bekommen und es bedeutet mir sehr viel :)
Heute kommt also Taichis Plan. Ich bin wirklich gespannt, was ihr dazu sagen werdet. Ich hatte mir im Vorfeld viele Gedanken gemacht, wie ich es schreiben kann. Ich hoffe diese Version gefällt euch. Es gab nämlich ein paar zur Auswahl. Nach einer Beratung mit Tasha88 habe ich mich aber für diese Version entschieden :)
Vielen Dank dir :*

P.S. Es kommen noch 5 Kapitel plus Epilog.
Lieben Gruß Linchen. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Tag ihr lieben Leser,

ich weiß ich hätte eigentlich schon letzte Woche hochladen müssen, aber es war soviel los, dass ich nicht zum Fertigstellen kam. Dafür heute :) Ich hoffe es gefällt euch :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Tag ihr lieben Leser,
da ich Samstag erst aus dem Urlaub zurück kam und gestern mit anderen Dingen beschäftigt gewesen war, habe ich beschlossen das neue Kapitel heute hochzuladen.
Es geht in dir Zielgerade und es kommen nur noch zwei offiziele Kapitel...

Viel Spaß beim lesen :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Abend,

heute kommt tatsächlich schon das Vorletzte Kapitel, irre oder? Ich wünsche euch viel Spaß beim lesen.
Ich melde mich nochmal beim Nachwort. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser,

Heute ist es tatsächlich soweit und das letzte Kapitel von; Follow your Heart kommt online. Ich möchte mich für die tolle Resonanz vom letzten Kapitel bei allen bedanken.

Die rührseligen Worte halte ich mir aber für den Epilog zurecht :)

Vielen Dank und viel Spaß beim lesen. Ich hoffe es gefällt euch:) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Tag meine lieben Leser,

ich bin gerade echt traurig. Soeben ging der Epilog online und damit ist diese Geschichte endgültig abgeschlossen.
Meine Fortsetzung und nach insgesamt Dreieinhalb Jahren schreiben an beiden Geschichten bin ich wirklich sprachlos...

Jetzt wünsche ich euch aber erst mal viel Spaß beim lesen und wir lesen uns vielleicht nochmal im Nachwort wieder :)

Liebe Grüße. Komplett anzeigen

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Prolog

10. Juni 2012
 

Nervös ging Mimi durch den großen Flur. Sie atmete tief ein und aus. Vor drei Tagen war sie wieder in Japan gelandet und hatte sich bei ihrer geliebten Großmutter breitgemacht, die sie seit sechs Monaten nicht mehr gesehen hatte. Sie freute sich sehr, mit ihr wieder etwas Zeit zu verbringen. Sie war eingeladen worden und das aus einem besonders Grund heraus. Joe würde seine Verlobung feiern. Ja, Joe würde heiraten und zwar seine Verlobte Saori. Mimi hatte sie sogar schon mal kennengelernt, vor zwei Jahren, auf der Einweihungsparty von Sora und Matt. Damals war Saori, als Joes Begleitung mitgekommen und ja, kurz danach wurden sie ein Paar und waren seitdem zusammen. Mimi freute sich sehr für ihren älteren Freund, der sein Glück gefunden hatte, während sie...
 

Mit klopfendem Herzen kam sie dem großen geschmückten Raum näher. Sie blieb kurz vor der Tür stehen, musste tief Luft holen. Sicher würde sie hier auch auf ihn treffen. Auf Taichi. Sie fühlte sich noch gar nicht dazu bereit, ihn wiederzusehen. Es war so viel passiert in den letzten zwei Jahren und Mimis Herz versetzte ihr jedes Mal einen schmerzhaften Stich, wenn sie an diese Zeit zurückdachte. Sie schüttelte ihren Kopf, während ihr Haar mit hin und her schwangen.

Sie setzte erneut einen Fuß vor den anderen, als sie schließlich im Raum stand und als erstes den Braunhaarigen sah. Es war als würde sie sofort wie ein Magnet von ihm angezogen werden und sich nicht dagegen wehren können. Er jedoch sah sie nicht. Nein, er war beschäftigt, denn er küsste gerade ein anderes Mädchen. Mimi hielt sich gleich die Hand vor ihrem Mund, ging einige Schritte rückwärts, ehe sie sich umdrehte und panisch die Flucht ergriff.

Nein, dafür war sie nicht bereit.
 

Sie stoß hastig die Türe der Damentoilette auf und schloss sich in eine Kabine ein. Sie rutschte mit dem Rücken an der Türe hinab, während sie ihre Arme auf ihren Knie abgestürzt hatte, ihren Kopf hängen ließ und zu weinen begann. Sie hatte ihn verloren. Ihre große Liebe, sie hatten es nicht geschafft zusammenzubleiben, obwohl sie es sich versprochen hatten. Tai hatte eine neue Liebe gefunden, ein neues Mädchen war an seiner Seite, ein anderes Mädchen machte ihn jetzt glücklich. Nicht mehr sie. Seine Lippen lagen nicht mehr auf die ihren. Sie war Vergangenheit. Nichts als eine Erinnerung die mehr und mehr verblasste.

Aller Anfang ist schwer

8. September 2010
 

Eine Woche war vergangen und Mimi hatte der Alltag schneller wieder, als es ihr lieb war. Die Schule hatte vor drei Tagen wieder begonnen und ihr wurde schnell klar, dass sie sich im Abschlussjahr nicht ausruhen durfte. Sie war nach wie vor bei den Cheerleadern und konnte sich so zeitgleich etwas von der schmerzlichen räumlichen Trennung zu Taichi ablenken. Seit sie in Amerika war, schafften sie es nicht immer sich zu melden. Aber wenigstens versuchten sie immer kurz zu simsen, auch wenn die Zeitverschiebung beide ganz schön durcheinander brachte. Am Wochenende wollten sie das erste Mal länger skypen, wobei Taichi dafür die Nacht durchmachen wollte. Mimi freute sich schon ihn länger zu sehen – auch wenn es nur in einem dämlichen Bildschirm war. Sie dachte jeden Tag an ihn. Er war ihr erster Gedanke am Morgen und ihr letzter am Abend, sie vermisste ihn und besonders die ersten drei Tage hatte sie sich die Augen ausgeweint, weil sie ihn so schrecklich vermisst hatte und der Jetlag machte es nicht besser. Matt und die anderen Jungs der Band hatte sie noch nicht gesehen. Sie waren damit beschäftigt gewesen sich einzurichten und ihre Proben aufzunehmen, aber Freitag wollte sie mal in der WG vorbei schauen und den Musikern einen Besuch abstatten.
 

Mimi ging durch den Flur, während sie Taichi kurz schrieb, dass ihr Schultag beginnen würde, während er wohl gerade den Tag ausklingeln ließ. New York und Tokio hatten einen sagenhaften Zeitunterschied von unglaublichen 13 Stunden. Teilweise scherzte Tai auch oft deswegen, weil er immer einen Tag voraus war und Mimi die „Zukunft“ voraussagen wollte. Wenn sie Montag Morgen hatte, hatte er Montag Abend, wenn sie aufstand – ging er ins Bett. Das war ganz schön frustrierend und verwirrend, weil sie manchmal von verschiedenen Tagen sprachen – ohne dass es ihnen selber bewusst war. Doch der Morgen war für Mimi der wichtigste Moment des Tages, weil Tai da gerade zu Hause war und etwas Zeit für die Brünette hatte. Tai hatte immer ganz andere unterschiedliche Zeiten, wann er aufstehen musste, je nachdem, wann die erste Vorlesung begann. Sie verschickte die Nachricht und wusste, dass er bald antworten würde. Sie steckte ihr Handy zunächst in ihre Schultasche zurück und richtete den Blick nach vorne, als plötzlich eine ihr sehr bekannte rothaarige Frau auffiel. Nein, nicht Sora – die sie auch so sehr vermisste, aber eine andere Rothaarige, die Mimi auch sehr lieb gewonnen hatte und schon seit drei Jahren kannte, seit sie die High School besuchte. Sie war ihre amerikanische Sora. „Nicole“, rief die Brünette und schloss zu ihr auf. „Mimi? Was willst du?“, drehte diese sich genervt zur Jüngeren um und blieb mitten im Flur stehen. „Nochmal mit dir reden.“

„Ich aber nicht mir dir...“, zickte sie die Brünette an und ging weiter.

„Ich weiß, dass du böse auf mich bist, weil ich mich so wenig gemeldet ha...“

„Wenig?“, unterbrach Nicole die Tachikawa und blieb erneut stehen, sodass Mimi gegen sie knallte. „Du hast dich gar nicht gemeldet. Drei Monate lang nicht. Ich wusste nicht, wie es dir geht und ich habe mir Sorgen gemacht. Wenn ich deine Eltern nicht zufällig beim Einkaufen getroffen hätte, wüsste ich bis jetzt nicht mal, ob du überhaupt in Japan angekommen bist“, blaffte sie die Brünette an und ging ins Klassenzimmer, ohne auf eine Antwort oder eine Reaktion der Brünetten zu warten. Mimi folgte ihr geknickt. Nicole hatte ja Recht, sie hatte sich wirklich nicht viel, nein gar nicht bei ihr gemeldet und sie wusste, dass Nicole zurecht sauer auf sie war. Mimis Kopf und ihr Herz waren einfach voll und sie konnte einfach nicht. Alles was mit Amerika zu tun hatte, wollte sie einfach vergessen und für einen Moment hinter sich lassen und der stetige Kontakt mit ihr, hätte sie nur an alles erinnert.
 

Sie setzte sich an den Tisch neben Nicole, auch wenn sie wusste, dass die Rothaarige das provozierend fand. Der Lehrer kam ins Klassenzimmer. Geschichte stand als erstes Fach auf Mimis Stundenplan und den Kurs sowie manche andere Fächer besuchten die Beiden gemeinsam, sodass sie sich im Unterricht oft sahen.„Guten Morgen Schüler, nehmt ein Blatt und ein Stift heraus und schlagt Seite 91 auf“, fing der Lehrer gleich an. Mimi kramte alles auf den Tisch, während sie zur Rothaarigen sah, die verbissen in ihrem Mäppchen herum wühlte. Mimi reichte ihr ihren Zweifüller und tippte ihr mit der Spitze des Stifts aufs Handgelenk. „Nimm den solange“, flüsterte sie und hielt den Füller weiter vor ihrer Nase. Genervt nahm Nicole den Füller an und schlug das Buch auf. Mimi lächelte leicht. Immerhin.
 

Es war Freitagabend und Mimi machte sich auf den Weg in die Musiker-WG. Neugierig war sie schon. Eine Jungs-WG bestehend aus vier Musikern stellte sie sich sehr chaotisch, unordentlich und unorganisiert vor. Nicole ging immer noch auf Distanz zu ihr und mit Tai würde sie am nächsten Tag früh morgens chatten. Ihre Laune wurde besser, wenn sie daran dachte, bald mit dem Braunhaarigen richtig sprechen zu können. Auch wenn es nur am Rechner war. Allein seine Stimme zu hören und ihn Lächeln zu sehen, ließ ihr Herz gleich lauter und schneller schlagen. Morgen, dachte sie, als sie die Klingel betätigte. Kisho öffnete ihr die Türe als sie die entsprechende Etage erreichte. „Hallöchen, du liebreizendes Wesen“, flirtete der Gitarrist gleich los und musterte die Jüngere von Kopf bis Fuß. „Lass Mimi in Ruhe“, kam es genervt von Matt und ging ebenfalls zu Mimi, um sie zu begrüßen. „Hey Mimi!“„Hallo.“

„Was denn? Beim letzten Mal, als ich sie sah, war sie so traurig und hat nur geweint und hier hat sie immer eine starke Schulter zum ausweinen“, lachte der Grünhaarige und ging weiter in den offenen Wohn-Essbereich. „Ignoriere ihn einfach“, meinte Matt und schritt zur Küchennische.

„Wenn das so einfach wäre“, kam es sarkastisch von der Brünetten.

„Möchtest du etwas trinken?“, fragte der Blonde, als er den Kühlschrank öffnete. „Ein Wasser“, murmelte die Brünette. Matt holte eine Glas aus dem Oberschrank, befüllte es mit Wasser und reichte das Glas an die Jüngere. „Und wie geht es dir?“, fragte er nach einigen Minuten nach. Mimi zuckte mit den Schultern. „Ich vermisse Japan und vor allem Tai“, murmelte sie betrübt. Matt nickte verstehend. „Hast du etwas von Sora gehört?“, richtete er eine Frage an sie. „Ja, wir haben vor einigen Tagen geschrieben. Soweit geht es ihr gut, aber sie vermisst da so einen blonden Rocker, der jetzt in New York wohnt und total überheblich ist...“ lächelte die Brünette. „Wer ist hier überheblich? Ich? Du meinst wohl Kisho“, rechtfertigte sich der Bassist.

„Ach ist Kisho jetzt mit Sora zusammen?“, fragte Mimi amüsiert nach.

„Sora würde ich auch nehmen...“, zuckte der Gitarrist unbeeindruckt mit den Schultern.

„Finger weg von Sora! Finger weg von all meinen Freundinnen. Meinst du, du kriegst das hin?“

„Wie viele hast du denn?“, fragte auch Kazuki – der Schlagzeuger, grinsend nach.

„Ihr seid echt unmöglich...“ rollte Matt mit den Augen. Mimi kicherte und trank ein Schluck von ihrem Glas. „Und wie läuft es mit den Proben? Habt ihr Billingsgate schon getroffen?“, fragte Mimi interessiert nach und setzte sich auf die Arbeitsplatte. Sofort begannen Matts Augen zu leuchten und er drehte sich zu Mimi um. „Ja, gestern... Die Jungs sind so cool. Ich kannte ihre Musik ja schon, aber bei den Proben dabei zu sein, war echt cool. Sie schmeißen vor Tourbeginn eine Party. Komm doch auch“, lud er die Jüngere gleich ein. „Eine Party mit Billingsgate – klar bin ich dabei. Wann denn?“

„Dauert noch etwas... in zwei Monaten oder so... Die Tour beginnt nach Thanks...irgendwas.“

„Thanksgiving?“, fragte Mimi nach und Matt nickte. „Ja, das ist ein Feiertag in Amerika. Alle essen und sagen Danke...“, sprach die Brünette weiter. Matt nickte wissentlich. Ja, die Amerikaner feierten viele komische Feste.
 

Matt war jetzt schon begeistert von New York und Amerika. Hier war alles anders und er verstand gar nicht warum sich Mimi so schwer damit tat, zurück zu fliegen. Klar, Tai und ihre Freunde, aber Amerika hatte doch einiges zu bieten. Die Musik hier war etwas ganz anderes. Sie waren vor einigen Tagen im Tonstudio gewesen und Matt und die restlichen Jungs waren beeindruckt von der Ausstattung, der Auswahl und der Qualität. Er hatte nach wie vor ein gutes Gefühl und bereute seine Entscheidung bisher nicht. “Wie lange geht die Tour denn dann?“, horchte Mimi nach und riss Matt aus seinen Gedanken. „Ähm...sechs Wochen wird die Tour erst mal bis Weihnachten gehen, bis Januar ist kurz Tourstopp und im Januar geht es dann nochmal für vier Wochen weiter.“ „Bist du Weihnachten in Tokio?“, fragte Mimi interessiert nach und hüpfte wieder von der Arbeitsplatte runter um Matt in den offenen Wohnbereich zu folgen. Matt zuckte mit den Schultern. „Mal sehen, wenn wir irgendwo die Chance haben, Weihnachten zu spielen – würde ich, beziehungsweise wir, das nutzen, aber Silvester werde ich spätestens für eine Woche in Tokio sein...“ erklärte er der Jüngeren. Mimi nickte nur und schwieg. Was Sora davon halten würde?
 

Mimi wollte Weihnachten auf jeden Fall schon wieder in Japan sein, auch wenn es ihr leid tat ohne ihre Eltern zu feiern, aber ohne Tai konnte sie es sich erst recht nicht vorstellen. „Mimi du bist doch hier unser größter Fan, oder?“, richtete Kisho an die Jüngere und legte einen Arm um sie. Mimi trat einen Schritt zur Seite und fixierte den Älteren genervt. „Ich bin hier euer einziger Fan, also seid besser nett zu mir!“, stellte Mimi gleich klar.

„Also bist du auch unser größter Fan, ist doch klar...“, erwiderte Kisho unbeeindruckt.

„Um Gottes Willen worauf willst du hinaus, Kisho?“, fragte der Sänger bei seinem Bandkollegen nach. „Sie könnte doch zu unserem ersten Konzert ein paar Schulkameraden mitbringen und Werbung machen. Ich denke da hauptsächlich an heiße, ledige Cheerleaderfreundinnen.“ Matt verzog seinen Mund, ganz so dumm war das allerdings nicht. Die Mädchen interessierten ihn zwar nicht, aber Werbung und sie dadurch langsam publik machen konnte ihrem Bekanntheitsgrad sicher nicht schaden. „Wann ist denn euer erstes Konzert?“, fragte Mimi neugierig nach, sah dabei aber zu Matt und wand sich von Kisho ab. „In drei Wochen in einer Bar... kleine Brötchen backen...“, erwiderte Matt. „Welche Bar? Vielleicht kenne ich sie ja...“

„Ähm... wie hieß die nochmal?“, grübelte Matt sie hatten sich so viele Location angesehen, den Tourplan bekommen und viele Clubs und Bars gelesen, das er gar nicht mehr genau wusste, wie die alle hießen. “Ins Dans“, unterbrach Kazuki die Beiden.

„Ja stimmt... Das Dans... Kazuki hat irgendwie schon alle Auftritte in seinem Hirn abgespeichert. Keine Ahnung, wie der das macht, manchmal erinnert er mich an Izzy“, schmunzelte Matt und Mimi musste kichern. „Klar, ich werde alle meine heißen, ledigen Cheerleaderinfreundinnen mitbringen und Hugh Hefner rufe ich auch gleich an, vielleicht wollen ja noch ein paar Bunnys vorbei kommen“, flötete sie aufgedreht. „Boah, wenn du das machst heirate ich dich“, erwiderte Kisho. Mimi schüttelte angewidert den Kopf. „Bloß nicht“, murmelte sie und setzte sich ans Sofaende – neben Matt.
 

„Und was macht ihr heute noch so?“, fragte Mimi in die Runde.

„Chillen, Pizza bestellen und Play-Station spielen“, erklärte Tako – der Keyboarder der Gruppe.

Mimi verzog das Gesicht. Play-Station? Gut, sie war hier in einer Jungs-WG. Auf Americas Next Topmodel hatten sie sicher weniger Lust. „Keine Sorge, wir spielen in einem Team, dann gewinnen wir sicher“, erklärte Kisho und zwinkerte ihr zu. Mimi ging automatisch wieder zurück, auch wenn Matt noch zwischen ihnen saß und sah gleich zum Blonden auf. „spielen wir zusammen?“, fragte sie beim Älteren nach. „Aber nur wenn du mindestens so gut spielst, wie Tai“ scherzte er.

„Klar. Was spielen wir denn?“

„Battlefield“, antworteten die Jungs gleichzeitig und fast schon euphorisch. „Battle was?“

„Ich will nicht mit Mimi zusammen spielen“, seufzte Matt. „Ich führe gerade...sorry, aber Tai kann virtuell meine Spielergebnisse nachvollziehen und noch bin ich vor ihm“, erklärte er weiter.

„Kannst du ihm auch Nachrichten schicken?“, fragte Mimi neugierig nach und nahm sich einen Controller. „Nein, du wirst ihm jetzt keine schnulzigen Nachrichten mit meinem Account schicken...“ unterband er gleich und nahm sich den Controller aus Mimis Händen, die es innerhalb von Sekunden geschafft hatte, sich selbst zu erschießen. „upps“, meinte sie entschuldigend und sah zu Matt auf.

„Es sei denn du schriebst ihm, was für Unterwäsche du gerade drunter trägst“, fiel Kisho ins Wort. Mimi rollte genervt ihre Augen. Jungs unter sich, das brauchte sie wirklich nicht so oft. Hoffentlich war Nicole nicht mehr lange sauer auf sie. „Spielt ihr Jungs mal alleine. Ich suche währenddessen nach einem vernünftigen Pizzalieferanten und bestelle.“
 

Der Abend war doch lustiger gewesen, als Mimi zunächst gedacht hatte. Die Jungs waren alle ganz nett – außer Kisho, der war wirklich eine nervige Made. Sie ging relativ früh nach Hause und kontrollierte nochmal den Wecker, ob sie den auch wirklich auf sechs Uhr gestellt hatte. Um sieben Uhr Ortszeit wollten sie und Tai skypen und Mimi wollte vorher duschen, was schönes anziehen und sich schminken. Ja, sie kam sich dabei total bescheuert vor. Immerhin sahen sie sich nur am Bildschirm und nicht persönlich, aber trotzdem sie wollte ihm eben gefallen.
 

Euphorisch startete sie am nächsten Tag um viertel vor sieben den Rechner und wollte gerade ihre Parfümflasche nehmen, als sie die Kopf schüttelte. „Bescheuert“, murmelte sie. Geruchsfernsehen oder Geruchsinternet gab es immerhin nicht. Schade, wie gerne würde sie seinen typischen Taichi-Duft einatmen. Sie hatte zwar ein T-shirt von ihm bekommen, aber dadurch das sie jeden Abend damit ins Bett ging, hatte das T-Shirt mittlerweile ihren Geruch eingenommen und nachdem es Mimis Mutter vor wenigen Tagen einfach in die Waschmaschine gesteckt hatte, war es endgültig dahin und Mimi zickte deswegen herum, wie ein kleines Kind.

Um zehn vor sieben klickte ein kleines Fenster auf und Tai war zu sehen. Gleich nahm sie freudestrahlend ihre Maus und klickte auf das Fenster – sodass Tai den ganzen Bildschirm ausfüllte. „Hi.“ strahlte sie in die Kamera. „Hallo Prinzessin, gut geschlafen?“, fragte er gleich nach. Mimi nickte. „Ja, aber ich hab mich noch mehr aufs aufstehen gefreut. Erzähl wie war dein Tag, wie läuft dein Studium? Wie sind die Leute? Wie geht es deiner Mum? Wie geht es Kari? Wie geht es Sora?

„Mimi“ unterbrach der Braunhaarige seine Freundin. „Wir haben ein paar Stunden Zeit, du musst nicht innerhalb von zwei Sekunden alles raus hauen und die Luft anhalten.“

„Ähm ja... wie war dein Tag?“

Tai lachte. „Der war gut, Danke und deiner... ach nee...du hast ja bis gerade geschlafen. Dass du auch den ganzen Tag schlafen musst“, scherzte er gleich weiter.

„Tja, ich mache eben die Nacht zum Tag“, erwiderte sie zwinkernd. „Und wie war es an der Universität heute?“ wollte sie dann wissen.

„Heute ist Samstag Prinzessin...“, erwiderte Tai grinsend.

„Ach ja“, erwiderte Mimi verlegen. War das kompliziert, mit der Zeit und Tagesverschiebung.

„ich war heute bei deiner Oma“, fügte der Yagami hinzu. Überrascht sah sie wieder auf.

„Ach wirklich?“, freute sie sich wirklich, das er sein Wort zu halten schien. „Ja, habe heute bei ihr gefrühstückt und vorher für sie eingekauft“, erklärte Tai weiter.

„Ohhh, das ist so lieb von dir. Danke. Wie geht es Riku? Ich habe letzte Woche mit ihr telefoniert, da wirkte sie etwas niedergeschlagen.“

„Sie schlägt sich ganz gut. Keine Sorge und im Studium läuft es auch wirklich gut. Auf jeden Fall tausend Mal besser, als in einer Fabrik zu arbeiten und zu versauern“ entgegnete er weiter.

„Glaub ich sofort. Freut mich, dass es dir gefällt“, sagte Mimi ehrlich und freute sich für ihren Freund. „Was hast du gestern gemacht?“, fragte Tai nach.

„ich war bei Matt und den Jungs und hab geschaut wie sie so hausen“, erklärte sie. Tai zog interessiert seine Augenbrauen zusammen. „und?“

„Na ja... vier Jungs eben...“, erklärte sie augenrollend. Tai lachte amüsiert.

„ich wollte dir eigentlich eine Nachricht mit seinem Controller schicken, aber Matt hat mich nicht gelassen“, erwiderte Mimi beleidigt.

„Bei Battlefield?“ hakte der Brünette nach. Mimi nickte. „Woher?“

Tai lachte wieder auf. „Ich hatte mich schon gefragt, warum er sich selbst erschossen hatte. Ich kann das nämlich auch nachträglich sehen, aber Danke, das hat mit geholfen, du darfst das also gerne öfter machen, das hilft mir.“ Mimi grinste und nickte. „Das bekomme ich hin.“ Die Beiden lachten und redeten noch Stundenlang weiter, bis es für Tai an der Zeit war schlafen zu gehen und für Mimi den Tag zu beginnen.

ist flirten erlaubt?

12. September 2010
 

Tais neue Woche startete und er war noch immer motiviert, eine Woche Universität hatte er bereits hinter sich gebracht und er war bisher absolut positiv beeindruckt. Er vermisste Mimi sehr, aber es tat ihm gut am Wochenende so viel mit ihr zu skypen und dadurch reden zu können. Es ersetzte zwar nicht die Nähe der Braunhaarigen, aber so konnte man die Distanz zumindest überbrücken. Mit ihr zu reden, fühlte sich gut an, besonders weil Mimi einfach munter drauf losplapperte und es sich oft so anfühlt, als ob sie direkt neben ihm wäre. Wie schön es doch wäre, wenn sie tatsächlich neben ihm wäre. Er vermisste ihre Fröhlichkeit und ihre kesse Art. Mit ihr aufzuwachen und einzuschlafen. Er sah auf die Uhr bei ihm war es elf Uhr am Morgen, bei Mimi demzufolge zehn Uhr am Abend. Bei ihr war noch gestern, während bei ihm schon Morgen war und wenn sie aufwachte, hatte sie Morgen, aber er hatte auch noch den gleichen Tag, als würde sie versuchen ihn noch irgendwie einzuholen. Schnell nahm er sein Handy aus seiner Hosentasche hervor um ihr noch eine Gute Nacht zu wünschen. Es war schon komisch mit der Zeitverschiebung und sie brauchten beide etwas um sich an diesen Umstand zu gewöhnen.
 

Heute würde er nach der Uni noch bei Sora vorbeischauen. Die war zur Zeit leider nicht so gut drauf war – und er hoffte, dass Mimi in Amerika nicht die ganze Zeit so fertig war, sondern ihr Leben auch genoss. Er erreichte den Hörsaal und ließ sich auf einem Stuhl nieder. Heute hatte er fast den ganzen Tag mit Geschichte des Sports zu kämpfen und obwohl es irgendwo interessant war, so gab es tausendmal interessantes und er freute sich mehr auf die praktischen Teile des Studiums, aber da musste er eben durch. Kurze Zeit später ließ sich ein Mädchen mit schwarzen Haaren und grünen Augen neben dem Yagami nieder. „Hallo“, begrüßte sie ihn freundlich. „Ich bin Nori“, stellte sie sich gleich vor. Etwas irritiert drehte sich der Brünette um und sah das Mädchen kurz an. „Hey.“

„Ich hab dich letzte Woche schon bei der Einführung gesehen und gerade wiedererkannt oder viel mehr deine Frisur“ flötete sie fröhlich und besah den Yagami neugierig.

„Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte er gereizt nach.

„Kommst du zur Willkommensparty am Freitag?“, hakte sie neugierig nach. Tai zuckte mit den Schultern. „Weiß ich noch nicht. Ich würde mich aber jetzt ganz gerne auf die Vorlesung konzentrieren“, erwiderte er, als der Dozent den Hörsaal aufsuchte. Das Mädchen ließ sich auf ihrem Stuhl zurückfallen und sah weiterhin unauffällig zu Tai. Den fand sie gerade interessanter als die Vorlesung.
 

Nach der Vorlesung ging der Yagami Richtung Mensa. Essen tat er lieber hier, als zu Hause. Es schmeckte ganz gut und machte ihn satt. Was brauchte er mehr. „Hey Yagami“, wurde er von einem Kommilitonen begrüßt, den Tai am ersten Tag kennengelernt hatte. „Hey Hiroto, was geht?“ Tai setzte sich gleich zu ihm an den Tisch. „Wie war dein Wochenende?“, fragte Hiroto nach. „Ganz ruhig eigentlich. Ein Fußballspiel gehabt und ansonsten mit meiner Freundin gechattet“, erwiderte er. Misstrauisch zog Hiroto seine Augenbrauen zusammen. „gechattet?“ Tai nickte betrübt.

„Sie wohnt in New York“, erklärte Tai kurz. „Aha okay und wie habt ihr euch kennengelernt?“, fragte er weiter nach. „Wir kennen uns schon seit zehn Jahren oder so. Auf jeden Fall schon ewig und waren zunächst nur Freunde, doch vor... es sind jetzt schon fast fünf Jahren ist ihre Familie nach Amerika ausgewandert, aber sie hat hier eben auch noch Familie und Freunde und daher war sie immer mal wieder hier und vor ein paar Monaten sind wir zusammengekommen.“

„Hmm...sie muss heiß sein, wenn du das mitmachst...“ Tai verdrehte die Augen, wobei wo Hiroto Recht hatte. „Kommst du am Freitag zur Willkommensparty der Fakultät?“, fragte der Schwarzhaarige nach. „Ja, mal sehen. Muss noch ein paar Dinge klären.“ Tai aß zu Ende und verabschiedete sich dann von seinem Kommilitonen. Dann verließ er die Mensa und kurz darauf die Universität.
 

Tai fuhr mit der Bahn nach Odaiba und erreicht kurz drauf die Wohnung von Sora. Sie war schon seit einer Stunde zu Hause und hatte ihm geschrieben, weil er unbedingt vorbei kommen wollte. „Hallöchen“, begrüßte Tai die Rothaarige und wollte sie eigentlich umarmen, als Sora sich umdrehte und „Hallo“, nuschelte. „Na, du hast ja eine Laune“, erwiderte er und schlüpfte aus seinen Schuhen. Tai ging ins Wohnzimmer und ließ sich auf dem Sofa neben Sora nieder. „Also erzähl, wie war deine erste Uniwoche? Alles so wie du es dir vorgestellt hast?“, fragte Tai neugierig nach. Sora zuckte mit den Schultern. „War okay.“

„Sora, ich weiß, dass du traurig bist, weil Matt jetzt nicht hier ist, aber es bringt doch nichts, sich jetzt so fertig zu machen“, erklärte er. Sora sah ihn wütend an.

„Du weißt doch gar nicht wie das ist...“ Tai setzte sich aufrecht hin.

„Ich weiß nicht wie das ist? Mimi ist auch in Amerika, falls du es vergessen haben solltest“, erwiderte er gleich. „Aber sie hatte keine andere Wahl und musste gehen. Matt ist freiwillig gegangen und ist total begeistert und freut sich...bla, bla... das macht es tausendmal schlimmer. Mimi hat alles daran gesetzt hier zu bleiben, während Matt nicht mal vorher mit mir darüber gesprochen hat“, zickte Sora, verschränkte beleidigt die Arme und ließ sich gegen die Sofalehne fallen. „Wäre es dir lieber, er fände alles ätzend und würde nach Hause kommen?“ Sora seufzte resigniert. „Natürlich nicht, aber... Ich hab gar nicht das Gefühl, dass ich ihm fehle... Ich komme jeden Tag nach Hause und sitze hier in unserer Wohnung und frage mich, was er macht und ob er an mich denkt und... ich... was wenn sie durchstarten und er gar nicht mehr zurückkommt?“ Sora sah traurig auf und sah Tai an. „Er vermisst dich sicher, aber er ist natürlich auch euphorisch. Alles ist aufregend und neu. Bei dir ändert sich doch auch ganz viel und lernst neue Leute kennen. Konzentriere dich einfach auf dein Studium und sei nicht gleich verärgert, wenn Matt sich mal nicht meldet“, erklärte er und legte seine Hand auf ihre Schulter. Sora lächelte leicht. Es brachte einfach nichts, sich selbst so fertig zu machen, aber es beschlich sie ein ungutes Gefühl, dass sie einfach nicht abstellen konnte. „Du hast ja Recht. Wie geht es dir denn? Hast du mit Mimi gechattet?“

Tai nickte. „Ja, am Wochenende. Samstag bestimmt drei Stunden oder so und Sonntag auch nochmal ein, zwei Stunden. Am Wochenende schaffen wir es denk ich immer. Unter der Woche ist es schwieriger, wegen der Zeitverschiebung. Ich glaube es geht ihr ganz gut und die Jungs hat sie in der WG auch besucht und denen geht es auch allen gut. Mach dir nicht so einen Kopf.“ Sora nickte erneut. „Ja...ist ja gut.“ Sie wusste, dass Tai es nur gut meinte und auch wenn sie einiges anders sah. Sie wollte ihn jetzt nicht noch mit runter ziehen, außerdem würde er sonst noch anfangen zu singen um Matt zu imitieren – nur um sie aufzuheitern und das wollte sie wirklich nicht.
 

Es war Freitag und Tai wollte heute doch noch zur Willkommensparty in die Fakultät gehen. Wenn er zu Hause war und nichts machte, fiel ihm immer nur die Decke auf den Kopf und ihm wurde stärker bewusst, wie sehr ihm Mimi fehlte. Morgen würden sie wieder chatten, darauf freute er sich schon und der Samstagabend würde ihr gehören, also wollte er den Freitag für sich nutzen. Er kam aus dem Badezimmer und war soweit fertig, als er am Küchentisch noch seine Schwester beobachte, die am telefonieren war. Wahrscheinlich mit Takeru wie Tai vermutete. „Okay, ja sag ich ihm. Bis bald“, erwiderte die Jüngere leise, legte auf und brachte das Telefon zur Station zurück. Kari drehte sich um und bemerkte gerade erst ihren Bruder. „Ich... ich soll dir schöne Grüße von Papa ausrichten“, sagte sie und setzte sich zu ihm an den Tisch. Kari und Susumo hatten seit der Reise in Aoshima regelmäßig Telefonkontakt, während Tai noch nicht einmal auf den Brief oder irgendetwas anders reagiert hatte. Tai sah sie argwöhnisch an. „Geschenkt!“

„Tzz...Tai... Es sind nur Grüße...“, erwiderte sie genervt. Das Thema war so anstrengend und ihr Bruder so dickköpfig. „Und? Es interessiert mich nicht“, erwiderte er weiter. Nicht streiten, dachte sich Kari und wollte lieber das Thema wechseln. „Wo gehst du hin? Du siehst so schick aus?“ Tai sah an sich runter. Eigentlich sah er ganz normal aus. „Zur Willkommensparty der Neulinge an unserer Fakultät“ erklärte er.

„Oh, darf ich mitkommen?“, fragte Kari begeistert. „Du willst mitkommen?“, hakte der Ältere überrascht nach. „Willst du nichts mit deinem Keru machen?“, fragte er grinsend nach.

„Er hat heute Abend keine Zeit. Er macht was mit den Jungs und die zocken“, erklärte sie unschuldig. Tai dachte kurz daran, dass er auch zu gerne mal wieder einen Männerabend machen würden, aber Matt war am anderen Ende der Welt, Izzy von seinem Computer wegzubekommen, war schon eine Herausforderung an sich und Joe war nicht nur zeitlich an sein Studium gebunden. Nein, er hatte auch neuerdings eine Freundin. Ja, er hatte tatsächlich eine feste Freundin, da konnte er verstehen, dass er lieber Zeit mit ihr verbringen wollte. „Ach dein Freund hat keine Zeit und schon ist dein alter Bruder wieder gut genug oder was?“, fragte Tai grinsend nach.

„Nein, falsch. Du bist nur meine erste Wahl nach Takeru. Ich könnte auch Yolei fragen oder Sora, aber die ist zur Zeit ein wenig anstrengend“, erklärte sie direkt hinterher. Tai lächelte amüsiert. „Das ist wohl wahr. Ich hoffe wirklich Mimi lässt sich nicht so hängen, wenn wir chatten wirkt sie zwar nicht so, aber sie kann sich auch ganz gut verstellen“, erwiderte er besorgt.

„Mimi packt das schon. Sie vermisst dich bestimmt sehr, aber sie kennt es ja leider fast nicht anders.“ Tai nickte. Ja, sie wohnte schon so lange in New York. Für seinen Geschmack viel zu lange. „Also?“ hakte Kari ungeduldig nach. „Also?“ stellte Tai die Gegenfrage und machte sie nach.

„Darf ich dich begleiten?“

„Ach so klar. Mach dich fertig, ich warte.“
 

Um zehn Uhr verließen die Yagami-Geschwister die Wohnung, während Tai Mimi noch schrieb und wusste, dass sie gerade im Unterricht saß. Sie erreichten eine halbe Stunde später die Fakultät und betraten die Party. Sehr viele Erstsemester hatten sich hier eingefunden und Kari sah sich neugierig um. „Wow... Die Uni ist schon cool. Unglaublich wie groß das Gelände ist und wie viele Studenten hier sind“, brachte sie staunend über die Lippen. „Die meisten hier sind nur vom Erstsemester“, erklärte Tai und schmunzelte, als Kari bei allem möglichen die Augen aufriss und mit offenem Mund stehen blieb. „Hier möchte ich auch studieren“, erwiderte Kari, während sie alle möglichen Eindrücke auf sich wirken ließ. „Weißt du denn was?“, fragte Tai nach, denn bisher wusste seine jüngere Schwester noch nicht genau, was sie machen wollte. „Nein, aber ich werde hier studieren.“

„Na dann“, lachte der Yagami und nahm sich etwas zu trinken. „Hallöchen, du bist ja tatsächlich gekommen“, flötete ein schwarzhaariges Mädchen und gesellte sich zu dem Yagami. „Kenne ich dich?“, fragte er verwundert nach. Das Mädchen kicherte los und boxte ihn gegen die Schulter. „Ich bin Nori, wir studieren zusammen und ich saß vor einigen Tagen neben dir“, erinnerte sie den Braunhaarigen. „Hmm... kann sein“, erwiderte Tai. Nori musterte kurz Kari, erst war ihr Gesichtsausdruck misstrauisch, doch dann wandelte sich der Ausdruck – wie Kari fand. „Du bist bestimmt seine Schwester oder?“, fragte sie neugierig nach. „Ähm...ja...“, murmelte die Jüngere.

„Hab ich doch gewusst“, kam es euphorisch aus Nori und schlug mit ihrer Faust gegen ihre flache Hand. „Ihr seht euch nämlich wahnsinnig ähnlich. Auch so hübsche braune Augen“, flirtete Nori und sah zurück zu Tai. „Deine Schwester ist wirklich süß, liegt wohl bei euch in der Familie.“ Taichi nickte nur unbeeindruckt und tat so, als ob er seine Schwester was wahnsinnig wichtiges zeigen musste und zog sie mit sich. „Kari, ich wollte dir doch noch das Dings da zeigen.“

„Das was?“, fragte sie verwundert nach.

„Man, das wovon ich dir eben erzählt habe. Wir sehen uns dann“, beendete Tai das Gespräch.

„Ach ja das Dings“, erwiderte Kari und ließ sich von ihrem Bruder mitziehen.

„Das hoffe ich doch“, rief Nori dem Brünetten hinterher.
 

Etwas entfernt sah Kari zu ihrem Bruder. „Was war das denn?“

„Keine Ahnung. Ich kenne sie nicht und will sie auch nicht kennen lernen“, erwiderte er unmissverständlich. „Ich glaube, das sieht sie anders. Wirst du Mimi davon erzählen?“, hakte Kari nach. „Wovon soll ich Mimi erzählen? Dass es in meinen Kursen Jungen und Mädchen gibt? Ich glaub das weiß sie.“ „Das meine ich nicht, dass ein Mädchen mit dir flirtet“, erklärte sie.

„Stell dir vor kleine Schwester, das ist nicht das erste Mal und sicher auch nicht das letzte Mal. Ich bin nämlich ein echt toller Typ“, grinste der Ältere überheblich. Kari rollte nur mit den Augen.

„Na wenn du meinst.“

„Als würdest du T.K jedes Mal Bescheid geben, wenn ein Junge mit dir flirtet.“

„Mit mir flirtet sonst keiner. Die kennen dich alle und haben Angst vor dir.“ Tai lachte laut los. Dann hatte er seinen Job ja gut gemacht. „Hey Yagami“, hörte Tai seinen Namen rufen und erneut lief Hiroto ihm über den Weg. „Bist ja doch gekommen“, stellte er erfreut fest.

„Ja, zu Hause war es mir zu langweilig“, erklärte er. Hiroto sah kurz zu Kari und lächelte sie breit an. „Da deine Freundin sicher nicht aus Amerika angereist ist, ist das?“ Tai sah kurz zu Kari und machte eine Handbewegung in ihrer Richtung.

„Meine jüngere Schwester: Hikari. Kari das ist Hiroto ein Kommilitone.“

„Freut mich“, erwiderte Kari freundlich und lächelte ihn zaghaft an.

„Sie ist sehr viel hübscher als du und auch sehr viel höflicher“, entgegnete Hiroto und zwinkerte Kari zu, die daraufhin kichern musste.

„Ich weiß gar nicht warum ich das schon mein Leben lang höre“, erwiderte Tai.

„Darüber solltest du mal nachdenken. Ich hole mir noch etwas zu trinken. Darf ich der hübschen Schwester noch etwas mitbringen?“, fragte Hiroto bei Kari nach und lächelte sie nochmal an. Kari schüttelte den Kopf, bedankte sich aber höflich. „Gut der Yagami weiß ja selber wo alles steht, aber wenn du etwas brauchst, lass es mich wissen.“ Als Hiroto weg war, drehte sich Tai verschwörerisch zu seiner Schwester um und legte seinen Kopf schief. „Was?“, fragte die Jüngere irritiert nach.

„Das nennt man flirten, Kröte.“ Kari wurde rot um die Wangen. „Rede nicht so ein Unsinn, der war nur nett, weil er mit dir befreundet ist“, rechtfertigte sich die Jüngere.

„Nein, er hat geflirtet, sogar ganz offensichtlich und wirst du T.K davon erzählen? Dass ein Sportstudent, der drei Jahre älter ist, mit dir geflirtet und es dir gefallen hat?“, stellte er grinsend die Frage an Kari. „Der war doch nur nett und ich war... wie war das nochmal? Nur höflich“, rechtfertigte sich die Braunhaarige gleich. Tai nickte wissend. „Klar, wenn du meinst..., dabei wert Ehrlichkeit doch am längsten, Schwesterherz.“ Ganz offensichtlich, war sein Ruf hier noch nicht so berüchtigt, wenn ein Kommilitone von ihm seine jüngere Schwester versuchte klar zu machen, das sollte er besser mal ändern. „Keine Sorge, er lässt dich in Zukunft in Ruhe.“ Kari rollte mit den Augen. „Woher wusste ich das nur?“
 

Kurz dachte er, ob Mimi wohl auch permanent von irgendwelchen Typen angeflirtet wurde und ob er es dann wissen wollte. Kisho? Der Typ war sogar so dreist sein Mädchen anzubaggern, wenn er dabei war, ob er dies jetzt noch machte? Erzählt hatte sie beim chatten nichts davon. Gut, Matt war da, also ein Problem weniger, aber was war mit anderen Typen? Er würde es wissen wollen, wenn Mimi angebaggert werden würde. Oder? Doch...schon der Gedanke daran störte ihn. „Ob Mimi wohl von anderen Typen angesprochen wird?“, nuschelte Tai und sah zu seiner Schwester. „Nein. Mimi doch nicht“ erwiderte Kari ironisch und lächelte dann ihren Bruder an. „Selbst wenn? Sie wird da eh nicht drauf einsteigen. Sowie du eben auch nicht, weil sie dich nämlich liebt und du sie“ , erwiderte die Braunhaarige und grinste, Tai lächelte matt. Kari hatte ja Recht. Sie liebten sich. Er musste ihr vertrauen und sie ihm.

Ein Wiedersehen mit Folgen

23. September 2010
 

Jetzt war Mimi schon drei Wochen wieder in Amerika und sie hasste es immer noch. Natürlich hatte sie sich mittlerweile damit abgefunden, aber was blieb ihr auch anderes übrig? Gestern war ein richtig schlimmer Tag für sie gewesen. Gestern war sie seit drei Monate mit Tai zusammen. Eigentlich war das nichts und ein Witz und nicht mal ein besonderer Zeitpunkt in einer Beziehung, aber dennoch wäre sie gestern gerne bei Tai gewesen. Sie hatte so schreckliche Sehnsucht nach ihm, dass sie wieder einmal alles was sie an ihn erinnerte hervorholte und sich nur noch mehr in ihrer Sehnsucht fallen ließ, dann hielt sie es nicht mehr aus und wollte seine Stimme hören und rief ihn an. Das war dumm, es war bei ihm mitten in der Nacht und er war sicher am schlafen, dennoch konnte sie nicht anders, als sie all die Briefe von ihm gelesen hatte. Doch der Anruf kam nicht mal richtig durch, irgendwie ging die Verbindung weg und sie war einfach nur noch frustriert. Es war auch noch mitten unter der Woche, sodass sie nicht mal skypen konnten. Irgendwann gab sie es auf und versuchte sich wieder zu beruhigen. Das Wochenende war immer noch zwei Tage entfernt und überhaupt verging die Zeit einfach nicht schnell genug. Es war noch nicht mal ein Monat vergangen. Würde es irgendwann einfacher werden?
 

Mimi verließ das Schulgebäude, nachdem sie auch das Cheerleadertraining hinter sich gebracht hatte. Doch noch immer kreisten ihre Gedanken um Tai und wie sehr sie ihn vermisste, daher schrieb sie kurzerhand Matt eine SMS und fragte, ob er heute Zeit hatte. Er war in irgendeiner Bar, die Adresse hatte er Mimi kurzerhand gesimst und sie wollte nachdem Abendessen mal vorbei gehen. Seit drei Wochen versuchte sie sich täglich bei Nicole zu entschuldigen, doch diese war nach wie vor etwas nachtragend und Nicole ließ Mimi nicht an sich heran. Zu Schade, sie hätte sie wirklich gerne mitgenommen, dann wäre sie nicht immer das einzige Mädchen und hätte etwas Unterstützung, aber ihre anderen Schulkameraden oder Cheerleaderfreundschaften, waren alle sehr oberflächlich und nur mit Nicole verband sie ein tieferes Band. Eigentlich gab es früher hier in New York zwei Menschen die jenseits ihrer Eltern wichtig waren. Zu einem Nicole und zu anderen Nick, aber diesen Jungen wollte sie auf Lebenszeit nicht wieder sehen.
 

Nachdem Abendessen machte sich Mimi auf den Weg zu den Jungs in einen Irish Pub, da würden diese auch in ein paar Wochen ihren ersten Live Auftritt haben. Mimi war schon darauf gespannt, wie der Laden aussah. Sicher waren die Jungs schon aufgeregt, auch wenn sie es nicht zugeben würden. Dort angekommen, war es in etwa so wie sich Mimi einen Pub vorgestellt hatte. Es war recht dunkel - dunkelbraune Möbel, die Decke war mit komischen Lichterketten beleuchtet, überall die typisch amerikanischen Bilder von Bikern, Pin-Up Mädchen und eine Bar mittendrin. Das besondere neben dem grenzenlosen Alkohol, der aufgelistet zu erkennen war, sah man auch unzählige BH´s die aufgeleint an einer Schnur hingen und die Bar dekorierten. Mimi verzog ihr Gesicht. Also ihr BH würde hier sicher nicht landen. „Mimi!“ Die Angesprochene drehte sich um und Kazuki winkte ihr zu. Mimi winkte auch dem Schlagzeuger entgegen. Der war ganz okay, nett, aber hielt sich im Hintergrund. Im Gegensatz zu...

„Hi Süße, ich hab mich schon gefragt, wann du endlich auftauchst“, scherzte der Grünhaarige und reichte ihr ein Getränk. „Was ist das?“, fragte Mimi misstrauisch nach.

„Vodka-E“, erwiderte Kisho. Mimi schüttelte den Kopf.

„Nein danke, ich habe morgen Schule, ich trinke nur ein Wasser.“

„Ohh...ist das niedlich“, grinste der Gitarrist.

„In einem Pub trinkt sie ein Wasser“, scherzte auch der Schlagzeuger.

„Jetzt, lass sie doch einfach. Ich hol dir was, Mimi“, mischte sich Matt ein und ging zur Bar. Mimi nickte ihm dankbar zu. Sie überlegte, ob sie überhaupt in diesem Pub sein durfte. Eigentlich durfte man in so einem Laden erst mit 21 Jahren und Mimi war 19, aber vielleicht sah man bei Mädchen auch einfach nicht so genau hin und so lange sie nichts trank, sprach ja auch nichts dagegen.
 

„Hier.“ Matt reichte ihr ein Glas Wasser und Mimi nahm es dankend entgegen, sie folgte dem Blick des blondes Sängers, der gerade zur kleinen Bühne sah. „Aufgeregt?“, fragte Mimi vorsichtig nach. Matt sah zurück zur Jüngeren und schüttelte den Kopf. „Lügner“, kicherte die Brünette.

„Na ja, schon. Hier treten Donnerstags, Freitags und Samstags richtig gute Live Bands auf und die Stammgäste erwarten sicher einiges. Wir wollen uns heute mal einen Live Act angucken, der spielt um halb elf. Schaust du mit?“, richtete der Blonde an die Jüngere seine Frage.

„Das wird sicher zu spät für mich. Ich hab...“

„morgen Schule“, unterbrach der Grünhaarige die Beiden und beendete ihren Satz. Matt grinste.

„Ignoriere ihn einfach Mimi. Ich mache das auch immer so. Geht es dir denn sonst gut?“

Mimi zuckte mit den Schultern. „Ich bin seit gestern seit drei Monaten mit Tai zusammen und ja ich weiß, dass ist nichts besonderes, aber ich hab ihn halt vermisst“, erwiderte sie und nippte an ihrem Glas. „Ach wie süß, also wenn ich dich irgendwie trösten kann, oder...“

„Kisho! Aus! Geh lieber mal die nächste Runde holen“, entgegnete der Sänger scharf und beäugelte den Grünhaarigen mit einem bestimmten Blick. Dieser hielt seine beiden Handflächen nach oben und ging zur Bar.

„Danke, der nervt.“

„Ja, der ist... na ja..., eigentlich ganz okay, wenn seine Hormone nicht permanent mit ihm durchgehen würden.“
 

Nach einer Stunde wurde es in dem Pub immer voller und die Band würde in einer Stunde auftreten. Sie kam gerade von der Toilette, als sie kurz nach ihrem Handy griff und Tai einen schönen guten Morgen wünschte und ihm ausrichtete, dass sie ihn liebte, dann wollte sie es zurück in ihre Handtasche stecken, als sie abgelenkt wurde. „Mimi?“ Die Brünette erstarrte, diese Stimme... Das war doch... Unsicher hob sie ihren Kopf und ließ vor Schreck ihr Handy fallen. Was um Himmels Willen machte ER denn hier? „Du bist es ja wirklich“, sprach er weiter und ging näher auf die Braunhaarige zu, er ging in die Knie, griff nach ihrem Handy und reichte es ihr. „Bitte.“ Mimi schaffte es mit Mühe ihre Augen zum klimpern zu bringen, ansonsten war sie erstarrt und bewegungsunfähig, wodurch sie das Handy, nicht entgegen nehmen konnte. „Wie geht es dir?“, fragte er nach. Wie es ihr ging? War er komplett irre? Wie sollte es ihr schon gehen? Wegen diesem Typen... „Seid wann bist du denn in solchen Bars unterwegs? Ist ja mal was ganz neues“, grinste er weiter. Das Piepsen ihres Handys erhaschte seine Aufmerksamkeit. „Taichi hat geschrieben“, erwiderte er in einem abfälligen Ton und besah die Jüngere misstrauisch an. „Wer ist denn Taichi?“ Mimi versuchte sich zu konzentrieren. Tai. Sie entzog ihrem Gegenüber ihr Handy und steckte es ihre Handtasche zurück. „Du darfst mir überhaupt nicht so nah kommen“, nuschelte sie unsicher und ging ein paar Schritte zurück. Der junge Mann lächelte sie wissend an. „Ach bitte, das kannst du doch unmöglich ernst meinen. Immerhin waren wir ein Jahr zusammen und plötzlich warst du weg. Ich dachte du kämst gar nicht mehr zurück“, grübelte er.

„Ich war nicht plötzlich weg und wir haben uns nicht ohne Grund getrennt. Du hast mich geschlagen und deinetwegen hab ich mein Ba...“

„Halt deine Klappe! Schlampe“, fuhr er sie wütend an, wirkte angespannt und bedrohlich auf Mimi. Die Brünette schwieg sofort. Die Toiletten waren im Keller und wirklich viel los war hier unten nicht. Sie hatte Angst, fühlte sich ihm ausgeliefert und fand einfach keinen Ausweg aus der Situation. „Nur weil du zu blöd warst die Pille zu nehmen, lass ich mir doch nicht meine Zukunft versauen und ich habe dich nicht geschlagen. Hört auf so einen Unsinn zu erzählen“, schrie er sie wütend an und kam der Jüngeren immer näher, bis sie mit ihrem Rücken die Wand erreichte und nicht mehr zurückweichen konnte.
 

Er blieb direkt vor ihr stehen und sah zur Jüngeren hinab. „Wir haben uns nur gestritten und du bist ausgerutscht“, erwiderte er selbstgerecht.

„Das ist nicht wahr“, murmelte die Jüngere und senkte ihren Blick so weit nach unten wie sie konnte. Grob griff er mit seiner Hand nach ihrem Kinn und brachte sie so dazu ihn anzusehen.

„Du bist immer noch so hübsch“, sprach er ungehindert weiter, während er ihren Lippen immer näher kam. „Lass mich los“, forderte sie zitternd auf und versuchte mit ihrem Händen ihren Exfreund von sich zu drücken, doch er dachte nicht daran aufzuhören und umgriff nun ihren Hals. Als Mimi panisch ihre Augen zusammenschlug und schon mit dem unvermeidlichen rechnete, spürte sie plötzlich wie sie wieder Luft bekam. „Fass sie gefälligst nicht an!“ Matt stand plötzlich hinter ihrem Exfreund, er packte diesen grob an der Schulter und zog ihn von Mimi zurück. „Was mischst du dich überhaupt ein? Verpiss dich, dass hier“, Nick deutete auf sich und Mimi und sah dann zurück zum blonden Musiker. „geht dich gar nichts an.“

„Da wäre ich mir nicht so sicher. Lass Mimi in Ruhe“, sprach Matt bedrohlich weiter. Nick kniff wütend seine Augen zusammen. Wer war der Typ? „Verschwinde“, knurrte er weiter.

„Ich denk ja nicht dran, ohne Mimi geh ich nirgendwo hin.“

„Hi Matt, die Band...“, Kazuki stand ebenfalls plötzlich auf der Treppe und kam die letzten Stufen langsamer runter, als er bemerkte, das sich ein Streit ankündigte. „Alles okay hier?“

„Der Widerling bedroht Mimi“, brummte Matt und sah weiter zu Nick.

„Ich hol den Türsteher!“, sprach Kazuki weiter und rannte die Treppen wieder hoch. Schnell änderte sich der Ausdruck in den Augen von Nick, er wand sie von Matt ab, sah kurz zu Mimi und lief selber schnell die Treppen rauf, dabei schubste er den Blonden unsanft zur Seite.
 

Matt drehte sich zu Mimi um und berührte vorsichtig ihr Handgelenk. „Alles okay?“, fragte er behutsam nach. Mimi schien noch immer in einer Schockwelle zu stehen und stand regungslos an der Wand. „Hey“, sprach Matt sanft weiter und wedelte mit einer Hand vor der Jüngeren herum. Diese schreckte auf. „Matt? Danke“, murmelte sie und hielt sich die Arme verschränkt um ihren Oberkörper. „Was war das beziehungsweise wer war das?“, fragte er nach.

„Das... also das war Nick. Er war mein Exfreund.“ Die junge Frau kämpfte derweil mit ihren Tränen, während Matt sich zurückerinnerte. Was hatte Tai ihm vor ein paar Wochen erzählt? Mimi war schwanger und hatte ihr Kind verloren und das nicht ganz ohne Grund. „Das war der Typ, weshalb du...“ Er beendete den Satz nicht, sah aber wie die Jüngeren zögerlich nickte.

„Scheiße“, fluchte der Blonde. Er kramte in seiner Hosentasche herum und fischte sein Handy heraus. Irritiert sah die Brünette zum blonden Musiker. „Was wird das?“, fragte sie verwirrt nach, als sie sah, das er eine Nummer wählte und das Handy an sein Ohr hielt. „Na Tai anrufen“, erklärte er kurz angebunden. Völlig entsetzt brachte Mimi ihre eigene Apathie auf, griff nach Matts Handy und klickte den roten Hörer an um das Gespräch gleich wieder zu beenden. Verwirrt sah Matt zu Mimi. „Was soll das denn?“

„Er darf davon nichts erfahren“, fuhr sie ihn aufgebracht an.

„Wie bitte? Das ist jetzt nicht dein ernst?“

„Und ob das mein ernst ist.“

„Gib mir mein Handy, Mimi!“, forderte der Blonde die Jüngere augenblicklich auf. Die Tachikawa schüttelte ihren Kopf und hielt das Handy fest mit ihren Händen umschlossen. „Mimi.“

Erneut schüttelte die Brünette ihren Kopf, erwiderte aber den Blick des Blonden. „Hör zu. Danke, dass du mir gerade geholfen hast, aber Tai soll das nicht erfahren. Bitte versprich mir das.“

„Hi, ist alles okay? Der Typ ist aus dem Pub gelaufen, noch ehe ich den Türsteher erreicht hatte“, erklärte der Schlagzeuger, der gerade wieder die Hälfte der Treppenstufen passiert hatte. Matt sah kurz zu seinem Bandkollegen und nickte ihm zu. „Ja, wir kommen klar. Kannst ruhig hoch gehen. Wir kommen gleich nach“, fügte er hinzu. Kazuki nickte ihm zu und ging die Treppenstufen wieder nach oben. „Tai ist mein bester Freund, Mimi“, nahm Matt gleich das Gespräch wieder auf, an dem sie gerade unterbrochen wurden. „Das weiß ich doch“, murmelte die Brünette unsicher.

„Und ich hab hier eine gewissen Verantwortung für dich.“

„Nein, das hast du nicht. Matt, ich... ich kann wirklich gut auf mich selber aufpassen. A-Außerdem kann Tai auch nichts ändern“, stotterte die Jüngere.

„Das habe ich gerade gesehen, wie gut du auf dich aufpassen kannst. Mimi, der Typ weiß jetzt, dass du wieder hier bist. Wen hast du denn hier? Ich bin auch nicht ständig da und Tai sollte Bescheid wissen, auch wenn er vielleicht gerade nichts machen kann.“

„Es geht doch nicht darum, dass er nichts machen kann. Nicht nur... Er... Er wird sich einen mega Kopf machen. Er wird sich sorgen und das will ich nicht. Er soll sich auf sein Studium konzentrieren und nicht mit dem Gedanken daran, ob irgendein dämlicher Ex in meiner Nähe ist“, erklärte Mimi flehend und versuchte Matt irgendwie zu erweichen. „Ich halte das für überhaupt keine gute Idee und Tai würde von mir erwarten, dass ich ihm so etwas sage.“

„Matt, bitte, bitte.“ Mimi sah erwartungsvoll zu ihm. „Ich will ihn nicht beunruhigen. Er ist ja jetzt weg und ich rede mit meinen Eltern darüber, versprochen. Sie kennen die ganze Geschichte und mit ihnen gemeinsam finde ich eine Lösung. Er darf mir auch eigentlich gar nicht zu nah kommen“, erklärte Mimi weiter. „Das hat ihn gerade ja wirklich abgehalten, nicht wahr? Mimi ich bin nicht die ganze Zeit in deiner Nähe um dich zu beschützen.“

„Sollst du ja auch gar nicht. Ich will Tai da einfach nicht mit rein ziehen. Matt bitte.“ Die Brünette flehte den Älteren an und sah traurig zu ihm hoch. Matt war hin und her gerissen. Tai würde absolut wollen, das er das erfuhr. Er hatte ihm versprochen auf sie aufzupassen. Das hier war so viel mehr, hatte mehr Gewicht, mehr Bedeutung. Tai wäre auch sauer auf ihn. „Heute sage ich ihm nichts, Mimi. Denk darüber nach es ihm selbst zu sagen.“

„Danke“, erwiderte die Brünette mit einem leichten Lächeln.

„Moment, das heißt noch nicht, dass ich ihm gar nichts sagen werde. Ich gib dir jetzt Zeit. Ich muss mir noch überlegen was ich mache.“ Mimi war für den Moment zufrieden, mehr konnte sie wohl nicht von Matt erwarten. Sie wusste ja, wie loyal Matt Tai gegenüber war und auch dass es unfair war, ihn um Stillschweigen zu bitten, aber sie wollte nunmal das Beste für Tai und sie war sich sicher, dass er am anderen Ende der Welt durchdrehen würde, würde er jemals erfahren, dass Nick in ihrer Nähe war und sie bedroht hatte.
 

Mimi wollte jetzt nur noch nach Hause, doch Matt wollte sie nicht alleine nach Hause gehen lassen. Kurzerhand nahm er sich ein Taxi und fuhr mit Mimi mit. Sie bedankte sich höflich bei dem Blonden. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, ihn um so etwas zu bitten, auch dass er ihretwegen das Konzert verpasste, tat ihr Leid. Sie traute sich gar nicht mehr Matt anzublicken, als sie schließlich vor ihrer Haustür war. „Es tut mir leid, Matt“, nuschelte sie und senkte ihren Blick auf ihren Schoß. „Ist schon okay, wenn was ist, meldest du dich, okay?“ Mimi nickte zaghaft mit dem Kopf und öffnete die Tür. „Mimi?“ Die Angesprochene sah zurück zum Musiker. „Ernsthaft, wenn der Typ wieder auftaucht, meldest du dich bei mir.“

„Ja, das mache ich.“ Mimi lächelte ihm zum Abschied an und schlug die Tür zu. Erst als sie die Haustür öffnete, erkannte sie wie das Taxi weiterfuhr. Völlig fertig ging Mimi in ihr Zimmer und setzte sich auf ihr Bett. War Nick wirklich wieder da? Was sollte sie dann tun? Sie zog sich um, machte sich fürs Bett fertig. Sie war später zu Hause, als sie beabsichtigt hatte. Sie nahm ihr Handy, aus der Tasche um es aufzuladen, als ihr einfiel, dass Tai ihr noch geschrieben hatte. Sie öffnete die Kurznachricht, während sich zeitgleich ein lächeln auf den Lippen schlich und Tränen in ihren Augen aufblitzten.
 

- Danke Prinzessin. Schlaf gut, ich denk an dich und ich liebe dich. Tai. -

Fernbeziehungen sind schwer

24. September 2010
 

Tai gähnte. Es war mitten in der Nacht, er blinzelte ein paar Mal mit den Augen um sich in der Dunkelheit orientieren zu können. Irgendetwas hatte ihn geweckt. Aber was? Er nahm sich sein Handy und erkannte einen Anruf von Matt. Wieder sah er sich die Uhrzeit auf seinem Handydisplay an. Warum rief Matt ihn um sieben Uhr morgens an? Sicher nicht, um ihm einen guten Morgen zu wünschen. Das war nun wirklich nicht seine Art. Neben dem Anruf erkannte er auch noch eine Nachricht von Mimi. Gleich schlich ein Lächeln auf seine Lippen und er antwortete ihr sofort. Sicher würde sie bald schlafen gehen, während er jetzt wach war, sollte er sich nochmal umdrehen und versuchen weiter zu schlafen oder einfach schon aufstehen? Er entschied sich den Tag heute etwas früher zu beginnen. Er ging unter die Dusche und nachdem er das erledigt hatte, nahm er sich wieder sein Handy hervor. Mimi hatte nicht mehr geschrieben, sicher war sie schon eingeschlafen. Ja, eine Fernbeziehung... dies war wesentlich härter als er es sich anfnags vorgestellt hatte. Er liebte sie, das stand ohne Zweifel fest, aber durch die Zeitverschiebung und den unterschiedlichen Tagesablauf war es manchmal wirklich sehr schwer.
 

Wieder dachte er an den Anruf von Matt und entschied sich dazu ihn anzurufen. Er wählte die Nummer und Matt hob einige Sekunden später ab. `Hi, was geht?´, hörte er ihn fragen.

„Das wollte ich dich gerade fragen, du hattest angerufen. Alles okay oder vermisst du mich schon?“, fragte er grinsend nach. `Ah ja, ich ähm...wollte nur hören, wie es so läuft?´

Misstrauisch verzog er eine Augenbraue, warum klang Matt denn so komisch? „Läuft ganz gut. Studium ist echt cool, ein paar Leute sind echt locker, auch wenn man bemerkt, das sich hier irgendwie alles verändert und das wichtige Leute einfach fehlen“, antwortete Tai wahrheitsgemäß. `Ja, ich versteh was du meinst. Hier ist sowieso alles anders´ erwiderte sein bester Freund durch das Telefon. "Aber auch alles aufregend."

„Hast du es dir denn so vorgestellt?“, fragte der Brünette nach. `Eigentlich schon, wobei es ist irgendwie sogar noch besser. Wir kommen mit den Proben gut voran und haben uns gut eingelebt. Wir waren eben in einem Pub, dort treten wir bald auf. Mimi war auch da.´ Schnell brach Matt ab. `Warst du mal bei Sora?´ schoss er gleich hinterher und lenkte das Thema auf die andere Frau.

„Mimi war in einem Pub?“, erkundigte Tai sich. „Ist sie dafür nicht noch viel zu jung?“

Tai hörte wie Matt laut ausatmete. „Matt ist alles okay mit Mimi?... Yama?“, fragte der Yagami ungeduldig nach.

´Ja, es geht ihr gut, also sie vermisst dich, aber sonst geht es ihr gut. Denk ich.`

Tai wurde das Gefühl nicht los, das irgendetwas nicht stimmte. Der frühe Anruf von Matt, seine fadenscheinigen Ausreden und Mimi war in einem Pub, warum erzählte sie nichts davon? Okay, sie musste auch nicht immer sagen, wo sie hinging, trotzdem und dann sprach Matt so wirres Zeug. „Yama, wenn irgendetwas mit Mimi ist, dann sagst du mir das doch, oder?“

`Weißt du doch. Sprich am besten mir ihr. Sie war nur wirklich traurig und sie... sie vermisst dich.´ Tai nickte, er vertraute Matt und warum sollte er ihn auch anlügen? „Sora vermisst dich auch, hast du dich mal bei ihr gemeldet?“, erkundigte Tai sich. `Ja, per Nachricht. Ich wollte sie auch anrufen. Irgendwie hat man die ganze Zeit so viel zu tun, die Proben, dann mussten wir uns hier einrichten und zurechtfinden und dann immer diese Zeitverschiebung.´

„Klingt irgendwie wie eine Ausrede. Sorry, Kumpel. Ruf deine Freundin an, die dreht hier sonst noch durch. Gerade ist sie ganz schön sauer auf dich und ich kann es verstehen.“, sprach Tai ehrlich weiter. Er hörte wie Matt frustriert schnaubte. `Ja, ich rufe sie jetzt mal an. Es ist wirklich längst überfällig. Danke, dass du für sie da bist und auf sie achtest. Ich melde mich dann wieder.´ Tai nickte, auch wenn das Matt nicht sehen konnte.

„Mach das und wenn was ist, egal ob bei dir dir oder bei Mimi... Du hast ja meine Nummer. Zögere bitte nicht mich anzurufen und die Uhrzeit spielt keine Rolle!“ Tai hörte noch, wie Matt das bestätigte und legte dann auf. Er legte sein Handy auf sein Nachttisch zurück. Heute war immerhin Freitag. Morgen wäre Samstag, dann würde er mit Mimi skypen und auf jeden Fall nochmal nachfragen, wie das mit dem Pub war. Irgendwie ließ ihn das keine Ruhe und irgendwie beschlich ihn das Gefühl, als ob das doch mehr war...
 

Er verließ sein Zimmer. Uni würde erst in einer Stunde losgehen. So konnte er sich noch in Ruhe sein Frühstück machen. Er öffnete die Kühlschranktür, nahm sich einige Eier heraus, schlug sie auf und ließ sie in einer heißen Pfanne verschwinden, die er schließlich hin und her schwang. „Hey, du bist ja schon wach?“ Tai drehte seinen Kopf und sah zu seiner Schwester. Kari trat näher in den Küchenbereich. Sie hatte gleich Schule. Kari ging nun in die Oberschule und trug die blaue Schuluniform. Manchmal konnte er gar nicht fassen, wie groß sie geworden war. Oh man, er hörte sich gerade wie seine Großmutter an. „Ja, ich hab gerade mit Matt telefoniert, werde aber auch gleich zur Uni aufbrechen“, erwiderte er. „Ah...wie geht es ihm? T.K hat noch nicht viel von ihm gehört. Er hat ihm nur kurz geschrieben“, erwiderte die Jüngere, stellte sich auf ihre Zehenspitze und sah in die Pfanne rein. Sie lächelte und sah zu ihrem Bruder auf.

„Gibst du mir was ab?“ Tai nickte. „Klar, dass scheint wohl sein Ding zu sein, nur kurz zu schreiben. Ich versteh es nicht.“

„Aber das ist doch sicher ein gutes Zeichen, ich meine dann geht es Matt doch gut, oder?“

Tai nickte. „Ich denke schon, aber Sora...“ Tai stellte die Pfanne auf eine kalte Herdplatte ab, während Kari zwei Teller herausholte. Er befüllte beide Teller mit Rührei und machte sich noch etwas Toast dazu. Die Geschwister setzten sich an den Tisch, während Tai die Teller nahm, trug Kari zwei Gläser mit Orangensaft und schließlich begannen die Geschiwster gemeinsam zu frühstücken.
 

„Ich war gestern bei Sora, zusammen mit Yolei. Sie ist... wirklich wahnsinnig niedergeschlagen“, murmelte die Braunhaarige und nahm einen Schluck von ihrem Orangensaft. „Ja, ich weiß. Matt telefoniert jetzt hoffentlich mit ihr. Ich denke ich schaue nachher mal bei ihr vorbei. Irgendwie weiß ich nicht mehr was ich ihr sagen soll. Fernbeziehungen sind echt blöd“, brummte Tai. Kari legte ihr Besteck auf ihren Teller und sah zu ihrem Bruder. „Wie meinst du das?“ Tai zuckte mit den Schultern. „Wie soll ich das wohl meinen? Sowie ich es gesagt habe. Fernbeziehungen sind blöd. Man weiß zwar, dass man jemanden hat, aber... man kann diesen Menschen nicht sehen, nicht so wie man es will. Man kann dieses Menschen nicht mal immer erreichen, wenn man gerade Lust hat. Ich vermisse die Nähe zu Mimi und merke auch, wie sehr ich mich nach ihr sehne. Auch nach so ganz einfachen Dingen, wie mit ihr zu frühstücken und mit ihr zu schreiben. Mit ihr zu skpen oder zu telefonieren, all diese Dinge um die Distanz zu überwinden, es gelingt aber eben nur bedingt.“ Kari senkte ihren Blick. Das Ganze kam ihr bekannt vor. Sora sprach gestern auch nur darüber wie schwer und wie trostlos alles ohne Matt war und dass sie immer weniger Hoffnung hatte, da er sich nicht wirklich bei ihr meldete und sie nicht wusste, wie sie damit umgehen sollte. Kari hoffte nur, dass sie sich niemals von Takeru so verabschieden musste. Sie würde wohl auch nicht wissen, wie es dann weiter gehen würde und sicher an der Trennung zerbrechen, aber sie glaubte daran, dass es alle schaffen würden und dass es die Beziehungen stärker machen würde. Sie wollte einfach daran glauben und wenn einer Zweifel hatte, würde sie die eben einfach vertreiben. Ja, das war jetzt ihre Aufgabe. Wenn Tai oder Sora Unsinn erzählten würde sie ihnen eben den Kopf waschen. Sie brauchten ihre Partner und auch wenn es manchmal ohne schwer war. Eine Trennung würde wohl beiden Parteien den Boden unter den Füßen nehmen und gnadenlos auf dem Boden aufschlagen. „Aber du willst schon noch mit Mimi zusammenbleiben?“, fragte sie unsicher nach.

„Natürlich, das steht auch gar nicht zur Diskussion. Es ist eben einfach nur schwer.“

„Das versteh ich, aber versuche einfach dich darauf zu konzentrieren, dass du Mimi in zwei Monaten wieder siehst“, lächelte Kari aufmunternd und war froh zu hören, dass Tai zwar manchmal Zweifel hatte, was wohl auch normal war, aber das er auch wusste, dass er Mimi liebte und sie nicht verlieren wollte. Tai nickte und lächelte ebenfalls zu seiner Schwester.

„Ja in zwei Monaten“, wiederholte er.
 


 

Nach der Uni machte er sich auf den Weg zu Sora. Mittlerweile wusste er, wann sie zu Hause war. Er klingelte und wartet darauf, dass sie aufmachen würde. Sora war, wie er erwartet hatte, daheim und ließ den Älteren eintreten. „Hi, alles klar?“, erkundigte er sich und hatte etwas Essen, sowie seine Sporttasche dabei, da er danach noch ins Fitnessstudio wollte.

„Was ist das?“, fragte Sora neugierig nach. „Ich war beim Chinesen und dachte mir, dass du sicher wieder nichts gegessen hast.“ Sora verzog eine Grimasse. „Es gibt Neuigkeiten“, sprach sie, während sie in die Küche ging, sich Besteck für Tai und sie holte, Getränke auf den Tisch stellte und sich auf einem Barhocker niederließ. Tai setzte sich ihr gegenüber auf den Barhocker und wartete darauf, dass Sora weiter sprach. „Ich habe einen Nebenjob in einer kleinen Boutique“, erwiderte sie. Tai nickte verstehend. Sollte er nach Matt fragen oder würde sie es selbst erzählen, oder hatte er etwa? „Matt hat heute Morgen angerufen“, sprach sie weiter und aß die gebratenen Nudeln die Tai ihr mitgebracht hatte. „Die sind echt lecker. Danke.“

„Kein Ding, ist doch gut oder? Also das er sich gemeldet hat!“ Sora nickte und dennoch erkannte er, dass sie trotz allem nicht glücklich wahr. Nicht wirklich. „Es geht ihm gut und sie arbeiten viel. Er hat sich dafür entschuldigt, dass er so wenig Zeit hatte und versprach Besserung, aber daran glaube ich nicht.“

„Wieso glaubst du daran nicht?“, fragte er nach.
 

„Ach, ich bin realistisch Tai. Sie haben mit den ganzen Auftritten nicht mal angefangen und wenn das beginnt, hat er noch weniger Zeit. Ich bin mir sogar sicher, das es ihm leid tut und auch dass er gerne mehr Zeit hätte, aber...“

„Fernbeziehungen sind verdammt kompliziert“, murmelte Tai und war sich sicher, dass Sora Recht hatte. Matt meinte das nicht böse, aber sein Traum biss sich mit anderen Träumen und auf Dauer würde Sora das nicht ewig mitmachen. Da war seine Situation einfacher. Es gab ein Ende ihrer Durststrecke, aber würde Matt wirklich in ein paar Monaten wieder in Japan sein?

„Ja, sie sind scheiße und das habe ich auch vorher gewusst. Für so etwas bin ich echt nicht geschaffen. Ich gehe daran kaputt, Tai. Ihn so wenig zu sehen und dann immer die Sorge, ob da vielleicht ein anderes Mädchen...“

„So etwas macht er nicht... Er hat viel um die Ohren und ja derzeit konzentriert er sich auf die Musik, aber er liebt dich, sonst hätte er es vorher beendet“, unterbrach er sie gleich. Matt liebte Sora, das war schon immer so gewesen. Er war derzeit zwar etwas egoistisch unterwegs, das musste Tai zugeben, aber er war sich sicher, dass der Blonde Sora nicht verlieren wollte. Matt war sich eben sicher, dass Sora auf ihn warten würde... und er hoffte, dass Sora das auch noch eine Weile konnte. Ob Matt sich zu sicher war? So oder so hatte ihre Beziehung Risse bekommen und wer sagte, dass ein Wiedersehen auch so ablief, wie sie es sich vorstellten? Tai seufzte und Sora blickte zu ihm auf.

„Dir geht es auch nicht gut, oder?“ Der Brünette schüttelte seinen Kopf. „Es sind erst drei Wochen.“

„Ich weiß“, murmelte Sora niedergeschlagen. „Du vermisst Mimi und weißt du was? Ich bin eifersüchtig auf Mimi, weil sie Zeit mit Matt verbringen kann und ich nicht.“

„Dafür kannst du auch Zeit mit mir verbringen, was sie nicht kann“, erwiderte er lachend und zuckte mit den Schultern. „Ja, trotzdem, aber es ist dennoch etwas anderes. Sie bekommt den ganzen Prozess mit, ist dabei wenn er seine ersten Auftritte hat, vielleicht ermutigt sie ihn sogar, wenn er aufgeregt ist. Ich meine, das wäre doch meine Aufgabe als seine Freundin. Sie kann ihn anfeuern und ihn danach beglückwünschen und was bekomme ich? Eine SMS, wenn ich Glück habe.“ Sora verdrehte genervt die Augen. Tai lachte laut los und irritiert sah die Rothaarige zum Älteren. „Sora, jetzt ehrlich. Verrenne dich nicht noch mehr in deiner Welt, die du dir selber zusammenreimst. Ich fände es schlimmer, wenn Mimi nicht dabei wäre, wenn sie schon da in der Nähe wohnt und eher gefriert die Hölle, als dass etwas zwischen den Beiden passiert.“ Tai aß sein Essen auf und Sora schwieg. „Wem vertraust du eigentlich mehr, Mimi oder Matt?“, fragte Sora nach einiger Zeit nach, nachdem sie nichts mehr sagten und sich ihren eigenen Gedanken hingaben.

„Matt“, murmelte Tai schneller als gedacht. Er sah zu Sora, die ihn grinsend ansah.

„Deine Antwort hätte Mimi lauten sollen.“ Tai zuckte mit den Schultern.

„Matt ist aber schon wesentlich länger mein bester Freund, als Mimi meine Freundin ist. Ich liebe sie, aber Matt würde ich mein Leben anvertrauen und eben auch meine Freundin. Er würde das nicht ausnutzen, schon alleine wegen mir. Sorry, aber das denk ich nun mal.“ Sora war beeindruckt. Die Beiden verstanden sich eben blind. Das konnte man immer wieder beobachten. Sie wussten alles voneinander, Tai wusste Sachen über Matt, die nicht mal sie wusste und andersherum war es sicher auch so. Aber vertraute sie Matt so wie Tai? "Vielleicht hast du Recht", murmelte sie leise und aß ihr Essen weiter auf.
 

„Also was meinst du, kann ich dich wieder alleine lassen?“, fragte Tai bei der Rothaarigen nach, nachdem sie das Essen aufgegessen und weggeschmissen hatten.

„Hey ich bin kein Pflegefall. Ich danke dir und Kari und ihr seid wirklich alle lieb, aber es wird schon alles gut werden“, murmelte sie bedrückt.

„Ja, das klingt fast überzeugend“, sagte Tai grinsend.

„Jetzt, geh schon!“ Sora rollte mit den Augen, während Tai seine Hand zum Gruß hochnahm und die Wohnung verließ. Er sah auf die Uhr, es waren neun Uhr abends, also bei Mimi acht Uhr morgens. Sie hatte noch einen Schultag vor sich, ehe sie das Wochenende einläuten konnte. Er zog sein Handy vor und schrieb ihr eine Nachricht. Dann schnappte er sich sein Fahrrad und fuhr noch ins Fitnessstudio. Er musste sich noch etwas ablenken. runter kommen. Den Tag sowie die Woche Revue passieren lassen. Er zog sich um und betrat die Trainingsfläche. Er stieg als erstes aufs Laufband, er nahm seine Kopfhörer und sein Handy heraus, wählte seine Playlist und lief los. Er dachte an die vergangen Monate. Wie alles gelaufen war, wie er Mimi näher kam und er sich in sie verliebte, wie sie für ihn in Aoshima da war und er für sie, als es ihr wegen ihrem Großvater oder ihrem Exfreund nicht gut ging. Er stoppte das Laufband und blickte auf die Anzeige, sein Puls raste, sein Herz schlug kräftig gegen seine Brust. Ihm dämmerte es, dass er jetzt seit drei Monate mit Mimi zusammen war, ob sie deshalb so traurig war? Er atmete tief ein und aus, während er das Laufband wieder betätigte und begann immer schneller zu laufen. Er musste sich einfach auspowern, doch er wusste egal wie schnell er lief, er würde doch nicht vom Fleck kommen und schon gar nicht zu ihr...

Das Unheil geht weiter

27. September 2010
 

Das Wochenende lag hinter Mimi, am Wochenende hatte sie es zum Glück wieder geschafft mit Tai zu skypen, sie erzählte ihm jedoch nichts von der Begegnung mit Nick. Zum Glück konnte sie auch Matt beruhigen, sodass er es erst mal nicht Tai sagte. Er hieß, dies aber nicht gut, jedoch wollte Mimi ihren Freund einfach nicht belasten, wenn er doch nichts machen konnte. Noch immer konnte die Brünette nicht fassen, dass tatsächlich Nick vor ihr gestanden war, gleich überzog sich ihre weiche Haut mit einer kühlen Gänsehaut. Passend war es auch draußen regnerisch und ungemütlich, so langsam bemerkte man, dass der Sommer vorbei war und der Herbst bevor stand. Mimi musste nur noch den Herbst überstehen, dann würde sie Tai im Winter wiedersehen. Sie kuschelte sich noch etwas in ihrem grünen Schal ein, als sie im gelben Schulbus saß und an einer Haltestelle zum stehen kam. Nicole stieg ein, sah flüchtig zu Mimi und setzte sich zwei Reihen dahinter. Nein, sie redete immer noch nicht mit ihr und Mimi vermisste ihre Freundin, sie brauchte jemanden zum reden und sie konnte auch schlecht die ganze Zeit Matt die Ohren vollheulen, abgesehen davon hatte er die Woche über sowieso keine Zeit, weil die Band mit Proben und wer weiß was sonst noch beschäftigt war. Mimi seufzte, während sie ihren Kopf auf ihrem Handrücken ablegte und traurig aus dem Fenster sah.
 

Mimi ging ruhig durch die Flure, während sie ihren ersten Kursraum aufsuchte. Immer wieder sah sie auf ihr Handy, ob Tai ihr geschrieben hatte, aber noch keine Nachricht. Wo er war? Und mit wem? War er beim Sport, bei Sora, machte er was mit Kari oder Izzy? Mit Leuten die sie nicht kannte, mit Mädchen die sie jetzt schon nicht ausstehen konnte? Verärgert steckte sie ihr Handy weg. Sie hatten ja gestern geskypt, versuchte sich Mimi zu beruhigen, aber trotzdem war sie regelrecht auf ihr Handy fixiert. Sie stieß die Tür zum Kursraum auf und als wäre es nicht schon schlimm genug dass Montagmorgen war, so standen auch noch zwei Stunden Mathe auf dem Stundenplan. Würg, man war sie froh, wenn sie die Schule nicht mehr besuchen musste, auch wenn sie immer noch keine Ahnung hatte, was sie eigentlich danach machen sollte. Sie wusste nur, dass sie zurück nach Japan wollte. Sie setzte sich auf einen Stuhl und schlug missmutig ihre Matheaufgaben auf.
 

Die erste Pause stand nach 90 Minuten an und Mimi wollte eine neue Chance nutzen um mit Nicole zu sprechen. Sie saß bei ein paar anderen Cheerleadern die Mimi auch kannte. Sie stellte sich dazu und lächelte die Gruppe schüchtern an. „Hey“, begrüßte sie die Runde.

„Hi Mimi“, sprach Sandy, ein blondes Mädchen und Cheerleaderkäpten, Mimi an. „Wie geht’s dir?“

„Gut und dir, Sandy?“ Die Blondine nickte und drehte ihren Kopf wieder zu einer anderen Cheerleaderin, sie diskutierten gerade darüber wer im neuen Schuljahr ins Team aufgenommen wurde. Immerhin hatten sie hohe Ansprüche und viele Bewerber und Sandy wollte nur die Besten in ihrem Team. Die Vorrunde lief letzte Woche und auf zehn freie Plätze gab es fast 50 Bewerber. Mimi konnte es manchmal selber nicht fassen, wie viele Bewerber es gab und war froh, diese Entscheidung nicht treffen zu müssen. Sie setzte sich neben Nicole auf eine Bank und sah sie erwartungsvoll an. „Hey“, murmelte sie. Nicole erwiderte den Blick kurz, tat aber dann so, als würde sie ganz gespannt Sandy zuhören, obwohl Mimi genau wusste, dass es sie eigentlich nicht interessierte, wer neu ins Team kam. „Rede doch mit mir“, versuchte es Mimi erneut, doch Nicole ignorierte sie weiter. Mimi fischte wieder ihr Handy aus ihrer Schultasche. Keine Nachricht von Tai. Normal müsste er doch gleich ins Bett gehen, war er denn noch immer unterwegs? Und wenn mit wem? Am liebsten würde sie schreiben und fragen, mit wem er zusammen war, aber das war wirklich kindisch und eifersüchtig und... warum schrieb er denn nicht? Wütend steckte sie ihr Handy zurück und schmiss die Tasche wütend zu. Nicole sah kurz zu Mimi, doch als diese den Blick erwidern wollte, drehte sie ihren Kopf schnell wieder. Mimi fühlte sich schlecht, musste das sein?
 

Die Pause war vorbei und Mimi, sowie die restlichen Schüler gingen wieder ins Schulgebäude. Mimi und Nicole hatten nun Englisch und verbrachten die Stunde gemeinsam. Mimi setzte sich zwar wieder neben Nicole, aber unterhalten hatten sie sich nicht. Die Lehrerin trat herein und begrüßte die Schüler. „Guten Morgen“, sagte sie fröhlich. „Bevor wir anfangen, möchten ich euch noch einen neuen Mitschüler vorstellen.“ Die Tür ging auf und Nick trat ins Klassenzimmer. Mimi starrte den jungen Mann ungläubig an und konnte es nicht fassen. War das gerade ein Alptraum? könnte sie bitte einer wecken. Was machte Nick an ihrer Schule? Sie waren zwar mal ein Paar, aber besuchten unterschiedliche Schulen. Er ging auf eine Privatschule, die Eltern hatten auch genug Geld dafür, doch plötzlich eine öffentliche Schule? Ungläubig sah sie dabei zu, wie Nick neben der Lehrerin zum stehen kam. „Stell dich doch bitte kurz vor, Nick.“

„Gerne. Mein Name ist Nick Bennet und ich bin 19 Jahre alt, ging bisher auf eine Privatschule und wollte jetzt einfach mal was anderes sehen“, erwiderte er freundlich.

„Das ist schön, wir sind sicher, dass du auch hier eine schöne Zeit haben wirst. Setz dich doch bitte hinter Mimi, da ist noch ein Platz frei.“

„Das mache ich doch sehr gerne“, sagte er lächelnd, ging langsam und sah bewusst zu Mimi, als er neben sie vorbei ging und sich hinter ihr nieder ließ. Mimi zitterte am ganzen Körper, das durfte doch nicht wahr sein, er durfte das doch gar nicht! Panisch sah sie nach vorne, zur Lehrerin, die sich jedoch umgedreht hatte und zur Tafel ging. Mimi drehte ihren Kopf zu Nicole, die dieses Mal den Blick nicht abwand, sondern Mimi besorgt musterte, dann sah sie zu Nick und zurück zu Mimi. Die Brünette konnte sich gar nicht auf den Unterricht konzentrieren, sie spürte permanent seinen Blick in ihrem Nacken. Sie versuchte sich irgendwie zu beruhigen und ihre Nerven unter Kontrolle zu bringen, aber in der jungen Frau machte sich die Angst breit. Warum ging er auf ihre Schule? Er konnte sich das früher nicht vorstellen. Eine öffentliche Schule kam für ihn überhaupt nicht in Frage. Damals war Mimi enttäuscht gewesen, wäre sie doch gerne mit ihm zur Schule gegangen und jetzt? Sie waren schon seit fast acht Monaten auseinander und nicht gerade friedlich, was bezweckte er damit? Als die Klingel den Unterricht beendete, packte Mimi panisch ihre Schulsachen in ihre Tasche und floh aus dem Klassenzimmer. „Mimi?“, rief ihr Nicole hinterher.
 

Die Brünette stürmte in die Damentoilette und hielt sich am Waschbecken fest, um nicht umzukippen. Kurz darauf ging die Tür erneut auf. Panisch sah Mimi zur Tür, als sie Nicole sah, beruhigte sie sich wieder und begann wieder zu atmen.

„Mimi.“ Die Brünette sah ihr Spiegelbild an, während Tränen in ihren Augen brannten. Die Rothaarige ging zu ihrer Freundin und legte einen Arm um sie. „Weißt du warum er hier ist?“, flüsterte sie. Mimi schüttelte ihren Kopf. „

I-Ich hab ihn letzte Woche zufällig in einem Pub gesehen und... ich weiß nicht was er hier macht und warum“, erwiderte sie verzweifelt. Die Tachikawa musste sehr tief durchatmen um den Boden unter ihren Füßen wieder annähernd spüren zu können. „Mimi du musst das dem Direktor sagen“, sprach die Rothaarige weiter. „Der Typ ist gefährlich, er hat dich verprügelt. Du warst eine Woche im Krankenhaus und hattest einen gebrochenen Arm und dein Ba...“ Nicole brach ab, sie wusste selbst was er alles getan hatte, das musste sie ihr nicht wieder alles vorhalten. Mimi nickte. „Und dann? Glaubst du dass er von der Schule fliegt? Ich glaube das nicht. Die Familie Bennet hat einen großen Namen hier in New York und die Schule wird sicher davon profitieren“, grübelte die Brünette.

„Mimi, er wird dich hier permanent sehen und er ist sicher nur deinetwegen hier. Wer weiß wozu der Typ fähig ist, gehe am besten doch gleich zur Polizei.“

„Ich... Das habe ich doch alles schon hinter mir. Ich hab das alles hinter mir gelassen und jetzt fängt es wieder von vorne an? Die Polizei konnte damals schon nichts machen. Ich musste erst im Krankenhaus landen, damit etwas geschah und was? Eine einstweilige Verfügung dass er sich mir nicht nähern darf.“

„Ja und dagegen verstößt er, also hast du auch etwas gegen ihn in der Hand. Lass uns das gleich nach der Schule machen.“ Mimi sah überrascht zu Nicole. „Du begleitest mich?“, fragte sie ungläubig nach.

„Natürlich, du bist doch meine beste Freundin. Ich war einfach nur sauer, weil ich so lange nichts von dir gehört habe, aber ich... ich will nicht, dass dir irgendetwas passiert.“

Die Tachikawa konnte das erste Mal wieder lächeln an diesem Tag. „Du bist mir nicht mehr böse?“

Die Rothaarige schüttelte den Kopf. „Komm her.“ Sie umarmte Mimi und strich behutsam über den Rücken. „Wir lassen uns von diesem Jungen nicht einschüchtern, okay?“ Die Brünette nickte. Sie war gerade einfach nur froh, ihre Freundin wieder zu haben und Nick... Nein, sie durfte sich nicht von ihm einschüchtern lassen.
 

Mimi war erleichtert, als sie feststellte, dass sie keine weitere Stunde mehr mit ihm gemeinsam hatte. Nachdem Unterricht wartete Nicole auf Mimi und überlegten, ob sie erst zum Direktor oder zur Polizei gehen sollten. Mimi wollte erst mal mit dem Direktor sprechen. Sie klopfte am Büro des Direktors an und wartete. Ein paar Sekunden später öffnete eine Sekretärin die Türe. „Ich muss ganz, ganz dringend mit dem Direktor sprechen, ist er hier?“, fragte Mimi nervös nach. „Kommen sie herein“, erwiderte sie höflich. „Wie ist ihr Name?“

„Mimi Tachikawa“, antwortete sie aufgeregt. Die Sekretärin setzte sich an ihren Schreibtisch und sah in den Kalender, dann wählte sie eine Durchwahlnummer und hielt den Hörer an ihr Ohr. „Eine Schülerin hat ein Anliegen. Ja...Ja...Tachikawa... Okay... Vielen Dank.“ Sie legte auf und sah zu Mimi. „Es dauert noch einen Moment, nehmen sie bitte Platz.“ Mimi nickte und setzte sich auf einen Stuhl im Büro, Nicole nahm neben ihr Platz. Nach 20 Minuten wurde die Rothaarige langsam ungeduldig, stand auf und ging zur Sekretärin. „Wie lange dauert das denn noch? Wir warten schon seit 20 Minuten. Es ist wichtig, sonst wären wir ja wohl nicht hier“, schimpfte sie aufgebracht.

„Er wird sie sicher gleich aufrufen“, beteurte die Sekräterin ruhig. "Nehmen sie wieder Platz!"

„Nicole, es ist schon okay“, versuchte die Brünette zu beschwichtigen. Die Rothaarige drehte sich um und setzte sich zurück auf den Stuhl. Nach weiteren fünfzehn Minuten öffnete sich die Tür. „Ms. Tachikawa.“ Mimi und Nicole erhoben sich und folgten dem Direktor. „Was kann ich für sie tun?“, erkundigte er sich.

„I-Ich...ähm...also es geht um einen neuen Mitschüler. Sein Name ist Nick Bennet“, stammelte sie nervös.

„Ach ja, ich hab ihn heute morgen und seine Eltern kennengelernt. Wirklich sehr, sehr nette und großzügige Menschen“, erwiderte er gleich. Prompt sah Mimi zu Nicole. Wieso wusste sie so etwas nur. Nicole verdrehte die Augen. „Los, kein Rückzieher.“

„I-Ich...ähm... also wir waren mal ein Paar und also es gibt einen einstweilige Verfügung und er darf sich mir nicht nähern“, nuschelte sie und blickte stur nach unten. Der Direktor wirkte nachdenklich. „Ich hab das heute morgen etwas anders gehört.“ Mimi sah den älteren Herren überrascht an. Wie anders gehört? Was hatte er erzählt?

„Sowie ich das gehört habe, haben sie ihn gestalkt.“ Geschockt sah Mimi den Direktor an, auch Nicole blieb der Mund offen stehen. „D-Das ist nicht w-wahr“, stammelte die Jüngere.

„Ms Tachikawa, ich weiß nicht in welcher Beziehung sie zu diesem jungen Mann stehen, aber ich habe Beweise gesehen. Er sagte mir, dass sie sich freundschaftlich geeinigt und ausgesprochen haben und das sie aus ihren Fehlern gelernt hätten. Ich möchte wirklich keine High School Dramen an dieser Schule und bitte sie darum sich erwachsen zu verhalten.“

„Der Typ ist ein Spinner“, schrie die Rothaarige aufgebracht dazwischen.

Der Ältere hob seine Hand. „Ich möchte nichts weiter von ihnen hören. Bisher ist mir mit ihnen noch nie etwas zu Ohren gekommen und dabei sollte es besser auch bleiben. Bitte verlassen sie das Büro, ich habe noch andere Termine“, sprach er streng und ließ keine weitere Diskussion zu. Mimi nickte, erhob sich und ging. „Aber Mimi... Hören Sie, der Typ lügt.“

„Verlassen sie das Büro.“ Nicole stieß wütend Luft aus, sah den Direktor fassungslos an, als sie Mimi geknickt folgte. Mimi verließ den Flur, wo die Türen der Lehrerzimmer und des Direktors lag. Als sie die Zwischentür öffnete, stand Nick da und grinste sie breit an. Mimi erstarrte sofort und blieb stehen. Er ging seelenruhig auf die Brünette zu und beugte sich leicht runter. „Du hast nicht die geringste Chance gegen mich. Machst du mir keinen Ärger, mach ich dir keinen Ärger. Verstanden?“ Mimi nickte unsicher.
 

Erneut ging die Tür auf und Nicole kam dazu. Gleich schubste sie den Älteren von Mimi weg. „Lass sie gefälligst in Ruhe!“

„Nicole, schön dich wiederzusehen, warum denn so schlecht gelaunt?“, fragte er grinsend nach.

„Was willst du hier?“, fragte die Rothaarige aufgebracht nach.

„Meine alte und neue Freundin besuchen und etwas Zeit mit ihr verbringen, was denn sonst?“

„Wir werden nie wieder zusammen kommen. Nie, nie wieder. Selbst wenn ich keinen Freund hätte.“

„Du hast keinen Freund“, erwiderte er gleich aufgebracht. Mimi nickte entschlossen. Was sollte sie denn jetzt sagen? Dass sie einen Freund hatte der am anderen Ende der Welt lebte, das würde ihn ja schwer beeindrucken. „Du hast ihn sogar schon kennengelernt. Im Pub“, erwiderte Mimi mit schriller Stimme und konnte selbst nicht fassen, was sie gerade gesagt hatte. Ungläubig sah Nick die Jüngere an. „Das war nicht dein Freund!“

„Doch, war er. Ich hab ihn im Urlaub kennengelernt und er ist mit mir nach Amerika gekommen und wenn du mich jetzt nicht in Ruhe lässt, wirst du ihn kennenlernen und glaub mir, das willst du nicht“, schrie sie ihn an. Nick grinste und doch wirkte er etwas unsicher. Log sie oder nicht? Früher durchschaute er sie schneller.

„Werden wir ja noch sehen. Bis morgen Süße.“ Nick drehte sich um und ging, während Mimi wie angewurzelt stehen blieb und ihm nachsah. Was hatte sie denn jetzt nur getan? Sie hatte Tai verleugnet und Matt als ihren Freund ausgegeben. Wie dämlich war sie eigentlich? „Aha, erzähl mir alles“, flötete Nicole los und sah Mimi begeistert an. „Es ist wirklich nicht so, wie ich es gerade geschildert habe...“, rechtfertigte Mimi sich gleich und das schlechte Gewissen konnte man in ihrem Gesicht ablesen.

„Ich glaube, wir zwei gehen jetzt mal einen Kaffee trinken und du erzählst mir, was in Japan eigentlich passiert ist.“ Mimi nickte reumütig. Noch immer fühlte sie sich schlecht, weil sie Matt als ihren Freund ausgegeben hatte. Am liebsten hätte sie Tai angerufen und ihm alles gebeichtet. Das Nick wieder da war, auf ihre Schule ging, das Nick sie nicht in Ruhe lassen wird und nicht zuletzt, dass sie ihn liebte, aber sie konnte nicht. Sie konnte ihm einfach nicht sagen, dass er wieder da war. Mimi kannte Tai, er würde durchdrehen und sicher irgendwelche Dummheiten anstellen, aber das durfte sie nicht zulassen. Nicht ihretwegen. Sie hakte sich bei Nicole unter und gemeinsam verließen sie das Schulgebäude.

Familiendramen

01. Oktober 2010
 

Einen Monat hatte Tai bereits hinter sich gebracht. Seit einem Monat führte er mit Mimi eine Fernbeziehung und er vermisste sie sehr. Er hatte schon überlegt sie zu überraschen und nach einem günstigen Flug zu suchen, aber zum einen gab es keine günstigen Flüge und zum anderen war das mit der Uni schwer zu vereinbaren, also musste er diesen Gedanken schnell wieder vergraben.

Er saß im Hörsaal und hörte gar nicht richtig was der Dozent sagte, dabei interessierte dieser Kurs ihn sehr und er hatte auch schon vorab viel darüber gelesen. Bewegungswissenschaft und Trainingswissenschaften fand er, besonders in Verbindung mit Fußball, faszinierend.

„Du...ähm...Taichi?“, hörte er ein Mädchen nach ihm fragen, die ihm zeitgleich zaghaft auf der Schulte tippte. „Nori?“, antwortete er etwas genervt und drehte seinen Kopf leicht zu dem Mädchen. Nori setzte sich in jedem Kurs den sie gemeinsam hatten, neben ihn. Sie meinte, sie wollte mit ihm befreundet sein und Tai war sich nicht sicher, ob das eine gute Idee war, also versuchte er, das Verhältnis nicht zu intensivieren, auch wenn sie an sich sehr nett zu sein schien. „Ich versteh das irgendwie nicht“, nuschelte sie enttäuscht und sah auf ihre Notizen. Tai sah überrascht zur Schwarzhaarigen.

„Aber das ist doch ziemlich verständlich“, argumentierte der Braunhaarige sachlich.

„Ich versteh es trotzdem nicht. Ich bin richtig verzweifelt, mit der Hausarbeit hänge ich total hinterher und die erste Prüfung steht bald an. Ich muss sie unbedingt bestehen, sonst... Taichi kannst du mir nicht helfen?“, fragte sie verzweifelt bei dem Yagami nach.

„Ich? Warum denn ausgerechnet ich?“, fragte er irritiert nach.

„Du kannst das doch so gut, kannst du mir nicht etwas Nachhilfe geben?“

Tai schwieg und musste darüber nachdenken, er wollte eigentlich nicht und schüttelte seinen Kopf. Als Tränen in den Augen der Schwarzhaarigen auftauchten, blickte er wieder zu ihr und bekam Mitleid. „Ohne dich werde ich das aber bestimmt nicht schaffen und durchfallen“, wimmerte sie und hielt die Hände vor die Augen. Tai verzog den Mund und grübelte wieder. Irgendwie tat ihm das Mädchen leid und er konnte Frauen grundsätzlich nicht weinen sehen.

„Na gut, einmal die Woche wird es schon irgendwie gehen“, brummte er. Sie klimperte ihre Tränen weg und sah den Yagami dankbar an. „Das ist so lieb von dir.“

„Aber wir treffen uns hier in der Bibliothek nach der Vorlesung, für eine Stunde“, stellte der Fußballer klar.

„Okay. Wie du magst“, sprach sie freudig aus und lächelte den Yagami an. Tai drehte seinen Kopf wieder und versuchte sich wieder auf den Dozenten zu konzentrieren, dabei entging ihm, dass Nori zufrieden vor sich her grinste.
 

Nach der Uni musste Tai nochmal kurz ins Shoppingcenter, weil er neue Fußballschuhe brauchte. Seine aktuellen waren beim letzten Spiel auseinandergefallen und er brauchte dringend neue. Er betrat das Sportgeschäft und musterte die verschiedenen Fußballschuhe. Er entschied sich schnell für welche von Nike, die hellgün und schwarz gemustert waren und ihm auf Anhieb gefielen. Sie passten und der Preis war okay. Er bezahlte und musste schmunzeln, als er an Mimi dachte und wie viel länger er brauchen würden, wäre sie jetzt bei ihm. Wie es der Zufall wollte, kam er an dem Schuhgeschäft vorbei wo sie gemeinsam noch vor ein paar Wochen gewesen waren. Er ging hinein und fand diese hässlichen Schuhe wieder die Mimi so gefallen hatte. Erneut musste er schmunzeln. Eigentlich wunderte es den Yagami nicht, dass die Schuhe noch immer im Laden standen, aber dennoch ging er näher auf die Schuhe zu. Er nahm sie in die Hand, welche Schuhgröße hatte sie nochmal? Dann fiel es dem Braunhaarigen wieder ein, 37. Er entschied die Schuhe zu kaufen und sie Mimi in die USA zu senden. Sie würde sich sicher freuen, doch etwas zögerte er doch, als er an der Kasse stand und bezahlte. Diese Leopardenpumps waren wirklich nicht sein Ding. Die Kassiererin reichte ihm die Schuhe in einer Plastiktüte und lächelte ihn freundlich an. Er bezahlte und verließ das Geschäft. Gleich fuhr er mit der Rolltreppe eine Etage tiefer wo sich die Post befand. Er nahm sich noch eine Karte und schrieb ihr ein paar Zeilen dazu, dann verpackte er alles in einem kleinen Paket und wollte dieses direkt abgeben. Ein paar Wochen würde es sicher dauern, bis Mimi das Päckchen bekam. Er hoffte, er würde sich vorher nicht verplappern, es sollte schließlich eine Überraschung sein, auch wenn er es schade fand, ihr Gesicht dabei nicht sehen zu können, wenn sie es auspacken würde. Er seufzte, als er daran dachte, dass die Brünette sich seit zwei Tagen nicht gemeldet hatte, aber er musste einfach daran denken, was er selber zu Sora sagte, dass er nicht allzu nachtragend sein durfte, wenn man mal ein paar Tage kein Lebenszeichen bekam. So verschloss er das Paket, reichte es dem Postangestellten und bezahlte. Ein Lächeln schlich auf seine Lippen – doch es würde ihr gefallen.
 

Während Tai noch im Shoppingcenter war, hatten Kari und Takeru bereits Schulschluss und waren bei den Yagamis zu Hause um gemeinsam Hausaufgaben zu machen und zu lernen. Doch heute sollte ein anderes Thema als Schule den Alltag trüben.

„Nein, das sehe ich ganz anders“, rief Kari aufgebracht durch die Wohnung. Takeru folgte ihr und seufzte genervt auf. „Hika, ich meine doch nur, dass du dich deshalb nicht verrennen darfst. Du kennst die Diagnose und weißt den Verlauf. Du hast dich nicht umsonst letzte Woche mit Joe getroffen und auch wenn er es dir nicht so deutlich sagen wollte. Du weißt, was er zwischen den Zeilen gesagt hat“, erwiderte Takeru und setzte sich dann trotzig auf das Sofa und hoffte, dass seine Freundin sich endlich zu ihm setzen würde.

Kari hatte am Vortag mit ihrem Vater telefoniert, mindestens einmal die Woche telefonierten sie miteinander und Susumo hielt sie permanent über seinen Gesundheitszustand in Kenntnis. Kari hatte im Internet viel über seine Erkrankung gelesen und sich zusätzlich mit Joe getroffen um auch mal die Meinung eines Menschen zu hören, der sich mit der Thematik auskannte. Sie wollte einfach nicht glauben, dass sich der Zustand weiter verschlechterte und ihr Vater sterben könnte. Natürlich war er in den letzten zwei Jahren nicht für die Familie da gewesen, aber seit sie mit Takeru, Tai und Mimi in Aoshima war, bestand wieder regelmäßig Kontakt und den wollte Kari auch nicht wieder verlieren. Takeru jedoch wollte nicht, dass seine Freundin die Augen vor der Wahrheit verschloss und deswegen diskutierten sie schon seit Stunden miteinander.
 

„Er hat es doch auch bis jetzt geschafft, was keiner verstehen kann, vielleicht ist er einfach ein medizinisches Wunder und wird uns noch alle überleben“, rechtfertigte sich die Braunhaarige.

„Nein, so funktioniert das nicht und das weißt du auch“, brummte der Blonde. Kari ging durch das Wohnzimmer, sah zu ihrem Freund, ging weiter und erreichte die Küche. „Kannst du dich vielleicht mal zu mir setzen? Ich möchte nur nicht, dass du die Fakten außer acht lässt. Er wird nicht immer da sein, keiner weiß wie lange und wie viel Zeit du mit ihm hast...“

„Das ist es“, rief Kari enthusiastisch dazwischen und drehte sich zu ihrem Freund um.

„Oh weia, was ist es?“, fragte Takeru misstrauisch nach und zog eine Augenbraue nach oben.

„Ich werde wieder nach Aoshima reisen und für ihn sorgen“, entschied die Braunhaarige.

„Das ist jetzt nicht dein Ernst?“

„Natürlich ist das mein Ernst, du kannst doch wieder mitkommen, vielleicht kommt ja auch Mama mit und Tai? Nein, der wohl eher nicht. Ich könnte...“

„Hika!“, unterbrach der Blonde seine Freundin streng. „Du kannst nicht einfach nach Aoshima reisen. Die Schule hat gerade wieder begonnen und...“

„Na und? Dass ist doch viel wichtiger“, unterbrach Kari ihren Freund gleich. Takeru schüttelte seinen Kopf. Langsam wusste er nicht mehr was er sagen sollte und er war mit seinem Latein am Ende.
 

Die Haustür ging auf und Tai kam zur Tür herein. Er schlüpfte aus seinen Schuhen, hängte seine Jacke auf und begrüßte die zwei Jüngeren. „Hey.“

„Sehr gut, vielleicht kann dein Bruder dir diesen Unsinn ausreden.“

„Welchen Unsinn?“, hakte der Ältere gleich nach und sah zu seiner Schwester.

„Das ist kein Unsinn, ich überlege nach Aoshima zu fahren und mich um Papa zu kümmern“, erklärte Kari stolz. Sofort brach Tai in schallendes Gelächter aus. „Du bist bekloppt“, erwiderte er.

„Bin ich nicht und du kannst doch auch wieder mitkommen“, schlug Kari gleich vor.

„Jetzt hör schon auf“, lachte der Brünette weiter. „Als hätte ich sonst nichts besseres zu tun und selbst wenn nicht, würde ich nicht fahren. Ich werde nie wieder dahin fahren“, stellte er nun wieder ernster klar. „Tai?“

„Nein. Das ist Schwachsinn und du wirst auch nicht fahren. In den Ferien meinetwegen, aber sicher nicht so lange Schule ist.“

„Was ist denn mit dir los?“, fragte Kari ungläubig nach.

„Hika, genau das gleiche habe ich auch gesagt“, mischte sich Takeru ein. Sofort sah Kari von ihrem Bruder zu ihrem Freund der noch immer auf dem Sofa saß. „Keru“, seufzte sie. „wenn du nicht auf meiner Seite bist, sag besser gar nichts“, ermahnte sie ihn.

Wieder lachte Tai. „Ihr Weiber seid echt alle gleich. Mama wird damit auch nicht einverstanden sein und das weißt du genau“, sprach Tai weiter.

„Aber Mama...“

„Kari, fahr doch einfach in den nächsten Ferien. Ende der Diskussion.“

„Und wenn es dann zu spät ist?“, murmelte sie niedergeschlagen und setzte sich dann doch neben ihren Freund auf das Sofa.

„Dann sind wir ihn zumindest los.“

„Taichi“, schrie Kari entsetzt ihren Bruder an.

„Kari, ganz ernsthaft, die letzten zwei Jahre sind wir auch ohne ihn ausgekommen und er wollte uns bei diesem Schritt nicht dabei haben. Du hast ihn doch selber gehört. Er ist zum sterben nach Aoshima gefahren, also lass ihn.“

Kari schwieg, die Worte ihres Bruders hatten sie getroffen und sie wusste einfach nicht, wie sie sich gegen ihn behaupten sollte. Irgendwie hatte Tai auch Recht, aber dachte er nicht auch mal darüber nach, dass ihr Vater seine Entscheidung mittlerweile bereute? Das er vielleicht doch nicht alleine sein wollte? Wer will denn schon alleine sein, wenn er stirbt? Tränen brannten in den Augen der jungen Yagami. Takeru rutschte näher an sie heran und zog sie in seine Arme. Kari stütze ihren Kopf an seine Schulter und schniefte.
 

Tai sah zu seiner Schwester, jetzt bekam er ein schlechtes Gewissen, er wollte sie doch gar nicht so anfahren, aber heute war irgendwie nicht sein Tag. Diese komische Nori, von der er sich dazu bereitschlagen ließ ihr Nachhilfe in einem mehr als einfachen Fach zu geben, Mimi die seit zwei Tagen nichts mehr von sich hören ließ. Er befürchtete schon, dass sie ihn vergessen und das Interesse verloren haben könnte. Und dann noch das Thema Vater, das für ihn ohnehin ein rotes Tuch war. Nach wie vor verstand er einfach nicht, warum der Rest seiner Familie das anders sah als er. Tai setzte eine Teekanne auf und nachdem das Wasser heiß wurde, legte er einen Teebeutel in eine Tasse und füllte diese mit dem heißen Wasser auf. Er ging ins Wohnzimmer und reichte seiner Schwester eine Tasse Apfeltee. „Entschuldige“, murmelte der Ältere und stellte die Tasse auf dem Couchtisch ab. „Ich weiß ja, wie sensibel du bei diesem Thema bist, aber du weißt auch, wie ich darauf zu sprechen bin und ich sehe das nun mal anders. Tut mir Leid“, nuschelte der Yagami und tätschelte ihr über den Kopf. Kari sah zu ihrem Bruder und nickte mit dem Kopf. Sie hob ihren Kopf von Takerus Schulter und griff nach der Tasse. „Danke für den Tee“, murmelte die Jüngere.

„Kein Ding“, erwiderte Tai und setzte sich auf den Sessel gegenüber.

„Du musst eben einfach weiter daran glauben, dass du ihn nochmal siehst, aber sei nicht zu enttäuscht, wenn es nicht so ist und erst recht nicht, wenn ich ihn nicht mehr sehen will.“

„Ja, schon gut. Lasst uns einfach das Thema wechseln, wir kommen hierbei sowieso auf keinen gemeinsamen Nenner mehr“, erwiderte Kari betrübt und pustete in das heiße Getränk.

„Gute Idee“, erwiderte Takeru, sah dabei aber zu Tai und war froh, dass sie Kari zunächst von dieser Idee abbringen konnte, aber irgendwie beschlich ihm das Gefühl, dass dieses Thema noch lange nicht abgeschlossen war.
 

Es war mittlerweile acht Uhr abends, Tai hatte Fußballtraining gehabt, seine neuen Fußballschuhe eingelaufen und ausgepowert sein Zimmer erreicht. Er mochte es nicht, wenn er mit Kari im Streit war, auch wenn dieser schon wieder behoben war. Warum musste sein Vater immer noch so eine wichtige Rolle spielen, wo er doch eigentlich gar keine mehr spielte? Wieder sah er auf sein Handy, keine Nachricht von Mimi – wie zu erwarten. In New York waren es jetzt sieben Uhr morgens und Mimi sicher schon wach. Normal schrieb sie ihm immer um diese Zeit, warum seit zwei Tagen kein Lebenszeichen? Man machte sich verrückt, je weniger man von dem anderen hörte, jetzt verstand er Sora schon besser. Er wählte ihre Nummer, er hatte keine Lust wieder kein Auge zuzumachen, sich irgendwelche Hirngespinster in seinem Kopf durchzugehen, weil er nicht wusste was bei Mimi los war und irgendwie hatte er ein komisches Gefühl, das er nicht abschütteln konnte. Vielleicht brauchte sie ihn? Es dauerte nicht lange, da wurde das Gespräch abgenommen. „Hallo“, murmelte sie müde und ihre liebliche Stimme erreichte sein Gehörgang. Tai lächelte dennoch, als er ihre Stimme hörte. „Guten Morgen Prinzessin“, sprach er in den Hörer, während er sich auf seinem Bett niederließ. „Tai? Du rufst mich an mitten unter der Woche? Alles okay?“, fragte sie gleich besorgt nach. „Das wollte ich eigentlich dich fragen, du hast mir nicht mehr geschrieben“, erwiderte er gleich. „Ohh, ähm... entschuldige, es war wahnsinnig viel los und ich... ich... hab mich wieder mit Nicole vertragen“, sprach sie euphorisch durch den Hörer. Tai nickte „Okay, das ist doch gut.“ Mimi hatte ihm erzählt, dass Nicole sie gemieden hatte und ihr geraten einfach nicht aufzugeben und scheinbar hatte es funktioniert.

Ja, das ist es ist wirklich und wir haben so viel geredet, weil wir so lange nicht geredet haben und...na ja...“

„Ist sonst alles okay, Mimi?“, fragte er besorgt nach und ließ sie ihren Satz nicht beenden. Mimi klang irgendwie komisch, irgendwie anders, er kannte sie.

Ja“, murmelte sie. „Ich... ich vermisse dich einfach so, ich wünschte du wärst hier“, murmelte sie. Tai lächelte traurig. „Ich wünschte auch, du wärst hier oder ich bei dir. Hauptsache zusammen.“

Es ist schwer ohne dich und manchmal möchte ich dir nur ganz kurz was sagen und dann kann ich es nicht und dann bin ich traurig.“

Tai nickte verstehend, alleine heute ging es ihm nicht anders, als er die Fußballschuhe kaufte, da kam er auf eine Idee, wie er sie etwas aufmuntern konnte.

„Ich war heute in einem Sportgeschäft und habe mir neue Fußballschuhe gekauft, du weißt schon in dem wir schon mal zusammen waren.“

Mimi lachte in den Hörer „Natürlich...warte wie war das? reingehen, schauen was einem gefällt und bezahlen. Also wirst du wohl nicht lange gebraucht haben“, kicherte sie. Tai stieg in ihr Lachen mit ein. Es fühlte sich einfach gut an ihre Stimme und sie lachen zu hören. Erst recht, wenn diese strahlen ihre Augen erreichte, welches er so wunderschön fand. „Genau so und nicht anders.“ „Dann hoffe ich, dass sie dir auch weiter gefallen werden.“

„Ich bin nicht, wie du Prinzessin, die sich nachher nicht mal erinnert, was sie eigentlich gekauft hat und es über Jahre im Schrak bleibt. Ungetragen versteht sich“, scherzte er.

Wie bitte? Das würde ich... Oh weia!“, kreischte Mimi plötzlich in den Hörer.

„Was ist passiert?“, fragte der Ältere bei seiner Freundin nach und setzte sich aufrecht hin.

„Ich...ich muss leider zur Schule, ich bin wirklich spät dran. Es tut mir leid“, murmelte sie, während Tai hörte, wie Mimi zügig die Zimmertüre zuschmiss und die Treppenstufen runter lief.

„Kein Problem, rufe ja auch außer der Norm an“, witzelte Tai und hörte wie es um Mimi still wurde.

und ich freue mich sehr darüber. Das versüßt meinen Tag und macht ihn um einiges leichter“, schwärmte die Brünette.

„Dann geh mal in die Schule und lass dich nicht von fremden Männern anbaggern“, tadelte er seine Freundin, trug dabei aber ein Lächeln auf seinen Lippen.

Würde ich nie“, pflichtete sie ihm bei. „Ich wünsche dir eine gute Nacht“, fügte sie hinzu.

„Danke Prinzessin und dir einen schönen Tag. Ich liebe dich.“

„Ich liebe dich auch.“ Tai lächelte und beendete das Telefonat. Er legte seine Handy auf sein Nachttisch, während er den Fernseher nochmal einschaltete. Zum Glück hatte er Mimi angerufen, er fühlte sich jetzt besser. Er sollte sich wirklich nicht so verrückt machen. Sicher ging es ihr gut, sonst würde sie es ihm sicher sagen.

Das überraschende Geschenk

15.10.2010
 

Jetzt war Mimi bereits seit sechs Wochen wieder in Amerika. Nicole hatte sie über alle Einzelheiten die in Japan vorgefallen waren informiert. Noch immer konnte Nicole vieles nicht fassen. Mimi hatte wirklich viel durchgemacht und auch wenn sie sich nicht bei ihr gemeldet hatte, so war sie froh, dass sie in dieser Zeit nicht alleine gewesen war. Heute war Freitag, der letzte Schultag bevor das Wochenende anstand. Heute Abend würde Mimi Nicole mit zu Matt und den restlichen Jungs nehmen. Sie wollten in einen Club gehen, den die Mädels ausgesucht hatten, das Wochenende einstimmen. Dennoch stand für Mimi fest, sich am nächsten Tag früh aus den Federn zu bewegen um mit Tai skypen zu können. Das war wie ein Ritual und sie konnte es gar nicht erwarten, bis endlich Samstag war. Abgesehen davon schlief sie nie besonders lange aus, außer wenn sie bei Tai war, in seinen Armen konnte sie beruhigt schlafen und wusste sie war in Sicherheit. Hier hatte sie dieses Gefühl nicht mehr, besonders da ER wieder auf der Bildfläche aufgetaucht war. Nick hatte sich einfach breit gemacht, besuchte nun die gleiche Schule und hatte viele Kurse mit der Brünetten zusammen. Er kam in der neuen Stufe gut an, er spielte sein perfides Spiel perfekt. Alle waren seinem Charme und Witz verfallen. Gleich am ersten Wochenende schmiss er eine imposante Party in der Villa seiner Eltern zu der er die ganze Stufe einlud. Bis auf Mimi, Nicole und ein paar Strebern waren sie auch alle auf dieser Party erschienen und erzählten seitdem von nichts anderem mehr. Mimi konnte es nicht fassen, wie beliebt Nick innerhalb von nur zwei Wochen geworden war. Zudem war er auch nur ein guter Schüler und Sportler. Die Lehrer mochten sein Engagement und Mimi fühlte sich wie in einem falschen Film. Wie konnte ein einziger Mensch alle Anderen nur so blenden?
 

Die Schulglocke ertönte und entließ die Schüler in das Wochenende. Geschafft richtete Mimi sich auf, packte ihre Schultasche und wollte nur noch verschwinden, da zog sie jemand am Handgelenk zurück. Mimi kniff gleich panisch ihre Augen zusammen, sie wusste sofort wer das war. „Warum stürmst du eigentlich immer so schnell aus dem Klassenzimmer?“, fragte er grinsend nach und hielt die Brünette weiter fest. „Lass mich los“, murmelte Mimi und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien. „Mimi, du musst nicht so rumzicken, komm mal runter“, erwiderte er streng.

„Ich soll runter kommen?“, zischte sie leise, während immer noch Mitschüler an ihnen vorbei gingen und die Lehrerin die Tafel abwischte. „Ja, du führst dich lächerlich auf.“

„Lass mich in Ruhe und lass mich endlich los“, rief sie lauter, sodass die Biologielehrerin auf sie aufmerksam wurde. „Alles in Ordnung?“, fragte die Ältere nach. Nick drehte sich mit einem falschen Lächeln zur Lehrerin um. „Aber natürlich Mrs Taylor, ich wollte mir nur ein paar Notizen von Mimi ausleihen. Ich kann meine eigene Sauklaue nicht mehr lesen und Mimi hat so eine hübsche Handschrift, aber irgendwie will sie mir nicht helfen. Ich weiß auch nicht warum...“

„Och Mimi, das ist aber nicht nett von dir. Er ist neu an der Schule und du solltest ihm helfen“, tadelte diese die Jüngere. Fassungslos starrte Mimi zur Lehrerin und wieder zurück zu Nick, der den Blick zurück auf sie gerichtet hatte und sie teuflisch angrinste. „Es wäre wirklich nett von dir, wenn du mir da weiterhelfen könntest“, sprach er seine Lügen weiter. Mimi entriss sich seinem Griff, entzog ihr Handgelenk, drehte sich kopfschüttelnd um und verließ ohne eine weiteren Kommentar das Klassenzimmer. „Andere Länder, andere Sitten, was?“, richtete Nick unschuldig an die Lehrerin, die nur zustimmend lächelte und den jungen Mann nach draußen begleitete.

Wie konnte man nur auf diesen Typen reinfallen? Gut, sie war ja selber nicht besser. Auch er schaffte es damals sie mühelos um den Finger zu wickeln. Mimi legte ihren Kopf in den Nacken und dachte an die erste Begegnung mit Nick zurück.
 

Damals vor zwei Jahren lernte sie Nick kennen. Sie war mit Nicole in einer Karaokebar und Nick war ebenfalls mit ein paar Freunden dort. Als sie mutig war und ein Lied zum besten gab, wurde der junge Mann auf die hübsche Brünette aufmerksam, gleich danach ging er auf die Bühne, schnappte sich das Mikrofon und sprach vor allen Leuten, wie toll er diese Stimme fand und wie wunderschön sie doch war. Er bat sie vor all diesen Leuten um ein Date, doch peinlich berührt schüttelte sie lächelnd ihren Kopf. Dann fing auch er an zu singen, um ihr zu zeigen, wie ernst er es meinte und nachdem Auftritt fragte er nochmal nach. Alle Gäste sahen sie erwartungsvoll an und Mimi nickte schließlich mit dem Kopf. Die Leute jubelten und klatschten begeistert in die Hände, als hätte er ihr einen Antrag gemacht. Ja, Amerikaner waren wirklich begeisterungsfähig.
 

Sie seufzte, damals war alles noch wie in einem Märchen, er war aufmerksam und lieb, doch nach und nach veränderte er sich immer mehr und mit jedem Tag der verging, erkannte sie ihn immer weniger, oder war er immer schon so gewesen und zeigte nach und nach einfach nur sein wahres Ich? Sie konnte es nicht sagen, sie wusste nur, dass sie weg wollte und dann war sie plötzlich schwanger und er... „Hey Mimi“, hörte sie eine Stimme hinter sich und schnell drehte sich die Brünette zu Nicole um. „Ich wollte nur fragen, wann ich denn später bei dir sein soll?“, fragte die Rothaarige nach. „Um sieben. Ist das okay? Dann können wir noch unsere Outfits planen“, kicherte die Brünette. Wie es ihr doch gefehlt hatte, so alltägliche Dinge mit einer Freundin zu machen. Sie wollte jetzt nicht weiter an Nick denken, sie hatte Wochenende. Nicole nickte begeistert. „Okay, dann sehen wir uns später, Süße.“ Nicole drückte ihr einen Kuss auf die Wange und winkte ihr zu. Mimi schüttelte belustigt ihren Kopf und war froh, dass zwischen ihnen alles geklärt war.
 

Mimi schlenderte nach Hause und schloss die Tür auf, als ihre Mutter sie schon im Flur begrüßte.

„Hallo Schatz, wie war denn die Schule heute?“, fragte sie freundlich nach. Mimi zuckte mit den Schultern. „Wie wohl? Wie immer. Ich bin froh, dass Wochenende ist“, jammerte die Brünette und folgte ihrer Mutter in die Küche. „Ich glaube dein Tag wird jetzt besser“, erwiderte die Ältere verschwörerisch. Die Brünetten zog misstrauisch ihre Augenbrauen zusammen „und wie kommst du darauf?“ Satoe reichte ihr ein Paket. „Von deinem Liebsten“, lächelte sie. Mimi riss die Augen weit auf, ließ ihre Schultasche fallen und kreischte gleich los. Sie lief auf ihre Mutter zu, entriss ihr das Paket und versuchte das Band zu öffnen, doch sie war so aufgeregt, dass sie schon zitterte und keine Ruhe hatte um das Band zu lösen. „Mama, gib mir eine Schere“, rief sie aufgeregt und zerrte an dem Paket. „Schatz, du weißt doch gar nicht was da drin ist, nachher machst du es noch kaputt“, belehrte diese ihre Tochter und reichte ihr die Küchenschere.

„Sei vorsichtig.“ Mimi nahm die Spitze der Schere und schnitt so das Paketband auf, dann schmiss sie die Schere auf den Boden, knabberte den Rest ab, zog daran und öffnete die beiden Seiten des Kartons. Gleich sah sie einen Brief und zog ihn als erstes hervor. Sie schmunzelte, als sie seine Schrift las und Prinzessin darauf stand. Ein breites Lächeln zeigte ihre Lippen, während sie die Zeilen durchlas.
 

-Hallo Prinzessin, heute lief ich durch ein bestimmtes Einkaufszentrum und kam an einem Schuhgeschäft vorbei und dann musste ich unaufhaltsam an dich dich denken. Ich vermisse dich sehr und obwohl ich es niemals geglaubt hätte, so habe ich dir jetzt doch diese hässlichen Schuhe gekauft. Ich wünsche dir viel Spaß damit. In Liebe Taichi.-
 

Mimi staunte nicht schlecht, konnte es etwa sein? Nein. Sie setzte sich hin, nahm das zweite Päckchen heraus, das in dem Geschenkpapier eingewickelt war. Sie riss das Papier gleich überall auf, schmiss es ebenfalls auf den Boden neben sich und sah sogleich einen Schuhkarton. Sie hob den Deckel aufgeregt hoch und kreischte los. „AHHHH!“

„Was ist denn los?“, fragte Satoe nach, die die Augen nicht von ihrer Tochter lassen konnte. Sie war so aufgeregt wie ein kleines Kind am Weihnachtsmorgen. „Schuhe“, flötete sie aufgeregt, hielt sie an ihre Brust und ließ sich nach hinten fallen. Die Ältere ging näher auf Mimi zu und sah die Schuhe an. „Oh weia“, erwiderte sie irritiert. „Aber nett ist es ja“, sprach sie weiter. Mimi setzte sich in den Schneidersitz, während sie immer noch nicht fassen konnte, dass Tai sich noch an die Schuhe erinnerte, sie ihr schickte und es geschafft hatte sich nicht zu verraten. Ach, wie sehr sie ihn doch liebte und wie gerne sie sich jetzt in seine Arme geworfen und sich bedankt hätte. Sie probierte die Schuhe gleich an, stand auf und ging in den Flur – wo ein großer Spiegel an der Wand aufgehangen war. Sie drehte sich und sah auf ihre Schuhe. Sie passten perfekt und waren bequem. Mimi nahm ihr Handy und machte ein Foto davon, dass wollte sie jetzt unbedingt Taichi schicken.
 

Pünktlich um sieben Uhr kam Nicole bei Mimi zu Hause an, freudig öffnete sie die Tür und winkte sie gleich rein. „Okay, was ist passiert und warum hast du so gute Laune?“, fragte Nicole gleich nach. Mimi deutete auf ihre neuen Schuhe, die sie seitdem sie diese anprobiert nicht mehr ausgezogen hatte. „Die hat Tai mir geschickt“, schwärmte sie. Die Rothaarige musterte die Schuhe, die waren nicht so ganz ihr Fall, aber sie wusste, dass Mimi so etwas mochte. „Ist er nicht toll? Wir waren mal zusammen shoppen und da hab ich sie gesehen, aber er wollte nicht, das ich die Schuhe kaufe, weil er sie nicht schön fand und jetzt hat er sie mir einfach so geschenkt. Ach, ist er nicht toll?“, schwärmte sie weiter. Nicole lächelte „Na ja da du es jeden Tag gefühlte hundertmal sagst, kann ich es mir irgendwie denken“, kicherte die Rothaarige. Mimi und Nicole machten sich in ihrem Zimmer fertig, zogen sich Kleider an und legten sich ein abendliches Make-Up auf. Gemeinsam verließen sie gegen zehn Uhr die Wohnung und machten sie sich auf dem Weg zum Club. Tai wünschte sie noch einen schönen guten Morgen und bedankte sich wieder einmal für die Schuhe. Nicole war schon ganz gespannt auf die Band und ihre Freunde aus Japan, da sie bisher noch nie jemanden persönlich kennengelernt hatte.
 

Sie erreichten den Club und neugierig sahen sie sich um, es war noch nicht sonderlich voll und man konnte noch alles gut erkennen. „Und sind deine Jungs schon da?“, fragte Nicole interessiert nach.

Mimi sah irritiert zur Rothaarigen. „Das sind doch nicht meine Jungs“, lächelte sie und zuckte mit den Schultern „sieht nicht so aus.“ Sie bestellten sich etwas zu trinken und stellten sich an einen Stehtisch, Mimi kontrolliere nochmal ihr Handy und schrieb eine Nachricht an Tai, während Nicole neugierig zur Türe sah. „Oh mein Gott, sieht der gut aus“, sagte sie lächelnd und zwickte Mimi in den Oberarm, sie sah auf und folgte dem Blick der Rothaarigen. „Das sind die Jungs“, erklärte die Brünette nüchtern, als sie Matt und Co sah. „Moment, das sind sie?“ wieder sah Nicole zur Band zurück und dann zu Mimi. „Wirklich?“

Die Tachikawa nickte. „Und wer ist der Blonde?“, fragte sie interessiert nach und lächelte in seine Richtung. Sofort war Mimis Aufmerksamkeit ganz auf die Rothaarige gerichtet und sie steckte ihr Handy zurück in ihre Handtasche. „Das ist Matt und er ist mit meiner besten Freundin zusammen, er steht dir also nicht zur Verfügung klar? Du kannst dir aber gerne einen anderen der Jungs aussuchen, der mit den grünen Haaren ist wirklich nett“, log Mimi ohne rot zu werden und stellte sich gerade in den Gedanken diese Konstellation vor und kicherte. Nicole sah zum Gitarristen und sah wie er schon beim ersten Mädchen halt machte und dieser seine Hand auf den Hintern des Mädchens ablegte. „Nein Danke“, sprach die Rothaarige. „Hi“, begrüßte Mimi die Jungs, sie umarmte Matt kurz und winkte den anderen zwei Jungs zu. „Das ist Nicole und das sind Matt, Tako und Kazuki“, stellte Mimi Nicole die Jungs vor. „Hallo“, erwiderte diese freundlich und musterte erneut die Jungs vom nahen, dabei kam sie nicht umher auch den Blonden genauer zu betrachten, den sie immer noch am attraktivsten fand.
 

Nach zwei Stunden war es in dem Club schon wesentlich voller und die Stimmung war gut. Leider hatte sich auch Kisho mittlerweile zu ihnen gesellt und hatte, wie nicht anders zu erwarten, von dem anderen Mädchen eine Absage bekommen. Nachdem er zunächst Mimi seine Aufmerksamkeit geschenkt hatte, diese jedoch unnahbar war, schmiss er sich an Nicole ran und redete bereits seit einer halben Stunde auf sie ein. „Sie tut mir gerade echt Leid“, nuschelte Matt und sah zu Mimi.

„Ach, die ist hart im nehmen und wenn es ihr zu viel wird, wird sie ihm schon die Leviten lesen“, erklärte Mimi.

„Na dann“, antwortete der Blonde. „So, ich werde jetzt tanzen gehen“, sprach sie euphorisch „Willst du auch?“, fragte sie Matt. „Nein, lass mal. Ich bleibe lieber hier und halte die Stellung.“ Nicole blickte flehend zu ihr. Diese kicherte und zog sie am Handgelenk mit sich, während sie einen irritierten Kisho zurückließen, der gleich eine Hand des Frontmannes auf seiner Schulter spürte und lachend seinen Kopf schüttelte. Sie stürmten zu zweit den Tanzbereich und ließen sich ausgelassen zum Takt der Musik hinreißen. „Oh man, dieser Kisho ist aber wirklich aufdringlich und du findest ihn wirklich nett?“, fragte die Rothaarige bei ihrer besten Freundin nach. Diese schüttelte rasch den Kopf. „Er ist total nervig und ich bin froh, wenn er dich und nicht mich nervt“, erklärte sie unschuldig.

„Hey du Fiese“, zwickte die Rothaarige Mimi in die Seite.

„Was? Du hast doch ein Händchen für solch verrückte Typen“, lachte sie amüsiert.

„Das sagt die Richtige, hast du mal mit deinen Eltern oder Matt darüber gesprochen, dass Nick an unsere Schule geht?“, fragte sie bei der Brünetten ernst nach. Mimi stoppte gleich in ihrer Bewegung und schüttelte entschlossen ihren Kopf. „Süße, das ist nicht gut und das weißt du auch.“ Die Tachikawa wusste selber wie falsch das war, aber sie wollte nicht dass sich ihretwegen jemand Sorgen machte. Sie würde mit Nick schon alleine fertig werden. „Bitte erwähne seinen Namen nicht mehr und ich will nicht das Matt etwas mitbekommt, okay? Lass uns einfach den Abend genießen.“

„Aber Mimi...“

„Nein, ich will jetzt nichts mehr von diesem Jungen hören.“ Sie winkte ab um der Rothaarigen zu signalisieren, dass sie an keinem weiteren Gespräch über Nick interessiert war. Nicole nickte nur betrübt und seufzte. „Wenn du meinst.“ Sie hielt das alles für keine gute Idee und sie verstand einfach nicht warum Mimi sich nicht wenigstens Matt anvertraute, aber Mimi war eben sehr stur.
 

Nach einer Weile brauchten die beiden Mädchen eine Pause und gingen zurück zum Tisch und zu den Jungs. „Na ihr gebt ja ganz schön Gas“, flirtete Kisho und sah zu den Mädchen. Die sahen sich an, lächelten und ignorierten Kisho wieder – so gut es eben ging. „Mimi, wenn du möchtest, wir haben an ein paar neuen Songs gearbeitet und proben derzeit daran. Vielleicht möchtest du ja nächste Woche mal vorbei kommen?“, fragte Matt bei Mimi nach.

„Ja, sehr gerne. Bin schon gespannt an was ihr die ganze Zeit so gearbeitet habt“, erwiderte sie.

„Ja, an einiges. In zwei Wochen können wir auch wieder ins Tonstudio und die Songs aufnehmen“, sagte der Musiker stolz. „Ja cool“, freute Mimi sich für Matt und die restlichen Jungs.

„Ach, wenn du möchtest, kannst du auch mitkommen“, sprach der Sänger Nicole direkt an, diese nickte begeistert mit dem Kopf. „Natürlich, Danke.“ Mimi stieß mit ihrem Ellenbogen gegen die Seite der Rothaarigen, als diese zu lange in Matts Richtung lächelte. „Was?“, flüsterte sie in ihr Ohr.

„Lass das!“, ermahnte sie die Rothaarige.

„Ach, ich mach doch gar nichts“, widersprach sie gleich.

„Und so bleibt es auch!“

„Ja, ich hab ja noch ähm... Kisho“ lachte die Rothaarige laut los. Mimi stieg in das Lachen mit ein und sah sich um, wo war der eigentlich so schnell hin? Da sah sie ihn mit einem anderen Mädchen eng umschlungen tanzen. Sie verdrehte die Augen. Was für ein Möchtegern-Casanova. Der Abend verlief weiter entspannt. Mimi und Nicole tanzten immer wieder, während die Jungs den Abend mit Alkohol genossen. Mimi freute sich noch mehr auf zu Hause, darauf mit Tai am nächsten Tag skypen zu können. Sie würde sich so gerne persönlich für die Schuhe bedanken, aber dies würde zunächst nicht gehen. Sie würde sich auf jeden Fall noch etwas einfallen lassen um sich zu revanchieren, auch für seinen Geburtstag der bald anstand musste sie sich noch etwas Besonderes einfallen lassen.

Love yourself

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Liebe aus weiter Ferne

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Tais Geburtstag

22.10.2010
 

Es war Freitag und Tais Geburstag war noch zwei Tage entfernt. Jedoch war es ihm diesmal nicht wichtig und er hatte auch keine große Lust zu feiern, weshalb er niemanden eingeladen hatte. Tai hatte die Verpflichtungen für heute hinter sich und konnte das Wochenende beginnen. Er wollte noch etwas Sport machen, joggen gehen und seinen Kopf frei bekommen. Er zog sich gerade seine Laufschuhe an, als die Haustüre aufging und Kari hereinkam. Sie lächelte ihren Bruder an, er sah auf und erwiderte das Lächeln. „Hi“, begrüßte sie ihn und schlenderte mit Schuluniform und Schultasche an ihm vorbei, da sie bis gerade noch bei Takeru gewesen war. „Hi, bin laufen, denke dass ich in einer Stunde zurück bin“, erwiderte er gleich und wollte gerade aus der Haustüre eilen, als er von Kari aufgehalten wurde. „Was machen wir eigentlich am Sonntag?“, fragte sie bei ihrem älteren Bruder nach. Tai sah sie verwirrt an. „Nichts, ich hab nicht vor zu feiern, das weißt du doch“, erwiderte der junge Mann und wollte die Türe passieren. „Aber Sonntag ist doch dein Geburtstag, sollen wir nicht irgendwo in eine Disco gehen und etwas reinfeiern?“

„Ja und? Ist auch nichts Besonderes und ein Tag wie jeder andere auch und ich habe wirklich keine Lust zu feiern“, fügte er rasch hinzu.

„Oh doch ist es, du wirst 20 Jahre alt, also Volljährig, diesen Tag muss man einfach feiern. Jeder freut sich doch darauf diesen Tag zu feiern.“

„Ich finde es aber blöd meinen Geburtstag zu feiern, wenn Mimi und Matt nicht dabei sind, irgendwie passt das für mich nicht. Geburtstag feiern ohne Freundin und besten Freund, ist ja super“, erwiderte er sarkastisch.

„Aber Tai...“ Flehend sah sie zu ihrem Bruder, er seufzte und rollte mit den Augen.

„Pass auf, wir können ja am Sonntag essen gehen. Okay? Mama, du und meinetwegen Takeru, aber mehr möchte ich nicht machen“, stellte er klar. Kari nickte und lächelte.

„Das ist doch besser als gar nichts, dann schaue ich gleich mal nach einem Restaurant und reserviere einen Tisch“, erwiderte sie freudig.

„Tu was du nicht lassen kannst“, erwiderte er gleichgültig, schloss die Türe hinter sich und verschwand.
 

Kari wartete einen Moment, lächelte und rief Sora auf dem Mobiltelefon an. „Hey Sora, Tai ist gerade joggen, ich kann also offen sprechen“, sagte sie gleich.

Sehr gut, also der Proberaum geht leider nicht mehr als Partylocation. Dadurch dass Matt und die Anderen derzeit selber nicht da proben, haben sie den Raum untervermietet.“

Kari starrte geschockt durch das Fenster vom Wohnzimmer und blickte in die Ferne. Sie hatte fest damit gerechnet, dass sie dort feiern konnten. „Oh nein und was machen wir jetzt?“

Na, wir können doch einfach hier bei mir feiern... Es kommt doch sowieso nur der engste Kern und ich bin auch froh, wenn die Wohnung mal mit Leben gefüllt ist.“ Kari überlegte, da sie wusste, dass Tai eigentlich gar nicht feiern wollte hatten sich Kari und Sora überlegt mit dem Rest der Digiritter eine kleine Überraschungsparty zu schmeißen. Kari wollte einfach nicht, dass Tai diesen Tag ignorierte und auch wenn Mimi und Matt nicht dabei sein konnten, so waren dennoch alle Anderen für ihn da und das sollte er nicht vergessen. „Okay, das ist lieb von dir Sora und ich glaube Tai wird sich freuen, auch wenn er jetzt so tut, als würde ihm das überhaupt nicht passen.“

Okay, Yolei hat auch schon ihre Hilfe angeboten und Izzy wollte eine CD zusammenstellen und brennen. Joe hat auch zugesagt. Weißt du was von dem Rest?“, hörte Sora bei Kari nach. „Die kommen alle. Davis, Ken, T.K und Cody haben mir heute zugesagt. Wir sind also komplett... na ja...mehr oder weniger“, murmelte Kari betrübt.

Wir werden ihn schon etwas ablenken“, erwiderte die Rothaarige.

Kari nickte „Okay, ich komme dann morgen früh mit Yolei um alles vorzubereiten.“ Sie beendete das Gespräch und wollte gerade in ihr Zimmer, als es an der Tür klingelte. Sie ging zum Türöffner und nahm den Hörer in die Hand. „Ja Hallo, bei Yagami“, murmelte sie durch die Sprechanlage.

„Ja Guten Tag, ich habe ein Paket für Taichi Yagami.“

„Das ist mein Bruder, kommen Sie bitte in den zehnten Stock.“ Kari hing den Hörer zurück und öffnete die Haustüre, nach zwei Minuten tauchte ein Paketzusteller auf. Kari nahm das Paket entgegen und unterschrieb, sie schloss die Türe wieder hinter sich zu und lächelte als sie las, von wem das Paket war. Es war von Mimi. Kari nahm das Paket mit ihr Zimmer und stellte es in ihren Schrank, damit Tai es nicht finden würde. Sie würde es ihm morgen um Mitternacht überreichen, als zusätzliche Überraschung.
 

Am nächsten Tag klopfte Kari ruhig an Tais Zimmertüre an, sie wartete bis er sie hereinbat und öffnete die Türe. „Tai? Kannst du mich vielleicht gleich zu T.K fahren?“ Tai sah von seinem Rechner zu seiner Schwester. „Wann denn? Du weißt doch, dass ich Samstagabend immer mit Mimi skype.“

„Ja, so gegen sieben?“ Tai überlegte, eigentlich war es genau die Zeit, in der er eigentlich mit Mimi sprach. Er freute sich schon und nachher wäre sie enttäuscht, wenn er sich nicht meldet. Aber er wollte schließlich auch nicht, dass seine Schwester abends alleine durch die Gegend lief. Er sah auf die Uhr am Rechner, in einer Stunde müsste er dann los und würde cirka eine halbe Stunde brauchen. "Okay", murmelte er schließlich. Er nahm sein Handy und schrieb Mimi, dass er sich heute etwas später bei ihr melden würde, da er Kari noch fahren würde.
 

Sie saßen in Tais Auto und Kari machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem. „Vielen Dank, dass du mich fährst“, richtete sie an ihren Bruder.

„Kein Problem, Kröte“, erwiderte er gleich. Kari zog ihr Handy hervor und sah wieder zu ihrem Bruder. „Wir müssen kurz zu Sora“, sprach sie ernst zu Tai. Der sah kurz zu ihr, ehe er seinen Blick wieder auf den Verkehr richtete.

„Warum das denn?“

„Sora, hat etwas von Matt für T.K“, erklärte sie. Tai verzog sein Gesicht.

„Und warum schickt es Matt dann nicht gleich zu T.K?“, fragte er gleich nach.

„Das weiß ich doch nicht, bitte Tai.“ Der Braunhaarige sah auf die Uhr vom Auto. Jetzt würde er noch länger unterwegs sein, weil er erst noch den Umweg zu Sora fahren musste. „Man du nervst“, erwiderte er beleidigt, doch nickte schließlich leicht mit dem Kopf. „Du bist der beste Bruder der Welt“, flötete sie fröhlich und lächelte ihn an.
 

„Und warum muss ich jetzt auch noch mit hoch kommen?“, fragte er nach, als sie bei Sora vor der Türe standen. Dafür musste er extra ewig einen Parkplatz suchen, anstatt einfach vor der Türe zu warten. „Weil es schwer ist“, erwähnte sie beiläufig. Tai seufzte genervt, er hatte jetzt echt keine Lust hier ewig durch die Gegend zu fahren. Sora öffnete die Türe und ließ sie eintreten. „Steht im Wohnzimmer“, erwiderte sie gleich. Tai ging durch die Mädchen durch und erreichte in schnellen Schritten das Wohnzimmer, plötzlich wurde es hell. Izzy, Joe, T.K, Davis, Ken, Yolei und Cody sprangen aus ihren Verstecken und alle gemeinsam riefen sie. „Überraschung.“

„Was?“, fragte Tai irritiert und sah seine Freunde nacheinander an. Kari und Sora blieben rechts und links neben ihm stehen. „Natürlich feiern wir dein Geburtstag, ob du willst oder nicht“, erklärte Sora. Tai rollte mit den Augen, schon stand Davis mit einem Bier vor ihm und hielt ihm seines entgegen. „Komm schon Alter, du wirst 20, können wir das bitte gebührend feiern?“

Tai grinste leicht, hier würde er jetzt wohl nicht mehr raus kommen. „Ich rufe erst noch kurz Mimi an, damit...“

„Brauchst du nicht, sie weiß schon Bescheid, ich hab gestern mit ihr geskypt. Sie wünscht dir einen schönen Abend und du sollst ihn genießen, das Gleiche sagte auch Matt“, redete Sora gleich dazwischen, um Tai seine Sorgen zu nehmen. Er sah zu der Rothaarigen, nahm das Bier von Davis entgegen und stieß mit ihm an. „Na dann, zum Wohl.“ Kari lächelte und ging zu ihrem Freund, sie setzte sich auf seinen Schoß und gab ihm einen Kuss, während Takeru seine Arme hinter ihrem Rücken verschloss. „Also, da unsere Singsternchen nicht da sein, werde ich mich um die Musik kümmern“, erklärte Yolie stolz.

„Was? Nein, ich mach das“, erwiderte Davis und ging zum Laptop neben Izzy, um sich die Playlist anzusehen und wählte einen Song aus. „Purple rain? Genau deswegen, lässt man dich nicht die Musik auswählen“, sprach die Lilahaarige dazwischen und klickte auf ein anderes Lied.

„Keiner will eure dämlichen Boybands hören“, erwiderte der Igelkopf und klickte das nächste Lied an. „Dein Ernst“, schrie die Brillenträgerin empört auf und zog an dem Laptop, doch Davis nahm die andere Seite und zog ebenfalls daran. „Mein Laptop“, nuschelte Izzy besorgt und folgte mit seinen Augen, seinen Laptop wie er hin und her gezogen wurde, bis Davis kräftiger daran zog, ihn Yolei entglitt und der Laptop auf den Couchtisch schlug. „Seid ihr verrückt geworden?“, fragte Izzy aufgebracht nach und nahm seinen Rechner an sich. „Ihr habt meinem Laptop beide nicht mehr anzufassen“, stellte er ernst klar. Tai beobachtete das Szenario und fing gleich laut zu lachen an. „Seid ihr bescheuert.“
 

Nachdem Izzy seinen Laptop zurückerobert hatte, lief es wieder relativ ruhig ab. Auch wenn Tai zunächst nicht hatte feiern wollte, so war er jetzt doch froh, dass seine Freunde sich seinetwegen soviel Mühe gegeben hatten. Das Essen war lecker, die Getränke waren nach seinem Geschmack und die Musik war... Na ja Izzy gab sich Mühe. Takeru hielt ein Glas mit brauner Flüssigkeit vor das Gesicht des Brünetten. „Ein Gruß von meinem Bruder“, erklärte der Jüngere. Tai nahm grinsend das Getränk entgegen. Sein liebster Whisky, er stieß mit Takeru an, genoss den edlen Tropfen. T.K verzog etwas das Gesicht, was Tai zum lachen brachte. „Was? Jetzt sag bloß nicht, dass er dir nicht schmeckt?“, fragte er gespielt beleidigt nach.

„Na ja, wäre jetzt nicht meine erste Wahl.“ Tai schüttelte seinen Kopf. Matt würde den Whisky zu schätzen wissen, es war immerhin auch ihr Getränk, welches sie eigentlich immer tranken, wenn sie ausgingen.

Um kurz vor 12 versammelten sie sich alle um Tai und Izzy spielte den Song. `Happy Birthday´ an. Kari war die Erste die sich ihren Bruder in die Arme warf, ihm ein Küsschen auf die Wange drückte und alles Gute wünschte, auch Sora zog den Älteren etwas näher an sich ran und beglückwünschte ihn. Nach und nach beglückwünschten ihn alle, bis Joe das Schlusslicht bildete. „Alles Gute, Tai“, sagte er freundlich.

„Danke Joe, warum hast du eigentlich deine Freundin nicht mitgebracht?“, fragte er nach.

„Ich freue mich sie euch bald richtig vorzustellen, aber heute ging es um dich“, erklärte er. Tai grinste, er fischte nach seinem Handy und erkannte zwei Nachrichten. Die erste die er öffnete war von Matt.

-Alles Gute zum Geburtstag Alter, hoffe der Whisky hat geschmeckt, beim nächsten Mal wieder zusammen okay? Feier noch schön und wir sehen uns bald wieder. LG Matt-

Er lächelte und öffnete die nächste Nachricht, die von Mimi stammte.

-Mein Schatz, alles Liebe zum Geburtstag, ich wäre so gerne bei dir, aber in Gedanken bin ich die ganze Zeit bei dir. Ich hoffe mein Geschenk gefällt dir. In Liebe deine Mimi.-

Geschenk? Was für ein Geschenk? Es war wohl noch nicht angekommen – dachte er und vergub sein Handy wieder in seiner Tasche. „Alles okay? Haben sie sich gemeldet?“, fragte Kari nach. Tai nickte „Ja schon, aber Mimi hat mir wohl was geschickt, aber ist wohl nicht rechtzeitig angekommen“, erwiderte er betrübt. Kari lächelte. „Doch, ist es...“ Tai sah seine Schwester ernst an und sagte ihr mit seinem Blick, das sie fortfahren sollte. „Es kam gestern an, aber du hast erst heute Geburtstag, also solltest du es erst jetzt bekommen“, erklärte sie lächelnd.

„Wo ist es?“

„Jetzt in deinem Zimmer, auf deinem Bett. Ich wollte es erst mitnehmen, aber ich dachte mir, dass du wohl doch lieber alleine wärst, wenn du es auspackst.“

„Ich muss los, Leute Danke für alles, aber ich bin weg.“ Tai wartete die Reaktion seiner Freunde gar nicht erst ab, er hob noch seine Hand zum Gruß, nahm die Schlüssel und ging. Er nahm sich ein Taxi, da er zu viel getrunken hatte und würde sein Auto am nächsten Tag abholen.
 

Tai erreichte sein Zimmer, schaltete das Licht ein und sah gleich das Paket, das auf seinem Bett stand. Er lächelte und war wahnsinnig gespannt, was Mimi ihm geschickt hatte. Er nahm es in die Hand, zog ein Taschenmesser aus seiner Schreibtischschublade und öffnete das Paketband. Er blickte hinein und gleich musste er schmunzeln. Das ganze Paket war voll mit vielen kleinen und größeren Geschenken, er wusste gar nicht welches er als erstes herausziehen sollte. Einzelne Fotos auf denen sie zusammen drauf waren und zufrieden lächelten holte er zuerst heraus und legte sie, nachdem er jedes Einzelne gemustert hatte, auf sein Nachttisch. Dann nahm er sich eine CD heraus und legte diese in seine Steroeanlage, er dachte dass es wahrscheinlich ein Lied war, welches ihr gefiel, doch schon hörte er ihre Stimme. Er hielt in seiner Bewegung inne und starrte zu den Boxen.

´Hallo Schatz, ich mal wieder, also ich weiß ja nicht wo du gerade dran bist` Tai hörte seine Freundin kichern und musste ebenfalls lächeln. `Auf jeden Fall, werde ich etwas machen, was ich wohl niemals machen würde, würdest du mir gegenüber stehen. Ich singe für dich, wenn es dir nicht gefällt, mach es einfach aus. Ich bin auch nicht beleidigt, wahrscheinlich ist es gar nicht gut.´

plapperte sie drauf los und wieder musste Tai schmunzeln. Mimi begann zu singen. Sie sang ein Song von Vanessa Carlton, das den Titel A thousand miles trug. Tai kannte das Lied vorher nicht, aber das spielte auch keine Rolle, konnte der Yagami sich mehr als gut denken, warum sie gerade dieses Lied wählte. Ihre Stimme zu hören war schon Geschenk genug, dann der Gesang. Er schmunzelte, er hatte sie einmal in ihrer Beziehung singen gehört und da hatte er sich auch eher angeschlichen und jetzt konnte er es sich immer wieder anhören, wenn er dazu Lust hatte und ihr Stimme klang einfach traumhaft. Das Lied spielte auf Replay weiter und nach einiger Zeit konnte er es sogar mitsingen. Er durchstöberte weiter das Paket und zog einen kleinen Frosch heraus um den ein Brief gewickelt war. Er verstand nicht gleich, warum sie ihm einen Froschanhänger schenkte. Er faltete den Brief auseinander und als er die paar Zeilen las, konnte er sich nicht halten vor lachen.
 

-Ein Frosch, erinnerst du dich, als wir mal zusammen auf einem Vergnügungspark waren? Du wolltest mir ein Kuscheltier schenken. Einen Frosch, Frosch küssen, Prinz und so, aber du warst schlecht. Warst du wirklich. Jetzt kann ich es ja sagen. Aber du hattest ja mich und ich war gut... ;) Damit du beim nächsten Mal besser bist, eine kleine Anleitung -
 

Tai schüttelte noch immer fassungslos den Kopf, als er einen gelben Schal von ihr herauszog, der ihr Lieblingsparfüm trug. Es roch nach ihr, wenn es auch nicht so gut wie auf ihrer Haut roch, aber der frische Frühlingsduft schlich ihm gleich in die Nase und er sog den Geruch tief ein. Er lächelte, als er den Schal um seinen Hals legte und sich ihr ein wenig näher fühlte. Dann durchstöberte er das Paket weiter und fand ein kleines Geschenk, das in Geschenkpapier eingewickelt war. Dieses packte er aus und lächelte wieder. Es war ein Mercedes-Benz C-Klasse als Modellauto, also das Auto welches er im wahren Leben fuhr und durch ihre Hilfe gemeinsam mit Matt fertig restaurieren hatte können. Er lächelte als er die durchsichtige Verpackung in seinen Händen hielt. Wie süß konnte ein Mensch eigentlich sein? Sie hatte sich so viel Mühe gegeben und so viel Liebe hineingesteckt. So ein schönes Geschenk hatte er noch nie von Jemanden bekommen und wieder einmal wurde ihm bewusst, wie sehr sie ihm fehlte. Zuletzt zog er zwei Umschläge heraus. Den größeren Brief öffnete er sofort und fand ein weiteres Foto vor, doch dieses Foto war anders, als die Fotos die er zuvor aus dem Paket geholt hatte. Noch immer starrte der junge Mann das Foto an und schluckte schwer. Es war ein schwarz-weiss Bild von Mimi, die ein Hauch von nichts trug. Sie hielt ihre Arme ein wenig vor ihrem Oberkörper, aber dennoch waren ihre Brüste gut zu erkennen, sie blickte mit dem Kopf leichte nach unten und sah nicht in die Kamera. Ihre Haare waren offen und leicht gelockt und sie sah verdammt heiß aus. Er fuhr immer wieder mit seinem Daumen über das Foto über ihre weiblichen Rundungen, die er jetzt viel lieber berühren wollte, als das Foto. Wie er sich doch nach ihr sehnte und doch würde er dieses Foto niemals hergeben. Zum Schluss öffnete er den letzten Umschlag, der etwas kleiner war und Tai zog einen Brief heraus. Er faltete den Brief auseinander und begann zu lesen.
 

- Hallo Schatz, zuallererst möchte ich dir von ganzen Herzen zu deinem Geburtstag gratulieren und ich hoffe es ist der letzte Geburtstag den wir getrennt voneinander feiern müssen. Ich bin traurig, dass ich jetzt nicht bei dir sein kann, hoffe aber dass du dennoch einen wunderschönen Tag hast. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal für alles was du für mich getan hast bei dir bedanken. Ich bin so unendlich froh, dass ich dich an meiner Seite weiß, auch wenn ich dich zur Zeit nicht sehen kann, aber ich weiß, dass wir es schaffen können, dass unsere Liebe ausreicht und immerhin haben wir schon fast zwei Monate geschafft. Du bist und bleibst der Beste und ich liebe dich von ganzen Herzen. Ich zähle die Tage bis wir uns endlich wiedersehen und kann es kaum mehr erwarten. Ich denke an Dich, die ganze Zeit und bin bei dir, vergiss das nicht. In Liebe Mimi.-
 

Tief gerührt faltete er den Brief wieder zusammen und legte ihn zurück in den Umschlag. Unendlich viel Wehmut machte sich in seiner Brust breit und obwohl ihn das Geschenk wahnsinnig erfreute und er immer noch fasziniert war, an welche Kleinigkeiten sie sich zurückerinnerte und auch ihn wieder erinnern ließ, wurde er traurig. Traurig, dass sie nicht da war. Traurig, dass er ohne sie feiern musste. Traurig, dass es noch viel zu lange dauern würde, bis sie sich wiedersehen würden. Er sah sich noch einmal die Geschenke an, während er ihr Lieblingsparfüm roch und ihre Stimme durch die Boxen hörte. Er schloss seine Augen und konnte das Brennen in seinen Augen nicht ignorieren, das ihn abermals daran erinnerte, dass er Mimi vermisste und sich nach ihr sehnte.

Die Intrige

25.10.2010
 

Zufrieden hakte sich Mimi bei Nicole unter. Sie gingen gerade durch den Flur der Schule und suchten ihren Kursraum auf. Die erste Pause hatten sie bereits hinter sich gebracht und Mimi berichtete ihrer Freundin, wie sehr Tai sich über das Geschenk gefreut hatte. Sie hatten noch am nächsten Tag lange geskypt und obwohl Mimi heimlich ein paar Tränen weinte, weil sie an seinem Geburtstag nicht bei ihm hatte sein können, so freute sie sich dennoch, dass er scheinbar einen schönen Tag gehabt hatte und ihr Geschenk ihm ein wenig Freude bereitete. Die gesamte letzte Woche war Nick nicht im Unterricht gewesen was die Brünette wahnsinnig erleichterte, auch in den ersten beiden Stunden war er bisher nicht aufgetaucht und sie war sich sicher, oder hoffte zumindest, dass er die Schule verlassen hatte. Sie setzten sich auf ihre Plätze, ihre Lehrerin betrat den Klassenraum und begrüßte die Schüler freundlich. Diese waren noch am tuscheln, räumten nach und nach ihre Handys weg und schielten mehr oder weniger zur Tafel. Nicole flüsterte Mimi gerade etwas ins Ohr, als die Türe erneut aufging. Nick kam in den Klassenraum. „Entschuldigt die Verspätung“, murmelte er und er ließ sich hinter dem Platz von Mimi nieder. Allgemeines Tuscheln fuhr durch das Klassenzimmer und alle Blicke lagen auf dem jungen Mann, selbst die Lehrerin starrte ihren Neuzugang irritiert an. Nick sah nicht wie gewohnt chick, modisch und gut gestylt aus. Nein, er hatte ein paar deutliche Blessuren über seiner Augenbraue und eine aufgeplatzte Lippe, die nicht mehr blutete. Auch seine Bewegungen waren schwerfällig und schienen ihm Schmerzen zu bereiten. „Was ist denn mit dem passiert?“, flüsterte Nicole in Mimis Richtung. Die zuckte mit den Schultern und interessierte sich auch nicht dafür, warum er aussah wie er aussah, das war nicht mehr ihre Angelegenheit. „Okay“, brachte die Lehrerin hervor, klatschte in die Hände und versuchte die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken. „Schön Nick, dass du wieder da bist. Wenn es etwas gibt worüber du reden möchtest, kannst du gerne zu mir kommen.“ Die Lehrerin machte mit ihrem Unterricht weiter, doch alle Schüler sahen abwechselnd immer wieder zu Nick und schienen zu grübeln warum er so fertig aussah.
 

Die nächste Pause erreichte die Schüler und Mimi und Nicole gingen schnell in die Cafeteria. „Der sieht richtig übel aus“, stellte die Rothaarige fest. Mimi schnaufte wütend.

„Wer weiß wo der sich wieder herum getrieben hat. Seine Gesellschaft ist...“ Die Brünette brach ab, schließlich hatte sie genug seiner komischen Leute kennengelernt, die ihr alles andere als zusagten. Vielleicht falsche Geschäfte, falsche Freunde, Geld, Schulden. Gründe gab es sicher genug aber Mimi hatte wenig Mitleid mit ihrem Exfreund, immerhin sah sie eine Zeitlang seinetwegen wesentlich schlimmer aus. Vielleicht war es einfach Karma und das seine gerechte Strafe. Die beiden Freundinnen bekamen gar nicht mit wie ihre Cheerleaderfreundinnen zu ihnen an den Tisch kamen. Ein blondes Mädchen setzte sich direkt gegenüber von Mimi und sah sie erwartungsvoll an. „Kann ich dir irgendwie helfen Sandy?“, fragte sie überrascht nach, als sie den Blick ihrer Mitschülerin sah. „Stimmt es?“, wollte sie wissen.

„Stimmt was?“, fragte Mimi irritiert nach.

„Stimmt es, dass du mal mit Nick zusammen warst?“ fragte eine Vierte am Tisch nach. Mimi sah verwundert zwischen Nicole und ihren anderen Freundinnen hin und her und nickte schließlich zögerlich mit dem Kopf. „Wahnsinn“, schwärmte die Nächste in der Runde. „Was für ein Typ.“

„Das ist schon sehr lange her und wir haben nichts mehr miteinander zu tun. Ich habe einen neuen Freund und bin glücklich mit ihm“, erwiderte Mimi prompt. Es bekam an ihrer Schule kaum jemand etwas über Mimis Probleme mit, sie wussten dass sie einen Freund hatte und irgendwann nicht mehr. Warum erfuhren sie nicht und dann waren Sommerferien und alle lebten sowieso ihr Leben weiter.

„Und wo war dein Freund am vergangenen Samstag, als man dich überfallen und Nick dich gerettet hat?“, fragte Sandy mit schriller Stimme nach. „Ähm...wie bitte?“ Mimi konnte es nicht fassen, was ihre Cheerleaderfreundinnen ihr gerade erzählten. Offenbar kursierte in der Schule das Gerücht herum, dass Mimi Samstagnacht von zwei fremden Männer überfallen wurde, Nick zufällig auftauchte und sie vor diesen Männer gerettet hatte, daher stammten auch die Verletzungen. Mimi klappte der Mund auf und unfähig irgendwie darauf zu reagieren was sich Nick bei dieser Geschichte gedacht hatte sah sie hilflos zu Nicole. „Also Mimi war das Mädchen ganz sicher nicht. Sie war am Samstagabend bei mir“, log Nicole. Die Beiden hatten sich tatsächlich Samstagabend nicht mehr gesehen. Mimi wollte früh schlafen gehen und aufstehen um mit Tai skypen zu können und Nicole war auf einem Familiengeburtstag. „Das erzählt er aber anders und warum sollte er so etwas erfinden?“, fragte Sandy erneut bei Mimi nach.

„Weiß ich doch nicht, ich wurde nicht überfallen und ganz sicher hat er mich nicht gerettet!“

„Hey Mimi“, hörte sie auf einmal Nicks Stimme hinter sich. Langsam drehte sie sich mit ihrem Oberkörper um und sah ihn wütend an. „Was?“

„Können wir mal reden?“

„Ich wüsste nicht, was wir Beide zu bereden hätten“, zischte sie los.

„Mimi, jetzt sei doch nicht so. Er hat immerhin sein Leben für dich riskiert“, mischte sich ein anderes Mädchen ein und alle Anderen stimmten ihr zu. „Wenn Mimi nicht will, dann will sie nicht“, ergriff Nicole sofort Partei für Mimi, doch diese machte eine Handbewegung in die Richtung der Rothaarigen und stand auf. „Fünf Minuten“, fügte sie grimmig hinzu.

„Mimi“, flüsterte Nicole und hielt ihre Freundin am Pullover fest. Kurz sah die Brünette zu ihr und lächelte sie an. Sie sollte sich keine Sorgen machen, sie waren hier an der Schule. Hier würde ihr schon nichts passieren.
 

Sie folgte ihm bis sie ein leeres Klassenzimmer erreichten, das nicht abgeschlossen war. „Warum erzählst du so einen Scheiß?“, blaffte sie ihn gleich an. Er funkelte sie böse an und schritt ganz nah an die Brünette heran. „Ich erzähl doch überhaupt keinen Scheiß. Offenbar kannst du dich nur nicht mehr richtig erinnern“, unterstellte er gefährlich.

„Was bezweckst du eigentlich damit? Das wird dir keiner glauben, ich werde das klar stellen.“

„Oh Süße, das glaubt mir schon jeder. Sie fanden mein Verhalten alle mutig und tapfer.“

„mutig und tapfer“, zischte Mimi heraus. „Als würdest du wissen was das ist.“ Wütend starrte Nick sie an, seit wann wagte sie es ihm gegenüber solch ein Verhalten an den Tag zu legen? Unsanft grub er seine Hand in ihren Unterarm. „Du solltest besser nicht so frech sein, könnte sein das dir das nicht bekommt. Das letzte Mal als du etwas dummes getan hast, hat es dir auch nicht sonderlich gestanden. Erinnerst du dich? Und wir wollen doch nicht, dass sich dein disziplinloses Verhalten nochmal wiederholen muss, oder?“ Bedrohlich schossen diese Worte aus ihm heraus und Mimi zuckte unbewusst zusammen. Drohte er ihr etwa? „Lass mich los!“, flehte sie und versuchte sich auf seinem Griff zu befreien, doch Nick dachte nicht daran. Er griff mit seiner rechten Hand an ihren Hals, drückte sie gegen die Wand und legte seine Lippen unsanft auf ihre. Sofort wehrte die Brünette sich und biss ihm mit voller Kraft in die Unterlippe. „Au, Schlampe!“, rief er ihr zornig entgegen. Mimi drückte ihn von sich und lief zur Türe. „Hör auf damit! Lass mich in endlich in Ruhe. Ich habe einen Freund und du bist das Letzte! Und ich würde nie, nie wieder etwas mit dir anfangen“, schrie sie verzweifelt. Als Mimi gerade den Flur erreichte, blieb Nick hinter ihr stehen. „Dann werde ich mich freuen dich und deinen Freund am Herbstball zu sehen. Wer lässt seine reizende Freundin schon alleine auf den Schulball gehen?“ Mimi drehte sich zu ihrem Exfreund um. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er keine Schmerzen beim Gehen mehr gehabt hatte und die Wunde über seine Augebraue sehr oberflächlich aussah. „Das ist alles inszeniert“, stelle sie erbost fest.

„Genau wie deine rein platonische Beziehung.“ erwiderte er.

„Sie ist nicht platonisch“, wehrte sich Mimi gleich. Wie konnte es dieser mieser Typ nur wagen so etwas über ihre Beziehung mit Tai zu sagen. „Er liebt mich, aber so etwas kennst du ja gar nicht. Dir geht es nur um Besitz und Macht.“

„Davon wie sehr er dich liebt werde ich mir mein eigenes Bild machen“, blaffte er unbeeindruckt und ließ Mimi schließlich stehen.
 

Fassungslos starrte sie ihm hinterher. „Mimi?“, rief Nicole ihren Namen. Gleich drehte sie ihren Kopf in ihre Richtung. „Alles in Ordnung?“, erkundigte diese sich besorgt. Mimi fuhr mit ihrem Handrücken über ihren Mund. Er hatte es gewagt sie zu küssen! Er war so ein Arsch. Erst jetzt fiel ihr auf, was sie ihm mal entgegen geschrien hatte und zwar das Matt ihr Freund war. Das hieß, er erwartete, dass sie mit Matt auf dem Schulball auftauchen würde, aber Mimi hatte Matt erstens nichts von dem Schulball erzählt und das zweite, und das war viel wichtiger, er wusste nicht, dass Nick mittlerweile auf ihre Schule ging. Was sollte sie denn jetzt nur tun? „Ich muss Nick loswerden.“

„Dann geh zur Polizei“, erwiderte die Rothaarige. „Dann wirst du ihn auch los.“ Doch Mimi schüttelte den Kopf. „Warum denn nicht?“

„Was wenn er alles umdreht, sowie beim Direktor? Was wenn er alles falsch von sich gibt und nur Lügen erzählt? Dann steht sein Wort gegen meines und wer glaubt mir dann schon? Selbst meine Mitschüler, die mich schon viel länger kennen, glauben mir nicht. Seine Familie hat Geld und ein hohes Ansehen und ich... ich will das er mich einfach nur in Ruhe lässt“, wimmerte die Brünette.

„Och Mimi.“ Nicole zog die Jüngere in eine Umarmung und spendete ihr Trost.

„Ich muss eine andere Möglichkeit finden.“

„Und wie willst du das machen?“

„Ich weiß nicht, vielleicht muss ich mit Matt reden, aber ich befürchte das er dann Tai von dem Ganzen erzählen könnte und das geht auf gar keinen Fall“, überlegte die Brünette. Nicole seufzte „Vielleicht wäre es aber gut, wenn beide Bescheid wissen.“ Noch immer hatte die Tachikawa seinen ekligen Geschmack an ihren Lippen, wieder fuhr sie über ihre Lippen. Sie wollte ganz schnell duschen. „Ich weiß es noch nicht ich überlege es mir“, murmelte sie schließlich bedrückt. Die Pause war vorbei und die Schüler gingen zurück in ihre Klassenzimmer.
 

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Schwerfällig ging Mimi von ihrem Zimmer ins Wohn-Esszimmer und setzte sich an den Tisch. Ihr Vater saß bereits am Platz, während ihre Mutter noch einen Topf Reis auf den Tisch stellte und sich ebenfalls auf einem Stuhl niederließ. Sie gab jeden auf den leeren Teller etwas Reis mit Curry und lächelte in die Runde. „Guten Appetit.“ Mimi lächelte matt und begann mit dem Essen, irgendwie bekam sie kaum etwas herunter, aber sie bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen. „Also, das hast du wirklich wieder ganz toll hinbekommen“, lobte Keisuke seine Frau, die zufrieden lächelte und ihrem Ehemann einen Kuss gab. Mimi rollte mit den Augen. Das brauchte sie jetzt echt nicht. „Schmeckt es dir nicht?“, wand sich Satoe an ihre Tochter. Sie bekam gleich große Augen und schüttelte den Kopf. „Doch, doch ich habe heute nur in der Schule schon ganz schön reingehauen“, erklärte sie wenig überzeugend. „Du isst die ganzen Wochen schon so wenig“, stellte auch ihr Vater besorgt fest. „Eigentlich seid du zurück aus Japan bist“, fügte Satoe hinzu.

„Dann schickt mich doch einfach wieder zurück und schon esse ich wieder normal“, erwiderte Mimi zickig und ließ die Gabel sinken. „Mimi, geht das Thema schon wieder los?“, fragte ihr Vater streng nach und bedachte seine Tochter mit einem drohenden Blick.

„Du beendest dein letztes Schuljahr hier, danach kannst du studieren wo du möchtest. Ende der Diskussion. Du bist zu jung um alleine zu leben.“

„Ich wäre doch überhaupt nicht alleine, ich wäre bei Oma“, entgegnete die Brünette prompt.

Wütend klatschte Keisuke mit der flachen Hand auf den Tisch, sodass das Geschirr einen kleinen Aufsetzer machte. „Mimi, es reicht jetzt. Mein Gott, es ist ein Jahr, das wirst du ja wohl überleben“, kam es genervt von Keisuke. „Ihr versteht mich einfach nicht“, brummte Mimi beleidigt. „Ich möchte nicht jedes Mal wieder über dieses Thema reden. Du bist nicht volljährig und damit bleibst du hier! Ich will mich nicht wöchentlich wiederholen müssen. Hast du das jetzt verstanden?“ Mimi nickte unsicher mit dem Kopf und erwiderte nichts mehr. Ihr Vater wurde selten so laut, aber seid alles mit Nick so eskaliert war, wurde er wesentlich strenger und dachte nicht im Traum daran Mimi in ein Land zu schicken, wo er nicht auf sie achten könnte. Satoe schwieg, sie konnte ihre Tochter verstehen. Es war damals ihr Vorschlag gewesen Mimi nach Japan zu schicken, damit sie wieder zu sich fand und es war ihr Kompromiss, dass Mimi zumindest nach Ende der Schule wieder zurück durfte. Denn ihr Mann wollte eigentlich nicht, dass sie woanders studierte. Keiner von beiden hätte gedacht, dass Mimi sich verlieben würde und alles nur noch komplizierte mit ihr wurde. „Darf ich aufstehen?“, fragte Mimi leise nach. Satoe nickte und ihre Tochter verließ den Tisch, ohne das Essen nochmal weiter anzurühren. Sie ging zurück in ihr Zimmer, legte sich auf ihr Bett und kämpfte mit den Tränen. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, ihre Eltern einfach so lange zu nerven, bis sie nachgeben würden. Eigentlich schaffte es Mimi immer ihre Eltern um den Finger zu wickeln, aber bei diesem Thema zog sie jedes Mal den kürzeren und es kam zum Streit. Wie sehr sie es doch hasste. Sie wollte doch einfach nur zurück und wieder bei Tai sein, aber ihre Eltern fanden das alles nur kindisch. Was wissen Jugendliche schon über Liebe? hatte ihr Vater ihr einmal unterstellt. Mimi erwiderte nur, dass man für Liebe nie zu jung sei und es auch nichts mit dem Alter zu tun habe und schon stritten sie wieder. Sie musste sich wohl eingestehen, dass es wenig Sinn machte weiter auf stur zu stellen. Vielleicht hatte sie diese Karte einfach schon zu oft ausgespielt. Am liebsten würde sie jetzt einfach zu Tai gehen und sich ausweinen, aber das ging ja nicht. Nein, es würde noch verdammte und lange zwei Monate dauern, bis sie sich wiedersahen, aber was beschwerte sie sich, sie sollte sich ja schließlich nicht so anstellen.
 

Mimi versuchte sich etwas zu beruhigen, sie ging zu ihrem CD-Player und schaltete Musik ein. Wieder ging sie zu ihrem Kalender und strich einen Tag durch. In zwei Monaten war Weihnachten, dann wäre sie bei Tai und würde mit ihm feiern. Warum fühlte sich das noch so endlos an? Es waren doch nur zwei Monate und immerhin hatte sie auch schon genauso viel geschafft, aber sie hatte einfach wahnsinnig Angst, dass sie sich wieder voneinander entfernen könnten, wenn auch die Entfernung so groß war. Sie wären ja immerhin nicht die Ersten bei denen es so wäre. Automatisch dachte sie an Matt und Sora und ob sie es schaffen würden. Einfacher hatten sie es sicherlich nicht, obwohl es ja an Matt lag und dieser jederzeit zurück konnte im Gegensatz zu ihr. Wie es Sora wohl mit all dem ging? Sicher nicht besser als ihr. Dabei fiel ihr auch wieder ein, dass sie ja noch mit Matt reden wollte, aber was sollte sie ihm sagen? `Hi Matt, Lust mich auf meinem Herbstball zu begleiten?´ Na super, da hatte er sicher keine Lust zu. Er hatte ja nicht mal Lust auf seinen eigenen Abschlussball gehabt, sie müsste ihn wenn wohl irgendwie ködern. Aber wie? Ein Auftritt? Das wäre ja nicht die erste Band die auf einem der Bälle live spielen würde und Matt und die Jungs würden wieder etwas bekannter werden. Das könnte doch klappen, dann wäre er immerhin schon auf dem Herbstball. Wen musste sie da eigentlich fragen, die Schulsprecherin? Oh Gott, den Direktor? Stimmt es gab ja immer ein Ballkomitee, die alles organisierten. Sie nahm eines ihrer Schulbücher heraus und ging die verschiedenen Namenslisten durch bis ein Name ihr tatsächlich bekannt vorkam. Sie nahm ihr Handy und schrieb eine Nachricht, hoffentlich hatten sie noch keine Band für den Herbstball.

Dieses Gefühl

29.10.2010
 

Sora war wieder mal in der Boutique. Seit Anfang des Monats war sie offiziell als Aushilfe angestellt. Jeden Tag nach der Universität ging sie zum Laden, um dort auszuhelfen, selbst wenn sie nicht eingeteilt war. Sie blieb auch oft länger und die Chefin hatte manchmal wirklich Mühe sie nach Hause zu schicken. Sora jedoch war das egal, sie fühlte sich gebraucht und die Ablenkung tat ihr gut, auch wenn sie wusste, dass sie es hin und wieder ein wenig übertrieb. Der Ladenschluss stand kurz bevor und die Rothaarige war im Lager um dort ein wenig aufzuräumen. Sie war gerade mit ein paar Samtstoffen beschäftigt, als die Chefin bei ihr auftauchte. „Sora? Sie sind ja immer noch hier. Sie haben schon seit einer Stunde Feierabend“, stellte Frau Isaku fest. Sora sah zu der älteren Dame und nickte. „Ja, ich weiß, ich hatte das hier angefangen und wollte es zu Ende bringen, ehe ich nach Hause gehe“, erklärte die Takenouchi. Sie faltete wieder einen Stoff zusammen, als die ältere Dame auf das Mädchen zuging und sie am Arm festhielt. „Mädchen, sie verbringen viel zu viel Zeit hier. Mehr sogar als ich und das ist mein Geschäft“, lächelte die schwarzhaarige Frau ihr zu. „Sie machen ihre Arbeit wirklich wahnsinnig gut, aber Arbeit ist doch nicht alles mein Kind.“ Sora nickte erneut und sah zu ihrer Chefin „Aber sie tut mir gerade wirklich gut und ich... ich bin wirklich wahnsinnig froh, dass ich hier aushelfen darf“, erwiderte sie mit ruhiger Stimme. Sie nahm die restlichen Stoffe und legte sie in das Regal zurück. Frau Isaku folgte ihr. „Ich wollte sie eigentlich noch etwas fragen“, fing die ältere Dame mysteriös an. Sora hielt abrupt in ihrer Arbeit inne und sah zu ihrer Chefin. „Soll ich morgen aushelfen? Das ist wirklich kein Problem, ich mache das gerne. Morgen um acht?“, fragte Sora euphorisch nach.

„Oh mein Gott, Kind. Nein, sie haben am Wochenende frei, nutzen sie die Zeit für ihre Freunde oder ihren Freund, der bestimmt schon wahnsinnig wütend ist, weil ich sie hier so einspanne.“

„Ach was, der hat damit keine Probleme“, lächelte Sora schwach.

Frau Isaku sah sie neugierig an und die Rothaarige seufzte traurig. „Mein Freund ist gerade in Amerika unterwegs und bald beginnt seine Tour. Er ist Musiker“, erklärte die Jüngere und fuhr mit einer Hand über den roten samtweichen Stoff, der ihr wahnsinnig gut gefiel. „Das ist der Grund warum sie sich hier so vergraben“, stellte die Schwarzhaarige fest. „Dann hat ihr Freund sicher nichts dagegen, wenn sie Ende November für eine Wochenende verreisen oder?“ Sora sah ihre Chefin misstrauisch an. Verreisen? Wie verreisen? „Ähm... wie meinen sie das?“

„Na sie wissen doch, dass jedes Jahr die nationale und traditionelle Modenschau in Kyoto stattfindet und ich wollte sie fragen, ob sie Interesse haben mich dieses Jahr als Assistentin nach Kyoto zu begleiten. Immerhin präsentiere ich auch ein paar Stücke.“ Sora machte große Augen und ihr Mund klappte auf. „Das ist nicht ihr ernst?“, fragte sie ungläubig nach.

„Doch, ist es. Sie sind die ganze Zeit so fleißig und sie haben es sich verdient. Also was sagen sie?“

„Ja, sehr gerne. Vielen Dank“, rief die Rothaarige fröhlich auf. Sora konnte es gar nicht fassen, schon im ersten Studienjahr würde sie die Möglichkeit bekommen nach Kyoto zur Modenschau zu fahren. „Es ist Ende November, ein Wochenende und nur wenn sie keine Verpflichtungen mit der Uni haben.“ Die Rothaarige schüttelte den Kopf.

„Hab ich nicht und da kann ich.“ Selbst wenn sie Verpflichtungen gehabt hätte, hätte sie diese augenblicklich verworfen. „Gut, dann habe ich eine spezielle Aufgabe für sie, nächste Woche bekommen Sie die Unterlage von einer Agentur. Wir brauchen immerhin noch ein paar Models.“ Sora konnte es nicht fassen, das erste Mal seit einer Ewigkeit war sie wieder Feuer und Flamme für eine Sache. Eine solche Möglichkeit war wirklich selten und sie hatte die Chance sich nun zu beweisen, das würde sie auch im Studium weiterbringen. Wer sonst im ersten Semester war beim organisieren einer Modenschau dabei? Sie strahlte und nickte begeistert mit dem Kopf. „Vielen, vielen Dank Frau Isaku, ich werde sie nicht enttäuschen“, rief sie euphorisch.

„Da, bin ich sicher und jetzt gehen sie endlich nach Hause, Anfang der Woche haben sie noch genug Arbeit“, zwinkerte die Schwarzhaarige ihr zu. Sora nickte. „Ich wünsche ihnen noch einen schönen Abend und Danke.“
 

Sora legte noch die Stoffe zurück in das Regal, nahm ihre Tasche und verabschiedete sich nochmal von ihrer Chefin. Sie konnte es immer noch nicht fassen, welch große Chance sie bekam. Sie ging durch die Straßen Tokios und wollte heute nicht mit der U-Bahn fahren, sondern das laute und bunte Treiben Tokios in sich aufnehmen. Sie war stolz und hatte das Bedürfnis Matt anzurufen und ihm davon zu berichten. Sie sah auf ihre Uhr, es war acht Uhr am Abend, also bei Matt sieben Uhr am Morgen. Er war sicher noch am schlafen. Seufzend blieb sie stehen und sah in ein Schaufenster, welches Taschen und Schuhe zeigte. Sie sah ihr Spiegelbild und blickte traurig rein. Plötzlich erkannte sie eine bekannte Person hinter sich, die ihr auf die Schulter klopfte. „Hi Sora“, begrüßte Kari die Rothaarige fröhlich. Sora drehte sich zur Jüngeren um. „Hi Kari.“

„Was machst du hier?“, fragte die Jüngere nach.

„Ich habe Feierabend und bin gerade auf dem Weg nach Hause“, erklärte die Rothaarige.

„Ah, ich bin gerade auf dem Weg zu Keru“, erwiderte die Brünette. Sora nickte. Ja, sie würde auch gerne ihren Freund sehen, aber... „Ich fahre nach Kyoto“, sprach Sora schnell und erklärte Kari, was sie heute selbst erst erfahren hatte. „Sora, das ist super. Ich freue mich so für dich“, lächelte Kari die Ältere an. „Danke, ich... meinst du, also... glaubst du, dass Matt das wissen will?“

„Na klar, er wird sich ganz bestimmt sehr für dich freuen“, erwiderte die Jüngere.

„Ja, mal sehen. Vielleicht ruft er ja an“, grübelte die Rothaarige. Kari sah ernst zur Älteren.

„Sora, wenn du ihm das mit Kyoto erzählen willst, dann mach das. Ruf du ihn an.“

„Und wenn er gerade keine Zeit hat und nicht mit mir reden will? Er meldet sich ja, sobald er eben kann...alle zwei Wochen“, brummte Sora hinterher.

„Dann könnt ihr das Gespräch immer noch beenden und außerdem warum solltest du nicht auch mal anrufen, nachher ist er beleidigt, weil du dich nicht meldest“, überlegte die junge Yagami. Sora schüttelte gleich den Kopf. „So ist Matt nicht, aber es stimmt schon, wenn ich es ihm erzählen will, bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn anrufen und es ihm selbst zu sagen.“

„Ganz meine Rede“, grinste die Jüngere. „Ich muss jetzt wirklich los, wir wollten ins Kino und der Film fängt gleich an.“

„Oh, ich wollte dich nicht aufhalten, grüße mir Takeru.“ Kari nickte begeistert

„Und du mir Matt und von T.K auch.“ Sie winkte der Älteren zum Abschied und ging mit schnellen Schritten weiter. Oh man, wie Sora die Jüngere gerade um ihre Beziehung beneidete. Wann war sie eigentlich das letzte Mal mit Matt im Kino? Sie konnte sich nicht mal erinnern, es war schon lange her. Wahrscheinlich irgendwann im Frühjahr. Welcher Film? Sie wusste es nicht, ob er es wusste? Sicher auch nicht. Sie sah sich nochmal im Schaufenster an, lächelte leicht und ging weiter nach Hause.
 

Die ganze Zeit dachte sie darüber nach, ob sie Matt anrufen sollte oder nicht? Warum tat sie sich so schwer damit, ihren eigenen Freund anzurufen? Das war doch dämlich! Früher hatte sie das auch ständig gemacht, wenn sie das Bedürfnis hatte seine Stimme zu hören und die Sehnsucht war größer denn je, also was hielt sie ab? Hatte sie Angst, dass sie ihn nerven würde? Hatte sie Angst mit jedem Gespräch zu erfahren, wie gut es ihm ging, während es ihr gar nicht gut ging? Hatte sie Angst zu erfahren, dass er später als erhofft zurückkommen würde? Hatte sie Angst, dass er sich von ihr trennen könnte? Sie wusste selber nicht was ihr Problem war, aber sie musste für sich eine Lösung finden, denn so ging es ihr nicht gut. Sie atmete unruhig ein und aus, als sie sich schließlich dazu entschied, seine Nummer zu wählen. Sie hatte immerhin tolle Neuigkeiten erfahren und diese wollte sie eben ihrem Freund mitteilen, das konnte er doch verstehen, oder? Es läutete in ihrem Ohr, doch auch nach einer Minute nahm niemand das Gespräch entgegen. Sie seufzte, drückte den roten Hörer und ließ sich auf dem Sofa nieder. Tränen brannten in ihren Augen. Warum sie jetzt weinen musste, wusste sie selbst nicht. Wahrscheinlich war er einfach noch am schlafen und würde sich melden, wenn er ihren Anruf sah versuchte sie sich gleich zu beruhigen. Sie wischte mit ihrem Handrücken die Tränen weg und stand auf.
 

Nach zwei Stunden in dem sie sich damit ablenkte spät abends noch die Wohnung zu putzen, die allerdings auch vorher schon sauber war, entschied sie sich dazu ihn erneut anzurufen. Die gemeinsame Wohnung, all die Zimmer, die sie alleine gar nicht brauchte erfüllte ihr Herz nur noch mehr mit Einsamkeit, obwohl Matt seine Mietanteile weiter bezahlte und Sora sich deshalb zwar keine Sorgen machen musste, dachte sie über einen Auszug nach, da sie sich hier in der Wohnung alleine – ohne Matt nicht mehr wohl fühlte. Sie wartete wieder eine geschlagene Minute mit dem Mobiltelefon am Ohr, doch wieder nahm niemand das Gespräch entgegen. Es war doch mittlerweile zehn Uhr morgens, da war er doch wohl wach. Sie war wütend und schmiss ihr Handy auf den Fußboden. Wer dachte er eigentlich wer sie war? Irgendein dummer Groupie? Sich alle zwei Wochen melden und sie würde sich damit zufrieden geben? Ernsthaft, warum wollte er überhaupt diese Beziehung aufrecht halten. Die Wut wurde immer größer, aber nicht nur die Wut übermannte sie auch ein Schwall Übelkeit machte sich in ihr breit. Sie bemerkte, dass sie es nicht länger zurückhalten konnte. Sie lief ins Badezimmer, kniete sich vor die Toilette und übergab sich, schon alleine der Gedanke, dass es mit Matt vorbei sei könnte, brachte ihr Inneres dazu aufs Extreme zu rebellieren. Die Rothaarige fuhr mit dem Handrücken an ihrem Mund entlang, kämpfte sich hoch und ging zum Waschbecken. Warum? Warum musste Matt nur nach Amerika gehen? Sie waren doch so glücklich und jetzt?
 

Mühsam schleppte sich Sora zurück ins Wohnzimmer, als sie sah, dass ihr Handy vom Fußboden aufblinkte griff sie zügig danach. Hoffnungsvoll nahm sie es entgegen und sah dass sie eine Kurznachricht erhalten hatte. Schnell fuhr sie mit ihren Fingern durch den Nachrichteneingang und erkannte, dass Mimi ihr geschrieben hatte. Nicht, dass sie nicht darüber freute, von ihrer besten Freundin zu hören, aber sie dachte eigentlich... Sie öffnete die Nachricht und augenblicklich wurde sie noch wütender, als sie die Nachricht las.

-Hi Beste, ich wollte mich nur mal melden. Ich hoffe es geht dir gut? Ich habe gerade mit Tai geskypt und fahre jetzt in die Mall. Ich hab dich lieb. Mimi. -

„Ich habe gerade mit Tai geskpyt“, äffte sie die Nachricht nach und schmiss ihr Handy wieder weg. Unglaublich. Taichi und Mimi schafften es jedes verdammte Wochenende zu skypen und manchmal unter der Woche zu telefonieren und Matt? Dieser Idiot konnte nach zwei Wochen nicht mal ein blödes Telefonat entgegen nehmen. Warum lief es bei denen denn so viel besser als bei ihr? Sie freute sich ja für ihre besten Freunde, aber ihre eigene Unzufriedenheit nervte sie. Warum meldete sich Matt denn nicht bei ihr? Nicht mal eine blöde SMS, dass er gerade keine Zeit hatte. Die gute Nachricht des Tages und ihre gute Laune waren komplett verpufft, zurück blieb nur Ärger und Frust.

Sie nahm sich einen Sekt aus dem Kühlschrank, öffnete die Flasche, setzte die Öffnung an ihrem Mund an und trank. Irgendwann hatte sie genug und sie schleppte sich ins Bett bis sie vor Erschöpfung doch noch in den Schlaf fand.
 

-
 

Am nächsten Morgen wurde sie durch das hallende Klingeln ihres Handys wach. Sie hatte ihr Handy noch mit ins Schlafzimmer genommen in der Hoffnung, dass Matt sich melden würde, aber er meldete sich natürlich nicht. Sie wusste nur schon vor dem darauf sehen, dass er es auch jetzt nicht sein würde, denn er hatte seinen eigenen Klingelton, seinen Song, den er mal für sie geschrieben hatte. Ja, damals... als sie noch... Wer störte sie denn jetzt? Ihr Kopf dröhnte, sie hätte den Sekt nicht alleine trinken sollen. Sie wühlte nach ihrem Handy und wusste immer noch nicht, wer eigentlich dran war. „Hey Sora, alles klar?“, hörte sie Taichi fragen.

„Was willst du?“, fragte sie genervt nach und rappelte sich etwas auf. „Fragen wie es dir geht. Heute ist das Wetter schön und wer weiß, wie lange das noch so ist. Izzy hat sich gemeldet, er, Kari, Takeru, Joe und seine neue Freundin... Ja, tatsächlich Sora... ich muss mich korrigieren seine erste Freundin wollen in den Park und das Wetter nochmal auskosten, ehe wir es nicht mehr können. Also kommst du mit oder kommst du mit?“, stellte Taichi lachend seine Frage. Von so viel guter Laune, wurde ihre eigene Laune gleich noch schlechter. „Ich glaube, ich bleibe zu Hause. Mir geht es nicht gut“, murmelte sie und beendete das Gespräch ehe Tai weiter auf sie einreden konnte. Sie legte sich zurück auf ihr Kissen und schlief nach ein paar Minuten wieder ein.
 

Ein stürmisches Klingeln weckte sie, sie kniff ihre Augen zusammen und schielte mit einem Auge zum Wecker. Es war eine halbe Stunde vergangen seit sie wieder eingeschlafen war. Sie konnte sich schon denken, wer da unten so blöd klingelte, aber da konnte er bis morgen früh klingeln. Sie drehte ihren Kopf wieder zur anderen Seite und schloss ihre Augen, als zu dem Klingeln an der Haustür, auch das Klingeln des Handys dazu kam schnappte sie wütend nach Luft. „Boah, dieser verdammte Yagami“, schrie sie, warf ihre Decke bei Seite und stampfte durch die Wohnung. „Geh wieder“, schrie sie gegen den Türöffner und hoffte, dass er endlich verschwinden würde, doch schon klopfte es an der Tür. Sie schüttelte den Kopf. Wieso konnte dieser Junge eigentlich kein Nein akzeptieren? Sie öffnete genervt die Tür.

„Geh wieder, ich bleibe hier“, erwiderte sie gleich und sah Tai vor sich stehen, der sie grinsend ansah.

„Hey, die Anderen warten alle unten auf dich.“

„Ich werde aber nicht mit kommen“, zickte sie den Älteren an.

„Gott, siehst du...ähm bescheiden aus?“ erwiderte der Ältere belustigt.

„Sind wir wieder lustig am frühen Morgen“, nuschelte sie verärgert.

„Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen oder hast du einfach nur deine Tage?“, fragte er grinsend nach.

„Tai! Geh wieder!“

„Nein.“

„Doch.“

„Was willst du denn den ganzen Tag machen?“, hakte er ernster nach. „Draußen warten deine Freunde auf dich, also stell dich nicht so an.“

Sora schwieg, ja alle waren sie da. Alle... bis auf... „Ich fühle mich aber heute nicht gut, okay?“

„Ich dachte eigentlich, dass wir auf dich anstoßen“, grübelte der Brünette.

„Warum das denn?“, fragte sie verwundert nach. Ihr Geburtstag war immerhin nicht, dass wusste sie. „Na Kari hat mir von deinem neuen Job erzählt, also wenn das kein Grund ist? Ist doch cool.“

Die Rothaarige lächelte matt, nickte und gab sich schließlich geschlagen. Er würde ja doch nicht aufhören. „Na gut, gib mir zehn Minuten ich muss mich noch frisch machen.“

„Bekommst du.“ Tai wartete auf Sora und gemeinsam gingen sie nach unten, als sie fertig war.
 

Sie gingen gemeinsam in den Park und es war wirklich ein goldener Oktobertag, wie er nicht schöner sein konnte. Die Blätter an den Bäumen war goldbraun und durch das sanfte Sonnenlicht wirkte der Tag unheimlich gemütlich. Sie sah zu ihren Freunden. Kari kuschelte sich an Takeru, der sie immer ärgerte und kitzele. Sie schmunzelte, als sie die Beiden sah. Izzy unterhielt sich mit Joe, der seinen Arm um Saori gelegt hatte. Saori schien wirklich nett zu sein, auch wenn sie noch nicht viel mit der Schwarzhaarigen gesprochen hatte. „Erzählst du mir, was los ist?“ Sie drehte ihren Kopf zu Tai, der sie wartend musterte. „Ich bin genervt“, murmelte sie.

„Also, das habe ich mir schon gedacht, warum?“ bohrte der Brünette nach.

„Ich wollte Matt gestern von meinem neuen Job und der Reise erzählen, aber er ging nie ans Telefon, übrigens bis jetzt hab ich nichts von ihm gehört.“ Sie biss sich auf die Unterlippe, als Tai sie sanft an der Schulter berührte. „Hey, dafür wird es sicher eine einfache Erklärung geben.“

„Ja, die kenne ich schon. Ich habe so viel zu tun, mit Proben und dem ganzen Bandzeug, da war halt einfach keine Zeit für dich“, zischte sie enttäuscht.

„Ja, aber vielleicht...“

„Tai, es ist nett, dass du mich aufmuntern willst, aber du weißt selber am besten, wenn man sich melden will, dann findet man auch immer eine Möglichkeit oder aber man findet Ausreden, wenn man es nicht will.“ Tai schwieg und die Rothaarige sah zu ihm, als er solange nichts erwiderte. Sonst würde er doch jederzeit für Matt Partei ergreifen. „Ich muss dir leider Recht geben... wenn ich von Mimi, zwei – drei Wochen am Stück nichts hören würde, dann würde ich damit auch nicht klar kommen. Also ich weiß echt nicht, wie du das schaffst.“ Sora zuckte mit den Schultern.

„Siehst du doch, gar nicht“, murmelte sie leise.

„Und Sora auch“, hörte sie auf einmal ihren Namen, aus Karis Richtung. Sie hob ihren Kopf an und sah zur Jüngeren. „Bitte was?“, fragte sie nach.

„Saori kommt eigentlich aus Kyoto“, erklärte Takeru, der noch immer seine Arme um die junge Yagami gelegt hatte. Sora nickte „Ach wirklich? Ich fahre da auch bald hin. Zum ersten Mal.“

Die Brillenträgerin nickte „Ja, das erzählte Kari gerade. Es ist wirklich schön da, es wird dir sicher gefallen“, erklärte Saori leise. Die Rothaarige lächelte. „Bestimmt, Entschuldigung ich war gerade nicht so ganz bei der Sache.“ Was auch immer mit Matt war oder nicht war, jetzt ging es um ihre Freunde und es standen doch auch schöne Dinge in ihrem Leben an und darauf sollte sie sich jetzt konzentrieren. Das ihr Handy mittlerweile keinen Akku mehr hatte und ausging, bekam sie gar nicht mehr mit.

Die große Chance

29.10.2010
 

Yamato konnte es noch immer nicht fassen und starrte Tako weiter ungläubig an, der im Wohnzimmer der WG stand und sein Handy am Ohr hatte. „Ja, wenn ich es dir doch sage“, erwiderte der Keyboarder und zweite Bassist. „Also wir können heute noch unseren ersten Auftritt haben?“, fragte auch Kisho verwundert nach.

„Wenn wir wollen? Also soll ich zusagen oder nicht?“, hakte Tako bei Matt erneut nach. Auch die anderen Beiden sahen gespannt zu Matt.

„Sind wir denn schon soweit?“, fragte Kisho in die Runde.

Der Blonde musste nachdenken, da die Band noch nicht von einem Management betreut wurde und noch alle Termine selbst verwalten, hatte es sich Tako zur Aufgabe gemacht, nach Auftritten zu schauen und die Konzerte im Überblick zu behalten. Wie der Zufall es wollte, hatte heute eine andere Band die einen Auftritt im Dans abgesagt, weil der Frontmann aus Krankheitsgründen das Konzert nicht wahrnehmen konnte und nun rückten sie nach. Gerade war der Clubbesitzer an der anderen Leitung und fragte bei Tako nach, ob sie einspringen würden. „Also was ist jetzt?“, fragte der Schwarzhaarige erneut bei dem Frontsänger nach und wurde langsam ungeduldig. Matt nickte und zeigte einen Daumen nach oben. „Klar, sind wir soweit, wir schaffen das schon.“ Tako sprach weiter mit dem Clubbesitzer und bekam weitere Informationen, die er sich auf einem Zettel notierte. Er beendete das Gespräch. „Okay Leute, dann wird es jetzt stressig. Wir müssen in sechs Stunden da sein und müssen unsere Instrumente selber mitbringen“, erklärte der Schwarzhaarige. „Okay“, murmelte Kazuki, der Schlagzeuger der Band „Dann fange ich schon mal an, mein Baby auseinander zu nehmen. Wir brauchen dann übrigens ganz schnell einen Van, wie soll ich sonst meine Drums transportieren?“ Matt nickte. „Stimmt, Tako kannst du mal nachhören, ob wir schnell einen Van ausleihen können?“, fragte er beim Keyboarder nach. Dieser nickte sofort und machte sich an die Arbeit, in dem er seinen Laptop hochfuhr und im Internet recherchierte. „Wir haben auch noch überhaupt keine Reihenfolge, was die Songs anbelangt“, grübelte der Grünhaarige.

„Darüber werde ich mich jetzt kümmern. Wir haben eine Stunde für den Auftritt bekommen, die sollten wir auch nutzen. Stimme du schon mal unsere Gitarren“, herrschte Matt ihn an. Sofort nahm der Grünhaarige, die zwei Gitarren und den Bass und begann die Seiten der Intrumente zu stimmen. Sie sollten sich um acht Uhr am Club treffen um einen Soundcheck zu machen und würden cirka eine Stunde fahren, sie hatten wirklich nicht viel Zeit und eines sprach gerade gegen sie. Sie hatten noch kein Fahrzeug.
 

Nach einer Stunde waren Matt, Kisho und Kazuki mit ihren Aufgaben fertig und warteten gespannt, ob Tako auch einen kleinen Transporter organisieren hatte können. Dieser schlug seinen Laptop frustriert zu und sah zu Matt. „Ich bekomme einfach keinen in so kurzer Zeit“, rief er verärgert. „Verdammt, so eine Scheiße“, fluchte der Grünhaarige. Matt überlegte, wie sollten sie nur ihre Instrumente zum Club bekommen? Der Sänger nahm sein Handy hervor und rief die einzige Person an, die er in New York kannte und ihm vielleicht helfen konnte. „Mimi?“

„Ja?“

„Gut, dass du gleich ran gehst. Ich, beziehungsweise wir brauchen deine Hilfe. Wir haben spontan die Möglichkeit heute unseren ersten Auftritt zu spielen und....“

„Ahhh, das ist ja voll super....“ jubelte die Brünette dazwischen.

„Mimi“, brummte Matt verärgert. „Ich bin noch nicht fertig.“

„Entschuldigung, aber ich freue mich so für euch.“

„Ja, wir auch. Wir kommen nur nicht hin. Wir müssen unsere Instrumente hinbringen, Gitarren wären ja auch nicht das Problem, aber das Schlagzeug“, erklärte er etwas verzweifelt „jedoch bekommen wir so kurzfristig keinen Transporter. Wüsstest du vielleicht etwas?“ horchte der Blonde nach und auch die anderen Jungs sahen gespannt zu dem Frontmann. Die Chance wollten sie immerhin nutzen und es durfte doch nicht sein, dass es daran scheiterte das sie keine Transportmöglichkeit hatten.

„Ähm... ich könnte Nicole fragen. Wir wollten eigentlich gleich in die Mall. Ihre Mutter ist Floristin und sie fährt auch selbstständig Blumen und so Zeug in einem kleinen Transporter aus. Aber ich kann da wirklich nichts versprechen...“, erklärte die Brünette. Matt entspannte sich etwas.

„Könntest du mir bitte gleich Bescheid geben?“

Ja klar. Gib mir zehn Minuten“, antworte die Brünette und beendete das Gespräch. Gespannt sah der Blonde zu seinem Handy und dann zu seinen Bandmitgliedern. „Wir müssen uns etwas gedulden...“

Nach nervenaufreibenden zehn Minuten klingelte das Handy von Matt, sofort nahm er das Gespräch entgegen. „Mimi? Und?“, fragte er gleich nach.

„Also der Transporter wird heute Abend nicht gebraucht, es gibt aber nur zwei Sitzplätze“, erklärte Mimi. „Das reicht, wir können dann die Instrumente einladen und selber mit der U-Bahn fahren.“

„Nicole hat aber noch eine Bedingung“, murmelte Mimi.

„Welche?“, bohrte Matt gleich nach.

Sie will beim Konzert dabei sein...“ Matt lächelte und zeigte erneut seinen Daumen nach oben, während die restlichen Jungs schon jubelten und erleichtert ausatmete. „Ich denke, das sollte wirklich kein Problem sein. Danke Mimi.“ Matt beendete das Gespräch. Der Blonde wollte gerade eine Nachricht an Sora schicken, um ihr von den spontanen Entwicklung zu berichten, als das Handy von Tako erneut klingelte, gepspannt hielt er inne und sah zum Keyboarder. „Dieser Club wieder“, murmelte er und nahm das Gespräch entgegen. Angespannt sah Matt zum Schwarzhaarigen, war jetzt doch wieder alles verloren? „Ach, ja das ist in Ordnung“, lächelte Tako.

„Was wollte er?“, fragte Kisho irritiert nach. „Gage, er meint, dass wir etwas weniger bekommen, als die Band die zunächst geplant war, weil wir noch nicht bekannt sind...“

Matt atmete beruhigt aus und legte sein Handy weg, ohne Sora geschrieben zu haben. Die Gage war ihm auch egal, er wollte einfach spielen, vor Publikum. Er konnte es noch gar nicht glauben. Heute, tatsächlich heute würden sie das erste Mal vor internationalem Publikum spielen. Hoffentlich würden sie sich gut anstellen.
 

Pünktlich kam der Transporter mit Nicole am Steuer und Tako auf dem Beifahrersitz im Dans an. Matt, Kisho, Kazuki und Mimi fuhren mit der U-Bahn und waren schon seit einer halben Stunde am Treffpunkt. Am Lieferanteneingang durften sie parken und ausladen, gleich waren die Jungs damit beschäftigt, während die Mädchen ihnen dabei zusahen. „Man, echt vielen Dank, Nicole“, sagte Matt und lächelte die Rothaarige dankbar an. „Ach was, der stand ja heute eh nur herum und meine Mutter braucht ihn erst morgen mittag wieder“, winkte die Jüngere ab.

„Trotzdem, ohne euch hätten wir den Auftritt heute vergessen können.“ Der Clubbesitzer kam auf die junge Band zu, begrüßte sie und gab ihnen ein paar Anweisungen. „Hallo mein Name ist Jackson, wir haben ja heute schon telefoniert. Folgt mir doch bitte, dann zeig ich euch schnell den Club.“ Die Band folgte dem Clubbesitzer und sahen erstmals die Bühne. Sie war klein, aber das war nicht schlimm. Gleich begann Kazuki sein Schlagzeug aufzubauen, während Matt mit dem Mikrofon beschäftigt war. Im Club waren bis auf die Band und die zwei Mädchen nur ein paar Angestellte die alles für den Abend vorbereiteten, obwohl die Bühne nicht die Größte war, hatte der Club eine große Tanzfläche und zu wissen, dass diese zum späten Abend hin voll sein würde, lies auch den sonst so coolen Musiker nervös werden.
 

Der Soundcheck verlief super und Jackson kam anerkennend auf Matt zu. „Ihr seid gut“, sprach er den blonden Musiker direkt an. „Danke Sir und vielen Dank, dass wir hier heute spielen dürfen.“

„Ich danke euch, dass ihr so schnell eingesprungen seid. Ich glaube ihr werdet gut ankommen“, erklärte er weiter, was zu einem Lächeln auf Seiten des Musikers folgte. Sie hatten sogar einen kleinen Raum zugewiesen bekommen, wo sie zunächst die Gitarren und ein paar Wechselklamotten zwischenlagerten. Sie wollten sich in Ruhe fertig machen, wobei der Tag in hoher Geschwindigkeit an dem Musiker vorbei raste. Sie hatten bereits acht Uhr am Abend und sollten in zwei Stunden auftreten. „Was soll ich eigentlich mit meinen Haaren machen?“, fragte Kisho auf einmal nach und sah sich im Spiegel an, während er durch seine grünen Haare fuhr.

„Wo hab ich meinen Gürtel hingetan?“, fragt Tako in die Runde.

„Hat einer mein Haarwachs gesehen?“, rief Matt dazwischen. Mimi und Nicole sahen sich ungläubig an.

„Wo sind wir denn hier gelandet?“, murmelte die Rothaarige in das Ohr ihrer besten Freundin. „Keine Ahnung, ich habe gerade das Gefühl wir besuchen ein Popkonzert einer Girlgroup und kein Rockkonzert von vier Jungs“, kicherte sie. Als sie die Jungs beobachte rollte sie mit den Augen. Wie konnte man sich nur so hilflos anstellen? Mimi ging auf Matt zu. „Setz dich, ich mach das.“ Matt hörte und setzte sich auf einen Stuhl, er war gerade einfach viel zu aufgeregt, um selber überhaupt irgendwas zu tun, auch Nicole half und fand schließlich in einer Plastiktüte den vermissten Gürtel von Tako den sie diesem reichte. Die Jungs wurden mit jeder halben Stunde die verging aufgeregter und zum wiederholten Mal fuhr der blonde Musiker mit seinen verschwitzten Händen an seiner schwarzen Jeans entlang. Mimi setzte sich neben ihm und lächelte ihn aufmunternd an. „Hey, ihr macht das schon. Ihr seid gut, ich hab euch jetzt schon so oft bei den Proben zugehört, die Leute werden euch mögen“, erwiderte sie mit einfühlsamer Stimme. Matt nickte, er wusste gar nicht wann er das letzte Mal so nervös vor einem Auftritt war, aber er spürte, das es dieses Mal ein ganz anderes Gewicht hatte. Wenn sie hier und heute gut sein würden, würden sie vielleicht weitere Auftritte spielen dürfen und andere würden auf sie aufmerksam werden. Ihm fiel gerade wieder ein, dass er es noch nicht geschafft hatte Sora zu schreiben. „Oh, ich schreibe Sora noch schnell“, murmelte Matt und Mimi nickte. „Grüß sie lieb.“ Er griff wieder nach seinem Handy und begann seine Textnachricht zu tippen, als es schon an der Tür des Backstageraumes klopfte und Jackson bei ihnen stand. „Es geht in fünf Minuten los, macht ihr euch fertig.“ Sofort sprangen die vier Jungs auf. Matt steckte sein Handy wieder zurück in seine Hosentasche und ging zu den anderen Jungs. Die Nachricht beendete er im Troubel nicht.
 

Die Tür ging wieder auf und Nicole kam mit einem Tablett und sechs kleinen Shotgläsern zu den Jungs zurück. „Eine Kellnerin drückte mir das gerade in die Hand. Ich weiß nicht was es ist, aber es kann sicher eure Nerven schonen.“ Die Rothaarige stellte das Tablett ab und reichte allen eine kleines Shotglas. „Auf euch Jungs“, erwiderte Mimi und hielt ihr Glas in die Höhe. Die sechs ließen ihre Gläser zusammenknallen und leerten den Inhalt. „Das ist Sambuca“, stellte Matt fest und sah zu seinen Bandmitgliedern. „Dann zeigen wir denen Mal was in uns steckt“, lächelte er. Kisho nickte. „Zeigen wir den Amis mal, wie sich richtiger Rock anhört.“

„Viel Glück Jungs“, rief Mimi noch und folgte der Band. Sie verließen den Backstageraum. Die Jungs hatten ihre Gitarren umgehangen, Matt sein Mikrofon befestigt und sahen wie Jackson die Bühne betrat und ans Mikrofon ging. „Hello Ladies and Gentleman“, sprach er laut und deutlich. „Heute haben wir etwas ganz besonders für euch. Es sind absolute Newcomer und haben eine weite Reise hinter sich. Sie kommen aus Japan und werden bald Billingsgate auf ihrer Amerikatour begleiten, aber heute spielen sie nur für euch. Hier sind Knife of Day“, brüllte Jackson ins Mikrofon und klatschte bereits in die Hände, während er die Bühne wieder verließ. Die Jungs eroberten die Bühne und Matt ging an Mikrofon um die Leute ebenfalls zu begrüßen. „Hey, vielen Dank, wir hoffen ihr habt einen schönen Abend mit uns“, erwiderte er freundlich und besonders Mimi und Nicole machten ordentlich Stimmung, als Kazuki mit den Stick vorzählte und mit dem ersten Schlagen auf die Drums das Konzert einstimmte.
 

Nach einer Stunde, einer Zugabe und viel Applaus verließen die vier Jungs die Bühne. Freudestrahlend umarmte Matt Mimi und sie beglückwünschte ihn zu seinem ersten Auftritt. Stolz drehte er sich auch zu Nicole um und umarmte vor lauter Euphorie und Endorphinen die durch seinen Körper tanzten auch die Rothaarige. Sie quietschte vergnügt auf und lächelte ihn breit an. „Glückwunsch, ihr wart echt mega“, schwärmte sie und berührte sanft seine Schulter.

„Danke, es war unglaublich, dass die alle so mitgehen würden hätte ich nicht gedacht“, erwiderte der Blonde während er sich von Nicole löste und zu den Jungs sah. Tako und Kazuki klatschten sich begeistert ab und Kisho umarmte Mimi und schien die gar nicht mehr loslassen zu wollen, doch Mimi drückte ihn sanft von sich, was Matt zum schmunzeln brachte. Jackson kam auf die junge Band zu und reichte jedem ein Bier. „Jungs, ihr wart echt gut und ihr habt den Laden gut angeheizt. Wenn ihr wollt, könnt ihr hier gerne nochmal auftreten“, erklärte er hinterher. „Ehrlich?“, fragte der Frontsänger erstaunt nach, was Jackson zum grinsen brachte. „Also die Mädels liegen euch schon zu Füßen.“ Jackson deutete auf ein paar Mädchen, Matt folgte dem Blick und in dem Moment begann wieder eine Horde junger Frauen loszukreischen und den Namen der Band zu rufen. Matt konnte es gar nicht fassen, der erste Auftritt war ein voller Erfolg. Die jungen Frauen trauten sich an die Band ran und sie machten Fotos mit ihnen und gaben ihnen Autogramme. Das alles war noch vollkommen neu und dennoch würden sie sich wohl bald daran gewöhnen müssen. Er lächelte. Dass es nach kurzer Zeit schon so laufen würde, hätte er wirklich nicht gedacht. Anschließend tanzten und feierten sie ausgelassen mit viel Alkohol. Alle sechs hatten ordentlich zugelangt und nicht nur Matt, verlor jegliches Zeitgefühl, dennoch schaffte er es eine Nachricht an Sora zu schicken, die ihn zuvor wohl angerufen hatte. Die Nacht war lang und erst früh morgens kamen sie in der WG an und Matt übermannte nach kurzer Zeit der Schlaf.
 

Einige Stunden später wurde der blonde Sänger wach, sein Kopf dröhnte und dennoch fühlte er sich gut. Er hatte versprochen früh genug wieder am Club zu sein um die Instrumente wieder einzuladen und den Transporter zu Nicole zu bringen und dieses Versprechen wollte er halten. Zumal die Instrumente gerade das wichtigste waren. Er schaltete sein Handy wieder ein und erkannte, dass Sora ihm noch ein paar Mal versucht hatte zu erreichen. Sicher wollte sie wissen, wie der Auftritt war. Er sah zur Uhr und musste kurz rechnen. Wie spät war es jetzt in Japan? Er wählte einfach ihre Nummer, wenn sie ihn nicht hörte, würde sie sich sicher später melden. Doch sie hob ab und bluffte ihn gleich an.

„Was willst du von mir?“

„Hallo Schatz, was ist das für eine Begrüßung?“, fragte er stirnrunzelnd nach.

„Willst du mich veräppeln? Im übrigen war das ja eine sehr nette Nachricht.“ Matt setzte sich aufrecht hin, was war denn mit Sora los und warum nahm sie solche Worte in den Mund? „Was ist denn mit dir los?“, fragte er gleich nach.

Was mit mir los ist? Ich versuche dich seit einem Tag zu erreichen, weil ich dir was wichtiges sagen wollte und ich bekomme nichts von dir zu hören. Oh doch, eine Nachricht die man gar nicht lesen konnte, weil der Herr betrunken wie sonst was war“, erklärte sie aufgewühlt.

Matt hörte wie sie leise schluchzte. Das wollte er doch alles nicht. „Hey, wir hatten gestern spontan unseren ersten Auftritt und es war alles so wahnsinnig hektisch. Ich wollte dir noch schreiben...wirklich, aber irgendwie kam immer etwas dazwischen“, erklärte er und hoffte, dass sie sich wieder etwas beruhigen würde. „Ich bin gerade erst wach geworden.“

Schön, hoffentlich war der Auftritt toll“, zischte sie und Matt atmete schwer aus.

„Ja, er war sogar ein voller Erfolg, stell es dir vor und wir dürfen sogar wieder da auftreten“, gab er in einem ebenso ruppigen Ton von sich.

Gut, dann werden ja jetzt alle deine Träume wahr...“, zickte sie los.

„Was ist eigentlich dein verdammtes Problem?“, fragte er verärgert nach.

Matt, du willst eine Beziehung die überhaupt keinen Sinn mehr macht...So zumindest nicht.“ Matt setzte sich aufrecht hin und beruhigte sich wieder etwas. „Das stimmt doch gar nicht. Du weißt genau was ich für dich empfinde.“

Nein, dass weiß ich eben nicht, nicht mehr...“, brach Soras Stimme ab und auch sie wirkte nun mehr traurig, als wütend. „Sora, ich...“

Ich will es nicht hören“, unterbrach sie ihn gleich streng. „Ich muss darüber nachdenken, ob das alles so für mich noch Sinn macht... Zur Zeit bin ich einfach nicht glücklich. Du meldest dich so gut wie nie bei mir und wir bekommen so gut wie nichts vom Leben des anderen mit und dann frage ich mich ernsthaft, warum wir uns das antun“, sprach sie leise, während zum Schluss nicht mehr als ein Flüstern in Matts Ohren hallte. Und dennoch schien es, als würde sie die Worte in sein Ohr schreien und sein Herz brechen. Natürlich wusste er, dass er viel dazu beigetragen hatte, dass er jetzt kurz vor einer Trennung zu seiner großen Liebe stand, aber er dachte immer, dass sie diese Distanz schaffen würden, auch wenn sie mal länger nichts voneinander hörten. Er wusste, was er empfand, auch wenn er nicht immer dazu kam, ihr zu schreiben. Das alles änderte jedoch nichts an seinen Gefühlen. „Sora, ich... es tut mir leid. Ich habe das doch nicht böse gemeint oder nicht mehr an dich gedacht oder dich nicht vermisst. Im Gegenteil du warst immer in meinen Gedanken.“

Yama, ich... ich glaube dir sogar, aber du musst auch mich verstehen, ich kann das so nicht mehr und die Tour hat nicht mal begonnen, wie soll es denn dann werden?“ Matt schluckte schwer. „Ich...“

„Du solltest dich vielleicht im Augenblick nur auf die Musik konzentrieren und ich aufs Studium“, fügte sie leise hinzu. „Sora, bitte...überlege es dir nochmal...“

Ich weiß gerade nicht was ich will, ich weiß nur, dass ich es so nicht mehr will...“ Matt schloss seine Augen und biss sich auf die Unterlippe. „Sora...“, murmelte er flehend.

Lass uns einfach für heute auflegen und dann... keine Ahnung schauen wir einfach was die Zukunft bringt“, erwiderte sie mit brüchiger Stimme. Matt konnte das alles gar nicht glauben, er wollte nicht auflegen um das Gespräch zu beenden und es enden lassen. „Was wolltest du mir denn eigentlich sagen?“, fragte er leise nach. Er hörte Sora seufzen. „Meine Chefin, hat mich zu ihrer Assistentin befördert und Ende November werde ich mit ihr zu einer Modenschau fahren, darf bei der kompletten Gestaltung dabei sein und helfen...“ Matt lächelte und war wirklich stolz auf Sora . „Du verdienst es. Du bist immer so fleißig und ich weiß einfach, dass du immer dein bestes gibst. Mich würde es nicht mal überraschen, wenn du deine erste Kollektion bald selber fertig hast.“

„Na, soweit bin ich noch nicht...“ Wieder lächelte Matt, war Sora doch wie immer viel zu bescheiden und er wusste doch, wie talentiert sie war. „Aber sicher bald“, sprach er schnell hinterher. „Es tut mir leid, dass ich nicht ans Telefon rangehen konnte und ich freue mich wirklich sehr für dich.“ Einige Minuten schwiegen sie und Matt war sich nicht mal sicher, ob Sora überhaupt noch am Handy war. „Machs gut, Yama...“ Noch ehe der blonde Sänger etwas erwidern konnte, hatte die Rothaarige bereits das Gespräch beendet. Er wählte erneut ihre Nummer, aber ihr Handy war aus. Er seufzte und fuhr sich frustriert durch die Haare. Was war das jetzt zwischen ihnen? Was alles vorbei? All die Jahre gegen die Wand gefahren, für das hier? Für die Musik, seinen Traum? War es das wert? Plötzlich war er sich nicht mehr sicher, ob er all das noch wollte. Er stieg aus seinem Bett aus und obwohl die Last schwer auf seinen Schultern lag, kämpfte er sich auf dem Zimmer. Zufrieden sah er die Jungs auf der Couch sitzen, die alle um Takos Laptop saßen und gespannt auf den Bildschirm sahen. „Was macht ihr da?“

„Matt? Mimi hat unseren Auftritt gestern gefilmt und mir gerade per Mail geschickt und jetzt schauen wir uns den Auftritt an“, erklärte Kisho, Matt ging zu den Jungs und sah ebenfalls auf den Bildschirm und was er sah... Er fand es gut, er fand die Jungs gut und war mit seiner eigenen Leistung zufrieden. Erst jetzt nahm er war, wie das Publikum auf sie ansprang, auch wenn ihn das Klatschen natürlich nicht entgangen war und einige sangen bereits bei ihren Lidern mit. Es erfüllte sein Herz mit Stolz. Vielleicht war das die einzige Chance die er jemals bekommen würde. Vielleicht würde er es irgendwann schaffen, beides unter einen Hut zu bringen und Sora trotzdem für sich zu gewinnen. Vielleicht konnte er beides haben, vielleicht musste er sich nicht entscheiden, auch wenn es zunächst so aussah.

Kleine Schritte

01.11.2010
 

Das Wochenende lag hinter Taichi. Er hatte letzten Samstag in seinen Geburtstag reingefeiert und war am Sonntag noch mit seiner Familie essen gewesen. Gerade stand Tai unter der Dusche, während seine Mutter schon in der Küche stand und für die Familie das Abendessen kochte. Yuuko drehte sich zu ihrem Sohn um, als er umgezogen vom Badezimmer in die Küche kam.

Sie legte ihren Kopf leicht schief und lächelte. „Unglaublich, dass du schon 20 Jahre als bist“, gab sie von sich.

Tai lächelte, blieb neben ihr stehen und nahm sich eine Tomate, bevor seine Mutter sie verkochen konnte und steckte sich diese in den Mund. „Mama, nicht gleich melancholisch werden.“

„Doch, du bist sicher bald außer Haus. Ich kann gar nicht fassen, wie schnell das passiert ist. Auch wenn du jetzt offiziell als erwachsen giltst, für mich bleibst du mein kleiner Sohn“, sagte sie rührselig und seufzte.

„Na ja, klein“, erwiderte er grinsend und sah zu seiner Mutter herunter.

Yuuko schlug mit einem Kochlöffel leicht auf seine Handfläche, als er sich ein neues Stück Tomate nehmen wollte. „Ich hab dir nie erlaubt so groß zu werden. Ich weiß gar nicht wann das passiert ist. Für mich fühlt es sich an, wie ein Schlag mit den Wimpern und schwupps, ist mein Kleiner groß geworden.“

Tai lachte amüsiert und schüttelte den Kopf „Aber stimmt schon, die Zeit rast wirklich an einem vorbei.“

Yuuko hörte auf das Gemüse zu zerkleinern, legte das Küchenmesser bei Seite und sah gespannt zu Tai, der den Blick argwöhnisch erwiderte. „Willst du das Geschenk nicht mal aufmachen?“ hakte die Ältere behutsam nach und deutete mit ihrem Kinn auf ein kleines Paket.

„Du fängst nicht wirklich schon wieder mit dem Thema an, oder?“

Tai hatte von Susumo ebenfalls ein Geburtstagsgeschenk per Post erhalten. Es war vor zwei Tagen geliefert worden. Yuuko hatte es entgegen genommen, auf den Küchentisch gestellt und seitdem stand es ungeöffnet dort.

„Es ist doch nur ein Geschenk. Du wolltest ja nicht mal letzte Woche mit ihm sprechen, als er mit deiner Schwester telefoniert hat.“

„Für mich gibt es auch keinen Grund mit ihm zu reden.“

„Aber Taichi...“

„Mama, warum verteidigst ausgerechnet du ihn? Ich versteh es echt nicht.“

„Na, euretwegen“, entgegnete sie gleich.

Tai verschränkte die Arme vor seiner Brust und schüttelte seinen Kopf.
 

„Er hat mir vielleicht mal sehr wehgetan, aber es gab auch viele schöne und glückliche Jahre. Und er hat mir euch geschenkt, alleine deshalb werde ich ihm immer dankbar sein. Abgesehen davon finde ich es nicht gut, wenn du ewig sauer auf deinen Vater bist. Du solltest dich mit ihm aussprechen, wirklich. Taichi, vielleicht kannst du es eines Tages nicht mehr und vielleicht ist „eines Tages“ sehr viel schneller da, als du es dir jetzt vorstellen kannst.“

Yuuko beendete ihre Ansprache, lächelte ihm nochmal kurz zu, nahm das Küchenmesser wieder in die Hand und begann das Gemüse weiter zu würfeln.

Der Braunhaarige dachte einen Moment über die Worte seiner Mutter nach. Er fixierte das Paket auf dem Tisch, schüttelte aber dann wieder seinen Kopf.

„Ich sag ja nicht, dass er ein schlechter Vater gewesen ist, aber es ändert nichts daran, dass er feige war und uns ohne irgendwelche Informationen zurückgelassen hat. Ich meine, welch ein Vater und Ehemann tut so etwas? Und dann baut er vorher noch ein krummes Ding nach dem Anderen und du und Kari ihr tut so, als hätte das alles überhaupt keinen Gewicht. Ich bin aber nicht bereit, ihm einfach so zu verzeihen und deshalb lohnt sich auch eine Aussprache nicht.“

Tai wollte gerade ansetzen zu gehen, da hielt ihn seine Mutter am Handgelenk auf.

„Okay, ich wollte es wenigstens nochmal ansprechen. Denk vielleicht einfach nochmal darüber nach. Ich werde dich sicher zu nichts zwingen“, sprach sie ruhig und ließ ihren Sohn schließlich gehen.

Tai nahm widerwillig das Geschenk, das auf dem Küchentisch stand mit in sein Zimmer, dann müsste er wenigstens nicht jedes Mal wieder darüber diskutieren.
 

Tai ging in sein Zimmer, legte das Paket neben den Schreibtisch, sich selbst auf sein Bett und schaltete den Fernseher ein. Er schaute nicht wirklich hin und dachte über das Gespräch mit seiner Mutter nach. Ein Klingeln erhaschte kurz seine Aufmerksamkeit, doch gleich danach grübelte er wieder. Ein Klopfen an seiner Zimmertüre ließ ihn wieder hellhörig werden und er drehte seinen Kopf Richtung Zimmertüre. „Herein“, murmelte er.

Die Zimmertüre ging auf und eine aufgelöste Sora stand im Türrahmen. „Sora?“, murmelte er erschrocken und stand von seinem Bett auf und ging auf die Rothaarige zu. „Was ist passiert?“, fragte er gleich nach.

Sora hatte gerötete und gequollene Augen, noch immer standen die Tränen in den Augen der Rothaarigen und sie schniefte hemmungslos.

„Matt und ich sind nicht mehr zusammen“, gestand sie mit tränenerstickter Stimme.

Tais Augen weiteten sich prompt. „Was? Aber warum?“, fragte er ungläubig nach.

„Warum wohl? Er ..., es passte einfach nicht mehr. Wir führen ein Leben an dem Anderen vorbei. Wir sind nicht mehr die Hauptfigur im Leben des Andere, wir sind nur noch Statisten. Ich will aber kein Statist mehr sein, der hofft dass seine Rolle bald wieder größer wird. Ich will die Hauptrolle oder zumindest eine andere wichtige Rolle haben, aber ich stehe die ganze Zeit am Bühnenrand und ich kann das einfach nicht.“

Weinend vergrub sich die Rothaarige in Tais Armen, der sprachlos war und gar nicht glaube wollte, dass nach drei Jahren Sora und Matt, es auf einmal kein Sora und Matt mehr geben sollte. Und wie ging es wohl Matt? Er wusste doch wie sehr dieser Sora liebte. Tai packte sie an den Schultern und sah sie traurig an.

„Hey, vielleicht renkt sich auch alles wieder ein. Ihr...“

„Nein, glaub ich nicht Tai“, unterbrach Sora ihn gleich wieder. „Ich hab ihn frei gelassen, er soll jetzt einfach seinen Traum leben und zur Zeit passe ich da einfach nicht rein. Das ist meine Form ihn dabei zu unterstützen. Ich glaube ganz fest an ihn und bin sicher, dass er es sogar schaffen wird und er soll nicht meinetwegen zurückschauen.“
 

Tai konnte immer noch keine passenden Worte finden und wusste nicht recht, wie er sie trösten sollte. Er setzte sich mit seiner besten Freundin auf sein Bett, bereitete einen Pfefferminztee zu und musterte sie besorgt.

„Du willst sein eigenes Glück über deines stellen?“, fragte er vorsichtig nach.

Sora nickte leicht mit dem Kopf. „Ja, auch wenn es schwer ist und es ist ja auch nicht so, als würde ich ihn nicht mehr lieben. Das macht es ja gerade so schwer für mich, aber für uns sehe ich gerade keinen anderen Weg“, flüsterte sie leise. „Was sagt denn Matt dazu?“, fragte der Braunhaarige ruhig nach und vermutete, dass sein bester Freund am anderen Ende der Welt wohl auch nicht sonderlich glücklich war.

„Er sagte, ich solle es mir noch einmal überlegen und dass er nicht will, dass es vorbei ist. Aber ich kann einfach nicht mehr. Ich hab einfach aufgelegt und dann das Handy ausgemacht. Es tut mir ja auch leid, aber was soll ich denn machen?“

Tai zuckte ratlos mit den Schultern. Er wollte seinen besten Freunden irgendwie helfen, musste sich aber eingestehen, dass er nicht wusste, wie er das machen sollte. Eine Fernbeziehung war schwer, das spürte er am eigenen Leid. Es war nicht nur die Entfernung, das Vertrauen, auch die Zeit spielte eine Rolle. Seine Freunde schafften es nicht wirklich sich Zeit zu nehmen, er wusste wie sehr Sora darunter litt, aber auch dass Matt es sicher nicht böse meinte.

„Glaubst du, dass es ein Fehler war?“, fragte sie flüsternd nach einiger Zeit nach, aber Tai verstand sie trotzdem.

„Das kann ich dir nicht sagen. Wenn du gerade nicht weißt, wo dir der Kopf steht und mit deinen Gefühlen überfordert bist, ist es vielleicht besser so. Wahrscheinlich wird das sowieso nur die Zeit zeigen. Entweder es geht dir durch die Trennung besser oder eben nicht“, murmelte der Yagami. Sora nickte und wischte sich die Tränen weg.

„Ich vermisse ihn auf jeden Fall jetzt schon“, erwiderte die Rothaarige traurig.

„Das wird auch sicher noch eine Zeitlang so sein.“
 

Eine Weile blieb Sora noch bei Tai und sie aß sogar abends bei den Yagamis mit. Auch Kari war absolut geschockt, als sie erfuhr, dass sich Sora von Matt getrennt hatte. Danach machte sich Sora auf den Weg nach Hause. Tai wollte am nächsten Tag bei ihr vorbei um nach dem rechten zu sehen. Wieder in seinem Zimmer, dachte er an die Trennung seiner besten Freunde nach. Er zog sein Handy hervor. Er musste jetzt einfach mal versuchen Matt anzurufen, sicher könnte dieser Jemanden zum Reden brauchen. Wusste er doch, dass er selten mit Jemanden über seine Gefühlslage sprach. Er sah auf die Uhr, während es klingelte. Ob er schon wach war? Kurze Zeit später begrüßte ihn eine verschlafene und mürrische Stimme. „Hey“, brummte Matt durch das Telefon.

„Selber hey. Hab ich dich geweckt?“, fragte Tai nach.

Er hörte ein Schnaufen und lautes Atmen, dann sprach Matt weiter.

Nein, hab die Nacht nicht wirklich geschlafen. Weißt du es?

„Ja, Sora war bis eben hier, tut mir echt leid für euch. Wie geht es dir?“

Ich fühle mich wie überfahren. Ich hatte damit wirklich nicht gerechnet, aber sie scheint sich ja sehr abgeklärt und sicher zu sein“, sprach Matt ruhig durch das Mobiltelefon.

„Nein, so ist das nicht. Es geht ihr gar nicht gut und sie leidet sehr unter der Trennung“, erwiderte der Braunhaarige energisch.

Warum trennt sie sich dann?“

„Weil sie gerade einfach nicht anders kann.“

Tai hörte die Verzweiflung deutlich aus Matts Stimme heraus und es tat ihm leid, ihm jetzt nicht helfen zu können, aber was sollte er ihm sagen?

Zieh dein Ding jetzt einfach durch Matt. Dafür hast du das alles gemacht, lass es nicht umsonst gewesen sein“, sprach er und hoffte, dass Matt es mit der Zeit wieder besser ging, sowie auch Sora.

Tja, ganz schön hoher Preis, hätte nicht gedacht, dass ich den zahlen muss.“

Tai nickte und fuhr sich mit der freien Hand durch das Gesicht. „Ich weiß, ich hätte selber nicht damit gerechnet. Wie war denn euer spontaner Auftritt? Sora erzählte noch etwas davon?“

Der Braunhaarige wollte seinen besten Freund wenigstens etwas ablenken und hoffte, dass wenn er über Musik sprach, ein wenig positiver klang.

Der Auftritt war wirklich super, wie sind echt gut angekommen und dürfen da auch wieder spielen“, erklärte Matt und tatsächlich klang er nicht mehr ganz so deprimiert.

„Das freut mich.“

Ja, so müssen wir weiter machen und vielleicht schaffen wir noch ein, zwei Auftritte vor Tourbeginn.“

Stimmt, bald war Tourstart, der Grund, warum Matt mit seinen Kollegen nach Amerika gereist war und obwohl Tai sich für ihn freute, zu wissen, dass Mimi dann erst mal alleine sein würde, gefiel ihm ganz und gar nicht.

„Ihr schafft das schon, schick mir auf jeden Fall mal ein Demo“, schmunzelte Tai. „Wenn was ist, kannst du anrufen, okay?“, fügte er hinzu.

Ich weiß, du auch.“

Tai beendete nach kuzer Zeit das Telefonat und versuchte selber in den Schlaf zu kommen, auch wenn dies in anbetracht der Geschehnisse schwerer als Gedacht war.
 


 

Am nächsten Tag ging Tai nach der Vorlesung zu Sora in den Laden, da er wusste, dass sie bis spät Abends in der Boutique war. Er betrat den Laden und sah gleich Sora, die das Sortiment begutachtete.

„Hey.“

Sora drehte sich herum und ließ den Yukata auf einem Bügel an der Kleiderstange hängen.

„Du bist aber früh dran“, stellte die Rothaarige fest.

„Ja, ich habe mir Sorgen gemacht“, erklärte der Braunhaarige.

Sora schmunzelte „Das ist nett, musst du aber nicht. Ich hab hier wirklich gut zu tun. Wir sind schon am schauen, was wir mit nach Kyoto nehmen. Ich habe heute schon mit mehreren Agenturen gesprochen und morgen kommen ein paar Models vorbei, die wir casten“, erklärte die Rothaarige und schien zufrieden mit ihrer Arbeit zu sein.

„Morgen?“, fragte Tai nach. „Dann komme ich morgen auch nochmal vorbei“, erklärte Tai grinsend. Sora hob eine Augenbraue hoch und Tai seufzte genervt. „Schon gut, war doch nur ein Scherz“, stellte er klar. „Und jetzt vergräbst du dich in Arbeit? Sicher dass das eine gute Idee ist?“, fragte Tai ein wenig anklagend nach.

„Also erstens macht es mir wirklich Spaß und zweitens ist es doch besser, als Trübsal zu blasen. Ich will nicht die ganze Zeit darüber nachdenken und Matt wird sicher das Gleiche tun. Ich konzentriere mich auf meine Arbeit und mein Studium und gut ist.“

„Dann vergiss aber nicht zu essen“, tadelte Tai seine beste Freundin.

„Oh man, du kannst richtig nerven! Ich vergesse das essen schon nicht, Mama“, erklärte sie unbeeindruckt.

„Ich meine ja nur, außerdem bist sonst du immer die Mama“, witzelte er.

„Stimmt doch gar nicht“, brummte Sora.

Tai sah sie vielsagend an und zuckte dann mit den Schultern.

„Vielleicht ein bisschen, aber ich passe schon auf mich auf und die Arbeit tut mir wirklich gut. Du musst dir also keine Sorgen machen.“

Tai glaubte Sora zwar immer noch kein Wort, aber er wollte sie auch nicht weiter mit dem Thema nerven.
 

„Anderes Thema, hast du das Paket von deinem Vater geöffnet?“, fragte Sora interessiert nach, doch das Klingeln des Telefons holt sie aus dem Gespräch. „Da muss ich ran“, erklärte sie entschuldigend, lief hinter den Tresen und ging an das Geschäftstelefon.

Tai beobachtete Sora eine Weile, hoffentlich vergaß sie wieder, was sie gerade wissen wollte. „Und?“ Er sah wieder zurück zur Rothaarigen, die das Telefonat beendet hatte und ihn wieder interessiert ansah. „Was und?“, stellte Tai sich blöd.

„Hast du das Paket von deinem Vater geöffnet oder nicht?“, fragte sie erneut nach.

Tai schüttelte den Kopf. „Warum sollte ich auch? Die Briefe hätte ich besser auch nicht aufgemacht. Außerdem lasse ich mich nicht kaufen“, entgegnete der Braunhaarige.

„Als ob sich dein Vater viel leisten könnte.“

Da musste Tai Sora Recht geben, viel besaß sein Vater nicht. Immerhin hatte er in Aoshima selber gesehen wie dieser lebte. Bescheiden, fast schon ärmlich und nur mit dem nötigsten gesegnet. Jetzt fragte er sich schon, was sein Vater ihm wohl schickte. Aber dennoch er würde das Paket nicht öffnen. War ihm doch egal, was alle darüber dachten. Es war immerhin seine Sache und er wollte es eben nicht.

„Ich muss hier jetzt wirklich weiter machen, also entweder hilfst du mir oder wir sehen uns die Tage“, gab Sora von sich und deutete zu einer Kundin die gerade den Laden betrat.

„Nein, nein. Ich lasse dich mal machen. Wenn was ist kannst du dich ja melden“, erwiderte der junge Mann und hob seine Hand zum Abschied. "Und arbeite nicht so viel", rief er ihr noch hinterher, als er den Laden wieder verließ und den Weg nach Hause fortführte.

Künstlerische Differenzen

03.11.2010
 

Mimi wollte heute nach der Schule überraschend zu Matt und der Band und sie fragen, ob sie Lust hätten auf dem Schulball ihrer Schule aufzutreten. Sie hatte sich mit dem Schulkomitee unterhalten und tatsächlich hatten diese noch keine Band fest angestellt, auch wenn sie schon mehrere in Aussicht hatten und daher musste die Braunhaarige schnell die Zusage von Matt und seiner Band einholen. Sie klingelte und hoffte, dass die Band jetzt schon in der WG und nicht im Proberaum war.

Kisho öffnete die Türe und grinste die Brünette hocherfreut an. „Oh, welche schöne Überraschung an diesem trostlosen Novembertag, da kommt doch glatt der Frühling einher.“, flirtete der Grünhaarige schon drauf los.

Mimi rollte mit den Augen. Dieser Junge konnte so nervig sein. „Ist Matt da?“, fragte sie nach und drängte sich einfach an den Gitarristen vorbei.

„Körperlich schon.“, murmelte er.

Irritiert drehte sich Mimi zu dem Grünhaarigen um. „Wie darf ich das denn verstehen?“

„Sora hat Matt abserviert und seitdem ist der Herr etwas in Selbstmitleid verfallen, aber das weißt du ja sicher schon“, erklärte Kisho unbeeindruckt.

Mimi fiel alles aus dem Gesicht. Ihre Gedanken kamen nur langsam in ihrem Hirn an und dennoch verstand sie einfach nichts. Sora hatte sich von Matt getrennt? Warum wusste sie denn nichts davon?

„Was? Seit wann? Oder veräppelst du mich gerade?“, fragte sie aufgebracht nach.

„Nein, vor ein paar Tagen, Sonntag oder so.“, grübelte der Ältere.

Noch immer fassungslos setzte sie sich auf die Couch im offenen Wohnraum. Das war ja schon drei Tage her... drei Tage!

„Aber warum?“, flüsterte sie fragend und war noch immer schockiert.

„Keine Ahnung, da musst du ihn schon selbst fragen. Ich versteh das ganze Theater sowieso nicht.“, erwiderte er schulterzuckend.

Mimi sah den Älteren wütend an. „Liegt wahrscheinlich daran, dass du keine Freundin hast und nicht weißt wie schlimm das ist, wenn man plötzlich verlassen wird!“, erwiderte sie aufgebracht.

„Hey, nur weil ich derzeit keine Freundin habe, heißt das nicht, dass ich nicht weiß wie es in einer Beziehung ist oder wie es ist jemanden zu lieben. Aber ich bin ganz bewusst Single und ich habe weder Matt noch dich verstanden. Fernbeziehung ernsthaft? Bitte, so etwas geht doch nie gut!“, wehrte er ihren Vorwurf ab und setzte sich auf einen Sessel.

„Natürlich kann das auch gut gehen.“

„Ja, sowie bei Matt und Sora, das forever Traumpaar?“, fragte er sarkastisch nach „und wenn die es schon nicht hinbekommen, traue ich es ehrlich gesagt niemanden zu.“

Mimi schluckte, als sie den Worten des Gitarristen zuhörte, hatte er etwa Recht? Sofort schüttelte sie ihren Kopf. Nein, das alles hatte nichts mit ihr und Tai zu tun. Ihre Beziehung lief derzeit eigentlich ganz gut. „Wir werden es schaffen.“, murmelte sie und sah auf den Fußboden.
 

„Weißt du, ich habe mich vor cirka sechs Monaten von meiner Freundin getrennt.“, fing der Grünhaarige plötzlich an zu erzählen.

Die Brünette sah auf und musterte den ihr Gegenübersitzenden und stellte fest, dass er eine deutlich andere Miene aufgesetzt hatte, als er es normalerweise tat.

„Wir waren fast zwei Jahre zusammen und ja, ich habe sie geliebt.“, erklärte er.

„Und was ist dann passiert?“

„Sie kam nicht wirklich mit meiner Berufswahl zurecht und als ich gemerkt habe, dass es mit unserer Band immer besser lief, habe ich mich dazu entschieden mich von ihr zu trennen und mich darauf zu konzentrieren.“, erklärte er ruhig.

„Also hast du sie nicht wirklich geliebt.“, entgegnete Mimi selbstsicher und hielt seinem Blick stand.

„Ich glaube nicht, dass du das beurteilen kannst. Liebe ist kompliziert und wie du siehst bin ich jetzt in Amerika und gehe bald auf Tour. Mit einer Freundin wäre alles wahnsinnig kompliziert geworden und ich hätte ähnliche Gewissenskonflikte wie Matt gehabt, so hatte ich die nicht. Ich kann hier tun und lassen was ich will und mich darauf konzentrieren einfach nur Musik zu machen. Matt hingegen hatte deshalb nur Stress und im Endeffekt hat er Sora doch verloren. Ich wusste vorher, dass das passieren würde. Mimi, wir sind alle jung und Versuchung ist überall und in diesem Beruf noch viel größer als sonst wo. Ich habe meine Freundin geliebt, aber vielleicht habe ich mich selbst ein bisschen mehr geliebt.“

Mimi hielt inne und musste das alles erst mal verarbeiten, was sie von Kisho erfuhr. Sie hatte nicht damit gerechnet heute mit ihm so ein Gespräch zu führen. Überhaupt mit ihm länger als fünf Minuten zu reden war schon wunderlich.

„Entschuldigung, ich hätte nicht über deine Beziehung urteilen dürfen, aber ich... ich will einfach daran glauben, dass es auch anders laufen kann. Es muss nicht immer das Ende bedeuten und außerdem eine Garantie gibt es doch nie. Die hätte es auch nicht gegeben, wenn ich in Japan geblieben wäre. Matt und Sora gehörten für mich zusammen, das ist fast schon wie ein Naturgesetz und nur weil sie sich jetzt getrennt haben heißt das noch lange nicht, dass sie nicht wieder zueinander finden.“

Kisho schmunzelte über ihren Satz. „Du bist süß.“

Die Brünette zog ihre Augenbrauen zusammen und sah den Älteren giftig an. „Bin ich nicht, ich bin einfach nur...“

„Naiv?“ fragte der Grünhaarige nach.

„Nein, ich glaube eben einfach an unsere Liebe und vielleicht hättest du das auch machen sollen!“, erwiderte sie aufgebracht und stand von der Couch auf. Sie hatte für heute dann auch schon wieder genug von dem Grünhaarigen. Momentan wollte sie nur zu Matt und wissen wie es ihm ging.
 

Vorsichtig klopfte sie an seiner Zimmertüre an, doch es kam kein Laut von dem Blonden. Erneut hämmerte sie lauter gegen die Türe und rief seinen Namen.

„Matt, ich bin´s Mimi. Lässt du mich rein? Bitte?“

Sie klopfte weiter, doch es tat sich nichts. Schmollend legte sie ihre Oberlippe nach vorne.

„Geh einfach rein, es ist eh nicht abgeschlossen.“, rief Kisho ihr entgegen, während er selber das Badezimmer aufsuchte.

Zaghaft drückte sie den Türgriff nach unten und öffnete die Zimmertüre etwas. Sie spähte hinein und öffnete sie Türe schließlich ganz. Matt saß mit seiner Gitarre, mehreren Blättern auf denen Mimi Noten und Texte erkennen konnte und Kopfhörern auf seinen Ohren auf dem Zimmerboden und wirkte sehr konzentriert. Er komponierte wohl gerade einen Song, ob sie ihn jetzt wirklich stören sollte? Doch Matt drehte den Kopf plötzlich in ihre Richtung und wirkte überrascht sie zu sehen. Er nahm die Kopfhörer herunter und sah sie an.

„Was gibt’s?“ fragte er kurz nach.

„Ich ähm... also...“

„Du weißt von der Trennung?“, unterbrach Matt ihr Gestottere.

Die Brünette nickte, ging ganz in das Zimmer rein und schloss die Türe hinter sich. „Aber erst gerade von Kisho. Es tut mir leid, wie geht es dir?“

Sie blieb noch stehen und musterte den Blonden, doch wirklich antworten oder reden wollte er wohl nicht. Wie so oft wirkte er wahnsinnig abweisend und unnahbar, Mimi erkannte aber auch etwas anderes. Er sah einfach traurig aus. Sie lugte auf die Texte. Als Matt dies sah, nahm er die Blätter, zeriss diese und schmiss alles weg.

„Entschuldige“, murmelte die Brünette unbeholfen. Sie wusste nicht so recht was sie sagen oder wie sie ihm helfen konnte.

„Sora hat sich entschieden und fertig.“, erwiderte er schließlich.

„Ich denke aber nicht dass es ihr leicht gefallen ist und ich meine, du könntest ja auch zurück.“
 

Matt sah Mimi schweigsam an. Hatte sie etwas Falsches gesagt? Sein Blick war so...

„Die Tour geht in zwei Wochen los und die werde ich jetzt auch wahrnehmen.“, erwiderte der Sänger kühl.

Mimi erkannte, dass dies eine große Schutzreaktion des Blonden war.

„Und jetzt arbeitest du an neuen Songs?“, fragte sie nach und wollte ihn etwas ablenken.

„Na ja, die letzten Tage waren sehr aufwühlend, da musste einfach alles raus.“

Mimi nickte verstehend, Matt war immer schon jemand, der sich eher durch die Musik als durch Worte ausdrückte. Ob es ein Song für Sora war? Ob sie ihn jemals hören würde?

„Bist du fertig geworden?“

„Fast, mal sehen ob wir ihn auch spielen werden.“, kam es unbeeindruckt von ihm. Er stand auf, nahm die fertigen Songtexte und legte diese in eine Schublade seiner Kommode, die Gitarre legte er in den Gitarrenkoffer zurück und er selber setzte sich auf sein Bett. „Was führt dich her?“
 

Mimi spielte etwas mit ihren Handinnenflächen, warum war sie denn jetzt nervös? Matt und sie waren doch Freunde, auch wenn er manchmal etwas kühl rüber kam. Aber sie wünschte sich jetzt schon, dass Tai hier wäre und ausnahmsweise mal nicht wegen ihr, sondern wegen Matt.

„Ich hab einen Auftritt für euch“, versuchte sie euphorisch zu klingen.

Matt setzte sich auf und hielt eine Augenbraue hoch. „Ein Auftritt? Wo bitte?“

„An unserer Schule beim Herbstball?“, erklärte sie.

Der Sänger stand von seinem Bett auf, ging zu seinem Kleiderschrank und nahm sich frische Kleidung heraus.

„Kisho ist gerade im Bad“, klärte sie ihn auf. „Also was sagt du?“

„Nein.“

„Wie nein? Warum? Weil es an unserer Schule ist? Ihr seid doch früher auch schon auf Schulfesten aufgetreten.“, erinnerte sie den Musiker.

„Ich hab keine Lust auf einem dämlichen Schulball aufzutreten.“

„Vielleicht sehen die Anderen das aber anders. Frag sie doch erstmal.“, erwiderte Mimi patzig. Langsam war sie wirklich genervt von Matt und seiner schlechten Laune.

„Wir müssen für unseren Tourstart proben, außerdem entscheide am Ende ich.“

„Aber dann ist doch so ein Auftritt genau das Richtige“, versuchte es die Jüngere erneut.

„Mimi, ich habe Nein gesagt, wir gehen immerhin mit Billingsgate auf Tour, da brauchen wir so etwas wirklich nicht.“

„Ohh... wusste gar nicht, dass du dich schon jetzt für etwas besseres hältst!“, zickte sie den Blonden an.

„Wie bitte?“, fragte er erbost nach.

„Ja, scheinbar ist es ja unter deiner Würde, aber Matt euch kennt hier keiner, keiner! Und unsere Schule ist verdammt groß, mit vielen Schülern und dem gezielten Publikum. Ganz schön arrogant so etwas abzusagen, obwohl man eigentlich die Zeit dazu hätte. Abgesehen davon sollt ihr das ja auch nicht umsonst machen, ihr werdet dafür bezahlt, aber scheinbar kann sich der Herr ja vor lauter Auftritten kaum noch retten!“

Mimi war wütend und hatte keine Lust mehr mit Matt zu diskutieren. Diese Männer-WG nervte sie. Kisho nervte, Matt nervte und die anderen Beiden wollte sie erst gar nicht sehen. Die nervten sie jetzt einfach schon aus Prinzip. Sie machte auf dem Absatz kehrt und verließ wütend das Zimmer von Matt.
 

„Mimi, warte.“, rief der Blonde ihr hinterher und hielt sie am Handgelenk fest, ehe sie die Wohnungstür passierte. „Sorry, das ich dich gerade so angepampt habe... Es ist nett, dass du dich wegen einem Auftritt bemühst, aber darauf habe ich wirklich keine Lust mehr.“, entschuldige er sich, doch Mimi war wenig überzeugt.

„Auftritt?“, fragte auf einmal eine dritte Stimme aus dem Flur nach, Tako stand gerade an seiner Türe und hatte wohl etwas vom Gespräch mitbekommen.

„Eigentlich wollte ich euch für unseren Herbstball als Band buchen, aber Matt ist dagegen.“, erklärte Mimi kurzerhand.

„Was? Warum das denn?“, fragte der Keyboarder beim Frontsänger irritiert nach.

„Was wollen wir denn auf einem kitschigen Schulball?“, stellte dieser genervt die Gegenfrage.

„Matt, wir sind schon auf hunderten Schulfesten und Schulbällen aufgetreten. Wo ist jetzt dein Problem?“, fragte Tako ernst gerichtet nach.

„Ich finde wir sollten uns hier ein anderes Image aneignen.“, erwiderte Matt und schien seine eigene Aussage nicht wirklich zu glauben.

„Das ist doch Unsinn! Wir können uns doch über jeden Auftritt freuen, erst recht wenn Geld dabei herausspringt. Wir brauchen Geld zum leben, weißt du?“ Tako wand sich an Mimi und lächelte sie freundlich an. „Du kannst zusagen.“

„Kann sie nicht!“, erwiderte Matt streng.

Mimi fühlte sich ausgesprochen unwohl. Einen Bandstreit wollte sie jetzt wirklich nicht verursachen und es tat ihr gerade leid mit dem Thema angefangen zu haben.

„Bist du doof oder so? Schüler sind doch die perfekte Zielgruppe, sie alle haben Smartphones und einen Internetaccount und eh man sich versieht, haben sie unseren Auftritt gefilmt und bei Facebook hochgeladen. Das ist voll die gute Werbung für uns.“ Tako konnte es nicht fassen, wie stur sich Matt anstellte.

„Voll die gute Werbung? Das ich nicht lache.“

„Außerdem können wir so vielleicht ein paar Fans gewinnen, weißt du die sind wichtig, wenn man seine CD´s verkaufen will.“

Matt fühlte sich gerade angegriffen, wollte Tako ihm gerade erklären wie das Musikbusiness lief? Das wusste er schließlich selber. „Meine Güte, dann machen wir es eben. Zufrieden?“, lenkte Matt ein und sah erst zu Tako und dann zu Mimi, die immer noch schuldbewusst zu Matt sah, der jedoch den Blick schnell wieder abwand und in sein Zimmer zurück ging.

„Ich wollte keinen Streit verursachen.“, murmelte die Brünette entschuldigend.

„Ach Mimi, du kennst ihn doch. Seit mit Sora Schluss ist, ist er wirklich unausstehlich. Aber der wird schon wieder der Alte, spätestens wenn er wieder das macht, was er am besten kann.“ Tako lächelte sie an und holte dann sein Handy hervor. „Wann genau soll der Auftritt sein?“

Mimi gab ihm alle Fakten. Tag, Uhrzeit, Gage, Adresse. Tako freute sich über den Auftritt und war sich sicher, dass die restlichen Jungs der Band das auch so sahen. Mimi entschuldigte sich nochmal für die Unannehmlichkeiten und verließ die Männer-WG.
 

Mimi zog immer wieder ihr Handy hervor und wusste nicht so recht, ob sie Matt nochmal anrufen sollte oder nicht. Es war wirklich ganz schön blöd gelaufen und sie überlegte schon selbst am Ballabend einfach zu Hause zu bleiben. Doch sie war auch verunsichert, warum hatte Tai ihr nichts von der Trennung gesagt oder Sora selbst? Sicher war sie jetzt am Boden zerstört und auch wenn Mimi am anderen Ende der Welt war, sie wollte trotzdem für Sora da sein. Aber scheinbar war es wohl nicht so wichtig, dass man es ihr mitteilte. Augenblicklich spürte sie einen stechenden Schmerz in ihrer Brust, diesen beissenden Schmerz, der sich immer wieder bemerkbar machte, wenn sie darüber nachdachte, was all ihre Freunde in Japan so trieben. Wenn sie daran dachte, dass sie sich alle gemeinsam trafen, aber sie nie dabei sein konnte. Wenn all ihre Freunde neue Abenteuer erlebten, aber sie nicht dabei war um an diese Erlebnisse zu teilen, wenn sie sich jährlich am 01.08 trafen und über lauter lustigen Abenden erzählten, an denen sie nicht hatte teilhaben können. Witze und Insider die sie nicht verstand, weil sie nichts davon mitbekam. Ja, dieser brennende Schmerz der ihr längst signalisierte, dass sie eigentlich nicht mehr dazu gehörte, nicht wirklich. Auch wenn es ihr niemals jemand wirklich ins Gesicht sagen würde. Das Schlimmste an der Entfernung war nicht, dass man sich nicht oft genug sehen konnte, das Schlimmste war die Angst vergessen zu werden und selber zu merken, dass die Freundschaft nichts als eine Erinnerung aus der Vergangenheit war. Tränen brannten in ihre Augen, die sie schnell wegblinzeln wollte.
 

Irgendwie musste sie auch Nick noch überzeugen, dass sie hier in Amerika einen neuen Freund hatte und mega glücklich war. Wie gut, dass bei Matt das Glück derzeit aus allen Poren glänzte. Sie hatte heute eigentlich mit ihm darüber reden wollen, aber das hätte einfach nicht gepasst und jetzt wusste sie noch weniger, was sie machen sollte, als vorher. Aber eines wusste sie ganz sicher, wenn sie Nick nicht überzeugen konnte, würde es mit ihm nur noch schlimmer werden.

Der erste Streit

06.11.2010
 

Taichi sah seiner Schwester irritiert dabei zu, wie sie nervös durch die Wohnung auf und ab lief und dabei das Telefon an ihrem Ohr hielt. Auch Takeru war anwesend und saß mit Tai am Tisch.

„Was macht die da?“, fragte Tai bei dem Jüngeren nach, der nur kopfschüttelnd weiter von seiner Nudelsuppe schlürfte, die er selbst für sich und die Yagami-Geschwister mitgebracht hatte.

„Dreimal darfst du raten“, erwiderte der Blonde verbissen.

„Sie versucht nicht schon wieder Susumo anzurufen, oder?“

„Oh doch, das ist schon das sechste Mal und das seid wir aus dem Shoppingcenter zurück sind.“

Tai verdrehte die Augen. Sie konnte wirklich dickköpfig sein.

Kari beendete das Gespräch und setzte sich neben Takeru an den Tisch. „Er ging schon wieder nicht ans Telefon ran“, murmelte sie betrübt. „Ob es ihm nicht gut geht?“, überlegte sie besorgt.

„Vielleicht hat er einfach nur keine Zeit und meldet sich dieses Mal etwas später als sonst“, erwiderte der Blonde unbekümmert.

„Wir telefonieren jedes Wochenende miteinander, aber heute erreiche ich ihn einfach nicht, ich finde das sehr seltsam“, murmelte sie noch immer nachdenklich.

„Er wird sich schon melden, Hika. Es ist sicher alles in bester Ordnung.“

Die Braunhaarige sah ihren Freund dankbar an und lächelte leicht. „Ja, sicher hast du recht, ich mache mir wohl nur zu viele Sorgen.“

„Wie immer halt“, erwiderte Tai monoton und legte den Löffel zurück auf seinen leeren Teller, da er fertig mit dem Essen war. „Machst du dir denn keine Gedanken?“, fragte Kari ihren Bruder.

„Nein, ich bin sicher, dass er sich melden wird. Unkraut vergeht schließlich nicht.“

„Tai!“

„Ist ja schon gut, ich lass euch mal alleine, wollte sowieso noch mit Mimi skypen“, erklärte er, stand auf und verschwand in seinem Zimmer.

„Der ist unmöglich, wenn es um Papa geht“, murmelte die Jüngere und sah ihrem Bruder verärgert hinterher.

„Du weißt aber auch, das es nichts bringt mit ihm über dieses Thema zu reden, also solltest du es einfach sein und auf sich beruhen lassen“, erwiderte der Blonde und stellte ihr einen Teller Nudelsuppe vor die Nase. „Und jetzt iss und meinetwegen kannst du dann nochmal versuchen, deinen Vater anzurufen“, erklärte er lächelnd.

Kari kicherte auch, nahm schließlich den Löffel, den T.K ihr entgegen hielt, in die Hand und löffelte die warme Suppe.
 

Tai schaltete seinen Computer an, nachdem er sein Zimmer betreten hatte und wartete die Verbindung ab. Es dauerte auch nicht lange, da erkannte er seine Freundin am Bildschirm. „Guten Morgen Prinzessin“, sagte er fröhlich und wusste, dass die Jüngere noch einen Moment brauchen würde bis sie richtig wach war.

„Morgen“, murmelte sie und gähnte leicht.

„Ist es gestern Abend noch so spät geworden?“, fragte er neugierig nach.

Mimi schüttelte den Kopf. „Nein, konnte nur nicht so gut schlafen“, erklärte sie trocken.

„Okay, alles in Ordnung?“

Mimi zuckte mit den Schultern und schien nicht wirklich begeistert davon zu sein den Brünetten zu sehen. „Ja, es ist alles okay“, erwiderte sie wenig überzeugend und Tai erkannte gleich, dass sie etwas bedrückte. Er kannte sie mittlerweile besser und erkannte auch, wann sie log.

„Was ist los? Ich sehe doch, das dich etwas bedrückt“, wollte er daher wissen und sah eindringlich in die Kamera.

„Weißt du, dass Matt und Sora sich getrennt haben?“, fragte Mimi bei dem Yagami nach, anstatt auf seine Frage zu antworten.

„Ja, Sora kam gleich darauf ziemlich fertig bei mir vorbei“, antwortete er ihr.

„Und warum hast du mir nichts davon erzählt?“, fragte sie gereizt nach.

„Ähm... ich... keine Ahnung. Ich dachte du würdest es von Sora erfahren.“

„Nö, sie hat es mir nicht gesagt und du nicht, noch nicht mal Matt, einfach keiner“, erwiderte sie schnippisch.

„Und von wem weißt du es dann?“, fragte er nach.

„Von Kisho – ganz schön traurig.“

„Wieso quatscht du eigentlich mit diesem Vogel?“, fragte er verärgert nach.

Mimi zog ihre Augenbrauen zusammen. „Wenigstens redet einer mit mir, euch schien es ja nicht zu interessieren ob es irgendwer der dummen Mimi sagt oder nicht“, erwiderte sie beleidigt.

„Was schiebst du denn jetzt für einen Film?“, fragte der Braunhaarige genervt nach und konnte ihr Problem nicht verstehen.

„Warum hast du es mir denn nicht gesagt?“

„Boah Mimi, ich hab nicht darüber nachgedacht“, rechtfertigte sich der Sportstudent schnippisch.

„Tzz... stimmt, wenn sich unsere beiden besten Freunde trennen ist das ja auch nichts worüber man mit der Freundin spricht, total logisch.“

„Geht das Gespräch jetzt die ganze Zeit so weiter?“, fragte er gereizt nach, während auch er langsam lauter wurde und sich Mimis Tonlage anpasste.

„Ich hätte dir das nicht verschwiegen“, rief sie patzig und verschränkte die Arme beleidigt voreinander.

„Ich hab doch überhaupt nichts verschwiegen, außerdem frag doch Sora warum sie dir nichts sagt! Warum machst du mich jetzt dafür verantwortlich? Hast du deine Tage oder was?“, gestikulierte Tai wild mit seinen Armen. Er fand es absolut unfair, dass Mimi auf ihn wütend war, was konnte er denn dafür? Es war doch Soras Aufgabe und vielleicht hatte diese einfach noch nicht die Kraft gehabt es Mimi zu sagen. Und Matt redet grundsätzlich nicht über seine Gefühle, das wusste sie doch.

„Wie bitte? Nein habe ich nicht, ich verstehe nur nicht warum du mir nicht Bescheid gegeben hast.“

„Boah Mimi, ich hab echt keinen Bock auf diesem Niveau weiter mit dir zu reden, das ruiniert meinen Samstagabend.“

Mimi stockte, ehe sie weiter redete. „Gut, dann sollten wir es einfach sein lassen, ich will ja nicht für deine schlechte Laune an einem Samstagabend verantwortlich sein“, rief sie zickig.

„So meine ich das doch gar nicht, ich finde nur...“

„Das ich überreagiere und alles überdramatisiere?“, fragte sie schnippisch nach.

„Ehrlich gesagt, ja“

Mimi schnaufte wütend aus „Jetzt überdramatisere ich!“, sagte sie aufgebracht und beendete augenblicklich das Skypegespräch.

Fassungslos starrte Tai auf den schwarzen Bildschirm und ließ sich auf seinem Stuhl zurückfallen. War das jetzt ihr ernst? Sie zickte ihn in einer Tour an und dann beendet sie einfach so das Gespräch? Bitte, wenn sie es so wollte, er würde ihr jetzt bestimmt nicht hinterherlaufen. Sie sollte echt erst mal runter kommen und überlegen was sie da von sich gegeben hatte. Dieses Gespräch hatte er sich definitiv anders vorgestellt. Er sah sich in seinem Zimmer um, als hätte er jetzt noch Lust hier zu versauern und den schwarzen Bildschirm anzustarren.
 

Hiroto, ein Studienkommiltone, hatte ihn Anfang der Woche gefragt, ob sie nicht mit ein paar Leute feiern wollten. Er hatte abgesagt, da er mit Mimi skpen wollte, doch nachdem sie das Gespräch ja recht schnell beendet hatte, konnte er auch etwas anderes machen. Für heute hatte er auf jeden Fall genug von ihr. Er nahm sein Handy und rief Hiroto an. Dieser nahm das Gespräch schnell entgegen. „Yagami, was gibt’s?“

„Hey, steht das mit dem Feiern noch?“, fragte er gleich nach.

Klar, wir wollen uns um elf Uhr im Rose Club treffen, bist du etwa doch dabei?“

„Ja, ich bin dabei, dann komme ich gleich dahin“, sprach er durch sein Handy.

Wow, mal kein Liebesgeflüster mit deiner Freundin?“

„Heute nicht“, schnaufte Tai noch immer verärgert.

Klingt nach Ärger im Paradies. Gut, dann sehen wir uns später, kannst ja deine Schwester mitbringen, ich würde mich freuen.“

„Alter, ernsthaft lass die Finger von ihr, außerdem hat sie eh einen Freund.“

„Na und? Du hast auch eine Freundin und trotzdem treffen wir uns gleich und gehen feiern.“

Punkt für Hiroto dachte sich Tai, er beendete das Gespräch. Etwas Zeit hatte er noch, daher ging er noch duschen und machte sich fertig für den Abend. Er zog sich eine dunkelblaue Jeanshose und ein schwarzes Hemd an. Die ersten Knöpfe ließ er offen, legte sich etwas Parfüm auf und verließ das Badezimmer wieder.

„Gehst du noch aus?“, fragte Kari bei ihrem Bruder neugierig nach.

„Ja, mit ein paar Studienkommiltonen“, antwortete er. „Übrigens schöne Grüße von Hiroto“, erwiderte Tai beiläufig, als er Richtung Diele zusteuerte.

„Von wem?“, fragte Takeru misstrauisch nach und sah zu seiner Freundin, Kari zuckte ahnungslos mit den Schultern.

„Ich kenne die doch auch nicht.“

Tai lächelte wissentlich, zog seine Schuhe an, vergewisserte sich das er Handy, Portmonee und Schlüssel dabei hatte und verließ die Wohnung.

„Dann viel Spaß und Danke“, rief Kari ihrem Bruder verärgert hinterher, nachdem Takeru immer noch so aussah, als würde er auf eine Erklärung von ihr warten.
 

__
 

In Shibuya dauerte es nicht lange, bis er den Rose Club erreichte. Er sah sich um und sah um einen Rundtisch schon einige seiner Kommilotonen. Hiroto sah ihn und winkte ihn zu sich. Tai ging auf ihn zu, ein Mädchen mit schwarzen Haaren drehte sich zu ihm herum und dann erkannte er auch Nori. Oh, er hatte nicht gedacht, dass sie auch dabei sein würde. „Hey Leute“, begrüßte er die Runde, bestehend aus vier Leuten. Hiroto, Nori, sowie zwei weitere Kommilotonen Kaito und Amy. „Es kommen nachher noch welche“, erklärte Hiroto. „Was willst du trinken? ich kann mir vorstellen, dass du einen Drink gebrauchen kannst“, erwiderte Hiroto.

„Einen Whisky“, erklärte Tai.

„Alles in Ordnung?“, fragte Nori besorgt nach und legte eine Hand auf seiner linken Schulter ab.

„Stress mit seiner Liebsten“, erklärte Hiroto schmunzelnd.

„Hiroto!“, ermahnte Tai seinen Studienkommiltonen. Es ging hier schließlich keinen was an, wenn er Stress mit Mimi hatte.

„Oh, das tut mir leid, aber heute haben wir einfach einen richtig schönen Abend, ja?“, erwiderte Nori lächelnd. Sie hob ihre Hand in Richtung des Kellners. „Bitte zwei Whisky-Cola“, bestellte sie bei dem Kellner und grinste den Braunhaarigen danach an. „Du trinkst Whisky?“, fragte Tai bei Nori nach.

„Natürlich, ich weiß einen edlen Tropfen eben zu schätzen“, erwiderte sie flirtend.

„Hm.. na dann...“
 

Tai zögerte nicht lang und leerte den Inhalt in einem Zug und bestellte gleich die nächste Runde. Nach und nach gab jeder von ihnen eine Runde aus. Erst Hiroto, der eine Runde Jägermeister bestellte, Amy übernahm eine Runde Wodka und Nori wollte mit Tequila glänzen. Der Streit mit Mimi gelang immer mehr in den Hintergrund und der Alkohol übertrug sich mehr und mehr auf den Yagami.

„Lass uns tanzen“, rief Nori euphorisch nach einiger Zeit, schnappte Tais Hand und zog ihn mit sich auf die Tanzfläche. Der Brünette hatte keine Lust mehr über irgendetwas nachzudenken und ließ alles einfach geschehen. Tatsächlich amüsierte er sich köstlich. So viel Spaß hatte er schon lange nicht mehr gehabt. Immer wieder berührte Nori erst zögerlich, dann bewusster den Brünetten. Mal seine Hand um sich zu drehen, mal seine Schulter um ihn näher zu sich zuziehen. Zum ersten Mal seit Beginn des Studiums ging er nicht auf Distanz, das wollte sie auch für sich ausnutzen.

Tai dachte sich nichts weiter dabei, immerhin tanzte er nur mit ihr. Als würde Mimi das nie tun, wenn sie feiern ging. Es war gar nicht so leicht, sich Mimi aus dem Kopf zu schlagen, wie es ihm lieb war, aber er wollte jetzt einfach einen schönen Abend haben und nicht mehr daran denken, wie kindisch seine Freundin sich eben verhalten hatte.

Als eine etwas ruhigere Nummer kam, lächelte Nori den Yagami an. „Kannst du auch auf so etwas tanzen oder bist du nur ein tollpatschiger, grobmotorischer Fußballer?“, fragte sie etwas lallend nach.

„Du würdest dich wundern, was ich alles so drauf habe.“

„Ist das so?“, kicherte sie. Sie nahm selbstbewusst seine Hände und platzierte diese an die Körperstellen, wo sie zum tanzen hingehörten.

Tai übernahm die Führung. Die Schwarzhaarige ließ sich nur zu gerne von dem Yagami führen. „Du kannst wirklich gut tanzen“, schwärmte sie.

Tai zuckte mit den Schultern. „Tja, ich habe eben noch mehrere Talente“, erwiderte er lachend.

„Davon bin ich überzeugt“, kicherte Nori, zog den Yagami am Hemdkrangen zu sich runter und legte mit einem Mal ihre Lippen auf seine.
 

Panisch riss Tai seine Augen auf und drückte sie unsanft zurück. „Was soll das? Spinnst du?“, fragte er wütend nach.

„Entschuldigung, i-ich dachte es wäre okay“, murmelte sie unsicher.

„Nein, das ist ganz und gar nicht okay. Man, Nori ich habe eine Freundin und das weißt du auch!“, rief er verärgert und sah sie wütend an.

„Ja, aber ich... es tut mir leid.“

Tai ließ Nori einfach auf der Tanzfläche stehen und ging zu den Toiletten. Er musste hier ganz schnell weg. „Scheiße“, fluchte der Yagami, während er sich durch die Menschenmassen drückte und die Toiletten schließlich erreichte.

Kurz Zeit später kam auch Hiroto dazu. „Ey Alter, du knutscht mit Nori rum“, fragte Hiroto grinsend nach. „Die ist heiß“, sprach er weiter.

„Ist sie nicht und ich habe nicht mit ihr rumgeknutscht. Verdammt, ich hätte nicht hierher kommen sollen“, brummte Tai verärgert und sah durch das Spiegelbild zu Hiroto, der hinter ihm stand. Mit einem Mal hatte er das Gefühl, wieder stocknüchtern zu sein.

„Oh man, deine Freundin lebt am anderen Ende der Welt, die wird das eh nicht mitbekommen“, erwiderte Hiroto unbeeindruckt.

„Darum geht es doch gar nicht, ich will meine Freundin nicht verlieren und schon gar nicht wegen eines dämlichen Kuss, der nichts bedeutet! Außerdem will ich keine andere küssen. Ich will ja schließlich auch nicht, dass sie so etwas tut.“

„Und kannst du dir da sicher sein?“, fragte Hiroto unbeeindruckt nach.

„Natürlich, sie geht mir nicht fremd.“

„Dann ist doch alles gut und du hast auch nichts gemacht. Und selbst wenn, es ist doch nur ein blöder Kuss, so schlimm ist das auch nicht.“, tat es Hiroto ab, doch Tai sah das Ganze ganz anders.

Ein Kuss war schon eine klare Überschreitung der Grenzen, aber zumindest hatte er diesen Kuss nicht erwidert, also war auch nichts passiert, redete er sich ein. Trotzdem sollte er Mimi besser nichts davon sagen. Er würde auch nicht wissen, wie er reagieren würde, wenn ein anderer Mann einfach sein Mädchen küssen würde.
 

Nachdem er von den Toiletten zurück war, verabschiedete er sich schnell von seinen übrigen Kommilitionen, bezahlte am Ausgang und ging zu den U-Bahn Stationen. Den ganzen Rückweg über dachte er über den Abend nach, den Streit mit Mimi, das ausgelassene Feiern und dieser verdammte Kuss von Nori. Warum machte sie so etwas? Das schlechte Gewissen wuchs, frustriert fuhr er sich durch die Haare. Hätte er diesen verdammten Kuss irgendwie verhindern können? Hatte er ihr etwa falsche Hoffnungen gemacht? Verdammt, Mimi würde ausrasten, wenn sie das erfahren würde. Er wühlte nach seinem Handy und erkannte gleich ein Bild von Mimi, da sie sein Handyhintergrundblid war – doch eine Nachricht blieb bisher aus. Sie konnte echt stur sein, sollte er doch den ersten Schritt wagen? Aber durch den Ausgang des Abends traute er sich einfach nicht, ihr zu schreiben. Er wusste nicht mal was er schreiben sollte. Dieser verdammte Kuss. So steckte er das Handy frustriert zurück in seine Tasche, ging weiter Richtung Heimat und versuchte diesen Abend schnell aus seiner Erinnerung verschwinden zu lassen.

Der Herbstball

12.11.2010
 

Eine Woche war bereits vergangen in der sie nichts mehr von Taichi gehört, in der aber auch sie sich nicht bei ihm gemeldet hatte. Es war mit Abstand die schlimmste Woche für sie, seit sie aus Japan zurückgekommen war, aber sie war auch immer noch wütend. Warum verstand er sie denn nicht? War das wirklich so schwer?

Am nächsten Tag würde der große Herbstball der High School anstehen und sie hatte angeboten bei den Vorbereitungen zu helfen. Auch Matt und seine Band hatten zum Glück fest zugesagt und würden sich am Nachmittag einfinden, um einen Soundcheck zu machen.
 

Mimi war in ihrem Zimmer und hielt ihr Handy nah an ihrer Brust. Auf einmal vibrierte es, sie starrte darauf. Der Anruf war von Taichi, gleich wurde sie nervös. Bei ihr war es Freitagnachmittag, also musste es bei Tai mitten in der Nacht sein, eine seltsame Zeit zum anrufen, aber sie war zu aufgeregt um nicht dran zu gehen. Zaghaft nahm sie das Gespräch entgegen. „Hallo?“ murmelte sie in ihr Handy.

Hallo...“, nuschelte auch Tai und schwieg erst mal wieder.

„Kannst du nicht schlafen?“, fragte Mimi nach einiger Zeit nach.

Nicht wirklich.“

Mimi schluckte, für ihn schien die Woche auch alles andere als einfach gewesen zu sein. Vielleicht sollte sie einfach versuchen ihm zu erklären, warum sie so reagiert hatte.

„Ich...ähm...es tut mir leid. Ich habe wohl neulich etwas übertrieben“, gab sie ehrlich zu.

„Schon okay, ich...es tut mir auch leid...“, murmelte er.

Es tat der Brünetten weh, so eine Anspannung war sie nicht gewöhnt und sie vermisste es ausgelassen mit ihm zu reden und zu lachen. „Ich...weißt du...“ Wie sollte sie ihm das alles nur erklären? „Weißt du, wenn man so weit weg zieht, verändert sich oft die Freundschaft die man vorher Jahrelang hatte und das, was man sich vorher täglich mitgeteilt hätte, drängt in den Hintergrund. Oft fühlte ich mich bei meinen Besuchen in Japan fehl am Platz. So als ob ich nicht mehr dazu gehören würde...“

„Das ist doch Unsinn“, sprach Tai gleich dazwischen.

„Es fühlte sich aber so an...“ debattierte Mimi sofort weiter. „Ich war halt so oft nicht da und wenn dann so etwas passiert, wie dass sich deine beste Freundin von ihrem Freund trennt und man das erst über Dritte erfährt, dann fühle ich mich eben wieder so...unbedeutend“, erklärte sie bedrückt. „Sora hat sich im übrigen immer noch nicht gemeldet...“

Es tut mir leid, Mimi. Ich habe wirklich nicht so weit gedacht und wollte ganz bestimmt nicht, dass du dich ausgeschlossen fühlst. Sora ist derzeit wirklich mega im Stress. Sie hat nicht nur mit dem Studium viel zu tun, sondern auch in der Boutique wo sie arbeitet. Sie packt gerade ihre Tasche und reist bald nach Kyoto zu einer Modenschau. Sie meint das nicht böse, ich glaube sie verdrängt es selber und es dir zu sagen würde nur bedeuten, dass sie wieder alles aufwirbelt und das kann sie wohl noch nicht“, erklärte der Ältere.

Mimi nickte während sie den Worten von ihrem Freund zuhörte. Irgendwie ergab es wirklich Sinn und wahrscheinlich dachte sich Sora auch, dass sie es von Tai oder Matt erfahren würde. „Wahrscheinlich hast du recht“, flüsterte sie und setzte sich auf ihr Bett, da sie endlich wieder etwas ruhiger wurde. „Entschuldige nochmal, dass ich dich neulich so angepampt habe.“ Mimi hörte Tai am anderen Ende der Leitung schmunzeln und gleich darauf seufzen.

„Schon okay, Prinzessin, ich versteh jetzt wenigstens warum du so reagiert hast und es tut mir auch leid, dass ich dich so angefahren habe und... na ja... Was machst du denn noch so am Wochenende?“, wechselte Taichi das Thema.

„Wir haben doch den Herbstball morgen und Matt und die Anderen treten sogar dort auf, auch wenn Matt glaub ich wenig davon begeistert ist“, erklärte Mimi.

Warum das denn?“, fragte der Brünette nach.

„Als ich ihn danach gefragt habe, wollte er nicht, aber die Anderen schon. Deswegen hat er mehr oder weniger mürrisch zugesagt.“

Ach, der hatte sicher nur schlechte Laune und spätestens wenn er auf einer Bühne steht und Musik macht, ist auch er froh darüber“, beschwichtigte Tai.

Mimi lächelte und das fühlte sich gut an. „Danke.“

Kein Problem, wenn es nicht zu spät für dich wird, melde ich mich Sonntagmorgen bei dir per Skype?“, fragte Tai vorsichtig nach.

„Ja, gerne... Bei dir sonst auch alles gut?“, erkundigte sich auch die Brünette.

Klar. Ich sollte langsam nur mal wieder versuchen zu schlafen“, antwortete er zügig, er beendete das Gespräch nach einer Weile. Mimi war froh, dass sie sich wieder vertragen hatten. Zumindest das sie wieder unbeschwert mit ihm reden konnte.
 


 

Am nächsten Tag war Mimi mit Nicole zur verabredeten Uhrzeit in der Aula der Schule erschienen. Die Bühne wurde bereits mit Lichtern geschmückt und die Technik befand sich ebenfalls schon dort. An den Seiten der Aula standen viele Tische die gerade von mehreren Mitschülern aufgebaut wurden. Mimi und Nicole nahmen sich eine weiße Papierdecke und nachdem Nicole die Tische abgewischt hatte, legte Mimi die weiße Papierdecke drüber. Abends würden dort verschiedene Snacks und Getränke für die Schüler stehen.

„Mimi, da kommen die Jungs“, erwiderte Nicole.

Die Jüngere drehte ihren Kopf und erkannte die Band. Etwas zögerlich ging sie auf die Jungs zu. „Hallo“, murmelte sie.

Matt lächelte etwas und nickte Mimi zu, das beruhigte diese etwas. „Wo müssen wir denn hin?“, fragte der Blonde gleich nach. „Die Technik wird gerade von ein paar Mitschülern aufgebaut und der Abendplan hängt da vorne an der Wand, da steht die Uhrzeit und ihr könnte sehen, wann ihr dran seid. Eure Instrumente könnt ihr ruhig schon aufbauen. Ihr könnt eigentlich alle fragen die hier rumstehen“, erklärte Mimi sachlich.

„Vielen Dank Süße, aber wenn ich Fragen habe, komme ich nur zu dir“, erwiderte Kisho und zwinkerte der Brünetten zu, dann nahm er seinen Gitarrenkoffer und schritt mit diesem zur Bühne.

Die Jungs folgten ihm, doch Matt blieb noch einen Moment stehen und sah Mimi angespannt an.

„Entschuldige wegen neulich, ich war nicht so gut drauf. Es war wirklich nett von dir uns diesen Auftritt zu besorgen“, erwiderte er und wuschelte durch ihre Haare.

„Meine Frisur“, nörgelte Mimi, doch lächelte direkt danach. „Schon okay. In Anbetracht der Umstände, geht es dir denn einigermaßen gut?“, fragte sie vorsichtig nach und hoffte, kein Salz in die offene Wunde zu streuen.

„Ich breche schon nicht zusammen, keine Sorge“, erwiderte der Musiker, ging ebenfalls auf die Bühne und stellte sich dort höflich vor.

Mimi lächelte erneut, bis jetzt war sie mit dem Verlauf des Wochenendes wirklich zufrieden. Sie hatte sich mit Tai versöhnt und mit Matt ausgesprochen, so konnte es doch wirklich bleiben. „Mimi, ich brauch dich“, hörte sie Nicole nach ihr rufen. Völlig aus den Gedanken gerissen, ging die Brünette zurück zur Älteren und nahm ihre Arbeit wieder auf.
 

Abends zog sich Mimi ein schlichtes türkisfarbenes Kleid an, das ihr ungefähr bis zu den Knien ging. Es war tatsächlich ungewöhnlich für die junge Frau ohne Begleitung auf den Ball zu gehen. Nicole war von einem Mitschüler eingeladen worden und würde sich später mit ihr dort treffen. Mimi war nervös, sie wusste das Nick da sein würde, aber Matt wusste das nicht, vielleicht hatte sie ja auch Glück und Matt hatte vergessen wie Nick aussah. Sie war nicht mehr dazu gekommen, mit ihm zu reden und sie wollte es jetzt am Abend auch nicht mehr machen. Wenn Nick sie jedoch den ganzen Abend beobachten würde, würde er schon bemerken, dass Matt nicht ihr Freund war.
 

Mimi wurde anschließend von ihrem Vater zur Schule gefahren, auch etwas, das ihr peinlich war. Normalweise wurde sie immer von ihrer Begleitung abgeholt und nicht von ihrem Vater gefahren, aber die einzige Begleitung die sie sich für den Abend wünschte war viel zu weit weg. Sie verabschiedete sich höflich und wollte die letzten Schritte lieber zu Fuß zur Schule gehen. Es musste ja nicht jeder sehen, dass sie nicht nur ohne Date, sondern auch noch von ihrem Vater gefahren worden war. Auch wenn er stets sagte, wie hübsch sie heute doch aussah.

Langsam betrat sie die große Aula der Schule. Es war schon wahnsinnig voll und Mimi hatte Mühe, sich bei den blauen Lichten auf ein bestimmtes Gesicht zu konzentrieren. Auf einmal tippte ihr jemand auf die Schulter, sie drehte sich herum und sah das Gesicht des Gitarristen.

„Hey schöne Frau, sie stehen hier ja so alleine herum“, flirtete er gleich los.

„Ihr seid ja schon da“, stellte die Brünette erfreut fest und übergang seinen Spruch einfach.

„Klar, waren nur kurz zu Hause um uns frisch zu machen. Wir sind ja schon in einer Stunde dran. Ich bin mal gespannt, wie die so drauf sind.“

Mimi lächelte, sie war sich sicher, dass die Jungs gut ankommen würden.
 

Die Stunde verging schnell und nachdem Mimi Nicole bei Ben fand, gesellte sie sich dazu. Nick hatte sie bisher noch nicht gesehen. Erleichtert atmete sie aus, ehe ihr wieder jemand auf die Schulter tippte. Sie drehte ihre Kopf und schon sah sie das Übel vor ihr stehen. Zu früh gefreut. „Nick?“

„Und wo ist dein toller Freund? Ich sehe dich hier nur alleine mit Nicole und ihrem Date stehen“, stellte er grinsend fest.

Mimi spannte ihre Mundwinkel an und lächelte dann gewinnend. „Er bereitet sich ja auch gerade auf den Auftritt vor, er spielt mit seiner Band in fünf Minuten“, stellte sie klar.

Nick zog verwirrt seine Augenbrauen hoch. „Er spielt in einer Band? Wie lächerlich“, erwiderte er. Dann drehte er sich um und ging davon. Dabei sah er aber gespannt zur Bühne und wartete auf die Ankunft der Band.

„Toll, was soll das denn?“, zischte Nicole, die das Gespräch mitbekommen hatte, die Jüngere an.

„Was? Ich stelle mir einfach vor, das Tai und nicht Matt dasteht, dann geht das mit dem Anschmachten von ganz alleine. Und ich hab mir noch etwas überlegt. Ich könnte ihm doch nachher sagen, dass das Management offiziell nicht will, dass er eine Freundin hat und wir deshalb so „tun“, als wären wir nur Freunde, wegen den Fans und so“, beendete Mimi ihren Satz und fand ihre Idee ganz toll.

„Oh man Süße, du verwickelst dich immer mehr in eine Spirale, aus der du nachher nicht mehr raus kommst...“

„Mach dir keine Sorgen, das wird schon klappen.“

Nicole wirkte nicht besonders überzeugt, wusste aber auch, das es nichts brachte weiter mit Mimi zu diskutieren.
 

Die Band betrat die Bühne und Mimi feuerte die Jungs übertrieben laut an. Matt stellte sich und die Band vor, dann begannen sie schließlich zu spielen.

Mimi schnappte sich unterdessen Nicole, drängelte sich in die erste Reihe vor. Sie tanzte mit dem Beat und sang bei den Texten wie ein wild gewordener Groupie mit. Nach einer Stunde war die Band fertig und die Schüler der Schule applaudierten anerkennend. Matt bedankte sich höflich und verließ nach einer Zugabe mit den Jungs die Bühne. Sie brachten ihre Instrumente – bis auf das Schlagzeug, in einen kleinen Raum, damit diese weggeräumt waren.

Als die Jungs wieder zurückkamen gingen sie kurz zu Mimi. Die umarmte Matt und beglückwünschte ihm zu seinem Auftritt.

„Also Danke nochmal und entschuldige, dass ich letztens so blöd reagiert habe. Der Auftritt war wirklich eine gute Idee“, entschuldigte Matt sich nochmal bei der Jüngeren und beobachtete, dass viele Mitschüler die vier Jungs interessiert beobachteten.

„Ihr wart wirklich gut“, sprach auch Nicole dazwischen.

„Danke“, lächelte der Blonde.

Eine Zeitlang blieben die vier Jungs bei den Mädchen stehen und sahen gespannt dem amerikanischem Herbstball zu, der wirklich noch mal einiges mehr bot, als es Schulfeste in Japan taten.

"Echt, wie in einem dieser Teenie-US-Filme“, gluckste Kisho.

Mimi nickte „Ja, hier bleibt wirklich kein Klischee offen.“

Sie entschuldigt sich kurz und verschwand auf der Toilette, wo sie sich frisch machte. Als sie auf dem Rückweg war und noch mit Matt tanzen wollte, stand plötzlich Nick vor ihr.

„Und ich soll dir wirklich glauben, dass der Typ dein Freund ist?“, grinste er sie verwegen an.

„Er ist mein Freund, du kannst mir glauben oder es lassen, ist mir doch egal. Wir dürfen die Beziehung eben nicht offiziell machen, wegen den Fans und so, auch wenn dich das ehrlich gesagt nichts angeht.“

„Hmm schon klar, die gehen bald mit Billingsgate auf Tour, hat dein toller Lover eben erzählt“, gab Nick von sich.

Mimi erwiderte nicht, worauf wollte er nun wieder hinaus?

„Dann bist du ja doch bald wieder alleine“, grinste er weiter.

„Die Tour geht nur ein paar Wochen“, rechtfertigte sich die Brünette.

„Reicht“, erwiderte er und schritt näher auf sie zu.

Automatisch ging sie einen Schritt zurück, ging auf Abwehr und drückte Nick von sich. Sie erkannte zu spät, dass sie beobachtet worden waren. Plötzlich stand Matt hinter Nick. „Verschwinde“, knurrte der Blonde und zog ihn schon von Mimi weg. Nick drehte sich genervt zu Matt um, der jedoch gerade so aussah, als würde er Nick jeden Moment eine runter hauen. Er sah den Sänger wütend an und entschied sich schließlich wortlos an ihm vorbei zu gehen.

„Bis Montag, Mimi“, rief er noch heiter nach.
 

Angespannt sah Mimi zurück zu Matt, während sie einen dicken Kloß im Hals runter schluckte. Matt sah Mimi vielsagend an, packte ihr Handgelenk und zog sie nach draußen. Sie gingen eine Zeitlang bis die den Sportplatz erreichten, der verlassen war. Erst jetzt ließ Matt Mimi los, stellte sich ihr gegenüber auf und beendete sein Schweigen. „Du willst mir jetzt nicht ernsthaft sagen, dass dein Ex die ganze Zeit auf die gleiche Schule geht wie du, oder?“

„Ähm...ich...also er...“

„Mimi, ich fasse es nicht! Was ist los mit dir? Der Typ hat schlimme Dinge mit dir gemacht und ich habe vor Tai damals die Klappe gehalten, obwohl er darauf bestehen würde, dass ich ihm das sage! Ich hab dir gesagt, dass du mich informieren sollst, wenn er wieder auftaucht und du hast nichts, gar nichts gesagt“, rief er verärgert aus. Er verstand nicht, warum Mimi sich keine Hilfe geholt hatte. „Und er scheint dich ganz klar nicht in Ruhe zu lassen“, fügte er hinzu. Wütend griff er mit einer Hand in seine Haare und hielt abrupt inne. „Ich rufe jetzt Tai an“

„Nein!“, schrie Mimi verzweifelt. „Bitte nicht.“

„Mimi, bist du verrückt? Ich habe ihn ein Versprechen gegeben, dass ich auf dich aufpassen würde! Und ich bin in zwei Wochen auf Tour. Wie soll das bitte dann gehen, wenn Nick dich jeden Tag sieht?“

„Bis jetzt ging es auch ohne Probleme. Er denkt ohne hin, dass du mein Freund bist“, erwiderte sie leise.

„Warum das denn?“, fragte er fassungslos nach.

„Weil ich es ihm gesagt habe“, murmelte die Brünette.

„Toll Mimi... „

„Ich...ich wusste nicht, was ich sonst sagen sollte. Es hätte ihn wenig überzeugt, ihm zu erzählen, dass mein Freund am anderen Ende der Welt lebt. Es tut mir leid, aber bitte erzähl Tai nichts davon, er kann doch eh nichts machen. Er wird sich nur Sorgen machen und das will ich nicht. Ich werde mit Nick schon alleine fertig und Nicole ist auch noch da“, erinnerte sie ihn.

„Das soll mich jetzt überzeugen?“, fragte er angespannt nach.

„Zunächst ja...“

„Wissen deine Eltern davon? Warst du beim Direktor oder bei der Polizei?“

„Ich war beim Direktor, aber...“

„Aber was?“

„Aber... Nick beziehungsweise seine Eltern haben vorher wohl Geld springen lassen. Der Direktor hat mir nicht weiter zugehört“, erwiderte Mimi ehrlich.

„Der Typ ist berechnend und eiskalt und ich kann die Verantwortung nicht übernehmen, zu wissen dass er hier ist und ich nichts gesagt oder gemacht habe... Mimi das kannst du nicht von mir verlangen.“

„Ich werde es Tai selber sagen“, lenkte die Brünette ein.

Matt hielt inne und sah die Jüngere misstrauisch an. „Wann?“ wollte er genau wissen.

„Bevor du auf Tourstart gehst, also gib mir noch zwei Wochen, damit ich mir überlegen kann was ich ihm sage.“

Matt grübelte und überlegte. „Mimi, zwei Wochen. Entweder sagst du es ihm dann oder ich werde es tun und Mimi bevor ich fahre, werde ich ihm das sagen...“

Mimi nickte zögerlich. Zwei Wochen.

„Du solltest auch zur Polizei gehen, aber davon kann Tai dich dann überzeugen. Man, Mimi echt... Ich fasse es nicht, dass du mir das verschwiegen hast. Wenn dir etwas passiert wäre...“ erwiderte er nun besorgt.

„Mir geht es aber gut, ich... passe auf mich auf, versprochen.“

Matt wirkte wenig überzeugt. „Zwei Wochen, Mimi“, wiederholte er eindringlich. Er hielt Mimi seine Hand entgegen und irritiert sah Mimi von dieser zu ihm. „Na, wenn er schon glaubt, dass ich dein Freund bin, sollte er uns schon zusammen sehen. Lass uns tanzen und ich hole dich ein paar Mal von der Schule ab, damit du solange deine Ruhe vor ihm hast. Okay?“

Mimi nickte und ergriff seine Hand. „Es tut mir leid, dass ich dich da mit reinziehe“, nuschelte sie unsicher.

„Passt schon, lass uns diesen Abend irgendwie hinter uns bringen und Mimi nochmal, sollte er dir wieder zu nah kommen, sagst du mir augenblicklich Bescheid.“

Erneut nickte sie, da ihr die Worte im Halse stecken blieb. Matt und sie gingen zurück zur großen kitschig geschmückten Aula und machten das beste aus dieser verzwickten Situation.

Die schockierende Wendung

19.11.2010
 

Die letzten zwei Wochen waren alles andere als leicht für den Yagami. Die Trennung seiner besten Freunde setzte ihm ziemlich zu, etwas das er immer noch nicht ganz fassen konnte. Sora arrangierte sich zwar so gut es ging mit der Situation, aber sie litt noch sehr unter der Trennung ihrer ersten und wahren Liebe. Die Arbeit lenkte sie die meiste Zeit über ab, auch dass sie bald nach Kyoto fahren würde forderte sie sehr. Der kurze Streit mit Mimi und den weiteren Verlauf des Abends versuchte er so weit wie möglich aus seinen Gedanken zu verbannen. Er ignorierte sein schlechtes Gewissen und war sich sicher, das es so das Beste war. Er hatte die Nachhilfestunden mit Nori augenblicklich beendet und ging ihr so gut es ging aus dem Weg. Auch wenn sie alles daran setzte sich mit dem Yagami auszusprechen. Für ihn bestand jedoch kein Redebedarf, er ging sogar Hiroto aus dem Weg, so sehr nagte das schlechte Gewissen an ihm. Aber es Mimi zu sagen ging erst recht nicht. Sie würde da viel mehr hineininterpretieren, als die ganze Sache wert war. Zudem wollte er sie nicht verletzen. Nicht unnötig und nicht wegen einer so dämlichen Sache.
 

Tai kam gerade zurück von der letzten Vorlesung des Tages. Als er die Wohnungstür passierte sah er als erstes, wie Kari panisch durch die Wohnung lief, ihre Tasche packte und dabei wild auf Takeru einredete, der große Mühe hatte seiner Freundin zu folgen.

„Was ist denn hier los?“, fragte Tai irritiert nach und sah sich aufgeweckt um.

„Hast du meinen Reisepass gesehen, Mama?“, fragte Kari aufgebracht nach. Jetzt erst erkannte Tai, dass auch seine Mutter hektisch ihrer Tasche zusammenpackte und fieberhaft nach Karis Reisepass suchte.

„Hier, Schatz“, sagte sie erleichtert, als sie die Ausweise von Kari und ihr in einer Schublade im Wohnzimmer fand. Takeru nahm ihn Yuuko ab und reichte ihn seiner Freundin, die diesen schnell in ihrer Handtasche verstaute, während der Blonde immer wieder einen besorgten Blick auf seine Freundin legte.

„Hallo? Was ist hier los?“, fragte Tai erneut nach, nachdem er zunächst ignoriert wurde.

Kari und Yuuko packten in heller Aufregung weiter, während der Blonde auf den Älteren zuging. „Susumo ist ins Krankenhaus gekommen, es sieht wohl wirklich sehr schlecht aus. Und es sieht auch so aus, als würde er da nicht mehr rauskommen“, klärte Takeru ihn vorsichtig auf.

Tai nickte und erwiderte darauf nichts. „Und Kari und meine Mutter wollen jetzt dahin?“, fragte er nach, als er sah, dass Kari gerade fertig wurde und in ihr Zimmer lief um wohl noch irgendetwas herauszuholen.

„Ja, selbst deine Mutter fährt mit. Der Zug fährt in einer Stunde los, ich weiß ja nicht ob du...“

Tai schüttelte gleich seinen Kopf. Was sollte er denn da?

„Ich schau mal eben nach Kari, seit der Anruf vom Krankenhaus kam, ist sie keine Minute mehr ruhig.“ Takeru folgt seiner Freundin in ihr Zimmer, während auch Yuuko mit packen fertig wurde.

„Möchtest du wirklich nicht mitkommen?“, richtete sie die Frage ernst an ihren Sohn.

„Wir wussten doch alle, dass es irgendwann so weit sein würde“, erwiderte er leise und versuchte sich trotzdem seine Worte genau zu überlegen, da er jetzt niemanden verärgern oder verletzen wollte.

„Taichi, ich weiß, dass du deinem Vater vieles nicht verzeihen kannst und willst, aber er liegt im sterben und die Möglichkeit dich mit ihm auszusprechen wird mit jedem Tag geringer, überlege dir ob du es so zwischen euch stehen lassen willst. Es geht dabei noch nicht mal um ihn, es geht um dich. Du musst damit weiter leben“, sprach sie mit fester Stimme, während Tai die ganzen Informationen erst mal verarbeiten musste. „Ich kann mir nicht vorstellen so weiter zu machen, ich brauche einen Abschluss Taichi, vielleicht brauchst du den auch...“, fügte die Ältere mit schwerer Stimme hinzu.

Der Braunhaarige schüttelte nachdenklich seinen Kopf. „Ich...ich kann das noch nicht Mama..., bitte versteh das.“

„Ehrlich gesagt, versteh ich das nicht“, erwiderte sie traurig. „Er ist und bleibt dein Vater, dein Vater der im sterben liegt und du willst wirklich weiter auf stur stellen, nur weil du mit ein paar seiner vergangenen Entscheidungen nicht zurecht kommst?“, hakte sie behutsam nach.

Der Jüngere sah seine Mutter überrascht an, er war es wirklich nicht gewohnt, dass sie so mit ihm sprach. „Ich...“, begann Tai einen kläglichen Versuch.

„Ist schon okay, lass ihn einfach Mama. Er wird schon wissen was er tut“, mischte sich auch Kari ein, die mit einer weiteren Jacke über ihre Arme gestülpt aus ihrem Zimmer kam.

„Er weiß wo Papa wohnt und wo wir sind. Er kann ja nachkommen, falls er sich umentscheidet“, sprach sie erst zu ihrer Mutter und dann zu Tai. Dieser nickte und lächelte die Jüngere etwas an.

„Hast du alles?“, fragte Yuuko bei ihrer Tochter nach.

Kari nickte. „Ja, meinetwegen können wir los“, antwortete sie.

Auch Takeru kam mit einer kleiner gepackten Tasche aus Karis Zimmer heraus, auch er würde wohl mitreisen.

„Ich auch“, erwiderte Yuuko und holte noch etwas Geld aus dem Schlafzimmer. Sie richtete den Blick zurück auf Tai. „Du bist dir sicher, dass du erst mal hier blieben möchtest?“, fragte sie nochmal ruhig nach.

Der Braunhaarige nickte „Ja, aber ich kann euch noch zum Bahnhof fahren wenn ihr wollt?“, bot Tai an.

Yuuko nickte dankbar. „Das wäre wirklich nett von dir.“
 

Tai nahm seiner Mutter noch das Gepäckstück ab und schloss die Türe hinter sich zu. Die Taschen seiner Mutter und Schwester verfrachtete er in den Kofferraum und fuhr los. Es dauerte circa zwanzig Minuten, dann kamen sie am Bahnhof an. Die Fahrt war ruhig und alle schienen ganz in Gedanken versunken zu sein. Im Rückspiegel sah er wie Kari ihren Kopf an Takerus Schulter abgelegt hatte und erschöpft ihre Augen geschlossen hielt. Sie war in den letzten Wochen die ganze Zeit wegen ihrem Vater besorgt, da sie nichts mehr von ihm gehört hatte. Tai hatte auch nicht erwartet, dass dieser in der Zwischenzeit ins Krankenhaus eingeliefert worden war.

Tais Hände waren fest an das Lenkrad geklammert und er konzentrierte sich bei der Strecke starr auf den Verkehr, obwohl er den Weg auswendig kannte. Kurz sah er zu seiner Mutter auf den Beifahrersitz, die einen wahnsinnig besorgten Blick trug, welchen er nicht ignorieren konnte. Nachdem Tai den Bahnhof passierte, half er seiner Familie noch das Gepäck aus dem Kofferraum zu holen und stand etwas unbeholfen vor seiner Mutter.

„Du hast ja all unsere Nummern und wenn du dich umentscheidest melde dich. Ich bin sicher, dein Vater würde sich freuen und ich bin sicher es würde auch dir helfen“, richtete Yuuko nochmal besorgt an ihren Sohn und umarmte ihn zum Abschied. Er erwiderte die Umarmung, sagte aber nichts mehr. Er drehte sich zu seiner Schwester und zog auch sie in eine innige Umarmung.

„Ich melde mich, sobald es etwas neues gibt“, richtete die Jüngere an ihren Bruder und lächelte ihn nochmal an.

Tai nickte und wand sich auch kurz an Takeru, dem er seine Hand entgegen streckte. „Pass gut auf sie auf“, richtete er an den Jüngeren und deutete mit einer Kopfbewegung auf seine Schwester.

„Keine Sorge, das mache ich“, versprach er und Tai wusste, dass er sich in diesem Punkt auf den Jüngeren verlassen konnte. „Und meldet euch, wenn ihr unten angekommen seid“, fügte er ruhig hinzu.

Yuuko nickte und Kari winkte ihm nochmal zum Abschied zu. Dann verschwanden die Drei gemeinsam in Richtung Bahnhofshalle. Tai blickte ihnen noch eine Weile hinterher bis sie von der Menge verschluckt wurden.
 

Tai brauchte einen Moment bis er sich wieder bewegen konnte. Seine Familie war unterwegs zu seinem schwerkranken Vater und er... er konnte nicht, er konnte sie auf diesem Weg einfach nicht begleiten. Er wusste selber nicht was genau ihn daran hinderte. War es wirklich nur wegen der Tatsache dass er so enttäuscht von seinem Vater war und er ihm nicht verzeihen konnte? Nach geschlagenen zehn Minuten rührte er sich und ging die paar Schritte zurück zu seinem Auto. Er setzte sich auf den Fahrersitz und startete den Motor. Aber wohin? Wohin sollte er fahren? Nach Hause, zu Freunden?

Er schluckte als er darüber nachdachte das gerade so ein Wendepunkt im Leben seiner Familie anstand und er nur rumsitzen konnte. Ein Hupen hinter ihm erschreckte ihn, seine rechte Hand fuhr nach oben und er entschuldigte sich mit dieser Geste. Er stand im Parkverbot und wusste das er zumindest irgendwohin fahren sollte um Platz zu machen. Er fuhr los und ärgerte sich über den dichten Straßenverkehr, die Dummheit anderer Autofahrer und die permanenten roten Ampeln. Er fuhr schließlich doch nach Hause, was sollte er auch sinnlos durch die Gegend fahren. Bis nach Aoshima würden sie locker acht Stunden fahren, vorher würde er auch sicher nichts von ihnen hören. Wie ruhig es auf einmal hier in der Wohnung war. Zu ruhig, er erkannte immer noch das Chaos das seine Familie hier in der Wohnung hinterlassen hatte. Er räumte alles was er nicht brauchte weg und machte sich etwas zu essen. Er legte sich geschafft auf die Couch und dachte immer noch darüber nach, ob es klug war zu Hause zu bleiben oder nicht. Im Hintergrund ließ er den Fernseher laufen und irgendwann schlief er ein.
 

---
 

Als sein Handy klingelte blickte Tai sich um und orientierte sich schnell. Es war mittlerweile zehn Uhr am Abend, daher konnte es wohl nur eine sein. Er nahm sein Handy, das auf dem Wohnzimmertisch lag und nahm das Gespräch entgegen. „Hi Kari.“

Hallo, also ich wollte die nur sagen, dass wir gut angekommen sind und jetzt im Hotel sind. Hier ist noch alles sowie im Sommer. Sogar Herr Toyama hat sich nach dir und Mimi erkundigt. Er hat sich sehr gefreut, dass ihr euch wieder vertragen habt. Wir haben wohl ganz schön Eindruck hinterlassen oder viel mehr ihr“, erwiderte die Jüngere.

„Ist doch gut und grüße Herrn Toyoma von mir.“

Ja mach ich morgen, da es heute schon so spät ist. Wir gehen jetzt nur noch schlafen und morgen fahren wir ins Krankenhaus. Soll ich mich danach nochmal melden?“, fragte Kari unschlüssig nach.

„Ja“, antwortete Tai kurz angebunden.

„Ich werde ihm Grüße von dir ausrichten, ob es dir passt oder nicht. Wenn ich Herrn Toyama Grüße von dir ausrichten kann, dann gilt das gleiche auch für Papa“, stellte Kari klar.

„Ja“, lenkte er gleich ein und wollte auch deshalb nicht mit seiner Schwester diskutieren.

Okay, dann machs gut und schlaf gut“, murmelte die Jüngere.

„Du auch, Schwesterherz.“
 

Er beendete das Telefonat und rappelte sich auf, schaltete den Fernseher aus und ging in sein Zimmer. Kurz sah er auf das ungeöffnete Paket, das er nach seinem Geburtstag von seinem Vater erhalten hatte. Ob es jetzt ein guter Zeitpunkt war, das Paket zu öffnen? Er kniete sich neben seinen Schreibtisch, hob das Paket an und setzte sich damit auf seinen Schreibtischstuhl. Unsicher fuhr er mit seinen Händen über das Paketband, fuhr mit seinen Fingernägeln darunter, doch schließlich schüttelte er seinen Kopf und legte das Paket wieder neben sich auf den Fußboden. Er konnte nicht mal dieses verdammte Paket öffnen, wie sollte er es dann schaffen, nach Aoshima zu reisen? Wo war eigentlich sein Mut hin, wenn er ihn am dringendsten benötigte? Und wer war eigentlich gerade feige? Er oder damals sein Vater?

Er fuhr seinen PC hoch, eventuell hatte er ja Glück und Mimi war bereits wach, auch wenn sie für gewöhnlich Sonntagmorgen und nicht Samstagmorgen skypten. Irgendwie wollte er ihre Stimme hören und er musste auch mit Irgendjemanden über all das reden. Hoffentlich würde sie ihn dafür nicht verurteilen.

Tatsächlich tauchte nach ein paar Minuten Mimi auf. „Hi“, erwiderte er erfreut, auch Mimi strahlte, wenn sie auch etwas überrascht wirkte. „Ich wollte mal mein Glück versuchen.“

„Ich war sowieso gerade am Rechner, Sora hat sich bei mir gemeldet und wir haben bis eben geskypt.“

„Cool, habt ihr alles klären können?“ wollte er wissen.

Mimi lächelte erleichtert. „Ja, alles wieder gut. Sie hat mir alles erzählt, sich entschuldigt, mir ihre Sichtweise erklärt und auch stolz von Kyoto berichtet“, brabbelte Mimi gleich drauf los und redete weiter ohne Punkt und Komma. „Nächste Woche ist die Abschiedsparty von der Band, dann gehen sie auch schon auf Tour. Aber das Gute, dann haben wir wieder einen Monat geschafft. Ist das nicht super?“

Tai nickte nur verhalten, während er dem Gespräch nicht mehr ganz folgte.

„Ist alles in Ordnung?“

Der Braunhaarige sah wieder überrascht in die Kamera und erkannte Mimis besorgten Blick.

„Du siehst so anders aus“, stellte sie nüchtern fest.

„Kari, Takeru und meine Mutter sind heute nach Aoshima gereist“, klärte er sie auf.

„Was? Warum?“, hakte die Jüngere irritiert nach und starrte ihn mit großen Augen an.

„Ähm...es geht Susumo wohl nicht so gut und er liegt gerade im Krankenhaus“, murmelte Tai und senkte seinen Blick. Irgendwie konnte er sich denken, was als nächstes kommen würde.

„Und warum bist du nicht mitgefahren?“

Und da war sie... die Frage auf die er gerade selber keine Antwort hatte. „Ich muss nachdenken“, erwiderte er trocken. „Vielleicht fahre ich ja noch nach“, versuchte er sich zu erklären um etwas besser dazustehen.

„Ich denke deswegen nicht schlecht von dir.“

Tai hob seinen Blick und sah der Brünetten wieder direkt in die Augen. Als ob sie seine Gedanken lesen könnte.

„Na ja, du hast dich damals auch nicht richtig von deinem Vater verabschieden können und die Briefe hast du auch lange vor dir hergeschoben. Ich wollte damals unbedingt, dass du sie öffnest, weil ich dachte das es dir helfen würde, aber ich habe erkannt, das es nicht so war und du nur noch wütender wurdest. Ich denke solange du so fühlst und so denkst, kannst du nicht einfach so weiter machen, richtig?“ vermutete Mimi blind ins blaue und traf einen wunden Punkt bei Tai. Er nickte verhalten.

„Und das Paket von deinem Vater hast du sicher auch noch nicht geöffnet, oder?“

„Ist das bescheuert?“, fragte Tai nach und senkte wieder seinen Blick zurück auf das Paket.

Die Jüngere schüttelte den Kopf. „Nein, du kannst es dir ja wirklich noch überlegen nach Aoshima zu reisen, aber vielleicht fängst du erst mal mit dem Paket an, wenn du soweit bist“, lächelte sie ihn aufmunternd an.

„Danke, für alles.“ Tai war wirklich erleichtert, das Mimi ihn nicht noch zusätzlich für sein Verhalten ohrfeigte. Auch wenn sie sicher anders daran gehen würdeund es sicher auch nicht gut hieß. „Kari hält mich auf dem Laufenden. Sie gehen ihn morgen besuchen“, erklärte er „und weißt du was? Herry Toyama grüßt uns“, lächelte er etwas.

Mimi schien kurz nachdenken zu müssen. „Ach der Hotelmitarbeiter aus Aoshima?“ fragte sie freudig nach.

Tai nickte. „Genau.“

„Was? Er erinnert sich noch an uns, ist ja süß... na ja... mein Abgang war ja auch...“

„Mimi...like“, lachte der Ältere.

„Ja...“, gab sie sich geschlagen und bekam rötliche Wangen. „Ich war aber auch wirklich, wirklich wütend auf dich.“

„Ja, ich weiß, entschuldige“, nuschelte der Braunhaarige „Aber wie du siehst, scheint er ja heute noch über uns zu reden. Wir sind eben beeindruckend.“

„Ich glaube ich würde schon gerne irgendwann mal wieder nach Aoshima reisen“, überlegte Mimi „Und natürlich mit dir, nur mit einem anderen Abgang“, fügte die Brünette nachdenklich hinzu.

„Vielleicht machen wir das ja auch“, murmelte Tai und lächelte Mimi an.

„Ja, vielleicht...“
 

Noch eine volle Stunde skypten sie miteinander. Während dem Gespräch erholte sich Tai mehr und mehr und die Anspannung fiel von seinen Schultern. Er war froh, dass Mimi Zeit gehabt hatte und er mit ihr reden konnte. Anders hätte er heute den Tag nur schwer verarbeiten können. Und auch wenn sie gerade weit weg war, fühlte er sich doch sehr mit ihr verbunden. Ihre einfühlsamen Worte waren das, was er heute gebraucht hatte. Alleine dafür war er ihr unheimlich dankbar, auch wenn sie wahrscheinlich gar nicht wusste, was es ihm bedeutete.

Abschiedsparty

27.11.2010
 

Heute war Freitag und heute würde die Band rund um Matt gemeinsam mit Billingsgate eine kleine Abschiedsparty schmeißen. Sie sollte in einem Underground der Stadt stattfinden und Mimi war sich sicher, dass viele Leute da sein würden. Zwei Rockbands die gemeinsam feierten, es würde sicher keine Zweimann-Stehparty werden. Nicole kam am frühen Abend zu ihr und gemeinsam machten sie sich fertig. Immerhin hatte die Band Billingsgate in Amerika wirklich einen Namen und das ausgerechnet die Beiden auf die Party durften, freute sie schon. Ob noch andere Promis dort auftauchen würden? Mimi freute sich zwar etwas auf die Party, aber ihre Gedanken waren die ganze Zeit über bei Tai. Susumo war bisher auf der Intensivstation und noch nicht ansprechbar, sowie Kari berichtet hatte. Mimi hatte mit Kari Kontakt aufgenommen, da sie einfach wissen wollte, was da unten in Aoshima los war und sie war sich nicht sicher gewesen, ob Tai alle Informationen von Kari bekam beziehungsweise wissen wollte.

„Hey, jetzt schau nicht so, heute haben wir unseren Spaß“, lächelte Nicole Mimi breit an und versuchte ihr die Sorgen zu nehmen.

Mimi nickte nur teilnahmslos und sprühte eine ordentliche Portion Haarspray über Kopf in ihre Haare. Sie schüttelte anschließend ihr Haar durch, damit ihre hellbraune Mähne perfekt über ihre Schulter lag. „Ich wünschte ich wäre jetzt in Japan und könnte für Tai da sein“, murmelte Mimi betrübt, während sie sich im Spiegel ansah und nicht wusste, ob sie jetzt zufrieden war oder nicht.

„Ich weiß... aber in ein paar Wochen bist du doch wieder unten und dann kannst du das nachholen“, entgegnete die Rothaarige, die ihre Haare heute auch offen trug.

„Aber, wenn es dann...“, Mimi brach den Satz ab, es war noch gar nicht so lange her, als ihr Großvater starb und Tai die ganze Zeit an ihrer Seite war. Und sie? Sie machte sich gerade bereit für eine Party... Mimi fühlte sich schlecht, das fühlte sich falsch an, einfach nur falsch.

„Ich sollte vielleicht besser hier bleiben“, murmelte die Brünette.

„Und damit hilfst du Tai? Mimi, du bist doch so gut für ihn da, wie du nur kannst und ich bin sicher, dass er das weiß. Willst du lieber hier in deinem Zimmer versauern? Außerdem wirst du auch Matt eine Zeitlang nicht sehen und du weißt, was er zuletzt von dir verlangt hat.“

Überrascht sah Mimi zur Rothaarigen, durch den ganzen Stress und die Sorge um Tai hatte sie vollkommen vergessen, dass Matt ihr bis heute ein Ultimatum gestellt hatte. Er wollte Tai spätestens heute die ganze Sache mit Nick beichten. Dass Mimi diesem begegnet war, dass sie auf eine Schule gingen und er sie stets im Blick hatte.

„Tai hat gerade genug Sorgen... Das braucht er jetzt nicht auch noch“, nuschelte die Brünette und hielt sich verzweifelt die Hände vors Gesicht. „Ich muss nochmal mit Matt sprechen, er muss mir noch etwas Zeit geben. Tai soll sich nicht auch noch Sorgen um mich machen müssen.“

„Siehst du? Ein weiterer Grund, dass du mitkommst. Außerdem siehst du wirklich sehr hübsch aus“, erwiderte Nicole. „Wobei Nick dich in den letzten zwei Wochen wirklich in Ruhe gelassen hat. Er scheint es dir abgekauft zu haben, dass Matt dein Freund ist. Dass der dich ein paar Mal von der Schule abgeholt hat, hat Nick immer mitbekommen. Wer weiß wie es wird, wenn Matt dann wirklich auf Tour ist, denn dass das so ist, weiß Nick schließlich auch. Vielleicht sollte Tai...“

„Nein“, unterbrach Mimi ihre Freundin augenblicklich. „Tai, muss zur Ruhe kommen und das kann er so nicht. Er macht gerade wirklich genug durch. Sein Vater, der im Sterben liegt, seine Familie die bei ihm ist und Tai, der es einfach nicht schafft hinterher zu reisen. Sein bester Freund und seine Freundin sind am Arsch der Welt und selbst Sora ist seit Mittwoch in Kyoto. Einfach jede Person die ihm nahesteht ist gerade nicht an seiner Seite. Er muss sich furchtbar alleine fühlen und dann... als Krönung des Ganzen, soll er auch noch erfahren, dass mein blöder Exfreund in meiner Nähe ist...? Mein Gott, es ist gut“, redete sich die junge Frau immer mehr in Rage und bemerkte gar nicht wie unkontrolliert ihr die Tränen über die Wangen liefen.

Augenblicklich nahm Nicole die Brünette in den Arm und strich sanft über ihren Rücken um sie wieder zu beruhigen. „Okay, okay... wir reden beide mit Matt, okay?“

Mimi nickte und löste sich aus der Umarmung, während sie ihre Tränen wegwischte und sich erneut im Spiegel ansah. „Toll, jetzt kann ich auch noch von vorne anfangen.“
 

Sie erreichten gegen zehn Uhr am Abend die Partyloaction. Ein Türsteher strich ihre Namen durch und sie durften eintreten. Es war voll und hauptsächlich weibliches Publikum unterwegs. Die Musik war rockig und alternativ, die Kulisse dunkel und verraucht. Mimi fühlte sich nicht wirklich wohl und wollte eigentlich auch gar nicht hier sein, aber sie musste noch einmal dringend mit Matt reden. Sie musste ihn einfach davon überzeugen, Tai noch nichts zu sagen, irgendwie. Sie drängten sich zu zweit durch die Menge, aber erkannten noch niemanden.

„Ahhh“, kreischte Nicole plötzlich los. Zum Glück war es laut, so dass nur Mimi ihren Schrei mitbekam. „Da ist Dave“, zeigte die Rothaarige auf den Frontsänger von Billingsgate und bekam große Augen. Er sah aus wie ein typischer Rocksänger. Drei-Tage-Bart, schwarze Haare, blaue Augen, bunte Tattoos an den Armen, einen großen Tunnel im Ohr und ein Piercing über die Augenbraue, dennoch war er durchtrainiert und hatte einen gewissen Charme. „Boah, sieht der gut aus“, schwärmte die Rothaarige.

Mimi sah sich wieder um, ob sie irgendein Bandmitglied von Knife of Day erkannte. Da sah sie in einer dunklen Ecke einen grünhaarigen jungen Mann mit einem Mädchen rumknutschen. Sie verdrehte die Augen. Gut, da war Matt nicht, aber wo war er? „Ich muss Matt finden“, rief sie in Nicoles Ohr, um gegen die laute Musik anzukommen. Mimi zog ihre Freundin mit sich und ging weiter durch den Club, während Nicole den Blick immer noch auf Dave gerichtet hatte und ihm hinterher schmachtete.
 

Nach einer weiteren halben Stunde traf sie auf die anderen beiden Bandmitglieder und fand schließlich auch ihren blonden Freund. „Matt?“, rief sie und erkannte, wie er sich mit zwei fremden Mädchen angeregt unterhalten hatte.

„Mimi“, erwiderte er und begrüßte die Jüngere kurz. „Entschuldigt mich kurz“, sprach er an die Mädchen gerichtet und zwinkerte ihnen zu.

Angewidert beobachtete sie das Verhalten des Sängers. Flirtete der Blonde etwa mit diesen Weibern?

„Hast du heute schon mit Tai gesprochen?“, fragte Matt geradeaus und zeigte Mimi damit, dass er nicht vergessen hatte, was heute für ein Tag war.

„Ich kam nicht dazu...Matt ich...“

„Mimi... ich habe dir mehr als genug Zeit gegeben.“

„Matt, so einfach ist das nicht. Tai geht es derzeit nicht gut und ich will ihn nicht zusätzlich belasten. Wenn du wirklich sein bester Freund bist, dann hältst du dich zurück und mischt dich nicht in unsere Beziehung ein“, beharrte die Jüngere energisch.

Der Sänger lachte höhnisch auf.

„Mimi, ich werde es ihm spätestens morgen sagen... Ich werde Tai nicht belügen, überlege dir bis dahin was du willst und jetzt werde ich die Party weiter genießen. Mach das Gleiche und ich freue mich dass du gekommen bist, wirklich“, erwiderte er, drehte sich zügig um und ließ Mimi wieder stehen.

Ungläubig sah sie dem Sänger hinterher und schüttelte wütend den Kopf.

„Und?“, kam Nicole gleich auf die Brünette zu, da Mimi zunächst alleine mit Matt sprechen wollte. „Er lässt nicht mit sich reden. Aber es bringt gerade auch nichts, ich versuche es später nochmal...“, murmelte sie nachdenklich.

„Na komm, lass uns feiern mit Billingsgate“, flötete die Rothaarige und griff nach Mimis Hand, um sie mit sich auf die Tanzfläche zu ziehen.

Von allen Seiten bekamen die Mädchen Alkohol angeboten. Alkohol jeder Art, es schien auch keinen zu stören, dass hier eventuell noch nicht alle Volljährig waren. Mimi war sich sicher, dass auch die ein oder andere Partydroge hier Anklang fand, denn die Party lief mehr und mehr aus dem Ruder. Daher entschloss sich die Brünette dazu, den weiteren Abend auf Alkohol zu verzichten.

Nicole hingegen blühte richtig auf. „Das ist die beste Party aller Zeiten“, quieckte sie freudig los und drehte sich rhythmisch im Kreis.

Mimi kicherte, als sie ihre Freundin so sah. Wenigtens hatte die Rothaarige Spaß.
 


 

Mimi brauchte dringend eine Pause, sie stand wieder mal auf der Tanzfläche und fächerte sich mit einer Hand etwas Luft zu. Ihre Wangen waren gerötet und ihre Stirn schweißnass.

„Ich brauche ne Pause“, jammerte die Brünette.

„Was schon wieder?“, fragte Nicole irritiert nach und stoppte in ihrer Tanzbewegung.

„Was heißt schon wieder? Mein Getränk ist seit einer halben Stunde leer und ich brauche Nachschub“, erklärte sie.

„O-okay, ich bleibe hiiier und warte“, lallte die Rothaarige amüsiert und nahm ihre Tanzschritte erneut auf.

Mimi ging lachend zur Bar und bestellte nach zehn Minuten Wartezeit ein stilles Wasser. Sie trank mehrere Schlucke, doch noch immer war es ihr warm. Der Rauch im Club kratzte in ihrem Hals. Sie brauchte einfach mal frische Luft. Mimi ging nach draußen und atmete erleichtert ein und aus. „Meine Güte, ist das warm...“ fluchte sie, während sie sich mit der freien Hand über ihre Stirn wischte.

„Das stimmt, immer dasselbe auf solchen Partys“, hörte sie eine fremde Stimme hinter sich.

Sie drehte sich um und erkannte plötzlich Dave. „Hi“, japste Mimi und hätte sie nicht schon rote Wangen durch die Hitze des Clubs, hätte sie spätestens jetzt welche bekommen.

„Dich habe ich hier noch nie gesehen“, sprach er sie weiter an.

„Bin eine Freundin von Matt, wir kennen uns aus Japan“, erklärte sie.

„Ahhh, der Typ ist cool, wird bestimmt lustig mit den Jungs auf Tour. Dann kommst du sicher mal ein Konzert besuchen, oder?“, richtete er seine Frage an die Jüngere.

Mimi nickte „Wenn ihr in der Nähe spielt, sicher.“

„Also reist du uns nicht hinterher?“, fragte er sie und musterte sie genau.

„Nein, warum sollte ich auch?“, stellte Mimi die Gegenfrage.

„Weil das so ziemlich jedes Mädchen macht, das hier heute anwesend ist“, erklärte der Rocker unbeeindruckt.

„Aber ich mache so etwas nicht, ich bin nur wegen Matt hier und weil ich ihn als Freundin unterstütze. Er ist der beste Freund von meinem Freund und der Ex-Freund von meiner besten Freundin“, erzählte sie. Warum erzählte sie denn einem Fremden davon?

„Und wo ist dein Freund?“, wollte er wissen.

„In Japan, sowie meine beste Freundin auch“, erklärte sie. Was redete sie denn soviel? Blöder Alkohol.

„Klingt kompliziert, so dramamäßig Nichts für mich.“

Mimi kicherte. Irgendwie war es das schließlich auch. „Na ja... einfach wäre auch langweilig oder?“

„Stimmt und würde auch nicht hierher passen“, grinste der Ältere, „aber Matt hat nicht wirklich Zeit, oder?“

Mimi schüttelte den Kopf. „Nein, aber das ist nicht schlimm. Ich habe eine Freundin dabei und er ist ja ohnehin beschäftigt“, erwiderte sie zynisch, da sie Matt zuletzt mit einem Mädchen engumschlungen tanzen gesehen hatte.

„Mach dir nicht draus, so sind wir eben“, erklärte Dave selbstsicher. Er hielt ihr sein Getränk entgegen und sie stieß mit ihm an. „Wünsche dir noch einen schönen Abend oder eher Nacht und vielleicht sieht man sich ja wirklich mal auf einem Konzert, würde mich freuen“, verabschiedete er sich von der Jüngeren und zwinkerte ihr nochmal zu.

Mimi trank ihr Wasser zu Ende, ließ das Glas auf einem Stehtisch stehen und ging wieder in den verrauchten Club.
 

Mittlerweile war es drei Uhr in der Früh und der Club war um die Hälfte der Leute dezimiert.

Mimi suchte nach Nicole, so langsam wollte auch die Brünette heim. Sie suchte sie auf der Tanzfläche, an der Bar, bei den Sitzgelegenheiten, schließlich blieb ihr noch die Damentoilette übrig. Sie öffnete die Türe und blickte sich um. Von den Schuhen her hinter den Kabinen konnte es nicht ihre Freundin sein. Sie fuhr sich mit dem Wasser über ihre Stirn und schüttelte nochmal ihre Haare auf. Hier war Nicole auch nicht, aber wo sollte sie noch nach ihr suchen? Ob sie schon nach Hause gegangen war? Aber ohne ihr etwas zu sagen? Nein, das tat sie nicht. Sie gingen immer zusammen nach Hause. Sie öffnete die Türe der Damentoilette wieder und ging auf den Flur. Im gleichen Moment ging eine weitere Tür auf, auf der „Privat“ stand. Zwei Menschen kamen heraus. Zwei Menschen die sie mehr als gut kannte. Zwei Menschen die ein verheißungsvolles Lächeln auf ihren Lippen trugen. Zwei Menschen die ihre Klamotten wieder richtig in Postion brachten. Zwei Menschen die roten Wangen und ebenso schweißnasse Stirne hatten, aber wohl weniger vom tanzen. Zwei Menschen die Mimi mit großen Augen und peinlich berührt anstarrten, als sie die Brünette erkannten. Matt und Nicole sahen sich kurz an, ehe sie zurück zu Mimi sahen.

„Sagt mir, dass ihr das gerade nicht gemacht habt?“, knurrte sie und sah beide Freunde vorwurfsvoll an.

„Mimi, ich...“ brachte Nicole unsicher hervor, doch scheute den Blick als sie sah, wie wütend ihre Freundin sie ansah.

„Mimi, was regst du dich eigentlich so auf? Wir sind beide Single, falls du es vergessen haben solltest.“

Ungläubig sah Mimi zu dem Blonden. „Dann wäre es dir also egal, wenn Sora davon erfahren würde?“, fragte sie gereizt nach.

Sofort verzogen sich die Augenbrauen von Matt. „Das geht sie nichts an und hat sie nicht zu interessieren“, beteuerte Matt.

„Ja, weil du genau weißt, wie enttäuscht sie dann von dir wäre“, schrie sie den Blonden an.

„Sie hat mit mir Schluss gemacht“, erinnerte der Sänger sie abermals.

„Ja, aber sie liebt dich trotzdem noch, sie hält es nur nicht mehr mit dir aus, weil du dich einen Scheißdreck um sie gekümmert hast!“

„Vorsicht! Pass auf was du sagst Mimi, du lehnst dich ganz schön weit aus dem Fenster.“

„Warum? Weil du genau weißt, dass ich recht habe und du weißt, dass dich dieses Verhalten bestimmt nicht wieder zu ihr bringt, sondern im Gegenteil nur bestätigt, dass es richtig war, sich von dir zu trennen!“

„Du wirst ihr nichts sagen und hältst dich da gefälligst raus!“, brüllte Matt sie an, während Nicole einfach nur schwieg und schuldbewusst auf den Boden sah.

„Dann halte du dich auch aus meiner Beziehung raus!“, schrie sie wieder zurück.

Matt lachte höhnisch auf. „Mimi, ob du es mir nun glaubst oder nicht, mir geht es dabei sicherzustellen, dass dir nichts passiert, wenn ich auf Tour bin und hier keiner ist, der dich von diesem Irren beschützen kann, aber bitteschön wenn es das Fräulein so will, dann kümmere dich doch selber darum. Dann erfährt Tai halt nichts von mir, aber ob das klug ist bezweifle ich sehr.“, rief er ihr noch zornig entgegen, ehe er sich umdrehte, beide Mädchen stehen ließ und auch Nicole keines Blickes mehr würdigte.

Mimi schluckte, das alles hätte sie am liebsten gar nicht sehen wollen. Warum tat er so etwas, warum Nicole? Sie sah zur Rothaarigen, die immer noch auf den Boden sah. „Warum? Ich habe dir gesagt, dass er tabu ist! Du konntest doch jeden anderen haben. Warum musste es ausgerechnet Matt sein?“

Nicole sah zu Mimi auf und biss sich auf ihre Unterlippe. „Es...Er...Ich...“ stotterte sie unbeholfen drauf los.

„War das alles was kommt?“, fragte Mimi aufgebracht nach.

„Er ist doch jetzt wieder Single“, versuchte sie verzweifelt zu erklären.

„Na und... Er ist dennoch der Ex von meiner besten Freundin, der es das Herz zerreißen wird, wenn sie davon erfährt.“

„Mimi, es wäre sowieso passiert, also das Matt mit einem anderen Mädchen schläft und Sora muss das ja nicht erfahren... Ich kenne Sora nicht mal. Ich weiß, dass sie deine beste Freundin ist, aber ich mag Matt und habe die Gelegenheit eben ergriffen.“

Mimi klatschte ironisch in die Hände. „Wow, ich bin sprachlos und es ist interessant wie du das siehst.“ Sie drehte sich herum. „Ich habe mehr als genug von dem heutigen Abend und will nur noch nach Hause.“

„Mimi, warte.“ Die Brünette drehte ihren Kopf nochmal um und sah sie fragend an.

„Kann ich das wieder gut machen? Ändert das was zwischen uns?“

Mimi erwiderte nichts darauf, drehte sich um und verließ so schnell wie sie nur konnte den Club. Sie wollte nur noch nach Hause und diesen Abend hinter sich lassen. Sie hätte wirklich niemals hierher kommen soll. Tränen brannten in ihren Augen und vermisste einmal mehr Tai.

Die richtige Entscheidung

28.11.2010
 

Taichi war heute bei Sora gewesen, die am nächsten Tag gemeinsam mit ihrer Chefin für zwei Wochen nach Kyoto reisen würde, um dort bei einer Modenschau arbeiten sollte, die über mehrere Wochen ging. Zusätzlich sollte sie nach neuen Trends sowie Auftraggebern Ausschau halten. Sora war schon sehr aufgeregt was sie dort alles erleben würde und freute sich auf die Erfahrungen die sie sammeln würde. Gemeinsam mit Tai sah sie sich eine DVD an, einen Actionfilm, aßen Chips dazu und tranken Cola.

„Und du bist sicher, dass ich dich alleine lassen kann?“, fragte Sora besorgt nach.

Tai rollte mit den Augen und sah die Rothaarige ernst an. „Ich habe es dir doch schon ein paar Mal gesagt. Ich bin ein großer Junge und ich schaffe das schon.“

„Ich meine ja nur...“

„Du schlägst dich doch auch durch“, stellte Tai nüchtern fest. Immerhin wusste Tai, wie sehr seine besten Freundin unter der Trennung zu dem Musiker litt. Sie hielt sich tapfer, aber er wusste auch, dass es in ihrem Inneren ganz anders aussah. Sie stürzte sich in die Arbeit und versackte darin, aber vielleicht war das auch die einzige Möglichkeit die Trennung zu ihrer großen Liebe zu überleben.

Sora kratzte sich nervös an ihrem Unterarm und setzte sich aufrecht hin. „Am Montag sind sie aufgebrochen...“

„Wer?“

„Na Knife of Day, ihre Tour hat in Chicago begonnen und ich weiß nicht mal wie es war, aber er wird es mir auch sicher nicht sagen... Weißt du etwas?“, erkundigte sich die Rothaarige bei ihrem besten Freund und sah ihn erwartungsvoll an.

Tai zuckte nur mit den Schultern. „Nein, ich habe nichts mehr von ihm gehört... ich denke er wird jetzt sehr im Stress sein. Ich meine, wenn eine den Tourplan auswendig kennt, dann bist du das.“ Sora nickte nur betrübt und ließ sich wieder nach hinten fallen. „Heute müssten sie in Seattle sein...“

Eine plötzliche Explosion im Fernseher ließ sie beide kurz aufschrecken, doch kurz darauf redeten sie weiter. „Und weißt du schon, ob du nach Aoshima nachreisen wirst?“, hakte Sora interessiert nach.

„Nein, ich bin noch hin und hergerissen...“, erwiderte der Braunhaarige und versuchte sich wieder auf den Film zu konzentrieren, auch wenn seine Gedanken immer wieder wegdrifteten und er doch wieder an seine familiäre Situation denken müsste. Er wünschte, es würde ihn einfach alles kalt lassen, aber es beschäftigte ihn pausenlos.

„Also wenn du aufbrichst möchte ich es wissen und du kannst auch anrufen, wenn was ist...“, erwähnte Sora, während sie erneut in die Chipstüte griff.

„Ich habe es verstanden, ehrlich“, seufzte Tai. Er konnte es nicht mehr hören, auch wenn er wusste, dass Sora es nur gut meinte.
 

Nachdem der Film beendet war, machte der Braunhaarige sich langsam auf den Weg. Er half Sora noch die leere Chipstüte zu entsorgen, sowie die ausgetrunkenen Flaschen und Gläser wegzustellen, ehe er sich sich auf den Flur begab, wo seine Schuhe standen.

„Danke, dass du noch geholfen hast aufzuräumen“, gab Sora mit einem Lächeln von sich.

„Na, das war doch nichts“, winkte Tai an. „Wann fahrt ihr morgen los?“

„Wir fahren um drei Uhr los, vormittags kann ich dann sogar noch in die Uni und von dort aus geht es kurz nach Hause den Koffer holen und dann zum Bahnhof“, erklärte Sora.

„Klingt ja mal wieder komplett durchgeplant und organisiert. Wie immer eben“, zuckte Tai beiläufig mit den Schultern.

„Eine gute Organisation ist alles...und meine To-Do-Liste sind wirklich hilfreich“, erwiderte die Rothaarige.

Tai lächelte wissend, Sora und ihre To-Do-Listen. Er hatte so etwas noch nie gehabt, er schaffte es sein Leben auch so zu organisieren. Na ja, mehr oder weniger, aber die wichtigsten Dinge hatte er im Kopf. Tai umarmte Sora zum Abschied nochmal und wünschte ihr viel Spaß in Kyoto. Sora erwähnte zum zehnten Mal an diesem Abend, dass er sich melden könne, wenn etws wäre. Das bestätigte Tai mit einem weiteren Kopfnicken und ging schließlich nach Hause.

 

04.12.2010
 

Drei Tage waren vergangen. Jetzt war es genau eine Woche her, dass seine Familie nach Aoshima aufgebrochen war. Noch immer konnte Tai nicht ganz begreifen, dass sein Vater tatsächlich im sterben liegen könnte. Und obwohl Kari und auch seine Mutter täglich mit ihm sprachen und ihn über alle Geschehnisse unterrichteten, blieb er in Tokio. Er wusste was seine Familie sich wünschte, was sein Vater hoffte und seine Freunde befürworteten, aber irgendetwas hielt ihn fest. Irgendetwas ließ ihn einfach nicht los. Mimi meldete sich noch öfter bei ihm, was ihn freute, aber auch beunruhigte. Er wollte auch sie nicht enttäuschen, auch wenn er stets an ihre Worte zurückdenken musste.

Wie an jedem Samstag ging er auch diesen Samstag Vormittag wieder zu Riku. Er kaufte für sie ein und blieb immer noch zum Frühstück um mit der Oma seiner Freundin zu reden. Riku öffnete die Wohnungstür und ein Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie den Braunhaarigen sah.

„Du bist heute aber früh dran“, stellte sie fest.

Tai zuckte mit den Schultern, zog seine Schuhe aus und ging in die Küche. Wie selbstverständlich räumte er alles in die Schränke ein und Riku zückte ihr Portmonee um den Einkauf gleich auszugleichen.

„Frühstück ist ja trotzdem schon fertig“, erwiderte er grinsend.

„Ich bin ja auch immer schon um sechs Uhr auf. Wie geht es dir denn Junge?“, erkundigte sich die ältere Dame.

„Passt schon.“

„Erzähl schon, du kannst mir nichts vormachen. Dass ihr jungen Leute immer meint, alles mit euch selbst ausmachen zu müssen“, sprach sie einfühlsam. Sie machte für Tai eine Tasse Tee und setzte sich zu ihm an den Tisch.

Tatsächlich erzählte Tai ihr was in der letzten Woche passiert war. Er wusste selber nicht warum. In einer Situation wie dieser war er noch nie gewesen. Er hatte immer jemanden um sich gehabt mit dem er reden oder auch schweigen konnte. Aber derzeit war keiner in der Nähe. Seine Familie, seine Freundin, seine besten Freunde... alle waren gerade unerreichbar und auch wenn alle irgendwie da waren, waren sie es doch nicht. Er konnte keinem einem Vorwurf daraus machen. Sie lebten eben alle ihr Leben und er... Er tat ja eigentlich dasselbe, nur führte sein Lebensweg ihn nicht aus Tokio heraus. Dennoch fühlte er sich einsam und er hasste dieses Gefühl von der ganzen Welt verlassen zu werden.
 

„Lass mich dir aus eigener Erfahrung folgendes sagen... Es ist niemals leicht einen Menschen den man liebt gehen zu lassen und natürlich liebst du deinen Vater trotz allem was passiert ist. Einem Menschen beim sterben zuzusehen ist nie einfach. Ich habe meinem Mann kennengelernt als ich 14 Jahre alt war und mit 15 war ich mit ihm zusammen bis zum Schluss. Die letzten fünf Monate ohne ihn waren entsetzlich und nein, die Zeit heilt nicht alle Wunden. Wir hatten viel Streit, ich war sehr oft sehr stur. Nach einem Streit und nachdem wir alles geklärt hatten, war es für ihn schnell wieder gut, während ich immer noch nachtragend war. Heute wünschte ich mir, ich hätte vieles anders gemacht, hätte jeden noch so kleinen Moment mehr genossen, anstatt auf falschen Stolz zu plädieren. Ich glaube, dass die Angst dich lähmt und ich kann dich verstehen. Ich bin auch oft in diesen Momenten weggelaufen, wenn mir alles zu viel wurde, aber ich bin immer wieder zurückgegangen und du solltest auch zurückgehen. Du solltest dir die Chance nicht nehmen lassen dich mit deinem Vater auszusöhnen.“ Riku beendete ihre Rede und stand wieder auf um den Tisch abzuräumen.

Tai saß gedankenverloren auf seinem Stuhl und dachte über die Worte der älteren Dame nach. „Und wenn ich nur wütend werde?“

„Dann ist es so... Emotionen lassen sich nicht ein und ausstellen. Es sagt ja auch keiner, dass du ihm alles vergeben sollst, nur weil du zu ihm fährst und er im sterben liegt. Vielleicht hilft es dir und auch ihm, wenn du einfach nur da bist. Man muss nicht immer reden, in diesem Stadion fällt das Reden allen Beteiligten sehr schwer und die richtigen Worte gibt es sowieso nicht.“

„Danke, wirklich“, erwiderte Tai, er rappelte sich auf. „Danke Oma“, grinste er und half ihr die restlichen Dinge wegzuräumen.
 

Nach dem Gespräch ging er wieder nach Hause. Das erste Mal hatte er das Gefühl, dass er sich besser fühlte. Man sollte ältere Leute nicht unterschätzen. Er ging in sein Zimmer und unwillkürlich sah er das Paket, das ihm sein Vater zum Geburtstag geschickt hatte. Seit einem Monat stand es ungeöffnet dort. Stur und Stolz wie er war, hatte er es nicht geöffnet und stehen lassen. Tai dachte an Rikus Worte zurück und auch an das, was Mimi gesagt hatte. Vielleicht müsste er es erst mal schaffen, das Paket zu öffnen, ehe er nach Aoshima reisen konnte. Mit dickem Kloß im Hals trat er näher an das Paket heran. Er zog sein Taschenmesser hervor, das in einer Schublade war und entfernte das Klebeband. Tai atmete schwer ein und aus, als er es schließlich öffnete.

Es waren Gegenstände aus seiner Kindheit drinnen. Gegenstände an die er sich kaum oder gar nicht mehr ganz erinnern konnte. Inliner in Miniaturform. Das hatte er damals mit seinem Vater gelernt... Es war ein kleiner Fußball drin, eine Leidenschaft die Vater und Sohn verband, sogar das erste Trikot von seiner Lieblingsfußballmannschaft war darin. Tai dachte, dass es damals weggeschmissen wurde, aber nicht dass sein Vater es all die Jahre aufgehoben hatte. Selbst Bilder die er für seine Eltern gemalt oder gebastelt hatte und alles andere als gut aussahen, waren ebenfalls im Paket. Er fand noch einen kleinen Brief. Es standen nur zwei Sätze darauf und dennoch reichten diese aus um ihn vollkommen aus der Bahn zu werfen.
 

`Es tut mir so Leid mein Junge, ich wollte dich nie enttäuschen... Dennoch wünsche ich dir zu deinem Geburtstag nur das Beste.´
 

Tai packte aufgewühlt und wie in Trance alles zurück in das Paket. Er wusste nicht, was er fühlen oder denken sollte. Aber er wusste, was er zu tun hatte... Er musste jetzt nach Aoshima reisen. Egal, ob er seinem Vater verzeihen konnte oder nicht, er musste dorthin. Er wollte auf sein Herz hören und das riet ihm, dass er jetzt genau dahin gehörte. Susumo war sein Vater trotz allem, das würde sich nicht ändern. Er hatte immer zu ihm aufgesehen, deshalb war er auch so enttäuscht, weil dieser all das einfach so aufs Spiel gesetzt hatte. Wenn dein Held aus Kindheitstagen auf einmal nicht mehr dein Held war ist das erst einmal schwer zu verkraften. Tai stand auf, ging zu seinem Schreibtisch und schaltete den Computer ein. Er suchte nach der nächstmöglichen Zugverbindung und fand schließlich eine - am nächsten Tag, da die heutige Möglichkeit schon verstrichen war.

„Toll, erst morgen früh“, brummte er verärgert.

Jetzt wo er sich entschieden hatte, wollte er keine Zeit mehr verlieren und am liebsten sofort losfahren. Aber jetzt musste er warten, sich gedulden üben und er hasste es. Der Brünette rief seine Schwester an, er wollte ihr sagen, dass er nachkommen würde. Er wählte ihre Nummer und wartete ungeduldig, dass sie das Gespräch entgegen nahm.

„Kari, endlich.“

Tai? Alles okay?“, sprach sie unruhig durch das Telefon.

„Ja, alles okay. Ich wollte euch nur sagen, dass ich nach Aoshima kommen werde. Ich habe gerade das Ticket gebucht. Morgen um zehn Uhr geht die Fahrt los“, klärte er seine Schwester auf und war stolz auf seine Entscheidung.

Tai, das ist wirklich prima. Papa wird sich so freuen. Es geht ihm wirklich nicht gut, er wird mit jedem Tag schwächer.“

„Sagst du ihm, dass ich komme...“, nuschelte er durch das Telefon.

Natürlich, ich kann es kaum erwarten ihm das zu sagen, das wird ihn so freuen. Ich freu mich auch und Mama auch und überhaupt.“

„Wie geht es Mama denn?“, fragte er interessiert nach.

Schlecht, sehr schlecht... eigentlich weint sie nur, wenn wir nicht gerade im Krankenhaus sind.“

„Ich hätte gleich mit euch fahren soll“, ärgerte Tai sich jetzt, dass er es vorher einfach nicht geschafft hatte.

Hauptsache du kommst jetzt, alles andere ist doch egal...“

„Kari, sagst du ihm nur für alle Fälle, dass ich das Paket von ihm aufgemacht habe...?“

Natürlich, das mache ich. Was war denn drinnen?“, fragte sie gleich neugierig nach.

„Frag Papa...“

„Papa? Du hast Papa gesagt...“

Tai hielt inne. Seit Susumo damals plötzlich Hals über Kopf die Familie verlassen hatte, hatte er seinen Vater nur noch bei seinem Vornamen genannt, einfach, weil dieser das, was einen Vater ausmachte, weggeschmissen hatte und in seinen Augen nicht mehr verdient gewesen war, so von ihm genannt zu werden. Warum er jetzt wieder Papa sagte, konnte er sich daher selber nicht erklären.

„Scheint so...“, murmelte er verlegen.

Kari kicherte in den Hörer rein und Tai rollte mit den Augen. „Das sage ich ihm auch.“

„Tu, was du nicht lassen kannst“, richtete Tai an seine Schwester, als es plötzlich still um seine Schwester wurde und er eine weitere Stimme vernahm.

Ich telefoniere mit Tai... Ja, ich komme jetzt, Keru. Tai? Ich muss auflegen“, erklärte Kari kurz.

„Kein Problem, Kröte. Machs gut und bis morgen“, richtete er an seine Schwester, ehe er das Gespräch beendete.
 

Er schrieb Mimi noch kurz, dass er sich dazu entschlossen habe, nach Aoshima zu reisen und legte sein Handy wieder weg. Er holte aus einem Abstellraum einen Koffer und fing schon mal an zu packen, damit er am nächsten Morgen nur noch das Nötigste einpacken müsste. Viel benötigte er nicht, er legte nur ein paar Hosen, sowie Shirts, Hosen, Unterhosen und Socken in den Koffer und wollte den Rest dann morgen dazu legen. Er war erleichtert, dass er diese Entscheidung getroffen hatte. Es fühlte sich richtig an und er selbst fühlte sich dadurch besser. Er war sich zwar immer noch nicht sicher, ob er Vergangenes vergessen konnte, aber er hatte auch Jahrelang einen guten Vater gehabt und dafür war er ihm doch dankbar. Dann konnte er auch runter fahren und ihn noch einmal sehen.

Nachdem Tai duschen und gegessen hatte, war es auch schon wieder spät am Abend. Er ging in sein Zimmer und wollte noch etwas fernsehen, bevor er schlafen gehen würde. Das Leuchten seines Handys erhaschte seine Aufmerksamkeit und er nahm es in seine Hand. Mimi hatte geschrieben, damit war sie wohl gerade wach geworden – dachte er sich verträumt. Er öffnete den Nachrichteneingang und ein breites Grinsen schlich sich über seine Lippen.
 

>Ich bin so stolz auf dich, du machst das richtig so. Ich liebe dich und bitte melde dich, sobald du in Aoshima angekommen bist oder wenn sonst irgendetwas ist. Egal welche Uhrzeit. Kuss.<
 

Taichi dachte nicht lange über seine Antwort nach und schrieb gleich zurück.
 

>Natürlich Prinzessin, mache dir nicht so viele Gedanken oder Sorgen um mich. Ich wünsche dir einen schönen Tag und ich liebe dich auch.<
 

Er versendete die Nachricht und stellte den Wecker ein, damit er nachher nicht doch noch ein Zeitproblem bekam. Dann schaltete er den Fernseher aus und legte sich schlafen. Bereit und fest entschlossen am nächsten Tag nach Aoshima zu reisen.

Die Welt steht still

05.12.2010
 

Es war anfang Dezember und in Aoshima sah es alles andere als einladend aus. Seit einer Woche war Kari gemeinsam mit Takeru und ihrer Mutter dorthin gereist, da es ihrem Vater immer schlechter ging. Lange hatte sie gehofft, dass alles nur ein böser Traum war, geglaubt, dass er noch einmal die Kurve bekommen würde und sich insgeheim gewünscht, doch nochmal eine Familie zu sein. Aber... mit jedem weiteren Tag der in Aoshima verstrich erkannte sie, dass man noch soviel hoffen, beten und träumen konnte. Die Zeit bleib nicht stehen und das Unvorstellbare stand kurz bevor.
 

Der Tag brach gerade an, sie drehte sich auf die andere Seite und befreite sich aus der Umarmung von ihrem Freund, der noch schlafend neben ihr lag. Sie konnte mit Worten gar nicht beschreiben wie dankbar sie war, dass er hier und für sie da war. Sie wollte stark für ihre Mutter sein. Dass Yuuko das Ganze so mitnehmen würde, hatte sie zunächst nicht erwartet. Doch sie liebte Susumo noch immer, das konnte Kari klar sehen.

Sobald sie in ihrem Hotelzimmer alleine war, gab sich auch Kari dem schwachen Moment hin und war dankbar, dass Takeru sie auffing.

Sie gab diesem einen kurzen Kuss auf dem Mund, ehe sie aufstand und die Vorhänge öffnete. Regen, wie immer Regen, Wolken und Wind. Selbst die vielen Katzen, das Markenzeichen der Insel, verkrochen sich um dem Wetter auszuweichen. Wieder einmal passte das triste Wetter zu Karis betrübten Stimmung. Sie fühlte sich ausgelaugt und wollte irgendwas machen, aber wusste einfach nicht was. Ihr Vater hatte in den vergangenen Monaten unheimlich abgenommen und sah deutlich schlechter aus, als sie ihn zuletzt im Sommer gesehen hatte. Die meiste Zeit war er am schlafen, auch wenn Kari immer das Gefühl hatte, dass er ihre Anwesenheit mitbekam. Er erwiderte manchmal ihren Händedruck und schien zu nicken, wenn sie etwas erzählte. Sie erzählte einfach alles was ihr einfiel, was sie derzeit gerne machte, was sie mit ihrem Leben noch alles anstellen wollte. Welchen Beruf sie sich überlegt hatte, dass sie gerne irgendwann mit Takeru zusammenziehen würde und all das. Sie erzählte auch von Tai, dass er Sportwissenschaften studierte und noch immer mit Mimi zusammen war, dass er nach wie vor Fußball spielte und eigentlich noch genau der gleiche Typ wie früher war.
 

In ihren Gedanken versunken, bekam Kari gar nicht mit, wie Takeru mittlerweile ebenfalls wach war. Zwei Arme schlangen sich um ihren zierlichen Körper und umarmten sie. Gleich ließ sie sich ein wenig nach hinten fallen, genoss die Wärme die ihr Freund ihr spendete. „Guten Morgen Hika“, begrüßte er sie mit leiser Stimme.

„Morgen“, erwiderte sie müde und richtete den Blick wieder nach draußen.

„Konntest du ein bisschen schlafen?“, fragte er besorgt nach. Kari hatte in der letzten Wochen zusammenfassend wahrscheinlich gerade mal zehn Stunden geschlafen. Immer wieder wurde sie wach, fand nur schwer in den Schlaf, wälzte sich unruhig hin und her und stand doch wieder am nächsten Tag früh auf. Sie war erschöpft, aber sie konnte trotzdem nicht schlafen. Die Angst war zu groß, dass sie am nächsten Tag eine schlimme Nachricht ereilen konnte – eine, die sie einfach nicht hören wollte. „Ein bisschen“, murmelte die Brünette und befreite sich aus der Umarmung. „Ich wollte schnell duschen, können wir dann frühstücken? Ich will noch nach Mama sehen und so schnell wie möglich ins Krankenhaus.“
 

Takeru nickte nur und strich mit seinen Daumen unter ihre Augen, dunkle Schatten zierten ihre dunkelbraunen Augen und der Blick war leer und glanzlos. Er machte sich Sorgen um seine Freundin, die gerade versuchte alles irgendwie zusammenzuhalten. Sie war doch selber noch so jung und musste jetzt schon so viel durchmachen. So hatte er sie noch nie gesehen und er ärgerte sich über Tai, der in Tokio versauerte, anstatt sich hier um seine Familie zu kümmern. Er verstand, dass dieser wegen vielen Dingen sauer war, aber es ging doch nicht nur um seinen Vater. „Natürlich, mach das.“ Takeru gab seiner Freundin einen Kuss auf die Stirn und ließ Kari ins kleine Badezimmer ziehen. Nach zwanzig Minuten kam sie etwas frischer und angezogen heraus. Auch Takeru wollte noch schnell duschen und beeilte sich, damit Kari nicht lange auf ihn warten musste. Nach zehn Minuten war auch er fertig und sie gingen gemeinsam zum Hotelzimmer von Yuuko. Kari klopfte an der Zimmertüre an und sofort öffnete die Ältere die Türe. Auch sie war fertig angezogen. Ja, hier schien einfach keiner viel Zeit verlieren zu wollen.
 

Nachdem Frühstück gingen sie ins Krankenhaus, ungewiss was sie nun wieder erwarten würde.

Bevor sie ins Krankenzimmer hineintreten durften, wurden sie von einer jungen Ärztin aufgehalten. Susumo hatte in der Nacht wohl wieder eine Art epileptischen Anfall gehabt und war seither am schlafen um sich davon zu erholen. Geschockt weiteten sich die Augen von Kari, sie wollte nicht, dass ihr Vater soviel durchmachen musste. Yuuko war gerade im Zimmer, es war immer ziemlich viel für Susumo, wenn alle gleichzeitig drin waren, weshalb Yuuko meistens zuerst hinein ging und danach Kari mit Takeru Zeit mit ihrem Vater bekam. Yuuko kam gerade mit Tränen in den Augen aus dem Zimmer ihres Mannes und schluchzte, was Kari zusätzlich beschäftigte. Sie umarmten sich kurz. „Geht es?“, fragte Kari vorsichtig nach und sah ihre Mutter besorgt an.

„Er sieht wieder schlechter aus, es ist so schlimm.“ Die Braunhaarige nickte, drückte ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange und ging mit Takeru ins Zimmer. Sie stellte sich zu ihrem Vater ans Bett und musterte ihn im Schlaf. Ja, er sah wieder schlechter aus. Vom Leben gezeichnet und mehr als bereit all das hinter sich zu lassen. Sie nahm seine Hand und strich behutsam mit ihrem Finger über seinen Handrücken. „Hallo Papa, ich bin wieder mit Takeru hier“, redete sie leise und nahe an seinem Ohr. Er umgriff ihre Hand und Kari war sich sicher, dass er ihr damit sagen wollte, dass er sie hören konnte. Sie erzählte gerade etwas übers tanzen, als sie plötzlich bemerkte wie ihr Handy vibirierte. Gleich lief sie rot an, da sie es eigentlich immer ausschaltete, wenn sie im Krankenhaus war, doch heute hatte sie es vergessen. Entschuldigend wollte sie den Anrufer wegdrücken, als sie sah, dass es Tai war der sie anrief. „Es ist Taichi“, erklärte sie. „entschuldigt mich ganz kurz.“

Sie verließ das Zimmer und die Intensivstation um mit ihrem Bruder in Ruhe telefonieren zu können. Eigentlich meldete sie sich immer bei ihm, dass er jetzt anrief wunderte sie, weshalb sie auch entschieden hatte, das Gespräch entgegen zu nehmen.

Als Takeru nach ein paar Minuten ebenfalls im Flur aufgetaucht war zuckte sie kurz zusammen. Sie beendete das Gespräch und lächelte ihren Freund an. „Was ist los? Was hat Tai erzählt?“, fragte Takeru gleich nach. „Er kommt... er hat ein Zugticket für morgen gebucht“, klärte sie ihn auf und ihre Augen fingen etwas an zu strahlen. „Wirklich? Damit hätte ich gar nicht mehr gerechnet.“
 

„Mama, Mama. Taichi kommt morgen nach. Er müsste gegen Abend hier sein“, erzählte Kari, als sie ihre Mutter im Wartezimmer gesucht und gefunden hatte. „Ohhh, das ist aber toll. Endlich konnte er seinen sturen Kopf bezwingen.“

„Ja, das hab ich auch gedacht. Ich muss das ganz schnell Papa sagen“, erwiderte sie aufgeregt und ging mit schnellen Schritten aus dem Wartezimmer.

Leise schlich sie ins Zimmer zurück und stellte sich wieder auf die Seite. Sie legte eine Hand an seine Wange. „Papa? Ich habe tolle Neuigkeiten. Taichi kommt morgen nach, deswegen hat er gerade angerufen.“ Nachdem sie das gesagt hatte, konnte sie beobachten wie Susumo seine Augen zusammenkniff und versuchte zu öffnen. Mühsam schlug er seine schweren Lider auf – halbauf. „Taichi?“ flüsterte er. Kari nickte und lächelte ihn breit an. „Er hat auch dein Paket, also ich meine dein Geschenk geöffnet, ich glaube er hat sich sehr darüber gefreut“, erzählte sie weiter. Susumo schloss wieder erschöpft seine Augen „Taichi...“ krächzte seine Stimme noch einmal und dann schlief er wieder ein. Unsicher und etwas ängstlich sah Kari zu ihrem Freund, doch der erwiderte ihren Blick mit einem Lächeln. „Er wirkt zufriedener und ich erkenne ein Hauch von einem Lächeln...“ Kari sah zurück zu ihrem Vater und musste Takeru zustimmen. „Da hast du recht“, lächelte sie zufrieden. Sie blieben noch eine Zeitlang am Krankenbett stehen, bis die Besuchszeit wieder verstrichen war. Kari gab ihrem Vater noch einen Kuss auf die Stirn. „Bis morgen und dann sogar mit Tai“, verabschiedete sie sich und verließ das Krankenhaus gemeinsam mit Takeru und Yuuko.
 

Nach dem Abendessen machten sie sich bettfertig und Kari kuschelte sich in die Arme von ihrem Freund. Sie sahen irgendeine komische Spielshows in dem sich Leute zum Affen machten im Fernseher an und ließen den Tag auf sich wirken. „Ich bin so froh, dass Tai kommt. Ich glaube das hat unserem Vater nochmal richtig Kraft gegeben“, murmelte sie an seiner Brust. Takeru atmete gleichmäßig ein und aus, während sein Brustkorb sich hob und wieder sank. „Hmm...“

„Alles in Ordnung?“, erkundigte sich die Braunhaarige und musterte ihn besorgt.

„Ja, ich hoffe es... schon für die Beiden“, erwiderte er gedankenverloren. Kari nickte und ließ sich wieder auf seiner Brust nieder. Was meinte er denn damit? Sie wollte nicht mehr allzu viel darüber nachdenken. Sie schloss ihre Augen und bemerkte wie die Anstrengung der letzten Tage sich über ihren ganzen Körper ausbreitete. Takeru zog sie näher zu sich, während er ihr einen Kuss gab, den Fernseher ausschaltete und ebenfalls versuchte zu schlafen.
 

Am nächsten Tag hatte die Braunhaarige immerhin vier Stunden schlafen können, doch früh am morgen wurde sie mit einem mulmigen Gefühl wach. Wie jeden Morgen. Es war nicht nur ein Traum – Alptraum. Nein, sie war wirklich in Aoshima und sie war wirklich hier, weil ihr Vater im Sterben lag. Nachdem auch Takeru aufgewacht und sie frühstücken waren, gingen sie gemeinsam ins Krankenhaus. Gleich würde Tai sich auf dem Weg zum Bahnhof machen und abends ankommen. Sie schritten auf die Intensivstation und wollten ins Zimmer, als sie wieder von der Ärztin aufgehalten wurde. Etwas genervt drehte sich die junge Yagami um. Was war denn nun wieder? Wieder einen neurologischen Anfall? Schlechtere Werte? „Ich muss mit ihnen reden“, sprach die Ärztin ruhig. Irgendetwas in ihrer Stimme, irgendetwas in ihrem Blick war neu, war anders als zuvor. Es beunruhigte Kari und machte ihr Angst. Sie folgten ihr in ein kleines Büro. Hier waren sie am Anfang der Woche gewesen, als sie über alles informiert worden waren, aber warum waren sie jetzt hier?

„So etwas ist nie leicht, deshalb sag ich es ihnen frei heraus. Es tut mir wirklich leid, aber Susumo Yagami ist in der letzten Nacht verstorben!“

 

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Regen, es regnete immer stärker. Die Wolken wurden immer dunkler. Heute war es nicht nur das typische Herbstwetter welches man hasste und sich eingekuschelt Zuhause wiederfinden wollte. Heute kam Donner dazu, sowie Blitze und Hagel...Ein Sturm – für Japan und eine kleine Insel nichts ungewöhnliches und dennoch... Heute hatte das Gewitter eine ganz andere Bedeutung. Der unaufhaltsame Regen symbolisierte die Tränen, der Donner die unbändige Wut die sich in ihrem Herzen breit machte. Der schnell erleuchtete Himmel – ein Zucken des Himmels, der kurze Hoffnungsschimmer, der im nächsten Moment durch das Prasseln des Hagels erschlagen wurde. Der kalte Wind der peitschend gegen ihre rosigen Wangen drückte und sie zu Boden zwang. Ja, das Wetter spiegelte ihre Gefühlswelt wieder. Noch immer ohne ein Laut oder eine Reaktion von sich zu geben stand Kari vor dem Krankenhaus und starrte in den Himmel. Takeru stand seit einer Stunde neben ihr, redete auf sie ein, doch sie hörte ihn nicht. Wie in Trance nahm sie ihr Handy hervor, sie sollte Tai informieren. Er brauchte sich nicht auf den Weg zu machen, wozu noch?

Nach einer halben Minute die sie gewartet und das Gespräch gerade beenden wollte, wurde das Telefonat entgegen genommen. Ein abgehetzter Tai nahm das Gespräch entgegen. „Ich bin gleich am Bahnhof“, haspelte er.

„Tai?“

„Was? Hast du gedacht, dass ich einen Rückzieher mache?“, lachte er etwas in den Hörer.

„Tai?“

„Also ich denke, dass ich so gegen sechs Uhr am Abend da bin.“

„Tai?“

„Wenn jetzt nichts mehr dazwischen kommt, dann...“, redete er immer weiter.

„TAI! Du kannst zu Hause bleiben.“

„Was? Warum?“

„Weil Papa letzte Nacht verstorben ist...“
 

Wieder peitschte der Regen, nein, der Hagel. Es tat weh, wie sich die Hagelkörner auf ihren Körper legten und der Donner sie kurz erschaudern ließ. Sonst hörte sie nichts mehr. Kein Takeru, kein Tai... nur Donner. „Tai?“, fragte sie nach, doch schon war das Gespräch beendet und nichts als ein leeres Tuten erreichte ihr Gehörgang. Kari ließ ihre Hand sinken und starrte in die Ferne. „Okay, das reicht jetzt!“, sprach Takeru und nahm seine Freundin in die Arme um sie endlich aus dem Gewitter herauszuholen. Im Krankenhaus angekommen, fragte der Blonde nach einer Decke. Eine Krankenschwester brachte ihm diese schnell und er legte sie um die Braunhaarige. Er rubbelte sie und musterte sie besorgt. Alles an ihr war klatschnass, ihre Lippen waren blau, ihr Körper zitterte. Er lief zu einem Kaffeeautomaten und wollte ein heißes Getränk holen, Kari sollte sich jetzt nicht noch unterkühlen. Vorsichtig reichte er ihr den warmen Kakao, doch sie nahm ihn nicht entgegen. Er pustete in den Becher hinein und führte diesen zu Karis Mund. „Vorsicht! Er ist sehr heiß“, ermahnte er die Jüngere und sie nahm ein paar Schlucke zu sich. Er stellte den Becher wieder ab, rutschte näher an sie heran. Er legte einen Arm um sie und küsste ihre Stirn.

„Das passiert wirklich, oder?“ flüsterte sie. Takeru nickte nur und hielt sie ein wenig fester.

Yuuko kam mit nassen Augen in die Empfangshalle mit einer kleinen Tasche in der Hand. Die letzten Sachen die sie von ihrem Mann hatte.

Auch sie ließ sich neben Kari nieder und wischte sich die letzten Tränen weg. „Lass uns zurück ins Hotel gehen“, murmelte sie. Takeru wand den Blick kurz nach draußen und schüttelte den Kopf. „Das Wetter soll sich erst mal etwas beruhigen.“ Yuuko nickte und sah ebenfalls besorgt zu ihrer Tochter. Auch sie legte den Arm um die Jüngere und zog sie in eine Umarmung. Stumme Tränen liefen Kari über die Wangen, als sie zum ersten Mal an diesem Tag weinen konnte.
 

Nachdem sich das Wetter etwas beruhigt hatte, bestellten sie ein Taxi, der Tag war anstrengend genug, da mussten sie nicht auch noch bis zur Bushaltestellte gehen. Sie erreichten nach ein paar Minuten das Hotel. Gesprochen wurde nicht viel, stattdessen hörte man den erneuten Regen der sich wieder bemerkbar machte. Erschöpft, ausgelaugt und traurig ging Kari ins Badezimmer und wollte nur noch duschen. Takeru blieb noch etwas unbeholfen im Flur stehen und sah unschlüssig zu Yuuko. „Kann ich irgendetwas machen?“ Yuuko versuchte ein wenig zu lächeln.

„Du machst doch schon das was du kannst. Ich werde morgen mal versuchen Tai anzurufen, ich glaube für heute ist es das Beste, ihn in Ruhe zu lassen und dann können wir auch zurückfahren. Es gibt keinen Grund mehr hierzubleiben und ich will nach Hause“, erklärte sie. Sie verabschiedete sich von Takeru und ging in ihr eigenes Zimmer. Kari war am Ende und Tai ging es sicher auch nicht gut. Takeru nahm sein Handy und schrieb Mimi eine Kurznachricht. Sie sollte Bescheid wissen, auch wenn sie vielleicht nichts machen konnte.

Neuer Terror?

06.12.2010
 

Eine Woche war mittlerweile vergangen, als die Band Knife of Day gemeinsam mit Billingsgate auf Tour aufgebrochen waren. Wie es lief wusste Mimi nicht, es war ihr aber auch schlichtweg egal. Matt hatte sie so wütend gemacht, dass sie froh war, dass sie den Blonden einen Zeitlang nicht sehen musste. Nicole ging sie noch immer aus dem Weg, sie war unglaublich enttäuscht von der Rothaarigen, dass diese tatsächlich mit Matt geschlafen hatte, obwohl Mimi sie darum gebeten hatte dies nicht zu tun. Nick war...? Er fing wieder an ihr nachzustellen, als hätte er wirklich nur darauf gewartet, das Matts Tour begann. Er folgte ihr manchmal auf dem Weg nach Hause, sie spürte seine Anwesenheit, sie fühlte sich beobachtet und seit geraumer Zeit klingelte ihr Handy zu unmöglichen Zeiten. Der Anrufer war Anonym und immer wenn sie das Gespräch entgegennahm, kam eine Zeitlang gar nichts und dann ein leeres Tuten. Mimi war sich sicher, dass es sich hierbei nur um Nick handeln konnte, aber Beweise hatte sie natürlich keine. Als wäre das alles nicht schon schlimm genug, kreisten all ihre Gedanken unaufhörlich um Tai, aber auch um Kari und die gesamte Situation. Sie kam sich so unglaublich hilflos vor und wusste einfach nicht, was sie machen sollte um Tai zu helfen. Sie war froh, dass Tai sich einen Tag zuvor bei ihr gemeldet hatte und ihr mitteilte, das er endlich auch nach Aoshima aufbrechen würde, das war das Richtige, da war die Brünette sich sicher. Immerhin litten ihre Noten noch nicht unter den ganzen Stress, denn sie hatte eine wirklich gute Note in Englisch zurückbekommen, damit konnte sie immerhin ihre Eltern milde stimmen, dass sie gute Noten schrieb war diesen wichtig.
 

Sie verließ gerade die Schule, als sie ihren Namen hörte und inne hielt. „Nicole“, murmelte sie und blieb stehen. „Mimi, jetzt lass mich doch nicht jedes Mal so stehen. Es tut mir leid, wirklich. Lass uns reden.“

„Wieso machst du so etwas dann? Wo ich dich doch extra gebeten hatte es nicht zu tun...“, sprach Mimi gleich drauf los und sah die Ältere erbost an.

„Weil ich... ich wollte mich doch daran halten... wirklich... schon deinetwegen, aber als wir dann so getanzt hatten und er mir so nah kam, war es einfach um mich geschehen... Ich... ich glaub ich hab mich etwas in Matt ver...“

„Oh nein, sag bitte nicht verliebt...“ seufzte sie und unterbrach die Rothaarige, doch sie nickte nur.

Mimi schlug ihre Hände gegen ihre Stirn, bekam sie auch nochmal gute Nachrichten? Wenigstens eine wäre toll. „Nicole, glaub mir bitte eines, nur weil Matt mit dir geschlafen hat, heißt das noch lange nicht das sich zwischen euch was entwickeln wird. Ich bin sicher, dass er nach wie vor an Sora hängt und dass er sie liebt.“ Das glaubte Mimi wirklich, auch wenn Matt eine ungewöhnliche Methode gewählt hatte dies zum Ausdruck zu bringen.

„Ja, das weiß ich auch und ich weiß auch, dass es dumm war... mehr als dumm... aber in dem Moment, an dem Abend da hab ich mich einfach hinreißen lassen“, redete Nicole weiter auf die Brünette ein. „Glaub mir Matt hat gerade alles, aber sicher keine ernsten Absichten im Sinn... Du kamst ihm nur gerade gelegen...“, murmelte die Brünette.

„Ich glaub du hast Recht, ist auch nicht so als hätte er sich gemeldet oder so... so ein Arsch...“, brummte Nicole verärgert. „Das hätte ich dir gleich sagen können. Er scheint wieder in sein altes Muster zu verfallen, das Vor-Sora-Phänom... Er lässt eben selten eine Gelegenheit liegen.“

„Bitte sei nicht mehr böse auf mich... glaub mir, ich habe meine Lektion gelernt. Matt ist mit dem heutigen Tag Geschichte.... Eine heiße muss ich zugeben... aber das Thema ist vom Tisch, versprochen.“ Mimi lächelte die Ältere milde an, immerhin hatte sie ihr auch verziehen, als Mimi sich Monatelang nicht bei ihr gemeldet hatte und plötzlich wieder auf der Bildfläche aufgetaucht war. „Na gut“, lenkte sie ein. Freudig umarmte die Rothaarige ihre beste Freundin und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Danke und es tut mir wirklich leid...“ Mimi lächelte ihre Freundin an und glaubte ihr sogar. Matt hatte halt seinen Charme und in Nicole ein leichtes Opfer gefunden.

„Erzähl, was gibt es neues? Hat Matt Tai etwas von Nick erzählt?“ Mimi schüttelte den Kopf.

„Nein, er hat tatsächlich nichts zu ihm gesagt, sonst hätte Tai schon längst reagiert. Aber Nick, er hat mich ein paar Mal verfolgt, er hat mich nicht angesprochen, mich berührt oder so, aber ich hab ihn dennoch gesehen. Ich weiß gerade nicht wirklich was er damit bezweckt...“, zog Mimi die Rothaarige erneut ins Vertrauen. „Ich sag doch, er hat nur darauf gewartet, dass Matt verschwindet und in der Zeit wohl überlegt, wie er dir näher kommen kann. Du solltest wirklich aufpassen, Mimi.“ Nick traue ich eine ganze Menge zu, aber nichts Gutes.“

Die Brünette nickte. „Ich weiß, das mache ich.“
 

Nicole begleitete Mimi noch nach Hause und wollte sie später am Tag nochmal anrufen. Mimi kam gerade zu Hause an und wollte in die Küche, doch ihre Mutter war noch nicht da. Schulterzuckend begab sie sich in ihr Zimmer und legte sich auf ihr Bett. Sie breitete ihre Arme aus und versuchte für einen Moment ihre Gedanken ruhen zu lassen. Ihr Handy klingelte und argwöhnisch griff sie danach. Nicole? Nein das wäre sicher zu früh .Ob es was neues bei Tai oder Kari gab? Doch als sie ihr Handy aus ihrer Schultasche zog und mal wieder einen unbekannten Anrufer auf dem Display sah, entschied sie sich dazu das Klingeln zu ignorieren. Sie drückte den Anruf weg und legte ihr Handy wieder bei Seite. Mimi wollte sich gleich an die Hausaufgaben begeben, damit sie den Rest des Tages Zeit für etwas anderes hatte. So holte sie ihre ihre Schulaufgaben heraus und begann gleich mit dem Schlimmsten. Mit Mathe. Wieder klingelte ihr Handy und nervös sah Mimi auf das Handy, das sie mit zu ihrem Schreibtisch genommen hatte. Sie nahm es in ihre Hand, wieder war der Anrufer Anonym. Mimi seufzte auf und drückte den Anrufer wieder weg. „Man, das nervt“, nuschelte sie verärgert und versuchte sich erneut auf ihre Matheaufgaben zu konzentrieren. Zehn Minuten hatte Mimi ihre Ruhe, doch da klingelte das Handy ein weiteres Mal. Genervt griff sie nach ihrem Handy, ohne drauf zu schauen was drauf stand und schrie gleich herein. „Lass mich gefälligst in Ruhe!“

„Mimi? Was ist denn mir dir los?“

„Mama... Ich... entschuldige. Ich hab dich verwechselt. Wo bist du?“, fragte sie nach und versuchte wieder ganz ruhig zu klingen. „Im Supermarkt... aber warum verwechselt?“, wollte ihre Mutter wissen.

„Ähm... ich... also... ähm...“, stotterte sie unbeholfen drauf los und wusste nicht was sie zu ihrer Mutter sagen sollte. „Mimi? Ist alles in Ordnung?“

„Natürlich, mach dir keine Sorgen, ich bin nur... nur etwas durcheinander“, bemühte sie sich erneut.

„Ich bin in einer halben Stunde da, dann reden wir. Ich wollte eigentlich nur wissen, ob du einen besonders Wunsch zum Abendessen hast?“

„Nein“, murmelte die Jüngere. Sie hatte wirklich schon mal besser gelogen.

„Gut, dann bis gleich“, sprach ihre Mutter und beendete das Gespräch. Sie starrte noch eine Zeitlang auf das Mobiltelefon. „Warum konnte ich auch nicht erst drauf sehen...“, brummte sie verärgert.

Okay, geliebte Ausrede wo bist du? Sie musste sich ganz schnell etwas einfallen lassen. Etwas, das ihre Mutter ihr glauben würde. Etwas, das sie selber glauben würde.
 

Nach einer halben Stunde war Satoe vom einkaufen zurück und rief Mimi gleich zu sich in die Küche. Immer noch unsicher über das, was sie ihrer Mutter sagen sollte, trottete Mimi in die Küche und tat erstmal, als würde sie sich gar nicht mehr an das Telefonat erinnern. „Mama, da bist du ja. Soll ich dir beim ausräumen helfen?“, fragte sie nach und griff nach einer Tüte.

„Du kannst gerne die Sachen schon mal in das Tiefkühlfach legen“, lächelte Satoe und wartete, dass Mimi damit fertig wurde. Als auch Satoe ihre Einkäufe verstaut hatte, sah sie erwartungsvoll zu ihrer Tochter. „Also gut, erklärst du mir jetzt mal warum du mich eben so am Telefon angeschrien hast?“, fragte sie nach und sah ihre Tochter besorgt an.

„Ich wollte dich nicht anschreien. Es war ein Versehen“, erwiderte diese.

„Aber irgendwen schon. Gibt es Probleme in der Schule oder mit Mitschülern?“, fragte ihre Mutter. Mimi winkte ab.

„Ach Mama, nein...natürlich nicht... Es ist nur alles was viel im Moment... du weißt doch, dass Tais Vater im Sterben liegt und ich mir deshalb Sorgen mache und dann hatte ich die Woche Streit mit Nicole und irgendwie auch mit Matt und das belastet mich auch... und ich wollte mich jetzt nicht damit auseinandersetzten, sondern etwas Zeit für mich haben um ihn Ruhe über alles nachzudenken und deshalb war ich eben am Telefon so genervt, weil ich dachte... dass es wieder darum ging...“ beendete Mimi ihren Monolog. Es war jetzt auch nicht so, dass sie ihre Mutter belogen hätte... Sie ließ halt einfach nur ein kleines Detail aus.

„Und das ist wirklich alles?“, hakte die Ältere nach und sah ihre Tochter eindringlich an. Mimi nickte überzeugend. „Ja.“

„Okay, dann will ich dir das mal glauben.“ Satoe schritt näher an ihre Tochter heran und umarmte sie. „Ich hoffe du weißt, wenn irgendwas ist kannst du jederzeit zu uns, zu mir und deinem Vater kommen“, erklärte sie einfühlsam.

„Ich weiß, Mama...“ Mimi erwiderte die Umarmung und Geborgenheit machte sich ihr breit. Ihre Eltern mussten ganz schön was mit ihr durchmachen, aber sie würde das schaffen – auch für sie. Heute würden sie nur zu zweit essen, da ihr Vater ein wichtiges Geschäftsessen hatte und wohl erst spät am Abend zu Hause sein würde, aber das fand die Brünette nicht schlimm. Sie blieb den ganzen Nachmittag in der Küche, half ihrer Mutter beim kochen, erzählte ihr stolz von ihrer eins in Englisch und informierte sie, dass sie sich mit Nicole wieder vertragen hatte.
 

Nachdem Mimi mit ihrer Mutter den Abend hatte ausklingen lassen und sie ihr zunächst ihre Ausrede glaubte – hoffte die Brünette zumindest, ging sie wieder zurück in ihr Zimmer. Mittlerweile war es spät am Abend und sie wollte nur noch duschen und schlafen. Sie war noch nervös und schaute immer wieder nachdenklich zu ihrem Handy. Ob es wieder klingeln würde? Ob er sich wieder melden würde? In diesem Moment meldete sich ihr Handy wieder zu Wort und es blinkte auf. „Oh nein“, murmelte Mimi und wusste nicht, ob sie es einfach liegen lassen sollte. Sie entschied sich dazu kein Angsthase zu sein und schritt vorsichtig näher heran. Sie blieb skeptisch davor stehen, als könnte es jeden Moment explodieren und mit einer Berührung von ihr den Countdown einleiten. Sie erkannte eine SMS und dennoch war sie nicht wirklich beruhigt. Sie entsperrte ihr Handy vorsichtig, mit schwitzenden und zittrigen Händen gelang sie zum Nachrichteneingang. Ihr Herz pochte aufgeregt, doch als sie den Empfänger sah – lächelte sie. Es war eine Nachricht von Takeru, dann verzog sich ihr Lächeln schnell wieder zu einem schmalen Strich. Warum schrieb Takeru ihr? Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit und mit immer noch zittrigen Fingern öffnete sie die Nachricht.
 

`Hallo Mimi, ich hoffe ich störe dich nicht. Susumo ist in der vergangenen Nacht im Krankenhaus verstorben und Kari schafft es gerade nicht noch irgendjemanden außer Tai zu informieren. Es tut mir leid, das ich keine besseren Nachrichten habe. LG Takeru´
 

Mimis Herz setzte mit einem Mal aus. Sie las die Nachricht immer und immer wieder durch. Oh nein, es war wirklich geschehen. Schnell huschte sie wieder über ihr Handy und suchte nach Tais Nummer. Sicher wusste er schon Bescheid, aber von ihm hatte sie bisher nichts gehört. Sie wählte seine Nummer, doch niemand nahm das Gespräch entgegen. Große Sorge machte sich in ihr breit und drohte sie förmlich zu ersticken. Warum ging er nicht an das verfluchte Telefon? Plötzlich dämmerte ihr etwas, wenn er das eben war? Wenn er versucht hatte sie anzurufen, aber sie ihn weggedrückt hatte, weil sie Angst hatte, dass es jemand anderes war? „Oh nein...“ Sie war so bescheuert, wie konnte man nur so dumm sein? Sie war so dumm, so dumm, so dumm. Wieder und wieder wählte sie seine Nummer, hoffte, dass er abnehmen würde, dass er mit ihr reden würde, doch es tat sich nichts. Das Telefon war aus, nur die Mailbox ging ran. Alleine seine Stimme zu hören, wie er so unbekümmert `Hinterlasse eine Nachricht und wenn ich Bock höre ich sie ab´ reden hörte, zog sich ihr Herz schmerzlich zusammen. „Tai? Ich bin´s Mimi, bitte melde dich. Ich mache mir Sorgen“, schniefte sie durch das Telefon und beendete das Gespräch. Sie fing an zu weinen. Sie wollte jetzt einfach nur bei Tai sein. Was wenn er irgendwas dummes anstellte? Ihr Herz zog sich schmerzlich zusammen. Sie musste zu ihm, sie musste jetzt zu ihm!
 

Sie lief in die Küche in der ihre Mutter gerade mit dem Abwasch beschäftigt war. „Mama? Mama?“, rief sie verzweifelt. „Mimi? Was ist denn los?“, fragte Satoe besorgt nach, als sie ihre Tochter so aufgewühlt sah.

„Mama, ich... oh Gott...“, heulte die Jüngere gleich wieder los und konnte sich kaum konzentrieren einen vernünftigen Satz zu bilden. Satoe trocknete ihre Hände an einem Spültuch ab, schritt auf Mimi zu und musste sich alle Mühe geben, irgendwas zu verstehen, aber Mimi musste sich erstmal beruhigen. „Was ist denn nur passiert?“, versuchte die Ältere es daher ganz ruhig und tätschelte behutsam Mimis Rücken. Ein klein wenig beruhigte die Jüngere sich, auch wenn die Tränen immer noch über ihre Wangen liefen.

„Tai... Tais Vater ist verstorben“, erklärte sie mühsam und schaffte es immer noch nicht sich ganz zu beruhigen. „Oh, das ist ja schrecklich, das tut mir leid“, murmelte die Ältere und zog ihre Tochter in eine enge Umarmung. Mimi löste sich sofort von ihrer Mutter und sah sie ernst und eindringlich an. „Mama, ich muss sofort nach Japan...“

„Mimi, das Thema hatten wir doch schon.“

„Mama! Das ist doch jetzt eine ganz andere Situation. Tais Vater ist tot. Er ist tot und Tai ist gerade ganz alleine. Ich muss zu ihm, ich muss jetzt für ihn da sein. Mama, bitte, bitte. Ich werde alles tun, was ihr von mir verlangt. Ich lasse mir von Nicole die Hausaufgaben per Mail schicken, ich werde lernen und alles nachholen. Das verspreche ich hoch und heilig, aber bitte, bitte lass mich nach Tokio. Mama bitte! Bitte!“

Ein Hoffnungsschimmer

08.12.2010
 

„weil Papa letzte Nacht verstorben ist...“
 

Als dieser Satz seiner Schwester ihn erreichte, stand die Welt des jungen Mannes still. Taichi konnte es einfach nicht fassen. Sein Vater war gestorben, er war weg und er würde auch nicht wieder kommen. Nie wieder. Alles was danach geschah, daran erinnerte sich der Braunhaarige kaum noch. Sein Hand verkrampfte sich und bildete eine Faust die er versuchte unter Kontrolle zu bringen. Warum? Warum musste Susumo jetzt sterben? Jetzt, wo er endlich bereit gewesen war zu ihm zu fahren? Jetzt, wo er sich endlich überwinden konnte? Hätte er nicht noch etwas warten können, einen Tag zumindest? War das zuviel verlangt? Wollte ihn das Universum bestrafen, weil er nicht gleich mitgefahren war? Taichi lag in seinem Bett, öffnete beschwerlich seine Augen, sein Kopf dröhnte, er wusste nicht mal wie er dorthin gekommen war. Er setzte sich mühsam auf und sah sich um. Sein Zimmer sah wüst aus, Gegenstände die heruntergefallen waren und die verstreut herum lagen. Mehrere verbrauchte Flaschen auf dem Fußboden, sogar Zigaretten sah er. Warum wusste er nicht. Er hatte scheinbar in seinem Zimmer geraucht! Das hatte er doch noch nie getan. Mühsam schlug er die Decke, die ihn nur zur Hälfte bedeckte, zur Seite. Er trug noch immer seine Jeanshose, die er am Tag zuvor anhatte, aber was war überhaupt geschehen? Und wie kam er in sein Zimmer? Er stöhnte leicht auf, als er stand und versuchte ein paar Schritte zu gehen. Sein Schädel dröhnte und es kam ihm vor, als würde er jeden Moment explodieren. Einen kurzen Moment hoffe er es sogar. Er drückte die Türklinke hinunter und verließ sein Zimmer. Das war besser, hier war die Luft frischer und das Licht heller. Im Flur angekommen hielt er inne, er hörte eine weitere Person leicht schnarchen. Ach, du scheiße wer war denn bitte noch hier? Es konnten unmöglich seine Mutter oder seine Schwester sein. Hoffentlich hatte er nichts dummes angestellt... Er versuchte sich krampfhaft zu erinnern, was nach dem Telefonat geschehen war. Doch egal wie sehr er sich bemühte, er erinnerte sich nicht. Vorsichtig schritt er auf die Couch zu und beugte sich über die Sofalehne. Erleichtert atmete er aus, als er seinen rothaarigen Freund Koushiro erkannte. „Oh Gott, zum Glück“, seufzte er, ließ sich auf einem Sessel nieder und beobachtete eine Zeitlang den Computerfreak. Warum war Izzy hier? Wieso erinnerte er sich denn nicht? Ob Koushiro ihm Antworten geben konnte? Zumindest konnte er erklären, warum er hier war. Er wollte ihn wohl nicht alleine lassen. Koushiro räusperte sich und schlug die Augenlider angestrengt auf. Er blickte sich um und schien zu überlegen wo er war. „Hey“, murmelte Tai. Der Jüngere drehte seinen Kopf und sah kurz überrascht zu ihm, doch dann wirkte er gleich besorgt.

„Wie geht es dir?“, fragte er ruhig nach.

Taichi sah seinen Freund überrascht an. Wusste er etwa bescheid? „Ähm... keine Ahnung, was ist passiert?“, fragte er nach. Koushiro setzt sich aufrecht hin und schenkte dem Älteren einen undefinierbarem Blick. „Vielleicht sollten wir erst mal was essen und du solltest auf jeden Fall erst mal duschen. Du siehst schlecht aus...“

„Danke“, murmelte dieser und bemühte sich wieder aufzustehen. Schwankend ging er in die Küche, nahm sich eine Kopfschmerztablette und schluckte diese mit etwas Wasser herunter. „Brauchst du auch eine?“, fragte er den Jüngeren,

doch der Rothaarige schüttelte den Kopf. „Nein, danke.“
 

Nachdem Taichi aus der Dusche gekommen war, hatte der Computerfreakt die Zeit genutzt und den Tisch gedeckt. „Na ja, viel Auswahl habt ihr nicht, aber es sollte reichen“, entschuldigte er sich bei dem Älteren.

„Ja, ich hab nicht mehr eingekauft...“, murmelte Tai entschuldigend. „Sag mir bitte was passiert ist, ich erinnere mich an gar nichts mehr...“

Koushiro und Taichi setzten sich an den Tisch und kauten an der Toastscheibe herum. „Ich war gestern zufällig am Bahnhof. Dieses Wochenende war ich auf einem Computerkurs und wollte gerade nach Hause als ich dich gesehen habe...“, fing er an zu erklären. „Ich bin dann zu dir und wollte kurz Hallo sagen, doch du standest einfach nur da und hast überhaupt keine Regung gezeigt.“

Tai versuchte daran zu denken, was nachdem Telefonat war, konnte er sich daran erinnern, dass er auf den Jüngeren getroffen war? Irgendwie nicht. Warum? Er konnte doch an diesem Punkt noch nichts getrunken haben. „Ich habe ein paar Mal deinen Namen gesagt, doch es tat sich nichts. Ich hatte mir echt Sorgen gemacht. Ich habe gesehen, dass dein Handy auf dem Bodem lag, es aufgehoben und dann kam erst wieder eine Regung zu stande...“, erinnerte sich Koushiro zurück. „Und was ist dann passiert?“, fragte Taichi nach. Ganz langsam kamen ein paar Bruchstücke zurück und er wollte sich weiter erinnern. „Ich fange nochmal ganz vor vorne an, okay?“

Der Braunhaarige nickte und hörte gespannt zu, was Koushiro zu erzählen hatte.
 

„Taichi, Tai? Was ist denn nur los?“, fragte der Rothaarige immer wieder nach, doch es tat sich nichts. Er ließ seine Umhängetasche, in der unter anderem auch sein Laptop war, auf dem Boden liegen und berührte den Braunhaarigen an der Schuter. Was war nur mit dem Älteren geschehen, dass er hier so reglos herumstand? Das passte doch überhaupt nicht zu ihm. Es musste irgendwas schlimmes passiert sein, da war sich Koushiro sicher.

Auf einmal spürte der Ältere eine Reaktion an seiner Schulter und er musterte irritiert seinen jüngeren Freund. „Izzy?“, fragte er dennoch ungläubig nach, da er nicht mehr wusste, ob alles ein Traum oder die Realität war, es war alles so verschwommen. Nur langsam kam er zu sich, es war als wäre er in Trance und erwachte langsam aus einer Art Hyptnose.

„Tai, was ist los mit dir? Ist was passiert? Geht es dir nicht gut?“, erkundigte sich der Rothaarige besorgt.

„Mein Vater ist tot, ich war gerade auf dem Weg dahin, als Kari anrief...“, erklärte er mühsam und schluchzte.

„Ohh... Tai, das tut mir wirklich leid. Kann ich etwas für dich tun?“, fragte er nach.

Tai schüttelte den Kopf. „Passt schon“, erwiderte er und drehte sich um um in eine unbekannte Richtung zu gehen.

„Warte Tai!“ Koushiro wollte seinen älteren Freund in diesem Zustand nicht alleine lassen. Er überlegt jemanden anzurufen, aber wen? Wer konnte ihm jetzt helfen? Matt war nicht erreichbar, Mimi zu weit weg, selbst Sora war gerade nicht in der Stadt. Kari und Takeru in Aoshima. Nein, er konnte Taichi jetzt unmöglich alleine lassen, wusste er doch wie emotional der Ältere werden konnte und dass er nicht immer Herr seiner Sinne war, gerade in Ausnahmesituationen. Koushiro schulterte seine Umhängetasche und lief dem Brünetten hinterher. Als er Tai eingeholt hatte hielt er ihn zurück und versuchte ihn in eine andere Richtung zu ziehen.

Tai wollte an diesem Tag alles aber nicht nach Hause. So lief er stumm und ohne ein weiteres Wort zu verlieren in die erste Bar und bestellte sich etwas zu trinken und hörte schlichtweg nicht auf. Koushiro konnte ihn nicht aufhalten und folgte ihm daher einfach.
 

„Na ja und irgendwann konntest du dich gar nicht mehr auf den Beinen halten. Ich habe ein Taxi bestellt und der Taxifahrer hat mir geholfen dich in den Wagen zu hieven, denn du bist nicht gerade leicht...“, führte Koushiro alle Ereignisse des Tages zusammen. „Irgendwie hab ich dich noch mit aller Mühe ins Zimmer bekommen und dann bist du auch gleich eingeschlafen. Ich war mir nicht sicher, ob ich dich in dem Zustand alleine lassen konnte und daher hab ich mich dann einfach auf das Sofa gelegt, ich hoffe das war okay?“

Sofort hob Tai seinen Blick und sah seinen jüngeren Freund dankbar an. „Natürlich.“

„Und wie geht es dir heute?“, fragte Kouhsiro nach, er war nicht der Beste auf dem Gebiet über Gefühle zu reden oder Gedanken seiner Mitmenschen zu lesen, aber Tai war ein Freund aus Kindheitstagen und er würde schon behaupten, dass er den Yagami ganz gut einschätzen konnte.

„Ich weiß es nicht...“, murmelte er ehrlich. „Aber du musst wirklich nicht den ganzen Tag Babysitter spielen, du kannst ruhig nach Hause“, erklärte Tai und trank seinen Kaffee leer.

„Ähm...weiß nicht, bist du sicher?“

„Ja, ich werde heute sicher keinen Schluck Alkohol anfassen... Ich bin glaub ich immer noch im Delirium, aber trotzdem danke für alles...“

„Ja, kein Problem. Es macht mir auch wirklich nicht aus noch etwas zu bleiben...“

„Nein, ich glaube ich will jetzt alleine sein...“

Koushiro nickte und nachdem Frühstück verschwand er auch kurz im Badezimmer um sich frisch zu machen. Er schritt heraus und kramte nach seiner Umhängetasche, kontrollierte ob alles drin war und wand sich dann an den Braunhaarigen. „Du kannst dich melden, also wenn was ist...“, murmelte der Rothaarige fast schon ein wenig verlegen.

Taichi lächelte „Weiß ich zu schätzen und jetzt geh, du hast schon genug getan.“

Koushiro nickte, schlüpfte in seine Schuhe und Jacke und verließ schließlich die Wohnung der Familie Yagami.
 

Unsicher sah Tai auf die geschlossene Wohnung und ein Gefühl welches er nicht beschreiben konnte, machte sich in seinem Gemüt breit, doch er wollte gerade nicht darüber nachdenken. Er wollte weder denken, noch fühlen. Er wollte einfach... er wusste selber nicht was er wollte. Zunächst einmal wollte er sich ablenken. Er suchte nach seinem Handy, vielleicht hatte Kari sich ja nochmal gemeldet oder seine Mutter. Er ging in seiner Zimmer und fand es unter dem ganzen Kram, doch es war aus. Das Handyakku war leer. Er steckte es ans Ladekabel und wartete einen Moment, bis er es einschaltete. Nach ein paar Minuten piepte sein Handy und er erkannte mehrere Mailboxnachrichten. Er hörte die erste ab und erstarrte, als er eine Sprachnachricht von Mimi hörte.
 

`Tai? Ich bins Mimi, bitte melde dich. Ich mache mir Sorgen.`
 

Die Sorge war deutlich aus ihrer Stimme zu hören, sie hatte geweint. Wusste sie etwa Bescheid? Von wem wurde sie informiert? Oder war vielleicht etwas anderes passiert? Er wählte ihre Nummer, doch das Handy was aus. „Toll..“, murmelte er und legte auf. Dann entschied er sich seine Schwester anzurufen, vielleicht gab es ja etwas neues.

„Tai?“

„Hallo Schwesterherz, ich wollte nur mal hören... na ja... alles okay?“, fragte er ruhig nach.

Na ja es geht. Wir versuchen zu veranlassen, das wir ihn mit nach Tokio nehmen können, aber es scheint als ob das nicht möglich wäre“, erklärte sie während immer wieder ein Wimmern über ihre Lippen kam. „Vielleicht könntes du...“, doch die Jüngere brach ab.

„Was?“, fragte Tai gleich nach. Er wollte schließlich auch helfen.

Sowie es aussieht ist das bei Mönchen gar nicht so einfach, daher planen wir vielleicht die Zeremonie hier. Es war wohl auch sein Wunsch...“ Wieder brach die Jüngere ab um sich ihren Tränen hinzugeben.

„Aber wir haben uns etwas in seinem Haus umgeschaut und die Nummer von seinem Anwalt gefunden. Die Vorwahl stammt aus Tokio...“

„Ich mache das alles... kein Problem“, erklärte er gleich.

„Wirklich?“, fragte die Jüngere ein wenig überrascht nach.

„Natürlich, ich kontaktiere ihn und treffe mich mit ihm“, erwiderte der Braunhaarige prompt.

Wir haben beschlossen erst mal hier zu bleiben. Eventuell könntest du ja nachkommen, wenn alles erledigt ist?“

„Ja, gib mir einfach die Nummer und ich kläre das zeitnah und buche dann nochmal ein Ticket.“

Das wäre lieb... Ich schicke dir die Nummer per SMS.“

„Okay, dann bis morgen...“ Taichi beendete das Gespräch und wieder machte sich ein eigenartiges Gefühl in seiner Magengegend breit, welches er selber nicht erklären konnte. Er schüttelte seinen Kopf, er hatte keine Zeit zu überlegen was das für ein Gefühl war. Er wollte jetzt seiner Familie helfen und sie so gut unterstützen wie es nur möglich war, auch wenn er keine Ahnung hatte wie das ging und was er eigentlich machen sollte.
 

Er sah sich in seinem Zimmer um. Das Chaos nervte ihn. Kurzerhand packte er alle Klamotten in die Wäschetrommel. Die Zigaretten entsorgte er und den Aschenbecher spülte er aus. Er rauchte selten und er tat es auch nicht gerne, nur ab und zu, wenn die Stimmung es erlaubte. Die Flaschenreste kippte er aus und stellte das Leergut weg, selbst seine Bettwäsche wechselte er, etwas das er von alleine nie tat. Er lüftete sein Zimmer und staubsaugte sogar noch. Wenigstens sah sein Zimmer wieder normal aus, auch wenn das beklemmende Gefühl in seinem Herzen noch immer nicht nachgelassen hatte. Wieder schlich sich der Gedanke in seinen Kopf, den er nicht länger ingonieren konnte. Sein Vater war wirklich tot. Taichi ging auf den Balkon, sah in den Himmel und dachte an seine Kindheit zurück. An die guten und schlechten Erlebnisse, an all das was ihn geprägt hatte und ihn zudem gemacht hatte, was er heute war. Vieles verdankte er seinem Vater, sowohl das Gute, wie auch das Schlechte. Sein Leidensweg war lang und jetzt war er gegangen. Dass es doch so schnell gehen würde, hätte er nicht erwartet. Hatte sein Vater jetzt seinen Frieden gefunden? War er bereit gewesen das Leben hinter sich zu lassen? Wollte er vielleicht gar nicht mehr mit ihm reden? Immerhin war er selbst dazu bereit gewesen, auch wenn er gar nicht wusste, was er ihm gesagt hätte. Hätte er gewusst was er sagen sollte?

Auf einmal klopfte es kräftig gegen die Türe. Er zuckte zusammen. Wer war das denn jetzt? Kam Koushiro wieder zurück oder schlimmer, hatte dieser die Anderen informiert und standen nun versammelt vor der Tür um ihn aufzuheitern? Bitte nicht. Er wollte wirklich niemanden sehen, kein Koushiro, kein Joe und schon gar nicht Davis und Co. Wieder klopfte es, wieso konnten sie ihn nicht alleine lassen? Als er feststellte das es nichts brachte, das Klopfen zu ignorieren, da es immer penetranter wurde, entschied es sich dazu dem ungebetenen Gast gehörig die Meinung zu geigen. Wütend öffnete er die Wohnungstür und erstarrte augenblicklich.

„Mimi“, kam es tonlos aus seinem Mund. „Tai...“, wimmerte sie, ließ ihren Koffer los und schmiss sich in Tais Arme. Fassungslos erwiderte er die Umarmung, starrte ungläubig auf ihren Hinterkopf und zog sie näher in seine Arme. Mimi? Sie war wirklich hier. „Es tut mir so leid“, schluchzte sie. Er legte seinen Kopf in ihre Halsbeuge und sog ihren Geruch ein, ihr sinnlicher Duft nach Vanille, mit welchen sie auch ihr Halstuch eingesprüht hatte, der jedoch allmählich verblasste. Er nahm den Geruch einmal mehr in sich auf, damit er sich sicher sein konnte, dass sein Verstand ihm gerade keinen Steich spielte. Mimi war hier, sie war wirklich hier. Sein Herz raste, wie war das nur möglich? „Was machst du denn hier?“, flüsterte er mit schwerer Stimme.

„Was für eine Frage, ich könnte gerade nirgendwo anders auf der Welt sein als hier bei dir. Es tut mir so unendlich leid mit deinem Vater“, erwiderte sie mit tränenreicher Stimme. Er zog sie wieder näher zu sich, hielt sich krampfhaft an ihrem Rücken fest während Tränen in seinen Augen brannten, die langsam über seine Wangen liefen. Er konnte es nicht mehr zurückhalten und ließ es einfach geschehen. Das erste Mal ließ er seiner Trauer freien Lauf und fand Trost und Schutz in der Umarmung seiner Freundin.

Das aufsammeln der Scherben

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Das Offenlegen des Testaments

10.12.2010
 

Taichis Schlaf war unruhig und er wurde mehrmals wach. Mimi die an seiner Seite schlief, bemerkte davon jedoch nichts. Sie war vollkommen fertig nach dem Flug, dem Jetlag und auch den Tag und Abend, den sie und Taichi miteinander verbracht hatten.
 

Taichi konnte gar nicht beschreiben, wie froh er war, dass sie genau in dem richtigen Moment aufgetaucht war. Noch immer drückte er sie enger an sich, nur um ganz sicher zu stellen, dass er all das nicht träumte. Aber alles war wahr. Mimi war hier bei ihm in Tokio und sein Vater war tatsächlich verstorben. Heute standen viele Dinge an der Tagesordnung, er würde sich mit dem Anwalt seiner Familie treffen, zum Bestatter gehen und am Abend seine Familie anrufen um sie über alles in Kenntnis zu setzen. Er hoffte, dass Mimi ihn auf all den Wegen begleiten würde, wüsste er doch nicht, wie er sonst den Tag überstehen sollte.
 

Mimi streckte sich in diesem Moment und schlug schwerfällig ihre Augen auf.

Taichi lächelte sie sanft an und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Guten Morgen, Prinzessin.“

Mimi erwiderte das Lächeln, setzte sich auf und drückte auch ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. „Morgen, du bist wach? Vor mir?“, murmelte sie noch verschlafen.

„Kannst du mal sehen, wie lange du geschlafen hast. Jetzt solltest du fit für den Tag sein.“

„Na ja, geht so. Ich habe meine Mutter noch gar nicht informiert, dass ich in Tokio gelandet bin, das werde ich jetzt erst mal nachholen“, sprach sie weiter und wollte gerade aus dem Bett aufstehen, als der Ältere sie zurückhielt.

„Also jetzt hast du schon solange gewartet, dann kannst du auch noch einen Moment länger warten“, erwiderte der Sportstudent grinsend und zog sie erneut ins Bett.

Mimi gab sich schnell geschlagen und genoss die Streicheleinheiten von ihren Freund. Er drückte seine Lippen auf die der Jüngeren und seine Zunge bat um Einlass, den Mimi ihn nur zu gerne gewährt. Wie sehr er es vermisst hatte, ihre weiche Haut zu berühren, ihren Duft einzuatmen, sie zu küssen und ihre Wärme zu spüren. Er wollte jeden Moment auskosten. Auch wenn alles andere gerade in Scherben lag, so gab es immer noch Dinge in seinem Leben die gut waren und das Beste lag gerade unter ihm. Aber er wusste auch, dass es heute etwas gab, das wichtiger war als alles andere und um das er sich zuerst kümmern musste, bevor er die Zeit mit Mimi wieder genießen konnte. Also ließ er sie nach einem kurzen aber innigen Kuss aufstehen und sah ihr kopfschüttelnd hinterher. Sie war tatsächlich hier, bei ihm.
 

Taichi stellte fest, dass er immer noch kaum etwas Essbares im Haus hatte und beschloss mit Mimi auswärts zu frühstücken. Mimi war noch in seinem Zimmer und telefoniert mit ihrer Mutter, während Taichi nochmal eine Nachricht an Kari schickte um ihr mitzuteilen, dass er sich heute mit dem Anwalt treffen und ihnen am Abend alles berichten würde. Er legte sein Handy wieder zurück, als Mimi gerade auf ihn zusteuerte und ein ernstes Gesicht aufgesetzt hatte.

„Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt nach.

Mimi schüttelte den Kopf. „Meine Mutter sagte, dass Papa so gar nicht begeistert ist, dass ich schon zwei Wochen früher nach Tokio gereist bin. Es gab wohl einen großen Streit, weil er nicht mal gefragt wurde, aber ich wusste dass ich so eine solche Gelegenheit nicht wieder bekomme und dass ich meine Mutter auf jeden Fall überzeugen kann. Aber dass sie jetzt deswegen Streit haben gefällt mir nicht.“

„Na ja, jetzt kannst du sowieso nichts mehr daran ändern. Deine Eltern werden sich schon wieder vertragen und wenn du wieder zurück bist, wickelst du deinen Vater schon wieder um den Finger“, zwinkerte Taichi ihr zu.

„Ich glaub du überschätzt meine Qualitäten“, grinste die Brünette schief.

„Glaub ich nicht.“

Mimi kicherte und drückte sich an den Braunhaarigen.

„Ich lade dich zum Frühstück ein, bevor wir zum Anwalt gehen und nur damit das klar ist, es wird keine Pancakes geben“, witzelt er und schlug den Kühlschrank wieder zu. Warum machte er ihn eigentlich immer wieder auf, wenn doch nichts drin war?

„Wieso? Die sind doch voll lecker“, widerspach sie ihrem Freund.

„Nein, es wird traditionell, damit du nicht vergisst wo du herkommst“, grinste er sie an und löste sich von ihr.

„Als ob ich das vergessen würde, wie kommst du überhaupt dadrauf“, schimpfte sie beleidigt, als sie ihm zur Wohnungstüre folgte.
 

Tatsächlich entführte Taichi seine Freundin in ein traditionelles Restaurant und alles roch bereits nach den typischen japanischen Gerüchen. Ob es die sanften Lichter, die Dekoration oder die dunklen Möbel war, alles war typisch japanisch, womit sie nicht auf Stühlen, sondern auf dem Boden Platz nahmen. Taichi und Mimi wurde die Teekarte serviert und Mimi verzog den Mund.

„Was?“, fragte Taichi belustigt nach.

„Wie gut, dass ich meinen Kaffee schon heute Morgen bei dir hatte“, jammerte sie und bestellte sich einfach einen grünen Tee, der schnell mit einer Umeboshi serviert wurde.

Taichi bestand darauf und konnte sich ein weiteres amüsiertes Lächeln nicht verkneifen, als Mimi misstrauisch die salzig-saure grüne Pflaume betrachtete. „Du bist wohl doch amerikanischer als du dachtest, was?“, neckte er sie.

„Na ja, schon gewöhnungsbedürftig, obwohl ich es ja kenne, aber ich gebe zu, ich habe es ewig nicht gegessen und es hat mir gefehlt. Selbst als ich im Sommer hier war, hab ich mich sehr amerikanisch orientiert. Was soll ich sagen, ich bin es eben gewohnt“, entschuldigte sie sich ehrlich.

„Deswegen ja“, nachdem die Vorspeise schnell verschlungen war, bestellten sie sich noch ein Omlett und verließen daraufhin das Lokal um einzukaufen, damit in den Schränken zu Hause endlich wieder ein paar Lebensmittel waren.
 

Sie brachten die Einkäufe zügig zurück und machten sich dann gleich auf den Weg zum Anwalt.

„Und du bist sicher, dass ich mitkommen soll?“, fragte Mimi unsicher nach.

Taichi hielt inne und nickte erneut mit dem Kopf. „Das habe ich dir doch schon gesagt, es würde mir helfen und ich würde mich freuen“, erwiderte er ernst und lächelte sie an. Mimi hatte ja keine Ahnung, wie sehr er sie heute an seiner Seite brauchte.

„Okay...“, gab die Brünette schließlich nach.

„Mimi, mach dir nicht so einen Kopf. Du weißt doch eh schon alles. Ich glaube nicht, dass mich noch mehr Überraschungen erwarten. Andernfalls weiß man ja nie...“, überlegte der Brünette.

„Glaubst du etwa, dass er immer noch nicht in allen Dingen ehrlich wahr?“

Taichi zuckte mit den Schultern. „Wäre doch möglich...“
 

Sie erreichten das Büro des Anwalts und kurz überlegte Taichi, ob er wirklich da rein gehen sollte oder nicht. Er spürte den besorgten Blick seiner Freundin und wusste, dass Weglaufen auch nicht die Lösung war. So streckte er seinen Rücken durch, drückte mit der einen Hand die Türe auf, während er die andere fest um Mimis Hand geschlossen hielt. Eine Sekretärin empfing die jungen Erwachsenen und bat sie noch einen Moment Platz zu nehmen. Nervösität machte sich in dem Braunhaarigen breit. Plötzlich spürte er, wie Mimi ihre Hand auf seine legte und ihm ein herzliches Lächeln schenkte.

„Es wird schon alles gut gehen“, sprach sie mitfühlend.

Taichi nickte und drückte ihr einen kurzes Kuss auf den Mund, ehe die Sekretärin ihn aufrief. Er zog Mimi einfach mit sich und betrat das Büro des Anwalts.

„Herr Yagami und?“, der Anwalt sah kurz zwischen dem Braunhaarigen und dem unbekannten Mädchen hin und her.

„Das ist Mimi Tachikawa meine Freundin und ich möchte, dass sie dabei ist“, stellte Taichi gleich klar und ging weiter auf den Schreibtisch zu.

„Natürlich, kein Problem. Ich bin Herr Kobayash, nehmen sie Platz!“
 

Taichi und Mimi setzten sich auf die beiden Stühle am Schreibtisch gegenüber von dem Anwalt, der ein paar Akten herausholte und sie Taichi unter die Nase hielt. „Erst einmal mein herzliches Beileid, ich kann mir vorstellen, dass es für sie und ihre Familie gerade alles andere als leicht ist“, begann der Anwalt förmlich mit seiner Ansprache.

„Danke“, antwortete der Braunhaarige monoton und beäugte gleich das Testament seines Vaters. Er überflog es grob, verstand aber nicht so viel wie es ihm lieb gewesen wäre.

„Ihr Vater hatte im Vorfeld, nachdem er von seiner Krankheit erfahren hatte, viele Maßnahmen getroffen um sicherzustellen, dass es ihnen nach seinem Ableben an nichts fehlen würde“, erklärte der Anwalt neutral.

Taichi zwang sich dazu jegliche Kommentare runterzuschlucken und wollte einfach diesen Termin hinter sich bringen.

„Was sie sicher am meisten interessiert ist ihr Erbe“, lächelte Herr Kobayash, als ob dies eine gute Nachricht wäre.

„Eigentlich nicht. Ich kann mir vorstellen, wie dieses Erbe aussieht und möchte hauptsächlich nur wissen, ob er was zur Zeremonie niedergeschrieben hat“, widerspach Taichi.

Der Anwalt hob überrascht eine Augenbraue und blätterte ein paar Seiten weiter. „Nicht viel“, erwiderte der Anwalt. „Susumo Yagami hatte angegeben, dass er eine einfache Beerdigung ohne viel Schnickschnack haben möchte. Er wollte anonym beerdigt und verbrannt werden, damit die Hinterbliebenden keine Arbeit haben.“

Taichi musste höhnisch auflachen und ließ sich auf seinem Stuhl nach hinten fallen. „Das ist wieder so typisch“, erwiderte er genervt.

„Taichi...“, tadelte Mimi ihn und sah böse zu ihm.

„Was denn? Mir ist das egal, aber Mama und Kari werden das sicher nicht gut finden. Sie würden ihn sicher gerne besuchen wollen und auch wissen, wo genau er liegt. Soll das jetzt ne edle Tat sein? Müssen wir uns daran halten?“, fragte Taichi bei dem Anwalt nach.

„Tai“, murmelte Mimi erneut, doch Taichi ignorierte sie für den Moment.

„Na ja, es war sein Wunsch, was sie daraus machen bleibt letzendlich Ihnen überlassen, aber die Meisten halten sich an den letzten Wunsch“, erklärte der Anwalt.

Taichi nickte und musste darüber nachdenken, darüber was für seine Familie das Beste wäre. Damals war es auch sein Wunsch gewesen, alleine nach Aoshima zu reisen, um dort alleine zu sterben. Er war nicht alleine, seine Familie hatte ihn gefunden und ihn auf seiner letzten Reise begleitet, egal was auch immer er getan hatte, also vielleicht würde das mit dem anonymen Grab dann auch anders aussehen, wenn er das vorher gewusst hätte. „Ich muss das mit meiner Familie besprechen. Sollen sie entscheiden.“
 

„Sie hätten auf jeden Fall alle finanziellen Möglichkeiten, egal für was Sie sich entscheiden“, sprach der Anwalt schnell weiter.

Überrascht sah Taichi zu dem Älteren. Ihre finanziellen Möglichkeiten waren mehr als begrenzt, aber dann dachte Taichi gleich an die Firmengelder. „Ich glaube nicht, dass wir das Erbe annehmen werden“, unterbrach Taichi den Anwalt, ehe er weiter redete. Eigentlich hatten sie dieses Thema gar nicht mehr angesprochen, aber er kannte seine Mutter und Kari gut genug um zu wissen, dass ihnen das Geld ganz egal war. Erst recht, wenn es nicht legal war.

„Er hatte neben den Firmengelder, aber auch noch eine Sterbeversicherung abgeschlossen“, stellte der Ältere mit Nachdruck klar und zeigte Taichi die Summe. Überrascht sah dieser auf das Testament und konnte es nicht fassen. Das war mehr als genug, warum dann der ganze andere Mist?

„Das Konto, das ihr Vater auf dem Ausland aufgemacht hat, wird nach seinem Ableben gelöscht und irgendwo muss das Geld hin. Wenn sie das Geld nicht behalten wollen, müssen sie entscheiden, was stattdessen damit passieren soll, ob als eine Spende oder ob sie es woanders einfließen lassen wollen“, erklärte Herr Kobayash.

Taichi nickte und war deutlich überfordert. Das war nicht nur viel, sondern verdammt viel.

„In dem Testament hat er ihre Mutter, also Mrs Yuuko Yagami als Haupterbe niedergeschrieben, alles andere wurde in gleiche Anteile zwischen Ihnen und ihrer Schwester Hikari Yagami aufgeteilt. Also 50% Entscheidungsanteile liegen daher bei ihrer Mutter und jeweils 25% bei Ihnen und ihrer Schwester, falls ihre Schwester schon Volljährig ist, aber das scheint laut der Unterlagen noch nicht der Fall zu sein.“

Taichi schüttelte seinen Kopf. „Nein, aber ihre Stimme zählt trotzdem genauso wie meine...“, erwiderte Taichi gleich.
 

Eigentlich wollte er seine 25% komplett zurückziehen und er überlegte ob er es nicht gleich in die Tat umsetzten sollte. Er wollte nichts von den Geldern oder anderen Besitztümern. Er wollte dieses Geld nicht, welches erst an allem die Schuld trug, er wollte kein Geld, das nicht ehrlich verdient wurde. Er brauchte dieses Geld von seinem Vater die letzten Jahre nicht und jetzt wollte er es nicht. Abgesehen davon fand er, dass es ihm ohnehin nicht zustand, etwas von diesem Erbe anzunehmen. „Hier steht noch etwas von einem Mercedes?“, sprach der Anwalt leise.

Jetzt war Taichis Aufmerksamkeit mehr als geweckt. Was hatte sein Auto damit zu tun? Dieses war damals eine Schrottkarre gewesen, die er mit Matt über Jahre mühsam aufgebaut hatte und die nur durch ihn wieder neuen Glanz gefunden hatte. Das Auto gehörte ihm und sonst niemanden.

„Was ist damit?“, fragte Taichi angespannt nach.

„Hier steht, dass das Auto wohl ziemlich alt und kaputt war. Es soll wohl verkauft und die Gelder aufgeteilt werden.“

„Ganz bestimmt nicht!“, widerspach Taichi gleich. „Das Auto wurde von mir persönlich repariert und Instand gesetzt. Es fährt einwandfrei und es gibt da überhaupt nichts auszusetzen. Das Auto war kaputt, war... aber nur weil er sich um nichts mehr gekümmert hatte und alles im Stich gelassen hatte.“

„Taichi!“, wieder versuchte Mimi Taichis aufkeimende Wut zu zügeln.

Der Braunhaarige wollte sich nicht aufregen. Nicht mehr. Es brachte sowieso nichts mehr, es war ohnehin alles zu spät. Alles. Susumo konnte immerhin auch keinen Tag mehr warten, also brauchte er darauf jetzt auch keine Rücksicht zu nehmen. Unglaublich, dass er immer noch diese Wut in sich spürte. „Egal... Den Teil müssen wir auch nicht einhalten... Warum sollte ich auch? Das Auto gehört mir!“, beruhigte sich der Braunhaarige, sah kurz zu Mimi, doch konnte den besorgten Blick nicht lange Stand halten. „War das alles?“, erkundigte sich der Sportstudent und wollte endlich wieder gehen.

„Soweit ja, bitte unterhalten sie sich mit ihrer Familie und teilen mir ihre Entscheidung mit, damit ich alles in die Wege leiten kann.“ Herr Kobayash rief seine Sekräterin und beauftragte sie, eine Kopie von dem Testament anzufertigen. Diese tat dies gleich und überreichte Taichi in einem großen braunen Umschlag die Kopie des Testaments.

Er nahm sie rasch entgegen und erhob sich. „Danke“, murmelte Taichi und verbeugte sich vor Herrn Kobayash, auch Mimi tat es ihm gleich und verließen im Anschluß das Büro.
 

„Oh man...“, brummte Taichi, als sie wieder draußen vor dem Gebäude standen und seinen Kopf gegen die kühle Wand lehnte.

„Wieder ganz schön viel für einen Tag“, lächelte Mimi zaghaft und stellte sich vor den Braunhaarigen. Sie ließ ihre Hände auf seiner Brust ruhen und sah zu ihm hoch.

„Schau mich nicht so an“, murmelte Taichi gleich. Sie sollte sich nicht so viele Sorgen machen.

„Aber...“

„Es ist alles okay“, unterbrach er sie, umrahmte ihr Gesicht und küsste sie sanft. „Ich werde wohl erst mal mit meiner Familie reden und dann entscheiden wir zusammen. Ich denke alles andere hat sowieso keinen Sinn und es ist mir ohnehin lieber, wenn sie entscheiden. Ich werde mich einfach fügen.“

„Dann werde ich gleich mal meine Oma besuchen“, erklärte Mimi.

„Warum?“, fragte Taichi irritiert nach.

„Das solltet ihr drei mal schön unter euch besprechen, aber du kannst gerne danach zu mir kommen oder mich anrufen und ich komme zu dir, aber ich denke, dass ist eine Familienangelegenheit und solltet ihr alleine besprechen“, argumentierte Mimi sachlich. „Außerdem freue ich mich auch sehr meine Oma wieder zu sehen.“

Taichi nickte, vielleicht wäre es wirklich besser. Auch wenn er es blöd fand Mimi schon wieder zu verabschieden. Immerhin wollte er jetzt jeden Moment mit ihr verbringen und seine Zeit für sie nutzen, aber er war schon froh, dass er zwei Wochen mehr Zeit als gedacht mit der Jüngeren verbringen konnte. „Aber dann bringe ich dich noch zu ihr.“ Darauf bestand Taichi, er wollte sichergehen, das sie gut ankam und er sich wenigstens darum keine Sorgen machen musste.

„Wenn du dich dann besser fühlst.“

Gesprächsbedarf

11.12.2010
 

Mimi war wirklich erleichtert, als sie das Büro des Anwalts hinter sich lassen konnten. Immer wieder sah sie verstohlen zu Taichi, wusste nicht wie es ihm ging. Er schwieg und es machte sie wahnsinnig.

„Geht es dir soweit gut?“, fragte sie unsicher nach, während er sie nach Hause begleitete.

Taichi sah zu ihr herunter und lächelte sie schief an. „Mach dir nicht immer so viele Gedanken“, erwiderte er unbekümmert, doch Mimi wusste, dass da wesentlich mehr hintersteckte als er zugeben wollte.

„Ich bin für dich da, wenn du reden willst“, murmelte sie noch einmal mit Nachdruck.

Der Ältere blieb stehen, sodass Mimi auch gleich zum stehen kam, ihren Kopf zurückwarf und den Brünetten fragend ansah. „Ich weiß Mimi und auch wenn es dir vielleicht nicht so vorkommt, aber du tust wesentlich mehr für mich, als du dir vorstellen kannst. Alleine die Tatsache, dass du hier bist, dass ich dich halten und dir direkt in die Augen sehen kann ist soviel wert. Mehr brauche ich gerade nicht und mehr kannst du auch gar nicht tun“, erklärte er ruhig und ging näher auf die Brünette zu. Er umrahmte ihr Gesicht und sah sie durchdringend an. „Bleib einfach bei mir“, flüsterte er und legte seine Lippen auf ihre.

Mimi erwiderte den Kuss sofort und verlor sich fast darin. Sie wollte aber mehr tun als das. Sie wollte, das er sich ihr anvertraute, das er mit ihr sprach und gemeinsam trauerte, aber es schien als würde Taichi gar nicht versuchen sich irgendwie mitzuteilen.
 

“Oh mein Gott, Mimi!“, hörte sie plötzlich hinter sich eine bekannte Stimme. Mimi löste sich von Taichi, drehte ihren Kopf und sah Yolei vor sich stehen. „Yolei?“

„Du? Hier? Schon? Hab ich was nicht mitbekommen?“, fragte diese aufgedreht nach und zappelte wild herum.

Mimi wusste nicht so recht was sie sagen sollte. Sie wusste nicht welche Freunde, welche Information hatte. Hilfesuchend sah sie zu Taichi, der ihren Blick erwiderte und dann zurück zur Brillenträgerin sah.

„Sie ist meinetwegen schon früher gekommen, wegen den Umständen“, erklärte Taichi.

„Umstände?“, traute sich die Lilahaarige kaum weiter nachzufragen.

„Du hast noch nichts von Kari gehört?“, stellte Mimi die Gegenfrage.

Yolei schüttelte nachdenklich den Kopf, doch dann änderte sich ihr Gesichtsausdruck, sie schien zu verstehen. „Wann kommt sie denn zurück?“

„Das wissen wir noch nicht. Noch sind sie, Takeru und meine Mutter in Aoshima. Ich denke sie wird noch ziemlich erledigt sein, aber sie wird sich bestimmt zeitig bei dir melden.“

„Okay. Ja, kein Problem sie soll sich melden, also... wenn sie reden will oder so“, murmelte die Brillenträgerin, dann lächelte sie wieder in Mimis Richtung „aber ich freue mich dich wiederzusehen.“

Mimi schritt näher auf die Jüngere zu und zog sie in eine Umarmung. „Ich glaube so ruhig haben wir uns noch nie begrüßt“, schmunzelte die Brünette, da die Jüngere sie sonst eher erdrückte oder eben sie selber das feste Drücken übernahm.

„Stimmt, das passt ja gar nicht zu uns“, gab Yolei Mimi Recht, lächelte sie ebenfalls an und erwiderte die Umarmung.

„Ich werde mich die Tage auf jeden Fall bei dir melden und dann können wir uns treffen, vielleicht auch mit Kari und Sora, wenn Beide zurück sind“, schlug Mimi vor, während Yolei eifrig nickte.

„Gerne, meldet euch, auch wenn ich sonst etwas tun kann.“

„Machen wir.“ Mimi und Taichi verabschiedeten sich von Yolei und sahen ihr noch einen Moment hinterher.
 

„Hast du gar keinem Bescheid gesagt?“, fragte Taichi bei Mimi nach.

„Es ging auf einmal alles so schnell, ich hätte selber nicht gedacht, dass ich schon früher wieder hier sein würde und dann musste ich schnell packen und so weiter. So ging das komplett unter“, erklärte Mimi. „Es war mir auch egal, ich wollte einfach nur zu dir und bei dir sein. Ich wollte nicht, dass du mit all deinem Kummer und Gedanken alleine bist.“

Der Ältere sah sie nachdenklich an, lächelte dann schnell und zog sie hinter sich her. Mimi schnaubte aus. Dieser Junge raubte ihr noch den Verstand. „Also weiß selbst Riku noch nicht bescheid?“, wechselte der Braunhaarige wieder zügig das Thema.

Mimi schüttelte ihren Kopf. „Nein, sie wird gleich ziemlich überrascht sein. Ich hoffe, sie freut sich.“

„Natürlich. Sollen wir noch ein Eis essen?“, fragte Taichi nach und blieb prompt vor einer Eisdiele stehen.

„Eis?“, fragte Mimi irritiert nach. Im Dezember? Dann dämmerte es der Brünetten. Da wollte jemand Zeit schinden. „Ich denke, dieses Gespräch mit dem Anwalt ist erstmal wichtiger. Außerdem sind deine Mutter und Kari sicher neugierig, was bei dem Gespräch herauskam, aber ich kann danach gerne wieder vorbeikommen oder du kommst dann zu mir“, erwiderte die Jüngere und hoffte, dass Taichi sie nicht falsch verstand, dieser nickte jedoch gleich.

„Vielleicht hast du recht... wird eh alles noch schwer genug, aber ein Eis wird ja wohl noch drin sein, oder? Sozusagen als Nervennahrung“ fragte er.

Mimi gab sich geschlagen. Es war ja nur ein Eis, wie lange konnte das schon dauern? „Sicher.“
 

Nachdem sie beide einen großen Eisbecher verschlungen hatten, redeten sie über alles Mögliche, Taichi versuchte Mimi zum lachen zu bringen, obwohl sie ja eigentlich da war um ihn aufzuheitern. Mimi wollte den Braunhaarigen nicht verärgern und beließen das Thema rund um Taichis Vater erstmal ruhen. Mimi erfuhr mehr Informationen über Taichis Studium und sie erzählte Taichi ausschweifend vom Herbstball und der Abschiedsparty. Natürlich ließ sie das Thema rund um Nick aus, überlegte aber, ob sie mit Taichi darüber sprechen sollte, dass Matt mit Nicole geschlafen hatte. Aber hatte sie das Recht dazu, ihm das zu erzählen? Wie würde er reagieren? Matt darauf ansprechen und wenn dieser dann die Geschichte mit Nick erzählte bevor sie es tat? Aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass immer mehr zwischen den Beiden stand. Nicht nur die Sache mit Taichis Vater und das Gefühl mochte sie nicht.

„Mimi? MIMI?“

Erschrocken fuhr die Brünette hoch und sah ihren Freund fragend an. „Ja?“

„Alles ok? Ich hab jetzt bestimmt fünfmal deinen Namen gesagt!“, erwiderte der Ältere und musterte die Jüngere.

„Ich... ich muss dir was erzählen, aber ich... also ich.“

„Mimi, du kannst mit mir doch über alles reden, das weißt du doch. Also schieß los!“, ermutigte Tai sie und nahm eine ihrer Hände in seine.

Mimi folgte der Bewegung und realisierte jetzt erst, dass sie vor lauter Nervösität mit ihren Fingernägeln spielte. „Matt und Nicole... wie sag ich das nur? Na ja... also die Beiden haben bei seiner Abschiedsparty miteinander geschlafen“, nuschelte sie unter ihrem Haarvorhang.

Taichi ließ Mimis Hand los und nickte. „Okay.“

„Okay?“, fragte Mimi verwundert nach.

„Na ja, nicht okay aber das ist eben Matt“, fügte Taichi tonlos hinzu.

„Und das entschuldigt sein Verhalten jetzt oder wie?“, fragte sie verwirrt nach und wunderte sich warum Taichi nicht emotionaler mit dem Thema umging. Immerhin war Sora ihm ja auch wichtig.

„Matt hatte noch nie Probleme damit, das Körperliche vom Emotionalen zu trennen. Für ihn ist das eine Sex und hat wahrscheinlich noch nicht mal was mit Sora oder seinen Gefühlen ihr gegenüber zu tun“, erklärte er. „Ich weiß das gefällt dir nicht, aber ich denke Männer können...“

„Moment, stopp! Also angenommen warum auch immer, es würde bei uns nicht mehr funktionieren würdest du dann etwa auch mit dem nächstbesten Mädchen ins Bett hüpfen?“, fragte Mimi verletzt nach und starrte Taichi förmlich nieder.

„Ähm...was? Nein, keine Ahnung.“

„Keine Ahnung?“, schrie Mimi hysterich auf.

„Jetzt beruhig dich mal, das steht doch auch gar nicht zum Thema“, versuchte Taichi Mimi zu beruhigen.

„Ihr Männer entschuldigt also jegliches Verhalten damit, dass ihr eben Männer seid.

Na herzlichen Dank auch“, pfefferte die Jüngere gleich zurück und verschrenkte ihre Arme beleidigt vor ihrem Oberkörper.

„Mimi musst du jetzt deren Probleme zu unseren machen?“

„Das mache ich doch gar nicht.“

„Doch, genau das machst du und ganz ehrlich? Ich hab gerade keinen Kopf für so etwas“, erwiderte der Brünette wieder ruhiger, aber auch verletzt. „Wenn du jetzt weiter darauf rumreiten willst, wäre es besser wenn ich jetzt zahle und mich dann langsam auf den Weg nach Hause mache. Ich will mich nämlich wirklich nicht mit dir streiten“, fügte der Brünette hinzu.

Mimi verzog ihren Mund und sah ihn entschuldigend an. „Es tut mir leid“, murmelte sie gleich. Sie war trotzdem sauer, aber nicht wegen dem was er gesagt hatte. Jetzt war das Thema wieder gut genug um mit der Sprache rauszurücken, um wieder einem anderen Thema auszuweichen, das ihm nicht gefiehl. Sie brummte verärgert und hätte platzen können, doch dann besann sie sich zur Ruhe. Das würde ihr jetzt auch nicht weiterhelfen und Taichi schon gar nicht.

Taichi winkte den Kellner heran und bezahlte für sich und Mimi die Rechnung. Er stand auf und sah zu seiner Freundin. „Kommst du?“

Mimi nickte unglücklich. Dieses Gespräch ist ja mal total daneben gelaufen. Jetzt machte sie ihm schon eine Szene, obwohl es dafür gar keinen Grund gab. Sie war so bescheuert und fühlte sich schlecht. Sie ging ein paar Schritte auf ihn zu und legte ihre Arme um seinen Nacken. „Es tut mir wirklich leid! Du hast recht mit dem was du gesagt hast. Es ist nur der Gedanke, du und ein anderes Mädchen... nicht auszudenken... Ich kann und will mir das nicht mal vorstellen“, flüsterte sie an seinem Mund.

Sofort erwiderte der Ältere die Umarmung. „Über so etwas musst du dir keine Gedanken machen, okay? Du bist die Einzige, mit der ich zusammen sein will und die Einzige mit der ich mein Bett teilen will“, zwinkerte er ihr zu.

Mimi lächelte „Du bist auch der Einzige für mich. Bist du mir noch böse?“, fragte sie und nestelte an seinem oberen Hemdknopf herum.

„Nie länger als fünf Minuten“, schmunzelte er.

Mimi grinste breiter, stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte ihre Lippen sanft auf seine.
 

Taichi begleitete Mimi noch zu ihrer Großmutter und wollte sich später bei ihr melden. Mimi verabschiedete sich von ihm und obwohl sie wusste, dass es nur ein kurzer Abscheid war, so war sie doch erstaut wie schwer es ihr fiel ihm „Auf Wiedersehen“ zu sagen und dass sie ihn schon wieder vermisste. War sie noch zu retten? Wie sollte das nach Silverster aussehen, wenn sie wieder zurückfliegen würde? Jetzt freute Mimi sich ihre Großmutter wiederzusehen und darauf, was diese sagen würde?

Sie klingelte nervös und hoffte, dass sie überhaupt da war, sonst würde sie nicht wissen wo sie hingehen sollte, da Sora noch in Kyoto war und sie Taichi bei dem Gespräch mit seiner Familie wirklich nicht stören wollte, doch Mimi hatte Glück und die Türe öffnete sich. Im vierten Stock sah sie bereits ihre Großmutter, die fragend aus der geöffneten Türe heraus sah. Als sie Mimi erkannte, erstarrte sie.

„Mimi?“, fragte sie strahlend nach.

„Hallo Omi“, flötete diese fröhlich und umarmte die ältere Dame gleich.

„Aber was machst du denn hier? Ich dachte du kommst erst in zwei Wochen zurück.“

„Ja, das war auch so geplant, aber da Taichis Vater verstorben ist konnte ich Mama davon überzeugen mich schon früher nach Japan fliegen zu lassen. Ich musste jetzt einfach hier sein“, erklärte sie, während sie sich von ihrer Großmutter schon in die Wohnung führen ließ.

„Kann ich verstehen. Wo sind deine ganzen Sachen?“, fragte sie nach.

„Alles bei Taichi, ich bin ja schon seit gestern da, aber heute Abend muss er ein paar Dinge mit seiner Familie klären und ich denke, das sollten sie lieber unter sich machen“, murmelte Mimi.

„Ja, so ein Thema ist immer schwer und ich denke auch, dass sie die Zeit als Familie jetzt brauchen“, stimmte Riku ihrer Enkelin hinzu.

„Aber so können wir etwas Zeit zusammen verbringen“, lächelte Mimi.

Riku nickte und schien sich wirklich zu freuen, dass ihre Enkelin wieder bei ihr war. Die beiden Frauen gingen in die Küche und überlegten, was sie heute Abend essen wollten und so begannen sie zu kochen und zu reden. Mimis Gedanken schweiften immer wieder ab und sie musste an Tai denken, daran wie es ihm jetzt ging und wie das Gespräch wohl verlaufen würde, ob er sich heute wirklich noch meldet, ob er wieder dicht machen würde und in welcher Verfassung er dann sein würde. Ja, ihre Gedanken kreisten wieder einmal nur um ihren Freund.
 

Nachdem das gemeinsame Kochen und das Essen beendet hatten, machte sich Mimi auf den Weg ins Badezimmer. Sie genehmigte sich ein langes und ausschweifendes Bad um den kalten Tagen in Japan entgegen zu wirken, anschließend verzog sie sich ins Gästezimmer und wollte nachsehen, ob Taichi sich schon bei ihr gemeldet hatte. Ihr Handy blinkte und hoffnungsvoll sah sie darauf. Gleich begann ihre Hand zu zittern, als sie feststellte, dass sie nicht von Taichi einen Anruf verpasst hatte, sondern von einer unterdrückten Nummer. Sofort ließ sie ihr Handy aufs Bett fallen und ging einen Schritt zurück. Sie atmete unruhig, doch zwang sich schnell zur Ruhe. Sie war in Japan, in Tokio, bei ihrem Freund. Weg – weit weg von Amerika. Hier war sie sicher, hier konnte er ihr nichts anhaben, ob er wusste, wo sie war? Wieder klingelte das Handy und erschrocken sah sie darauf. Zögerlich ging sie wieder auf das Bett zu und atmete erleichtert aus, als sie einen Anruf von Nicole erkannte. Sie griff nach ihrem Handy und nahm das Gespräch entgegen.

„Hi Nicole“, begrüßte sie ihre amerikanische Freundin. Sie hatte sich fest vorgenommen, sich diesesmal regelmäßig bei ihr zu melden. Zudem sie ihrer Mutter auch versprochen hatte, hier alle Schulaufgaben zu erledigen. Dieses versprechen wollte sie auch halten. Zumindest wollte sie es versuchen.

Hi Mimi, alles okay bei dir? Wie war denn dein erster Tag mit deinem Schatz so?“, fragte Nicole kichernd nach.

„Es war ganz schön emotional, es geht ihm schlechter als er zugeben will, aber ich versuche trotzdem ihm so gut wie möglich zu helfen“, erklärte sie.

„Das denke ich mir, hast du meine Mail bekommen? Du hast nicht darauf reagiert, kann natürlich auch sein, dass du nicht reagieren wolltest. Sind schließlich nur unsere Hausaufgaben“, lachte die Rothaarige durch das Telefon.

„Ich hatte noch keine Zeit nachzugucken, werde es aber gleich noch tun. Du?“, nuschelte die Jüngere nervös.

Ich?“, fragte Nicole nach.

„Hat Nick irgendwas zu dir gesagt?“, fragte sie skeptisch nach.

„Wie kommst du darauf?“, stellte die Amerikanerin die Gegenfrage.

„Nur so. Er ist doch sonst so penetrant“, erklärte Mimi und versuchte gleichgültig zu klingen.

Er hat mich tatsächlich gestern nach der Schule abgefangen und wollte wissen, ob du krank oder so etwas wärst. Ich hab ihm natürlich nichts gesagt und ihn einfach stehen lassen.“

Mimi nickte nur mit dem Kopf. „Okay, sag es ihm auch nicht. Soll er lieber denken ich habe die Schule verlassen.“

Mimi? Hast du Taichi von der Sache mit Nick immer noch nichts erzählt?“

„Es ergab sich noch keine Gelegenheit“, nuschelte die Brünette und konnte förmlich sehen wie Nicole die Augen verdrehte.

„Mimi, schiebe es nicht so lange auf. Denk dran bald kommt auch Matt zurück und vorher sollte er Bescheid wissen“, beteurte Nicole eindringlich.

„Ja, du hast ja Recht, ich werde bald mit ihm reden.“

„Mache das. So ich muss wieder auflegen, so Auslandsgespräche sind ja nicht gerade günstig. Ich schreibe dir einfach nochmal per Mail, spätestens wenn ich neue Hausaufgaben für dich habe“, kicherte die Rothaarige durch das Telefon.

„Ich kann es kaum erwarten“, sprach es sarkastsich aus Mimi.

Sie beendete das Gespräch und blickte wieder misstrausich auf ihr Handy. Dass Nick wohl immer noch anrief, passte ihr überhaupt nicht. Hoffentlich passierte das nicht, wenn Taichi mal in der Nähe war, denn sie wüsste wirklich nicht wie sie ihm das erklären sollte.

Familienrat

11.12.2010
 

Taichi ging noch nicht sofort nach Hause, wo er mit seiner Familie telefonieren sollte. Er war angespannt, das Gespräch mit Mimi im Eiscafe war nicht so gelaufen, wie er es gedacht hatte. Eigentlich wollte er nur einen ausgelassenen Nachmittag mit ihr verbringen, bevor die Stimmung wieder kippte, aber so einfach war das nicht. Eigentlich hatte er gedacht, dass ihr Wiedersehen ganz anders verlaufen würde, aber es waren auch andere Umstände. Taichi war froh, dass sie da war, aber die ständige Sorge in ihren Augen machte ihn wahnsinnig. Er wollte nicht, dass sie ihn so ansah und ständig versuchte mit ihm zu reden. Obwohl sie es nur gut meinte, aber Worte konnte ihm hier jetzt auch nicht mehr helfen.
 

Es war mittlerweile spät abends als er die Wohnung betrat und Kari eine Nachricht schickte, dass er in ein paar Minuten anrufen würde, doch die junge Yagami schrieb schnell, dass sie jetzt schon im Bett war und sie morgen früh Bescheid geben würde.

Der Braunhaarige schrieb Mimi noch eine Nachricht, dass er sich Morgen nach dem Gespräch wieder bei ihr melden würde. Sie antwortete zügig, dass dies kein Problem sei und sie sich selber geschafft ins Bett legte. So ganz konnte er nicht sagen was eigentlich los war. Es war als würde etwas zwischen ihnen stehen und er war sich ganz sicher, dass er die Schuld daran trug. Die Stimmung war angespannt, aber konnte er es verdenken? Nicht wirklich. Irgendwie fand er es seltsam ohne Mimi die Nacht zu verbringen, wenn er nicht so lange getrödelt hätte, wäre sie jetzt bei ihm und statt sie in den Armen zu halten, brummte sein Schädel, weil seine unzähligen Gedanken in nahezu auffraßen und ihn einfach nicht in Ruhe ließen, obwohl er es mit aller Macht versuchte.
 

Am nächsten Morgen stand er relativ früh auf, da er sich sehr sicher war, dass Kari sich bald melden würde. Er ging in die Küche und bereitete sich einen frischen Kaffee aus der Kaffemaschiene zu, um sich für den Tag und das schwere Gespräch zu stärken. Er kam gar nicht weit, als sein Handy in seiner Hosentasche vibrierte. Er stellte die Kaffeetasse auf dem Esszimmertisch ab und fischte es heraus. Es war Kari, die schrieb, das sie lieber skypen wollte, da dabei auch Yuuko gleich alles mitbekommen würde. Mit Tasse und Handy ging Tai zurück in sein Zimmer und startete seinen Rechner. Es dauerte ungefähr zehn Minuten bis er ein Gespräch aufbauen konnte. Kari tauchte auf dem Bildschirm vor ihm auf, daneben saß Yuuko und im Hintergrund erkannte er das Foyer des Hotels. Takeru sah er nicht, er hielt sich bei diesem Gespräch wohl wie Mimi lieber zurück.

Yuuko war die Erste die Taichi anlächelte und ihm einen guten Morgen wünschte. Taichi erwiderte die Geste und wieder lag eine gewisse Anspannung in der Luft. Sowohl Kari als auch Yuuko sahen wahnsinnig erschöpft aus, traurig und müde.

„Und was hat der Anwalt gesagt?“, fragte Yuuko schließlich nach, „oder bist du nicht hingegangen?“

Taichi schüttelte den Kopf, die Annahme war wohl mehr als berechtigt, doch er wollte seiner Familie helfen und sie so gut unterstützen wie er konnte, daher war er auch zum Anwalt gegangen. Nur gestern war alles... etwas viel und er brauchte etwas Zeit für sich.

„Ich war gestern da, aber ich bin nicht sicher, ob ihr das alles so gut finden werdet“, murmelte der Braunhaarige.

Kari sah zu ihrem Bruder auf. „Warum das denn? Gab es keine genauen Angaben?“, fragte sie gleich irritiert nach.

„Doch das schon, aber er wollte wohl ein anonymes Grab. Wartet, ich habe vom Anwalt eine Kopie vom Testament bekommen.“

Taichi schob seinen Stuhl zurück, ging zügig züruck ins Wohnzimmer und holte das Testament um daraus vorzulesen, wobei Kari und Yuuko aufmerksam zuhörten.
 

Nachdem Taichi aus dem Testament vorgelesen hatte und ein paar Absätze wiederholen musste, damit Kari und Yuuko mitkamen, herrschte ein paar Minuten Schweigen.

„Er wollte uns wohl nicht zur Last fallen“, murmelte Yuuko nachdenklich, was Kari mit einem Nicken bestätigte.

„Mir gefällt der Gedanke nicht, dass er irgendwo liegen wird und wir nicht mal wissen wo“, murmelte das jüngste Familienmitglied nervös.

„So etwas in der Art habe ich mir schon gedacht. Der Anwalt meinte, wir müssen uns nicht an alles halten. Es bleibt unsere Entscheidung, die Entscheidung der Hinterbliebenen“, murmelte der Sportstudent.

„An sich können wir seine Wünsche erfüllen und berücksichtigen, was die Bestattung angeht, aber ich möchte nicht, dass er namenlos in der Erde verschwindet. Die Welt sollte wissen, dass er einst auf der Erde gelebt hat“, erwiderte Yuuko und sah dann abwechselnd zu ihren Kindern. „Seid ihr damit einverstanden?“, richtete sie erst an Taichi und dann an Kari, die neben ihr saß.

Kari nickte gleich und auch Taichi stimmte dem zu. Er wollte sich sowieso daran halten, was seine Familie sich wünschte und er wusste schon vorher, dass sie so entscheiden würden. Dazu kannte er sie zu gut.

„Das mit den ganzen Geldern, müssen wir das gleich entscheiden?“, fragte Yuuko leicht überfordert nach, denn auch sie hatte nicht mit so einer hohen Summe gerechnet.

„Na ja... eigentlich schon. Das Konto wird wohl nach einer Woche aufgelöst und irgendwo muss das Geld dann hin“, erklärte der Braunhaarige.

Yuuko nickte. „Ich bin dafür, dass jeder selber entscheidet was er mit seinen Anteilen machen möchte. Ich persönlich werde meinen Anteil spenden, an eine Klinik für Krebskranke“, erklärte Yuuko gleich.

Auch damit hatte Taichi bereits gerechnet. Es war ihm einfach klar, dass seine Mutter das viele Geld nicht interessierte. Schon gar nicht das Geld weshalb sein Vater...

„Kari, wir können dein Geld auch noch einfrieren bis du Volljährig bist, dann brauchst du dich nicht gleich zu entscheiden. Bei dir gibt es da wohl ein paar Sonderregelungen“, lächelte Yuuko ihre Tochter an. Diese nickte unsicher.

„Ich gebe es auch ab, aber keine Ahnung an wen oder was“, murmelte Taichi.

„Warum?“, fragte seine Mutter überrascht nach.

Der Sportstudent hielt inne, warum fragte seine Mutter ihn das? Konnte sie sich das nicht denken? „Ich will das Geld nicht.“

„Du könntest dein Studienkredit damit gleich abbezahlen, hättest keinerlei Schulden mehr und müsstest nichts jahrelang abzahlen“, erklärte Yuuko sachlich. Die Sicherheit ihrer Kinder war auch ihr wichtig und ihr Mann hätte sicher gewollt, dass die Kinder abgesichert waren. Nur deswegen hatte er all das doch getan.

„Schon, aber...“

„Sei nicht wieder zu stolz Tai, das stand dir schon mal im Weg“, erinnerte sie ihren Sohn abermals und Taichi widersprach nicht. Sie hatte Recht, aber dieses Geld... Es war doch aber seine Entscheidung und er wollte es nicht.

„Ich würde es einfrieren und mir in Ruhe Gedanken machen, wenn das okay ist?“, nuschelte Kari und spielte am Saum ihres gelben Pullovers herum.

„Natürlich ist das okay“, lächelte Yuuko einfühlsam. „Tai, etwas Zeit ist ja noch. Überlege es dir“, richtete sie anschließend an ihren Sohn.

Taichi nickte nur betrübt und wusste nicht was er darauf erwidern sollte.

„Es ist übrigens nicht möglich Sususmo in Tokio zu beerdigen. Sehr schade finde ich, aber er hatte es sich ja ohnehin gewünscht, also werden wir dem auch nachkommen und ihn hier bestatten“, sprach Yuuko weiter und versuchte die Fassung zu bewahren, obwohl Taichi deutlich die dunklen Schatten unter ihren Augen erkennen konnte. Es tat ihm so leid. „Kommst du runter?“, fragte die Ältere nach. „Zur Beerdigung meine ich?“

Taichi nickte langsam. „Natürlich. Ähm... wäre es okay, wenn Mimi mitkommt?“

„Mimi? Ist sie nicht in Amerika?“, fragte Kari verwirrt nach.

Taichi schüttelte den Kopf „Sie ist seit zwei Tagen wieder hier“, erklärte er.

„Das ist aber toll“, freute Yuuko sich ehrlich. „Und natürlich kannst du sie mitbringen.“

„Okay, dann schaue ich nachher wie schnell ich ein Ticket buchen kann. Kann ich von hier aus noch etwas erledigen?“

Yuuko und Kari sahen sich an, doch Yuuko schüttelte rasch ihren Kopf. „Den Rest können wir von hier machen. Ich würde dann heute zum Floristen gehen und die Einzelheiten klären“, fügte Yuuko noch hinzu.

„Ich kann das auch übernehmen oder dich begleiten“, bot Kari gleich ihre Hilfe an.

„Nein nein, ich habe auch schon früher mit eurem Vater über dieses Thema gesprochen und glaube, dass ich weiß, was er gut gefunden hätte. Macht euch keine Sorgen.“

„Aber...?“

„Wirklich...macht euch keine Sorgen, wenn ich wegen irgendwas unsicher bin, melde ich mich. Okay?“

„In Ordnung“, willigte Kari schließlich ein.

Yuuko stand auf, gab Kari einen Kuss auf die Wange, sah zu Taichi in die Kamera und winkte ihm. Er erwiderte die Geste kurz. „Ich werde dann mal aufbrechen. Tai, wir sehen uns dann bald.“
 

Kari sah ihrer Mutter noch einen Moment hinterher, ehe sie sich wieder aufsetzte und zu ihrem Bruder in die Kamera des Computers sah.

„Wie schlägt sie sich?“, fragte Taichi angespannt nach.

„Ach... wie wir alle... Sie schlägt sich irgendwie durch. Sie versucht tapfer zu sein, aber ich finde es gelingt ihr nicht sonderlich gut.“

„Es tut mir leid, dass ich nicht gleich mit euch gefahren bin und euch damit alleine gelassen habe“, murmelte der Braunhaarige und schaffte es nicht, zu Kari zu sehen, sondern ließ seinen Blick über seinen Schreibtisch wandern.

„Ach Tai...“, setzte Kari an, doch da redete Taichi bereits weiter.

„Yolei freut sich sicher, wenn du dich bei ihr meldest. Ich habe sie gestern zufällig getroffen und sie weiß Bescheid“, erklärte Taichi ruhig weiter,

Kari blickte überrascht zu ihrem Bruder und nickte. „Ja, ich habe es noch nicht geschafft alle Anderen zu benachrichtigen.“

Der Braunhaarige räusperte sich und wollte Kari gerade mitteilen, dass er jetzt ins Badezimmer gehen wollte um zu duschen, als Kari ihn aufhielt. Fragend sah er sie an.

„Ich habe ihm noch alles von dir ausgerichtet“, murmelte sie verhalten. „Also, dass du kommen wolltest und das Geschenk von ihm geöffnet hast. Er hatte sich sehr darüber gefreut, er hatte sich auf dich gefreut und deinen Namen gesagt. Mehrmals. Es war glaube ich das Letzte was er gesagt hatte. Ich wollte nur, dass du das weißt.“ Zitternd stand Kari auf und lächelte zaghaft. „Grüß Mimi von mir.“

Kari beendete das Gespräch und in der nächsten Sekunde war die Verbindung unterbrochen. Taichi starrte noch eine Zeitlang auf den schwarzen Bildschrim und wusste nicht, was er denken, was er fühlen sollte. Warum? war alles was er dachte. Und wenn sein Vater sich darüber gefreut hatte, warum konnte das alles nicht noch einen Tag warten? Irgendwann erwachte er aus seiner Starre und ging ins Badezimmer.
 

Nachdem Taichi mit dem Duschen fertig war, schrieb er Mimi eine Nachricht und machte sich kurz darauf auf den Weg zu ihrer Großmutter. Riku öffnete die Wohnungstür und ließ den jungen Mann mit einem Lächeln herein. Taichi begrüßte sie freundlich und ging, wie er es von früher gewohnt war, in das Gästezimmer. Mimi sah zur Türe und lief gleich auf den Älteren zu. Taichi legte seine Arme um sie und zog ihren Duft ein. Sie hatte ihm gefehlt.

„Ich hab dich vermisst“, murmelte Mimi bereits, während sie ihren Kopf an seiner Brust bettete.

„Ich dich auch“, erwiderte Taichi und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

Mimi löste sich von ihrem Freund und sah ihn abwartend an. „Möchtest du dadrüber reden?“, murmelte sie leise.

Taichi lächelte matt. „Da gibt es eigentlich nicht viel zu berichten. Das Gespräch ist so gelaufen wie ich es mir gedacht habe. Es wird wohl kein anonymes Grab und mit den Geldern... keine Ahnung soll jeder für sich entscheiden“, nuschelte der Brünette und ließ sich mit einem Seuzfer auf dem Bett nieder.

„Du scheinst dadrüber nachzudenken es zu behalten oder?“, fragte Mimi und legte sich neben ihm.

Taichi schielte zu ihr und lächelte erneut. „Ja... auch...“

„Was meinst du mit auch? Hast du noch etwas anderes auf dem Herzen“, fragte sie unruhig nach.

Taichi nickte. „Kari hat mir eben noch gesagt, das sie Papa erzählt hat, dass ich kommen wollte und das Paket geöffnet habe und er wohl glücklich dadrüber war“, erklärte er und verzog seine Augenbrauen, während er zur Decke starrte. „Warum konnte er dann nicht noch einen blöden Tag warten?“, fragte Taichi sich wohl eher selbst, als Mimi. Sie konnte darauf schließlich auch keine Antwort geben, dennoch war er überrascht, als sie sich aufrecht hinsetze, sich langsam über ihn beugte, eine Hand an seiner Wange hielt und seinen Blick suchte.

„Vielleicht hat er nicht mehr gebraucht“, hauchte Mimi.

Taichi runzelte die Stirn. „Was?“

„Na ja... zu wissen, dass du bereit warst zu kommen und das, nachdem du sein Paket geöffnet hattest... vielleicht hat ihm schon alleine diese Tatsache genügt. Vielleicht brauchte er nur die Gewissheit, dass du bereit warst zu kommen. So konnte er damit abschließen, auf diese Weise wie er es wollte. Er konnte sich seiner Fantasie hingeben, dass es bedeutet, dass du ihm verzeihst – auch wenn es vielleicht gar nicht so war. Du konntest ihm so wenigstens seinen größten Wunsch erfüllen.“

Sprachlos sah Taichi zu seiner Freundin. „Wo nimmst du so etwas nur immer wieder her?“, lächelte er sie an. Er wusste nicht, ob Mimi recht hatte oder nicht. Es spielte auch keine Rolle, aber es fühlte sich gut an und er war froh, dass sie bei ihm war und er sich auf sie verlassen konnte. Er zog sie in seine Arme und hielt sie fest. Mimi hob ihren Kopf wieder leicht an um den Brünetten in die Augen sehen zu können. „Ich denke eben, dass alles im Leben einen Grund hat, auch wenn wir ihn nicht immer gleich verstehen können.“ Sie lehnte sich an ihm an und griff nach seiner Hand, als Taichi den Druck um ihre Hand erhöhte.

„Achso, sein Wunsch war es, dass er in Aoshima beigesetzt wird, also werden wir doch nochmal nach unten reisen. Ich... ähm... also würdest du mitkommen? Meine Mutter ist einverstanden.“ Unsicher sah Taichi zu Mimi, vielleicht wollte sie auch gar nicht.

„Was für eine Frage? Natürlich begleite ich dich. Es freut mich sogar, dass du mich dabei haben willst“, lächelte sie, beugte sich zu ihm hinunter um ihm einen sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen. Der Sportstudent ließ es jedoch nicht zu, dass Mimi sich allzu schnell wieder entfernte, hielt seine Hand an ihren Hinterkopf und drückte seine Lippen erneut auf ihre. Doch irgendwann musste er sich wieder von ihr lösen.

„Okay, du solltest noch wissen, dass es morgen schon los geht. Gut, dass du deinen Koffer noch nicht ausgepackt hast aber genug für heute.“ Er drehte sie herum und beugte sich nun über sie. „Ich glaube, ich will nicht mehr darüber reden. Immerhin bist du hier, du hast mir gefehlt und jetzt will ich Zeit mit meiner Freundin verbringen. Wäre es okay, wenn wir jetzt einfach nur hier liegen, kuscheln und Fernseher schauen oder so?“

Mimi nickte. „Natürlich, alles was du willst.“

Er lehnte seine Stirn an ihre und war froh, dass Mimi ihn zunächst nicht mehr mit Fragen löcherte, auch wenn er genau sehen konnte, wie ihr Kopf geradezu qualmte.

Die Trauerfeier

14.12.2010
 

Die Beisetzung stand kurz bevor. Taichi und Mimi reisten bereits am Vortag nach Aoshima an, um dort auf Yuuko, Hikari und Takeru zu treffen. Abends taten sie nicht mehr viel. Sie gingen essen, aber alle, einschließlich Taichi, bekam nicht besonders viel herunter, also gingen sie früh auf ihr Hotelzimmer zurück. Die Trauerfeier sollte im kleinsten Kreis stattfinden. Nur die Familie plus Anhang. Mimi dachte gleich an ihren letzten Aufenthalt in Aoshima zurück und konnte gar nicht glauben, dass sie jetzt wieder hier war. So schnell und dann noch aus so einem Grund heraus. Sie hätte nicht erwartet, dass sie ihn hier begraben würden. Sie dachte wirklich, dass das Begräbnis in Tokio stattfinden würde und die Familie so die Möglichkeit hätte, ihn zu besuchen, wenn ihnen danach wäre, sie wollten jedoch den Wunsch respektieren, den Susumo hatte. Abgesehen davon war es auch der ganzen Bürokratie nicht möglich, dies umzusetzen. Die Familie Yagami hatte sich soweit auf alles geeinigt. Der Leichnahm würde, wie es im Testament gewünscht war, verbrannt werden. An sich wollte Susumo ein anonymes Grab, jedoch wollten das weder Yuuko noch Hikari. Man sollte sich an ihren Ehemann und Vater erinnern. Viel Wirbel machten sie jedoch nicht um die Beerdigung und es gab auch keine große Zeremonie, da dies gegen den Wunsch von Susumo war. Da Susumo zuletzt ein bekennender Mönch war wurde er traditionell in seinem kleinen Häuschen aufgebahrt. Drei Tage und drei Nächte lang, ehe er verbrannt und beigesetzt wurde.

Mimi war unsicher wegen Taichi, er war schon den ganzen Vortag schon wahnsinnig still und in sich gekehrt. Die Versuche mit ihm ein Gespräch anzufangen scheiterten und ihn auf andere Gedanken zu bringen erst recht. Mimi war hilflos und wusste nicht, wie sie ihrem Freund helfen sollte. Sie wollte ihm doch so gerne helfen.
 

Taichi stand gerade unter der Dusche, nachher würden sie zu seinem Haus gehen um ihn die letzte Ehre zu erweisen. Mimi war nervös, das letzte Mal als sie dort gewesen waren, hatten sie noch einen Tee zusammen mit Susumo getrunken und jetzt...? Was würde sie erwarten?

Taichi kam aus dem kleinen Badezimmer und wuschelte mit einem Handtuch durch seine Mähne, um sie zu trocknen. Er sah Mimi kurz an, drehte sich herum und begann sich weiter anzuziehen. Mimi unterdrückte ein Seufzen. Sie verstand ihn ja, zumindest gab sie sich alle Mühe ihn zu verstehen.

Mimi trug ein schwarzes Strickkleid und eine schwarze Strumpfhose, während Taichi einen dunklen Anzug an hatte und gerade dabei war seine Krawatte zu binden. Er blieb einen Moment reglos auf dem Bett sitzen und erschrak, als Mimi ihn kurz an der Schulter berührte. Er drehte seinen Kopf und sah die Brünette direkt an.

„Ich bin fertig“, murmelte der Ältere und stand auf.

„Tai?“ bemühte Mimi sich erneut. Sie wollte ihm irgendetwas sagen, etwas das ihn Trost spendete, aber sie wusste nicht wirklich wie und was sie sagen sollte.

„Wir kommen zu spät“, murmelte der Brünette und lächelte Mimi kurz an.

Die Jüngere nickte, zog sich ihre Stiefel an und folgte Taichi auf den Flur. Wie es wohl sein würde Susumo zu sehen, wenn das Leben nicht mehr da war? Sie hatte auch etwas Angst vor diesem Moment. Dachte daran, wie ihr eigener Großvater die letzten Stunden seines Lebens aussah. So lange war das noch gar nicht her und jetzt musste sie wieder Abschied nehmen. Noch nie musste sie in einem Jahr so oft von Menschen auf unterschiedliche Art und Weise Abschied nehmen. Es zerrte auch an ihren Kräften, aber heute ging es nicht um sie. Heute würde sie sich zusammenreißen, heute wollte sie eine Stütze sein. Eine Stütze für den Mann den sie liebte.
 

Im Foyer trafen sie auf Yuuko, Hikari und Takeru. Alle dunkel gekleidet, alle mit diesem Blick und den traurigen Augen. Der Blick der zeigte, dass sie nicht wegen Urlaub hier waren, sondern aus einem ganz anderen Grund. Einen Grund, den alle am liebsten gar nicht wahrhaben wollten. Gemeinsam nahmen sie den Bus und gingen die letzten paar Meter bis sie der bestimmten Adresse immer näher kamen. Mimi bemerkte wie Taichi nach ihrer Hand suchte und ließ ihre Finger zwischen seine gleiten. Er sagte nichts, aber Mimi spürte wie der Griff um ihre Hand stärker wurde. So ähnlich war es schonmal, damals, als sie vor diesem Haus standen. Und doch war dieses Mal alles anders. Dieses Mal gab es kein Gespräch, keine Fragen die beantwortet wurden, dieses Mal gab es höchstens eine Rede.

Die Türe war offen, sie schritten in den kleinen Flur und schon standen sie im Wohnzimmer, wo vorher schon nicht viele Möbel gestanden waren, stand kaum noch etwas bis auf den Sarg.

„Oh Gott“, hörte Mimi die leise Stimme ihres Freundes, sah wie er zusammenzuckte und am Eingang stehen blieb, dann ein paar Schritte zurückging und sich mit dem Kopf an die Wand des Flures lehnte.

Mimi hielt ebenfalls an und sah ihren Freund besorgt an. Sie folgte mit ihrem Blick Hikari und Takeru.

„Sollen wir zuerst gehen?“, fragte Takeru bei seiner Freundin ruhig nach. Die Jüngere drehte sich kurz zu ihrer Mutter um.

„Geh ruhig“, lächelte diese sanft.

Zu zweit gingen die beiden Jüngeren als erstes zu Susumo. Berührungen waren verboten, dies würde Unglück bedeuten, hatte man ihnen deutlich gesagt. Hikari kämpfte bereits mit ihren Tränen, während der Blonde neben ihr eine Hand an ihrem Rücken ablegte, sanft rauf und runter fuhr und versuchte Kari eine Stütze zu sein. Doch auch für Takeru war es schwer, kannte er Susumo doch jetzt auch schon fast sein ganzes Leben. Für ihn waren sie früher immer die perfekte Familie gewesen, etwas, das er sich für sich selber gewünscht hatte. Umso geschockter war auch er gewesen, als er erfahren hatte, dass Susumo plötzlich verschwunden war und jetzt so etwas. Nein, für ihn war das alles auch nicht einfach, aber er versuchte stark zu sein, für Kari. Es lag genug Trauer in der Luft.

Kari holte aus ihrer Jackentasche einen Brief, sie hielt den Umschlag nah an ihre Brust, schniefte, drückte dem verschlossenen Umschlag einen Kuss auf und legte den Brief neben dem Gesicht ihres Vaters. Sie achtete darauf ihn nicht zu berühren, lächelte traurig, während die Tränen über ihre Wangen rollten.

„Dieses Mal habe ich einen Brief für dich. Alles was ich nicht sagen kann, habe ich aufgeschrieben, damit du ihn immer bei dir hast und ihn lesen kannst, wenn dir danach ist. Ich habe dich lieb, ich hoffe es geht dir gut, da wo du jetzt bist“, flüsterte sie traurig.

Hikari schmiegte sich an die Brust ihres Freundes, auch Takeru sah zwischen seiner Freundin und dem Verstorbenen hin und her, schließlich murmelte er ein „Ruhe in Frieden“ und zog die Braunhaarige dann mit sich. Er ging mit ihr nach draußen. Sie brauchten jetzt einen Moment für sich. Zu viele dieser Tage lagen hinter ihnen. Zu viele dieser Tage, an denen sie traurig und erschöpft waren.
 

Anschließend trat Yuuko den Weg alleine an. Sie blieb am Sarg stehen, reglos, angespannt, traurig, aber es lag auch etwas anderes in ihrem Gesicht. Güte? Sanft lächelte sie, widerstand dem Wunsch, ihre Hand an seine Wange zu legen. „Alles ist gut, alles ist bestens. All deine Fehler, all unsere Streits, all das spielt keine Rolle mehr. All unsere, all deine Sünden seien dir vergeben. Dein Weg ist jetzt frei. Du kannst loslassen und du musst dir keine Sorgen machen, denn wir werden hier unten zurecht kommen.“

Mimi war tiefberührt von dem Worten von Yuuko. Sie blickte zu Taichi, dem das Ganze ziemlich zusetzte. Mimi spürte förmlich wie er mit sich kämpfte zurück zu gehen oder hier zu bleiben. Yuuko blieb noch einen Moment stehen, schweifte in Erinnerungen, an ihre gemeinsame Zeit, an ihre Vergangenheit, dann lächelte sie leicht, legte die Händen auf den Sarg ab, fuhr an der Seite entlang, ehe sie ihre Händen als Gebet zusammenlegte und den Weg frei machte. Auch sie ging nach draußen, wirklich lange hielt es hier drinnen niemand aus. Als Yuuko gerade durch die Türe ging, legte sie eine Hand auf Taichis Brust ab und lächelte ihn aufmunternd an. „Habe keine Angst.“ Taichi sah sie tief und eindringlich an, dann schritt Yuuko an ihm vorbei nach draußen und nahm ihre Tochter in den Arm.
 

Mimi sah zu Taichi, drückte seine Hand und wollte ihn mit sich ziehen, doch er blieb stehen. „Ich brauche noch einen Moment“, murmelte er. „Geh ruhig schon“, lächelte er leicht.

„Bist du sicher? Ich kann auch auf dich warten und wir machen das zusammen“, erwiderte Mimi mitfühlend.

„Ich glaube ich muss das alleine machen, aber Danke“, murmelte er.

Die Brünette nickte, drehte sich herum und ging langsam los. Sie blieb stehen, sah hinab und war entsetzt. Wenn das Leben nicht mehr da war, lag nichts als eine leere Hülle vor einem. So kam es Mimi auch jetzt vor. Susumo war fort, an einem anderen Ort. Sie wünschte sich so, er hätte sich damit noch ein wenig Zeit gelassen, eine Woche, ein Tag hätte schon gereicht, aber es kam anders. Sie hoffte, dass er jetzt an einem Ort war, wo er keine Schmerzen mehr hatte. Vielleicht saß er dort oben in den Wolken zusammen mit ihrem Großvater und gemeinsam sahen sie hinab auf die Menschen, die sie zurückgelassen hatten und liebten. Sie lächelte leicht über diesen Gedanken, irgendwie beruhigte es sie ein wenig, dass er dort oben nicht alleine war. Mimi sah kurz zurück zu Taichi, der angespannt zu ihr sah. Sie drehte ihren Kopf, hielt ihre Tränen zurück, machte den Weg für ihren Freund frei und hoffte, dass er es schaffen würde. Sie ging zur Haustüre, aber noch nicht heraus. Irgendwie wollte sie Taichi nicht alleine lassen. Sie sah zu ihm zurück, sah wie er sich dem Sarg allmähnlich näherte. Sie war stolz auf ihn, sie wusste wie schwer ihm dieser Schritt fallen musste, aber er stellte sich dieser Angst und sie war froh, dass Taichi seine Chance nutzte um sich von seinem Vater zu verabschieden.
 

Taichi war nicht nur angespannt, er war nervös. Er hatte das Gefühl, als hätte er kein Recht dazu hier zu sein, als hätte er die Chance selber verbaut, aber wäre er nicht mit nachgereist hätte er es sich noch weniger verzeihen können. Außerdem wollte er auch seine Familie nicht im Stich lassen, die schon genug Leid durchgemacht hatte. Minutenlang stand Taichi da, sagte nichts, tat nichts. Stumm sah er hinunter – zu seinem Vater, den er kaum mehr erkannte aber dennoch irgendwie da war. Es war soviel in den letzten Monaten passiert. Soviel, seit sie im Sommer hier gewesen waren. Was er nicht alles aus seiner Vergangenheit erfahren hatte. Seine Wut, die er jetzt gar nicht mehr als so stark empfand und ihn doch daran erinnerte, warum er so reagiert hatte. Ja, er war immer noch enttäuscht wie alles gelaufen war, aber dass er nicht mehr die Möglichkeit hatte sich mit seinem Vater auszusprechen, setzte ihm ziemlich zu. Eigentlich hatte er ihm noch eine ganze Menge zu sagen, aber es jetzt auszusprechen machte keinen Sinn mehr, er würde ihn ja doch nicht hören. Es war ja niemand mehr da, der ihn hören konnte und er würde auch niemals wiederkommen um mit ihm zu reden oder ihn anzuhören. Damit musste er jetzt leben und so genau wusste er nicht, wie er das machen sollte. Tränen sammelte sich in seinen Augen. Hastig schloss er sie und wischte die Tränen schnell weg. Dann sah er zurück zu seinem Vater. „Es tut mir leid, das wir nicht mehr Zeit hatten. Ich hätte noch etwas mehr Zeit gebraucht. Nur etwas mehr“, murmelte er nachdenklich und verließ den Sarg. „Ich hoffe du hast deinen Frieden gefunden.“
 

Mimi stand noch immer an der Türe, sie ging auf ihn zu und schloss ihre Arme um ihren Freund. Er erwiderte die Umarmung und die Jüngere spürte, wie Nässe sich an ihrem Nacken breitmachte.

„Danke, dass du hergekommen bist, dass du früher gekommen bist und mir die ganze Zeit beistehst. Danke, für alles, das werde ich dir nie vergessen“, sprach er mit brüchiger Stimme.

Mimi klammerte sich fest an ihn. „Natürlich“, murmelte sie und auch sie ließ ihren Tränen freien Lauf. Ein paar Minuten standen sie so da, lagen sich in den Armen und weinten gemeinsam.

Taichi löste die Umarmung, hob Mimis Kopf und lächelte schwach. Er senkte seinen Kopf und küsste sanft ihre Nasenspitze. „Nicht weinen, das ruiniert nur dein Make-Up“, grinste der Yagami und wischte ihre Tränen mit seinen Daumen weg.

Mimi winkte ab. „Du glaubst gar nicht wie egal mir mein Make-Up gerade ist“, schmunzelte die Brünette, doch Taichi lächelte nur.

Zu zweit gingen sie wieder nach draußen, stellten sich zu der übrigen Familie, die schweigsam da stand und nicht wussten was sie machen sollte. Alle waren traurig, weinten und wollten nicht glauben, dass das hier wirklich passierte. Mimi wollte irgendetwas unternehmen. Ihnen etwas Kraft und Hoffnung wiedergeben.

„Was haltet ihr davon, wenn wir zum Strand gehen oder wollt ihr noch hier bleiben?“, fragte sie vorsichtig nach.

„Nicht unbedingt, aber es ist ganz schön kalt“, murmelte Kari, während sie sich bei Takeru etwas Wärme erhoffte, der auf ihre Worte hin sofort versuchte, die Jüngere zu wärmen.

„Es muss ja auch nicht lange sein“, erwiderte Mimi.

„Warum nicht? Besser als hier rumzustehen“, erwiderte ihr Freund.

Alle waren einverstanden so gingen sie die paar Kilometer zum Strand.
 

Das Wetter war windig und durch das Meer wirkte es noch viel kälter, als es eigentlich war. Aber irgendwie hatte das Meer auch etwas beruhigendes ansich. Zu fünft standen sie am Strand, blickten auf die tobenden Wellen. Sie alle sagten nichts, hingen ihren eigenen Gedanken nach.

„Wisst ihr, was ich immer sehr an Susumo gemocht habe?“, unterbrach Takeru die Stille. Abwartend und neugierig sahen alle zu dem Blonden. „Dass er immer alle Witze mitgemacht hatte, ob es ums Essen ging, das nicht wirklich gut gelang oder darum Taichi aufzuziehen“, lachte der Blonde leicht über diese Erinnerung.

„Hey!“, protestierte Taichi gleich.

„Stimmt doch!“, ärgerte Kari ihren Bruder.

„Was meint ihr mit Essen? Wir haben doch immer gut gegessen“, fragte Yuuko irritiert nach.

„Ach nur so... ganz allgemein“, lächelte Takeru und sah zu seiner Freundin. Kari kicherte, wusste sie schließlich genau was ihr Freund damit sagen wollte.

„Ich fand es schön, dass er immer zu all unseren Auftritten und Spielen gekommen ist, egal wie viel er immer zu tun hatte. Er hatte es sich nie nehmen lassen uns zu unterstützen“, lächelte Kari bei der Erinnerung schwach.

Taichi nickte. Es stimmte, ihr Vater war wirklich zu fast jedem Spiel gekommen.

„Und auch wenn nicht alles ehrlich war, er wollte immer nur unser bestes und war bereit dafür alles zu tun, sogar ein Stück zuviel“, murmelte Yuuko nachdenklich. „Aber dennoch, die meiste Zeit seines Lebens hat er vieles richtig gemacht, aber welcher Mensch ist schon fehlerfrei.“

Taichi sah von seiner Mutter auf das Meer auf denen die Wellen brachen. „Ich danke dir für alles, was du mir beigebracht hast“, flüsterte er und sah vom Meer zum Himmel. Ja, sein Vater hatte nun sein Frieden gefunden und was war mit ihm? Hatte er ihn auch gefunden? Wer wusste, wann er diese Frage mit Ja beantworten konnte, aber eines war klar, seinen Frieden hatte er mit dieser Sache noch lange nicht gefunden.

Puzzleteile

22.12.2010
 

Eine Woche war vergangen nachdem die Familie Yagami Susumo in Aoshima beerdigt hatten. Mittlerweile waren sie wieder in Tokio. Die Beisetzung hatte einen Tag später auf einem spirituellen Friedhof nahegelegen des Tempels stattgefunden. Sie hatten ihm dort ein kleines Andenken hinterlassen, sodass man ihn jederzeit finden konnte, wenn man ihn denn suchte. Ansonsten hatte die Familie Yagami alle Wünsche respektiert, die Susumo in seinem Testament angegeben hatte.

Taichi besuchte noch ein paar Tage die Universität und Kari die Schule, ehe die Weihnachtsferien bevorstanden. Sie versuchten alle langsam wieder in den Alltag zu finden, auch wenn es nicht einfach war. Immer wieder wurde Taichi gefragt, wie es ihm ging und er antwortete immer dasselbe: `Passt schon und es ist alles okay soweit´, aber es stimmte natürlich nicht. Eigentlich dachte er viel über alles nach, auch wenn er sich das nicht anmerken lassen wollte. Aber es gab auch viel Schönes. Mimi war wieder da und sie schafften es nach der schweren Zeit auch ein paar unbeschwerte Tage miteinander zu verbringen. Sora war vor ein paar Tagen zurück gekommen und auch Yamato würde in zwei Tagen wieder in der alten Heimat sein. Nach und nach trudelten alle seine Freunde wieder ein. Taichi freute sich darüber, auch wenn er noch nicht wusste, ob ein Zusammentreffen zwischen Yamato und Sora so gut war.

Mimi wollte sich heute mit Kari und Miyako bei Sora treffen, während Taichi noch nicht genau wusste, ob er zum Training gehen sollte oder nicht. Er war jetzt schon länger nicht dort gewesen, aber es hatte jeder Verständnis, darum drängte ihn auch keiner. Was genau er mit seinem Anteil des Erbes machen sollte, wusste der Yagami noch nicht. Zum Glück hatte er bis Ende des Jahres Zeit sich zu entscheiden, auch wenn er nach wie vor nichts von dem Geld wissen wollte. Eigentlich.
 

Taichi kam gerade aus dem Badezimmer und ging in sein Zimmer. Mimi stand mit dem Rücken zu ihm, er lächelte als er sie sah. Noch immer konnte er nicht fassen, dass sie früher und plötzlich vor seiner Tür gestanden hatte. Nur wegen ihm. Er war ihr wirklich für alles dankbar, auch wenn er noch gar nicht richtig die Gelegenheit hatte es ihr zu sagen und zu zeigen. Mimi telefonierte gerade, als Taichi in das Zimmer trat.

„Höre endlich auf, mich anzurufen! Verstanden? Hallo? Hallo?“, schrie Mimi in den Hörer und legte wütend auf. Irritiert blieb Taichi stehen. „Wer war das?“

Überrascht drehte sich die Brünette um. „Das?“, fragte sie angespannt und zog ihr Handy kurz hervor, sah drauf und legte es weg. „Falsch verbunden“, erwiderte sie aufgewühlt.

„Falsch verbunden?“, fragte der Sportsudent ungläubig nach.

Mimi nickte „Ja.“

„Ach, ich bitte dich. Da war doch niemand falsch verbunden“, sprach Taichi und sah die Brünette ernst an.

Diese war ein wenig sprachlos und huschte mit ihrem Blick immer wieder auf den Fußboden, was den Älteren nur noch mehr verwunderte. Er ging auf seine Freundin zu und griff nach ihrer freien Hand. „Prinzessin, jetzt mal ganz ehrlich hast du irgendjemanden in Amerika kennengelernt?“ Mit großen Augen sah Mimi den Brünetten an und schüttelte gleich energisch ihren Kopf. „Nein, um Gottes Willen. Wie kommst du denn auf so einen Unsinn?“

„Na ja, du verhältst dich schon seit einigen Tagen ganz schön seltsam und dieser Anruf gerade, da war jemand nicht falsch verbunden. Außerdem klingelt dein Telefon in letzter Zeit sehr häufig. Wer war da am Telefon?“, fragte der Brünette ernst nach, der erkannte, dass Mimi weiter mit sich rang. „Was ist los?“

Mimi blickte auf und sah ihm direkt in die Augen. „I-ich weiß wirklich nicht wer da am Telefon war“, stotterte sie und zog ihre Hand zurück. „Es geht schon seit ein paar Wochen so.“

„Was geht seit ein paar Wochen so?“, fragte der Braunhaarige nach und sah seine Freundin unnachgiebig an. „Na ja, dass mich Irgendjemand anruft, die Nummer ist immer Unbekannt und wenn ich abhebe, spricht niemand in der Leitung. Manchmal höre ich jemanden atmen, manchmal gleich ein Tuten, manchmal auch gar nichts“, gestand sie und sah den Älteren unsicher an. Taichi ging einen Schritt zurück und konnte nicht glauben, was seine Freundin ihm da erzählte. „Warum sagst du mir so etwas nicht?“, fragte er enttäuscht nach und fuhr immer wieder aufgebracht mit seiner Hand durch seine Mähne, während er ungläubig den Kopf schüttelte. Das durfte doch nicht wahr sein. „Ernsthaft? Warum erzählst du mir so etwas nicht?“, rief er lauter, nachdem die Brünette nicht auf seine Frage antwortete. Mimi zuckte mit ihren Schultern und schwieg noch immer.

„Mimi?“, rief er verärgert aus.

„Weil du, du hattest doch...“

„Nein! Komm mir jetzt nicht so. Sag mir jetzt nicht, du wolltest mir nichts sagen, weil du mich schonen wolltest?“

Als Antwort nickte die Jüngere nur und biss sich auf die Unterlieppe. „Es tut mir leid.“

„Ich fasse es nicht. Deine Probleme sind doch nicht weniger wichtig als meine Probleme. Wenn es irgendwas in deinem Leben gibt was dich beschäftigt, was dich ängstigt oder sorgt, dann will ich das sofort wissen und erst recht, wenn dich jemand belästigt!“ Taichi wurde ruhiger, als er erkannte, das Mimi Tränen in den Augen hatte. „Darf ich mal sehen?“, fragte der Brünette sanft nach und deutete auf ihr Handy.

Irritiert hob Mimi ihren Kopf. „Was willst du sehen?“

„Dein Handy, also ich will mir den Anrufverlauf anschauen, wenn ich darf.“

Mimi entsperrte ihr Handy und reichte es ihm ohne zu zögern. Taichi nahm es entgegen, suchte ihre Telefonliste und scrollte herunter. Mal tauchte sein Name auf, mal Nicoles, der ihrer Mutter oder auch Soras, aber am häufigsten eine Unbekannte Nummer. Er war entsetzt als er feststellte, dass sie fast täglich mehrmals und zu allen möglichen Uhrzeiten angerufen wurde und das Ganze seit über einem Monat. Er war sich sicher, dass Mimi Angst haben musste und war verärgert, das sie ihm das verschwieg. „Mimi, du hast einen Stalker!“ stellte er fassungslos fest und sah zurück zu seiner Freundin. Sie nickte nur betrübt, während sie sich die Tränen wegwischte. „Hast du denn eine Vermutung, wer das sein könnte? Mal beim feiern auf jemanden gestoßen, der dich nett fand? Du kannst mir das sagen, ich werde auch nicht sauer“, beteuerte Taichi und reichte Mimi ihr Handy zurück. Erneut zuckte die Brünette mit den Schultern, schwieg einen Moment und sah dann zurück zu dem Älteren. „N-nein, also ich weiß es nicht genau“, nuschelte sie und verstaute ihr Handy in ihrer Tasche.
 

Irgendwie hatte Taichi ein komisches Gefühl und irgendetwas sagte ihm, dass etwas faul an der ganzen Sache war. Mimi war lange in New York, viel zu lange für seinen Geschmack und auch wenn sie jetzt wieder in Japan und bei ihm war, irgendwas stand die gesamte Zeit zwischen ihnen. Am Anfang dachte Taichi, dass es an dem Tod seines Vaters lag, doch mittlerweile glaubte der Sportstudent, dass es noch einen ganz anderen Grund gab und es gar nichts mit ihm zu tun hatte. Hatte es etwa mit diesen Anrufen zu tun? „Gehst du immer an das Telefon ran, wenn er anruft?“, hakte er nach. Er wollte so viele Informationen wie möglich und würde schon dafür sorgen, dass dieser Stalker seine Freundin in Ruhe ließ. Er würde schon herausfinden, wer sie stalkte.

„Nein, aber wenn ich es ignoriere, klingelt es immer weiter und wenn ich es ausmache und später neu einschalte, habe ich die Mailbox voll mit leeren Nachrichten“, erzählte sie, schaffte es aber nicht ihm in die Augen zu sehen. Taichi hielt eine Augenbraue hoch. „Wenn diese Person das nächste Mal anruft, werde ich das Gespräch entgegen nehmen“, stellte der Ältere klar. Mimi nickte zögerlich und streckte dann ihren Rücken durch. „I-ich bin noch verabredet, Sora wartet sicher schon“, murmelte sie und wirkte überfordert. „Findest du nicht, dass das gerade egal ist und es wichtigeres gibt?“, entgegnete er und stellte sich direkt vor seiner Freundin um sie zum bleiben zu bewegen.

„Aber ich... ich habe sie auch schon so lange nicht mehr gesehen und eine Stunde vorher den Freundinnen abzusagen ist auch blöd. Wir können ja morgen nochmal reden, okay?“, bemühte sie sich erneut seinen Fragen auszuweichen.

Taichi war sich sicher, dass Mimi ihm etwas verschwieg und das machte ihn wahnsinnig. Sie fühlte sich bei ihm unwohl, als könnte er etwas erfahren, das er nicht erfahren sollte. Dieses Gefühl gefiel ihm ganz und gar nicht. Sie zupfte die ganze Zeit an ihrem Shirt, spielte mit ihrern Fingernägeln und schaffte es nicht dem Blickkontakt zu ihm aufrecht zu erhalten. Nein, irgendetwas war da, aber er wusste auch, dass er Mimi jetzt nicht drängen konnte. Er würde sie ziehen lassen und morgen nochmal sein Glück versuchen. „Okay, dann geh und wir treffen uns morgen.“ Mimi nickte „und reden“, fügte Taichi hinzu.

Die Brünette gab ihm einen kurzen Kuss auf den Mund, lächelte leicht und verschwand aus seinem Zimmer, noch bevor Taichi die Chance hatte diesen Kuss in irgendeiner Form zu intensivieren. Er folgte ihr in das Wohnzimmer, in dem Kari schon stand und auf die Ältere gewartet hatte.

„Da bist du ja, können wir?“, fragte die Jüngere nach.

Mimi nickte. „Ja, wir können gleich los“, erwiderte sie und begab sich in den Flur um in ihre Schuhe zu schlüpfen.

„Sehr gut, Sora freut sich schon auf uns“, erwiderte Kari und zog sich ihre Winterjacke über. Sie öffnete die Türe und winkte Taichi zum Abschied, ehe sie auf dem Flur des Treppenhauses verschwand. „Machs gut, Tai.“ Der Ältere erwiderte die Geste. „Viel Spaß und pass auf dich auf!“, rief er ihr hinterher.

Mimi sah kurz zurück zu Taichi und lächelte zaghaft. „Bis morgen“, nuschelte sie, legte sich ihren Schal um den Hals, schloss die Wohnungstüre und folgte der Jüngeren.

Der Braunhaarige seufzte. Was war das nur gewesen? Er machte sich Sorgen und hatte keine Ahnung wie er mit dem Thema umgehen sollte. Er verstand nicht warum ihm Mimi nicht gleich ins Vertrauen gezogen hatte. Jeder Mensch hatte doch schließlich Probleme, die einen waren größer, die einen kleiner, aber das war doch kein Grund, dass sie ihm so etwas verschwieg und ein Geheimnis daraus machte. Sicher nicht gerade das beste in einer Fernbeziehung, Geheimnisse! Weiter überlegte Taichi wie er den Stalker überführen konnte und da kam ihm gleich ein neuer Gedanke. Vielleicht würde ihm ein anderer helfen können. Jemand der sich besser auskannte als er. Taichi beschloss das Training ausfallen zu lassen und stattdessen Koushiro zu besuchen, der konnte ihm sicher sagen, wie man so einen Anruf überlistet.
 

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Nach fünfzehn Minuten kam Taichi bei seinem rothaarigen Freund an. Er klingelte und wartete einen kurzen Moment. „Bei Izumi!“, hörte er die freundliche Stimme von Koushiros Mutter.

„Ja hallo, hier ist Tai, ist Izzy da?“, fragte er höflich nach.

„Ja, komme doch hoch“, erklang es aus der Gegensprechanlage. Taichi öffnete die Türe und war nach wenigen Minuten in der Wohnung des Computernerds. „Tai?“ wunderte sich der Jüngere und kam in den Flur. „Alles in Ordnung? Geht es dir gut?“, fragte er besorgt nach und da war er wieder dieser Blick.

„Passt schon“, erwiderte Taichi. „Ich bin auch eigentlich nicht meinetwegen hier, sondern weil ich deine Hilfe brauche.“

„Meine Hilfe? Wobei denn?“ erkundigte sich der Rothaarige prompt.

„Es geht um Mimi, also eigentlich braucht sie deine Hilfe.“ Irritiert zog der Jüngere eine Augenbraue nach oben, ging ein paar Schritte rückwärts und öffnete seine Zimmertüre. „Komm rein.“

Taichi zog seine Schuhe aus, folgte dem Jüngeren, nahm auf einem Stuhl Platz und erzählte seinem jüngeren Freund alles was er bisher wusste und hoffte inständig, dass der Jüngere eine Idee hatte.

„Okay und jetzt willst du von mir wissen, wie du einen anonymen Anrufer ausfindig machen kannst?“, fasste Koushiro alle Informationen zusammen und zog seine Stirn in Falten, während er überlegte. „Ganz genau. Gibt es da etwas?“

Koushiro nickte. „Ja, schon mal was von einer Fangschaltung gehört?“

Taichi überlegte und nickte. Das klang gar nicht mal so schlecht, er wusste doch, dass er sich auf den Computerfreak verlassen konnte. „Und wie funktioniert so eine Fangschaltung?“ hakte er neugierig nach, denn das wusste er nicht.

„Das ist gar nicht so schwer. Komm mal näher, ich zeige es dir!“
 

Taichi rutschte gleich näher an dem Schreibtisch des Jüngeren heran und dieser zeigte ihm ausführlich, wie eine Fangschaltung funktionierte. Erleichtert atmete der Braunhaarige aus. „Das ist ja gar nicht so schwer“, freute er sich.

„Nein, wenn man es einmal gesehen hat, bekommt man es eigentlich ganz gut hin.“

„Izzy, du bist meine Rettung“, feierte Taichi seinen jüngeren Freund und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.

„Ach was, ich hab doch gar nichts gemacht“, erwiderte der Rothaarige verlegen.

„Oh doch, wenn ich diesen Stalker so überführen kann hast du auf jeden Fall einen gut bei mir, oder jetzt schon zwei“, erinnerte sich Taichi an Izzys Tat zurück, als dieser ihn am Bahnhof aufgegabelt hatte. „Ach was, außerdem sind wir doch auch Freunde, oder?“

„Natürlich sind wir das“, lächelte Taichi gleich.

„Und sicher will ich nicht, das Mimi weiterhin gestalkt wird! So etwas kann sehr gefährlich sein“, argumentierte der Jüngere sachlich. Taichi nickte betrübt. „Deshalb bin ich auch ganz schön enttäuscht, dass sie es mir nicht gleich gesagt hat. Ich meine, vielleicht ist bisher nur nicht mehr passiert, weil sie jetzt in Tokio ist.“ Bei dem Gedanken wurde dem Braunhaarigen schlecht. Was wäre, wenn sie in wenigen Wochen wieder in New York wäre und er bis dahin nicht herausgefunden hatte, wer dieser Stalker war? Mimi konnte sich alleine doch unmöglich verteidigen und gegen einen Verrückten schon mal gar nicht. Mit verrückten Typen hatte Mimi in der Vergangenheit immerhin genug zu kämpfen gehabt und noch heute hatte sie deswegen Probleme. Auf einmal schoss es wie ein Geistesblitz durch seine Gedanken. „Nick“, murmelte er fassungslos.

„Wie bitte?“, fragte der Rothaarige verwundert nach.

„Vergiss es“, winkte der Ältere ab und stand augenblicklich auf. „Danke nochmal, aber ich muss jetzt wirklich los.“

„Ähm...Okay, grüße Mimi von mir“, verabschiedete sich der Rothaarige von dem Älteren und sah ihn verwundert hinterher.

Er wollte noch aufstehen und Taichi zur Türe begleiten, doch dieser war bereits aufgesprungen, zur Diele geeilt, wo seine Schuhe standen und schon flog die Wohnungstüre hinter ihm zu.
 

Wieso war der Braunhaarige nicht eher auf diesen Gedanken gekommen? Das war doch das naheliegenste, oder? Er ärgerte sich über sich selber. Er musste Mimi darauf ansprechen, wenn dieser Typ in ihrer Nähe war, würde sie sicher in Gefahr sein, das durfte er nicht zulassen. Dieser Nick durfte sie nicht nochmal finden!

Pläne schmieden

23.12.2010
 

Nervös lief Mimi neben Kari her, gemeinsam waren sie auf dem Weg zu Sora. Sie hatten sich schon lange nicht mehr alle zusammen gesehen. Sowohl Sora, als auch Kari konnten die Ablenkung gut gebrauchen. Mimi wollte beiden helfen und sie freute sich wirklich auf diesen Mädelsabend, der Letzte war einfach schon viel zu lange her. Dennoch konnte sie nicht anders, als ständig an Taichi zu denken. Dieser blöde Anruf! Warum musste sie auch dran gehen und so dermaßen die Fassung verlieren? Es wunderte sie nicht, dass Taichi da misstrauisch wurde. Immerhin war er ja nicht dumm und Mimi war äußerst schlecht im lügen. Via Skype oder Nachrichten war es einfacher die Fassung und das Geheimnis zu wahren, aber Angesicht zu Angesicht? Was sollte sie nur tun? Eigentlich wusste sie genau, was sie zu tun hatte, sie musste mit Taichi reden. Ihre Vermutung aüßern, wer hinter den Anrufen steckte und erst recht, dass Nick wieder da war. Matt würde auch bald wieder kommen, wenn Taichi bei ihm nachfragen würde, ob in Amerika irgendwas komisch gelaufen war, würde der sicher nicht lügen und dann... dann wäre das Ausmaß perfekt. Aber auf der anderen Seite hatte sie das Gefühl, dass sie die Zeit mit Taichi noch gar nicht richtig genießen konnte. Sie wollte vieles mit Taichi anstellen, miteinander reden landete da eher auf einem der hinterem Plätze. Ganz weit hinten!
 

„Mimi? Mimi? Hey, ist alles okay?“, wurde sie von Kari aus ihren Gedanken gerissen. Irritiert sah Mimi zur Jüngeren und lächelte unsicher. „Klar.“

„Habt ihr euch gestritten?“, riet die junge Yagami ins Blaue hinein.

Die Brünette sah sie überrascht an. „Wie kommst du denn darauf?“

„Na ja... die Art und Weise wie ihr euch eben voneinander verabschiedet habt, passt so gar nicht zu euch. Tai stand ja noch am anderen Ende des Zimmers und du konntest gar nicht schnell genug aus der Wohnung verschwinden. Außerdem lag eine seltsame Atmosphäre in der Luft, dicke Luft wie man so schön sagt. Also hab ich Recht?“

Mimi zog kritisch eine Augenbraue nach oben. Kari konnte man so schnell wirklich nichts vormachen. Sie hatte eine gute Beobachtungs- und Auffassungsgabe. Nervös zuckte Mimi mit den Schultern. „Ich weiß nicht, ob es ein Steit war. Ich glaube dann wäre es lauter gewesen...“ murmelte die Brünette. Da war sie sich sogar sicher, wenn sie miteinander stritten wurden sie nicht nur lauter, weil beide ziemlich impulsiv waren, es wurde auch gerne mal nach Gegenständen gegriffen und Türen geknallt. „Aber...“

„Aber?“, horchte Kari behutsam nach.

„Aber... es könnte gut sein, dass wir bald den schlimmsten Streit haben, den wir je haben werden...“, gestand sie, während sie mit einer Hand die Tränen wegwischte, die ihr die Wange herunter liefen. Sie sah mit einem Augenwinkel zu Kari, die nicht genau zu verstehen schien was Mimi meinte, aber konnte sie es ihr verdenken?

„Ach was... vielleicht machst du dir nur zu viele Gedanken. Du weißt doch, dass Tai dich liebt“, murmelte die Schülerin.
 

Mimi lächelte schwach über ihren Versuch sie aufzumuntern. Dennoch nickte sie in ihre Richtung und mühte sich ein halbes Lächeln ab. Sie wollte den Tag Morgen mit Tai genießen, sie wollte nicht über diese ominösen Anrufe reden oder gar die Sache mit Nick erzählen, aber Tai würde sicher versuchen herauszufinden, wer dahinter steckte. Was sollte sie tun? Auf einmal kam ihr ein Gedanke. Vielleicht sollte sie auf ihre weiblichen Reize setzen und versuchen ihn so abzulenken, so dass er gar nicht mehr einen Gedanken ans reden verschwendet. Wäre doch gelacht, wenn sie das nicht hinbekam. Schon der Gedanke daran, wie Taichi sie berührte ließ ihren Unterleib gefährlich kribbeln. Ein Lächeln legte sich über ihre Lippen.

„Na, so gefällst du mir schon besser“, meinte Kari und überrascht drehte die Ältere den Kopf erneut zu ihr um. „Mit einem ehrlichen Lächeln, meine ich.“

Mimi nickte und stieg in Karis Lächeln mit ein. „Egal, jetzt lassen wir die Jungs einfach mal Jungs sein. Ich freue mich nämlich auf Sora und darauf den Abend mit euch zu verbringen“, trällerte Mimi fröhlich. Übertrieben fröhlich? Wahrscheinlich.
 

„Ahhh...“ kreischte Mimi als sie Sora sah und fast erdrückte. „Wie geht es dir?“, fragte sie strahlend und hätte sich gleich darauf in den Hintern treten können. Wie sollte es Sora schon gehen?

„Danke, gut und dir?“, fragte diese ruhig nach, Mimi erkannte aber dennoch den kurzen Schatten der sich unter ihren Augen verdunkelte.

„Auch gut“, erwiderte die Brünette knapp und trat zur Seite damit auch Kari in die Wohnung eintreten konnte. Sie wollte Sora nicht gleich auf Matt ansprechen und ihr erst mal etwas Zeit lassen.

Mimi ging stattdessen zu Yolei, die schon im Wohnzimmer auf der Couch saß, während Sora Kari begrüßte und ihr Beileid aussprach. Kari nickte, bedankte sich höflich und folgte den Älteren ins Wohnzimmer. Es war irgendwie eine komische Stimmung und anders als sonst, wenn die Mädchen zusammen waren.

„Also jetzt erzähl doch mal, wie war es in Kyoto?“, fragte Yolei aufgeregt nach, nachdem alle Mädchen etwas zu trinken hatten und sich im Wohnzimmer breit gemacht hatten.

„Es war wirklich eine tolle Erfahrung, viel Arbeit, wahnsinnig viel Arbeit. Wirklich, an manchen Tagen kam ich nicht mal zum essen, aber... die Energie, die Leute das war alles überwältigend. Ich konnte soviel mitnehmen und kann sogar im Frühjahr nach Osaka um Stoffe für den Herbst einzukaufen“, schwärmte die Rothaarige begeistert.

„Das ist ja unglaublich“, kam es anerkennend aus Kari.

Sora nickte. „Ja, ist es wirklich. Immerhin das läuft gerade wirklich gut bei mir.“

Mimi erkannte das ein ehrlichen Lächeln hinter den Worten mitschwang. Dennoch musterte sie ihre beste Freundin argwöhnisch. Sie hatte abgenommen und wahrscheinlich nicht nur während der Modenschau ein paar Tage das Essen weg gelassen. Die Trennung nagte noch an ihr, das war ihr klar.

„Wahnsinn, so etwas würde ich auch gerne mal sehen“, trällerte Yolei verträumt, stand auf, nahm sich eine Decke von der Couch, warf sie sich um und lief das Wohnzimmer auf und ab und tat so als wäre sie ein Model. Mimi lachte. Es war wirklich gut, dass die Lilahaarige hier war. Mit ihrer Unbefangenheit steckte sie alle Anderen an.

„Na ja... erst mal musst du auf Zehenspitzen laufen, wenn du schon keine High Heels trägst“, korrigierte Mimi die Jüngere.

„Und Brille... sorry... weg damit“, tadelte auch die Rothaarige die Brillenträgerin.

„Und dein Blick... der muss viel ernster sein“, stimmte Kari hinzu.

Yolei stoppte, sah zu ihren Freundinnen an und blusterte ihre Wangen auf. „Nein, so macht das keinen Spaß“, schimpfte sie.

„Tja, so habe ich habe leider kein Bild für dich“, kam es wehleidig aus der Modestudentin.

„Ohh, Yolei wird leider nicht Japans next Topmodel“, kicherte Mimi und hielt sich die Hand vor dem Mund.

„Aber du solltest deinen Traum nicht aufgeben, denn du hast Potenzial“, versuchte Kari ernst zu bleiben, aber nach drei Sekunden musste sie lachen und die Anderen stiegen in das Lachen mit ein. Selbst Yolei ließ sich anstecken und setzte sich wieder hin.

„Ach... ich glaube das modeln war auch nie meine Berufung. Ich werde Ken heiraten und ein haufen Kinder mit ihm machen“, beschloss Yolei selbstsicher und mit einem mal war die ausgelassene Stimmung verschwunden. „Entschuldige, habe ich etwas falsches gesagt?“, fragte sie unsicher nach und sah mitleidig zu Sora.

Diese winkte ab. „Nein, Unsinn. Es ist doch schön, wenn es bei dir und Ken so gut läuft.“

Yolei nickte geknickt und stopfte sich den Mund mit Chips voll.

„Und wie läuft es bei dir und Takeru?“, fragte Sora bei der Jüngsten in der Runde nach. Sie hob ihren Kopf und lächelte. „Gut, also... doch tatsächlich. Es läuft sogar prima. Ich bin so froh und dankbar, dass er die ganze Zeit für mich da ist“, schwärmte sie und ein leichter Rotschimmer legte sich um ihre Nase.

„Schön, freut mich“, lächelte Sora und sah zu Mimi „Und bei dir und Tai? Sicher könnt ihr kaum die Hände voneinander lassen?“, fragte Sora belustigt bei der Brünetten nach.

„Na ja, es war eine sehr schwere Zeit“, nuschelte die Brünette nur und Sora nickte, während sie zu Kari sah und verstand.

„Klar.“ Kurz schwiegen die Mädchen, während sie alle ihren eigenen Gedanken nachhingen.
 

„Bleibst du hier eigentlich wohnen?“, fragte Mimi aus heiterem Himmel nach.

Die Rothaarige zuckte sofort aufgeschreckt zusammen und zuckte mit den Schultern. „Matt hat mir geschrieben...“ murmelte sie leise, aber dennoch hatte sie jeder verstanden.

„Was? Ehrlich? Was hat er geschrieben?“, wollte auch Kari augenblicklich wissen.

„Na ja... nichts besonderes, nur dass er am 25.12. wieder kommt und mit mir über die Wohnung reden will und ob ich dazu bereit bin“, erklärte sie leise, während sie ihren Kopf sinken ließ.

„Und?“

„Ja... ich meine... Ich denke, er wird mir sagen, dass er nicht ewig Miete zahlen wird für eine Wohnung die er nicht benutzt. Die Wohnung haben wir gemeinsam ausgesucht und renoviert und jetzt... na ja... alleine kann ich sie mir ohnehin nicht leisten, aber ich will auch nicht zurück nach Hause“, erzählte die Rothaarige weiter.

„Das kann ich gut verstehen, ich würde auch nicht mehr zurück wollen, nachdem ich meine eigenen Freiheiten hatte nur um dann wieder nach den Regeln der Eltern zu leben“, stimmte Mimi ihrer besten Freundin zu.

„Vielleicht klappt es ja mit einem Zimmer im Wohnheim“, murmelte Sora nachdenklich.

„Ist auf jeden Fall eine Option“, überlegte die Brillenträgerin, während sie genüsslich ihre Finger ableckte und die nächste Chipstüte öffnete.

„Nervös? Ich meine auf Matt zu treffen ist sicher nicht so einfach“, nuschelte die Brünette und bewegte sich unruhig auf ihrem Platz hin und her.

„Du hast ja keine Ahnung, hast du eigentlich nochmal was von Matt gehört?“

„Ich?“, fragte Mimi verwundert nach. Sofort schüttelte sie ihren Kopf. „Nein, nicht seit er auf Tour aufgebrochen ist“, erwiderte die Brünette, und sich mit Nicole im Abstellraum vergnügt hatte, aber das erzählte sie nicht laut, sondern fügte es nur in Gedanken hinzu.

„Ich dachte echt es würde leichter werden“, wisperte die Rothaarige und scheute den Blick ihrer Freundinnen.

„Hast du denn darüber nachgedacht es nochmal mit Matt zu probieren?“, fragte Kari unsicher nach.

Sora legte den Kopf in den nacken und sah zur Decke. „Ich vermisse ihn sehr sogar, aber nein... solange er dieses Leben lebt können wir nicht zusammen sein“, sprach Sora die Worte ernst aus.

Betrübt sah Mimi auf ihr Glas und schwenkte den Inhalt hin und her. Es war wirklich zum Haare rausreißen, da liebt man einen Menschen so sehr und konnte trotzdem nicht mit ihm zusammen sein. Sie liebte Taichi auch über alles und wollte ihn nicht verlieren. Sie wusste nicht, wie Sora es schaffte so tapfer zu wirken. Sie selbst wäre am Boden zerstört und würde gar nicht wissen, wie sie wieder aufstehen sollte. Der Gedanken schnürte ihr die Kehle zu und ihr Mund wurde staubtrocken. Eilig nahm sie ein paar Schlucke und verschluckte sich prompt am Getränk. Vorsichtig klopfte Yolei ihr auf den Rücken. Sie wischte sich die Tränen weg und sah die Brillenträgerin dankbar an. „Sorry“, nuschelte sie.

„Alles okay?“, erkundigte sie sich gleich.

Mimi nickte nur und stellte ihr Glas auf dem Wohnzimmertisch ab.
 

„Was haltet ihr eigentlich vom Sex mit dem Ex?“, platzte es irgendwann aus Sora heraus, nachdem ein paar Stunden vergangen waren und alle etwas mehr getrunken hatten.

„Gar keine gute Idee“, nuschelte Kari lallend.

„Besonders wenn deine Gefühle noch so stark sind“, gab Yolei ihre Freundin recht und hickste. „Ich meine klar Matt ist heiß und so, aber du verbrennst dich ganz sicher daran“, fügte sie hinzu.

Sora nickte betrübt. „Ihr habt wahrscheinlich recht, es wäre eine dumme Idee und dann denke ich... noch eine Nacht... wäre das wirklich so verwerflich? Ich meine ich wusste nicht, das unsere letzte Nacht unsere letzte Nacht war und so wüsste ich es und könnte es genießen und damit abschließen. Versteht ihr was ich meine?“, lallte die Rothaarige und nahm einen weiteren Schluck von ihrem Sektglas.

„Nein“, antwortete Kari energisch und schüttelte ihren Kopf. „Sora, tu das nicht. Es wirft dich nur wieder zurück.“

Sora seufzte. „Wahrscheinlich hast du recht.“

Mimi schwieg die gesamte Zeit über. Irgendwie konnte sie Sora verstehen und irgendwie war sie gerade im Begriff so etwas ähnliches zu tun. Sie wollte Taichi auch noch einmal nah sein bevor... bevor die Wahrheit vielleicht alles verändern würde.

„Mimi? Was meinst du?“, fragte Sora bei ihrer besten Freundin nach.

„Ich? Na ja, tu einfach das, was dein Herz dir sagt“, murmelte sie und nahm einen letzten Schluck von ihrem Getränk, ignorierte den Blick ihrer Freundinnen und stand auf. „So Mädels, es war wirklich schön euch alle wiederzusehen, aber ich habe morgen noch etwas wichtiges vor und muss jetzt nach Hause“, erklärte Mimi, während sie nach ihrer Handtasche suchte und sie sich über die Schulter schmiss.

„Ähm... okay...“, murmelte Sora und wunderte sich über den plötzlichen Aufbruch der Brünetten.

„Ich denke ich schließe mich an“, erwiderte Yolei und richtete sich ebenfalls auf, nachdem auch die restlichen Chips und Snacks leer waren. „Na ja, bevor es noch so eskaliert wie beim letzten Mal “, kicherte sie.

„Okay dann gehe ich auch mit euch, aber nur wenn du mir versprichst keine Sex SMS an Matt zu schicken“, tadelte Kari ihre ältere Freundin und sah sie so ernst an wie sie es bei ihrem Zustand noch konnte.

Sora verdrehte ihre Augen. „Das hatte ich jetzt nun wirklich nicht vor.“

Die Schülerin nickte erfreut und erhob sich ebenfalls. „Dann ist ja gut“, schmunzelte die Jüngere und half Sora hoch.
 

Zu Zweit gingen sie in den Flur wo Mimi und Yolei bereits waren und in ihre Schuhe sowie Jacken schlüpften.

„Schön, das ihr hier wart“, meinte Sora und umarmte alle nacheinander.

„Und es ist wirklich okay, wenn wir dich alleine lassen?“, hakte Mimi bei ihrer besten Freundin nach.

Sora lächelte und nickte. „Ich komme schon klar, macht euch mal keine Sorgen.“

„Okay. Schlaf gut, Süße“, erwiederte die Brünette und schloss die Türe hinter sich zu.

Auf der Straße verabschiedete sie sich auch von Kari und Yolei , die in eine andere Richtung gehen mussten wie sie. Kari hatte zwar auch angeboten sie mit zu sich zu nehmen, aber Mimi hatte dankend abgelehnt. Sie musste dringend nach Hause, sie wollte alles für den nächsten Tag vorbereiten und planen. Nicht nur wie sie Taichi verführen wollte, was ihr ganz sicher gelang, auch wie sie alles andere angehen sollte. Sie wusste das ein Gespräch unausweichlich war. Dazu musste sie alleine sein und sich ihre Worte genau überlegen.

Verführungskünste

24.12.2010
 

Taichi war auf dem Weg zu Mimi. Es war Weihnachten, aber anders als sonst. Hikari und Yuuko waren von Takerus Mutter eingeladen worden und feierten zusammen. Auch Taichi war willkommen, aber er wollte den Feiertag lieber mit Mimi verbringen. Außerdem ging ihm die ganze Zeit ein Gedanke nicht aus dem Kopf. Er hoffte, dass er heute etwas mehr aus Mimi heraus bekommen würde als am Vortag. Ihm kam es schon ziemlich spanisch vor und desto länger er die Nacht wach blieb um über alles nachzudenken, desto sicherer war er, dass sie irgendetwas vor ihm verbergen wollte, auch wenn er nicht sicher war so ein Thema an Weihnachten auszudiskutieren. Mittlerweile wusste der Braunhaaige genau wie er eine Fangschaltung durchführen musste und doch blieb in ihm der Verdacht, dass dieser Nick damit etwas zu tun hatte. Mit diesem Verdacht wollte er Mimi heute oder spätestens am nächsten Tag konfrontieren, auch wenn er nicht wusste wie sie darauf reagieren würde, er wollte sie ja nicht zusätzlich ängstigen. Er hoffte, dass er sich irrte, aber wäre es ihm lieber, dass es jemand völlg fremdes wahr, der Mimi stalkte? Jemand, der vielleicht noch viel gefährlicher war als der Amerikaner? Denn offensichtlich machte es die Brünette nervös und immer wieder fragte er sich, warum sie nicht direkt zu ihm kam, warum sie ihm nicht schon von Beginn an ins Vertrauen zog. Er verstand es einfach nicht. Er hoffte, dass sich alles heute klären und zum Guten wende würde.

Der Sportstudent klingelte und wartete, dass ihm jemand die Türe auf machte. Er sah das Licht im Treppenhaus angehen und schon kam ihm Mimis Großmutter Riku entgegen. Diese öffnete die Türe und Taichi lächelte sie freundlich an.

„Guten Abend, so spät noch ein Date?“, grinste er die ältere Dame an.

Riku schüttelte belustigt ihren Kopf, während sie an ihm vorbei ging und ihm die Türe aufhielt, sodass der Sportstudent ins Haus eintreten konnte. „Bingotunier“, erwiderte sie knapp und sah schon das Taxi am Straßenrand, welches auf sie wartete. „Mimi und ich haben heute viel zu viel gekocht. Du kannst also ruhig richtig reinhauen. Frohe Weihnachten, Taichi. Ihr habt etwas Zeit zu zweit verdient.“

Taichi lächelte schwach. „Deshalb musst du aber jetzt nicht gehen.“

„Ich mache das jedes Jahr, früher immer mit meinem Ehemann zusammen, alleine deshalb ist mir das wichtig.“

„Na dann, lass es krachen und wenn ein Fußball der Gewinn ist, erwarte ich, dass du ihn mir mitbringst“, zwinkerte er ihr zu und ging ins Treppenhaus rein.

„Ja, bei Leuten über 70 reißen sich alle um einen Fußball.“

„Kann ja sein, was weiß ich was man da abstauben kann.“

Riku lachte auf. „Ach Taichi?“

Der Brünette drehte sich zur Älteren um. „Ja?“

„Dir auch einen schönen Abend.“ Diesesmal war es an der Älteren dem Brünetten zuzuzwinkern. Er erwiderte nichts mehr, nickte und nahm die Treppenstufen, die ihn in die vierte Etage führten.
 

Taichi hatte Mimis Geschenk in seine kleine Sporttasche gelegt, in der alles war, was er für die Nacht brauchte. Erst Essen oder erst Bescherung? überlegte er, während er sich der Türe zu Rikus Wohnung näherte. Der Sportstudent klopfte an der Türe und brauchte nicht lange zu warten. Mimi öffnete die Türe und schon hatte der Braunhaarige vergessen was er eigentlich sagen wollte.

„Hi Schatz“, begrüßte sie ihn in einem verführerischen Ton und zog ihn in die Wohnung. Mimi hatte ein lilafarbendes Negligé in verführerischer Wickeloptik an. Ihr Dekolleté war mit Stickereien bedeckt und drückte ihren Busen dermaßen in den Vordergrund, dass Taichi einige Sekunden die Luft angehalten hatte.

„Hi...und wow“, kam es heiser aus seiner Kehle und automatisch ging sein Blick zu ihrem Mund, wo sie gerade ihre Lippen mit ihrer Zunge befeuchtete. Sie sah unglaublich heiß aus.

Er beförderte seine Sporttasche in die nächste Ecke und zog seine Schuhe aus. Instinktiv beugte er sich runter und küsste sie zur Begrüßung. Er wollte den Kuss gerade beenden, als Mimi sich näher an ihn drückte. Sie legte ihre Hände an seine Wangen, streichelte sanft mit ihren Daumen darüber und knabberte behutsam an seiner Unterlippe. Er genoss das hier und als er gerade mit seinen Händen an ihrer Seite entlang wandern wollte, klingelte das Telefon von Riku.

„Einfach ignorieren“, erklärte die Brünette schwer atmend und wollte den Älteren in ihr Schlafzimmer befördern, doch kurz davor hielt er an. Der Anrufbeantworter erklang und eine andere ältere weibliche Stimme sprach irgendetwas über das Bingotunier drauf.

In dem Moment erinnerte sich Taichi allerdings, was er zunächst wollte. Dieses Biest wollte dem Gespräch ausweichen und Sex als Waffe nutzen. Unglaublich. Er konzentrierte sich und als Mimi gerade den Saum seines Pullovers ergriff, hielt er sie davon ab.

„Prinzessin, ich gebe es zu, fast wäre es dir gelungen.“

Mimi hielt in ihrer Bewegung inne und sah ihn fragend an. „Was meinst du?“

„Was ich meine? Ich will mit dir über diese anonymen Anrufer reden. Im übrigen weiß ich wie ich den Anrufer überführen kann, aber ich habe auch eine The...“

Mimi zog den Braunhaaigen wieder an sich und drückte ihre Lippen auf seine. „Können wir das nicht später klären? Wir haben uns so lange nicht richtig Zeit füreinander nehmen können und außerdem ist heute Weihnachten...“ Traurig sah die Brünette zu Taichi. „Das Gespräch läuft doch nicht weg, oder?“, hauchte sie sanft.

„Natürlich nicht, aber...“

„Habe ich dich jemals um etwas gebeten, Tai?“, fragte die Brünette ernst nach und unterbach ihn einfach.

Er schüttelte nachdenklich seinen Kopf. „Nein, hast du nicht, aber...“

„Okay, dann bitte ich dich jetzt. Lass uns später reden.“ Mimi legte ihren Zeigefinger auf seinen Mund, damit er nicht wieder das Wort ergriff. „Wir werden reden, wirklich, aber jetzt möchte ich die Zeit mit dir genießen. Was spricht dagegen?“

Taichi schüttelte den Kopf und lächelte „Nichts spricht dagegen. Ich dachte nur...“

„Gut.“ Mimi küsste erst den rechten Mundwinkel und bahnte sich den Weg bis zu seinem linken Mundwinkel vor, bevor sie mit ihrer Zunge begann in seine Mundhöhle einzufahren.
 

Als sie sich wieder von ihm lösen wollte, knurrte er leise und grub die Finger in ihre Haut. Sie hatte es geschafft, er hatte nicht länger vor sich gegen ihre Avancen zu wehren. Außerdem sehnte er sich auch nach ihr. Er hielt ihren Kopf fest und drückte gleich seine Lippen auf ihre um den Kuss erneut aufzunehmen. Er schob beide Hände unter ihr dünnes Negligee und stöhnte, als er ihre weiche Haut ertastete. Mimi löste sich sanft von ihm und griff nach seiner Hand. Anschließend lief sie voraus in ihr Zimmer. Dort angekommen schloss Taichi die Türe hinter sich und drängte Mimi mit dem Rücken dagegen. Er zog ihr das Negiglee über ihren Kopf aus und musterte sie erregt. Es war dunkel, einzig alleine ein paar Kerzen, die auf dem Nachttischen und Fensterbank verteilt waren, spendeten sanftes Licht. Ohne an irgendwas weiter zu denken zog er seinen Pullover aus und ließ die Jeanshose ebenfalls zu Boden gleiten. Dann packte er Mimis Hände und hielt sie über ihrem Kopf fest. Er drückte sich gegen sie, wollte dass sie fühlte, was sie mit ihm anstellte und spürte wie Mimis Brustwarzen sich verhärteten. Taichi senkte die Lippen auf ihren Hals, ließ ihre Hände wieder los, während seine Hand unter ihr Höschen fuhr und erst begann ihre heiße Mitte zu streicheln, ehe er mit fließenden Bewegungen mit einem Finger in ihre Feuchte eindrang und rasch einen zweiten dazunahm. Im selben Moment beugte sie sich vor und küsste seine Brust. Sie ließ die Zähne über sein Schlüsselbein fahren und zog seine Haut zwischen ihre Lippen. Der Ältere brummte, zog seine Finger zurück, fuhr ihre Seite nach oben entlang und vergrub die Finger in ihren Haaren. Er neigte ihren Kopf so, wie er ihn haben wollte um sie noch tiefer zu küssen. Jede Berührung und jeder drängender Kuss verrieten ihm, das Mimi ihn wollte und er begehrte sie genauso. Sie ertastete seinen Bauch, zupfte am Bund seiner Boxershorts, bevor sie die Hände dadrunter gleiten ließ und seine Errektion umfasste. Abrupt löste er sich von der Jüngeren, sein Atem ging abgehackt

„Mimi“, keuchte er, als sie die Hand an ihm auf und ab wandern ließ. Mit einem Stöhnen stütze er sich mit einer Hand an der Türe ab. Bei Mimis nächster Berührung stieß er das Becken vor. Das fühlte sich so gut an, dass der Ältere befürchtete, dass es schneller vorbei sein könnte, als es ihm lieb war. In der nächsten Sekunde zog Mimi die Boxershorts nach unten. Sofort trat Taichi aus dem Stoff und zog sie Jüngere zu sich.
 

Gemeinsam torkelten sie zum Bett, auf dem Weg dahin befreite der Braunhaaige Mimi von ihrem knappen Höschen und zog sie auf seinen Schoß.

„Ich will dich auf mir“, raunte er.

Mimi folgte der Anweisung und langsam ließ sie sich auf ihm sinken. Stück für Stück, ohne den Blick von ihm zu nehmen. Taichi schlang einen Arm um sie, mit der anderen umschloss er ihre Brust und massierte sie. Ein leises Wimmern erklang aus ihrer Kehle und sie drängte ihm ihre Hüfte entgegen. Er begann ihre Brust immer fester zu kneten, während er die andere mit seinen Lippen in Beschlag nahm und an ihrer Brustwarze saugte. Ein weiteres Stöhnen fuhr aus den Lippen der Jüngeren, während sie ihren Kopf in den Nacken legte. Taichi ließ die eine Brust wieder los und legte beide Hände an ihrer Hüfte. Fest drückte er zu, als sie sich schnell in einem eingespielten Rhythmus wiederfanden. Bei jeder Bewegung schob er sein Becken weiter vor und drängte sich tiefer in sie. So intensiv hatte er die Brünette lange nicht mehr gespürt. Zischend holte er Luft.

„Oh Gott, Mimi.“

Auch Mimis Stöhnen wurde immer lauter, während sie Taichi tief in sich aufnahm. Sie hielt sich nicht mehr zurück und gab sich dem Älteren mit all ihren Sinnen hin. Mimi klammerte sich an ihm fest, krallte die Hände in seine Schultern, während ihr Kopf sich wieder senkte, sie dem Älteren in die Augen sah und mit einem lauten Aufschrei ihren Höhepunkt erreichte. Taichi erzitterte unter ihr, presste sein Gesicht gegen ihres und keuchte ihren Namen rau, als auch er sich nicht mehr zurückhalten konnte und sich in ihr ergoss. Sein Puls raste und er kostete den Moment vollkommen aus, nahm jede Regung in ihrem Gesicht wahr, ihre roten glühenden Wangen, ihr geöffneter Mund, der noch leise Laute von sich gab, ihre zerzausten Haare, die teils verschwitzt an ihrer Stirn klebten und doch sah sie nie schöner für ihn aus, als in diesem Moment. Mimi ließ sich kraftlos auf ihn fallen ließ, während sie noch immer miteinander verbunden waren.
 

Sie sprachen nicht, während sie ihre Atmung versuchten langsam zu beruhigen. Nicht, als Taichi sich nach hinten fallen ließ und die Jüngere in seine Arme zog. Nicht, als Mimi ihren Kopf hob und sie sich erneut küssten. Nicht, als der Kuss der sanft begann, wieder fordernder wurde. Sie schwiegen, während die Leidenschaft sich erneut ankündigte. Sie redeten nicht, als sie erneut übereinander herfielen, Taichi Mimi auf den Bauch warf und er von hinten in sie eindrang. Die einzigen Laute im Zimmer waren ihr Keuchen, ihre erhitze Atmung, das Geräusch ihrer Körper die im Einklang miteinander verschmolzen, als Taichi seine Hüfte gegen sie drückte und sie nahm. Das laute Stöhnen, das Mimi dämpfte, während sie ihr Gesicht in ihr Kissen drückte und das raue Keuchen, als Taichi sich auf die Unterlippe biss. Sie sprachen nicht ein Wort, als beide erneut in dieser Nacht kamen und Taichi sich schwer atmend ein weiteres Mal aus Mimi zurück zog. Auch danach lagen sie schweigend nebeneinander, aber lächelten sich liebevoll und entkräftet an.
 

Es war keine unangenehme Stille die sie umhüllte, auch wenn etwas schwerfälliges in der Luft lag, was er nicht genau erklären konnte. Mimi drehte sich auf die Seite und Taichi tat es ihr nach, er zeichnete Muster auf ihrem Rücken und fuhr die Linien ihres Körpers nach. Sie sagten immer noch nichts, als Mimi ihre Augenlider langsam schloss, Tai sie von hinten in seinen Armen hielt und Mimi sich mit ihrem Rücken an seine Brust kuschelte. Kurz überlegte der Braunhaarige, ob er nun ein Gespräch beginnen sollte, aber er wollte nicht reden. Jetzt nicht mehr. Morgen wäre auch noch ein Tag. Zu sehr wollte er diese Nacht mit seiner Freundin genießen, auf die er viel zu lange verzichten musste.

„Wir reden morgen, okay?“, flüsterte er in ihr Ohr.

Mimi nickte leicht und drehte ihren Kopf zu ihm herum um den Älteren in die Augen zu sehen. „Versprochen, morgen reden wir über alles“, sprach sie leise, aber entschlossen. Sie hob ihre Hand und legte diese an seine Wange. „Ich liebe dich, Taichi“, hauchte sie, nahm ihre Hand zurück, lächelte ihn nochmal an, bevor sie sich mit ihrem Kopf erneut auf das weiche Kissen legte.

Taichi schluckte schwer, als sie diese Worte mit soviel Wärme aussprach und ihm verliebt in die Augen sah. Er senkte seinen Kopf und gab ihr einen letzten Kuss auf den Hinterkopf, als er sich von ihr löste und sein Gesicht an ihren Hals vergrub um nochmal ihren Geruch einzuatmen, den ihn immer wieder umhaute.

„Ich liebe dich, auch.“

Auch wenn der Abend anders abgelaufen war, wie Taichi zunächst gedacht hatte, so war er doch froh, dass sie sich ihren Gefühlen hingegeben hatte. Er liebte sie und wollte sie beschützen. Das einzige was ihn interessierte war, dass sie in Sicherheit war.

Die Stunde der Wahrheit

25.12.2010
 

Mimi öffnete langsam ihre Augenlider und blickte gleich in Taichis schlafendes Gesicht. In der Nacht hatten sie sich so aneinander gekuschelt, das Mimi mit ihren Beinen noch immer zwischen denen des Älteren gefangen war. Sie wusste gar nicht mehr wo ihre aufhörten und seine anfingen. Sie rutschte ein wenig zurück, um den Braunhaarigen im Schlaf zu beobachten. Er sah so friedlich aus. Die Brünette legte behutsam ihre Hand an seine Wange und fuhr über seine Seite zu seinen Lippen. Wie sehr sie ihn liebte. Sie hoffte, dass er noch lange schlafen würde. Sie könnte noch ewig hier liegen und sein schlafendes Gesicht beobachten. Das war soviel besser, als mit ihm zu reden und sie wusste, wenn er die Augen aufmachen würde, müsste sie mit ihm reden und das wollte sie auch, denn er verdiente es. Er verdiente die Wahrheit, aber sie hatte auch so große Angst davor, ihm alles zu erzählen. Aber heute sollte der Tag sein, an dem sie Taichi die Wahrheit sagen wollte. Sie wollte ihm alles gestehen, angefangen von Nick bis hin zum Streit mit Matt. Sie musste an den Mädelsabend denken und daran, wie Sora sich gewünscht hätte, dass sie die letzte Nacht mit Matt viel mehr genossen hätte, daher wollte sie den letzten Abend so verbringen. Die Brünette wusste nicht, was passieren würde, aber diese Nacht würde für immer ihnen gehören. Ach, an was dachte sie da nur? Sicher würden sie noch viele solcher Nächte miteinander verbringen. Oh Gott, sie hoffte es wirklich. Verdammt. Sie biss sich auf die Unterlieppe. Sie kannte Taichi mittlerweile gut genug um zu wissen, dass er nicht gerade begeistert sein würde. Hoffentlich würde er noch ewig schlafen. Immerhin war doch Weihnachten, das Fest der Liebe, da würde er doch nicht...

Taichi streckte sich und gähnte ausgiebig. Er öffnete müde seine Lider und Mimi lächelte ihn liebevoll an. Damit brach der Tag offiziell an. „Beobachtest du mich etwa im Schlaf?“, witzelte er und beugte sich hinab um sie kurz zu küssen.

Mimi kicherte und nickte. „Schon möglich, aber es gab gerade nichts interessanteres.“

„Hast du gut geschlafen?“, fragte der Sportstudent noch verschlafen nach.

„Immer, wenn ich bei dir bin“, erwiderte sie. Es stimmte, bei ihm konnte sie immer gut schlafen und auch länger. Daheim oder ohne ihn bekam sie Albträume oder Panikattacken. An Schlaf war nicht zu denken. Aber diese Nacht hatte sie nicht so gut geschlafen wie sonst, aber das lag nicht an Taichi, sondern an dem was ihr bevor stand. Kurz nachdem sie sich so leidenschaftlich geliebt hatten und Taichi eingeschlafen war, hatte Mimi sich unruhig hin und her gewälzt. Sie ging in ihren Gedanken immer wieder das Gespräch durch und dachte an die möglichen Folgen. „Alles in Ordnung bei dir? Du siehst so besorgt aus?“

Mimi nickte, das Gespräch würde wohl schneller beginnen als sie es wollte. „Nein, das ist nur mein Einhaltegesicht. Ich muss auf die Toilette, aber du hältst mich so fest, das ich hier nicht wegkomme.“

Taichi lachte laut auf und lockerte seine Beine. „Na dann, lass ich dich schweren Herzens mal lieber los, bevor es hier noch ein Unfall gibt und es mit der Romantik für alle Zeiten vorbei ist.“

Mimi grinste. „Glaub mir, bevor ich das zulasse, platzt eher meine Niere.“ Sie setzte sich aufrecht hin und griff nach ihrem Morgenmantel. Sie legte ihn um sich und ging zu ihrer Zimmertüre.

„Prinzessin?“, murmelte der Braunhaarige, Mimi drehte ihren Kopf und sah ihren Freund fragend an. „Die letzte Nacht war wirklich schön“, lächelte er sie schelmisch an.

Die Brünette nickte. „Ja, das war sie.“
 

Mimi ging unter die Dusche. Ja, sie ließ sich wirklich etwas mehr Zeit als gewohnt, aber sie wusste, dass sie Taichi gleich sehr weh tun würde und desto mehr sie daran dachte, desto mehr schämte sie sich. Sie schamponierte sich wütend die Haare. Warum? Warum musste dieser dämliche Nick auftauchen und alles kaputt machen? Und warum konnte er nicht einfach explodieren und verschwinden? Als sie fertig mit duschen war und sich frische Klamotten angezogen hatte, ging sie zurück in ihr Zimmer. Auch Taichi war mittlerweile wieder in seine Klamotten vom Vortag gestiegen und saß auf ihrem Bett, während der Fernseh lief, er aber nicht wirklich hinsah. Die Brünette konnte sich denken worüber er nachdachte und es machte sie verrückt.

„Hey“, nuschelte Mimi schüchtern.

Taichi sah gleich vom Fernseher zu ihr und lächelte leicht. Dann stand er auf und kam auf die Brünette zu. „Können wir jetzt reden oder fällst du mir wieder um den Hals?“, fragte er zwinkernd nach und grinste, brach dieses aber schnell wieder ab und sah sie besorgt an, als diese ihn ernst ansah.

„Ich würde dir ja lieber um den Hals fallen, aber ich denke wir sollten endlich reden.“

„Okay... also was ich gestern sagen wollte. Ich glaube...“

„Nein...“ unterbrach Mimi ihn rasch.

Sofort verstummte der Ältere und sah sie missmutig an. „Mimi, wir sollten jetzt wirklich über diese Anrufe reden.“

„Nein!“ Bevor Taichi weiter sprechen konnte, redete Mimi einfach weiter. „Ich muss anders anfangen.“

Taichi klappte seinen Mund wieder zu. „Wie anders?“

„Na anders eben... vielleicht solltest du dich besser wieder hinsetzen.“

Der Sportstudent nickte unsicher und setzte sich auf die Bettkante, Mimi stand gegenüber von ihm am Schreibtisch und lehnte sich an die Arbeitsplatte an.

„Ich versuche einfach ganz von vorne anzufangen. Es ist nicht so leicht, also lass mich einfach reden.“ Nervös spielte die Jüngere mit ihrer Armbanduhr und blickte zwischen dieser und Taichi hin und her.

„Prinzessin, sag mir doch einfach was los ist. Du kannst doch mit mir über alles reden.“

Mimi musste bereits dagegen ankämpfen, dass Tränen in ihre Augen stiegen. Sie wünschte wirklich, dass sie das könnte also wollte sie es versuchen. Sie musste es.
 

„An einem Abend wo ich bei einem Konzert von Matt und seiner Band war, da...“, versuchte sie nach den passenden Worten zu suchen, aber fand sie nicht. Sie konnte es sich nicht schön reden und auch nicht ausschmücken. Dies wurde ihr gerade klar. „... da ging ich später auf die T-toiletten und als ich zurückkam, stand plötzlich N-nick vor mir...“, stotterte sie hilflos und sah kurz auf.

Irgendwie sah Taichi seltsam in diesem Moment aus. „Ist er der Stalker?“, brach es da schon aus ihm heraus.

Mimi zuckte mit den Schultern. „Möglich.“

„Wann war das? Ich meine fing das zeitgleich mit den Anrufen an?“

Mimi schüttelte ihren Kopf. „September“, nuschelte sie und knabberte an ihrem Daumennagel.

Taichi lachte verächtlich aus. „September?“, fragte er fassunsglos nach. „Das war vor drei Monaten Mimi.“

„Ich weiß“, flüsterte sie kaum hörbar und sank immer weiter in sich zusammen.

„Hat er dich da etwa bedroht?“, fragte Taichi angespannt nach.

Mimi nickte leicht und scheute seinen Blick. „Matt hatte ihn dann vertrieben.“ Die Brünette blickte wieder vorsichtig auf und sah wie es in Tai zu rotieren begann. „Matt wusste davon?“, knirschte er mit den Zähnen.

„E-er wollte dich da auch anrufen, a-aber ich... ich wollte das nicht. Es war ja nur eine einmalige Begegnung und ich wollte nicht, dass du dir Sorgen um mich machen musst und...“

„Bullshit!“, kam es angesäuert aus ihm heraus. „Ich will so etwas nicht hören. Du bist meine Freundin verdammt. Du brauchst mich nicht zu schützen Mimi, aber in dem Moment hättest du Schutz gebraucht!“

Mimi wusste nicht mehr was sie sagen sollte. Auf einmal kamen keine Worte mehr aus ihrem Mund, stattdessen bildete sich ein dicker Kloß in ihrem Hals.

„Wie ging es weiter?“, hakte Taichi scharf nach. Die Ungeduld machte sich bereits in seinem Gesicht breit.

„I-ich musste Matt versprechen, ihm Bescheid zu geben, falls er nochmal auftaucht.“

„Immerhin das!“

„Aber ich habe mich nicht dran gehalten!“

Ungläubig schlug Taichi sich die Hand vor die Stirn und gab einen undefinierbaren Laut von sich.

„Am nächsten Tag war er mein neuer Klassenkamerrad“, brachte Mimi mit aller Kraft hervor.

„Du willst mir jetzt nicht ernsthaft sagen, dass seit drei Monaten dein Psyscho-Ex in deiner unmittelbaren Nähe ist. Tag für Tag und du mir nichts, ich wiederhole mir nichts davon gesagt hast?“, fragte er wütend nach und wurde mit jedem Wort lauter.

Die Brünette konnte wieder nur schwach nicken. Wütend sprang Taichi auf und schlug dabei die Nachttischlampe gegen die nächste Wand. Mimi zuckte aufgeschreckt zusammen und begann zu zittern.

„Warum zum Teufel hast du mir nichst davon gesagt?“, schrie er sie an und blieb kurz vor ihr stehen. Er entspannte sich etwas, als Mimi sich vor ihm erschrak und versuchte sich selbst zu beruhigen. Sie wusste ja, dass Taichi nicht gerade begeistert sein würde.

„I-Ich hab versucht es alleine zu lösen“, schniefte die Brünette und brachte die Worte abgehackt hervor, während ihr gesamter Körper sich anspannte.

„Und was hast du gemacht um das Problem zu lösen, wenn du scheinbar nicht mal Matt etwas davon gesagt hast?“

„Nein, er hätte dich ja dann gleich benachrichtigt. Ich bin zum Direktor gegangen, zusammen mit Nicole, aber Nick...“

„Erwähne diesen Namen nicht mehr. Ernsthaft, ich könnte gerade echt...argh.“ Wütend ballte Taichi immer wieder die Hände zu Fäusten und versuchte gleichzeitig wieder sich zu beruhigen.

„Auf jeden Fall, seine Familie ist sehr wohlhabend und hat ein hohes Ansehen in New York und mit einer großzügigen Spende an die Schule war es egal, was ich zu sagen hatte und nach kurzer Zeit wurde er zum beliebtesten Schüler der verdammten Schule“, versuchte Mimi verzweifelt ihren Satz zu beenden.
 

Taichi war mittlerweile so sauer, dass es egal war was sie sagte. Sie konnte es ohnehin nicht mehr gut machen. „Ich fasse es einfach nicht, dass du mir das die ganzen Monate über verschwiegen hast. Wir haben jede verdammte Woche miteinander geskypt und du kamst nicht einmal dazu mir zu sagen, dass der Typ der dir verdammt weh getan und andere schlimme Sachen mit dir gemacht hat plötzlich aufgetaucht ist und sich wieder an dich ranhängt?“

„Ich hab ihm gleich erzählt, das ich einen Freund habe...“, murmelte Mimi hilflos.

„Das will ich ja wohl auch hoffen.“

„Aber er hat mir nicht geglaubt, also musste ich es ihm irgendwie beweisen...“

„Um Himmels Willen was hast du getan, Mimi?“

„Nichts schlimmes... I-ich habe ihm erzählt, das, also das Matt mein Freund ist...“, erwiderte die Brünette kaum hörbar.

Ungläubig starrte Taichi die Jüngere nieder. „Wie bitte?“, knurrte er.

„Ich weiß das, dass falsch war“, kam es trocken aus ihrer Kehle.

„Ja, war es Mimi. Ich glaube ich höre nicht richtig. Warum hast du mir das verschwiegen und warum hast du meinen besten Freund als deinen Freund ausgegeben?“

„Weil, du nicht da warst...“ Und mit beenden dieses Satzes wurde Mimi klar, dass sie gerade etwas falsches gesagt hatte.

„Machst du es mir jetzt zum Verhängnis, dass ich nicht in Amerika war um dir beizustehen?“, fragte der Sportstudent fassunsglos nach.

„Nein, natürlich nicht... E-es war nur so. Ni... Er hatte es mir geglaubt und mich in Ruhe gelassen und erst als Matt auf Tour aufgebrochen war, also da fingen die Anrufe und das Auflauern wieder an.“ Und wieder hatte Mimi mehr gesagt als sie eigentlich wollte.
 

Taichi lief fuchsteufelswild im Zimmer auf und ab, blickte kurz zu Mimi, doch konnte den Blick nicht lange standhalten. Wieder  und wieder schüttelte er seinen Kopf, aber sagte nichts.

„Rede mit mir...“, murmelte Mimi unsicher. Sie wusste nicht was sie machen sollte, auf ihn zugehen, stehen bleiben?

„Weißt du wann ein guter Zeitpunkt gewesen wäre, dadrüber zu reden? Vor etwa drei Monaten. Dass wäre ein guter Zeitpunkt gewesen und nicht jetzt!“

„Ich weiß, ich wollte dich nicht zusätzlich belasten,“ versuchte Mimi sich erneut zu erklären, aber irgendwie konnte sie sich gerade selber für diese Worte ohrfeigen.

„Hör auf damit! Ich will das nicht mehr hören. Hast du denn so wenig Zutrauen in meine Person gehabt?“, bohrte der Braunhaarige nach, während er sich immer wieder durch die Haare fuhr und wütend aufschnaubte.

Auf diese Frage wusste Mimi keine Antwort. Natürlich vertraute sie ihm. „I-ich...“ Was sollte sie nur sagen, was sie nicht schon gesagt hatte oder ihn noch wütender machte?

„Also nicht?“

„Doch! Aber ich dachte, du bist so weit weg und was hättest du... na ja... schon machen sollen?“

„Das fragst du ernsthaft?“, fragte er aufgebracht nach. „Ich wäre für dich dagewesen Mimi. Ich hätte das zusammen mit dir durchgestanden, aber diese Chance hast du mir gar nicht gegeben. Ich hätte dafür gesorgt, dass der Typ wieder verschwindet und wenn ich persönlich die Polizei informiert hätte. Was hat die überhaupt dazu gesagt?“

„Nichts“, krächzte es aus ihr heraus. Taichi sah sie auffordernd an und zog eine Augenbraue hoch. „Ich war nicht bei der Polizei!“

„Was? Aber warum haben deine Eltern dich da nicht hingebracht?“

„Weil sie davon auch nichts wissen“, murmelte Mimi niedergeschlagen und bemerkte wie das Brennen in ihren Augen immer stärker wurde.

„Boah...Mimi hörst du dir eigentlich auch mal selber zu?“ Taichis Stimme überschlug sich förmlich, während er immer wieder ungläubig den Kopf schüttelte. „Und wie genau wolltest du das Problem nun selber lösen? Es aussitzen, das Jahr rumkriegen und dann hätte es sich von selbst erledigt?“
 

Als Mimi nichts mehr sagte, weil ihr die Worte fehlten füllten sich ihre Augen immer mehr mit Tränen. „Es tut mir so leid“, schluchzte die Brünette entschuldigend und schaute auf den Fußboden zu ihren Füßen. Sie konnte Taichi jetzt nicht ansehen. Seine Augen waren nicht warm und liebevoll wie sonst. Nein, man konnte die pure Enttäuschung daraus erkennen und sie trug selber die Schuld daran. Sie hätte kotzen können.

„Ich glaub ich muss hier raus“, erwiderte der Braunhaarige unruhig und ging Richung Zimmertüre.

„Nein, bitte. Geh nicht!“, flehte die Jüngere und sah zum Braunhaarigen auf und wollte ihm nach.

„Warum? Willst du mir noch irgendetwas beichten? Auch wenn ich mir gerade nicht sicher bin, ob ich noch mehr ertragen kann.“

„Nein, mehr nicht. Tai... I-ich...“

Der Braunhaarige hob seine Hand, hielt inne, holte tief Luft und sah zurück zu Mimi. „Ich glaube es ist wirklich das Beste, wenn ich jetzt gehe, bevor ich etwas sagen, dass ich nachher nicht zurücknehmen kann und bereue.“

Mimi verstummte und nickte, sie wusste das Taichi jetzt die Zeit brauchte um über all das, was sie gesagt hatte, nachzudenken, aber sie hatte Angst, dass wenn er jetzt gehen würde, er nicht mehr zurückkommen würde. „Wann sehen wir uns wieder?“, hakte sie vorsichtig nach und versuchte aus seinen Augen irgendetwas zu lesen, aber es war Hoffnungslos. Wenn einer gut Gefühle verbergen konnte, dann war es Taichi.

„Ich weiß es noch nicht, ich muss nachdenken. Ich melde mich bei dir.“ Taichi öffnete die Türe, hielt kurz inne, wühlte in seiner Sporttasche, die er vom Fußboden aufgehoben hatte und warf Mimi ihr Geschenk vor die Füße, dann verschwand er ohne nochmal zurückzublicken.

Mimi krallte sich an ihrer Arbeitsplatte fest um nicht zusammenzubrechen. Langsam bückte sie sich und griff nachdem Geschenk, sie packte es aus und sah eine kleine Glaskugel. Sie schüttelte diese Kugel, während Schnee von der Decke fiel und auf ein tanzendes Paar hinab rieselte, welches sie und Taichi in Miniaturform zeigte. Sie hielt es nah an ihrer Brust während sie hemmungslos zu weinen begann.

Männergespräche

25.12.2010
 

Wütend lief Taichi durch die Straßen und wusste nicht wohin mit sich und seinen Gedanken. Er hatte eigentlich nur einen Wunsch, er wollte sich betäuben. Ein altbekanntes Rezept, wenn ihn etwas belastete und er nicht darüber nachdenken wollte. Doch dieses Mal lief er nicht gleich in die nächste Bar, die seinen Weg kreuzte. Jetzt gerade brauchte er einen klaren Verstand, um über all das nachzudenken, was Mimi ihn eben gesagt hatte. Warum hatte sie so lange geschwiegen? Warum kam sie nicht eher zu ihm? Wieso ließ sie sich von diesem Arsch so in die Enge drängen? Er fand einfach keine Antworten, vielleicht weil es auch einfach keine gab. Er wusste gar nicht was ihn mehr verletzte, dass sie log, dass sie ihn verleugnet hatte? In letzter Zeit war einfach zu viel passiert, viel zu viel für ihn und er wusste wirklich nicht, wie er seine Gedanken noch einigermaßen ordnen sollte ohne daran zu zerbrechen. Am liebsten würde er schreien oder gegen was schlagen. Hauptsache das Summen in seinem Kopf würde aufhören. Sein Handy vibrierte, er blieb stehen. Wenn das jetzt ernsthaft Mimi war, war es keine gute Idee das Handy herauszuholen, denn er wusste nicht, was er dann sagen würde. Er erkannte einen Briefumschlag an der oberen Ecke des Displays und wusste, dass er eine Nachricht bekommen hatte, was schon mal besser als ein Anruf war. Doch zu seiner Verwunderung war es keine Kurzmitteilung von Mimi, doch jetzt wusste er wenigstens, wo er seine Wut loswerden konnte.
 

>Hi Alter, ich bin daheim. Hast du Zeit? LG Matt <
 

Er drehte sich herum um einen Richtungswechsel vorzunehmen. Es war ihm klar, dass Matt sicher nicht in seiner eigentlichen Wohnung bei seiner Ex-Freundin sein würde, also steuerte er zielsicher die Wohnung von Yamatos Vater an. Nach zehn Minuten kam er in dem Wohnkomplex an und klingelte Sturm. Ein Summen erklang und Taichi lief die Treppen zwei Stufen aufeinmal nehmend hoch, vielleicht würde das ja dafür sorgen, dass seine Wut verpuffte, doch als die Wohnungstür sich öffnete und sein bester Freund grinsend im Türrahmen stand war es um Taichi geschehen, noch ehe Yamato den Mund öffnen konnte, flog seine Faust in das Gesicht des blonden Musikers. Da dieser es nicht hatte kommen sehen, traf ihn der Schlag direkt unter seinem rechten Auge. Sofort riss der Musiker panisch aber auch fragend die Augen auf und als er gerade ansetzen wollte etwas zu sagen, zog ihn Taichi zu sich, umarmte ihn, klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter und ließ ihn los.

Schmerzerfüllt rieb sich der Musiker seine rechte Wange. „Deine Stimmungsschwankungen werden auch immer schlimmer“, brummte er genervt und folgte Taichi in die Küche, der gleich den Kühlschrank aufgemacht hatte. „Nur Bier“, war lediglich seine Aussage. „Was ist los und was war das gerade?“, fragte Yamato deutlich angepisst nach, doch Taichi ignorierte ihn zunächst. Er öffnete das Bier mit einem Feuerzeug, das auf der Arbeitsplatte lag und trank mehrere Schlucke bis die Flasche zur Hälfte geleert war.

„Der Schlag war dafür, dass du mir nichts davon gesagt hast, dass Nick wieder in Mimis Leben aufgetaucht ist und die Umarmung...“ Er sah seinen besten Freund an. „War dafür, dass du versuchst hast sie zu beschützen.“

Der Musiker holte sich ein Kühlpad aus dem Gefrierfach, wickelte es in ein Spültuch und hielt es sich an die Wange. „Du weißt es?“, fragte er sinnloserweise nach.

Taichi lachte höhnisch und trank den Rest leer. „Besser spät als nie, was?“

„Hör zu, ich wollte dir das sagen, aber...“ Der Musiker brach ab.

„Aber was?“, fragte der Braunhaarige angespannt nach.

„Mimi kann... überzeugend sein und sie hatte mich irgendwie in der Hand mit Sora...“, nuschelte der Blonde, während er das Gesicht verzog um das Kühlpad mit etwas mehr Druck auf die Wange zu legte.

„Ach du meinst, weil du diese Nicole gevögelt hast“, zischte Taichi und nahm sich das letzte Bier aus dem Kühlschrank, ehe er Yamato stehen ließ und wieder gehen wollte.

„Das war ein Fehler“, hörte er diesen mit Bedauern sagen. Taichi hielt inne und sah wieder zu seinem besten Freund. „Sie hat dir wohl tatsächlich alles gesagt“, kam es überrascht von dem Musiker. „Aber das wurde auch Zeit.“

„Sieht wohl so aus...“, erwiderte Taichi mit weitaus weniger Zorn, als noch vor wenigen Sekunden.

„Sorry, aber gerade bin ich auf deine Freundin nicht besonders gut zu sprechen“, murmelte der Blonde und ging ins Wohnzimmer.

„Dann wären wir schon zu zweit.“ Taichi folgte ihm und setzte sich zu Yamato auf die Couch. Wie immer war sein Vater nicht da, vermutlich war er arbeiten, selbst wenn sein Sohn nach vier Monaten über Weihnachten nach Hause kommt.

„Ich meine sie hat mir ernsthaft gedroht damit, es Sora zu sagen, wenn ich dir das erzähle. Ich meine... Hallo?“

„Sie hätte es ihr nicht gesagt, glaub mir. Schon alleine, weil sie Sora nicht verletzen würde. Warum hast du es getan?“

„Willst du wirklich darüber reden?“, hakte Yamato überrascht nach, als Antwort bekam er nur ein stummes Nicken. „Ich kann es dir nicht sagen, okay? Ich hätte es nicht machen sollen. Ich war einfach... Ich hab Ablenkung gebraucht.“

Der Brünette konnte es sogar verstehen. Ihm war schon klar, dass Yamato sich wahrscheinlich nach Soras Trennung die Kante gegeben hatte und vergessen wollte. Jetzt kam ihm das Gespräch mit Mimi wieder in den Sinn und wie sie darauf reagierte, weil Taichi Yamato sogar irgendwie verstehen konnte.

„Na ja, hätte mir besser die Gitarre geschnappt.“

Taichi sah zu seinem Freund und seine Mundwinkel zuckten kurz, aber zu einem Lächeln konnte er sich noch nicht duchrinnen. „Sorry, wegen...“

„Vergiss es...“, unterbrach Yamato ihn gleich. „Und?“

„Und was?“, fragte Taichi verwundert nach.

„ Na du und Mimi?“

Taichi hatte mittlerweile auch die zweite Flasche geleert, aber wirklich besser ging es ihm nicht. Die Stimmen in seinem Kopf wollten noch lange nicht aufhören. „Ich bin so unfassbar wütend. Warum hat sie mir das nicht erzählt? Ihre Erklärungen sind so lächerlich wie unglaubwürdig“, regte sich der Braunhaarige weiter auf. „Ich versuche die ganze Zeit zu verstehen, irgendwie zumindest, aber... ich kann es nicht.“

„Weißt du das habe ich sogar auch“, kam es nachdenklich aus dem Musiker während er einen irritierten Blick des Yagamis erhaschte. „Na versucht sie zu verstehen.“

„Und wie ist deine grandiose Theorie?“

„Sie hat Angst“, erwiderte Yamato und legte das Kühlpad auf den Tisch. Ein roter Abdruck lag auf der rechten Wange und sein Auge war leicht geschwollen.

„Dass ich es herausfinden kann, tja das weiß ich jetzt“, entgegnete Taichi, doch der Musiker schüttelte seinen Kopf.

„Nein, dass man ihr nicht glaubt.“ Überrascht sah Taichi zu seinem besten Freund. „Na ja, sie ist ja wohl gleich an dem Tag als Nick in der Schule aufgetaucht war zum Direktor gegangen“, begann der Blonde. Der Fußballer nickte und hörte weiter gespannt zu. „Stell dir mal vor, du gehst du deinem Direktor, um ihn vor einem Mitschüler zu warnen, sagst ihm, dass jemand ihr sehr weh getan hat. Sie war gezwungen sich jemanden anzuvertrauen, dem sie lieber gar nichts davon gesagt hätte und obwohl das Recht auf ihrer Seite war, hat er ihr nicht geglaubt oder aber es war ihm schlichtweg egal, weil die lieben Eltern genug Geld gezahlt haben. Er hat das Geld genommen und statt Mimi zu schützen, hat er es zugelassen, dass er nicht nur die gleiche Schule besucht, sondern teils auch die gleichen Kurse und sie ihm so ständig ausgesetzt war. Kein berauschendes Gefühl, oder?“

Taichi musste über die Worte die sein bester Freund gerade gesagt hatte erst mal nachdenken. „Trotzdem, warum ist sie nicht mal zu ihren Eltern gegangen, warum nicht zu mir?“

„Vielleicht weil sie sich geschämt hat. Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass sie wirklich Angst hatte und ich war froh, dass sie erst mal Ruhe vor ihm hatte.“

„Ja. Bist du weg warst“, meinte Taichi und spielte mit dem Etikett der Bierflasche herum.

„Warum?“, fragte der Musiker irritiert nach.

„Seit du auf Tour aufgebrochen warst wurde Mimi mit anonymen Anrufen tyrannisiert.“

„Von diesem Arsch?“

„Ist anzunehmen“, murmelte der Braunhaarige und riss das Etikett ganz ab.

„Und lass mich raten; Mimi hat nichts gemacht oder gesagt.“

Taichi schüttelte genervt seinen Kopf. „Natürlich nicht, wäre ja auch zu einfach.“

„Oh weia, dieses Mädchen macht einen wahnsinnig“, murmelte Yamato.

„Dann erkennst du jetzt mein Problem. Egal...“

„Egal?“, hakte Yamato vorsichtig nach.

„Ja genug von mir. Ich finde heute sowieso heute keine Lösung mehr. Wie geht es dir? Bist du Sora schon begegnet?“
 

Taichi wollte nicht mehr über Mimi reden oder an sie denken. Er wusste wirklich nicht wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Er konnte sogar verstehen, dass sie Angst hatte oder sich vielleicht schämte, aber eines geisterte ihm die ganze Zeit durch den Kopf. Sie führten eine Fernbeziehung und sie hat das gemacht, was in dieser Situation das Schlimmste war. Sie hatte gelogen – vielleicht nicht absichtlich, aber sie hatte es getan und das über Monate lang. Mimi war in Sorge, in Panik und er wusste nichts von diesen Gefühlen. Wie sollte er damit die nächsten sechs Monate klar kommen, wenn sie wieder zurückreisen würde? Als Yamato sich räusperte, sah er ihn interessiert an. Er freute sich, das sein bester Freund wieder da war und jetzt wollte er sich darauf konzentrieren. Über die andere Frau die das Leben seines besten Freundes auf den Kopf stellte.

„Ich habe ihr geschrieben um über die Wohnsituation mit ihr zu reden“, murmelte der Blonde.

„Was ein Code für, ich will dich sehen, weiß aber nicht wie ich es sagen soll, sein soll“, erwiderte der Braunhaarige leicht grinsend, als der Blonde nickte, musste Taichi sogar noch etwas breiter grinsen. „Willst du sie zurück?“, fragte er neugierig nach.

„Nein“, antwortete der Blonde überzeugend.

Überrascht sah der Braunhaarige zu seinem besten Freund. „Nein?“, wiederholte er die Worte und wartete auf eine Erklärung. „Liebst du sie nicht mehr?“ Doch Yamato schwieg noch immer. Taichi hielt sich zurück, er wusste schließlich wie es ist, wenn man nicht über alles reden wollte. „Du musst mir nichts er...“

„Sie hat sich aus den richtigen Gründen von mir getrennt“, murmelte Yamato in dem Moment nachdenklich, „und wäre ich Mannes genug gewesen hätte ich ihr das erspart, stattdessen habe ich sie nur noch mehr verletzt in dem ich es hinausgezögert habe.“

„Was meinst du? Irgendwie kann ich dir nicht folgen“, fragte Taichi verwirrt nach.

Auf den Lippen des Musiker erschien ein ehrliches Lächeln. „Die Tour läuft sehr viel besser als geplant“, begann Yamato zu erzählen. „Eine Plattenfirma wurde aufmerksam auf uns und wollen uns unter Vertrag nehmen. Wenn im März die Tour beendet ist, beginnen wir in einem Tonstudio richtig an unserem Album zu arbeiten. Es ist noch nicht alles ausgehandelt, aber bisher sieht es gut aus.“

Taichi stellte die Flasche auf dem Wohnzimmertisch ab und sah ungläubig zu dem Blonden. „Matt, das ist... Weißt du was das heißt? Du hast es tatsächlich geschafft.“ Taichi freute sich wirklich für seinen besten Freund.

„Deshalb... deshalb kann ich sie auch nicht darum bitten, mich zurück zu nehmen“, murmelte der Blonde. „Es wäre ihr gegenüber nicht fair. Ich wäre nur unterwegs... und das würde sie fertig machen, wenn sie mich überhaupt zurücknehmen würde.“

Taichi nickte verstehend. Er wusste zwar, dass die Trennung nach wie vor an Sora nagte und sich insgeheim nichts lieber, als ein Comeback wünschte, aber unter diesen Umständen war es besser weiterhin getrennt zu sein. Für Beide. Auch wenn es ihm für seine beiden besten Freunde wahnsinnig leid tat. Aber wer wusste schon wie das Ganze für ihn ausgehen würde. „Wann trefft ihr euch?“

„Morgen“, antwortete der Blonde.

„Nervös?“, hakte Taichi nach und schmiss das Etikett, das er zusammengeknüllt hatte auf den Wohnzimmertisch.

„Nein.“

„Lügner“, grinste der Brünette.

„Na gut, vielleicht etwas. Ich habe sogar ein Geschenk für sie, auch wenn ich nicht weiß, ob ich es ihr geben soll“, meinte der Blonde und schien in Gedanken versunken zu sein.

„Du solltest es ihr geben. Sora verdient Geschenke. Pass nur auf, dass es nichts ist was sie dir an den Kopf werfen kann“, grinste der Braunhaarige.

„Ach, darüber kannst du dich auf einmal freuen? Ich wüsste ein Wort, das deine Laune wieder an den Gefrierpunkt kommen lässt“, brummte der Blonde verärgert.

„Ach glaube mir, noch mehr gefrieren kann meine Laune gar nicht mehr“, erwiderte der Braunhaarige verbissen.

„Geht es dir denn wenigstens etwas besser?“, erkundigte sich der Musiker. Taichi nickte und nun grinste Yamato breit. „Lügner“, zwinkerte er ihm zu. Taichi schüttelte seinen Kopf.

„Ach, halt doch deine Klappe“, erwiderte er erst grinsend, doch wurde dann schnell wieder ernst.
 

„Zur Zeit funktioniert irgendwie gar nichts in meinem Leben.“

Yamato räusperte sich und setzte sich aufrecht hin. „Du meinst deinen Vater? Tut mir Leid, dass ich nicht eher kommen konnte“, entschuldigte sich der Musiker unsicher.

Taichi winkte ab. „Ach was, du hättest eh nichts machen können und ich war ja auch nicht alleine. Es ist nur...“

„Weil du keine Gelegenheit mehr hattest, dich mit deinem Vater auszusprechen?“, hakte Yamato nach und kam seinem Freund etwas entgegen.

Taichi nickte leicht und verzog seinen Mund. „Ich weiß nicht mal, ob es mir überhaupt zusteht zu trauen“, murmelte der Braunhaarige betrübt.

„Warum das denn?“ Der Sportstudent zuckte mit seinen Schultern. „Irgendwie bin ich immer noch wütend auf ihn. Blöd oder?“

„Hör zu, ich kann dich verstehen. Ich habe gestern das erste Mal wieder mit meiner Mutter telefoniert, seit fast acht Monaten und ich glaube zwischen uns ist weitaus weniger schief gelaufen, als bei dir und deinem Vater. Er hat dich damals verletzt, aber trotz allem war er dein Vater und du liebst ihn.“
 

Taichi wusste zunächst nicht was er darauf erwidern sollte. Eine Zeitlang schwiegen die beiden Freunde, ehe Taichi seine Sprache wieder fand. „Ich weiß nicht was ich machen soll, es fühlt sich irgendwie so unfertig an“, nuschelte der Sportstudent und fixierte einen Blumentopf der auf einer Fensterbank stand.

„Weil du es nicht mehr geschafft hast, dich mit ihm auszusprechen?“, fragte Yamato behutsam nach. Als Antwort bekam er nur ein stummes Nicken. „Was hättest du ihm gesagt? Also wenn du es noch geschafft hättest?“

Überrascht sah Taichi von der Fensterbank zu seinem Freund, darüber musste er erst einmal nachdenken. So recht wusste er das gar nicht. Er wusste nur, dass er nach Aoshima musste um für seine Familie da zu sein. Er zuckte mit seinen Schultern. „Ich weiß nicht, ob ich ihm hätte alles verzeihen können…, nur weil er eben da lag, wie er lag. Verstehst du?“

„Ja. Du hast immer zu deinem Vater aufgesehen und ich weiß noch ziemlich genau wie fertig du damals warst. Er mag vielleicht seine Gründe gehabt haben, aber er hat euch im Stich gelassen. Ich versteh das. Ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht, ob ich es ihm hätte verzeihen können.“

„Wieso können es dann Kari und sogar meine Mutter? Die war damals so fertig und trotzdem… Wieso ich dann nicht? Wieso komme ich da nicht drüber weg?“

„Du musstest damals ziemlich schnell Verantwortung übernehmen. Du hast versucht die Lücke zu füllen, die dein Vater hinterlassen hatte, obwohl du selber noch jung warst und deinen Vater gebraucht hättest.“

„Werde ich es jemals können? Ich meine… werde ich ihm jemals verzeihen können, sowie meine Mutter und Kari?“

„Ja!“, erwiderte Yamato wie aus der Pistole geschossen.

Irritiert sah Taichi seinen besten Freund an. „Warum bist du dir da so sicher?“

„Weil du ein guter Mensch bist, Tai. Du brauchst einfach noch etwas Zeit. Es erwartet keiner von dir, morgen oder nächste Woche mit der Sache abzuschließen. Erlaube dir selber solange wütend zu sein, wie du willst um danach traurig sein zu dürfen.“

Taichi musste schmunzeln. „Weißt du was? Du hast mir echt gefehlt!“

„Weil du wieder jemanden brauchtest den du verprügeln kannst?“, fragte Yamato grinsend nach.

„Auch.“ Die beiden jungen Männer lachten.

„Ach, es ist wirklich schön wieder hier zu sein, wenn man merkt das man so vermisst wurde“, kam es amüsiert aus dem Blonden.

„Ich bin froh ehrlich und bevor du fliegst musst du mir auf jeden Fall noch ein Autogramm geben.“ Yamato sah Taichi fragend an. „Na ja, wenn du irgendwann berühmter als Bon Jovi bist und deinen alten Freund aus der Grundschulzeit nicht mehr kennst, kann ich die immer noch teuer bei Ebay verkaufen“, grinste der Brünette überheblich.

Yamato verdrehte genervt seine Augen. „Ich weiß gar nicht mehr warum ich dir geschrieben habe, dass ich wieder da bin“, kommentierte er die Aussage trocken.

„Na, weil du mich auch vermisst hast, ist doch klar.“

„Du mich mehr, also bitte...“, grinste der Musiker wissentlich. „Und nur dass du es weißt, sollte ich mal berühmter als Bon Jovi sein, lasse ich dich in einem Privatjet einfliegen, damit du mich auf der Bühne bewundern kannst“, lachte der Blonde.

„Muss ich dann so ein peinliches Plakat basteln, wo drauf steht wie sehr ich dich liebe?“, fragte Taichi schmunzelnd nach.

„Na wenn du dein persönliches Liebeslied hören willst, welches ich extra für dich komponiert habe, dann schon“, konterte der Musiker.

„Wenn du extra für mich ein Liebeslied schreibst dann schmeiße ich sogar meine Unterwäsche auf die Bühne.“

„Na toll, jetzt ist mir schlecht“, kam es trocken, aber auch lachend von dem Blonden.

Auch Taichi musste lachen. Wer hätte gedacht, das er am ende diesen Tages sogar noch lachen konnte. Aber manchmal brauchte es keinen Alkohol um seinen Schmerz zu betäuben. Manchmal reichte ein Gespräch mit seinem besten Freund.

Verspätete Erkenntnisse

26.12.2010
 

Nachdem Taichi und Yamato sich noch lange ausgesprochen hatten, zockten sie bis spät abends miteinander und bestellten schließlich noch etwas zu essen. Taichi schlief irgendwann erschöpft auf der Couch ein und Yamato ließ ihn einfach liegen. Beiden tat die Ablenkung gut und war allemal besser, als sich ständig mit den eigenen Problemen auseinanderzusetzen.

Taichi hatte am Morgen nicht mehr viel zu sagen gehabt, wünschte Yamato für das Gespräch mit Sora viel Erfolg und machte sich dann auf dem Weg nach Hause. Er musste alleine sein und sich Gedanken machen, wie es jetzt mit allem weitergehen sollte.

Takeru hatte sich für den Morgen angekündigt, auch ihm hatte Yamato gleich geschrieben, dass er wieder im Lande wäre. Er freute sich darauf, seinen kleinen Bruder wiederzusehen. Sein Vater hatte sich nur kurz blicken lassen, duschte und machte sich dann schon wieder auf dem Weg zur Arbeit. Der Sender schien ihn wieder mal zu brauchen, aber Yamato kannte es ja nicht anders. Das würde sich auch nie ändern, dachte er, als er sich kurz mit ihm im Flur über seine Arbeit unterhalten hatte.
 

Er bereitete gerade das Frühstück vor, als es an der Türe klingelte. Er stellte die Pfanne auf eine kalte Herdplatte zurück und öffnete seinem kleinen Bruder die Wohnungstür. Er ließ diese einen Spaltbreit offen und ging zurück in Küche. „Bin in der Küche“, rief Yamato durch die Wohnung, als er hörte wie jemand die Wohnungstüre passierte.

„Hey.“ Takeru betrat die Küche und freudestrahlend sah der Jüngere zu seinem Bruder, sie umarmten sich kurz und musterten sich gegenseitig.

„Du bist groß geworden, Kleiner!“, grinste der Ältere.

„Wo hast du denn das Veilchen am Auge her? Wilde Fans, die sich um dich geprügelt haben und du musstest dazwischen gehen?“, fragte Takeru grinsend nach.

Yamato fasste kurz an die Stelle. Die Schwellung war schon deutlich zurückgegangen und kaum noch der Rede wert. Nur noch ein leichter Blauschimmer war zu erkennen. „Ach das? Das ist nichts. Es geht mir gut“, erwiderte er unbekümmert und wand sich wieder seiner Pfanne zu, in der zwei Spiegeleier brutzelten.

„Du bist noch gar nicht so abgehoben wie ich dachte“, scherzte Takeru. „Immerhin bereitest du noch selber das Frühstück zu.“

„Warum denkt das eigentlich jeder?“, erwiderte Yamato kopfschüttelnd. Er nahm die Pfanne von der Kochplatte und platzierte jeweils ein Spiegelei auf Takerus Teller und auf seinem eigenen. Den Tisch hatte er bereits vorher eingedeckt und Takeru nahm gegenüber von Yamato am Küchentisch Platz.

„Tja, dein Ruf eilt dir wohl voraus“, kam es nur unbeeindruckt von dem Jüngeren. Er nahm sich sein Besteck, die Scheibe Brot, legte sein Spiegelei darauf und aß. „Wie läuft es denn so?“, hakte der Jüngere dann neugierig nach.

„Gut, aber hast du wirklich etwas anderes erwartet?“, grinste der Musiker überheblich.

„Wieso denkt nur jeder, dass du abgehoben sein könntest?“, neckte der Schüler seinen älteren Bruder, doch Yamato zuckte nur unbeteiligt die Schultern.

„Wie läuft es hier bei dir? Alles okay? Du spielst doch noch Basketball oder?“

„Die Schule läuft gut, bin aber froh, dass wir jetzt erst mal Ferien haben und Basketball spiele ich noch so lange, wie ich es kann und es mir Spaß macht“, erklärte Takeru.

„Freut mich für dich und wie läuft es mit Kari?“

Takeru nahm ein Schluck von seinem Tee bevor er zu seiner Antwort ansetzte. „Gut. Ich meine klar, die Sache mit ihrem Vater belastet sie noch sehr, oft weint sie auch noch und findet schwer in den Schlaf. Es ist eben alles noch sehr frisch, aber sie gibt sich Mühe das alles zu verarbeiten und ich versuche ihr zu helfen, so gut ich es eben kann“, erwiderte der Jüngere. „Ich bin nur froh, dass sie es zulässt und wir die Sache so gemeinsam durchstehen können. Ich hoffe, dass ihr das hilft.“

Yamato nickte verstehend. „Ihr schafft das schon. Kari kann froh sein, dass sie dich hat und ich bin sicher du wirst dich besser anstellen als ich es getan habe“, sprach der Musiker ernst und war bereits mit seinem Teller fertig.

Takeru sah seinen Bruder an. „Du meinst besser als du mit Sora?“

Yamato nickte betrübt.

„Ach Matt, eigentlich wart ihr das Paar, an dem ich mich orientiert und zu dem ich aufgesehen habe“, grübelte der Jüngere.

Yamato hob den Kopf. „An uns?“, fragte er verwundert nach.

„Natürlich, ihr habt euch nicht nur geliebt, ihr wart auch Freunde und ein wirklich tolles Team.“

Yamato hielt kurz inne und wusste für einen Moment nicht, was er sagen sollte. Er hatte eine tolle Zeit mit Sora gehabt und er vermisste sie sehr. Er fragte sich schon, ob die Musik das alles wert war, aber sobald er auf der Bühne stand, fühlte er sich immer so lebendig. Es war zum Haare ausreißen. Ob er jemals für eine andere Frau solche Gefühle aufbringen konnte wie für Sora? Er konnte es sich nicht vorstellen. Niemand war wie sie. „Na ja, gereicht hat es wohl trotzdem nicht, also mach nicht alles wie dein großer Bruder und vergraul Kari nicht“, lächelte der Musiker matt.

„Habe ich nicht vor, aber Danke trotzdem.“

„Dann ist ja gut“, erwiderte Yamato grinsend. Er freute sich, dass wenigstens sein kleiner Bruder eine funktionierende und stabile Beziehung hatte, aber es wunderte ihn nicht. Wenn Takeru sich für ein Mädchen ins Zeug legen würde, war es Hikari und er würde sie nie alleine lassen. Er würde nie einfach das Land verlassen und Kari und er würden nie so viele Geheimnisse haben wie Tai und Mimi. Ja, die beiden Jüngeren machten viele Dinge besser, als sie alle zusammen und er war ein Vorbild für ihn? Nicht, dass er sich irgendwann Takeru als Vorbild nehmen würde.

Die beiden Brüder frühstückten zu Ende und räumten den Tisch gemeinsam ab, anschließend verabschiedete sich Takeru von Yamato um zu Hikari zu gehen und Sora hatte sich bereits ebenfalls bei Yamato gemeldet. Eine Woche würde Yamato bleiben bis er wieder im Flieger sitzen würde um weiter an seinen Traum zu arbeiten.
 

Gegen Mittag hatte Yamato sich mit Sora in ihrer Wohnung verabredet. Er hatte sogar das Geschenk eingepackt, auch wenn er noch nicht wusste, ob er es ihr geben sollte oder nicht. Er war aufgeregt, die Situation war angespannt und neu für ihn. Er hatte zwar einen Haustürschlüssel wusste aber nicht, ob er diesen benutzen sollte oder nicht, daher klingelte er.

„Takenouchi“, erklang Soras helle Stimme aus der Gegensprechanlage.

„Ich bins“, murmelte der Musiker mit rauer Stimme.

„Achso... okay.“

Eine Sekunde später vernahm der Blonde ein Summen und stieß die Türe auf. Yamato schluckte, atmete tief ein und aus und betrat schließlich die Treppenstufen. Oben angekommen war die Wohnungstüre bereits geöffnet und Sora wartete auf ihn. Er konnte nicht umher sie genauer zu betrachten, war es immerhin vier Monate her, dass sie sich gesehen hatten. Sie trug eine enge Röhrenjeans, die ihre langen, schlanken Beine betonte und eine weiße Bluse mit einer großen Schleife am Kragen. Er erkannte ein dezentes Make-Up an ihr und sie hatte die Haare etwas zusammengesteckt. Mit anderen Worten sie sah einfach atemberaubend aus.

„Hast du deinen Wohnungsschlüssel verloren?“, fragte Sora aufgeregt nach, stand im Flur und sah Yamato an, konnte aber dessen Blick nicht lange stand halten.

„Nein, ich... ich wusste nicht, ob ich ihn benutzen darf“, murmelte er, diese Stille zwischen ihm und Sora machte ihn ganz wahnsinnig.

Ein paar Minuten sahen sie sich schweigend an, dann räusperte sich Sora. „Möchtest du etwas trinken?“

Yamato nickte und folgte ihr in die kleine Küche. Er beobachtete Sora dabei wie sie zwei Gläser auf den Tisch stellte, Wasser aus dem Kühlschrank holte und beide Gläser auffüllte, dann schraubte sie den Deckel wieder auf die Flaschenöffnung, stellte diese auf den Tisch und legte sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Wieder blickte sie durch die Küche anstatt Yamato anzusehen.

„Wie geht es dir?“, fragte er nach. Er wusste die Frage war dämlich, aber er hielt die Stille einfach nicht mehr aus und versuchte einen Anfang zu finden.

„Gut“, murmelte sie tonlos. „Wie viel Zeit hab ich?“, fragte die Rothaarige nach und sah den Blonden das erste Mal länger als drei Sekunden an.

„Was meinst du?“, fragte der Musiker überrascht nach, da er nicht wusste was sie von ihm wollte.

„Wie viel Zeit habe ich bis ich die Wohnung geräumt haben muss?“, fragte sie dieses Mal genauer.

Irritiert sah der Musiker sie an. „Ähm...wie bitte?“ Yamato war es nicht gewohnt, dass Sora so mit ihm sprach, kühl und abweisend, auch in ihrem Blick ließ sie keine Gefühl zu. Es versetzte seinem Herzen einen Stich. Er wusste ja, dass er ihr sehr weh getan hatte, aber das sie jetzt so miteinander umgingen, setzte ihm ziemlich zu.

„Es ist mitten im Studienjahr nicht so einfach eine Zimmer im Studentenwohnheim zu bekommen und ich möchte nicht wieder nach Hause, kann mir aber alleine nicht die Wohnung leisten. Also wie viel Zeit lässt du mir.“

Yamato wusste im Moment immer noch nicht was er sagen sollte, dann schüttelte er seinen Kopf und versuchte sich zu konzentrieren. „Ähm... du kannst so lange bleiben wie du möchtest und was anständiges gefunden hast.“

„Das könnte aber noch Monate dauern und ich will dir deswegen keine Umstände bereiten. Du kannst das Geld für die Miete sicher anders gebrauchen“, erwiderte Sora mit brüchiger Stimmer, was dem Blonden nicht entging.

„Hör zu Sora: Du suchst solange wie es eben dauert. Egal ob eine neue Wohnung oder ein Zimmer im Studentenwohnheim. Mach dir über meine Mietanteile keine Gedanken. Ich zahle solange weiter, wie du es brauchst.“

„Aber?“

„Nein Sora, bitte. Es sind keine Umstände für mich, es ist das Mindeste, also lass mich das für dich tun. Okay?“

Die Rothaarige nickte betrübt und umschloss ihr Glas Wasser mit beiden Händen. „Danke.“

„Kein Problem.“

„Ich habe deine restlichen Sachen in einen Karton gelegt, der steht im Wohnzimmer. Was ist denn mit den Sachen die wir gemeinsam gekauft haben? Soll ich dich auslösen?“, fragte Sora angespannt nach.

Yamato schüttelte gleich seinen Kopf. „Nein, das kannst du alles behalten, also wenn du das möchtest.“ Er wollte es für sie nicht noch schwerer machen. Er wusste zwar, dass dieses Gespräch sehr schwer werden würde, aber dass es so verkrampft sein würde, hätte er nicht erwartet. Auch wenn er ehrlich gesagt nicht wusste, war er eigentlich erwartet hatte. Die Situation war einfach schrecklich und ihm wurde ganz schlecht.
 

Wieder vergingen einige Minuten in denen Beide schwiegen. Da die Küche klein war und sie an einem schmalen Küchentresen saßen, wäre es ein leichtes für Yamato gewesen, seine Hand auszustrecken und die Jüngere zu berühren und er musste sich sehr beherrschen, dies nicht zu tun. Er hatte schließlich kein Recht mehr dazu.

„Wie läuft denn die Tour? Ihr wart zuletzt in Denver oder?“, fragte Sora zaghaft nach.

Yamato lächelte, dass sie noch so genau wusste, wo er wann spielte. „Ja. Willst du das wirklich wissen?“

„Sonst würde ich nicht fragen“, erwiderte die Rothaarige und sah vom Glas Wasser wieder auf und de Blonden in die Augen.

„Es läuft sehr gut. Eine Plattenfirma möchte uns unter Vertrag nehmen. Derzeit sind wir in Verhandlungen, aber es sieht gut für uns aus“, antwortete der Musiker.

„Glückwunsch, dann hast du es ja geschafft“, gab Sora von sich und wollte sich gerade mit ihrem Oberkörper vom Tisch wegdrücken und aufstehen, als Yamato sie an ihrem Handgelenk festhielt.

„Es tut mir leid, dass ich dir die letzten Wochen vor unserer Trennung so weh getan habe. Es war richtig von dir, dich von mir zu trennen. Ich hätte...“

„Moment. Du denkst ich habe mich von dir getrennt?“, unterbrach Sora ihn und sah ihn wütend an. „Ich habe mich nicht von dir getrennt, du hast Schluss gemacht“, stellte sie klar.

Yamato sah sie irritiert an. Sie hatte doch ihre Beziehung am Telefon beendet. „Aber du...“

„Nein, Matt. Du bist gegangen! An dem Tag, an dem du dich entschieden hast auf Amerika-Tour zu gehen ohne deine Freundin auch nur ansatzweise mit in die Entscheidung einzubeziehen, an dem Tag hast du mich verlassen. Ich habe es nur ein paar Wochen später ausgesprochen“, zischte sie ihn an und kämpfte dagegen an, dass ihr Tränen über die Wangen rollten. Sora entriss ihm ihr Handgelenk und stand auf. „Aber es scheint sich ja für dich alles zum Guten gewendet zu haben, also hast du ja alles richtig gemacht!“

„Sora... Ich...“

„Ich glaube es wäre besser wenn du jetzt gehst“, murmelte die Rothaarige und ließ den Musiker wieder nicht zu Wort kommen. „Ich will davon nichts mehr hören. Ich hatte sowieso nie eine Chance, keine wirkliche zumindest. Die Musik war an erster Stelle. Ich kam immer dahinter. Du hast dich für deine große Liebe entschieden, die bin aber nicht ich, sondern die Musik. Ich hab es verstanden und es bringt nichts mehr darüber zu reden, das macht es nicht besser.“

Sora verließ die Küche und ging in das Wohnzimmer um den Karton mit Yamatos Habsehlichkeiten zu holen.

Yamato saß noch immer auf dem Barhocker am Tresen und konnte sich nicht rühren. Zum ersten Mal wurde ihm richtig bewusst, was er Sora eigentlich angetan hatte und wie rücksichtslos er sich ihr gegenüber verhalten hatte. Er exte das Glas Wasser in einem Zug leer. Er brauchte das kühle Wasser um seinen staubtrockenen Mund zu befeuchten und rappelte sich langsam auf.
 

Im Flur angekommen versuchte er erneut das Wort zu ergreifen, aber Sora hob gleich ihre Hand und stellte den Karton vor seine Füße. Er hatte sie zutiefst verletzt und konnte das so schnell nicht wieder gut machen und selbst wenn hätte er nicht gewusst wie. Er kramte durch seine Hosentasche und zog seinen Schlüsselbund heraus. Er suchte nach dem Wohnungsschlüssel, löste ihn vom Rest und hielt ihn Sora hin. Diese zögerte erst nahm ihn aber dann entgegen. Kurz berührten sich ihre Hände, aber sobald Matt hätte die Berührung ausdehnen können, entzog Sora ihre Hand schon wieder.

„Mein Angebot steht nach wie vor. Du kannst solange bleiben, wie du willst. Gib mir einfach nur Bescheid, wann du ausziehst“, murmelte der Blonde und packte den restlichen Schlüsselbund zurück in seine Hosentasche.

Erneut nickte Sora und klammerte sich am Schlüssel fest. „Ich wünsche euch weiterhin eine erfolgreiche Tour“, flüsterte die Rothaarige und senkte wieder ihren Blick um den Älteren nicht ansehen zu müssen.

„Danke“, kam es leise vom Musiker.

Er griff nachdem Karton, drückte die Türklinke herunter und trat aus der Wohnung. Er näherte sich dem Flur des Treppenhauses. Da fiel ihm ein, dass er noch ein Weihnachtsgeschenk für Sora hatte und trotz der angespannten Stimmung wollte er es ihr geben. Er drehte sich zu ihr um.

„Sora, ich...“, begann Yamato zögerlich doch weit kam er nicht, da Sora die Türe gleich wieder ins Schloss fallen ließ und ein Lebewohl murmelte. Erstarrt sah der Musiker auf die geschlossene Türe und sah einige Minuten die weiße Türe an. Selbst durch die dicken Wände konnte er ein Schluchzen heraushören. Wie gerne hätte er sie jetzt getröstet. Er fühlte sich so schlecht dabei, zu wissen, dass er dafür verantwortlich war. Er griff nach seiner Innentasche seiner schwarzen Lederjacke und holte ein kleines verpacktes Geschenk heraus. Er legte es auf die Fußmatte und holte anschließend seine Handy heraus.
 

>Ich habe dir etwas vor die Türe gelegt. Frohe Weihnachten. LG Matt<
 

Yamato schickte die Textnachricht ab, verstaute sein Handy wieder und verließ die Etage. Wehmut machte sich in seinem Herzen breit, als er das Wohnkomplex verließ. Wie glücklich er damals war, als sie die Zusage für diese Wohnung bekommen hatten und jetzt? Er sah schweren Herzens zurück und seufzte. Ob er jemals nochmal einen Fuß in diese Tür setzen würde?

Die Kehrwende

29.12.2010
 

Seit fast einer Woche hatte Mimi nichts mehr von ihrem Freund gehört. Sie hatte ein paar Mal versucht ihn anzurufen, doch er hob nicht ab und wenn sie ihm schrieb antwortete er auch nicht. Sie verstand ja, dass er Zeit brauchte, dass er viel erfahren hatte was er erst einmal verarbeiten musste. Aber in wenigen Tagen würde Mimi bereits wieder im Flieger sitzen, wollte er es wirklich so zwischen ihnen enden lassen?

Immer wenn sie daran dachte, traten automatisch Tränen in ihre Augen. Sie vermisste ihn so sehr und das, obwohl sie jetzt in Tokio war, das durfte doch nicht wahr sein. Heute würde Knife of Day im Rose Club ein Konzert geben. Daher kam eine Rundmail, sodass auch Mimi davon erfuhr. Seit dem Disput an Yamatos letztem Abend, bevor er auf Tour aufgebrochen war, hatten sie sich nicht mehr gesehen oder unterhalten. Sie war sich sicher, dass Yamato sauer auf sie war. Nicht gerade hilfreich, wenn der eigene Freund auch schon sauer auf einen war.

Sora wollte auf das Konzert. Sie meinte zwar, dass es nichts mit Yamato zu tun hatte, aber wer glaubte ihr das bitte? Sie zumindest nicht. Sie konnte es verstehen, sie würde nicht anders reagieren, aber alleine traute Sora sich dann wohl doch nicht und so kam es, das Mimi ihre Freundin begleiten würde. Eigentlich wollten alle Freunde heute Abend in den Rose Club gehen, denn alle hatten Yamato nicht gesehen und freuten sich, den Blonden wiederzusehen. Selbst Hikari ging das erste Mal wieder bewusst aus. Bis auf den Mädelsabend, der vor Weihnachten stattgefunden hatte, ging sie nicht mehr raus. Takeru wollte aber gerne auf das Konzert seines Bruders und Hikari hätte es sich niemals nehmen lassen, ihren Freund in diesem Falle zu unterstützen. Nicht nachdem er soviel für sie getan hatte.
 

Mimi und Sora waren bei der Rothaarigen Zuhause. Sora berichtete Mimi alles über die Begegnung mit Yamato, ihr Gespräch, den Verlauf und wie sie sich dabei gefühlt hatte.

„Mimi, du glaubst gar nicht wie schwer mir das alles gefallen ist. Ihn wiederzusehen war so... so verdammt hart.“

Mimi legte stumm eine Hand auf ihre Schulter und sah sie traurig an. „Ach So, es tut mir so leid für dich.“

„Am liebsten hätte ich ihn geküsst, aber ich wusste, dass ich mir damit nur selber weh getan hätte. Wer weiß, wann er je wieder zurückkommt und ob er überhaupt jemals zurück kommt“, erwiderte Sora mit bedrückter Stimme.

„Unglaublich das sie tatsächlich schon unter Vertrag genommen werden. Sie müssen ganz schön Eindruck hinterlassen haben, wenn sie während der Tour schon angesprochen worden.“

„Ja, er kann es selber nicht glauben, obwohl es ja sein Traum war“, erwiderte die Rothaarige. „Mich wundert es nur, dass du das nicht gewusst hast.“

„Wieso? Als würde Matt sich bei mir melden...“

„Aber ihr habt euch doch gut verstanden“, entgegnete Sora während sie ihr Parfüm nahm und sich damit einsprühte.

„Ja schon, aber Matt ist niemand der sich meldet.“

„Stimmt auch wieder“, lächelte Sora schwach.

„Sorry.“

„Ach was, wofür denn? Dafür, dass er nicht weiß wie man ein Telefon benutzt, das ist nun wirklich nicht deine Schuld.“

„Aber es tut mir trotzdem leid. Tai weiß scheinbar auch nicht wie man ein Telefon benutzt. Zumindest weiß er, wie man meiner Nummer geschickt ausweicht“, seufzte Mimi und sah zum wiederholten Male auf ihr Handy, aber die Nummer die sie sich wünschte zu sehen, blieb aus. Stattdessen wurde sie wieder und wieder von einer ihr unbekannten Nummer angerufen. Mittlerweile fast alle zwei Stunden – zu jeder Uhrzeit. Es machte sie wahnsinnig und kein Tai der sie doch angeblich davor beschützen wollte.

„Ich denke, er wird heute Abend auch auf dem Konzert sein, vielleicht habt ihr ja dann die Möglichkeit wieder miteinander zu reden“, versuchte die Rothaarige ihre Freundin zu besänftigen.

„Wenn er mich sieht und mich ignoriert, fange ich augenblicklich an zu weinen.“ Das wollte Mimi zwar nicht, schon gar nicht vor all den Schaulustigen, aber wenn Taichi sie nicht wahrnehmen würde, würde sie erst recht nicht wissen was sie machen sollte und dann würde sie ganz bestimmt weinen.
 

Gegen neun Uhr am Abend waren die beiden jungen Frauen fertig gestylt und wollten in den Club aufbrechen. Mimi trug ein dunkelblaues Kleid, welches eng anlag, das Kleid hing hochgeschlossen, dennoch konnte man ihre üppige Oberweite gut erkennen, dazu schwarze Overknees und ein abendtaugliches Make-Up. Sie wusste um ihre Vorzüge und wollte diese auch einsetzen – zumindest ignorieren konnte Taichi sie so schlecht.

Der Club war gut gefüllt, besonders viel weibliches Publikum war anwesend, was sicherlich daran lag, dass heute die Band rund um Yamato auftreten würde. Die Brünette sah sich neugierig um, ob Taichi wohl schon hier war? Plötzlich sah Mimi dass ihr und Sora jemand zuwinkte. Kari stand mit Takeru, Yolei, Ken, Koushiro, Joe und einer Frau da, die Mimi nicht gleich zuordnen konnte.

„Sora, da drüben“, hielt sie ihre beste Freundin auf in eine andere Richtung zu gehen. „Wer ist denn das Mädchen, das da bei Joe steht?“, fragte Mimi bei bei der Rothaarigen nach.

„Das ist Saori, erinnerst du dich noch an die Einweihungsparty, da war Joe mit ihr da“, klärte Sora die Braunhaarige auf.

„Stimmt, jetzt wo du es sagst“, erinnerte sich die Brünette zurück. Sie lächelte, als sie sah wie glücklich Joe Saori im Arm hielt. Joe. Sie konnte es gar nicht glauben.

„Hallooo“, flötete Mimi fröhlich und umarmte alle Freunde nacheinander. Bei Joe blieb sie länger stehen, grinste ihn wissentlich an und deutete dann auf Saori. „Ihr seht voll süß zusammen aus“, trällerte sie gleich drauf los.

„Und das ist ganz unverwechselbar Mimi, aber du erinnerst dich sicher noch an die letzte Begegnung und ihre Fragestunde“, erwiderte Joe und deutete von Saori zu Mimi, diese kicherte und nickte.

„Hallo, schön dich wiederzusehen“, gab Saori schüchtern von sich.

Die Brünette nickte und begann sich wieder umzusehen. Wo war Taichi? Würde er nicht kommen, ihretwegen?
 

„Und wie lange bleibst du in Tokio?“, fragte Saori freundlich nach.

„Ähm... wie bitte?“ Mimi versuchte ihre Aufmerksamkeit zwar auf die Schwarzhaarige zu lenken, aber es fiel ihr wahnsinnig schwer, nicht nach ihrem Freund Ausschau zu halten. Als Saori die Frage wiederholte, lächelte Mimi sie an und wollte zu einer Antwort ansetzen, als sie mit einem Mal seine Stimme hörte.

„Hier sind eure Getränke“, rief Taichi auf.

Mimi drehte sich um und gleich sah auch Taichi zur Brünetten. Er hielt ein Tablett mit mehreren Getränken in der Hand und reichte gerade ein Glas Cola an seine Schwester weiter. „Hey, wollt ihr auch noch etwas trinken? Ich kann euch auch etwas holen“, murmelte der Sportstudent und sah dabei eher zu Sora, als zu Mimi.

„Nein, passt schon. Ich hole mir gleich etwas, wenn ich Durst habe“, winkte Sora ab.

Kurz sah Taichi zu Mimi. „Du?“

Die Braunhaarige schüttelte ihren Kopf. „Nein, danke.“

„Also wann ist denn der Auftritt von Matt?“, fragte Taichi bei Takeru nach.

Der nahm gerade ein Schluck von seinem Bier, räusperte sich und sah zum Älteren. „Ähm, um zehn wenn ich richtig informiert bin, aber du kannst ihn sonst auch selber fragen“, murmelte Takeru und deutete auf seinen Bruder. "Da kommt er."

Yamato kam auf die kleine Gruppe zu und begrüßte alle. „Hey, schön das ihr da seid.“ Der Musiker sah etwas länger zu seiner Exfreundin und Sora blieb der Mund kurz offen stehen. Sie sah ähnlich verloren aus wie Mimi.

„Mädels, lasst uns tanzen.“ Hikari drückte Takeru ihre Cola in die Hand, griff mit einer Hand nach Mimi, mit der anderen nach Sora und zog die beiden Älteren hinter sich her.

„Hey, wartet auf mich“, rief Yolei ihnen hinterher und folgte den Mädchen.
 

„Danke, für deine Rettungsaktion“, kam es erleichtert aus der Rothaarigen.

Hikari lächelte traurig. Ihr taten ihre beiden Freundinnen leid, wenn sie mit Takeru so umgehen müsste, würde sie vermutlich durchdrehen. „Kein Problem.“

„Auch wenn ich es furchtbar finde, dass wir es keine fünf Minuten mehr zusammen aushalten. Wer hätte gedacht, dass es mal so weit kommt“, murmelte Sora niedergeschlagen und begann sich wie die anderen Mädchen zur Musik zu bewegen.

Mimi sah zurück zu dem Platz wo die Jungs standen. Auch Taichi sah in dem Moment zur Tanzfläche. Als er den Blick der Jüngeren bemerkte, drehte er sich wieder zu Yamato um. „Hat er was zu dir gesagt?“, fragte Mimi bei der jüngeren Schwester ihres Freundes nach. Eigentlich wollte Mimi die Jüngere nicht nach Taichi ausfragen, aber sie wusste einfach nicht was sie machen sollte.

„Ihr solltet vielleicht reden“, erwiderte die junge Yagami.

„Würde ich ja gerne, aber auf meine Anrufe und Nachrichten reagiert er nicht und in ein paar Tagen fliege ich schon wieder nach Hause und ich weiß einfach nicht was das alles bedeuten soll“, seufzte Mimi.

Hikari erwiderte ihren Blick traurig. „Dann musst du ihn eben dazu bringen. Er war in den letzten Tagen nicht sehr gesprächig.“

Mimi nickte. Sie wollte die Jüngere nicht in ihren Beziehungsstreit mit reinziehen. Schließlich musste es für die Jüngere auch nicht leicht sein zwischen den Stühlen zu sitzen. „Ich versuchs“, lächelte Mimi. Sie wollte für den Moment die Zeit mit ihren Freundinnen genießen und ließ sich etwas von der Musik treiben. Auch wenn ihr Blick immer wieder die Männerrunde streifte.
 

Nach einer Weile wurde den Mädchen warm, Mimi fächerte sich mit einer Hand Luft zu und pustete eine widerspenstige Haarsträhne aus ihrem Gesicht. „Ich muss etwas trinken“, rief sie den Mädels zu.

„Ich auch“, stimmte Hikari ihr zu. „Sollen wir euch etwas mitbringen?“

„Ein Vodka-O, wäre lieb“, rief Sora ihnen nach.

„Ich nicht, aber danke“, antwortete die Brillenträgerin, nahm Soras Hand und drehte sich mit ihr etwas ungeschickt im Kreis.

Mimi und Hikari kämpften sich durch die Menschenmasse, näherten sich der Bar und Mimi bestellte für sich und Sora ein Vodka-O, während Hikari nur ein Wasser bestellte. Mimi blickte sich wieder um, wie von selbst ging ihr Blick wieder zu dem Männertisch. Alle standen sie da, fast alle. Yamato war nicht mehr bei ihnen. Er machte sich wohl für den Auftritt fertig, aber wo war Taichi? Sie bewegte sich hin und her um über die Menschenmasse hinweg zu sehen. Einige Meter entfernt von den restlichen Jungs sah sie Taichi mit einem anderen schwarzhaarigen Mädchen reden, welches eindeutig nicht Saori war. Misstrauisch kniff Mimi ihre Augen zusammen. Wer. Zum. Teufel. War. Das?

Die junge Frau lächelte den Braunhaarige an. Immer wieder. Ja, sie flirtete regelrecht mit ihm und er? Er stand einfach nur da und unterhielt sich mit ihr? Am liebsten würde Mimi zu ihnen stürmen und ihn zu Rede stellen, aber das durfte sie nicht. Sie musste einen kühlen Kopf bewahren.

„Was schaust du denn so?“, fragte Hikari nach und sah den besorgten Blick der Älteren. Mimi nickte mit dem Kopf in die Richtung wo Taichi mit dem fremden Mädchen stand, Hikari folgte dem Blick. „Achso Tai und Nori“, murmelte Kari unbewusst, machte prompt große Augen, als ihr klar wurde was sie gesagt hatte und trank schnell ihr Glas Wasser weiter.

„Nori?“, fragte Mimi bissig nach und sah zur Jüngeren. „Wer ist Nori?“

„Ähm... also Nori ist eine Kommilitonin von Tai. Sie studieren zusammen“, winkte die Jüngere schnell ab. „Lass uns zurück zu den anderen Mädels gehen“, versuchte sie ihre aufgebrachte Freundin zu besänftigen.

„Ganz bestimmt nicht“, zischte Mimi, beäugelte die Beiden und sah, wie diese Nori über jeden Satz lachte, den Taichi aussprach. „Woher kennst du sie?“, fragte die Brünette bei der jungen Yagami nach.

„Also ich... ähm... Mimi...“, versuchte es die Jüngere vergeblich, doch nach einem Blick von Mimi rollte sie mit den Augen und gab sich geschlagen. „Tai, hat mich mal mit zu einer Studentenparty mitgenommen und da habe ich sie kennengelernt“, erklärte Kari ihr. „Alles ganz harmlos.“

„Harmlos?“, kam es zickig aus der Brünette. „Wo ist das denn bitte harmlos? Die steht doch voll auf ihn und Tai scheint es auch noch zu gefallen. Ich fasse es nicht.“ Wütend kniff sie ihre Augen zusammen.

„Mimi, also ich gehe jetzt zurück zu den anderen. Sora und Yolei sind inzwischen auch wieder bei den Jungs. Kommst du mit?“

Mimi schüttelte ihren Kopf, drehte sich zum Kellner um und bestellte sich einen neuen Drink, da sie ihren und den von Sora kurzerhand geleert hatte.

„Den nehme ich mit“, sagte Hikari, nahm sich den Vodka-O, der gerade vor Mimis Nase abgestellt wurde und ging zu den anderen zurück.

Mimi seufzte, drehte sich wieder zum Kellner um und bestellte sich wieder ein neues Getränk. Erneut trank sie ihr Glas leer und drehte sich wieder um. Doch Taichi stand nicht mehr da, wo er vor wenigen Sekunden stand. Er ging zurück zu der kleinen Gruppe, während das fremde Mädchen, Nori oder wie immer sie hieß, zu den Toiletten schritt. `Na warte´, dachte sich Mimi, stellte das Glas geräuschvoll auf der Theke ab und eilte zur Damentoilette.
 

Mimi stellte sich zu den Waschbecken, verteilte etwas kaltes Wasser auf ihre Stirn und puderte sich anschließend nach. Eine Türe der Damentoilette ging auf und das schwarzhaarige Mädchen stellte sich neben Mimi. Zufrieden lächelte sie in den Spiegel, kramte ihren Lippenstift aus ihrer Clutch und trug diesen auf ihre Lippen auf.

Mimi sah unsicher zu der Schwarzhaarigen, musterte sie argwöhnisch. Sie trug einen kurzen schwarzen Rock und ein schwarz-weißes Top, ihre Haare trug sie offen und fielen ihr über die Schulter. Sie trug einen Pony und ihre grünen Augen funkelten. Mimi musste zugeben, dass sie sie hübsch fand. Am liebsten würde sie ihr die schönen grünen Augen auskratzen und ihr den doofen Pony abschneiden.

„Ist was?“, fragte die Schwarzhaarige nach, nachdem sie den Blick bemerkt hatte.

„Ähm... schöner Lippenstift“, murmelte Mimi und deutete auf ihre Hand.

Gleich lächelte die Schwarzhaarige. „Der war auch ganz schön teuer, aber ich muss zugeben, ich gebe gerne viel Geld für Kosmetik aus“, erwiderte sie lächelnd.

„Ich auch“, schmunzelte Mimi. „Mein Freund versteht das überhaupt nicht, wie man für einen Lippenstift mehr als 200 Yen ausgeben kann.“

„Männer, die haben aber auch keine Ahnung“, grinste die Schwarzhaarige.

„Nein, wirklich nicht“, stimmte Mimi ihr zu.

„Nori, wie heißt du?“, stellte sich die Schwarzhaarige vor.

„Mimi“, erwiderte sie. „H-hast du eigentlich einen Freund?“, fragte sie etwas unbeholfen nach.

Nori schüttelte überrascht ihren Kopf. „Nein nicht mehr, aber...“

„Aber was?“, hakte die Brünette ernster nach. Es viel ihr ganz schön schwer, so ruhig zu bleiben.

„Aber es gibt schon jemanden den ich mag. Seit langer Zeit mal wieder“, lächelte Nori verträumt.

„Ach was, wirklich? Wie sieht er denn aus?“ Mimi versuchte sich nichts anmerken zu lassen, aber sie merkte wie ihre Stimme versagte.

„Er ist groß, hat braune Haare und sieht einfach super gut aus. Er studiert wie ich Sportwissenschaften. Muss ich mehr sagen?“, lächelte Nori keck.

„Nein, wirklich nicht“, stimmte Mimi ihr missbilligend zu.

„Ja, aber er hat eine Freundin“, erwiderte die Sportstudentin und steckte ihren Lippenstift wieder in ihre Tasche zurück.

„Ach? Woher weißt du das?“

„Er hat es mir bei unseren gemeinsamen Nachhilfestunden erzählt.“

„Ihr hattet eine Lerngruppe?“, fragte Mimi irritiert nach und bemerkte wie die Hitze in ihrem Kopf anstieg, sie klopfte sich auf die Brust, um sich zu beruhigen.

„Nein, er hat mir alleine Nachhilfe gegeben, jede Woche fast zwei Monate lang.“

„Was?“, krächzte Mimi erschrocken, davon hatte Taichi ihr nicht ein Sterbenswörtchen gesagt. Sie sah verbissen zu dem Mädchen das neben ihr stand.

Nori sah sich im Spiegel an, schüttelte ihre Haare auf und sah dann zu Mimi. „Außerdem glaube ich, dass sich das mit seiner Freundin sowieso bald erledigt hat“, schlussfolgerte die Schwarzhaarige, während sie ihr Anblick im Spiegel nochmals betrachtete und zufrieden wirkte.

„Und wie kommst du bitte darauf?“, zischte Mimi und überlegte gerade, ob sie ihr nicht augenblicklich die Haare einzeln ausreißen sollte um ihre blöde Frisur zu zerstören.

Irritiert blickte Nori zu Mimi. „Ich weiß, dass seine Freundin in Amerika lebt und ich zitiere jetzt mal meinen Ex-Freund: Fernbeziehungen ist wie Schluss machen auf Raten“, erklärte sie und dennoch bemerkte Mimi wie ein kurzer dunkler Schatten unter ihren Augen auftauchte.

„Nicht jede Fernbeziehung muss so laufen, nur weil deine so geendet ist“, keifte Mimi, es fiel ihr schwerer, Ruhe zu bewahren.

„Oh nein, in den Genuss bin ich nicht gekommen. Mein damaliger Freund hatte vorher den Schlussstrich gezogen. Wir waren zwei Jahren lang zusammen, er hat mir die Welt bedeutet und was macht er? Tzz... trennt sich, um in Ruhe Musik zu machen“, zischte dieses Mal die Schwarzhaarige.

„Musik?“, fragte Mimi vorsichtig nach. Diese Geschichte kam ihr doch mehr als bekannt vor.

„Ja, er meinte: Er konzentriert sich jetzt darauf und dass es ihm leid täte. Na ja, sein Plan ging wohl auf. Jetzt tourt er durch Amerika“, grübelte Nori in Gedanken versunken.

„Oh mein Gott! Du redest jetzt aber nicht von Kisho Hasabe? Spielt Gitarre und hat grüne Haare?“, sprudelte es ungläubig aus der Brünetten.

Verwirrt entgegnete Nori ihren Blick. „Woher kennst du denn Kisho?“

Mimi räusperte sich und musste kurz einen Moment nachdenken. „Na... sie spielen doch heute hier. Es wurde doch groß Werbung gemacht und ich bin ein großer Fan“, schrie die Brünette fast ein wenig hysterisch. Nori nickte nur. „Deshalb bist du heute hier wegen Kisho?“, fragte Mimi nach.

Nori nickte erneut. „Ja, ich will nichts mehr von ihm, aber ich freue mich für ihn und das wollte ich ihm sagen. Jetzt liegt mein Augenmerk auf jemand anderen und zu meiner Überraschung ist er heute auch hier“, schwärmte Nori weiter.

„Ach was für ein Zufall!“, kam es zickig aus der Brünetten. Sie konnte gar nicht glauben was sie da gerade erfuhr. Die Welt war doch manchmal echt ein Dorf.

„Ja und das erste Mal seit einiger Zeit verstehen wir uns wieder richtig gut. Er ging ein bisschen auf Abstand nachdem etwas zwischen uns lief“, brabbelte die Schwarzhaarige munter weiter.

Mimi musste tief Luft holen und wieder eine Information verarbeiten die ihr den Boden unter den Füßen wegreißte. „Was lief denn bitte zwischen euch?“, nuschelte Mimi. Sie bekam kaum mehr ein Laut aus ihrer Kehle.

„Na wir haben uns geküsst.“

Mimi fiel alles aus dem Gesicht. „Geküsst?“ kreischte Mimi ungläubig los und starrte die Schwarzhaarige förmlich nieder.

„Was hast du denn bitte für ein Problem?“, kam es irritiert aus der Schwarzhaarigen.

„Auf jeden Fall spielt die Band gleich, die will ich nicht verpassen und eventuell Tai näher kommen, vielleicht bekomme ich ja heute wieder eine Gelegenheit, drücke mir die Daumen. Seine Freundin und er haben wohl Trouble.“ Nori zwinkerte ihr zu und verschwand aus der Damentoilette.

Mimi stand wie angewurzelt an Ort und Stelle fest. Noch nie hatte sie etwas von diesem Mädchen gehört und offenbar verstanden Tai und dieses Mädchen sich hervorragend. Er gab ihr Nachhilfe, redete über ihre Beziehungsprobleme mit ihr und... und küsste sie? Wie konnte er ihr nur so etwas an tun? Er machte ihr die schlimmsten Vorwürfe, aber er selber war kein Deut besser. Sie war so wütend, so rasend wütend und dann unterhielt er sich hier mit diesem Mädchen, mit dem er sie betrogen hatte, während sie sich eine Woche die Augen aus dem Kopf geheult hatte. „Ahhhhhh“, schrie Mimi durch die Kabinen. Die herumstehenden Mädchen sahen sie fassungslos an. „Was?“, zischte sie die Mädchen an. Die schüttelten alle den Kopf und verschwanden aus der Toilette. Auch Mimi hielt es nicht länger dort aus. Sie würde ihn jetzt zur Rede stellen und er hatte mit ihr zu reden.

Der große Knall

30.12.2010
 

Taichi stand mit Blick auf die Bühne gerichtet gemeinsan mit seinen Freunden in einem Halbkreis. In wenigen Minuten würde die Band seines besten Freundes, Knife of Day, ein Konzert spielen. Alle Freunde standen bei ihm – nur eine fehlte. Mimi. Die letzten Tage hatte er damit verbracht, die Informationen zu verarbeiten, die er bekommen hatte. Immer wenn er gedacht hatte, er könnte damit umgehen, wurde er von der nächsten Welle erfasst. Von einer Welle, in der Unglaube und Fassungslosigkeit mitschwammen. Das wiederum machte ihn wütend und solange er wütend war, wollte er nicht mit ihr reden, auch wenn er das Gefühl hatte die Zeit lief gegen ihn. Taichi wusste, dass er ihr heute schlecht aus dem Weg gehen konnte, dazu hätte er daheim bleiben müssen und das wollte er nicht! Warum auch? Dennoch konnte er nicht anders, als immer wieder Ausschau nach ihr zu halten. Sie war ja immerhin seine Freundin, auch wenn er noch nie so wütend auf sie gewesen war.
 

Auf der Tanzfläche hatte er Mimi immer wieder im Auge gehabt, aber jetzt fand er sie nicht mehr. Die Mädchen standen alle wieder bei ihnen, doch wieso kam Mimi nicht? Wollte sie nicht wegen ihm?

„Wo ist Mimi?“, fragte Taichi bei seiner Schwester nach.

Hikari löste sich von Takeru und sah ihren Bruder mitleidig an. „Ich weiß es nicht, zuletzt habe ich sie an der Bar gesehen“, erwiderte die Jüngere.

Gleich richtete der junge Mann seinen Blick zur Theke der Bar, doch von Mimi fehlte jede Spur. Er würde sofort erkennen, wenn sie dort stünde, selbst wenn sie kleiner war und andere sie überragten. Der Clubbesitzer, der gerade auf die Bühne trat, erhaschte seine Aufmerksamkeit.

„Guten Abend. Wow heute ist wirklich ganz schön was los. Ich weiß ihr seid nicht meinetwegen hier, sondern wegen den vier Jungs die ihre Amerikatour unterbrochen haben um hier heute spielen zu können. Großen Applaus für Knife of Day!“

Die Leute klatschen, die Mädchen kreischten und quetschten sich nach vorne um die besten Plätze zu ergattern.

Yamato trat ans Mikrofon heran, die Mädchen kreischten lauter, schrien seinen Namen und streckten die Hände zur Bühne aus. Es war laut – zu laut wie Taichi fand. Man konnte sein eigenes Wort kaum verstehen. „Hey, wir freuen uns wirklich...“
 

„Taichi Yagami, willst du mich eigentlich verarschen?“ Diese Stimme hingegen war nicht zu überhören. Fuchsteufelswild tauchte Mimi in seinem Blickfeld auf. Wo kam sie auf einmal her? Wütend starrte sie ihn nieder, ihre Augen zusammengekniffen, die Fäuste zusammengeballt.

Taichi rollte mit den Augen. Ein super Zeitpunkt um über ihre Probleme zu diskutieren. „Mimi, jetzt nicht“, ermahnte er sie streng.

Auch den anderen blieb das auftreten der Tachikawa nicht verborgen. Besorgt sahen sie zu den beiden Streithähnen.

„Und ob wir jetzt reden!“, keifte sie und dachte nicht daran sich wegzubewegen.

„Mimi, wir reden nachher, okay?“, versuchte Taichi sie zu beruhigen. Doch das Glück war nicht auf seine Seite.

Das Kreischen nahm gerade ab, als es plötzlich stiller wurde und die Aufmerksamkeit mit einem Wimpernschlag nicht mehr auf der Bühne lag.

„Wir reden JETZT! Du bist mir nämlich eine Erklärung schuldig und...“

„Ich bin dir eine Erklärung schuldig? Ich denke nicht!“, wehrte Taichi ihren Vorwurf gleich ab.

„Und ob oder wann wolltest du mir beichten, dass du mich betrogen hast?“, schrie sie ihn aufgebracht an.

„Was?“ „Wie jetzt?“, kam es prompt von Sora und Koushiro gleichzeitig.

Taichi sah Mimi jedoch nur fassungslos an. „Ich habe dich niemals betrogen“, beteuerte Taichi vehemennt.

„Das hat mir Nori gerade anders erzählt. Übrigens eine sehr nette Person, redest du mit ihr öfters über mich?“

Einen Moment musste Taichi seine Gedankengänge sortieren. Mimi? Nori? „Das hast du falsch verstanden.“

„Ach bitte.“

Taichi sah sich um als ihm auffiel, dass sämtliche Augenpaaren zu ihm und Mimi starrten. Fremde tuschelten, kicherten und lästerten. Ihre Freunde sahen eher gespannt und neugierig aus. Publikum. Zu viel Publikum. Nicht sein Publikum. Ganz sicher nicht sein Publikum. „Komm mit“, knurrte Taichi, er packte Mimi an ihrem Handgelenk und zog sie hinter sich her. Die Mädchen sprangen bei dem Blick des Yagamis so schnell zur Seite, dass es nicht lange dauerte bis sie den Hinterausgang erreicht hatten. Als die Tür aufging, hörte er die ersten Töne, dann setzte das Kreischen wieder ein.
 

Die Türe schloss sich hinter ihnen und eine Zeitlang sahen sich die Beiden nur schweigend an.

„Ich warte immer noch auf eine Erklärung“, zischte Mimi wutschnaubend.

„Ich habe nie, wirklich nie...“

„Hast du Nori Nachhilfe gegeben?“, unterbrach Mimi den Yagami prompt.

„Ja habe ich, aber...“

„Hast du mit ihr über uns geredet?“

„Vielleicht, aber nicht so...“

„Und hast du sie geküsst?“, fragte Mimi aufgebracht weiter.

„Jetzt lass mich doch mal zu Wort kommen. Es ist nicht so wie du denkst“, brüllte Taichi zurück.

„Ach bitte, ich glaube dir kein Wort“, pfefferte Mimi zurück.

„Mimi! Ich habe ihr in der Bibliothek der Uni Nachhilfe gegeben, weil sie Hilfe brauchte und...“

„Hilfe? Wo ihr gerade mit dem Studium angefangen habt? Dann soll sie sich etwas anderes suchen, wenn sie jetzt schon nicht hinterher kommt. Meine Güte, das hat sie nur gemacht um sich an dich ranzumachen, was ja offensichtlich gut geklappt hat“, zischte die Brünette weiter.

Taichi verdrehte die Augen. Er würde morgen noch hier stehen, wenn sie nicht endlich zuhören würde. „Mimi, ich habe mit ihr nicht über dich geredet, nur dass es dich in meinem Leben gibt, damit sie gleich weiß woran sie ist.“

„Also hast du gewusst, dass sie eine Schwäche für dich hat und die Nachhilfe trotzdem nicht beendet?“, fragte Mimi direkt.

Taichi musste Luft holen. So war das doch alles gar nicht. Sie hatte alles vollkommen in den falschen Hals gekriegt. „Ja vielleicht, aber...“

„Ich fasse es nicht. Hat es dir etwa gefallen oder was?“

„Lässt du mich jetzt endlich mal ausreden!“, schrie Taichi verzweifelt und funkelte seine Freundin wütend an.

Erschrocken fuhr Mimi zusammen und ging einige Schritte zurück.

Es tat ihm Leid. Er wusste ja wie sie auf solche Ausbrüche reagierte, aber wenn sie ihm nicht zuhörte könnte er ihr auch nicht helfen. „Es war nicht wichtig, es hat für mich keine Rolle gespielt und ich habe sie nicht geküsst!“, beteuerte Taichi und versuchte gleich sein wütendes Temperament zu zügeln.

„Warum erzählt sie das dann?“

„Sie hat mich geküsst, ich habe den >Kuss.<“, Taichi hob seine Hände, bei denen Zeige- und Ringfinger sich bewegten um das Wort Kuss mit Gänsefüßchen zu verdeutlichen, „nicht eine Sekunde erwidert. Ich habe ihn sofort unterbunden und Zungen kamen auch nicht ins Spiel.“ Erschöpft kamen diese Worte aus seinem Mund. Es kostete soviel Kraft, selbst sich zu erklären. Alles kostete ihm Kraft, alles zerrte an seinen Kräften.

„Und das soll ich dir glauben?“, fragte Mimi ungläubig nach.

„Ja.“

„Wenn es so harmlos war wie du es gerade schilderst, warum hast du es mir dann nicht gleich erzählt?“

„Weil ich dich nicht wegen nichts beunruhigen wollte.“

Mimi hob eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme voreinander. „Du wolltest mir diese ganze Norigeschichte, einem Mädchen, welches ich nicht kenne und der du Nachhilfe gibst, die ganz offensichtlich auf dich steht und dich geküsst hat, verschweigen, weil du mich nicht beunruhigen wolltest? Erkennst du die Ironie Yagami?“, zickte Mimi wütend.

Taichi lachte höhnisch auf und schüttelte seinen Kopf. „Nein Mimi, versuche nicht deine ganze Nickstory mit meiner zu vergleichen. Nori hat nie eine Gefahr dargestellt und ich habe gleich die Reißleine gezogen. Ich habe die Nachhilfe beendet und bin ihr aus dem Weg gegangen.“

„Und dafür willst du jetzt einen Orden? Weil du soviel besser bist als ich?“, fragte Mimi fassungslos nach.

„Nein, das sicher nicht. Nick ist aber ein ganz anderes Kaliber und das weißt du auch.“

„Tai, du hast mir genau so Sachen verschwiegen und bewusst nicht erzählt, weil du gewusst hast, dass es mich verletzen würde. Wer wie viel Mist gebaut hat ist vollkommen irrational. Ich finde es aber eine Frechheit von dir, mich als Sündenbock hinzustellen, weil ich nicht immer ehrlich war, obwohl du kein Deut besser warst...“

„Aber...“, setzte Taichi an.

„Nein, jetzt lässt du mich ausreden. Du ignorierst mich. Tagelang, gehst du mir aus dem Weg, weißt du eigentlich wie die letzten Tage für mich waren? Es war der Horror. Ich habe dir alles erzählt, ich habe nichts ausgelassen und du hättest auch die Karten auf den Tisch legen können, hast es aber nicht getan. Stattdessen begegnen wir uns hier nach einem großen Streit wieder, du redest immer noch kein Wort mit mir, sehe dich aber wie du mit dem Mädchen flirtest, welchem du doch angeblich aus dem Weg gehst und...“

„Ich habe nicht geflirtet...“, unterbrach er sie bestimmend.

„Sie aber“, fiel sie Taichi wieder ins Wort. „Und sie steht auf dich. Sie hofft übrigens heute noch eine weitere Chance zum zweiten Kuss. Wann ist es eigentlich zum ersten >Kuss< gekommen?“

„Es war kein Kuss“, erwiderte Taichi genervt.

„Wann hat sie dich geküsst?“, stellte Mimi die Frage etwas anders.

„Ist doch vollkommen egal...“

„Nein ist es nicht, also wann?“

„Als wir uns gestritten haben wegen Sora und Matt.“

Wieder Stille und kurzes Schweigen. Mimi ging erneut einige Schritte zurück. „Wir streiten uns und du hast deinem Spaß mit diesem Mädchen?“, fragte Mimi verletzt nach.

„Ich bin ausgegangen. Warum auch nicht? Mit vielen Kommiltonen. Sie war auch zufällig dabei. Es ist wirklich alles viel harmloser als es den Anschein macht.“

„Für dich vielleicht.“

„Nein, dieses Mädchen hat mich nie interessiert, deshalb war es auch nicht wichtig.“

„Oh doch, es ist wichtig. Ich war vielleicht nicht immer ehrlich, aber du auch nicht. Hättest du es mir eigentlich jemals erzählt?“, wollte die Brünette wissen.

Taichi fuhr sich immer wieder verzweifelt durch die Haare. Sie drehten sich im Kreis – merkte sie das denn gar nicht? Das ganze Thema stresste ihn, vielleicht hätte er es erwähnen sollen, aber warum so einen Ärger, wenn es doch keine Rolle für ihn spielte. „Ich fand dazu gab es keinen Grund“, murmelte der Braunhaarige verbissen.

„Ein Mädchen welches auf dich steht, dich täglich sieht und auch noch die nächsten Jahre in der Nähe sein wird, küsst dich und du siehst keinen Grund mir das mitzuteilen... hmm... wie interessant.“ Mimi erwiderte den Blick des Yagamis fassungslos. „Und dann soll ich dir noch alles glauben was du mir erzählst“, zickte die Brünette weiter.

„Mimi, hör doch zu was ich sage, ich habe kein Interesse an diesem Mädchen, den Kuss habe ich nie erwidert und ich habe nichts sonst mit ihr zu tun und ja vielleicht haben wir manche Vorlesungen zusammen, aber ein Hörsaal ist groß und ich sitze weit von ihr entfernt.“ Genervt seufzte der Yagami auf. Langsam bekam er Kopfschmerzen und er hatte auch keine Lust mehr sich weiter zu rechtfertigen.
 

Er ging mit zügigen Bewegungen zur Türe, die ihn wieder in Club bringen würde.

Irritiert sah Mimi ihm hinterher. „Wo gehst du denn jetzt hin? Wir sind noch nicht fertig.“

Taichi drehte sich zur Brünetten um. „Es gibt nichts mehr zu sagen und ich will nicht mehr darüber reden. Ich will jetzt das Konzert sehen.“

Taichi öffnete die Türe und ließ Mimi im Hinterhof des Clubs stehen ohne eine weitere Antwort von ihr abzuwarten. Vielleicht war es alles andere als nett sie jetzt einfach stehen zu lassen, aber er hatte einfach keine Kraft mehr für dieses Gespräch. Als er zu seinen Freunden zurück wollte, kreuzte sein Blick den von Nori. Wütend ging er geradewegs auf sie zu. Irritiert ging Nori einen Schritt zurück und entgegnete seinen Blick ängstlich. „Hör gefälligst auf, so eine Scheiße von dir zu geben. Wir haben uns nie geküsst. Ich würde dich niemals küssen und um es noch deutlicher zu machen. Lass mich in Ruhe! Jetzt und für alle Zeit!“ Damit drehte sich Taichi erneut um, aber anstatt zu seinen Freunden zu gehen, ging er zur Theke und bestelle sich etwas Hochprozentiges.
 

Nach einigen rockigeren Songs erklang nun die Sprechstimme des blondes Musikers, der beide Hände in die Höhe hob um die Leute etwas zu beruhigen. Er wollte wohl etwas sagen. Taichi leerte sein drittes Whiskyglas und war gespannt welche Ansprache nun wieder folgte.

„Nachdem wir gerade ordentlich mit euch abrocken konnten, kommen wir nun zu einem brandneuen Song, den ich während meiner Amerikatour geschrieben habe und gleich zum besten geben werde. Wir sind gespannt wie er hier ankommen wird. Der Song ist für eine ganz besondere Frau.“

Während die Mädchen wieder wie wild kreischten, ging der Blick des Yagamis gleich zum Tisch seiner Freunde. Schließlich konnte Yamato nur ein Mädchen meinen. Sora. Diese blickte angespannt zur Bühne, die Lippen hatte sie aufeinander gepresst, das konnte der Yagami sogar aus der kleinen Entfernung erkennen. Ein sanftes Klavierspiel begann, ehe Yamato ans Mikrofon trat und die ersten Zeilen sang. Die Augen fest verschlossen, die Hände um das Mikrofon gelegt.
 

You only need the light when it's burning low

Only miss the sun when it starts to snow

Only know you love her when you let her go

Only know you've been high when you're feeling low

Only hate the road when you're missing home

Only know you love her when you let her go – And you let her go
 

Kazuki begann mit dem Schlagzeug und Kisho begleitete ihn mit seiner Gitatte. Yamato nahm die Hände vom Mikrofon und legte sie um seinen Bass, während er die Augen halb geöffnet hatte und weiter – wie Taichi fand – ins Mikrofon säuselte.
 

Staring at the bottom of your glass

Hoping one day you'll make a dream last

But dreams come slow, and they go so fast

You see her when you close your eyes

Maybe one day you'll understand why

Everything you touch surely dies
 

Der Refrain wiederholte sich und während Taichi den Worten lauschte die sein bester Freund für seine beste Freundin zum besten gab, die wiederum mit den Tränen kämpfte, konnte er nicht anders, als die Worte sehr genau auf seine eigene Beziehung zu lenken. Noch bevor die zweite Strophe erklang, entfernte sich Sora entschuldigend von der Gruppe und schritt Richtung Ausgang, während die erste Träne über ihre Wange lief. Auch Yamato blieb dies nicht verborgen, verfolgte er mit seinem Blick ihr Handeln. Leicht zitternd begann er die zweite Strophe in der Hoffnung, dass auch diese Worte die Rothaarige noch erreichte.
 

Staring at the ceiling in the dark

Same old empty feeling in your heart

'Cause love comes slow, and it goes so fast

Well, you see her when you fall asleep

But never to touch and never to keep

'Cause you loved her too much, and you dived too deep
 

Der Refrain erklang zum dritten Mal, während Yamato sich wieder gefangen zu haben schien und sicherer sang, bemerkte der Yagami wie ihre Freunde besorgte Blicke austauschten. Sein Blick wanderte weiter durch den Club, als er Mimi alleine an einer Wand stehen sah. Als hätte sie gespürt, dass der Braunhaarige gerade zu ihr sah, erwiderte sie seinen Blick. Mimi wischte sich ebenfalls über ihre feuchte Augenpartie und verließ als nächste den Club. Taichi sah erneut zur Bühne. Yamato wiederholte gerade den Refrain ein letztes Mal.

Das Schlagzeug und die Gitarre verstummte, sodass nur noch das Klavier sowie Yamatos Stimme zu hören war.
 

Only know you've been high when you're feeling low

Only hate the road when you're missing home

Only know you love her when you let her go
 

Taichi erhob sich währenddessen von seinem Barhockerstuhl am Tresen und ging ebenfalls zum Ausgang, er legte noch einmal seinen Kopf zurück, als die letzten Töne erklangen, ehe das Lied beendet war.
 

And you let her go!
 

Dann verließ Taichi den Club, verabschiedete sich von keinem seiner Freunde und brauchte nur noch eines. Ruhe!

Doppelter Herzschmerz

30.12.2010
 

„Sora warte!“ Mimi konnte sich nur allzu gut in ihre beste Freundin hineinversetzen. Der Song war schön, aber es musste für Sora schmerzhaft gewesen sein, diese Worte zu hören und dann noch verpackt in einem Song. So schwer, dass sie es keine Sekunde länger im Club aushielt. Selbst Mimi wollte diese Worte nicht mehr hören, alles war ihr zu viel. Der Streit mit Taichi, dass er sie einfach unvorgerichteter Dinge stehen gelassen hatte. Diese Nori. Mimi wusste nicht, wie es mit Taichi und ihr weitergehen würde, aber wenn sie nicht mal mehr miteinander reden konnten, sah es nicht gut für sie aus. Sie sah die Rothaarige ein paar Meter vor sich stehen. Weit war sie nicht gekommen und viel Vorsprung hatte sie auch nicht.

„Sora“, rief Mimi ihr hinterher.

Sora blieb stehen und senkte ihren Blick traurig zu Boden. „Warum? Warum tut er das? Warum tut er mir das an?“, hörte Mimi die Rothaarige immer wieder sagen.

Auch der Tachikawa traten bereits Tränen in die Augen. Sie ging näher auf die Ältere zu und nahm sie in die Arme. „Komm, lass uns zu dir gehen.“

Sora nickte leicht mit dem Kopf und Mimi hob eine Hand, um ein Taxi zu sich zu winken. Das Taxi hielt an und Mimi ging zur Fahrerseite, um dem Taxifahrer mitzuteilen wo sie hin mussten, als sie im Augenwinkel plötzlich einen großgewachsenen, jungen braunhaarigen Mann sah. Taichi. Sie sah über das Taxi hinweg zu ihrem Freund, der nahe neben Sora zum stehen kam.

„Alles okay bei dir?“, erkundigte er sich kurz.

Sora schüttelte leicht den Kopf. „Nein, wir fahren jetzt zu mir“, erzählte sie ruhig. Sora deutete mit einem Kopfnicken auf die Brünette, die auf der anderen Seite des Autos stand.

Taichi sah kurz zu Mimi, dann nickte er verstehend, ging einige Schritte zurück und wand sich von ihr ab. „Du kannst dich ja melden, wenn du reden willst...“, murmelte er leise, doch Mimi verstand ihn trotzdem.

„Ach? Aber wenn deine eigene Freundin mit dir reden will, lässt du sie lieber stehen?“, zischte sie gleich drauf los.

Taichi seufzte genervt. „Ja, weil mit dir reden auch keinen Sinn hat und du lieber einem fremden Mädchen glauben willst, als dem Jungen den du angeblich liebst“, brummte er herablassend.

„Hmm... vielleicht würde ich dir ja glauben, wenn du mir gleich die Wahrheit gesagt hättest“, zickte die Jüngere.

Taichi drehte sich in die Richtung der Brünetten um. „Spricht das Mädchen, das selber monatelang geschwiegen hat.“ Er drehte sich wieder um und setzte seinen Weg einfach fort.

„Ja genau, hau wieder ab! Sowie du es immer machst wenn dir ein Thema nicht passt. Sehr erwachsen, Tai!“, schrie Mimi ihm hinterher. Er hob nur eine Hand und ging stur weiter.

Fragend sah Sora zu Mimi.

„Frag besser nicht“, keifte diese verbissen.

„Miss, wollen sie jetzt mit fahren oder nicht?“, ertönte die Stimme des Taxifahrers aus dem Wagen. Mimi blickte überrascht zu dem älteren Fahrer. „Ja, entschuldigen Sie. Sora, kommst du?“

Die Rothaarige nickte und öffnete die andere Türe des Rücksitzes. Mimi nahm neben ihr Platz und das Auto fuhr los.
 

Es war zwar spät in der Nacht, aber der Verkehr war dennoch nicht zu unterschätzen. So brauchten sie von Shibuya bis Odaiba ganze 30 Minuten.

Sora schloss ihre Wohungstüre auf und Mimi trat hinter ihr herein. Sie zogen ihre Jacken und Schuhe aus, schmissen ihre Handtasche auf eine Kommode im Flur und begaben sich ins Wohnzimmer.

„Da singt Matt wirklich so ein dämliches Lied“, schluchzte Sora.

„Und Taichi lässt mich stehen, da wäre mir ein Song glatt lieber.“

Sora drehte sich zu Mimi um. „Was ist denn nur zwischen euch beiden vorgefallen?“, fragte Sora nach.

Mimi erzählte ihr alles, das Gespräch mit Nori, welches sie in der Damentoilette geführt hatte, die gesamte Story rund um Nick und die Auseinandersetzung mit Taichi vor dem Club. Sora hörte ihr aufmerksam zu und unterbrach sie nicht.

„Oh weia, ihr seid beide bescheuert. Ich muss dass jetzt mal sagen, weil ich euch lieb habe, aber ihr seid beide den falschen Weg gegangen. Warum habt ihr nicht früher etwas gesagt? Ihr seid geradewegs dabei eure Beziehung gegen die Wand zu fahren und weißt du was? Ich habe wirklich an euch beide geglaubt, dass ihr es schaffen würdet diese Distanz zu überwinden. Ihr wart stetig in Kontakt, ganz im Gegensatz zu Matt und mir.“

Mimi nickte reumütig. „Ich weiß... Ich wollte es ihm sagen... immer wieder... wirklich, aber umso mehr Zeit verging, umso schlimmer wurde es und irgendwann habe ich mich gar nicht mehr getraut“, erklärte die Brünette traurig.

„Gebt euch etwas Zeit und redet dann nochmal in Ruhe miteinander. Ihr könnt das so nicht zwischen euch stehen lassen“, erwiderte Sora mitfühlend.

„Wie denn? Ich fliege in drei Tagen wieder nach Hause. Ich hatte mich so auf Weihnachten gefreut und ausgemalt, wie die Weihnachtstage werden könnten und jetzt ist alles ganz anders gekommen und wenn ich Tai jetzt verloren habe... dann... werde ich mir das nie verzeihen“, schniefte die Brünette.

„Ihr habt beide Fehler gemacht, aber dennoch glaube ich an euch.“

Mimi lächelte traurig, aber wusste nicht ob sie die Worte ihrer besten Freundin wirklich glauben schenken konnte. „Und ich glaube an euch, für mich gehörst du einfach zu Matt und andersherum.“

Sora schüttelte den Kopf. „Nein, er hat sich ja für die Musik und gegen mich entschieden.“

„Mag sein, aber es tut ihm aufrichtig leid wie alles zwischen euch beiden gelaufen ist und es belastet ihn sehr, sonst hätte er nicht diesen Song für dich geschrieben. Ich glaube es ist eine Art Entschuldigung an dich“, grübelte die Brünette.

Sora zuckte mit den Schultern. „Ja möglich, aber das macht es nicht leichter, sondern nur noch viel schlimmer“, murmelte die Rothaarige.

„Warum?“, horchte Mimi nach.

„Er hat mir quasi durch die Musik mitgeteilt, dass er mich liebt, aber trotzdem lieber gehen lässt, weil es so besser ist. Für ihn!“ Sora verschränkte die Arme vor ihrer Brust und starrte auf den Fernseher, obwohl dieser nicht eingeschaltet war. „Ich will das nicht hören, weil es kein Trost ist, sondern die Wunden, die gerade begannen einigermaßen oberflächlich zu heilen, wieder aufgerissen wurden und mir nur wieder einmal vor Augen geführt haben was wir verloren haben. Was ich verloren habe.“

„Ach Sora, es tut mir so Leid. Am liebsten würde ich Matt für dich k.o schlagen und ihn in dein Schlafzimmer einsperren“, überlegte Mimi.

Die Modestudentin lachte auf. „Super, als Liebessklave oder was?“

„Ja warum denn nicht? Warum sollten immer nur Männer ihre Bunnys haben?“

„Ne, das würde nicht gut gehen. Matt und einsperren? Ich kenne keinen, der so einen Freiheitsdrang hat wie er. Er würde bei der nächsten Gelegenheit aus dem Fenster klettern. Egal wie hoch das Stockwerk ist.“

Mimi lachte wieder auf. „Ich stell mir gerade die Schlagzeile vor: Rockstar befreit sich mit letzter Kraft aus der Liebeshöhle“, kicherte Mimi.

Auch Sora lachte herzlich auf. „Nur um dann wieder dem nächsten Opfer in die Arme zu laufen“, scherzte sie und wischte sich eine Träne weg.

„Geht es dir wieder etwas besser?“, fragte Mimi nach.

Sora nickte leicht. „Ich weiß noch nicht wann es aufhört weh zu tun, aber...“ Sie hielt inne.

„Aber was?“, fragte Mimi neugierig nach.
 

Sora stand auf und verschwand ins Schlafzimmer. Die Brünette sah ihr irritiert hinterher und folgte sie mit ihrem Blick. Die Rothaarige kam mit einem kleinen Geschenk zurück und setzte sich auf die Couch.

„Sein Weihnachtsgeschenk an mich“, nuschelte die Rothaarige.

„Von Matt?“, fragte Mimi aufgeregt nach.

Sora nickte und sah skeptisch darauf.

„Na los mach es auf“, forderte die Brünette auf und rutschte näher neben ihre beste Freundin.

„Ist es seltsam, dass es mir ein bisschen Angst macht?“

Mimi schüttelte ihren Kopf. „Nein, das ist nur zu verständlich, aber sieh dir meinen sturen Freund an, der Meister des Hinauszögern und ich glaube es hätte ihm besser getan, all die Briefe oder das Paket seines Vaters gleich zu öffnen, also lass dir die Gelegenheit jetzt nicht entgehen, wo Matt noch in der Stadt ist“, beteuerte Mimi vehement.

Sora nickte und öffnete das Geschenk. „Ob er es selber eingepackt hat?“, murmelte die Rothaarige.

„Sowie es aussieht“, kicherte die Brünette, als sie das eher schlechte eingepackte Geschenk sah.

„Finde ich irgendwie süß“, murmelte Sora in Gedanken versunken und hielt eine Art Etui vor. Sie hob den Deckel und sah auf ein Gitarren Plektrum in der Farbe Rot. Sora warf es achtlos auf den Wohnzimmertisch und zischte.

Mimi hob ihn auf und drehte ihn herum.

„Was soll das denn?“ fragte Sora verbittert nach. „Ich will nichts haben was mich an seiner Liebe zur Musik erinnert. Kannst du haben, wenn du willst.“

Mimi schüttelte ihren Kopf. „Nein, der ist ganz klar für dich. Schau mal auf der Seite ist das Symbol deines Wappens – das Herz.“

Sora nahm das Plektrum wieder in ihre Hand und sah auf das kleine Herz des roten Plektrums.

Mimi sah wieder zurück in das Etui. „Schau mal, da ist noch etwas drin. Sieht aus wie ein Brief“, murmelte sie.

„Was ein Brief? Für mich? Öffne du ihn, ich kann das nicht...“

„Bist du sicher?“, fragte Mimi nach.

„Beurteile du, ob ich es wissen will oder besser nicht“, erwiderte Sora und betrachtete weiter den roten Plektrum.
 

Mimi ließ sich das nicht zweimal sagen, dazu war sie viel zu neugierig und faltete den Brief sorgsam auseinander. Sie las die paar Zeilen und musste unwillkürlich lächeln, aber auch ein paar Tränen sammelten sich in ihren Augen. „Ich lese vor, das solltest du dir unbedingt anhören:
 

Liebe Sora,

das Plektrum habe ich damals selber anfertigen lassen. Immer wenn ich Bass oder Gitarre gespielt habe, habe ich dieses Plektrum benutzt und förmlich die Kraft gespürt. Es war, als wärst du meine Muse gewesen und durch das Plektrum wurde ich erneut dazu genötigt, alles zu Papier zu bringen. Mein persönlicher Glücksbringer sozusagen. Nun möchte ich, dass du es bekommst. Es soll dir jetzt Glück bringen, denn obwohl du es mir vielleicht nicht glaubst, du hast mir bei der Erfüllung meines Traumes geholfen. Mehr als alle Anderen. Jetzt sollst du deinen erfüllen. Vielleicht ist das die größte Art, sich Liebe zu zeigen. In dem man den Anderen in allem unterstützt, auch wenn es bedeutet denjenigen zu verlieren. Zumindest aus den Augen, denn ich werde dich immer in meinem Herzen tragen. Es tut mir leid um den Kummer, den ich dir bereite. Ich hoffe, du kannst mir eines Tagen verzeihen.

In Liebe Matt.
 

Mimi blickte von dem Brief auf und sah Sora in die Augen. Diese hatte den Kampf gegen die Tränen bereits nach dem ersten Satz aufgegeben und schluchzte. „Das ist auch nicht besser als das dämliche Lied“, wimmerte sie.

Mimi legte den Brief geöffnet auf das Etui, nahm ein Taschentuch aus ihrer Handtasche, immerhin hat sie heute selbst schon genug davon gebraucht und reichte ihrer besten Freundin eines.

„Danke“, murmelte Sora und wischte über ihre feuchte Augenpartie, aber all das half nicht. Es war als wären tausend Dämme gebrochen und die Tränen liefen immer weiter über ihre Wangen. Mimi rutschte ganz nah an Sora ran, zog sie in ihre Arme und hielt sie einfach nur fest. So blieben sie eine Ewigkeit sitzen bis Sora irgendwann vor Erschöpfung einschlief. Behutsam legte Mimi die Rothaarige auf die Couch, nahm sich eine Decke die am anderen Ende der Couch lag und deckte die Ältere zu. Sie beobachte ihre beste Freundin noch eine Weile, doch Sora war in einen festen Schlaf gefallen und hielt sich schützend die Decke über ihre Nase.

Mimi suchte nach ihrem Handy, als sie es wieder eingeschalten hatte, bekam sie mehrere Nachrichten. Ihre Mailbox war voll von unzähligen Anrufen die sie nicht entgegen genommen hatte. Mimi rollte mit den Augen, bekam aber auch eine leichte Gänsehaut. Sie sah nach, ob Tai ihr geschrieben oder versucht hatte sie anzurufen, doch seinen Namen erkannte sie nirgends. Stöhnend setzte sie sich auf den Fußboden. Sie wählte den Nachrichteneingang und schrieb Taichi eine Kurznachricht.
 

>Können wir bitte nochmal ganz in Ruhe miteinander reden? Mimi.<
 

Es kam Mimi vor wie eine halbe Ewigkeit, sie konnte nicht schlafen. Sie war viel zu aufgewühlt. Sie schminkte sich die restliche Makeup reste von ihrem Gesicht ab, das noch vorhanden war, machte sich einen unordentlichen Dutt und putzte sich die Zähne. Sora war generell immer auf alles vorbereitet und hatte auch für ungeplanten Besuch vorgesorgt. So war sie eben – eine richtig gute Seele. Sie ging zurück in das Wohnzimmer, keine neue Nachricht. Sie seufzte, wollte sich gerade ein Schlafshirt von Sora aus dem Kleiderschrank nehmen, als ihr Handy leise vibrierte. Mimi ließ das Shirt fallen und ging mit ruhigen aber zügigen Schritten auf ihr Handy zu. Hoffnungsvoll nahm sie es in ihre Hand. Eine unbekannte Nummer. Sie zitterte vor Wut, vor Enttäuschung. Sie entschied sich das Gespräch entgegen zu nehmen.

„Höre gefälligst auf mich anzurufen, sonst wirst du es bereuen“, zischte sie in den Hörer. Sie hatte damit gerechnet, dass er auflegen oder nur atmen würde.

„Wie soll das bitte aussehen?“ Die Stimme aus dem Telefon war verzerrt und entfremdet.

Mimi zitterte - dieses Mal nicht aus Wut, sondern aus Angst. „Lass mich in Ruhe!“

„Und wenn nicht? Ach stimmt ja, dann werde ich es bereuen. Oder vielleicht eher du“, kam es düster und leicht drohend aus der Leitung.

Mimi klappte der Mund auf, konnte nicht fassen was sie da hörte. Sie nahm ihr Telefon langsam von ihrem Ohr und beendete das Gespräch. Sie versuchte sich erneut zu beruhigen. Sie war in Tokio, bei ihrer besten Freundin. Hier konnte ihr nichts passieren. Wieder vibrierte ihr Handy und sie zuckte zusammen. Sie hielt sich mit der noch freien Hand, die Hand vor dem Mund um einen Aufschrei zu dämpfen, damit Sora nicht wach wurde. Mit der anderem drehte sie ihr Handy um. Eine neue Mitteilung. Sie öffnete den Nachrichteneingang. Sie las die paar Worte und erneut presste sie die Hand vor dem Mund, dieses Mal nur fester, da sie dieses Mal diejenige war, deren Tränen unwillkürlich über ihre Wangen liefen und nicht zu stoppen waren.
 

> Es tut mir Leid, wegen heute Abend. Wir sollten wirklich nochmal miteinander reden! Tai.<

Gebrochene Herzen

31.12.2010
 

„Du hast dich also entschieden?“, fragte Yuuko. Sie hatte mit dem Abwasch begonnen und Taichi das abtrocknen übernommen.

„Ja, ich habe den Anwalt bereits angerufen und alles in die Wege geleitet“, erwiderte Taichi monoton.

„Und an welche Stiftung möchtest du spenden?“, erkundigte sich die Ältere interessiert.

Der Sportstudent hatte lange darüber nachgedacht an welche Organisation er seinen Anteil spenden wollte und hatte sich ein wenig im Internet informiert. Er hatte beschlossen, 80% an eine Organisation zu spenden, die benachteiligten Familien half die nicht so viel Geld oder Glück hatten. An Familien, denen es nicht anders ergangen war als ihm und er hoffte, mit seinem Anteil ein paar Kinder glücklich machen zu können. „80 Prozent an die Familienhilfe Japan“, erklärte er.

Yuuko lächelte, reichte Taichi den letzten Teller und zog den Stöpsel aus dem Waschbecken um das dreckige Wasser zu entsorgen. „Ich finde das eine schöne Idee und was bleibt mit den verbliebenen 20%?“

Taichi räusperte sich verlegen, er hatte über dieses Thema noch mit niemanden gesprochen und er hoffte, dass seine Mutter die Nachricht gut aufnehmen würde. „Ich werde ausziehen.“

Überrascht sah Yuuko zu ihrem Sohn. „Wie jetzt so schnell? Hast du schon eine Wohnung gefunden?“

„Ja, ich habe in den letzten Tagen einige Wohnungen in der Nähe der Uni besichtigt und heute die Zusage bekommen. Es ist nur eine kleine Zwei-Zimmer Wohnung, aber dennoch sehr schön“, erklärte der Braunhaarige und trocknete seine Hände mit dem Spültuch ab.

„Und du benutzt die 20% für die Wohnung?“, schlussfolgerte die Ältere.

Taichi nickte, während er sich auf die Unterlippe biss. „Ist das falsch?“, hakte der Sportstudent unsicher nach. Er wusste nicht, ob es okay war. Eigentlich wollte er gar nichts von dem Geld behalten und alles spenden, aber dann hätte er es soviel schwerer gehabt und es war ihm doch keiner böse, wenn er etwas davon für sich nehmen würde, oder?.

„Nein, keineswegs. Es ist dein Geld und du kannst damit machen was du möchtest“, erklärte Yuuko lächelnd.

„Na ja, ich habe ja nur mein Zimmer als Besitz und daher hab ich ausgerechnet, dass ich mir die Kaution, die erste Miete und ein paar vernünftige Möbelstücke leisten kann, ohne mich zu verschulden, da von dem Geld, das ich in der Fabrik erarbeitet habe, nicht mehr so viel übrig ist.“

„Tai, das ist doch in Ordnung und ich freue mich, dass du deinen Anteil so vernünftig investierst. Wie zahlst du denn dann die restliche Miete?“ fragte Yuuko nach und konnte die besorgte Mutter dann doch nicht ganz abstellen.

„Mitte Januar mache ich einen Trainerschein, der Nachwuchs im Fußball sucht Nachwuchstrainer für die Jüngsten, wenn das nicht passend ist?“

Die Ältere lächelte „Und Zeit fürs Studium hast du auch noch?“

„Mum, glaub mir eines, dass einzige für das ich in nächster Zukunft Zeit haben werde ist das Studium und Fußball.“

„Und ab wann verlässt du uns?“, fragte Yuuko nach.

„Erstens ich verlasse euch nicht, ich ziehe nur aus. Zweitens seid ihr immer herzlich Willkommen, aber bitte mit Voranmeldung und drittens erst nächsten Monat, also etwas musst du mich noch etwas ertragen“, erwiderte der Braunhaarige.

„Okay, also ist es jetzt wirklich soweit, dass das erste Kind flügge wird?“

„Alles okay, Mama?“

„Ja, ich wurde nur kurz ein wenig wehmütig“, erklärte sie lächelnd und winkte dann ab.

„Ich muss jetzt leider los, ich bin noch mit Mimi verabredet, aber wir können die Einzelheiten ja noch die Tage besprechen.“

Yuuko nickte und dennoch sah Taichi, dass es ihr nicht so sehr gefiel, dass er ausziehen würde. Es tat ihm leid, aber er war ja nicht aus der Welt. Er würde sie oft besuchen, doch er hatte das Gefühl, dass er das jetzt tun musste.
 

Die letzten Tage und Nächte waren für den jungen Mann alles andere als einfach gewesen. Ganz im Gegenteil. Taichi hatte pausenlos Kopfkino und alles was in der letzten Zeit passiert war, setzte ihm zu. So sehr, dass er permanent Magenkrämpfe hatte. Das alles machte ihn krank! Er hatte lange mit sich gerungen, entschied sich schließlich aber dazu sein Leben umzustellen und auch ein paar Entscheidungen zu treffen, die ihm mehr als schwer fielen jedoch unausweichlich waren. Bevor die große Silvesterparty steigen würde, entschied sich Taichi dazu zu Mimis Großmutter zu gehen, damit sie in Ruhe miteinander reden konnten.

Weder er noch Mimi wollten die Sache länger ungeklärt zwischen ihnen stehen lassen und vor allem nicht wieder vor sämtlichen Leuten eine Parade hinlegen. Zudem verdiente Mimi eine richtige Aussprache, er wusste dass es nicht in Ordnung gewesen war sie einfach stehen zu lassen, aber zu diesem Zeitpunkt hatte er einfach nicht anders können. So schwach es auch gewesen war.

Er war nervös wegen dem was ihm bevorstand. Er war aufgeregt, weil er es selber nicht fassen konnte was er gleich tun würde und ihm war schlecht, weil sich ihm jetzt schon wieder der Magen umdrehte und er all das eigentlich nicht wollte, aber er musste diesen Schritt jetzt tun. Er hoffte, dass es ihm dann mit der Zeit besser gehen würde. Er war sich sicher keine andere Wahl zu haben.
 

Er hielt den Atem an, während er klingelte und einige Sekunden später der Türöffner erklang. Es gab kein zurück mehr, dieses Mal nicht. Er atmete aus und ging die Treppen nach oben.

„Hey“, begrüßte Taichi die Jüngere, die ziemlich mitgenommen aussah und einen Schritt zur Seite ging, damit er hineintreten konnte.

„Hallo“, murmelte sie zitternd und ging schon vor in ihr Zimmer.

Taichi zog seine Schuhe aus und folgte der Brünetten in ihr Zimmer. Er schloss die Türe hinter sich und sah sich im Zimmer um. Als er das letzte Mal hier gewesen war, war alles noch gut gewesen und dann hatte sich plötzlich mit einem Mal alles geändert. Er wusste nicht was er sagen sollte und scheinbar wusste Mimi das auch nicht. Sie schien mindestens genauso nervös zu sein wie er. Es war so viel gesagt wurden, zu viele falsche Wörter, die beide in den Mund genommen hatten. Zu vieles was er gerne zurücknehmen würde.

„Es tut mir leid, Mimi“, begann Taichi zögerlich.

Die Brünette sah auf und nickte. „Mir auch.“

Er ging näher auf sie zu und wollte das sie ihn ansah. „Ich hätte dich nicht so stehen lassen dürfen. Es war nur… ich konnte einfach nicht mehr und ich weiß immer noch nicht, wie ich mit all dem umgehen soll“, gab der Braunhaarige bedrückt von sich.

„Ich weiß, es war auch nie meine Absicht dich mit allem so zu überfahren und nachdem ich so lange nichts von dir gehört habe und dann das mit dieser Nori erfahren habe, sind bei mir eben die Sicherungen durchgebrannt“, murmelte sie mit gedämpfter Stimme.

„Ich hätte es dir gleich sagen sollen. Du hattest Recht mit dem was du gesagt hast. Wir haben beide Sachen verschwiegen, weil wir uns nicht verletzten wollten und haben im Grunde nur eines damit bewirkt, dass wir uns gegenseitig nur noch mehr verletzt haben!“

Mimi nickte, während das erste Glitzern in ihre Augen trat, hastig versuchte sie die Tränen zu stoppen und wischte sich mit dem Ärmel über ihre Augen. „Ich wollte dich nie verletzen“, nuschelte sie unter ihrem Ärmel.

Taichi brach es jetzt schon das Herz die Jüngere so zu sehen und schluckte schwer. „Ich weiß und das wollte ich doch auch nie“, flüsterte er.

„Kannst du mir verzeihen?“, fragte die Braunhaarige traurig, aber hoffnungsvoll nach, hielt aber immer noch ihren Arm über ihren Augen um sich zu verstecken.

Taichi griff nach ihrem Ellenbogen und drückte ihren Arm mit sanftem Druck nach unten. „Mimi, ich glaube wie beide stehen gerade an einem Punkt an dem wir uns mehr schaden als helfen...“

„Das stimmt doch gar nicht“, erwiderte Mimi schrill und unterbrach den Yagami.

Taichi sah sie ernst an. „Lass mich bitte ausreden, okay?“ Mimi nickte entschuldigend. „Ich habe gerade soviel mit mir zu tragen und nach all dem was auch zwischen uns passiert ist weiß ich ehrlich nicht wie wir diese Beziehung aufrecht halten sollen...“

„Nein, sag das nicht“, schluchzte Mimi untröstlich und entzog Taichi wieder ihren Arm.

„Wir sind beide nicht ehrlich gewesen Mimi und ich weiß gerade nicht, wie wir uns vertrauen wollen. Es gäbe so vieles, an dem wir beide arbeiten müssten und das funktioniert einfach nicht aufgrund der Entfernung. Selbst wenn du jetzt immer die Wahrheit sagen würdest, ich würde es hinterfragen und du doch sicher auch, oder? Du würdest dich immer fragen mit wem ich etwas unternehme, ob Nori dabei ist oder nicht und egal was ich sagen würde, das komische Gefühl würde bleiben. Damit kann es einfach nicht funktionieren und ich will wirklich nicht, dass wir uns nachher nicht mehr in die Augen sehen können.“

„A-aber wir können es trotzdem schaffen. Ich will nicht, dass es vorbei ist“, wisperte die Jüngere verzweifelt.

„Wie denn? Meinst du mir fällt das leicht? Mimi, du bist in drei Tagen wieder in Amerika und dann für ein halbes Jahr. Wie sollen wir das bitte hinbekommen ohne uns noch mehr zu schaden? Um Himmels Willen wie?“

„Ich weiß es doch auch nicht, aber der Gedanke, dass wir kein Bestandteil im Leben des anderen mehr sind macht mir Angst. Tai, das letzte Mal hatten wir nicht mal mehr Kontakt. Wie soll das denn jetzt werden? Und komm mir bloß nicht mit dieser "lass-uns-Freunde-bleiben"-Schiene. Das nehme ich dir nämlich nicht ab“, erwiderte Mimi aufgewühlt.

Taichi schüttelte seinen Kopf. Auf diese Frage hatte er keine Antwort. Früher waren sie Freunde, dann waren sie ein Paar geworden. Und was waren sie jetzt? Kein Paar mehr, aber auch so viel mehr als Freunde. „Wir sind einfach Menschen die wir nicht vergessen werden, weiter im Herzen tragen und immer wichtig für uns sein werden, auch wenn sie nicht miteinander reden oder sich sehen können.“

„Du willst es also wirklich beenden?“, flüsterte Mimi fassungslos, „Und mich aus deinem Leben streichen?“ Mehr gab ihre Stimme nicht mehr her.

„Von wollen kann nicht die Rede sein und ich streiche dich nicht aus meinem Leben, Mimi, das würde ich nie tun“, erwiderte Taichi traurig. „Aber gerade weiß ich einfach keinen anderen Ausweg.“

Mimi schluchzte wieder auf und versuchte verzweifelt ihre Tränen zurückzuhalten, aber es gelang ihr nicht. „Verdammt“, murmelte sie und kehrte Taichi den Rücken zu.

Unsicher blieb Taichi stehen. Er wusste nicht wie er sich verhalten sollte. Normalerweise würde er sie in den Arm nehmen, aber durfte er das noch, war er dafür die richtige Person? „Mimi, ich… es tut mir leid...“, kam es hilflos aus dem Brünetten. Mimi reagierte jedoch nicht. Sie sah stumm auf den Boden, ihre Fingernägel bohrten sich in ihre Hände und schüttelte leicht ihren Kopf. „Mimi? Ach verdammt“, seufzte der Braunhaarige. Er drehte die Jüngere zu sich um und zog sie mit leichtem Widerstand in seine Arme. „Glaub mir, ich wünschte es wäre anders“, murmelte Taichi in ihr Ohr. Er spürte wie sein Hemd nass wurde, wie sie ihre Fingernägel durch sein Hemd in seine Brust krallte und heiße Tränen über ihre Wangen liefen. Er drückte sie leicht zurück und wollte ihre Tränen trockenen. Wenigstens noch einmal. Sanft strich er mit seine Daumen über ihre Wangen und hob ihr Kinn etwas an. „Ganz egal wohin du gehst und was du tust, Du bleibst.“ Mimi zog ihren Kopf zurück, wollte Distanz schaffen und sah wieder nach unten zu ihren Füßen. „Kannst du mir etwas versprechen?“ Irritiert hob Mimi ihren Kopf, sprach aber immer noch nicht. „Bitte vertrau dich deinen Eltern an und geht zur Polizei, bitte Mimi. Ich könnte den Gedanken nicht ertragen, wenn dir irgendwas passiert. Ich bin sicher, dass sie dir helfen werden“, bat er sie eindringlich. Mimi nickte leicht, mehr gab sie nicht mehr her. Mehr durfte er jedoch auch nicht mehr erwarten.
 

Eine Zeitlang standen sie einfach so da, ohne etwas zu sagen, ohne sich anzusehen, dann entfernte sich Mimi von Taichi und ging einen großen Schritt zurück. Bei diesem Anblick hätte er am liebsten alles zurückgenommen, er hatte ihr doch niemals das Herz brechen wollen.

„K-kannst du bitte gehen?“, wisperte die Jüngere leise.

Taichi räusperte sich „Ich… Mimi, du bedeutest mir so viel. Ich werde ich immer li...“

„Nein, ich will das nicht hören, sag niemanden wie viel er dir bedeutet, wenn du gerade dabei bist demjenigen das Herz zu brechen, das ist...“ Sie schaffte es nicht den Satz zu beenden, dazu schmerzte es zu sehr.

Taichi nickte niedergeschlagen, während auch er mit sich rang. Er ging ein paar Schritte und hielt an der Türe inne. Er drehte seinen Kopf und sah zu der Brünetten. Nein, so konnte er es nicht stehen lassen. Er war noch nicht fertig und eines musste er unbedingt noch los werden, bevor er aus ihrem Leben verschwand und das vielleicht für immer. Er ging wieder zu ihr zurück und hielt ihr Gesicht in seinen Händen. Es war ihm wichtig, dass sie seine Worte auch Verstand „Danke.“ Irritiert erwiderte Mimi seinen Blick. „Danke für die Zeit die wir zusammen hatten. Danke, dass ich dein Freund sein durfte und Danke, dass du in einer der schwersten Zeiten meines Lebens für mich da gewesen bist. Du hast mich vor dem Ertrinken bewahrt. Ich werde es niemals vergessen. Ich werde uns und unsere Zeit niemals vergessen und immer wieder an sie denken. Du wirst immer wichtig für mich sein.“ Behutsam beugte sich Taichi zur Jüngern hinunter, schloss seine Augen und hauchte Mimi einen bittersüßen Kuss auf die Lippen, schmeckte ihre salzigen Tränen, die sich über ihrem Gesicht verteilten, dann ließ er die Brünette schweren Herzens wieder los. Er drehte sich um, murmelte ein >Verzeih mir, dass ich mein Versprechen nicht halten konnte<. Unsicher, ob sie ihn noch gehört hatte verschwand er mit schnellen Schritten aus dem Zimmer. Er musste gehen, schnell gehen. Bevor sein Herz diese Last nicht länger tragen konnte. Rasch zog er seine Schuhe an, öffnete die Türe und lief so schnell er konnte los.
 

Erst als seine Lungen brannten wie Feuer und er kaum noch Luft bekam, blieb er stehen und rang nach Atem. Er wusste nicht wie schnell oder wohin er gelaufen war. Das Ziel spielte auch keine Rolle, es gab keines mehr. Schwer atmend blieb er stehen, seine Hände legte er auf seinen Knien ab, er schaute zu Boden, während auch er die Tränen in den Augen stehen hatte. Sein Herz schmerzte, doch er ignorierte das beklemmende Gefühl in seiner Brust und lief weiter. Weiter geradeaus bis er wieder an seine körperlichen Grenzen stieß.

„Verdammt“, stöhnte er und schlug mit seiner Faust gegen eine kühle, nasse Wand. Er schrie auf „Verfluchte scheiße.“ Kurz sah er sich um, Menschen starrten ihn an, doch das interessierte ihn nicht. Es regnete, schneite. Eine Mischung aus beidem und nichts als grauer Matsch lag auf den Straßen Tokios. Alle Menschen schienen ach so gute Laune zu haben, der Jahreswechsel stand kurz bevor, doch er würde am liebsten die Zeit zurückdrehen. Er sah sich seine geschwollene Faust an und massierte diese mit seiner anderen Hand. Er schüttelte seinen Kopf. Er wünschte sich so sehr, dass es für sie einen anderen Ausweg hätte geben können, dass ihm eine andere Lösung eingefallen wäre, aber egal welche Szenario er sich ausmalte, am Ende kam er einfach nicht umhin, dass eine Trennung unausweichlich gewesen war, auch wenn er wusste, dass er gerade sich und Mimi das Herz gebrochen hatte. Er zog sein Handy aus seiner Hosentasche und wählte eine bekannte Nummer.

Es dauerte nicht lange und Sora hob ab. „Hi Tai, alles okay?“, fragte die Rothaarige freundlich nach.

„Kannst du jetzt bitte zu Mimi gehen. Sie braucht dich.“ Taichi beendete das Gespräch und wollte keiner weitere Erklärung geben. Er wollte nur, dass Mimi nicht alleine war und mehr als das konnte er jetzt nicht mehr für sie tun.

Neuanfang

        Januar
 

01.01.2011
 

Es gab unendlich viele Arten von Schmerzen und Mimi fühlte sie zu diesem Zeitpunkt alle. Sie hätte es sich zwar niemals vorstellen können, aber genauso war es. Ihr Herz stach, als würde man immer wieder mit einem Messer hinein stechen. Sie bekam kaum Luft und ihre Lungen brannten als hätte sie in einem verrauchten Raum gelegen. Ihre Augen brannten, als würde jemand unaufhörlich mit glühenden Nadeln darin herumstechen und Ihre Brust fühlte sich so schwer an, als würden hunderte Menschen darüber laufen. Es schmerzte so sehr, dass sie es bis in ihre Gliedmaßen spüren konnte.

Weinend saß Mimi auf ihrem Zimmerboden, schlug ihre Arme um sich und versuchte sich zu beruhigen, doch es gelang ihr einfach nicht. Sie wusste nicht einmal, wie viel Zeit vergangen war. Ihr Handy klingelte und vibrierte, doch sie ignorierte es. Sie hatte Taichi verloren und konnte es nicht begreifen, nicht fassen. Es fühlte sich an, als hätte er ihr schlagendes Herz innerhalb von ein paar Sekunden erst zum stocken gebracht, nur um es dann auseinander zu reißen. Ihr gesamtes letztes Jahr war einfach nur schrecklich. Die ungewollte Schwangerschaft, die Auseinandersetzung mit Nick und dann hatte sie ihr Baby verloren… Der Tod ihres Großvaters, dann versuchte sie wieder aufzustehen und weiter zu machen, verliebte sich in Taichi und was blieb ihr am Ende übrig? Ein weiteres Mal wurde ihr Herz gebrochen und sie war allein.
 

Das Klopfen an ihrer Zimmertüre nahm sie gar nicht wahr. Stimmen redeten auf sie ein, doch mehr als ein Summen hörte sie nicht. Eine sanfte Berührung an ihrer Schulter ließ sie kurz aufschrecken und erkannte aus tränenüberströmten Augen ihre beste Freundin.

„Mimi? Was ist denn nur passiert?“, fragte diese leise nach.

Mimi wollte antworten, doch sobald ihr Mund sich öffnete schluchzte sie erneut los und wieder liefen die Tränen wie Sturzbäche die Wange hinunter.

Sora kniete sich gegenüber von Mimi auf den Boden und nahm deren Gesicht zwischen ihre Hände. „Es tut mir so leid, Mimi“, wisperte die Modedesignstudentin und zog ihre beste Freundin in ihre Arme.

Mimi hielt sich krampfhaft an Sora fest, wie eine Ertrinkende an einem Rettungsring und war nicht in der Lage sich in irgendeiner Form mitzuteilen. Es gab nur einen Mann, der ihre Wunden hätte heilen können, aber der hatte diese ihr erst zugefügt und hatte sie verlassen, weil sie beide es nicht geschafft hatten ehrlich zueinander zu sein. Wie konnte Mimi das für sie wichtigste nur vernachlässigen? Aufrichtigkeit!

Sora redete unaufhaltsam auf Mimi ein, spendete ihr Trost, aber sie registrierte kaum mehr was die Rothaarige sagte. Sie spürte nur ihre Anwesenheit und dass sie nicht alleine war. Mimi wusste nicht wie, aber irgendwann lag sie in ihrem Bett und hatte nur noch ein Tanktop und eine Panty an. Sie sah neben sich und sah wie Sora sie und sich selbst zudeckte, dann schloss Mimi ihre Augen und fand unter tiefster Erschöpfung in den Schlaf.
 

05.01.2011
 

Die Tage vergingen. Mittlerweile war Mimi wieder in New York. Ihr Vater war zunächst unfassbar wütend gewesen und wollte sie gleich dafür bestrafen, dass sie früher als vereinbart nach Tokio aufgebrochen war, doch ein Blick in das Gesicht seiner Tochter brachte ihn zum Schweigen. Er zog die Luft ein, umfasste ihr Gesicht und betrachtete es, als würde er nach äußeren Verletzungen suchen. Als er diese jedoch nicht fand, nahm er seine Tochter in die Arme und fuhr nach Hause.

Auch wenn Keisuke sie immer wieder fragte was passiert war, schaffte Mimi es immer noch nicht zu reden. Sie sprach kein einziges Wort. Ihre letzten Worte richteten sich an Taichi und es waren seine letzten Worte die sie immer wieder wie ein Mantra in Gedanken wiederholte. >Wie denn? Meinst du mir fällt das leicht?<; >Von wollen kann nicht die Rede sein<; > Mimi, du bedeutest mir so viel. Ich werde dich immer li...<

Seitdem wanderten alle anderen Worte, die ihr Gehörgang erreichten, wie Durchzug durch sie hindurch. Mimi fühlte sich wie ein Roboter und sie benahm sich auch so. Sie konnte nicht mehr weinen, es war als wäre Taichi ein Vampir gewesen und hätte ihr die letzten Tränen ausgesaugt und nur noch eine leere Hülle ohne Emotionen zurückgelassen. Es war, als wäre ein großes Loch in ihrer Brust und es gab nichts, was sie dagegen unternehmen konnte, weil nichts das reparieren konnte, was Taichi und sie einander angetan hatten.

Sie lag in ihrem Bett, ignorierte alles und jedermann. Die Anrufe ihrer Freunde, die Nachrichten ihrer Lieben, selbst das Knurren ihres Magens. Die größte Abwechslung bestand darin sich von einer Seite zur anderen zu drehen. Sie ging immer wieder das Mantra in ihrem Kopf durch, wiederholte gedanklich jeden Satz, ging die Trennung immer und immer wieder durch. Sie dachte, vielleicht würde es irgendwann weniger weh tun, aber jede Wiederholung führte nur dazu, dass sie sich mehr vergrub. In ihrer Sehnsucht, ihrer Verzweiflung, ihrer Wut und dann begann alles wieder von vorne. Tag ein, Tag aus. Ja, es gab viele Arten von Schmerzen und Mimi hatte sie im vergangenen Jahr alle erfahren, aber dass es noch mehr schmerzen könnte, hätte sie nie erwartet. Wie konnte man jemand zum fallen bringen, wenn er schon am Boden lag? Ganz einfach, in dem man ein Loch in die Erde stampft und man in die Grube geworfen wurde.
 

11.01.2011
 

Die Schule war schon längst wieder gestartet, doch ihre Eltern konnten sie in diesem Zustand nicht dorthin schicken. Sie hatten es einen Tag versucht, der erste Schultag nach den Ferien, in der Hoffnung, dass Mimi damit wieder Ablenkung durch den Alltag fand, aber sie hatte es gerade Mal geschafft aus der Haustüre zu gehen und dann stand sie einfach nur reglos da. Ihre Eltern wurden mit jedem Tag der verging, unruhiger. Schließlich rief Satoe bei Riku an und wollte wissen, was in Japan vorgefallen war. Sie erfuhren von der Trennung durch Taichi, dies führte allerdings nicht dazu, dass Keisuke ruhiger wurde. Wegen Liebeskummer so einen Aufstand? Jegliche Bemühung mit Mimi ein Gespräch anzufangen scheiterten nach wie vor. Ob sie wütend wurden und brüllten oder ruhig, flüsternd, haltend mit ihr sprachen – nichts gelang. Frustriert ließen sie Nicole zu ihr, aber auch diese erreichte Mimi nicht. Nichts und niemand erreichte sie. Nach weiteren Tagen die vergingen, riss Keisuke der Geduldsfaden. Sie packten einen Koffer und brachten Mimi in eine Spezialklinik.
 

20.01.2011
 

Seit drei Tagen war Mimi in einer Klinik, die hauptsächlich seelische Qualen heilen sollte. Ihre Eltern hatte sie gefragt, nachher wurde es ihr angedroht, aber Mimi hatte nicht reagiert und so entschieden sie ihre Drohung wahrzumachen.

„Mimi? Wollen sie wieder nicht an der Unterhaltung teilnehmen?“, fragte eine Frau mittleren Alters nach.

>Danke, für die Zeit die wir zusammen hatten<

„Mimi? So kann das wirklich nicht weiter gehen!“

>Danke, dass ich dein Freund sein durfte<

„Sie wissen schon, dass sie hier erst wieder raus kommen, wenn sie sich uns mitteilen?“

>Danke, dass du in einer der schwersten Zeiten meines Leben für mich dagewesen bist<

„Wir können Ihnen helfen, aber dafür müssen sie schon ein wenig mithelfen.“

>Du hast mich vor dem Ertrinken bewahrt<

„Okay, sie können auf ihr Zimmer. Wir versuchen es morgen nochmal.“ Die Therapeutin nahm ihren Notizblock und folgte Mimi mit ihrem Blick. „Mimi, sollten sie das Bedürfnis haben zu sprechen, egal wann, zögern sie nicht mich anzurufen.“

Mimi erwiderte nichts, verließ das Behandlungszimmer und ging in ihr Zimmer. Sie ging gleich ihrer Lieblingsbeschäftigung nach, sie legte sich ins Bett und zog die Decke über ihren Kopf.
 

21.01.2011
 

Wie jeden Morgen wurde Mimi um sieben Uhr aus dem Bett geschmissen, egal, ob sie aufstehen wollte oder nicht. Sie musste aufstehen, da sie eh nichts dazu sagen würde, ging sie ins Badezimmer, duschte und ging anschließend in den großen Gemeinschaftsraum. Wie immer nahm sie sich einen Naturjoghurt, etwas frisches Obst und einen Kaffee. Wie jeden Tag saßen andere Menschen um sie herum und begrüßten die Brünette. Und wie immer nahm Mimi einen Löffel und aß ohne die Unterhaltung vorantreiben zu wollen, weiter.

Jeden Morgen sollte sie um zehn Uhr im Wartezimmer sitzen. So saß sie auch an dem heutigen Tag wieder hier und wartete darauf, von der Therapeutin aufgerufen zu werden, doch auch nach einer halben Stunde tat sich nichts. Mimi jedoch kümmerte das nicht weiter, blätterte in ihrer Zeitschrift herum, las sich den Klatsch durch und machte in Gedanken ein "lächerlich", als sie die „Probleme“ der Pseudostars durchlas.

Die Türe des Behandlungszimmers ging auf und eine aufgelöste schwangere Frau trat aus dem Zimmer heraus. Die Frau, Mimi schätze sie auf Ende 20, sah kurz zur ihr, schüttelte den Kopf und verließ das Wartezimmer. Mimi konnte nicht anders als wie gespannt auf den Bauch der Schwangeren zu schauen, bis diese weg war. So wie die Frau aussah, musste sie im sechsten, vielleicht siebten Monat gewesen sein. Wie es sich wohl anfühlte, wenn man in diesem Stadium der Schwangerschaft war? Mimi wusste es nicht, sie selbst war nicht so weit gekommen. Sie bemerkte gar nicht wie ihre Hand unwillkürlich auf ihren Unterbauch wanderte und dort ruhte.

„Mimi? Kommen sie bitte?“, rief die Therapeutin mit den graublonden Haaren.

Mimi zuckte kurz zusammen, legte die Zeitschrift bei Seite und stand auf. „Entschuldigen Sie, das hat gerade etwas länger gedauert, aber ich konnte sie so nicht gehen lassen“, erklärte die Therapeutin.

„Wie weit war sie mit der Schwangerschaft?“, murmelte die Brünette und erschrak über den lauten Tonfall ihrer Stimme. Es waren die ersten Worte die sie dieses Jahr nuschelte und dennoch hörte es sich für sie vollkommen fremd an.

Dr. Dikson setzte sich auf den Sessel und sah überrascht zu ihrer Patientin. „Das dürfen sie Mrs. Stevens gerne selber fragen. Ich stehe unter Schweigepflicht, alles was in diesen Räumen besprochen wird, bleibt in diesen Räumen, das wissen sie doch.“

Mimi nickte und wartete schon die übliche Frage ab.

„Wie geht es ihnen heute?“, fragte Dr. Dikson nach und musterte die Braunhaarige.
 

Wie üblich sah sich Mimi in dem Zimmer um, fand die grüne Schreibtischlampe und starrte auf die leuchtende Glühbirne, woraufhin sie wieder in ihrem Mantra fest hing.

„Warum hat sie die Schwangerschaft dieser Patienten interessiert?“, hakte die Therapeutin nach. Sie runzelte ihre Stirn. „Waren Sie auch mal schwanger?“

Mimi zuckte kurz zusammen und sah sich nun das Telefon an. Eine Taste leuchtete rot auf, ob ein Patient eine verzweifelte Nachricht hinterlassen hatte?

„Wann haben sie es verloren?“

Mimis Blick bohrte sich auf den schwarzen Schreibtischstuhl, darüber lag eine rote Jacke. Sonst lag da nie eine Jacke, hatte Dr. Dikson vergessen ihre Jacke aufzuhängen?

„Oder haben sie ihr Baby abgetrieben?“

Geschockt sah Mimi vom Schreibtischstuhl zur Therapeutin und starrte sie wütend nieder. „Ich würde niemals abtreiben!“, zischte sie und zitterte am ganzen Leib.

„Also haben sie es verloren?“

Mimi schnaubte in Gedanken. Verloren… als redete sie von ihrem Schlüssel oder ihrem Handy. Dabei sprach sie da gerade von ihrem Baby, das ihr aus dem Bauch geprügelt wurde, aber was wusste sie schon? „Ja...“, murmelte Mimi daher.

„Wie lange ist das her?“, fragte die Therapeutin nach.

„Fast ein Jahr...“ nuschelte sie verhalten.

„Das war sicher sehr schwer für sie...“

Mimi lachte höhnisch auf. Schwer für sie…! Sie lachte weiter, immer weiter. Ihr Lachen wurde lauter, fast hysterisch. Sie hielt sich an der Ledercouch fest auf der sie saß. „Schwer war es für mich, als ich das erste Mal Tokio verlassen musste und nicht wusste, wann ich zurückfliegen konnte. Schwer war es für mich, in ein fremdes Land zu ziehen in dem alles anders ist. Schwer war es, sich von meinen Freunden zu verabschieden und schwer war es, neue kennenzulernen. Aber mein Baby zu „verlieren“ war nicht schwer. Es war, als wäre ein Teil von mir mit gegangen, also hören sie auf mit ihrem Gelaber und lassen diese Floskeln sein. Die helfen nämlich überhaupt nicht“, schoss es wütend aus Mimi heraus.

Die Therapeutin lächelte und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. „Wir machen ganz fantastische Fortschritte“, freute sie sich.

Mimi starrte die Therapeutin weiterhin wütend nieder. Diese Frau war doch irre, doch Mimi hielt man für bekloppt. Wo hatten ihre Eltern sie nur hingebracht?

Wieder setzte die Therapeutin zur nächsten Frage an, doch darauf war die Tachikawa nicht vorbereitet gewesen. „Waren Sie von diesem Taichi schwanger?“, fragte die Therapeutin nach.

Mimi sprang aufgebracht auf und verließ in Windeseile das Zimmer. Wie konnte sie es wagen?
 

24.01.2011
 

„Mimi, fallen wir jetzt wieder in unser altes Muster zurück?“, fragte Dr. Dikson nach.

Drei weitere Tage waren vergangen, in denen Mimi wieder kein Wort gesagt hatte. Dieses Mal richtete sich ihr Blick auf die weißen Vorhänge, wobei sie doch eher gräulich als weiß aussahen. Vielleicht waren sie mal weiß und sollten dringend gewaschen werden.

„Von wem waren sie schwanger?“, versuchte es die Therapeutin erneut.

„Sie sollten ihre Vorhänge in die Wäscherei bringen, das ist voll eklig“, schimpfte Mimi.

„Die sind so!“, erklärte Dr. Dikson neutral. „Gäbe es etwas was sie gerne aus ihrem Leben wischen würden?“

Mimi rollte mit den Augen. Was für eine Überleitung. „Ja, gibt es.“

„Und was?“, fragte die Therapeutin gespannt nach.

„Diese Unterhaltung“, kam es monoton aus der Brünetten.

„Mimi, wir kommen so nicht weiter. Wie viel Zeit wollen sie hier noch verbringen? Sie sind jung, hübsch und sollten im Einkaufscenter sein oder in Clubs sein und tanzen.“

„So sehen sie mich?“ So sahen Mimi wohl alle. Ein hübsches Ding, das außer shoppen und Papis Geld ausgeben keine anderen Interessen hat.

„Nein, nur in ihrem Alter...“

„Schon klar, aber nein, ich möchte nicht meine Lebzeiten hier verbringen. Ich war von Nick schwanger meinem Ex… Ex-freund… Huch, die Liste wird auch immer länger.“ Dr. Dikson nickte und machte sich Notizen. Mimi lächelte kalt. Was immer sie dachte. Sie lag ja so was von falsch. „Ich habe mein Baby „verloren“, weil als ich es meinem Ex, Ex-Freund gesagt habe, hat dieser es nicht sonderlich gut aufgenommen. Er ist ausgerastet, hat mich geschlagen und schlimm verletzt. In Folge dessen habe ich das Baby „verloren“, zischte Mimi und schwieg wieder. „Wollen sie die Pause nicht nutzen um weiter Notizen auf ihrem Schmierblatt zu schreiben?“

Dr. Dikson legte ihr Klemmbrett auf einen Tisch neben sich und sah ihre Patientin ernst an. „Mimi, ich kann mir vorstellen, wie schlimm das für sie gewesen sein muss und ich bin sicher, dass es immer noch schlimm für sie ist, aber sie sind jetzt hier. Wir können gemeinsam daran arbeiten, wenn sie das wollen. Ich kann sie aber auch wieder entlassen. Sie haben gesprochen. Sie können nach Hause, gleich heute wenn sie wollen. Es liegt an ihnen, aber wenn sie bleiben, dann müssen sie reden.“

Sprachlos zuckte Mimi zusammen. War sie schon so weit? Konnte sie das letzte Jahr nicht einfach so hinter sich lassen? All diese Erinnerungen wollte sie doch einfach nur vergessen, aber sie erkannte auch, dass sie es ohne Hilfe wohl nicht schaffen würde. „Alles war hier in den Räumen besprochen wird, bleibt hier?“, murmelte Mimi ängstlich.

Die Therapeutin lächelte und nickte.

Mimi seufzte. „Was wollen sie wissen?“

„Erzählen sie mir von Nick! Wie haben sie sich kennengelernt?“
 

31.01.2011
 

Eine Woche war vergangen. Täglich war Mimi in ihrer zweistündigen Therapie. Sie erzählte nach und nach alles. Von der ersten Begegnung mit Nick bis zur Trennung von Taichi. Mimi fühlte sich schlecht dabei, das alles wieder hervor zu holen und neu zu erleben. Es brachte sie oft an ihre Grenzen, aber wenn die Zeit um war, kam auch ein Stück Erleichterung zurück. Sie bekam jeden Tag eine kleine Hausarbeit. Sie sollte am Ende des Tages ein Wort aufschreiben, das ein Gefühl widerspiegelte welches sie am dem Tag als besonders prägend empfand, ohne das sich dieses Wort wiederholte.
 

„Lesen sie mir bitte ihre Worte vor!“

„Einsam!“

„Machtlos!“

„Lädiert!“

„Zurückgewiesen!“

„Ausgeschlossen!“

„Erschöpft!“
 

Mimi legte den Zettel weg und sah unschlüssig zur Therapeutin. „Blöd?“, fragte sie nach.

„Wie kommen sie darauf? Es sind ihre Gefühle, die sind niemals blöd. Sie sind wichtig, jede einzelne davon. Das Ziel ist es, jedes dieser Gefühle in das Gegenteil zu verwandeln. Welches Gefühl war für sie das Schlimmste?“

Mimi überlegte. All diese Gefühle waren schlimm, nichts davon war schön. Nichts davon wollte sie wieder fühlen. „Einsam“, murmelte die Brünetten beschämt.

„Warum?“, fragte Dr. Dikson nach.

Mimi zuckte mit den Schultern. „Wer fühlt sich schon gerne alleine und einsam?“, nuschelte die Brünette unter ihrem Haarvorhang und knabberte an ihrem Fingernagel.

„Fühlen sie sich oft einsam und alleine?“

„Immer!“

„Ich finde sie haben diese Woche schon viel an sich gearbeitet, aber es liegt noch sehr viel Arbeit vor ihnen und der Weg ist lang, aber ich bin mir sicher, am Ende werden sie sich nicht mehr so fühlen.“

Mimi lächelte, das wäre zu schön um wahr zu sein, aber sie war bereit. Bereit dafür zu kämpfen um wieder die zu sein, die sie sein wollte. Die alte Mimi gab es nicht mehr. Sie musste aber zu der neuen Mimi werden, die sie selbst mögen konnte. Der Weg mochte lang sein, aber wenn am Ende des Weges ihr Glück lag, war sie bereit diesen zu gehen. Nur sie war dafür verantwortlich. Nur sie konnte ihre Wunden heilen. Sie alleine und sie würde es jetzt allen zeigen.

Herausforderung

Februar
 

01.02.2011
 

„Okay, Davis, stell das bitte direkt ins Schlafzimmer“, herrschte Taichi den Igelkopf an. Dieser trat gerade mit einem Nachtschränkchen durch die Türe, nickte und ging durch den schmalen Flur in das letzte Zimmer der kleinen Zweiraum-Wohnung.

„Wird erledigt, Sir“, grinste Daisuke und verschwand im Schlafzimmer. Heute war es soweit, heute würde Taichi in seine erste eigene Wohnung ziehen.

Die Schlüssel hatte er vor drei Tagen bekommen. Mit der Renovierung kam er schnell voran, auch wenn er sich die Zeit aufgrund des Studiums gut einteilen musste, aber es machte ihm nichts aus. Ablenkung war derzeit genau das richtige. Der letzte Monat war für Taichi sehr schmerzhaft gewesen. Er hatte seine Entscheidung des öfteren hinterfragt und am liebsten hätte er Mimi angerufen. Er wollte wissen wie es ihr ging, ob sie Nick angezeigt hatte und nun von den Anrufen in Sicherheit war, aber jedesmal wenn er kurz davor war ihre Nummer zu wählen, hielt er inne und erinnerte sich daran, warum er die Beziehung zu Mimi beendet hatte. Es war das Schlimmste, was er je hatte durchmachen müssen und die erste Woche war der reinste Horror gewesen. Er wusste, dass sie zurück geflogen war, hatte sich aber nicht von ihr verabschiedet. Er wusste von nichts und er vermisste sie schon jetzt in seinem Leben. Keine Anrufe, keine Nachrichten, kein skypen mehr. Es war wie ein eiskalter Entzug. Mimi, eine Person die immer irgendwie in seinem Leben gewesen war, war plötzlich nicht mehr da. Er hatte sich zwar von ihr getrennt, aber das hatte er nie gewollt, dass sie verschwand und für ihn nun nicht mehr erreichbar war, denn was sollte er auch sagen, wenn sie ans Telefon ging? >Sorry, dass ich dich verlassen und dir das Herz gebrochen habe. Wie ist denn das Wetter so bei euch?< Nein, das wäre ziemlich dämlich und dennoch verging nicht ein Tag, an dem er nicht an die brünette Schönheit dachte und hoffte, dass es ihr gut ging.
 

Kari und Sora standen in der kleinen Küche, die an das Wohnzimmer angrenzte, durch ein großes Regal geschickt etwas abgeschirmt war.

Taichi hatte einen weiteren Karton mit Tassen und Tellern in der Hand und wollte diesen zu ihnen bringen, damit die Mädchen weiter einräumen konnten. Er hielt augenblicklich inne, als er bemerkte, wie die Mädchen ruhig miteinander redeten und sich umschauten, dass auch niemand ihr Gespräch mitbekam.

„Hast du etwas von Mimi gehört?“, fragte seine kleine Schwester bei Sora nach.

Traurig schüttelte die Rothaarige ihren Kopf. „Nein, es macht mich noch verrückt. Am Anfang habe ich sie täglich angerufen und ihr geschrieben, dann alle zwei Tage, zuletzt vor drei Tagen. Ihr Handy ist mal an und klingelt, dann wieder aus. Ich weiß überhaupt nicht was bei ihr los ist, aber ich mache mir große Sorgen“, murmelte Sora betrübt und öffnete einen Karton, in dem ein paar Töpfe und Schüsseln drin waren.

„Das ist doch seltsam, ich erreiche sie auch nicht. Keiner hat irgendwas von ihr gehört, das ist doch nicht normal. Warum meldet sie sich nicht bei uns? Sie muss doch wissen, das wir uns sorgen“, nuschelte Kari und wischte mit einem Lappen die Töpfe aus, die Sora ihr nacheinander reichte.

„Sie hat kein Wort geredet seit … bis zum Flughafen nicht, als ich sie verabschiedet habe. Kari, so habe ich Mimi noch nie gesehen. Sie war vollkommen apathisch.“

Kari seufzte auf und wischte mit ihrer freien Hand über ihre Stirn. „Das ist gar nicht gut.“

Sora stand auf, stellte den Karton zur Seite, als sie in Richtung des Hausherren starrte, ihre Augen zusammenkniff und innehielt.

Taichi streckte sich in diesem Moment und trat zu den Mädchen. „Hey, ich habe noch etwas für euch“, sagte er, stellte den Karton ab und tat, als hätte er nichts von dem Gespräch der Mädchen mitbekommen.

„Ähm, danke“, nuschelte Sora.

„Sollen wir das auch in die unteren Schränke einräumen?“, fragte Kari nach und sah zu ihrem Bruder, der den Blick erwiderte und nickte.

„Jaja, macht was ihr für richtig haltet“, murmelte der Braunhaarige und verließ die Küche wieder. Er ging ins Badezimmer, da er kurz einen Moment für sich brauchte. Das gefiel ihm überhaupt nicht. Mimi war ein Tabuthema geworden, er sprach mit niemanden darüber und hatte Mitte des vergangenen Monats klargestellt, dass es besser für ihn war, wenn er nicht immer darüber reden musste. Seine Freunde akzeptierten seine Entscheidung und sprachen in seiner Anwesenheit nicht über Mimi und fragten ihn auch nicht mehr, ob er es bereute. Zu wissen, dass es Mimi scheinbar nicht gut ging, verletzte ihn mehr als er vor den Anderen zugeben würde. Wieder hielt er sein Handy in der Hand, fand er ein Foto von ihr und musterte es eine Zeitlang. „Scheiße“, fluchte er. Er konnte sie nicht anrufen, er durfte ihr nicht schreiben. Es war besser so, denn wenn beide darüber hinwegkommen wollten, musste das jetzt so sein. Nur warum war es so verdammt schwer und warum wurde es nicht einfacher?
 

07.02.2011
 

Langsam waren alle Kartons ausgeräumt, die Schränke gefüllt, der Staub verschwunden, was Tai hauptsächlich den Mädchen zu verdanken hatte. Die übernahmen auch gleich die Dekoration. Sora und Kari gingen einkaufen und kauften lauter kitschige Sachen, wie Taichi fand, ein. Dabei hatte er ihnen extra gesagt, dass er keinen Kitsch wollte und hier ein Mann wohnen würde. Und womit kamen die Damen an? Mit Kerzen, Blumen und anderen Gegenstände, mit denen der Sportstudent mal so gar nichts anfangen konnte. Wäre er doch selber losgezogen, dann hätte er sich das Geld sparen können. Der letzte Karton stand ungeöffnet in seinem Schlafzimmer. Er setzte sich auf das Bett und sah zu dem Karton. Diesen hatte er schnell gefüllt, zugeklebt, „Privat“ draufgeschrieben und bisher nicht mehr angerührt. In diesem Karton waren alles Sachen drinnen, die sein Innerstes aufwühlten und niederrissen. Die Briefe seines Vaters, sowie dessen Geschenke und Mimis Care-Paket, welches er von ihr zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Langsam stand er auf und setzte sich auf den Boden. Er musste das jetzt machen, er konnte den Karton ja nicht ewig ungeöffnet stehen lassen. Er faltete den Deckel auseinander und lugte hinein.
 

Er schluckte schwer. Den Brief seines Vaters hatte er zuerst in der Hand, er hatte eigentlich nicht vorgehabt ihn zu öffnen, doch nun las er in ihn durch. Zum ersten Mal selber und das erste Mal alleine. Als er die Zeilen las, kochte erneut die Wut in ihm auf. Warum? Warum hatte sein Vater nur alles weggeworfen? Er hatte ihn das immer fragen wollen, weil er es einfach nicht verstehen konnte. Ja, Susumo war krank gewesen und ja, er hatte seine Familie absichern wollen, aber das alles war für den jungen Sportstudenten kein Grund, eine Familie im Stich zu lassen. Sollte er jemals das Glück haben, so etwas auch einmal zu haben, würde es es festhalten und niemals wieder loslassen. Er las sich den zweiten Brief durch, auch wenn dort nur die zwei knappen Sätze draufstanden, die Susumo an seinem Geburtstag an ihn gerichtet hatte.

Er legte beide Briefe und die wenigen Geschenke in einen kleinen Schuhkarton und verstaute ihn im obersten Regalfach zwischen Ordnern und Papierboxen. Dann fand er das Care-Paket von Mimi. Eigentlich könnte er es so herausnehmen und irgendwo verstauen, da sich noch alles in dem kleinen Päckchen befand, aber er konnte nicht, als er es in den Händen hielt. Er öffnete es und sein Herz hörte kurz auf zu schlagen. All die Liebe die dieses Care Paket beinhaltete und ihn daran erinnerte, warum er sich so in Mimi verliebt hatte. Sie hatte sich so viel Mühe damit gegeben, das erkannte er gleich. Ihr Halstuch – jedoch ohne ihren süßlichen Duft wie er feststellte, als er daran roch. Fotos von ihnen aus glücklichen Zeiten. Ein Foto von Mimi, welches sehr freizügig war. Mimi in einem Hauch von nichts und sinnlich in die Kamera sehend. Herrgott nochmal, warum hatte er sich nochmal von ihr getrennt? Dann fand er die CD, sie hatte extra eine CD aufgenommen. Er hatte sich das Lied ewig nicht angehört, auch jetzt traute er sich nicht die CD einzulegen. Ihre Stimme zu hören würde die Sehnsucht nur noch mehr antreiben und er wollte das doch nicht, oder? Auch ihren Brief las er sich nicht durch, er konnte diese Zeilen jetzt nicht lesen. Einen kleines Modellauto seines Mercedes holte er jedoch aus dem Päckchen heraus und stellte es auf der Fensterbank ab. Er lächelte leicht, als er es betrachte und sein Herz sich bei diesem Anblick zusammenzog. Dennoch er wollte etwas von ihr haben, was er jeden Tag sehen konnte, auch wenn es kein Foto von ihr war. Er würde immer an Mimi denken, wenn er das Modellauto auf seiner Fensterbank sah. Sie würde immer zu seinem Leben gehören, auch wenn sie jetzt nicht mal mehr Freunde waren. Den Rest des Care Pakets verstaute er in der untersten Schreibtischschublade und schloss somit jegliche weitere Erinnerung an Mimi zu.
 

22.02.2011
 

„Schneller Taichi!“, schrie ein Sportdozent in seine Richtung. Die ersten praktischen Prüfungen standen an und Leichtathletik würde als erstes geprüft werden. Von allen praktischen Inhalten war Leichtathletik sein Hassfach. Ganz klar, dass die Mannschaftssportarten an erster Stelle standen. Er war gerade beim 100m Sprint um an seine neue Bestzeit zu bekommen, aber er schaffte es nicht an vergangene Erfolge ranzukommen oder diese gar zu bessern. Er verstand es ja selber nicht, aber er hatte eher das Gefühl er würde sogar noch langsamer werden. Wütend setzte er sich auf den Ascheplatz und trank seine Wasserflasche leer.

„Taichi!“ Sofort stand der Sportstudent wieder auf und ging auf seinen Dozenten zu, doch dieser schüttelte seinen Kopf.

„Verdammt“, brummte der Yagami. „Wie war meine Zeit?“, fragte er schwer atmend nach.

„17,2 Sekunden!“

Taichi riss die Augen weit auf. Da gab es ja genug Mädchen die schneller waren als er. Sowie er es mitbekommen hatte, lag Nori bei 15,6 Sekunden. Verdammt, das durfte doch nicht war sein. Seine Sprints waren immer gut, lange trainiert, schon alleine durch seinen Fußball.

„Taichi, du warst bei 13,9 was ist los?“

Der Braunhaarige zuckte mit seinen Schultern. Er konnte es sich selber nicht erklären. „Du musst unter 15 Sekunden sein, das weißt du, oder?“

Taichi nickte. Ja, er wusste es, er würde durchfallen. In Sport, in der Praxis!

„Du musst täglich üben, sonst sehe ich schwarz!“, ermahnte der Dozent ihn erneut und sah wie der nächste Student sich bereit machte.

„Ich kann mit dir üben, wenn du willst“, hörte er eine helle Stimme hinter sich, er drehte sich um und sah Nori.

„Nein, danke!“

„Warum, weil ich dir davonlaufe?“, fragte sie provokant nach.

Taichi sah sie jedoch unbeeindruckt an. „Weil ich mit dir nach wie vor nichts zu tun haben will, da falle ich lieber durch, als mit dir zu trainieren. Ich glaube, ich stelle mir das nächste Mal einfach vor, dass du hinter mir herläufst“, setzte Taichi zum Gegenangriff an und drehte sich wieder um.

„Solange es dir hilft.“

Taichi ging einfach weiter Richtung Umkleidekabine und suchte die Dusche auf.
 

24.02.2011
 

„Sorry Tai, 16,8 Sekunden“, sagte Daisuke und sah von der Stoppuhr in seiner Hand zu Taichi.

„Das darf doch nicht wahr sein.“ Langsam verzweifelte dieser.

„Was ist denn mit dir los? Du warst doch schon immer einer der schnellsten, aber selbst untrainiert bin ich schneller“, argumentierte der Igelkopf.

„Ich habe keine Ahnung. Ich will ja unbedingt, aber es fühlt sich als … keine Ahnung, als würde ich durch Treibsand laufen oder so.“

„Dafür wärst du dann aber richtig schnell“, scherzte Daisuke und lachte über seinen eigenen Witz.

Wenigstens einer dachte Taichi. „Ich weiß nicht warum ich auf einmal langsamer werden, das ergibt doch keinen Sinn“, überlegte Taichi, griff nach seiner Wasserflasche und trank mehrere Schlücke daraus.

„Du bist mehr als eine Sekunde aufholen, es klingt so wenig ...“

„… und dennoch ist es soviel … Egal ich versuche es gleich nochmal.“
 

Taichi schraubte die Flasche wieder zu, schmiss sie neben seine Sporttasche und begab sich in Position. Daisuke stellte die Uhr wieder auf Null, hob seine Hand und rief; „Auf die Plätze, fertig, los!“ Taichi sprintete los und versuchte so schnell zu laufen wie er konnte. Er lief an Daisuke vorbei, drehte sich um und sah den Jüngeren abwartend an.

„16,6 Sekunden … Immerhin“, versuchte Daisuke optimistisch zu klingen.

„Scheiße! Lauf du mal“, brummte Taichi. Er griff nach der Stoppuhr und wartete darauf, dass der Igelkopf sich bereit machte.

Daisuke dehnte sich ein paar Mal und hielt dann seinen Daumen in die Luft. „Okay, Los!“ Daisuke spannte seine Oberarme feste an, biss die Zähne zusammen und lief los. Nach Luft schnappend erreichte er das Ziel und drehte sich dann zu Taichi um. „Und?“ Taichi schüttelte ungläubig seinen Kopf. „So schlecht?“, fragte der Jüngere nach.

„Nein, 14,8 Sekunden“, murmelte Taichi und verstand die Welt nicht mehr. „Ich laufe nochmal!“, beschloss er genervt.

„Tai, sicher dass das eine gute Idee ist?“

Doch der Sportstudent hörte überhaupt nicht weiter zu. Er war doch besser, das wusste er doch genau. Er wartete auf das Zeichen und lief wieder los.

„16,9 Sekunden!“

„Aaargh“, schrie Taichi los. „Warum? Ich versteh das einfach nicht!“ Frustriert setzte sich Taichi auf die Wiese des Sportplatzes und ließ sich nach hinten fallen. In drei Tagen stand die erste Prüfung an. Was sollte er nun tun?

Daisuke setzte sich neben ihn und hielt ihm die Wasserflasche entgegen. „Also du hattest weder eine körperliche Verletzung noch hast du zugenommen oder?“ Taichi schüttelte seinen Kopf. „Hmm … wie alt sind deine Sportschuhe? Vielleicht mal neue Einlagen?“, überlegte der Jüngere.

Taichi zuckte mit seinen Schultern. „Zu jedem Semester neue Sportschuhe, da achte ich auf Qualität das kannst du mir glauben ...“

„Dann muss es was anderes sein ...“ überlegte Daisuke.

Argwöhnisch betrachtete Taichi den Jüngeren. „Was anderes?“

„Ja, irgendwas hemmt dich, irgendwas bremst dich aus und du solltest schnell dahinter kommen!“
 

Abends lag Taichi geschafft in seinem Bett, seine Waden schmerzten noch immer. Er massierte sie etwas um sich Abhilfe zu beschaffen, aber so richtig wollte es ihm nicht gelingen. Er dachte über Daisukes Worte nach. Hatte dieser etwa recht? Es gab genug, was ihn derzeit beschäftigte, aber das hatte doch nichts mit seinen sportlichen Leistungen zu tun, oder? Nein, das war doch Schwachsinn.

Irgendwann schlief er ein hoffend, dass er schnell eine Lösung für sein Problem finden würde.
 

27.02.2011
 

Taichi hatte sich lange auf diesen Tag vorbereitet. Heute würde der erste Teil der praktischen Prüfung anstehen. Der 100m Sprint. Er hatte die Tage davor täglich trainiert und schaffte es unter 16 Sekunden. Heute musste er unter 15 Sekunden schaffen, am Vorabend hatte er sich früh ins Bett gelegt, heute morgen ein leichtes Frühstück zu sich genommen und sich gerade ausgiebig gedehnt, er bandagierte zusätzlich seine Waden und Oberschenkel und fühlte sich gut vorbereitet. Er wartete darauf aufgerufen zu werden und beobachtete seine Kommilitonen bis es soweit war. Die meisten hatten es geschafft, hoffentlich müsste er sich jetzt nicht die Blöße geben, in dem er durchfiel.

„Als nächstes bitte; Taichi Yagami!“
 

Taichi streckte seine Schultern durch und stellte sich auf die Startposition. Er durfte sich noch einen Moment aufwärmen, daher hob er seine Hände und streckte sich. Er schloss die Augen, wollte sich konzentrieren, doch plötzlich flimmerte ein Bild vergangener Tage vor seinen geschlossenen Augen auf. Mimi! Mimi wie sie weinte. Seinetwegen!

„Sind sie bereit?“

Taichi öffnete seine Augen verwirrt und sah zu dem Dozenten, unsicher nickte er. Verdammt, was war das denn jetzt?

„Okay, machen sie sich bereit!“

Taichi ging in die Hocke und ging in Position. Er schloss erneut seine Augen, atmete konzentriert und fühlte sich prompt zurückversetzt an jenen Abend, als er sich von Mimi getrennt hatte. Wie er sich umdrehte, los lief und Mimi zurückließ.

„LOS!“

Taichi sprang auf und lief, lief von all dem davon, von den Schmerzen in seiner Brust, dem Liebeskummer in seinem Herzen. So schnell bis es hoffentlich nicht mehr weh tat.

„Stopp!“

Er erreicht das Ziel, aber Taichi konnte nicht stoppen. Er lief noch weiter bis er nicht mehr konnte, stehen blieb und den Kopf hängen ließ. Er wusste nicht, ob er bestanden hatte oder nicht. Entkräftet ging er zurück, der nächste Student lief bereits. Abwartend stellte er sich neben den Dozenten.

„14,7 Sekunden! Den ersten Teil hast du bestanden!“

Erleichtert atmete Taichi aus. Mit Ach und Krach hatte er den ersten Teil der praktischen Prüfung hinter sich gebracht, aber er musste dringend herausfinden, was ihn so hemmte, dass er kaum mehr Luft zum atmen hatte.

lebe das Leben

März
 

01.03.2011
 

„Mimi, bist du bereit?“, fragte Satoe besorgt nach.

Mimi nickte. Heute würde eine Anhörung stattfinden. Nachdem Mimi den stationären Aufenthalt in der Klinik verlassen hatte, war sie zu ihren Eltern gegangen um ihnen von Nick zu berichten. Ihre Eltern waren entsetzt und sprachlos. Sie konnte es nicht fassen, dass Mimi so lange geschwiegen hatte. Am nächsten Tag gingen sie zur Polizei und Mimi wollte Nick erneut anzeigen. Jedoch kam die Familie Bennet dahinter und fragten, ob es nicht eine andere Möglichkeit geben würde, die Sache aus der Welt zu schaffen. Offenbar konnten sie sich einen weiteren Imageschaden nicht leisten. Sie wollten versuchen, sich außergerichtlich zu einigen.
 

Angespannt ging Mimi mit ihren Eltern in den großen Raum. Die Familie Bennet saß bereits auf der einen Seite des Tisches, der Anwalt am Kopfende. Die Familie Tachikawa nahm auf der anderen Seite Platz.

„Wir bedanken uns recht herzlich, dass sie bereit sind sich außergerichtlich mit uns zu einigen“, begrüßte Mr. Bennet die Familie freundlich.

„Wir kommen zur Anhörung, das heißt noch gar nichts“, erwiderte Keisuke unbeeindruckt.

„Natürlich. Wir sind ja hier um uns zu einigen und ich bin sicher das wir eine Einigung finden werden. Wie sind ihre Bedingungen?“, kam Mr Bennet gleich zur Sprache und wollte wohl keine Zeit verlieren.

Keisuke tauchte einen Blick mit Satoe aus, nickte und sah dann direkt zu seinem Gegenüber. „Zu Allererst wird Nick die Schule verlassen!“, erwiderte Mimis Vater streng.

„Was? Das ist doch kompletter Unsinn. Ich werde doch nicht drei Monate vor Schulabschluss die Schule wechseln“, schoss es gleich aus Nick. Mr. Bennet sah seinen Sohn daraufhin unnachgiebig an, schließlich senkte Nick seinen Kopf. „Meinetwegen, was ein Schwachsinn“, grummelte Nick.

„Streng genommen hätten sie diese Schule erst gar nicht besuchen dürfen“, überlegte Satoe nachdenklich.

„Was wollen sie noch?“, fragte Br. Bennet gezielt nach.

„Eine Entschuldigung. Eine ehrliche Entschuldigung an unsere Tochter. Zudem hat ihr Sohn eindeutig ein paar Probleme sich an Gesetze zu halten und seine Mitmenschen vernünftig zu behandeln, daher wäre es ratsam er würde ein Antiaggressionstraining absolvieren.“

Nick prusterte los und beugte sich nach vorne. „Das soll wohl ein Witz sein, oder? Du willst eine Entschuldigung? Sorry. Sind wir dann jetzt fertig hier?“

„Die Entschuldigung war alles andere als ernst gemeint und wir bleiben dabei ein Antiaggressionstraining ist ja wohl das Mindeste“, erwiderte Keisuke.

Nick wurde von beiden Elternteilen abwartend angeguckt, schließlich seufzte Nick auf und setzte sich aufrecht hin. „Mimi, es tut mir leid, dass ich mich nicht an den Entschluss gehalten habe, aber als ich dich spontan wiedergesehen habe, dachte ich eben an unsere schönen Zeiten zurück und hatte gehofft, wenn du wieder Zeit mit mir verbringen würdest, würdest du dich auch daran erinnern. Das war falsch und es tut mir leid.“
 

Zum ersten Mal hob Mimi ihren Kopf und sah Nick direkt an. Sie wusste nicht, ob er ernst meinte oder nicht. Eigentlich war ihr alles egal. Sie wusste nicht mal was sie von dieser Anhörung halten sollte. Sie fand das nicht richtig und war bereit, sich einem Prozess zu stellen. Sie wollte, dass er sie ein für alle Mal in Ruhe ließ und das für immer.

„Wir werden dafür sorgen, dass er dieses Antiaggressionstraining antreten wird“, sprach es aus Mrs Bennet und sie sah ihren Sohn dabei an. Dieser nickte und rollte anschließend mit den Augen.

„Kommen wir zum finanziellen. Sicher wollen sie Geld, nicht wahr?“, fuhr Mr Bennet das Gespräch fort.

Mimi hob erneut ihren Kopf. Über Geld hatten sie gar nicht gesprochen. Was für Geld? Schweigegeld?

„Was verlangen sie?“

Mimi sah zu ihrem Vater. Er würde sich doch nicht darauf einlassen, oder? Aber er hatte diesen Gesichtsausdruck drauf. Den Gesichtsaufdruck, den er in geschäftlichen Dingen immer trug. „Eine halbe Millionen.“

Mimi klappte der Mund auf und mit großen Augen starrte sie zu ihrem Vater.

Mr. und Mrs. Bennet sahen sich kurz an, dann räusperte sich Mr. Bennet. „Das ist eine Stange Geld. Im Gegenzug unterschreiben sie alles, was wir ihnen vor die Nase legen.“

„Was genau meinen sie damit?“, fragte Satoe nach.

„Sie ziehen die Anzeige zurück, unterschreiben, dass es auch zukünftig zu keiner Anzeige kommen wird. Werden nicht schlecht über unsere Familie sprechen. Überhaupt werden sie mit niemanden über diese Angelegenheit mehr sprechen. Weder über angebliche vergangene Taten noch über die letzten Ereignisse!“

„Angeblich vergangenen Taten? Das war nicht angeblich!“, rief Mimi empört dazwischen.

Mr. Bennet hob seine Hand. „Ruhig! Wir waren schließlich nicht dabei und dennoch wollen wir hier eine Lösung finden und keine Schuldzuweisungen.“

Erneut klappte Mimi der Mund auf. Unterstellten sie etwa gerade, dass sie log? Dabei hatten sie die ärztlichen Atteste doch gelesen und Nick hatte es sogar zugegeben. Gut, nicht ganz in dem Ausmaß wie er es getan hatte. Er spielte alles herunter und ließ alles als unglücklichen Unfall deklarieren, aber dennoch ... und plötzlich war sie die Dumme? Ihre Eltern durften das nicht unterschreiben.

„Einverstanden!“
 

14.03.2011
 

Ein Klopfen holte Mimi aus ihren trüben Gedanken. Sie lag eingerollt in ihrem Bett, die Decke über ihren Kopf gezogen und schniefte.

„Mimi? Darf ich reinkommen?“, hörte sie die dumpfe Stimme von Nicole. Die Türe öffnete sich und Mimi spürte wie das Gewicht auf ihrem Bett sich verlagerte. „Mimi?“, murmelte Nicole traurig.

Die Brünette wusste nicht, was sie machen sollte. Sie fühlte sich schlecht. Die Sache mit Nick wurde nur gemildert besser. Er tauchte am Montag zwar nicht mehr in der Schule auf und auch die Anrufe hatten sich längst wieder eingestellt, aber dennoch fühlte sie sich schlecht, weil all das nicht so endete wie sie gedacht hätte. Mimi wurde gar nicht gefragt. Ob sie mit den Vorschlägen der Familie Bennet einverstanden war, ihre Meinung war wohl nicht wichtig. Alles war wohl nur eine Frage des Geldes und auch ihre Eltern waren bestechlich, aber für welchen Preis? Was Taichi wohl dazu sagen würde? Ach was dachte sie da? Als würde es ihn überhaupt noch interessieren.

„Ich habe eigentlich gedacht, es würde dir langsam besser gehen? Was ist es dieses Mal? Tai? Nick?“

Mimi hob ihre Decke an und ließ Nicole darunter. Sie fühlte sich in ihrer Höhle einfach sicherer, auch das reden fiel ihr leichter. „Heute...“

Nicole rutschte näher an Mimi heran. Sie versuchte in ihr Gesicht zu blicken, aber in der Dunkelheit unter der Decke war es schwer. „Heute?“, fragte Nicole nach.

„Heute ist es genau ein Jahr her“, seufzte Mimi leise. „Vor einem Jahr ist Nick ausgerastet und ich habe mein Baby verloren“, flüsterte Mimi traurig.

„Och Mimi, es tut mir so leid. Unfassbar, dass es schon ein Jahr zurückliegt. Wie fühlst du dich?“

Mimi schlug die Decke zurück, griff nach einem Taschentuch und schneuzte hinein. „Die Therapeutin hat mich gefragt, ob ich mich schon verabschiedete hätte. Sie meinte ich würde mich erst besser fühlen, wenn ich es schaffe mich von den Dämonen meiner Vergangenheit zu befreien. Ich dachte, ich würde mich besser fühlen, wenn ich Nick anzeigen würde. Es war wie ein Ass im Ärmel, aber ich habe nicht mal das Gefühl, dass er wirklich bestraft wird für das, was er gemacht hat. Im Gegenteil, er geht jetzt wieder auf seine versnobte Privatschule und es zeigt sich wieder einmal, man muss nur genug Geld haben, schon kann man machen was man will. Er hat sich einfach da raus gekauft.“

„Ich verstehe auch nicht warum deine Eltern sich darauf eingelassen haben“, überlegte Nicole und runzelte ihre Stirn.

Mimi zuckte mit ihren Schultern. „Papa hat gemeint, das unsere Chance vor Gericht schlechter gestanden hätte und die Strafe für Nick ohnehin nicht groß ausgefallen wäre, weil er minderjährig ist und er nichts körperliches getan hat um mich zu verletzen und wir so als Gewinner vom Platz gehen. Tzz“, zischte Mimi.

„Na ja, es hätte ihrem guten Ruf erneut geschadet, alleine das wäre es wert gewesen. Sie hätten bestimmt wichtige Vertragspartner verloren und auch Geld“, erwiderte Nicole.

„Immerhin muss ich ihn nicht mehr sehen, aber es fühlt sich nicht abgeschlossen an. Verstehst du? Damals, als ich das Gericht verlassen hatte und er bestraft wurde vom Gesetz, da ging es mir besser. Natürlich macht es all das nicht ungeschehen was passiert ist, aber zu wissen, dass mir geglaubt wurde und er und seine Familie die richtige Konsequenzen ziehen mussten, das hat mir etwas geholfen, aber jetzt…“ Mimi seufzte auf. Sie fühlte sich leer und missverstanden.

„Deine Eltern hingegen sind echt gut drauf“, erwiderte Nicole.

„Oh ja, sie feiern das Ganze wie einen Lottogewinn, dabei ist mir das Geld völlig egal. Ich frage mich die ganze Zeit, ob Tai das Geld das er geerbt bekommen hat, behalten hat oder nicht. Ich weiß dass die Summe nicht gerade klein war, es hätte vieles seiner Probleme gelöst.“

„Dann wäre es klug. Ich meine es ist ja nochmal eine andere Situation. Er hat es ja geerbt.“

Mimi runzelte ihre Stirn. „Findest du? Das Geld war größtenteils auch nicht sauber. Ich glaube er hätte mich verstanden und er wäre bestimmt wütend auf meine Eltern. Ach Nicole ich vermiss ihn so. Ich würde ihn so gerne anrufen und ihm davon erzählen. Wieso habe ich das nicht getan, als ich die Möglichkeit dazu hatte?“ Mimi lehnte sich erschöpft bei Nicole an. Sie war ihrer Freundin dankbar, das sie schwieg. Immerhin hatte Nicole Mimi immer dazu ermutigt mit Taichi zu sprechen. Es war alleine ihre Schuld, das sie Taichis Vertrauen verloren hatte.

„Immerhin ist Tai auch nicht ganz so ehrlich gewesen“, murmelte Nicole. Mimi lächelte. Sie fand es süß, dass Nicole versuchte sie abzulenken, aber so einfach war das nicht. „Du solltest nächste Woche doch mitkommen!“ Mimi hob ihren Kopf und schüttelte vehement ihren Kopf. „Auf keinen Fall!“

„Warum denn nicht?“ fragte Nicole nach. „Willst du mit Matt jetzt gar nichts mehr zu tun haben?“
 

Mimi schlug die Decke weg und setzte sich aufrecht in ihrem Bett hin. „Doch, aber ich weiß nicht wie. Er ist der beste Freund meines Exfreundes und der Ex meiner besten Freundin. Darf ich dann überhaupt noch mit ihm befreundet sein?“, fragt Mimi skeptisch nach.

„Warum denn nicht? Bevor ihr alle euren Hormonen verfallen seid, wart ihr doch schließlich auch Freunde“, entgegnete Nicole energisch. „Außerdem ist es doch ein Versuch wert oder? Wenn er wirklich nicht mehr mit dir befreundet sein will, was ich nicht denke, wird er dir das schon zu verstehen geben“, schlussfolgerte Nicole.

„Also angenommen – nur angenommen ich begleite dich nächste Woche, schaffst du es dann deine Hände bei dir zu halten?“

Nicole rollte mit den Augen. „Mimi, ich habe es dir schon mal gesagt, sage es aber gerne nochmal; Die ganze Mattgeschichte ist sowas von vorbei!“
 

Mimi schwieg. Darüber musste sie erst einmal nachdenken. War sie schon so weit? Am liebsten würde sie sich für immer unter ihrer Bettdecke verkriechen. Hier war sie sicher, hier konnte ihr niemand weh tun. Keiner ihr Herz brechen.

„Ich weiß nicht...“, murmelte Mimi nachdenklich.

„Mimi, ich weiß es kostet dich eine Menge Überwindung aus deinem Schneckenhaus heraus zu kommen, aber willst du dich wirklich die ganze Zeit verkriechen? Weder Nick noch Tai hören auf ihr Leben zu leben und auch wenn es hart klingt, aber du solltest nach vorne schauen und all das hinter dir lassen.“

„Okay, ich komme nächste Woche mit, darf ich mich solange noch verbarrikadieren?“

„Auf keinen Fall. Du gehst jetzt duschen und wirst das ganze Beauty-Verwöhnprogramm über dich ergehen lassen, denn ganz ehrlich?“ Nicole machte eine theatralische Pause und ließ eine Haarsträhne von Mimi durch ihre zierlichen Finger gleiten. „Hast du es dringend nötig.“

„Hey!“, schimpfte Mimi beleidigt, doch konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Gegenvorschlag. Ich heule mir heute nochmal die Augen aus und traue allem hinterher was ich verloren habe und morgen werde ich wieder zum Menschen. Okay?“

Nicole nickte. „Ich freue mich darauf meine beste Freundin wieder zusehen.“
 

21.03.2011
 

Heute war das Abschlusskonzert von Billingsgate mit Knife of Day als Vorband. In New York fand das letzte Konzert statt. Mimi und Nicole hatten schon vor Verkaufsstart Karten für dieses Konzert gekauft, aber Mimi wusste nach wie vor nicht, ob sie überhaupt auf dieses Konzert wollte. Lediglich der starken Überzeugungskraft von Nicole war es ihr gelungen, sich für ein Outfit und Abend-Make-Up zu entscheiden.

Nervös standen sie am Eingang der großen Konzerthalle. Die Mädchen um sie herum waren wie aufgescheuchte Hühner und warteten darauf, dass sie eintreten durften. Mimi war sehr überrascht als die Mädchen nicht nur nach Billingsgate verlangten, sondern auch nach Knife of Day. Mimi hatte nur am Rande mitbekommen, dass deren erste Single "Let her go" gleich in die Top 30 der amerikanischen Charts eingestiegen war. Der Erfolg war überwältigend und sie war wirklich stolz, das konnte sie nicht anders sagen.
 

Die Türen wurden geöffnet, die Eintrittskarten entgegengenommen und die ersten Fans liefen durch die Gänge um die ersten Plätze an der Bühne zu erhaschen.

Nicole griff nach Mimis Hand und zog sie kurzerhand mit sich. „Los, Komm, mach schnell“, rief sie ihr entgegen, als auch die beiden Mädchen an den und drehte sich wieder um an ein paar Mädchen vorbei zu stürmen.

„Oh mein Gott, Nicole, das ist voll lächerlich“, beschwerte sich Mimi und versuchte sich aus dem Griff ihrer Freundin zu befreien, doch sie hatte keine Chance. Völlig aus der Puste kamen sie in der zweiten Reihe zum stehen.

„Super“, freute sich Nicole. „Hier können wir wenigstens das Konzert am besten sehen und mitfeiern. Ob Dave von Billingsgate uns wieder erkennt?“

„Glaube ich nicht. Die waren ein halbes Jahr auf Tour und haben unzählige Mädchen gesehen und wahrscheinlich auch flachgelegt“, erwiderte Mimi unbeeindruckt.

Nicole sah unschlüssig zu Mimi und blickte dann zur Bühne. „Trotzdem, freue ich mich sie nach so langer Zeit spielen zu sehen und zwar beide.“
 

Nach einer Stunde wurde es dunkel. Ein langes rockiges Intro spielte. Bis auf Yamato waren alle Bandmitglieder auf der Bühne und spielten ein Instrument. Schließlich bewegte sich ein Stück der Bühne und man konnte einen blonden Haarschopf erkennen. Mit jeder Sekunde war mehr von Yamato zu sehen und plötzlich schoss er ganz in die Höhe. Als er ganz oben war sprang er in die Höhe und begleitete die restlichen Jungs mit dem Bass, während die Mädchen nun noch lauter kreischten.

Auch Mimi und Nicole klatschen begeistert mit. Mimi sah die Jungs nacheinander an. Sah von Tako am Keyboard, zu Kisho der es offenbar mehr als genoss seine Gitarre zu spielen. Anschließend ging ihr Blick über Kazuki zu Yamato, der sich langsam dem Mikrofon näherte und begann die ersten Zeilen zu singen. Nach etwa der Hälfte der Songs, spielte die Band erneut eine etwas rockigere Nummer, dabei lief Yamato auf und ab um die Fans weiter zu animieren, dabei ging sein Blick über die ersten Reihe hinweg und fand schließlich Mimi und Nicole. Er sah längere Zeit zu Mimi, ehe er sie anlächelte und weiter ging.

Nicole stupste Mimi mit ihrem Ellenbogen an. „Er freut sich das du hier bist“, grinste die Rothaarige.

Mimi musste auch lächeln. Sie war froh, dass Nicole sie überredet hatte mitzukommen.
 

Der Song war vorbei und Yamato sprach wieder ins Mikrofon. „Meine Güte, hier ist echt was los und ihr seid gut drauf. Danke. Jetzt kommen wir zu einer etwas ruhigeren Nummer. Sagt euch der Song beautiful Birds etwas?“ Wieder kreischten die Mädchen los. „Okay, okay. Scheinbar ja. Ich würde mich über tatkräftige Unterstützung freuen.“

Yamato ließ vom Mikrofon ab und sah kurz zu seinen Bandkollegen, die scheinbar etwas überrascht aussahen. Spontan entschied sich Yamato ein Fan auf die Bühne zu holen. „Ich würde gerne den Song mit einer von euch singen. Wer möchte denn?“ Mit einem Mal flogen alle Hände nach oben, während sie flehend zur Bühne sahen. Yamato ging die Bühne erneut auf und ab und blieb schließlich vor Nicole und Mimi stehen.

Mimi schüttelte mit dem Kopf und formte ein; >Bloß nicht< mit den Lippen.

Yamato grinste und zeigte auf Mimi. „Das hübsche Mädchen mit dem Pferdeschwanz.“

Nicole schubste Mimi an, während sie ungläubig zu Yamato sah.

„Na los, du kennst den Song auswendig!“, überredete auch Nicole Mimi und holte ihr Handy heraus, um es mit der Kamera ihres Handys festzuhalten.
 

Mimi wurde von zwei Bodyguards auf die Bühne getragen, während Yamato ihr ebenfalls beim letzten Stück half.

Yamato grinste Mimi weiter an, während die gerade nicht so begeistert aussah. „Hallo, wie heißt du denn?“, fragte Yamato überflüssigerweise nach.

„Mimi“, antworte die Brünette zögerlich.

„Mensch, das ist ja ein schöner Name. Es freut mich, dass du bereit bist mit mir zu singen.“

Mimi verzog ihren Mund, als Yamato ihr jedoch das Mikrofon entgegenhielt und er sie abwartend ansah, lächelte sie doch. „Ich kann es kaum erwarten.“

Yamato sah kurz zu Tako am Keyboard, damit er sich bereitmachte. Unterdessen brachte jemand ein zweites Mikrofon und reichte es der Brünetten. Ihre Hände fühlten sich schwitzig an und am liebsten hätte sie sich auf der Stelle übergeben, wie konnte Yamato ihr das nur antun?
 

Wieder erklang ein leises Klavierspiel, ehe Yamato sein Mikrofon zum Mund führte und begann die ersten Zeilen zu singen:
 

You remember when we were two beautiful birds

We would

Ligh up the sky when we'd fly

You were orange and red like the sun when it sets

I was green as an apple's eye
 

Yamato sah auffordernd zu Mimi damit sie bei der nächsten Strophe mitsang. Mimi war unsagbar aufgeregt, doch schließlich begann sie in der zweiten Strophe zu singen und spürte dabei wie das Adrenalin durch ihren Körper schoss.
 

You said you loved all the songs that I'd sing

Like nothing that you'd ever heard

and I said I loved you with all of my heart when

We were two beautiful birds
 

Ihr Herz klopfte wie wild gegen ihre Brust, dass die Fans sich für sie freuten ausgewählt worden zu sein, freute sie dabei noch mehr. Es war als würden die Jungs Mimi mit ihrer Energie anstecken. Vor lauter Euphorie hätte sie beinahe ihren Einsatz verpasst. Sie sah zu Yamato der gefühlvoll begann und Mimi erneut ermutigte mit einzusteigen.
 

Do you Remember when we were two beautiful birds

We would sing when the morning would come

You were silver and blue like the moon when it's new

I was gold as a summer sun
 

But one day you asked for a different song

One that I just couldn't sing

I got the melody sharp and the words all wrong

Those were the last days of spring
 

Yamato sah dabei unentwegt zu Mimi, damit sie gar nicht mitbekam, vor wievielen Leuten sie eigentlich gerade sang. Alles kribbelte, sie fühlte sich wie elektrisiert. Mimi spürte den Song und auch wie nah dieser Yamato ging. Obwohl der Song eigentlich eine traurige Botschaft hatte und das Ende einer Beziehung besang, fand Mimi ihn auch in gewisserweise sehr tröstend und rührend. Sie fühlte sich seit langer Zeit mal wieder unendlich frei und federleicht. Sie schloss ihre Augen, als sie die letzten Zeilen gefühlvoll ins Mikrofon sang.
 

To build a nest we pecked feathers from our chests

Like a book tearing out every page

We weren't to know that these feathers would grow

Into a beautiful cage
 

Laut feierten die Fans den Auftritt, Yamato umarmte Mimi und murmelte ihr ins Ohr: „Ich bin froh, dass du heute gekommen bist. Ehrlich.“ Yamato entfernte sich wieder von Mimi und verbeugte sich vor ihr. „Hat sie das nicht echt super gemacht?“

Als Antwort wurde wieder laut geschrien. Mimi schüttelte verlegen ihren Kopf und eilte wieder zum Bühnenrand. Vorsichtig sprang sie von der Bühne, während ein Mann unten ihre Hand hielt und ihren Aufprall so etwas milderte. Sie begab sich wieder auf ihren Platz und Nicole zog sie gleich in eine Umarmung.

„Das war der Wahnsinn, Mimi“, strahle diese ihre beste Freundin an.

„Ach was“, tat es Mimi ab, doch hatte sie heute das erste Mal seit langem wieder das Gefühl zu leben und zu atmen. Es fühlte sich unglaublich gut an und Mimi war Yamato für dieses Geschenk unheimlich dankbar.

Veränderungen

April
 

14.04.2011
 

Schweratmend rollte sich Taichi auf seinen Rücken, starrte an die Decke und wischte sich mit einer Hand über seine verschwitzte Stirn. Der Orgasmus ebbte langsam ab und er atmete wieder ruhiger. Kurz blickte er auf seine rechte Bettseite, auf der eine junge Physikstudentin mit braunen Haaren lag. Zumindest wenn er sich noch recht erinnerte. Er war ziemlich betrunken gewesen, als er am Vorabend in den Rose Club gegangen war und mit ein paar Studienkommiltonen die Nacht zum Tag machte. Nach kurzer Zeit auf der Tanzfläche lernte er die junge Frau kennen und kurze Zeit später landeten die beiden in Taichis Wohnung und somit in seinem Bett. Seit ein paar Wochen flüchtete er in den Alkohol und in den Sex, wenn ihm alles zu viel wurde. Danach hatte er wieder ein klaren Kopf. Zumindest für eine Weile.

„Alles okay?“, erkundigte sich Taichi bei seinem One Night Stand.

„Na und ob“, säuselte sie und begann gleich kleine Kreise auf Taichis Bauch zu formen.

Zügig griff er nach ihrer Hand, legte sie bestimmend neben sich und stand auf. Er eilte ins Bad, warf das benutzte Kondom in den Mülleimer, wusch sich ab und zog eine frische Boxershorts und ein weißes T-Shirt an. Er hoffte inständig, dass das Mädchen sich bereits ebenfalls angezogen hatte. Er wollte wirklich keinen Smalltalk mit ihr halten. Er stellte bei jeder Begegnung zu Beginn klar, dass er an keiner ernsthaften Beziehung interessiert war, sondern lediglich seinen Spaß haben wollte. Die Mädchen waren allesamt einverstanden. Seine Nummer gab er niemals weiter, auch wenn er mittlerweile einige davon sammeln konnte. Sie hinterließen ihre Nummer auch wenn er sie nie darum bat.
 

Er ging zurück und sah wie das Mädchen noch immer unbekleidet in seinem Bett lag und es sich scheinbar gemütlich machte.

„Ähm… und wo wohnst du nochmal?“, fragte er etwas genervt nach.

„Nicht weit von hier. Mit der U-Bahn bin ich in wenigen Minuten da“, erklärte sie lächelnd, während sie gähnte und die Augen schloss.

Nein! Nein! Nein! Nicht die Augen schließen, dachte sich Taichi. Er wollte nicht, dass hier ein Mädchen übernachtete und es sich gemütlich machte. „Ich kann dir aber auch ein Taxi rufen, wenn du willst“, versuchte es Taichi erneut und hoffte, sie würde den Wink mit dem Zaunfall verstehen. Doch das Mädchen, dessen Namen er nicht mehr wusste, brummte etwas unmissverständliches und schlief ein.

„Fuck!“, fluchte der Yagami. Er würde sich jetzt sicher nicht daneben legen, einfach vor die Tür setzen konnte er das Mädchen aber auch nicht. So legte er sich genervt auf das Sofa. „Das nächste Mal gehe ich wieder mit zu ihr, dann kann ich wenigstens abhauen wenn wir fertig sind“, brummte er genervt. In spätestens zwei Stunden würde er sie wecken und rausschmeißen müssen, denn Koushiro hatte seinen Besuch angekündigt. Seine Freunde wussten nichts von seinen kleinen Abenteuern und dabei sollte es auch bleiben.
 

Ein ständiges Klingeln weckte seine Aufmerksamkeit. Brummend suchte er sein Handy, fand es aber nicht. Warum lag er nochmal gleich auf der Couch? Fuck! Innerhalb von Sekunden stand Taichi aufrecht in seiner Wohnung. Er lief zu seiner Gegensprechanlage. „Einen Moment, bitte!“

Wieder eilte er in sein Schlafzimmer, wo noch immer das Mädchen lag. Er kramte ihre Klamotten vom Fußboden auf und warf sie auf sein Bett. „Du musst gehen. Jetzt!“

Das Mädchen erschrak und setzte sich aufrecht hin. Sie sah sich irritiert um. „Was? Wo?“, stammelte sie müde und sah dann zurück zu Taichi. „Sag mit bitte nicht, dass deine Freundin unterwegs ist.“

„Nein, sicher nicht, aber du musst jetzt unbedingt gehen!“, ermahnte Taichi die Braunhaarige und eilte aus seinem Zimmer, damit das Mädchen sich in Ruhe anziehen konnte.

Erneut klingelte es an der Tür. Er flitzte zurück zu seiner Wohnungstür und ließ mit einem Summen bestätigen, das die untere Haustüre soeben geöffnet wurde. „Bist du fertig?“, rief er zurück in Richtung seines Schlafzimmers.

„Ja, meine Güte. Immer mit der Ruhe“, brummte das Mädchen verärgert. Sie kam gerade aus dem Schlafzimmer, zog ihre Strickjacke über und schlüpfte in ihre Sandalen.

Taichi sah sie abwartend an, während er nervös mit den Fingern an der Türe klopfte, da sie immer noch im Flur stand und mit ihrer Sandalenschnalle kämpfte. Sie hatte es geschafft und nahm die Handtasche die auf dem kleinen Schränkchen neben der Wohnungstüre lag. „So, ich glaube ich habe alles.“

„Sehr gut. War nett und so, aber du weißt ja, dass ich keine Wiederholung will“, sagte Taichi, während er gleichzeitig seine Wohnungstüre öffnete und das Mädchen dabei rausschieben wollte.

„Jetzt mach mal Halblang, ich gehe ja schon“, zischte das Mädchen genervt.

„Hey Tai, was hat denn bitte so lange gedauert?“, hörte er gerade seinen jüngeren Freund, der gerade auf seinem Flur ankam.

„Izzy! Man, du bist aber auch pünktlich wie immer“, begrüßte er den Rothaarigen.

„Oh Hallo, wer bist du denn?“, fragte Koushiro nach, als er vor Tais Wohnungstür ankam und das braunhaarige Mädchen zwischen ihnen stand.

„Das, das ist … ähm ...“, stotterte Taichi etwas hilflos.

„Oh mein Gott, wo bin ich denn hier gelandet? Ich bin Rei, Hallo.“

„Freut mich sehr, ich bin Izzy“, stellte sich Koushiro vor und schüttelte dem Mädchen die Hand.

Etwas verwundert entgegnete das Mädchen das Händeschütteln. „Freut mich auch. Na, ich bin dann auch mal weg.“ Sie drehte sich zurück zum Hausherrn und schenkte ihm zum Abschied einen bösen Blick, ehe sie verschwand.
 

„Okay, was war das denn?“, fragte Koushiro nach, nachdem das Mädchen aus deren Blickfeld verschwunden war.

„Frag nicht! Komm rein.“ Taichi hielt seinem jüngeren Freund die Türe auf und ärgerte sich darüber, dass die beiden sich begegnet waren.

„Ich wusste gar nicht, das du neuerdings One-night-stands hast.“

„Habe ich auch nicht“, log Taichi.

Koushiro schenkte ihm einen eindeutigen Blick mit dem er aussagte – halt mich nicht für dumm.

„Okay, ich war gestern feiern und habe sie kennengelernt. Wir haben uns gut verstanden und eins folgte zum anderen. Es war eine Ausnahme, Ons sind echt nicht meins, aber nach ein paar Monaten hat man auch ein wenig Druck“, erklärte Taichi schulterzuckend.

„Schon gut, schon gut. Es geht mich ja auch nichts an“, erwiderte der Computerfreak.

„Hmm… Sag aber trotzdem nichts zu Sora oder zu Kari, ja? Sie würden mich nur mit Fragen nerven und darauf habe ich momentan keine Lust“, fügte Taichi hinzu.

„Okay, wie gesagt es ist deine Sache.“

Taichi seufzte. Wahrscheinlich machte er eine größere Welle daraus, als er es musste, aber er wollte eben nicht dass jeder etwas von seinen Eskapaden mitbekam. „Also, warum wolltest du mich so dringend sprechen?“, fragte der Braunhaarige nach, während er in die Küche ging, um endlich etwas zu frühstücken.

„Ja … also … ich ...“ stotterte der Jüngere etwas verlegen.

Taichi zog misstrauisch eine Augenbraue nach oben und musterte den Jüngeren, während er eine Packung Orangensaft an seinem Mund ansetzte und einige Schlücke trank. Er setzte die Verpackung ab und rollte mit den Augen.

„Oh weia!“, brummte Taichi.

„Was denn?“, fragte Koushiro nach.

„Du hast ein Mädchen kennengelernt“, stellte Taichi fest.

Sofort färbten sich die Wangen des Computerfreaks rötlich. Damit hatte Taichi auch schon seine Bestätigung.

„Ähm ... also Ja.“

Taichi grinste. Der kleine Izzy also. „Bist du mit ihr zusammen?“, hakte er weiter nach. Koushiro nickte. „Wow, da hast du sie ja lange geheimgehalten“, erwiderte Taichi.

„Nein, so ist das nicht. Ich ähm … also.“

„Izzy, jetzt spuck es doch einfach aus. Du verhältst dich ja wie so ein verliebter Teenagergockel.“

Koushiro lächelte. „Bin ich ja auch und fürs Protokoll. Sie ist meine erste Freundin.“

Taichi hielt inne. Izzy war tatsächlich verliebt und er schien wirklich glücklich zu sein. Ob er nochmal in diesen Genuss kommen würde? Ob er sich nochmal so in eine Person verlieben würde, wie er sich in Mimi verliebt hatte? Er schüttelte schnell seinen Kopf und verbannte seine Gedanken und Gefühle. Er freut sich wirklich für seinen jüngeren Freund und er sollte sich jetzt auf ihn konzentrieren. Nicht auf sein komplettes Gefühlsdesaster. „Dann, erzähl mal was von ihr.“
 

„Sie heißt Yuzu und ist neu von Nagoya hergezogen. Sie studiert das Gleiche wie ich, Informatik, und ist wie ich im ersten Semester. Ich wurde beauftragt ihr alles zu zeigen. Wir sind noch mit drei andren Kommilitonen in einer Lerngruppe. Eigentlich bin ich nur ihretwegen eingetreten, weil ich sie so hübsch fand und so haben wir uns besser kennengelernt und immer noch etwas Zeit dran gehangen, als die anderen schon weg waren. Es stellte sich ziemlich schnell heraus, dass wir auch andere ähnliche Interessen haben und so kamen wir uns langsam näher. Jetzt waren wir schon dreimal aus und wollen es versuchen“, erklärte Koushiro strahlend, während das Lächeln in seinem Gesicht mit jedem Satz heller wurde.

„Das freut mich wirklich, Izzy“, erwiderte Taichi und war schon sehr gespannt wie das Mädchen wohl aussah, das es schaffte Kourshiro von seinem Laptop wegzubekommen.

„Na ja, ich wollte fragen, ob du nächstes Wochenende Zeit hast? Ich würde sie dir, Sora, Joe und Saori gerne vorstellen. Am liebsten natürlich auch Matt und Mimi … na ja, egal. Auf jeden Fall hast du da Zeit?“

Taichi räusperte sich. Kurz war er abgelenkt. Es reichte manchmal schon der Name; Mimi aus um ihn aus dem Konzept zu bringen. „Ähm. Samstag habe ich ab Spätnachmittags oder eher abends Zeit“, erklärte Taichi. „Vorher muss ich noch ein paar Sachen erledigen die mir wichtig sind und ich habe noch meine Bambinies die ich trainiere.“

„Klar, ich dachte sowieso an acht Uhr?“

„Geht klar.“ Koushiro freute sich, dann verabschiedete sich der Computerfreak wieder von Taichi und ließ ihn alleine.
 

21.04.2011
 

Sora stand in Taichis Wohnung und wartete ungeduldig dass dieser fertig wurde. Heute wollten sie Koushiros Freundin kennenlernen und Sora wollte bei Taichi vorbei gehen, da sie schon befürchtet hatte, dass dieser wie immer nicht in die Gänge kam.

„Tai, wie lange brauchst du denn noch? Unglaublich“, brummte sie verärgert. „Wir kommen zu spät. Ich hätte doch schon alleine vorgehen sollen.“

Taichi kam gerade aus dem kleinen Badezimmer mit entschuldigter Miene. „Sorry, aber die Kleinen zu bremsen ist wirklich nicht immer so einfach“, scherzte der Braunhaarige. „Wir können aber gleich los“, beeilte er sich noch zu sagen, während er sich  die letzten Knöpfe des Hemdes zuknöpfte.

„Na gut, dann lass uns sputen. Die Anderen warten sicher schon auf uns.“
 

Nach einer halben Stunden kamen die letzten Beiden in einer kleinen Cocktailbar an, wo bereits Joe mit Saori saß und Koushiro mit seiner neuen Freundin. Unauffällig musterte Taichi das Mädchen. Sie hatte dunkelbraune Harre, die ihr bis zu den Schultern ging, einen Pony der wohl etwas zu lang war, dunkelgrüne Augen und eine normale Figur. Sie wirkte sympatisch und schüchtern. Perfekt für Koushiro, auch wenn er sich wunderte wie die beiden wohl zusammenkamen.

„Hallo, da seid ihr ja. Yuzu das sind Tai und Sora“, stellte Koushiro die Beiden vor, ehe sie auf einer kleinen Bank Platz nahmen,

„Hey, freut mich sehr“, erwiderte Sora freundlich. „Und du bist also Yuzu?“

Die Braunhaarige nickte freundlich und wand den Blick von Koushiro zurück zu Sora. „Ja, ich bin zwar etwas überfordert gleich so viele Freunde von Izzy kennenzulernen, aber bisher seid ihr wirklich alle sehr nett“, lächelte Yuzu.

„Ach, wir sind erst der Anfang“, zwinkerte Taichi ihr zu. Immerhin war ihre Clique doch recht groß, auch wenn sie selten alle gemeinsam etwas unternahmen.

Joe räusperte sich und wollte das Wort erheben. „Da wir praktischerweise gerade alle zusammen sind, wollte ich oder besser gesagt wir euch auch noch etwas mitteilen“, lächelte der Medizinstudent.

„Oh, jetzt bin ich aber gespannt“, lächelte Sora und sah abwechselnd von Joe zu Saori.

Joe legte einen Arm um seine Freundin und sah in die Runde. „Wir werden zusammenziehen.“

„Was? Schon? Ist das nicht was früh?“, fragte Taichi verwirrt nach.

„Warum früh? Wir sind seid fast einem Jahr zusammen und sehen uns sowieso so gut wie jeden Tag“, erklärte Joe gleich, ließ sich aber nicht weiter von dem Braunhaarigen beirren.

„Also ich finde das toll, Joe“, strahlte Sora den Älteren an.

„Und wir müssen auch erst mal etwas finden, das ist gar nicht so einfach“, erwiderte Saori und trug ein besorgten Blick.

Taichi sagte nichts mehr. Er wusste gar nicht was er auf einmal hatte, aber irgendwie wollte er am liebsten wieder gehen. Er hob seine Hand um seinen ersten Cocktail zu bestellen. Der Abend schien wohl lange zu werden.
 

Yuzu erzählte währenddessen von ihrer alten Heimat Nagoya und wie sie sich bisher in Tokio eingelebt hatte. Sie hörte gespannt zu, was Koushiros Freunde so machten und hätte wohl, wenn sie raten müsste ganz anders getippt.

„Oh, das du aus Nagoya kommst finde ich echt spannend. Lustigerweise werde ich im Sommer fünf Wochen dort sein“, erklärte Sora stolz.

„Was? Wie fünf Wochen? Wieso weiß ich davon nichts?“, fragte Taichi sichtlich beleidigt nach.

„Ich habe die Möglichkeit in den Sommerferien ein Praktikum bei einem Jungdesigner zu machen und es ist niemand geringeres als ...“ Sora versuchte die Spannung aufrecht zu halten und klopfte mit ihren Fingern an der Tischkante entlang, doch ihre Freunde sahen sie nur gespannt an. „Akuma Murphy“, sprach sie freudig aus. „Sagt euch nichts?“ Alle schüttelten den Kopf. Sora seufzte.

„Akuma Murphy? Nein, hab ich noch nie gehört, das ist aber auch ein ungewöhnlicher Name“, stellte Saori fest.

„Na ja, seine Mutter ist Japanerin, aber sein Vater ist Engländer, daher sein Name. Er ist einer der weniger Designer aus Japan, die auch international erfolgreich sind und das beste er sieht gut aus und ist nicht mal schwul“, lachte Sora. „Außerdem wird mich das auch im Studium wieder weit nach vorne bringen.“

„Wenn du das sagst, aber kennen tue ich ihn auch nicht“, erwiderte Yuzu.

„Ach wäre Mimi jetzt hier, die wüsste sofort wen ich meine“, gab die Rothaarige enttäuscht und auch ein wenig traurig von sich. „Mimi? Ach das ist eine Freundin von dir die zur Zeit in Amerika lebt, oder?“, fragte Yuzu bei ihrem Freund nach und sah interessiert zu Koushiro.

Dieser nickte gleich. „Genau. Sie wohnt leider schon seit ein paar Jahren dort. Eigentlich wollte sie im Sommer zurück kommen, aber ...“ Koushiro brach ab, während sein Blick von Yuzu zu Taichi ging, der angespannt auf seinem Platz saß.

Taichi nahm nochmal einen Schluck von seinem Cocktail und leerte ihn prompt. „Na ja, schön für euch alle, aber mir fällt gerade ein, das ich noch etwas erledigen muss.“ Er holte sein Portmonee aus seiner Gesäßtasche, legte ein paar Scheine auf den Tisch und verabschiedete sich von seinen Freunden.

„Tai? Du musst doch jetzt nicht gehen“, versuchte Sora noch ihn aufzuhalten, doch er hob nur noch seine Hand und war aus der Türe verschwunden.

„Habe ich etwas falsches gesagt?“, fragte Yuzu schuldbewusst nach. Koushiro schüttelte seinen Kopf.

„Nein, wenn wohl eher ich“, murmelte der Rothaarige geknickt.

„Keiner von euch hat etwas falsches gesagt. Mimi ist nach wie vor ein rotes Tuch für Tai. Er braucht noch etwas Zeit um das alles mit Mimi zu verdauen, geben wir ihm einfach die Zeit, die er braucht“, erklärte Joe, während seine Freunde einstimmend nickte.
 

Taichi ruhte sich an der Hauswand aus, er legte seinen Kopf in den Nacken und mit einem Mal hingen seine Gedanken wieder bei Mimi. Bald hatte sie tatsächlich ihren Schulabschluss. Ende Mai wenn er sich recht erinnerte, würde Mimi frei sein. Sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen als er daran dachte, dass sie jetzt bald zusammen sein könnten, wenn alles anders gelaufen wäre. Aber es war, wie es war. Statt dass sie gemeinsam ihre Zukunft planten, redeten die beiden kein Wort mehr miteinander. Zuletzt hatte er sie gesehen und mit ihr gesprochen, als er sich Silvester von ihr getrennt hatte. Sie würde sicher nicht in Japan studieren. Warum sollte sie auch? Joe und Saori würden zusammen ziehen. Sora schien wieder mehr mit sich im Einklang zu sein, als noch Anfang des Jahres und selbst Koushiro hatte eine Freundin. Und er? Er kam einfach nicht vorwärts. Er kam nicht vom Fleck. Er wollte jetzt nicht weiter daran denken, wie verkorkst er war. Er lief geradeaus, bis er einen Club fand den er mochte. Er ging hinein und wollte seinen inneren Frust gegen Spaß eintauschen. Das einzige Heilmittel, welches er zur Zeit kannte.

Prom Night

Mai
 

03.05.2011
 

„Mimi, kannst du es fassen? In zwei Wochen haben wir unseren Schulabschluss“, jubelte Nicole fröhlich, während sie sich bei Mimi unterhakte und in die Schulcafeteria ging, um dort ihre Mittagspause zu verbringen.

„Ich kann es eher nicht glauben, dass du eine unserer zehn besten Absolventen diesen Jahres bist“, erwiderte Mimi.

Nicole lachte höhnisch auf. „Tja, ich bin eben heiß und klug. Bloß kein Neid, beste Freundin“, zwinkerte Nicole ihr zu.

„Ich gönne es dir, aber das Motto für den Abschlussball? Ich frag mich wie ihr darauf gekommen seid.“

„Was? Warum denn das? Ich finde Wiener Ball total romantisch.“

Darauf konnte Mimi nicht wirklich viel sagen. Ja, es war romantisch, aber Romantik konnte sie gerade in ihrem Leben überhaupt nicht gebrauchen.

„Die viel wichtigere Frage; Hast du endlich ein Date für den Abschlussball?“

Mimi seufzte. „Nein.“ Es war nicht so, dass Mimi nicht bereits von ein paar jungen Männern der gleichen Stufe gefragt worden war, aber Mimi hatte allen abgesagt. Sie wollte mit keinem von diesen Jungen auf so einen wichtigen Abend in ihrem Leben gehen.

„Mimi, dir läuft die Zeit weg. Nur die größten Looser der Schule haben kein Date.“

„Dann stelle ich mich eben zu denen ...“, murmelte Mimi und nahm sich ein Tablett um die Auswahl des heutigen Tages zu begutachteten. „Urgh … also dieses Essen werde ich sicher nicht vermissen.“

„Mimi, das kann doch nicht dein Ernst sein? Geh doch mit Chris, Patrick oder Dan. Ich verstehe echt nicht warum du Dan abgesagt hast. Der ist doch heiß und außerdem ist er der Zwillingsbruder von Max, meinem Date. Wir hätten so einen schönen Abend zusammen“, beharrte Nicole weiter.

„Er hat nach mir Ashley gefragt und die hat gleich zugesagt“, murmelte Mimi und beäugelte ihren Kartoffelbrei mit Bratensoße skeptisch. Sie setzte sich an einen freien Tisch und begann mit ihrem Mittagessen.

Nicole tat es ihr gleich und begann ohne Hemmungen das Fleisch zu zerkleinern. „Das heißt, ich muss mir mit dieser dummen Ashley. Ich-bin-zu-schön-für-diese-Welt-Ziege eine Limousine teilen?“

Mimi grinste überheblich. „Sieht wohl so aus.“

„Dafür habe ich wenigstens ein Date“, konterte Nicole und streckte Mimi die Zunge raus.

„Ihh … schlucke erst mal runter du Ekel …“, erwiderte Mimi.

„Du weißt doch ich schlucke ...“

„Lalalala … ich kann dich nicht hören“, plapperte Mimi dazwischen und hielt sich die Ohren zu. Nicht schon wieder viel zu viele Details.
 

05.05.2011
 

„Mimi, du hast Post von der University of Central in Florida“, rief ihre Mutter aufgebracht.

Mimi sprang sofort aus ihrem Bett auf, lief die Treppen runter und nahm ihrer Mutter gleich den Brief aus der Hand. Ungeduldig öffnete sie diesen. Dies war die letzte Universität die noch ausstand. Sie hatte zwar schon zwei Zusagen von guten Universitäten, aber diese hier war mit Abstand die Beste und das Besondere, auch Nicole würde auf diese Universität gehen. Als eine der Zehn besten Absolventen musste sie nicht lange auf eine Antwort warten. Mimi hingegen war wohl eher so etwas wie in einem späteren Verfahren ausgesucht worden. Der Umschlag war klein, das war gut. „Ahhh… Jaja … ich bin drin.“ Sofort wurde Mimi von Satoe umarmt, Mimi erwiderte die Umarmung und Freudentränen glitzerten in ihren Augen. Sie hatte es einzig alleine Nicole zu verdanken, dass sie überhaupt noch einen so guten Abschluss erzielt hatte, auch wenn ihr Notendurchschnitt eher mittelmäßig war. Nicole hatte Mimi aus ihrem Tief geholt und sie immer wieder an das Wesentliche erinnert, auch wenn Mimi dafür alles andere als einen Kopf hatte. Sie war ihr wirklich dankbar dafür und zu wissen, dass sie sich nicht von ihr verabschieden musste, freute sie umso mehr. Nicole würde Eventmanagment studieren und Mimi Ernährungswissenschaften. So genau wusste sie gar nicht mehr, wie sie darauf gekommen war. Sie wollte etwas machen, das sie interessiert und anderen helfen würde. Da sie immer schon gerne kochte und backte und die Amerikaner das Essen mehr lieben als sonst etwas, wollte sie mehr darüber in Erfahrung bringen. Sie selber ernährte sich gesund und vielleicht könnte sie auch andere dazu motivieren ihr Leben in die Hand zu nehmen.
 

„Dein Vater wird sich so freuen. Er hat sich so gewünscht, dass du in Amerika studierst. Du bist dann zwar trotzdem nicht mehr hier, aber immerhin im selben Land“, erklärte Satoe lächelnd.

Mimi musste kurz schlucken. Eigentlich wollte sie ja nach ihrem Schulabschluss zurück nach Japan. Zu Tai! Aber es gab ja kein Tai mehr. Zumindest nicht in ihrem Leben. Und in Tokio würde sie alles nur zu sehr an Taichi erinnern und sicher würde sie ihn dann auch über den Weg laufen, dazu war sie noch nicht bereit.

„Ich rufe Nicole an. Sie wird sich so freuen.“ Mimi zögerte nicht lange, ging in ihr Zimmer, suchte ihr Handy und wählte die Nummer der Rothaarigen.

„Ja, ich höre? Aber ich habe nicht viel Zeit“, begrüßte Nicole Mimi gleich fröhlich.

„Was machst du?“, fragte Mimi nach.

„Bin beim Friseur, Probefrisur für den Abschlussball. Ich hab jetzt Locken“, erklärte sie und Mimi konnte förmlich das Grinsen in ihrem Gesicht sehen. Nicole fand Mimis Haare immer schon schön. Mimi hingegen mochte ihre Naturwellen eher weniger und glättete sie bei jeder Gelegenheit.

„Okay, ich brauche auch nicht lange. Ich wollte dir nur sagen, dass du mich so schnell nicht los wirst und ich ebenfalls eine Zusage für die University of Central in Florida habe.“ Auf einmal wurde es totenstill in der anderen Leitung. „Nicole?“

„AHHHHH!“

Vor lauter Schreck hielt Mimi ihr Handy weg und hielt sich die Ohren zu. Aua!

„OH MEIN GOTT!!! Ich fasse es nicht. Mimi, dass ist so… Oh Gott, ich freue mich so. Wir beide in Orlando. Sonne, Palmen, Strand und ein Haufen Sportler. Ich meine immerhin ist diese Universität dafür bekannt. Oh mein Gott … Ich bin … Verdammt meine Frisur, egal.“

Mimi lachte und freute sich gleich noch mehr. „Ich freue mich auch“, stimmte sie lächelnd hinzu. Mit Nicole an ihrer Seite fühlte sie sich gleich viel wohler. Auch in einem Bundesstaat in dem sie zuvor noch nie wahr.

„Jetzt brauchst du nur noch ein Date und alles ist gut“, erwiderte Nicole.

Mimi rollte mit ihren Augen. Die Amerikaner waren doch verrückt. Als wäre man ohne Date auf einem Abschlussball nur noch ein halber Mensch.
 

14.05.2011
 

Heute war es soweit. Heute war Prom Night. Der Abschlussball ihres Schuljahres. Ja, auch Mimi spürte wie wichtig dieser Tag war. Sie hatte immer noch kein Date und es war ihr egal. Auch wenn Nicole immer wieder darüber den Kopf schüttelte. Dennoch wollte sie heute hübsch aussehen. Mimi hatte den ganzen Tag im Badezimmer verbracht. Ausgiebig gebadet, eine Haarkur und Gesichtsmaske aufgetragen, Komplettrasur, eingecremt mit ihrer Lieblings-Bodylotion, einer Mischung aus Vanille und Kokosnuss. Dann folgte eine Pediküre, Maniküre und schließlich kamen ihre Haare dran. Sie föhnte sie leicht, nahm einen Glätteisen und formte leichte Wellen damit. Schließlich widmete sich Mimi ihrem Gesicht. Ihr Make-Up war dezent, mit leichtem Rouge auf dem Wangen und als Hingucker der rote Lippenstift, der ihre Lippen perfekt in Szene setzte. Dann half ihre Mutter Mimi dabei, ihr das Kleid anzuziehen. Schließlich betrachtete sie ihr Spiegelbild.

Ihre Mutter im Hintergrund schluchzte auf und hielt die Hand vor ihrem Mund. „Guck, dich nur an, mein Kind. Wunderschön.“

Mimi hatte ein corallfarbenes A-Linien Kleid an, Bodenlang, Herzausschnitt, während ihr Dekolleté mit Glitzersteinen versehen war. Dazu trug sie Ohrringe in Blumenform, die der Farbe ihres Kleid umspielte.

„Perfekt“, lächelte Satoe. „Ich gehe schon mal nach unten und hole die Kamera.“

Mimi sah ihrer Mutter kurz hinterher, dann blickte sie wieder in den Spiegel. Sie fasste sich an die Brust. Irgendwie fehlte ihr etwas, als sie ihren nackten Hals ansah. Sie ging zu ihrem Schmuckkästchen und öffnete es. Sie nahm mehrere Ketten unter Visier, als sie an einer Kette nicht vorbei kam. Sie musterte sie eindringlich und schluckte. Ihr Geburtstagsgeschenk von Taichi. Die Kette mit dem grünen Tränenanhänger. Die Kette war so wunderschön. Sie nahm sie an sich und legte sie sich um den Hals. Mimi ging zurück zu ihrem großen Spiegel und musterte sich genau. Jetzt war es perfekt. Was Tai wohl zu ihrem heutigen Look gesagt hätte? Wie sehr sie ihn vermisste. Kurz blitzten Tränen in ihren Augen auf. Sie zwinkerte ein paar Mal schnell hintereinander und lächelte dann ihr Spiegelbild an. Sie atmete ruhig ein und aus und verließ schließlich ihr Zimmer.
 

„Okay Mimi, dreh dich nochmal!“, forderte Satoe auf.

„Mama, das reicht doch jetzt“, erwiderte Mimi.

Seit zehn Minuten fotografierte ihre Mutter Mimi in jeder Pose und aus jedem Winkel. „Du siehst so bezaubernd aus“, lächelte Satoe.

„Du siehst wirklich wunderschön aus“, sprach auch ihr Vater freundlich aus.

Mimi lächelte. Noch immer wusste sie nicht so recht wie sie mit ihrem Vater umgehen sollte. Seit dieser Aktion bei der Anhörung fühlte sie sich missverstanden.

Ein Klingeln unterbrach die Drei. „Wer ist das?“, fragte Satoe nach.

Mimi zuckte mit den Schultern „Sicher nicht für mich.“

Keisuke ging zur Türe und öffnete die Türe. Ein junger Mann mit grünen Haaren und einem schicken schwarzen Anzug stand an der Türe. In der Hand einen Blumenstrauß aus Edelweißen Blumen. „Ich wollte Mimi abholen“, erklang eine tiefe Stimme.

Mimi drehte sich zur Türe. Diese Stimme kannte sie doch. Ungläubig ging sie durch den Flur zur Haustüre und tatsächlich der Gitarrist der Band Knife of Day stand im Eingang. „Kisho?“

„Wow … Du übertriffst ja jede meiner Phantasien“, funkelte er die hübsche Brünette an.

„Aber wie... und was machst du hier?“, fragte sie überrascht nach.

„Nicole hatte noch Matts Nummer und wollte ihn fragen, ob er dich begleitet, weil du kein Date für den Schulabschluss hast, was ich wirklich überhaupt nicht verstehen kann. Aber Matt kann nicht, da er und Tako gestern nach Bosten gefahren sind um ein paar Termine für die Band auszumachen und da dachte ich, ich begleite dich“, grinste der Gitarrist und wackelte wie wild mit seinen Augenbrauen.

„Nein, danke.“

„Mimi, hast du ein Date?“, fragte Kisho nach.

Mimi schüttelte den Kopf. „Ich will auch überhaupt kein Date. Ich weiß nicht, warum das so schwer zu verstehen ist“, erwiderte Mimi genervt. Mit Nicole musste sie dringend ein ernstes Wort wechseln. War sie so verzweifelt, dass sie ernsthaft Matt angerufen hatte, damit er sie begleitet? Wie peinlich.

„Mimi, ich halte doch nicht um deine Hand an, ich will lediglich heute Abend deine Begleitung sein. Ich finde so ein hübsches Mädchen wie du, sollte nicht ohne Date zum Abschlussball gehen.“

„Na komm schon, Mimi“, sprach auch Satoe auf ihre Tochter ein und legte eine Hand auf ihre Schulter ab.

Schließlich nickte Mimi und lenkte ein. "Na gut."

Kisho grinste noch breiter und reichte ihr den Blumenstrauß. „Ich war übrigens in dem Laden von Nicoles Mutter. Auf jeden Fall haben Blumen wohl sowas wie eine Sprache … Na ja, die stehen für Schönheit und da dachte ich, dass es sehr gut passen würde.“

Mimi schüttelte noch immer ihren Kopf, aber nahm den Blumenstrauß dann doch entgegen. Sie roch kurz an den Blumen. Ihr Duft berauschte ihre Sinne. „Sie sind wirklich schön“, lächelte Mimi.

„Genau wie du“, zwinkerte Kisho ihr zu.

Satoe quieckte vergnügt auf und nahm Mimi den Blumenstauß ab um ihnen Wasser zu geben. Hätte Mimi jemand vor einem Jahr gesagt, dass Kisho ihr Abschlussballdate sein würde, sie hätte der Person wahrhaftig die Augen ausgekratzt. Kisho deutete mit einer Handbewegung nach draußen. Mimi verabschiedete sich von ihren Eltern und schritt nach draußen, eine Limousine wie sie impulsanter nicht sein konnte, stand auf ihrer Einfahrt.

„Es hat eigentlich nur Vorteile, wenn man mit einem Rockstar auf einen Schulball geht“, kam es auch schon leicht überheblich aus Kisho, während er einen Arm um die Jüngere legte.

Mimi seufzte, wieso hatte sie Dan nur eine Absage erteilt?
 

Mimi und Kisho stiegen aus dem Auto aus und Kisho reichte ihr seine Hand. Gleich vor dem Eingang der Schulaula standen Fotografen und knipsten die Pärchen. Mimi wollte eigentlich sofort in die Aula, doch Kisho nahm sie an der Hand und ging zu dem Fotografen.

„Das muss doch nicht sein“, erwiderte Mimi, doch Kisho hörte gar nicht zu und stellte sich vor die geschmückte Blumenwand. Er legte einen Arm um sie und zog sie an sich. Misstrauisch sah sie zu dem Älteren. „Was denn? Du bist immerhin mein Date“, zwinkerte er ihr zu.

Mimi lächelte in die Kamera. Sie wollte das einfach nur hinter sich bringen und schritt dann zur Aula. Wenn sie Nicole erwischte.

„Oh, guck mal das ist doch der von dieser Band?“, hörte Mimi eine Mädchenstimme. Sie drehte sich in die Richtung, dort saßen ein paar Mädchen aus ihrer Stufe und unterhielten sich über ihr Date.

„Knife of Day heißen sie“, sprach die Andere am Tisch.

„Ah ja, genau.“ Sie kicherten Beide und knipsten heimlich Fotos.

„Ich hab doch gesagt, es hat nur Vorteile“, grinste Kisho wissentlich, dem das natürlich nicht verborgen blieb.

„Ich bin ja so ein Glückspilz“, witzelte Mimi ironisch und da trat auch schon ihre Freundin Nicole in ihr Sichtfeld.

Maximilian, der größere der Zwillinge, hatte eine Hand auf ihrer Tailie abgelegt. Sie kicherte über irgendeinen Witz, den ihr der Blonde ins Ohr flüsterte. Kurz darauf sah sie Dan und Ashley, noch zwei Blondies. Dan war etwas kleiner als sein Zwillingsbruder, dafür aber etwas breiter und muskulöser gebaut. Maximilian trug einen dunkelblauen Anzug und Dan einen hellblauen Anzug. Nicole hatte ein wunderschönes türkisfarbenes knielanges Kleid an, das asymmetrisch geschnitten war. An ihrer rechte Schulter hatte es einen Träger, während die linke Schulter frei war.
 

Nicole sah kurz überrascht zu Mimi, machte ein Handzeichen zu Max und ging zu Mimi. Kisho ging gerade zur Bar und holte währenddessen für Beide etwas zu trinken.

„Du bist mit Kisho hier“, murmelte Nicole irritiert.

Die Brünette fixierte Nicole mit verschränkten Armen. „Ja, bin ich. Matt hatte keine Zeit, aber dank dir ist jetzt Kisho meine Begleitung“, zischte Mimi leise.

„Ups, das war anders geplant“, entschuldigte sich Nicole. „Aber du siehst echt hübsch aus. Meine Güte, da fange sogar ich an zu sabbern“, grinste Nicole.

„Danke, du siehst auch umwerfend aus und du hast Locken“, kicherte Mimi, als sie die Rothaarige zum ersten Mal in ihrem Leben mit Locken sah.

„Ja, sieht gut aus, oder? Sorry, ich dachte nicht das ausgerechnet Kisho dein strahlender Ritter in … keine Ahnung was sein wird. Na egal, zumindest bist du nicht alleine“, kam es schulterzuckend von Nicole.

Mimi rollte mit den Augen und sah zu dem Tisch wo ein paar Mitschüler ohne Date saßen. Fast wie Außenseiter! Was lief in diesem Land nur verkehrt? Kisho brachte Mimi ihren Punsch und grüßte Nicole.

Sie verbrachten den Abend in ausgelassener Stimmung. Kisho tanzte mit Mimi und sie hatte überraschenderweise wirklich Spaß mit diesem Chaoten. Dennoch war sie froh, dass die Band bald wieder unterwegs sein würde. Sie hatten mit diesem Abend dann auch schon wieder genug von Kisho.
 

Nach vier Stunden war der ganze Zauber dann auch schon wieder vorbei. Kisho brachte sie in der Limousine nach Hause.

„Und war es so schlimm?“, fragte Kisho nach, als sie auf dem Rückweg waren.

„Nein, es war sogar überraschend lustig. Na wie auch immer. Danke.“

Kisho grinste breit. „Keine Ursache. Hast du eigentlich gewusst, dass wir jetzt offiziell bei Unbroken Records unter Vertrag sind?“

Überrascht sah Mimi zum Gitarristen. Sie schüttelte ihren Kopf, aber freute sich sehr. „Das ist unglaublich. Herzlichen Glückwunsch.“

„Danke, wir arbeiten gerade an unserer zweiten Single und hoffen damit genauso durchzustarten.“

„Bestimmt. Jetzt seid ihr ja schon mal bekannt. Hättest du damit gerechnet?“

Kisho zuckte mit den Schultern. „Wenn ich darüber nachdenke wie oft und lange wir in diesem stickigen Proberaum saßen ist es wirklich unglaublich, aber zumindest habe ich den Traum nie aufgegeben. Auch wenn man manchmal dafür Opfer bringen muss“, erklärte der Gitarrist.

Die Brünette nickte, ihr viel wieder ein, wer Kishos Ex-Freundin war. Nori. Ob sie wohl mittlerweile bei Tai Erfolg hatte? Bei diesem Gedanken wurde der Tachikawa ganz schlecht.

„Alles in Ordnung?“

Mimi nickte beiläufig und versuchte den Gedanken Taichi und ein anderes Mädchen ganz schnell zu verbannen. „Hast du eigentlich noch Gefühle für Nori?“, fragte Mimi nach.

„Woher weißt du, wie sie heißt?“, hakte der Grünhaarige überrascht nach.

„Auf eurem Heimatkonzert habe ich sie gesehen und wir haben uns auf der Damentoilette getroffen und unterhalten.“

„Wahnsinn. Die Welt ist ja echt klein, aber nein ich empfinde nichts mehr für Nori. Ich meine, natürlich gab es eine Zeit in der das anders war, aber das ist lange vorbei. Jetzt lebt jeder sein Leben und mein Leben läuft gerade perfekt“, erwiderte Kisho unbekümmert.
 

Er redete weiter über die Tour, das Album und weitere Termine, aber Mimi hatte an dem Punkt den Faden verloren, als Kisho davon sprach, dass jeder sein Leben lebte. Ob Tai das auch so machte? Lebte er sein Leben ohne sie? Bestimmt sogar. Es wäre ja auch dumm wenn nicht, dennoch klaffte die Wunde an ihrem Herzen immer wieder auf, wenn sie daran dachte wie Taichi sich mit anderen Mädchen vergnügen könnte. Auch wenn sie streng genommen kein Recht mehr dazu hatte.

Die Limousine hielt an und Mimi sah aus dem Fenster. Was wenn Nori jetzt gerade in seinem Bett lag?

„Ist Nori eigentlich ein schüchterner Typ?“, fragte Mimi neugierig nach. Auch wenn sie nicht wusste, warum sie sich das gerade an tat.

„Nori? Nein wirklich nicht. Wenn sie jemanden mag, kämpft sie auch dafür. Sie ist wirklich eine wahre Kämpfernatur. Schon früher an den Wettkämpfen an ihrer alten Schule war das so. Sie zählte zu den besten weiblichen Schwimmerinnen des Landes und als ich sie das erste Mal so gesehen habe, wusste ich gleich, dass ich sie kennenlernen wollte. Es dauerte gar nicht lange, bis wir dann fest zusammen kamen. Am Anfang hatte sie auch keine Probleme damit, dass ich Musik mache, weil sie ja ständig selbst an Wettkämpfen teilnahm und wenig Zeit hatte, doch als sie dann mit dem schwimmen aufgehört hatte, änderte sich das und wir haben uns immer mehr gestritten, bis ich dann gesagt habe, dass ich das so nicht mehr kann.“

Mimi hörte gespannt zu. Er redete nicht schlecht über sie, das hat er nie getan. Wahrscheinlich war sie noch nicht mal so verkehrt.

„Warum interessiert dich das eigentlich so?“

Die Brünette zuckte mit den Schultern. „Ach nur so. Ich war neugierig, entschuldige.“

„Ach was, schon okay.“
 

Mimi wollte die Türe öffnen, als Kisho nach ihrem freien Handgelenk griff. „Würdest du den Abend als gelungen oder Reinfall bezeichnen?“, fragte er charmant nach.

Mimi lächelte ehrlich. „Als gelungen.“

„Hmm … findest du nicht, das nach einem gelungenem Abend auch ein Kuss gehört?“

Mimi klappte der Mund auf. „Ähm … Ich weiß nicht ...“

Noch ehe die Jüngere weiter nachdenken konnte, legte Kisho seine Hand an Mimis Wange ab und drückte seine rauen Lippen auf ihren kirschroten Mund. Der Kuss war nur ein paar Sekunden lang und nur ihre Lippen berührten sich. Kisho wurde etwas mutiger und drängte mit seiner Zunge vor, Mimi öffnete ihre Lippen und gewährte ihm dieses einmalige Zungenspiel. Obwohl Mimi seine Technik gar nicht mal so übel fand, konnte sie diesen Kuss nicht mal ansatzweise genießen.

Kisho entfernte sich von der Brünetten und zuckte mit seinen Schultern. „Ich musste es wenigstens einmal versuchen.“

Die junge Frau nickte leicht und stieg verwirrt aus. Sie drehte sich nicht mehr um schloss die Haustür auf. Der Kuss war seltsam, sie fühlte nichts. Das hatte sie noch nie. Noch nicht mal Ärger empfand sie. Ob sie jemals wieder dazu in der Lage sein würde, jemanden zu küssen und dabei etwas zu empfinden. Egal was?

Geschafft ging sie in ihr Zimmer und ließ sich auf ihr Bett fallen. Sie berührte mit ihren Fingern ihre Lippen. Kein Kribbeln, keine Zittern, als wäre sie gerade gar nicht geküsst worden. Sie dachte wieder an Taichi und wie alles in ihr explodierte, wenn er sie nur ansah. Warum konnte sie nach all den Monaten immer noch seine Lippen auf ihren spüren? Und würde es jemals anders sein?

Wenn nichts mehr bleibt

Juni
 

05.06.2011
 

Taichi lief aufgeregt in seiner Wohnung auf und ab. Er kam einfach nicht zur Ruhe und hatte auch in der Nacht kein Auge zubekommen. Die ganze Zeit hatte er Träume gehabt. Träume aus seiner Kindheit, Träume aus viel glücklicheren Zeiten. Irgendwann gab er es auf weiter zu schlafen und lenkte sich mit dem Fernseher ab, aber auch das bracht nicht wirklich viel. Schließlich versuchte er es mit Sport. Noch immer waren seine Leistungen bei weitem nicht so gut wie sie sein könnten. Er war nicht mehr so schlecht wie zu Beginn des Jahres, was aber auch an zusätzlichen Trainingseinheiten lag.

Es klingelte an der Türe. Taichi starrte zur Türe und dann zur Uhr. Es war zehn Uhr morgens, an einem Sonntag? Wer kam denn freiwillig zu dieser Stunde an seine Tür? „Was ist?“, knurrte er in die Gegensprechanlage.

„Hi Tai, ich bins Kari.“

Taichi hielt kurz inne, doch ließ dann seine kleine Schwester in die Wohnung. „Was gibt es um diese Zeit?“, fragte er verwundert, als er sie an der Wohnungstür erblickte.

„Na ja...“, murmelte Hikari und wusste nicht ganz, wie sie das Thema beginnen sollte.

„Ist was passiert? Geht es dir nicht gut?“, fragte er gleich besorgt nach, als Hikari in seiner Wohnung angekommen war.

Hikari sah ernst zu ihrem Bruder. „Du weißt schon welcher Tag morgen ist?“, fragte sie nach.

Taichi hielt kurz inne, dann dämmerte es ihm. Morgen war der Geburtstag seines Vaters. „Ja… und?“ Taichi verstand nicht ganz, worauf seine Schwester hinaus wollte. Geld zusammenzulegen für ein gemeinsames Geschenk kam ihm ziemlich sinnlos vor.

„Also Mama und ich haben uns überlegt dass wir in das Restaurant gehen. Du weißt schon wo Papa früher auch immer mit uns hingegangen ist.“

„Du meinst das Takezo?“, fragte Taichi nach. Er wusste genau, welches Restaurant seine Schwester meinte, da er selber auch immer gerne dorthin gegangen war und genau genommen seit drei Jahren nicht mehr dort war. Keiner von ihnen.

Hikari nickte. „Ja, genau. Es ist der erste Geburtstag seit… und na ja… wir wollen ihn eben trotzdem irgendwie feiern. Wir würden uns freuen, wenn du mitkommst“, murmelte Hikari und sah zu ihrem Bruder auf.

Er verzog die Augenbrauen. „Wieso? Ich meine seit er damals gegangen ist, haben wir diesen Tag aus dem Kalender gestrichen. Warum also jetzt etwas feiern, was wirklich nicht mehr da ist?“ Taichi war verwirrt, denn er verstand wirklich nicht, was sie davon hatten.

„Wir wollen es eben. Ihm nochmal gedenken, ganz in Ruhe… weißt du? Es ging damals alles so schnell…. Irgendwie... und es ist ja nur ein Essen“, stotterte Hikari unsicher.

Taichi zuckte mit seinen Schultern. „Ich weiß es noch nicht, ich überlege es mir okay?“

Hikari nickte „Okay, solltest du doch kommen wollen. Wir haben einen Tisch für sieben Uhr reserviert“, erwiderte die Jüngere und verabschiedete sich kurz darauf von ihrem Bruder.

Taichi starrte noch eine Zeitlang die verschlossene Tür an, während das Gefühl in seiner Brust wieder schwerer wurde.
 

06.06.2011
 

„Happy Birthday to you, Marmelade im Schuh, Aprikose in der Hose, Happy Birthday to you“, trällerte der kleine Taichi fröhlich, während seine jüngere Schwester mit zittrigen Händen einen kleinen Geburtstagskuchen trug.

„Oh, das ist aber lieb von euch“, erwiderte Susumo lächelnd. Er ging auf die Knie und näherte sich der einzelnen Kerze die schief auf dem trockenen Schokoladenkuchen stand. Der Kuchen war unterschiedlich hoch und der Schokoladensirup ungleichmäßig verteilt. „Habt ihr den etwa selbst gebacken?“, fragte Susumo amüsiert nach.

Die kleine Hikari nickte stolz und Taichi versucht mit Mühe und Not die Kerze gerade zu rücken, aber es war gar nicht so einfach.

„Du musst sie auspusten und dir was wünschen?“, sprach die kleine Hikari freudig.

Susumo lachte, holte tief Luft, schloss seine Augen und pustete die Kerze aus.

Taichi klatschte aufgeregt die Hände zusammen und sah seinen Vater erwartungsvoll an „Und was hast du dir gewünscht?“, wollte er gleich wissen.

„Das darf er doch nicht sagen, sonst geht es nicht in Erfüllung!“, ermahnte ihn die kleine Hikari gleich.

„Ich will es aber trotzdem wissen!“, entgegnete der kleine Taichi trotzig.

Susumo lachte. „Ich verrate es euch, aber ihr dürft es nicht weiter sagen, okay?“ Taichi und Hikari nickten aufgeregt mit dem Kopf. „Genau das“, antwortete Susumo freudig.

„Genau was?“, fragte der kleine Taichi verwirrt nach.

„Das alles so bleibt wie es ist“, erklärte sein Vater mit einem Lächeln auf den Lippen.

„Verstehe ich nicht, also ich hätte mir ein neues Fahrrad gewünscht“, sagte Taichi aufgeregt.“

„Oh… und ich eine neue Puppe“, kicherte Hikari.

„Na… vielleicht bekommt ihr das ja zu eurem Geburtstag , aber jetzt lasst uns erstmal euren tollen Kuchen anschneiden, okay?“

„Jaaa“, gröllten Taichi und Hikari glücklich im Chor.
 

Taichi erwachte aus seinem Traum. Zum dritten Mal innerhalb von nur einer Woche träumte er von einer vergangenen Kindheitserinnerung. Irritiert griff er in seine Mähne. Was war das nur immer? Und warum wurden diese Träume immer mehr? Er sah auf die Uhr. Ein neuer Tag. Heute war sein Geburtstag.

Taichi nahm seine Flasche Wasser, die auf seinem Nachttisch stand und trank ein paar Schlucke. Er stellte die Flasche zurück und legte sich wieder hin. Er starrte an die dunkle Decke, versuchte in den Schlaf zurückzufinden, doch es gelang ihm zum wiederholten Male nicht. Er dachte an das Gespräch mit seiner Schwester zurück. Sollte er zum Abendessen in dem Restaurant gehen?
 


 

Mit gesenktem Kopf und die Hände in den Hosentaschen vergraben, machte Tai sich langsam auf den Weg zum Restaurant. Er war spät dran und wusste gar nicht so recht, was er hier eigentlich machte und auch nicht, ob es ihn irgendwie weiter bringen sollte, aber es war ja nur ein Essen mit seiner Familie, schaden konnte es ihm auch nicht.

Er öffnete die Türe des Restaurants und staunte nicht schlecht als Taichi den Tisch ausmachte, den sie immer hatten, wenn Susumo sie zum Essen eingeladen hatte. Es war immer schon sein Lieblingsrestaurant gewesen und auch der Brünette war immer gerne hier gewesen. Sie hatten hier viele schöne Abende verbracht. Vielleicht war das der Grund, weshalb Taichi danach nie wieder hier war.
 

Takeru stupste Hikari mit seinem Ellenbogen an, deutete zur Eingangstür und Hikari folgte dem Blick des Blonden.

„Tai?“, rief die junge Yagami freudig und winkte ihm zu.

Taichi lächelte unsicher und nahm neben seiner Mutter Platz. „Hi Leute, ich weiß ich bin zu spät“, murmelte er entschuldigend.

Yuuko lächelte abwinkend. „Ist doch nicht schlimm, setzt dich. Schön, dass du es geschafft hast“, erwiderte sie.

Taichi saß gegenüber von Takeru, der neben Hikari saß, diese seiner Mutter gegenüber. „Habt ihr schon bestellt?“, fragte er nach.

„Ja, aber erst vor fünf Minuten“, erwiderte Hikari.

Der Kellner reichte Taichi eine Karte. Er bestellte sich eine typische japanische Nudelsuppe mit Hühnerbrühe und Ramen. Eigentlich brauchte er dafür nicht mal in die Karte zu sehen, da er das immer bestellt hatte, wenn er hier gewesen war, aber er wollte auch nicht unhöflich sein.
 

„Schon seltsam, der erste Geburtstag an dem er nicht mehr wirklich mit uns feiern kann, aber dennoch habe ich das Gefühl, dass er uns niemals ganz verlassen hat und dieser Gedanke hilft mir manchmal wirklich sehr“, lächelte Yuuko herzlich.

„Ja, das geht mir auch oft so. Letzte Woche war ich vor meinem Auftritt unheimlich nervös. Ich habe die Augen fest verschlossen und als ich sie geöffnet habe, sind durch ein paar Fensterscheiben einige Sonnenstrahlen auf die Bühne getroffen und dann musste ich einfach lächeln. Ich war auf einmal gar nicht mehr nervös“, erzählte Hikari stolz. Sie hatte das Gefühl, als wäre ihr Vater da gewesen und hätte ihr Mut gemacht.

„Und du hast wirklich unheimlich schön getanzt“, erzählte Takeru weiter und lächelte seine Freundin breit an.

„Ach was, so toll war das auch nicht“, winkte die Jüngere verlegen ab.

„Oh doch, du warst mit Abstand die Beste.“

Hikari kicherte. „Ich hatte einen Solotanz, da ist das nicht so schwer“, klärte sie ihren Freund auf und stupste mit ihrem Finger gegen seine Stirn.

„Ja schon, aber davor und danach sind noch andere aufgetreten und du warst trotzdem die Beste“, fügte er stolz hinzu.

Die Brünette rollte mit dem Augen, schenkte dem Blonden aber dennoch ein verliebtes Lächeln. „Du hast auch besonders toll gespielt an diesem Tag...“

„Ha… aber ich spiel immer ganz besonders toll“, prahlte Takeru da schon, was zu einem lautem Lachen der Jüngeren folgte.

„Ach, ich freue mich schon auf den Tag an dem ihr Beide mal heiratet“, grinste Yuuko verschwörerisch.

Hikari schenkte ihrer Mutter einen -Bist du denn wahnsinnig, so etwas in Gegenwart meines Freundes zu sagen -Blick.

Der Basketballspieler zuckte jedoch nur unbeeindruckt mit den Schultern und ergänzte. „Ich mich auch.“

Die Brünette lächelte ihn erneut zuckersüß an. „Was? Wirklich?“

Takeru nickte. „Ja, aber natürlich. Du bist meine große Liebe Kari und das und dich werde ich niemals aufgeben.“

Die Jüngere sah überglücklich zu ihrem Keru. Wie immer wurde ihr klar, wie viel Glück sie mit ihrem Freund hatte.
 

Taichi hatte die gesamte Zeit seine Familie nur stumm beobachtet. Er freute sich für seine kleine Schwester, wenn es jemand verdient hatte, dann ganz klar sie, aber er musste auch zugeben, dass ihm flau im Magen wurde, als er Zeuge dieses Glücks sein durfte. Damals, vor genau einem Jahr, fing das mit Mimi an. Anfang Juni kam sie für drei Monate zurück aus Amerika, Ende des Monats kamen sie zusammen und was war jetzt? Niemals hätte er erwartet, dass sie auseinander gehen und dass es so ein Ende nehmen würde. Niemals. Er konnte gar nicht sagen, wie sehr sie ihm fehlte. Ihre fröhliche Art, mit der sie alles und jeden anstecken konnte. Ihren Humor und wie sie gemeinsam Spaß hatten und lachen konnten. Ihre Zärtlichkeit und… daran durfte er gar nicht erst denken.

„Tai, ist alles in Ordnung?“

Überrascht sah der Brünette zu seiner Mutter und nickte gedankenverloren. „Wir sind ja jetzt fertig. Ich bin ziemlich erledigt und würde mich ganz gerne schon verabschieden, wenn das ok ist.“

„Natürlich, kein Problem“, erwiderte Yuuko. Tai wollte nach seinem Portmonee suchen, doch seine Mutter winkte ab. „Nein, Tai. Ich wollte dass du kommst, du bist eingeladen...“

„Aber ich...“

„Nein, wirklich und jetzt geh!“ Yuuko ließ keinen Widerspruch zu und Taichi nickte resigniert mit dem Kopf.

„Okay… wünsche euch noch einen schönen Abend.“
 

22.06.2011
 

Betrunken versuchte Taichi die Tür des nächsten Clubs aufzustoßen, doch wurde vom Türsteher aufgehalten. „Was soll das denn werden?“, fragte dieser unbeeindruckt nach.

„Isch will da jetzt… hicks… rein...“, lallte der Sportstudent.

„Glaube ich eher nicht. Du bist total hinüber, geh nach Hause!“

„Du hascht mit gar nüx zu… zu… Isch will jetzt da… da...zu sagen...“

„Nein, Betrunkene haben keinen Zutritt!“, wurde der Türsteher ernster in seinem Ton.

„Isch bin ja gar nicht… betrun...ken...“

„Doch, deine undeutliche Aussprache wäre schon ein eindeutiges Indiz, aber deine Fahne reicht von hier bis nach Osaka… geh nach Hause!“ Der Türsteher schlug die Arme vor seiner Brust zusammen und legte seine Stirn in Falten. „Hau ab! Jungs wie du machen nur Ärger!“

„Tzz...“ zischte Taichi zurück und drehte sich langsam um. „So ein dämlicher...“ Weiter kam der Yagami jedoch nicht, denn er verlor sein Gleichgewicht und landete mit seinem Hintern auf dem Bordstein.

„Schlaf deinen Rausch aus, Junge.“

Etwas unbeweglich versuchte Tai aufzustehen, verlor aber immer wieder sein Gleichgewicht. Er stand für zirka drei Sekunden und machte dann schon wieder mit dem Asphalt Bekannschaft. Egal wie sehr er sich bemühte, er schaffte es einfach nicht aufzustehen.
 

--
 

Lachend lief Hikari neben Takeru her. Sie hielten sich an den Armen und kamen gerade aus der Spätvorstellung des neuesten The Fast and the Furious Film.

„Nur damit das klar ist, du wirst niemals solche Autos fahren und an solchen Rennen teilnehmen.“, kicherte die Jüngere, während sie sich enger an die Brust ihres Freundes schmiegte.

„Hatte ich jetzt eigentlich nicht vor, allerdings wenn du dann mein spezielles Boxenluder wärst, würde ich mir das nochmal überlegen… Ich glaube...“,

„Oh mein Gott, ist das Tai?“, kreischte Kari auf einmal los und zog an Takerus Jacke. Der Blonde folgte ihrem Zeigefinger und erkannte einen brünetten, jungen Mann, der betrunken auf der Straße lag. Ein paar Leute standen um ihn herum, manche traten leicht nach ihm um zu gucken, ob er noch atmete, aber sonst unternahm keiner etwas.

„Scheiße, das ist Tai...“ Kari lief augenblicklich los und Takeru folgte ihr. „Macht sofort Platz! Tai?“ Kari hockte sich neben ihrem Bruder und rüttelte an seiner Schulter.

„Lass...“, nuschelte ein betrunkener Tai.

Takeru drehte Taichi um und stütze ihn etwas, damit dieser aufrecht sitzen konnte. Tais Oberkörper schwankte unruhig und Kari verzog angewidert ihr Gesicht.

„Hat er einen Schnapsladen überfallen?“, fragte sie überfordert nach.

„Keine Ahnung, er ist wirklich schwer. Wir müssen ihn erst mal hier weg bringen“, erwiderte Takeru. Hikari nickte besorgt und Tränen traten in ihre Augen. „Keine Sorge, Hika. Er ist nur betrunken, er wird schon wieder...“

Die Brünette nickte nur mit dem Kopf. Ja, nur betrunken, aber das war er in der letzten Zeit sehr oft.
 

Kari wollte ein Taxi rufen, doch als diese Tai sahen, fuhren sie einfach weiter. „Das darf doch nicht wahr sein...“, ärgerte sich die junge Yagami, bereits zum dritten Mal.

„Das bringt alles nichts, sowie Tai drauf ist, wird ihn keiner mitnehmen.“

„Und was jetzt? Wir können ihn doch nicht tragen...“, seufzte die Jüngere und versuchte immer wieder mit kleinen Klapsen Tais aufzuwecken, aber mittlerweile war dieser eingeschlafen.

„Wir rufen Joe. Er hat einen Führerschein und wenn uns einer helfen kann, dann ist das Joe.“

Kari nickte gleich und suchte nach ihrem Handy. Schließlich fand sie Joes Nummer und rief ihn gleich an.

Hallo?“, murmelte dieser schlaftrunken.

„Joe? hier ist Kari. Tai liegt hier in Shibuya betrunken auf der Straße. Er ist so gut wie eingeschlafen, wir bekommen ihn hier nicht weg und kein Taxi will ihn mitnehmen… bitte, kannst du uns helfen?“

„Natürlich, schickt mit euren genauen Standpunkt zu, ich bin gleich bei euch...“
 


 

„Kari? T.K.?“

Die beiden Schüler drehten ihren Oberkörper und sahen wie Joe aus dem Fenster zu ihnen winkte.

„Gott sei Dank!“ Erleichtert atmete Kari aus, als sie den Medizinstudenten sah. Saori saß neben ihm auf dem Beifahrersitz. Zu zweit stiegen sie aus und musterten den Brünetten.

„Ist er ansprechbar?“, fragte der Brillenträger nach.

„Na ja, gelegentlich kommt etwas unmissverständliches heraus und dann driftet er wieder ab.“

„Okay… T.K komme mal hier rüber...“ Der Basketballspieler gehorchte und ging auf die andere Seite von Tai. Zu zweit trugen sie den Yagami auf dem Rücksitz des Wagens.

Kari setzte sich ebenfalls nach hinten und hielt Tais Kopf auf ihrem Schoß. Takeru setzte sich zu Saori nach vorne und vorsichtig fuhr Joe los.
 

Sie kamen nach zwanzig Minuten in Tais Wohnung an. Kari hatte zum Glück immer einen Ersatzschlüssel an ihrem Schlüsselbund und schloss die Türe von Tais Wohnung auf. Mit aller Kraft legten Takeru und Joe den Braunhaarigen auf seinem Sofa ab. Joe sprach Tai immer wieder an und allmählich antwortete dieser wieder.

„D-dieser blöder Pisser...“, nuschelte der Yagami und drehte sich mit seinem Oberkörper um.

„Wer?“, fragte Takeru verwirrt nach.

Der Brillenträger winkte ab. „Ach, der weiß doch gar nicht was er sagt.“

„Was machst du da?“, fragte die junge Yagami nach, als sie sah dass Joe und Saori in einem kleinen Arztkoffer wühlten.

„Ich habe mir sowas...“ Joe deutete auf den Betrunkenen. „schon gedacht und vorgesorgt...“ Der Medizinstudent zog Einmalhandschuhe, eine Desinfektionsflasche und sterile Wattetupfer heraus und begann sich die Hände zu desinfizieren und die Handschuhe überzuziehen, während Saori damit beschäftigt war, den Infusionsschlauch mit dem Infusionsbeutel zu befästigen.

„Und was ist da drinnen?“, fragte Kari nach und deutete auf den Infusionsbeutel.

„Nur normale Kochsalzlösung, dass hilft um den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt des Körpers wieder anzukurbeln“, erklärte Saori sachlich.

„Da Alkohol durch vermehrte Urinausscheidung dem Körper Wasser entzieht, gibt es immer so einen schönen Kater am nächsten Morgen, weil Flüssigkeit im Körper fehlt. Man könnte ihm theoretisch auch ganz viel Wasser anbieten, aber ich bezweifle das Tai gerade Wasser aufnehmen kann, daher ist so eine Infusion einfacher“, ergänzte Joe die Aussagen seiner Freundin.

Kari lächelte Joe dankbar an. „Ach, du denkt immer so toll mit, Joe.“

„Ihr seid ein echt tolles Team“, nickte auch Takeru anerkennend.

„Ja, stimmt. Ich könnte mir vorstellen, dass ihr zwei Mal eine Praxis aufmacht oder so“, lächelte die Brünette. Joe und Saori sahen sich kurz an, lächelte und winkten dann ab.

„Wir müssen ja erst einmal all unsere Prüfungen bestehen und unseren Doktor machen, das dauert noch.“

„Sowie ich das sehe, seid ihr schon verdammt gut“, lobte Takeru die beiden Medizinstudenten. Diese beendeten gerade die Arbeit und versuchten Tai wieder anzusprechen.
 

--
 

23.06.2011
 

„Wo bin ich?“, fragte Taichi rau nach.

„Bei dir zu Hause“, zischte eine helle Stimme, die gerade einen Waschlappen auf Tais Stirn wechselte. „Okay...“

„Du weißt gar nicht, wie du nach Hause gekommen bist, oder?“, fragte die Brünette bei ihrem Bruder verärgert nach.

„Nein, aber du wirst es mir sicher gleich sagen...“, nuschelte der Yagami.

„Du lagst fertig und komplett hinüber vor einem Club auf der Straße“, entgegnete Kari.

„Weil der Pisser von Türsteher mich nicht in den Club lassen wollte“, rechtfertigte sich Tai.

„War ja auch richtig so.“

„Ach… ich habe nur kurz den Überblick verloren...“

„Kurz?“

„Ja...“

„Tai, Joe und Saori waren hier, falls du dich wunderst warum eine Nadel in deinem Unterarm steckt. Sie haben dir eine Infusion gegeben und nur deshalb geht es dir jetzt einigermaßen, sonst würdest du immer noch auf der Straße liegen. Das geht so nicht weiter.“

„Kari...“

„Nein, warum hast du dich diesmal so aus dem Leben geschossen?“
 

Tai musste nicht lange darüber nachdenken. Gestern hätten er und Mimi Jahrestag gehabt, wenn er nicht so dämlich gewesen wäre und den größten Fehler seines Lebens begangen hätte.

„Sie ist weg und ich habe es vermasselt...“, murmelte Tai niedergeschlagen.

„Mimi?“

„Ja, wer denn sonst?“, zischte der Ältere.

Kari boxte ihren Bruder gegen die Schulter. „Sei lieb, du hast heute schon genug Unsinn gebaut.“

„Warum rufst du sie nicht mal an oder schreibst ihr?“

„Das geht nicht...“

„Warum?“

„Weil es eben nicht geht… Ich habe sie weggeschickt, ich habe sie gehen lassen. Ich kann jetzt nicht einfach anrufen und sagen; Hey Mimi, wie gehts denn so? und ach weißt du eigentlich vermisse ich dich doch, sollen wir es nicht nochmals versuchen?“

„Na ja, ganz so dumm musst du dich ja nicht anstellen...“

„Kari, es tut mir leid, dass ich mich heute so benommen habe, wirklich. Ich werde dafür sorgen, dass es in diesem Ausmaß nicht mehr vorkommt, aber… halte dich da bitte raus. Ich muss jetzt damit leben und versuchen klar zu kommen. Ich muss nur über sie hinweg kommen.“

„Na dann… viel Glück dabei...“, zischte Kari und schüttelte ihren Kopf. „Auch wenn ich nicht glaube, dass das der richtige Weg für dich ist… Du könntest doch...“

„Kari...“, unterbrach Tai sie scharf.

„Dann bleib doch unglücklich...“, zischte sie und stand vom Sofa auf. „Geht es dir besser?“

Tai nickte. „Gut, dann gehe ich jetzt.“

„Kari?“,

Die Jüngere, die gerade an der Türe angekommen war, sah zurück zu ihrem Bruder.

„Danke.“

„Ruhe dich aus, Tai und mache das nicht noch mal.“

Mit diesen Worten verschwand Kari aus der Wohnung und Tai legte sich zurück auf das Sora. Er schloss die Augen und versuchte zu schlafen, während seine Gedanken an vor über einem Jahr zurückgingen. Wie er für Mimi die Schnitzeljagd organisiert hatte und wie sie danach ihre erste gemeinsame Nacht verbracht hatten. Wie sie zusammen kamen und glücklich waren. Damals, in der Zeit vor einem Jahr. Könnte er die Zeit doch nochmal zurückdrehen. Er würde so viele Dinge anders machen, aber wieder einmal wurde dem Yagami schmerzlich bewusst, dass man die Zeit nicht zurückdrehen konnte. Die Zeit nahm ihrem Lauf, unaufhörlich schritt sie immer weiter voran und es gab nichts was man tun konnte um vergangene Fehler wieder gut zu machen.

Männer, Mode, neue Chancen

Juli
 

01.07.2011
 

Sora stand am Bahnhof von Nagoya und trotzte der brütend heißen Hitze der Stadt. Sie schaute sich um, doch wusste nicht wo sie hin sollte. Sie schnappte sich ihren Koffer und ging mit ihm in der Hand los. Es war bereits neun Uhr morgens, sie war seit Stunden unterwegs und sollte sich um die Mittagszeit bei ihrem Chef für den nächsten Monat melden. Akuma Murphy. Schon bei dem Gedanken an den modernen Jungdesigner wurde sie ganz hibbelig. Sie war gespannt ihn bei seiner Arbeit zu beobachten zu können und hoffte, möglichst viel Zeit mit ihm verbringen zu können und nicht nur, weil er so gut aussah. Okay, wahrscheinlich auch ein bisschen deshalb. Nein, er war der talentierteste Designer seit Jahren und dieses Praktikum bedeutete der jungen Modestudentin eine ganze Menge.

Sie fand einen kleinen Taxistand und schritt schnell auf diesen zu. Sora gab dem Taxifahrer die Adresse zu ihrem Hotel und checkte anschließend sogleich ein.
 

Gegen zwölf Uhr und nach einer ausgiebigen Dusche machte sich Sora auf den Weg ins Atelier. Sie war aufgeregt. Schon bei den beiden Modeschauen war sie immer ganz nervös und angespannt gewesen, aber bei der Produktion dabei zu sein war nochmal eine ganz andere Baustelle.

Sie erreichte die Adresse die ihr per Mail zugesandt wurde und sah sich suchend um. Am Empfang stand eine hübsche junge Frau. Schwarze lange Haare, schlank und in einem sehr modischen Outfit gekleidet. Sora blickte an sich herunter. Mit ihrer kurzen Hot Pan und ihrem hellgrünen Top sah sie wirklich nicht besonders hip aus, eher sportlich und leger. Gut, so sah sie meistens aus. Es war praktisch, bequem und passte ihrer Meinung nach am besten zu ihr. Sie ging zu der Schwarzhaarigen und lächelte sie freundlich an.

„Entschuldigen Sie? Ich ähm...“

Die Frau unterbrach sie, in dem sie einen Zeigefinder in die Höhe hielt, weiter stur auf ihrer Tastatur blickte und der Rothaarigen keine Aufmerksamkeit schenkte. Sora wartete fünf Minuten, während sie weiterhin umher sah und sich ein paar Mal räusperte, um die Dame an ihre Anwesenheit zu erinnern.

„Was?“, schnalzte die Schwarzhaarige mit der Zunge und blickte kurz auf.

„Meine Name ist Sora Takenouchi und ich mache diesen Monat ein Praktikum bei Mr. Murphy“, erwiderte Sora mit kräftiger Stimme und versuchte selbstbewusst zu wirken. Immerhin hatte sie gerade ein paar Minuten Zeit ihren Text auswendig zu lernen.

„Vierter Stock!“, murmelte die Empfangsdame, blickte erneut kurz zur Rothaarigen, musterte sie in ihrem Outfit und nahm ein Telefonat entgegen, das gerade einging.

Sora unterdrückte den Impuls die Augen zu rollen und näherte sich dem Fahrstuhl.
 

Auf der besagten Etage angekommen, ging es gleich hektisch einher. Was der Rothaarigen als erstes auffiel, war das helle Licht das den gesamten Raum erfüllte, große Fenster, keine Vorhänge, viele langegezogene Schreibtische und Menschen die schwer beschäftigt waren. Im Hintergrund spielte Musik, aber ob jemand dieser lauschte, bezweifelte die junge Frau.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte eine kleine Frau nach. Sie hatte graue Haare, aber nicht aufgrund ihres Alters, sondern sichtlich gefärbt, zudem hatte sie schwarze Spitzen und einen Pony, der ein Auge bedeckte. Sie hielt eine Mappe in der Hand und hatte einen Kugelschreiben hinter einem Ohr befestigt.

„Ähm… ich bin Sora und mache hier ein Prakitkum bei Mr. Murphy“, stelle sich Sora vor.

„Mr Murphy?“, fragte die junge Frau nach und kicherte. „Nenne ihn bloß niemals Mr. Murphy“, erwiderte sie. „Kommen Sie mit, ich führe sie herum. Ich heiße Kin.“

Sora wurde als erstes zu einer Tür geführt, auf der groß „Creative“ stand. Kin klopfte kurz an und öffnete dann die Türe. Auch hier wurde der Raum in helles Licht geflutet, überall standen Puppen herum, an denen Oberteile ihre endgültige Passform bekamen, hinter den Puppen die Zeichnungen dazu. Staunend betrachtete Sora die Arbeit. Die Schneiderinnen und Näherin nahmen Maß an den Puppen und kontrollierten dies jeweils mit der Skizze im Hintergrund. Manche Puppen hatte nur ein paar Fetzen an. Ein Kragen, einen Halstuch, ein Ärmel. Es war der Wahnsinn. Sora war jetzt schon hellauf begeistert und sie war noch keine zehn Minuten hier.

„Wow, ist das die neue Kollektion?“, fragte sie aufgeregt nach.

Kin nickte und drehte sich zu ihr um. „Ja, der Raum schimpft sich auch >Raum der Verzweiflung<, du wirst schon noch sehen warum“, lachte Kin und führte Sora zum nächsten Raum.

Von außen stand „Dessin“ daran. In diesem Raum befanden sich verschiedene schon ausgefertigte Skizzen und Computer. Sora sah sich gespannt um. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Sora begrüßte auch die Leute die in diesem Raum standen und ging weiter. Die dritte Türe war heute verschlossen. Von außen stand Shooting daran.

„Hier finden normalerweise Castings und Shootings stand. Zumindest zum Teil, wenn Akuma nichts außergewöhnliches wünscht, aber heute sind keine Aufnahmen“, erklärte Kin. „Dort hinten ist noch ein Lagerraum mit sämtlichen Stoffen.“ Kin führte sie in den Vorletzten Raum. „Hier wirst du sicher öfter sein, um die Schneiderinnen mit Stoffen und Muster zu versorgen“, erklärte sie.

Sora machte sich schnell eine Notiz in einem kleinen Block den sie in ihrer Handtasche aufbewahrt hatte und sah sich den Raum um. Sie würde sich nachher näher mit den Stoffen beschäftigen, damit hatte sie mittlerweile Erfahrung, da sie schon viel mit Stoffen gearbeitet hatte und es machte ihr auch nichts aus. Immerhin war sie Praktikantin. Aber ihr fiel bereits beim ersten Blick auf, welch hohe Qualität dahinter steckte.

„Das ist das letzte Zimmer. Der Schöpferraum und Schöpfer höchstpersönlich.“ Kin klopfte an. Ein raues „Ja, bitte?“ war zu hören und Kin öffnete auch diese Türe.

Aufgeregt folgte Sora der Grauhaarigen und sah hinter einem großen Schreibtisch einen Mann sitzen. Und was für ein Mann. Großgewachsen, blonde, etwas längere Haare – die leicht gewellt waren, grüne Augen und ein durchtrainierter Körper.

„Ms Takenouchi nehme ich an?“, fragte Akuma nach. Soras Herz klopfte. Akuma Murphy kannte ihren Namen. Ihren.

„Mr. Murphy“, murmelte Sora und verbeugte sich vor dem Designer.

Akume lachte. „Mr. Murphy?“, fragte er amüsiert nach. „Mr Murphy ist mein Vater, nenne mich Akuma“, stellte er sich freundlich vor und musterte die Rothaarige.

„Sora“, nuschelte sie und blieb noch immer in verbeugter Position. Das Blut schoss ihr in den Kopf und sie bekam Kopfschmerzen. Sie schreckte schnell hoch und verbeugte sich wieder leicht. „V-vielen Dank für die C-chance“, stotterte Sora unbeholfen.

Akuma lachte. „Haben sie ihre Skizzen mitgebracht?“, fragte er nach. Sora starrte den Designer an und nickte. „Morgen mitbringen. Ich bin gespannt… wenn ich Zeit habe, sehe ich sie mir an. Heute schauen sie sich bitte alles genau an und morgen geht es dann los. Einverstanden?“ Sora nickte und kratzte sich beiläufig am Hals. Gott – sie war so aufgeregt. „Okay, dann bis morgen, Sora“, verabschiedete sich Akuma von der Rothaarigen.

Sora verließ mit Kin das Büro des Designers und versuchte unauffällig alles aufzusaugen, was sie gerade erlebt hatte.
 

06.07.2011
 

Jetzt war Sora schon eine Woche in Nagoya und sie war begeistert. Diese erste Woche war nur so an ihr vorbei gerast. Akuma sah sie nicht mehr so oft wie sie es sich gewünscht hätte. Er hatte ein Außenshooting gehabt und neue Stoffe eingekauft. Diese waren am Vortag angekommen und Sora und ein paar andere Kollegen im Atelier mussten die sie im Lagerraum einsortieren.

Sora war fertig. Es war mittlerweile spät abends. Sora verließ den Lagerraum, mittlerweile waren nur noch ein Handvoll Leute da und arbeiteten. Auch die Rothaarige war für heute fertig und suchte nach ihrer Tasche. Mimi war wie immer schon ganz ungeduldig auf eine Nachricht von ihr. Seit sie in Nagoya war, bestand Mimi darauf täglich von Sora angerufen zu werden. Sie war gerade am Fahrstuhl, als die Türen sich öffnete und Akuma Murphy vor ihr stand.
 

„Ms Sora“, lächelte Akuma sie an und musterte sie kurz. „Sie arbeiten noch?“ Er blickte auf die Uhr und dann zurück zur jungen Frau „So spät noch?“

Sora war kurz sprachlos, doch bemühte sich erneut um Professionalität. Sie war immerhin kein junges Mädchen mehr. „Ja, das ist kein Problem für mich. Ich möchte immerhin soviel wie möglich lernen“, erwiderte Sora sogleich.

„Dann sollten sie mich Morgen begleiten, damit sie auch wirklich etwas lernen. Interessiert?“, fragte Akuma nach.

Sora nickte und freute sich über diese Möglichkeit. „Sehr gerne.“

Unten vor dem Atelier angekommen traf sie auf Kin, die auch gerade Feierabend machte und sich noch mit der unfreundlichen Empfangsdame unterhalten hatte.

„Kin“, murmelte Sora.

Die Grauhaarige drehte sich zu ihr um. „Sora.“

„Du glaubst es nicht. Ich darf morgen Mr. Murphy begleiten. Ich freue mich so, ist der zu allen Praktikanten so nett?“, fragte Sora neugierig nach.

Kin schüttelte verwirrt ihren Kopf. „Akuma nimmt normalerweise nie Praktikanten an. Du bist die Erste seit Jahren“, erwiderte Kin und grinste etwas.

Sora verstand das zwar nicht, lächelte aber unsicher.
 


 

„Ahh, Sora, der steht auf dich“, kreischte Mimi in die Leitung.

Sora lag mittlerweile in ihrem Bett im Hotelzimmer und telefonierte mit ihrer besten Freundin und erzählte ihr von ihrem Tag.

„Nein, so ein Unsinn. Was will denn so ein Mann von so einer einfachen Modestudentin wie mir?“, fragte Sora irritiert nach.

„Dich, ist doch klar. Hast du bei deiner Bewerbung zufällig ein Nacktfoto von dir mit geschickt?“, hakte Mimi amüsiert nach.

Sora verzog die Augenbrauen. „Hallo? Was denkst du denn von mir. Nur mein Foto vom Lebenslauf und das ist gar nicht mal so toll“, erwiderte Sora gleich.

„Sora, du bist ein hübsche Frau, dazu kultiviert, traditionell, intelligent und freundlich. Warum sollte er nicht auf dich stehen?“, stellte Mimi prompt die Gegenfrage.

„Weil ich viel zu jung bin“, flüsterte Sora und verfluchte sich insgeheim dafür Mimi alles erzählt zu haben. Sie wollte sich nicht so einen Floh ins Ohr setzen lassen. „Glaub mir Sora, der berühmteste Designer Japans nimmt sich extra Zeit für dich, eine einfache Modestudentin aus Tokio, um ihr etwas beizubringen und das obwohl er eigentlich keine Praktikanten nimmt. Das ist eindeutig“, klärte Mimi die Rothaarige auf.

„Nein, du irrst dich sicher...“, murmelte die Modestudentin. Sie konnte sich das einfach nicht vorstellen. Was hätte er denn davon?

„Außerdem ist er gar nicht soviel älter, sind doch nur vier Jahre“, erwiderte Mimi. „Und ich an deiner Stelle würde mir den klar machen. Sora greif dir Mr. Akuma Murphy“, kicherte Mimi in den Hörer.

Sora rollte mit den Augen. Nein, Mimi hatte da sicher etwas falsch verstanden. Ja, ganz sicher.
 

07.07.2011
 

Sora achtete heute darauf, dass ihr Outfit etwas professioneller rüberkam. Sie wusste, dass sie heute mit dem Schöpfer höchstpersönlich zusammen arbeiten würde und sie wollte sich ja nicht dumm anstellen. Sie war zehn Minuten früher da, als vereinbart und Akuma noch nicht da. Sie nutzte die Zeit und sah sich weiter das bunte Treiben an. Sie stellte sich vor, dass sie mit ein wenig Glück auch mal ein solches Atelier haben könnte. Dass Leute für sie arbeiten würde und ihre Kollektion mit zum Leben erweckten.

„Ein hübsches Lächeln“, hörte Sora plötzlich und hob ihren Blick.

„Mr. Murphy.“ Die Rothaarige verbeugte sich vor dem Älteren und wusste nicht was sie als nächstes machen sollte.

„Akuma, immer noch. Komm mit", richtete der Designer an seine Praktikantin. Er ging vor in sein Büro und deutete Sora an Platz zu nehmen. „Dafür, dass du erst im dritten Semester bist, hast du wirklich schon einiges geleistet. Dein Lebenslauf ist beeindruckend. Wie ich sehe bereits bei zwei Modeschauen assistiert, ein ganz tolles Zeugnis von deiner Arbeitgeberin in Tokio und dabei noch ein Studium, welches offensichtlich auch gut läuft. Sie sind wirklich fleißig“, stellte der Blonde fest.

Sora lächelte schüchtern und murmelte ein kaum hörbares Danke. Die Rothaarige verstand einfach nicht warum sich jemand wie Akuma Murphy überhaupt mit ihr abgab und tatsächlich ihren Lebenslauf und ihre Bewerbung durchgelesen hatte. Sie dachte die ganze Zeit, dass hätten irgendwelche Assistenten für ihn erledigt.

„Warum wollen sie Designerin werden?“, fragte Akuma interessiert nach.

Sora straffte ihren Rücken durch. „Mir gefällt es einfach, Mode nach meinem Geschmack zu entwerfen. Mir gefällt es, dass man kreativ sein kann, gleichzeitig ist man künstlerisch und handwerklich permanent im Einsatz. Ich habe schon früh gelernt eine Nähmaschine zu benutzen. Als Kind habe ich eher Sachen gemocht die Junge gerne taten. Ich habe Fußball gespielt, Hosen getragen, Kleider gehasst, und lieber im Regen durch Pfützen gejagt. Meine Mutter fand das alles gar nicht so lustig. Sie ist eine sehr traditionelle Frau und hat es geliebt diese Werte auch an mich weiter zu geben, aber so ganz kam es nicht bei mir an. Damals verstand ich nicht, warum ich das alles lernen sollte, aber weil ich meine Mutter auch nicht verärgern wollte, habe ich ihr immer dabei zugesehen wie sie genäht hat und es mir nach und nach beigebracht. Ich war wirklich immer sehr glücklich dabei und das erste was ich selber entworfen und genäht habe, habe ich für meine Mutter gemacht. Es war ein Winterset. Wollmütze, Schal und Handschuhe. Ich hatte es ihr zu Weihnachten geschenkt, als ich etwa neun Jahre alt war und sie hatte sich wirklich sehr darüber gefreut.“

Sora erinnerte sich immer sehr gerne daran zurück. Damals hätte sie niemals geglaubt, dass sie beruflich mal in diese Schiene gehen würde. Erst mit den Jahren beschäftigte sie sich immer mehr damit, hatte Ideen, verfeinerte ihre Zeichentechnik und arbeitete gewissenhaft an ihren ersten Stücken. Ihre Mutter strahlte über beide Ohren, als Sora ihr damals erzählte sie würde Modedesign studieren. „Irgendwie beantwortet das nicht wirklich Ihre Frage, oder?“, überlegte sich die Rothaarige gerade und wollte eine neue Antwort geben, als der Blonde abwinkte.

„Doch, tut es. Ich höre mir gerne Geschichten aus ihrer Vergangenheit an.“

„Warum sind Sie Designer geworden?“, fragte Sora neugierig nach. Wenn er fragen durfte, durfte sie das doch schließlich auch.

„Tja, ich habe mich lustigerweise eher für Sachen interessiert, die Mädchen ganz gerne mochten“, grinste Akuma. „Fußball war tatsächlich so gar nichts für mich, da habe ich lieber mit meiner älteren Schwester verkleiden gespielt. Meine Eltern fanden das alles auch ein wenig seltsam, wollten mich immer in eine andere Richtung drängen, hatten Angst, dass ich ihnen niemals Enkelkinder schenken könnte. Ich hatte tatsächlich ihretwegen ein Jurastudium begonnen, aber bereits nach einem Semester wieder abgebrochen. Es hatte mich schlichtweg nicht erfüllt und ich hatte beschlossen nur noch das zu tun, was mich glücklich machte. Ich bin nach London gezogen und habe Lederjacken entworfen. In London wurde dann ein berühmter Designer auf mich aufmerksam und brachte den Stein ins rollen. Mittlerweile sind meine Eltern stolz auf mich, auch wenn sie auf die Enkelkinder noch etwas warten müssen.“

Die junge Modestudentin war absolut sprachlos. Sie hätte nicht damit gerechnet, dass er so ehrlich zu ihr sein würde. „Also sind sie wirklich nicht schwul?“, fragte Sora nach und schallte sich gedanklich für ihre unangebrachte Frage.

Akuma kicherte. „Bist du lesbisch, nur weil du Fußball magst und gerne legere Kleidung trägst?“, stellte der Blonde seine Gegenfrage.

Sora schüttelte lachend ihren Kopf. „Nein, ganz sicher nicht.“

„Na eben. Immer dieses Schubladendenken … Außerdem entwerfe ich Kleidung für Frauen und Männer. Und der Männeranteil ist dabei schon immer höher gewesen.“

„Entschuldigung, das war wirklich unpassend von mir“, entschuldigte sich die Rothaarige.

„Wofür denn? Ich finde das bisher eine sehr nette Konversation.“

Sora nickte zustimmend und fand Akuma mit jedem Tag der verging sympathischer.
 

15.07.2011
 

„Sora, komm mal her“, forderte Akuma sie auf. Die Rothaarige beeilte sich und stand in fünf Sekunden an der Seite ihres Chefs. „Welches Muster gefällt dir besser?“, richtete er seine Frage an die Jüngere.

Sora sah ein Camouflage-Muster und ein Ethno-Muster beides in verschieden Blautönen. „Camouflage gefällt mir besser“, erwiderte die Rothaarige, nachdem sie beides in Augenschein genommen hatte.

„Ganz meine Meinung“, grinste der Blonde. Er gab ihr einen Satz roter Knöpfe und deutete auf ein paar andere Blusen in Blumenoptik. „Würdest du alle Knöpfe annähen?“

Sora lächelte und konnte es nicht glauben. Es waren zwar nur Knöpfe, aber hey das waren erlesene Stücke der nächsten Frühjahrskollektion und wenn diese in Produktion gingen, war sie am Prototypen beteiligt. „Gerne.“
 

Nach einer Stunde war Sora mit ihrer Arbeit fertig. Akuma betrachtete genau wie Sora gearbeitet hatte und es gefiel ihm. „Gute Arbeit, Sora.“

Die Rothaarige lächelte zufrieden. „Vielen Dank.“

„Sora, darf ich dich mal etwas fragen?“

„Natürlich.“

„Hättest du mal Lust mal mit mir auszugehen?“

Bahm. Okay, damit hätte sie nun wirklich nicht gerechnet. Kurz wusste sie nicht was sie machen sollte. War sie schon soweit? Dann dachte sie an Matt und daran wie er seinen Traum lebte, deshalb alles auseinander ging und er sicher auch nicht enthaltsam lebte, schließlich willigte sie ein. „Sehr gerne.“
 

17.07.2011
 

„Das war ein wirklich schöner Abend, Akuma“, lächelte Sora. „Vielen Dank.“

Akuma begleitete die junge Modestudentin bis zu ihrem Hotelzimmer und vor ihrer Tür blieb sie stehen. „Ich habe zu danken. Eine schöne Frau, mit Klasse und Geschmack, eine bessere Gesellschaft hätte ich mir nicht aussuchen können.“

Die Rothaarige wurde rot und drehte verlegen ihren Kopf zur Seite und das war nicht das erste Mal an diesem Abend. Die junge Modestudentin hatte einen wunderschönen und ausgelassenen Abend mit dem blonden Mann verbracht. Er führte sie zu einem Griechen aus und sie genoss das Essen und die Gespräche. Er brachte sie zum Lachen und zum Staunen. Sora hatte sich schon lange nicht mehr so gelöst gefühlt und vor allem fühlte sie sich seit langer Zeit mal wieder begehrt. „Wusstest du eigentlich, dass du meine erste Praktikantin seit zwei Jahren bist?“

„Ich habe sowas gehört“, erwiderte die Rothaarige.

„Interessierst du dich gar nicht dafür, warum ausgerechnet du?“, fragte Akuma nach und seine Stimme nahm einen sinnlichen Tonfall an.

„Warum ich?“, fragte Sora nach.

„Weil ich schon beim ersten Blick in deine Bewerbung gesehen hab, dass du nicht nur wunderschön bist, sondern auch unglaublich talentiert. Ich wollte dich kennenlernen und mein Gefühl hat mich nicht enttäuscht.“

Sora lächelte und freute sich über seine Worte. Sie wollte ihre Zweifel über Bord werfen, schloss ihre Augen, stellte sich etwas auf ihre Zehenspitzen und küsste den jungen Mann. Akuma übernahm gleich die Kontrolle über den Kuss und ging rasch einen Schritt weiter. Er fuhr mit seinen Händen ihre Seite entlang und drückte sie näher an sich. Okay, er diffinitiv nicht schwul. Sora wollte nicht mehr nachdenken. Sie wollte fühlen. Sie öffnete mit einer Hotelkarte ihr Hotelzimmer und lud Akuma ein ihr zu folgen. Noch ehe die Türe ganz ins Schloss fiel, trafen sich ihre Münder wieder und sie begaben sich taumelnd Richtung Bett, während mit jedem Schritt ein Kleidungsstück weniger an ihrem Körper war.
 

31.07.2011
 

„Das ist doch nicht dein Ernst“, kicherte Sora. Sie war bei Akuma zuhause, unbekleidet und lag in seinem Bett.

„Natürlich, du musst bleiben. Du bist jetzt meine Muse“, erklärte er feierlich „Und ein Schöpfer kann niemals ohne seine Muse sein“, erklärte der Blonde weiter.

Sora schüttelte ihren Kopf. „Ich muss aber. Ich habe Verpflichtungen und außerdem… geht die Uni bald wieder los und ich werde allen eine lange Nase ziehen.“

„Dir ist schon klar, dass ich dich in Tokio besuchen komme“, stellte Akuma klar. „Ich bin ohnehin ziemlich oft da und wenn ich schon mal da bin, spricht doch sicher nichts gegen einen etwas längerem Aufenthalt oder?“, hakte der Designer nach. Sora schüttelte ihren Kopf. „Wenn du in der Stadt bist, melde dich.“
 

Sora stand mit ihrem Koffer am Bahnsteg und verabschiedete sich von Akuma. Nicht mehr lange und der Zug würde einfahren.

„Und du willst wirklich nicht noch etwas länger bleiben?“, versuchte es Akuma erneut.

Sora schüttelte ihren Kopf. „Nein, es wird Zeit für mich, aber Danke nochmal.“

„Hast du auch wirklich alles?“, fragte Akuma nach.

Sora sah sich um. Ihren Koffer, ihr Handgepäck und eine kleine Stofftüte hatte sie dabei „Ja...“

„Hmm… also ich glaube, dass du das hier ganz schön vermissen würdest...“, begann Akuma mysteriös. Sora sah ihn irritiert an. „Sicher erinnerst du dich, dass du mir am Anfang dein Skizzenbuch gegeben hast. Ich habe mir alle deine Skizzen angeschaut. Sora, du hast wirklich Talent, arbeite noch etwas an deinen Übergängen und werde ruhig noch mutiger in der Ausarbeitung. Du wirst deinen Weg gehen, da bin ich sicher.“

Sora lächelte den Älteren dankbar an. „Danke, ich habe wirklich eine Menge von dir gelernt und vielleicht mache ich ja mal wieder ein Praktikum bei dir...“

„Jederzeit. Du hast ja meine Nummer“, zwinkerte der Blonde ihr zu.

Die Rothaarige nickte und sah wie ihr Zug einfuhr. „Und du meine.“ Sie gab ihm noch einen kurzen Kuss zum Abschied, ehe sie ihr Gepäck und ihr Skizzenbuch nahm und den Weg zurück nach Tokio antrat.
 

 

Träume oder Wirklichkeit?

August
 

05.08.2011
 

Yamato konnte es immer noch nicht so wirklich glauben. Ihre Single; Let her go hatte es tatsächlich unter die Top 30 der amerikanischen Billboard Charts geschafft, was ein unglaublicher Erfolg für eine Newcomer Band aus Japan war. Seitdem ging das Leben des Musikers und seiner Bandkollegen drunter und drüber. Sie bauten ihre Tour auch in Kanada und Mexiko aus und eroberte Stück für Stück den ganzen Kontinenten. Auch wenn Yamato viele Erfolge feiern und viele nette und einflussreiche Menschen kennengelernt hatte, so bekam alles einen faden Beigeschmack. Sie hatten kaum mehr ein freie Minute für sich. Ihr Privatleben wurde beleuchtet und sie wurden auch öfter von unangebrachten Fotografen gejagt. Alle wollten die Rocker aus dem fernen Osten kennen lernen. Zumindest erschien es so, doch wenn Yamato wirklich versuchte mit irgendjemanden ein ernstes Gespräch zu führen, so wusste er oft nicht, ob sie sich wirklich für ihn als Person oder doch nur für den aufgehenden „Star“ interessierten, der plötzlich im TV auftrat und im Radio lief. An echter Freundschaft oder wahrer Liebe war niemand so wirklich interessiert und das nervte den Blonden sehr.
 

Derzeit war die Band Knife of Day auf Promotour für ihre neue Single; Hurricane, dazu klapperten sie alle wichtigen Radiostationen ab, die das Management für die Band auftreiben konnte. Heute würden sie in Chicago, Illinois im Radio

WGN-AM zu Besuch sein. Das Interview war bereits im vollen Gange und Yamato war wirklich aufgeregt, auch wenn ihn Radiointerviews deutlich lieber waren als TV Interviews. Kyle, der Radiomoderator, hatte blonde Haare, einen zotteligen Bart, trug eine Nerdbrille, sowie eine Kappe, die er falsch herum auf seinem Kopf trug.

„Hi Guys, schön, dass ihr es heute geschafft habt. Eure erste Single Let her go war sehr erfolgreich, hättet ihr mit diesem Erfolg gerechnet?“, fragte Kyle der Radiomoderator des Senders bei der Band nach.

„Nein, wir haben es uns natürlich gewünscht, aber mit diesem Erfolg in dieser Zeit hätten wir niemals gerechnet“, antwortete Tako neutral.

„Der Song stammt – sowie alle eure Lieder aus eigener Feder. Was inspiriert euch zu euren Texten?“

„Na, die Mädels, ist doch klar“, gab Kisho selbstbewusst von sich und zuckte unbeeindruckt mit den Schultern.

„Seid ihr Single oder ist einer von euch in einer Beziehung?“

„Wir sind alle vergeben, für all die schönen Frauen da draußen ...“, zwinkerte der Gitarrist schelmisch grinsend und flirtete mit der Praktikantin im Hintergrund.

„Aber es gibt keine Spezielle, die euer Herz im Griff hat?“, fragte Kyle gezielt nach.

„Nein, keiner von uns ist liiert“, erwiderte Tako für alle vier Jungs gleichermaßen, während der Rest synchron nickte.

„Das sind doch gute Nachrichten."
 

Tatsächlich spielte es überhaupt keine Rolle, ob einer tatsächlich in einer Beziehung war oder nicht. Das Management war der festen Überzeugung, dass sie mehr CDs verkaufen würde, wenn die Jungs vorgaben Single zu sein. Der Schein war alles was gewahrt werden musste.

„Das wird unsere, besonders weiblichen, Zuhörer sicherlich sehr freuen. Eure letzte Single stammt ja aus einer zerbrochenen Beziehung, ist das richtig, Matt?“

Der blonde Musiker, der das Reden lieber seinen Bandkollegen überließ, musste wirklich überlegen was er sagen sollte. Die Wahrheit? Natürlich bekamen sie ein kleinen Coaching, was sie sagen durften und was auf keinen Fall, aber dennoch überlegte Yamato, ob er auch darauf hören sollte. All das ganze drumherum interessierte den jungen Mann nicht, er wollte einfach nur Musik machen und davon leben können. „Alle unsere Songs handeln von echten Frauen, echten Erfahrungen und echte Gefühlen“, erwiderte Yamato. Er antwortete so wie man es ihm beigebracht hatte, denn am liebsten hätte er einfach gar nichts dazu gesagt.

„Wovon handelt eure neue Single Hurricane?“

„Also für mich bedeutet das im Groben, dass es viele Dinge gibt, die gegen einen sind und dass man sich nur auf sich allein verlassen kann und sollte.“

Den Song hatte Yamato geschrieben, kurz nachdem er sich bewusst für die Musik entschieden hatte. Es war ihm klar, dass Viele gegen diese Entscheidung waren, nicht nur Sora. Auch seine Eltern fanden es nicht prickelnd, dass Yamato seinen Lebensunterhalt mit der Musik verdienen wollte und nicht wie die anderen Freunde aus seinem Freundeskreis ein Studium anstreben wollte. Musik bedeutete Freiheit für ihn. Zumindest war es bisher immer so gewesen, aber dass er für seine Freiheiten soviele Zwänge aufgebürt bekommen würde, damit hätte er niemals gerechnet. Musik war ein knallhartes und einsames Geschäft. Die Leute interessieren sich solange für einen, wie du erfolgreich warst, warst du es nicht mehr, wirst du fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Eigentlich etwas, was Yamato in keinsterweise zusagte, aber was blieb ihm anderes übrig? Es war doch sein Traum!

„Der Song hat auf jeden Fall auch wieder großes Potenzial und heute gibt es extra für unsere Zuhörer eine besondere Akustikversion. Viel Spaß.“

Kisho nahm seine Gitarre und Yamato den Bass in die Hand, während er gleichzeitig mit leisen Klängen den Song anstimmte und zu singen begann.
 

No matter how many times that you told me you wanted to leave

No matter how many breaths that you took you still couldn't breathe

No matter how many nights did you lie wide awake to the sound of the poison rain

Where did you go? Where did you go? Where did you go?
 

As days go by the night's on fire
 

Tell me would you kill to save your life?

Tell me would you kill to prove you're right?

Crash, crash, burn let it all burn

This hurricane's chasing us all underground
 

Nachdem sie den Song beendete hatten, wurden sie von Kyle beglückwunscht und verabschiedet.

„Na, das lief doch richtig gut“, sagte Tako, der als erster in einen Fahrstuhl stieg und musterte die restlichen Bandmitglieder.

„Absolut. Habt ihr die süße Praktikantin gesehen? Sie hat mir ihre Nummer zugesteckt, wahrscheinlich rufe ich sie gleich mal an“, zuckte Kisho mit den Schultern und grinste.

„Dein Ernst? Du weißt doch, was das Management gesagt hat?“, erwiderte Kazuki genervt und scrollte seine Nachrichten in seinem Handy durch.

„Die haben nur gesagt, wir sollen uns nicht mit allen erwischen lassen und immer Kondome benutzen, als würde ich das ohnehin nicht tun, oder Matt?“

„Alter, halt mich da raus.“ Yamato war immer noch genervt darüber, dass sie tatsächlich ein Gespräch mit dem Management und den Produzenten über ihr Sexualleben halten mussten. Wo war er denn bitte? im Aufklärungsunterricht in Biologie in der siebten Klasse? Als würde er nicht schon lange wissen wie das alles funktionierte.
 

09.08.2011
 

Endlich hatte Yamato wieder so etwas wie Heimatgefühle. Ihre Promotour führte sie heute erneut nach New York und die vier Jungs konnten in ihr bekanntes Apartment ziehen. Sein Zimmer mit seinen Habseeligkeiten, mehr brauchte er nicht um sich wohl zu fühlen. Gerade legte er sich geschafft auf sein Bett, als es schon wieder an seiner Zimmertüre klopfte.

„Was ist?“, fragte der Blonde genervt nach.

„Die berichten über uns im TV“, erklärte Tako.

„Und? Was hab ich damit zu schaffen? Interessiert mich eh nicht, was die über uns labern.“

„Na ja… sie reden über dich und deine Neue!“

„Was?“ Irritiert blickte Yamato dem Keyboarder ins Gesicht. Seine Neue? Welche Neue? Er hatte keine Neue, da war er sich doch sehr sicher.
 

Der Blonde erhob sich und eilte ins Wohnzimmer. Auch Kazuki und Kisho saßen auf der Couch und sahen zum Fernseher. Yamato folgte der Richtung und schon sah er einzelne Ausschnitte, wie er mit einem hübschen blonden Mädchen einen Club in Seattle verließ. Yamato rollte mit den Augen. Es war nichts weiter als eine belanglose Geschichte für eine Nacht und schon was es die Neue an seiner Seite. Letzte Woche war es noch eine Schwarzhaarige aus Nevada gewesen und jetzt scheinbar diese Blondine. „Die haben auch echt sonst nichts zu tun, oder?“

„Ach Matt, siehe es so, jede Presse ist gute Presse“, erwiderte Tako.

Yamato drehte sich ohne einen weiteren Kommentar herum und ging wieder in sein Zimmer. Ob Sora das alles mitbekommen und glauben würde?
 

12.08.2011
 

Yamato hielt es hier in seinem Zimmer nicht mehr aus und schrieb Mimi, ob sie Zeit hatte um die Häuser zu ziehen. Zum Glück hatte sie heute Zeit, denn bald würde sie schon nach Orlando ziehen. Der Musiker traf sich mit der Tachikawa in einem Pub und war froh, mal ein bekanntes Gesicht zu treffen.

„Na erzähl doch mal, wie läuft es so mit eurer Promotour?“, fragte die Brünette gleich neugierig nach und trank aus ihrer Schorle. Der Blonde schüttelte gleich seinen Kopf. „Bitte heute nicht...“

„Oh, was ist denn los?“, fragte Mimi verwundert nach.

„Nichts, ich… ach, erzähl was machen deine Umzugspläne, weißt du schon wo du wohnen wirst?“

Mimi nickte und lächelte „Ja, dort in einem Wohnheim, Nicole auch. Es wäre natürlich super, wenn wir uns ein Zimmer teilen könnten, aber bei der Menge der Studenten ist diese Möglichkeit geschwindend gering.“

„Ja, das denke ich wohl auch und ab wann geht es los?“

„Die letzte August Woche, peinlicherweise wollen meine Eltern mich begleiten, als würde ich in die siebte Klasse eingeschult werden und nicht aus College gehen… na ja… was soll ich machen, ich werde sie eh nicht davon abhalten können.“

„Nein, denke ich auch.“

„Was sind das eigentlich wieder für Gerüchte, die man überall von dir liest und hört?", fragte Mimi interessiert nach.

„Hör auf. Du glaubst gar nicht, wie sehr mich das nervt. Es würde mich nicht wundern, wenn morgen überall steht, dass du jetzt meine neue Freundin bist.“

Mimi prustete los und schüttelte ihren Köpf. „Na ja, letztes Jahr habe ich das Gerücht dann wohl selbst in die Welt gesetzt.“

„Stimmt, dann wird es wohl ein, ähm Comeback sein?!“

Die beiden lachten sich über diese Überlegung halb schlapp. In tausend Jahren würde das nicht passieren!

„Tai, würde mich sofort erschießen...“, überlegte Yamato, nach einer Weile.

„Und Sora würde mir sicher sofort die Freundschaft kündigen und ich könnte sie verstehen.“

„Dann wird das wohl nichts...“, zuckte der Musiker mit den Schultern.

„Denk ich auch“, erwiderte Mimi belustigt und schon kicherten beiden wieder.

„Aber immerhin hatte ich heute mal wieder einen lustigen Abend.“

„Na, immer wieder gerne… seid ihr eigentlich auch mal in der Südküste in der nächsten Zeit?“

„Hmm… aber erst später… Amerika ist echt groß.“ Noch eine ganze Weile unterhielten sie sich und hörten der Musik im Pub zu, als Mimi schließlich aufbrechen und nach Hause musste.
 

20.08.2011
 

Die Band tourte mit dem Bus durch die Westküste und mittlerweile wusste Yamato schon gar nicht mehr, in welchen Staat sie sich eigentlich gerade aufhielten. Er wusste natürlich, dass er viel unterwegs sein würde, aber niemals hätte er erwartet, dass es so sein würde. Seit zwei Wochen hatten sie kein wirkliches Konzert mehr gespielt. Immer nur Interviews, Autogrammstunden, Fotoshootings – er war doch kein Model, er wollte einfach nur Musik machen. Matt war davon überzeugt, dass die Musik immer noch sein Traum war, aber jetzt hatte dieser deutlich Risse bekommen, er war sich jedoch sicher, dass er sich einfach nur daran gewöhnen müsste und dann würde es schon wieder gehen. Man musste sich doch immer erst einarbeiten und auch der Blonde musste dies, nur dass es in der Musikbranche noch mal etwas ganz anderes war.
 

Später an diesem Abend lief Yamato etwas durch die Gegend, er wollte einfach nur den Kopf frei kriegen, sich eventuell über neue Songtexte Gedanken machen und sich Kompositionen überlegen. Seine Hände waren tief in seinen Hosentaschen vergraben, als er auf einen Diner zusteuerte. Yamato dachte nicht lange darüber nach, trat hinein und bestellte sich einen Hamburger. Er ließ sich auf einem der Sitze nieder und beobachtete die Leute. Er wollte einfach nur in Ruhe seinen Hamburger essen und gehen, doch ganz so einfach war das nicht. Ein paar Mädchen, die zwei Tische weiter saßen, sahen abwechselnd zu dem blonden Musiker, dann steckten sie ihre Köpfe zusammen, kicherten und sahen zurück zu ihm. Yamato rollte instinktiv mit seinen Augen und wollte aufstehen, da trat eines der Mädchen an seinen Tisch und versperrte ihm den Weg.

„Hi, du bist doch Matt von Knife of Day, oder?“, fragte das Mädchen.

„Ja, das ist richtig.“

„Wow, darf ich ein Autogramm haben?“

„Klar“, gab Yamato betont höflich von sich und hasste es ein bisschen.

„Für Amanda, A M A N D A, Amanda.“

„Aha!“ Wie sollte man Amanda sonst schreiben? „Bitte.“

„Cool, vielleicht auch noch ein Foto?“

„Klar.“

Amanda stellte sich neben dem Musiker, holte ihr Handy heraus und machte damit ein Selfie „Danke, du bist voll nett.“

„Kein Problem, dann noch einen schönen Abend“, erwiderte der Musiker neutral und versuchte langsam Richtung Freiheit zu kommen.

„Warte!“, schrie ein rothaariges Mädchen aus und sprang von ihrem Stuhl auf.

Verdammt – dachte sich Yamato.

„Ich will auch eins!“

„Und ich auch“, erwiderte eine Braunhaarige. Ehe sich Yamato versah, war er umzingelt von sechs Mädchen die alle ihr Handy hervor holten, lauter Fotos machten und gackerten was das Zeug hielt. Als ein Mädchen dem blonden Musiker plötzlich an den Hintern packte, brach eine Sicherung in ihm durch und der sonst so besonnene Yamato ließ einen wütenden Schrei raus.

„Ahhh, fasst mich nicht an, geht mir aus dem Weg und lasst mich einfach in Ruhe. Meint ihr, ihr bekommt das hin?“

Alle Leute die sich in dem Diner aufhielten waren plötzlich mucksmäuschenstill und sahen zu dem Musiker.

„Was ist denn mit dem auf einmal los?“, fragte Amanda da schon nach.

„Hält sich wohl für was besseres!“

„Und ich dachte, er wäre cool“, murmelte die Rothaarige. „Komm wir gehen, der ist doof!“

Beleidigt zogen die Mädchen ab und Yamato entschuldige sich rasch bei den anderen Gästen und Personal des Diners und verschwand ebenfalls. Hoffentlich würde das kein Nachspiel haben.
 

22.08.2011
 

Yamato öffnete schwerfällig seine Augen. Genervt schnappte er sich sein Handy, das unaufhörlich klingelte und blickte auf die Uhr des Displays. Sechs Uhr in der Früh. Wer rief ihn bitte so früh an?

Summer. Verdammt, ihre neue Managerin, das konnte sicher nichts gutes bedeuten.

„Ja“, gab Yamato mit krächzender Stimme von sich.

„Matt? Hast du ernsthaft ein paar Fans angepampt?“

Der Musiker biss sich auf die Unterlippe und brummte „Nicht absichtlich, es mir so herausgerutscht.“

„Das ist nicht dein ernst? Matt, wir haben euch doch gesagt, dass ihr euch immer und ganz besonderes wenn Fans in der Nähe sind, professionell verhalten sollt! Ist das so schwer?“, zischte Summer los.

„Nein, natürlich nicht. Ich fühlte mich nur in die Ecke gedrängt und...“

„Matt, das wird immer wieder passieren, das gehört jetzt zu dir. Zu dir und deinem neuen Leben, gewöhne dich besser schnell dran. Du kannst nicht jedes Mal reagieren wie ein Höhlenmensch so funktioniert das nicht!“

Yamato spannte eine Hand wütend zu einer Faust. Warum musste das nur rauskommen.

„Ihr steht ständig unter Beobachtung, alles was ihr macht oder sagt, wird sofort weiter getragen und das wiederum wirft ein schlechtes Licht auf die Band und das wiederum lässt eure Zahlen im Nullkommanichts fallen und das wars für euch, willst du das?“

„Nein“, nuschelte der Musiker. Er hatte zu hart dafür gekämpft und zu viel verloren, um jetzt einfach alles fallen zu lassen. „Es tut mir leid.“

„Wir haben bereits für Schadenersatz gesorgt, aber wenn du zukünftig einen schlechten Tag hast, lass es nicht an deinen Fans raus, okay?“

„Ja, ich habe es verstanden, es wird nicht mehr vorkommen.“

„Gut, dann wars das erst Mal. Und Matt? Du musst dich daran gewöhnen, dass du nun ein Mensch bist, der in der Öffentlichkeit steht und alles sofort auf einen zurückfällt, denk daran. Auch wenn du es nicht willst, bist du automatisch ein Vorbild für diese Zielgruppe, also musst du dich auch dementsprechend verhalten.“

„Ja, ich weiß, es wird nicht mehr vorkommen. Wirklich.“ Yamato rieb sich mit der freien Hand über seine Schläfe und massierte dieses. So ein Ärger.

„Gut, dann sehen wir uns nächste Woche und bis dahin...“

„… halte ich meine Füße still, schon klar.“

Nach diesen Worten beendete Summer das Telefonat und eine Zeitlang hörte Yamato dem Tuten der Leitung zu.
 

Er legte sein Handy zurück und versucht noch ein wenig zu schlafen. Gerade, als er wieder einschlief, erhielt er eine Kurznachricht. Erst wollte der Musiker es ignorieren, doch schließlich war er doch neugierig und nahm sich sein Handy von der Kommode. Eine neue Nachricht von…
 

Sora!
 

Kerzengerade saß der Blonde in seinem Bett und suchte angespannt nach dem Posteingang. Zügig glitt er mit seinen Fingern übers Tastfeld und las sich die Nachricht durch, doch dann, versteinerte sich seine Miene sofort wieder und wütend schmiss er sein Handy gegen die Wand.
 

>Hallo Matt, ich hoffe es störe dich nicht und es geht dir gut! Ich habe eine neue Wohnung gefunden und werde im Oktober einziehen. Danke, dass du die Anteile bis dahin weiter bezahlt hast, aber jetzt musst du es zum Glück nicht mehr. Viel Erfolg weiterhin. Sora<
 

Natürlich wusste Yamato, dass es Sora nur nett gemeint hatte mit der Nachricht, aber für ihn waren es keine guten Nachrichten. Jetzt würde ihre gemeinsame Wohnung offiziell nicht mehr existieren, noch nicht mal auf dem Papier und dass ihn diese Tatsache so fertig machte, hätte er nicht gedacht. Ja, endlich lebte Yamato seinen Traum – er war manchmal bitter statt süß und er musste viele Opfer lassen um dies zu erreichen und einmal mehr stellte sich Yamato die Frage, ob es all das wirklich wert war. Nur hatte er sich für diesen Weg entschieden und den würde er auch weiter gehen. Musik war immer noch alles für ihn und genau jetzt war sie das Einzige was ihm geblieben war und daran würde er auch festhalten.

Willkommen in Florida

September
 

01.09.2011
 

Orlando, Florida, das bedeutete Sonne, Strand, Meer und hoffentlich viele gutgelaunte Menschen.

Mimi und Nicole waren auf dem Campusgelände ihrer neuen Universität, auf der die beiden von nun an studieren würden, angekommen. Nicht nur Vorfreude, sondern auch etwas ehrfürchtig standen sie vor diesem riesengroßem Gelände.

„Kannst du mir sagen, wo das Gelände endet?“, fragte Nicole bei ihrer besten Freundin nach.

„Wenn du mir sagen kannst, wo es anfängt!“

„Ist ja auch nur eine Hochschule mit knapp 64.000 Studenten“, murmelte Nicole und starrte auf das riesige Anwesen.

„Ja, und nur die Zweitgrößte in ganz Amerika.“

Synchron seufzten beide aus und sahen sich ermutigend an.

„Wir schaffen das schon. Wir haben es zusammen bis hierhin geschafft und jetzt werden wir das auch noch packen“, sagte die Rothaarige zuversichtlich und legte einen Arm um die Kleinere. „Es wäre schön, wenn wir uns wenigstens ein Zimmer teilen könnten.“

„Ja, aber die Wahrscheinlichkeit ist schwindend gering.“

Erneut seufzten sie synchron aus, schulterten ihre Taschen, griffen nach ihrem Koffer und gingen Richtung Haupteingang.
 

Klopf, Klopf, Klopf
 

Mimi hatte es zusammen mit Nicole geschafft, das Sekretariat ausfindig zu machen. Beide mussten ein paar Unterlagen unterschreiben und bekamen jeweils einen Zimmerschlüssel, natürlich nicht mit der selben Zimmernummer.

Obwohl die Brünette einen Schlüssel hatte, wollte sie höflich sein und an ihrem zukünftigen Zimmer anklopfen, ehe sie hereintrat, doch es tat sich nichts. So schloss die junge Frau auf, öffnete die Türe und staunte nicht schlecht, als sie ihr Zimmer erblickte, oder viel mehr WAS sich im Inneren ihres Zimmers befand.

„RAUS HIER!“, schrie ihr eine fremde Frau entgegen, während ein fremder Mann ihr zuzwinkerte.

Panisch und mit rotem Kopf schloss Mimi die Zimmertüre wieder zu. Ihre neue Mitbewohnerin hatte gerade Besuch und keinen normalen Besuch. Sie hatte Männerbesuch. Willkommen Unileben!
 

Um sich etwas Zeit zu vertrödeln, lief Mimi mit ihren Habsehlichkeiten

durch die Gegend und erkundete ihr neues Zuhause. Sie stand gerade vor einer großen Pinnwand auf der alles mögliche stand. Jobangebote, Freizeitmöglichkeiten und vieles mehr, als sie von einer unbekannten Stimme direkt angesprochen wurde.

„Findest du dein Zimmer nicht?“

Irritiert drehte die Brünette sich um und sah einen attraktiven jungen Mann. „Ähm… doch, aber es ist gerade ein bisschen unpassend.“

„Verstehe.“

„Wirklich?“, fragte Mimi verwundert nach.

„Klar, wir sind hier in Florida und bestimmt 70% an dieser Schule, die neu hierhin kommen, sind Single. Die restlichen 20% trennen sich in den ersten Monaten von ihrem Partner und 5% schaffen immerhin das erste Semester. Man muss eben sehen wo man bleibt“, erklärte der fremde Mann.

Mimi nickte, verstand aber trotzdem kein Wort.

„Und zu welchem Prozentsatz gehörst du?“

Mimi kicherte, das war auch mal eine ganz neue Masche, jemanden nachdem aktuellen Beziehungsstatus zu fragen. „Zu den ersten 70%“, antwortete die Brünette.

Ihr Gegenüber nickte zufrieden und streckte ihr seine Hand entgegen. „Mein Name ist Taylor Parker, komme ursprünglich aus Nevada und studiere Ingenieurwesen im dritten Semester und du?“

Die Tachikawa musterte den jungen Mann, er war groß, bestimmt 1,88cm groß, hatte hellbraune kurze Haare, grüne Augen, wirkte sportlich, aber nicht übertrainiert und trug ein Tattoo an seiner linken Schulter.

„Ich bin Mimi Tachikawa, komme aus New York und studierte Ernährungswissenschaften im ersten Semester, aber wahrscheinlich hast du das an meinem Gepäck erkannt.

„New York cool, aber eigentlich hast du asiatische Wurzeln, oder?“, fragte Taylor neugierig nach.

„Japanische, habe vor New York in Tokio gelebt.“

„Aha… Wie kommt eine Japanerin, über New York nach Florida?“

Mimi zuckte mit ihren Schultern. „Ich schätze das Leben hat mich hierhin geführt.“

„Das Leben also...“, grinste Taylor und musterte einmal Mimis Figur. „Du Mimi… würdest du vielleicht...“

„Ich werde mich dann nochmal zu meinem Zimmer begeben, in der Hoffnung, dass ich nun nicht wieder angeschrien werde.“ Sie lächelte Taylor kurz zu, ehe sie sich entschuldigte und weiter ging. Sie hatte wirklich kein Interesse an irgendwelchen Dates oder Männerbekanntschaften und sicher nicht an ihrem ersten Tag.

„Ähm… Mimi, schönen Tag noch. Ich hoffe man sieht sich“, zwinkerte der Braunhaarige ihr zu.

„Wer weiß… Ähm… Taylor?“

„Ja?“ Hoffnungsvoll drehte der junge Mann sich zur Tachikawa um.

„Was ist mit den restlichen 5%?“ Irgendwie wollte sie das jetzt wissen. Es musste doch auch eine geringe Prozentzahl geben, die es miteinandern schaffen würden.

„Mir ist bisher noch keiner begegnet, ist mehr eine Dunkelziffer. Was ist deine Theorie?“, stellte Taylor die Gegenfrage.

„Die restlichen 5% schaffen es.“ Mimi lächelte, drehte sich und versuchte dann ihren zweiten Anlauf.
 

Klopf, Klopf, Klopf
 

„Hallo? Ich wohne jetzt auch hier und meine Sachen sind schwer.“
 

Klopf, Klopf, Klopf!
 

Keine Antwort. Mimi reichte es. Sie zahlte ab heute Miete, also würde sie ihre Hälfte des Zimmers jetzt für sich beanspruchen. Mimi schloss die Zimmertüre auf, hielt eine Hand vor ihre Augen und trat langsam ein. „Also ich komme jetzt rein, entweder Decke überziehen oder aufhören!“

Immer noch keine Rufe oder Geschrei und zum Glück auch kein Gestöhne. Nichts war zu hören. Erleichtert sah sie sich im Zimmer um. Das Zimmer war ungefähr so groß wie ihres in New York, nur dass sie es hier nicht für sich alleine haben würde. Ihre Seite des Zimmers war unbenutzt. Ein Bett, ein Schrank, ein Nachttisch und ein kleiner Schreibtisch, alles in Buche gehalten. Sie ging weiter und fand ein kleines Badezimmer. Es war sauber und würde zunächst reichen.

Mimi wollte es gleich ein wenig gemütlicher gestalten. Sie packte ihren Koffer aus und legte ihre schönsten und praktischsten Klamotten in den Kleiderschrank. Sie holte ein paar Kerzen aus einer Plastiktüte und stellte diese mit einer lilafarbenden Orchidee auf die Fensterbank. Die Fotocollage, die sie von Kari zu ihrem Abschied geschenkt bekommen hatte, hängte sie quer ihrer Bettseite entlang auf und ein Rahmen mit einem lustigen Foto von ihr und Nicole, wie sie Grimassen machten, stellte sie mit ihrem rosanen Wecker auf der Nachtkommode ab. Ihren Laptop, eine hübsche Unterlage, eine kleine Lampe mit rosa Schirm und Schmetterlingen drauf, sowie ein paar weiteren Sachen, die sie für die Uni benötigen würde, stellte sie auf dem Schreibtisch ab. Sie war zwar noch nicht fertig, fühlte sich aber schon gleich viel wohler, weil es alles Sachen von Zuhause waren.
 

02.09.2011
 

Panisch lief Mimi durch die Gänge dieser großen Universität. Ihre erste Vorlesung würde in weniger als zehn Minuten beginnen und sie hatte immer noch kein Plan wo es hinging. Sie hatte zwar mehrmals einige Studenten gefragt, aber zurecht fand sie sich immer noch nicht. Wo verdammt nochmal musste sie hin?

„Suchen Sie etwas?“, wurde sie von einer älteren Frau, wahrscheinlich einer Dozentin gefragt.

„Ja...ich...ähm… suche Hörsaal F1, aber hier finde ich nur F3 und F5“, erwiderte Mimi.

"F1 und welche Studienfach?“

„Lebensmittelanalytik“, erwiderte Mimi noch ganz außer Atem.

Die Frau lächelte. „Sie sind im falschen Gebäude. Sie sind im westlichen Teil des Campus, aber alles was in die medizinische, forschende und wissentschaftliche Aspekte dient, befindet sich im Ostflügel."

„Ostflügel, aber drei Studentin haben mich hierhin geschickt“, erklärte die Brünette aufgebracht.

„Ja, manche Ältere erlauben sich gerne einen Spaß mit den Neuen.“

„Na toll“, brummte Mimi. „Können Sie mir bitte helfen?“

Die Dame erklärte der Tachikawa genau wo sie hinmusste und zügig machte sie sich auf den Weg Richtung Ostflügel.
 

Eine Minute vor Beginn der Vorlesung fand sie den richtigen Hörsaal. Sie stieß prompt mit Jemanden zusammen und zwar so heftig, dass sie kurz danach auf ihrem Hintern landete.

„Aua!“, jammerte die Brünette und rieb sich ihr Hinterteil.

„Oh, Sorry, aber wo kamst du denn auf einmal her?“, fragte eine markante Männerstimme. Mimi hob ihren Kopf und sah den passenden Mann zur tiefen Stimme.

„Ich… Ich komme noch zu spät, an meinem ersten Tag“, erklärte die Brünette.

„Na komm, ich helfe dir. Bin selber gerade gekommen.“

„Studierst du auch Ernäherungswissenschaft?“, fragte Mimi interessiert nach.

„Nicht ganz, Lebensmitteltechnologie.“

Die Japanerin ließ sich von dem jungen Mann hochhelfen und gemeinsam nahmen sie in der Mitte des Hörsaals platz.

„Wie heißt du denn?“

Mimi drehte ihren Kopf kurz zu ihrem Kommiltonen um. „Mimi Tachikawa und du?“

„Harper, Ethan Harper“, stellte sich der junge Mann mit den dunkelbraunen Haaren und hellblauen Augen vor.

„Freut mich sehr, Haper, Ethan Haper“, schmunzelte die Brünette und richtete nun ihre Aufmerksamkeit nach vorne.
 

15.09.2011
 

Es waren zwei Wochen vergangen, seit Mimi und Nicole ihren neuen Lebensabschnitt in Orlando begonnen hatten.

„Und klappt es mittlerweile besser mit Grace?“, fragte Nicole nach, als sie sich gerade an der Unimensa verabredet hatten und gemeinsam zu Mittag aßen.

„Na ja, wir reden nicht wirklich miteinander und alle drei Tage kann ich gucken wo ich meine Zeit verbringe, weil Grace mal wieder „Besuch“ hat“, zischte die Tachikawa genervt.

Grace, ihre Mitbewohnerin, studierte Fotodesign, hatte weißblonde, lange Haare und trug hauptsächlich schwarze, graue und weiße Kleidung. Täglich betonte sie ihre Lippen mit einem roten Lippenstift und passenden Nagellack.

„Vielleicht solltest du auch einfach mal jemanden abschleppen!“, zuckte Nicole unbeeindruckt mit ihren Schultern.

„Ähm… ganz bestimmt nicht. Ich bin nicht interessiert, weder an Dates, Männern… oder...“

„Wir sind auf der Uni, habe deinen Spaß, tob dich aus und mache neue Erfahrungen. Wenn dich alle Männer auf dieser Welt nerven, suche dir doch eine Frau.“

Ungläubig sah die Brünette zu der Eventmanagementstudentin und fasste dieser an die Stirn. „Nein, kein Fieber...“

„Was denn, willst du für immer abstinent bleiben?“, hakte Nicole nach und löffelte ihren Nachtisch leer. „Lecker!“, kommentierte sie beiläufig.

„Nein, aber… Derzeit, fühlt es sich einfach nicht richtig an… und ich will nicht einfach so mit jemanden ins Bett. Nenne mich altmodisch, kitschig oder spießig, aber ich will nur mit jemanden schlafen, für den ich auch Gefühle habe… Und das letzte was ich im Moment gebrauchen kann, sind Gefühle. Ich bin froh, dass ich meine soweit unter Verschluss habe. Gefühle sind scheiße und tun weh.“

„Ach Mimi… das bringt doch nichts. Ja, Gefühle können einen verletzen, aber sie können einen auch unglaublich glücklich machen“, versuchte es Nicole erneut.

„Können… aber bis dahin ist es ein weiter Weg und momentan begnüge ich mich mit gar keinen Gefühlen, weder positiven, noch negativen. Ich lerne für die Uni und unternehme was mit dir, reicht mir.“

Nicole sah etwas irritiert zur Tachikawa und konnte es nicht fassen, dass sie sich damit tatsächlich zufrieden geben wollte. „Und was ist mit Ethan?“

„Ethan und ich sind nur Kommilitonen und wir verstehen uns gut. Mehr nicht.“

„Ach komm, ihr sitzt bei jeder Vorlesung die ihr gemeinsam besucht zusammen und redet mehr miteinander, als dass ihr dem Dozenten zuhört“, erwiderte Nicole provozierend.

„Oh nein, das stimmt doch überhaupt nicht. Ethan interessiert mich nicht. Zumindest nicht auf diese Art, wie du es mir unterstellen möchtest.“

„Hm… ein heißer Single-Mann, der ähnliche Interessen hat und in unmittelbarer Nähe wohnt interessiert dich nicht. Ich glaube, du hast Fieber!“

Mimi rollte mit ihren Augen, warum nur musste Nicole in jedem Mann, mit dem sie mehr als drei Worte sprach, ihren neuen potenziellen Freund sehen? „Bitte, Nicole… Lass es gut sein. Kümmern wir uns lieber um dein Liebesleben. Also wie läuft es mit dir und Logan? Hast du ihn nochmal angetroffen?“

Mimi lächelte, als sie sah wie Nicoles Augen zu leuchten begannen und sie ihr die neuesten Entwicklungen erzählte. Ja, Logan war eindeutig ein besseres Thema.
 

21.09.2011
 

An diesem Mittwochmorgen stand Mikrobiologie auf Mimis Stundenplan. Ethan hatte diese Vorlesung ebenfalls gemeinsam mit ihr. Er war ihr Laborpartner und sie schauten sich gerade unter einem Mikroskop ein paar Bakterien an. Während Mimi schilderte was sie sah, notierte Ethan ihre Beobachtungen und tauschte dann mit der Brünetten den Platz, um ihre These entweder zu bestätigen oder zu ergänzen. Daraus würde später ihre erste Hausarbeit entstehen.

„Das sieht aus wie ein haariger Regenwurm“, scherzte der Braunhaarige.

„Ich glaube nicht, dass ich das auf deine Notizen schreiben sollte“, kicherte Mimi und strich den Satz auf ihrem Notizblock wieder durch.

„Was? Aber dein schlagender Einfall von einer Minierdnuss ist akzeptabel?“

„Hey, Minierdnuss habe ich nie gesagt“, protestierte die Tachikawa und schmollte, in dem sich ihre Nase leicht kräuselte.

„Süß!“, kommentierte Ethan und Mimi legte ihre Stirn in Falten. Wie Süß?

„Ich habe gesagt, es hat eine leichte, ganz leichte Ähnlichkeit zu einer kleinen Erdnuss oder Bohne. Ich bleibe bei Bohne, aber ganz sicher ist es kein dicker, haariger Regenwurm...“, ergänzte die Brünette ihre Aussagen von vorhin und fügte etwas zu Ethans krisseliger Handschrift hinzu.

„Von dick habe ich auch nie etwas gesagt...“, schmunzelte Ethan amüsiert.

„Auch kein haariger Regenwurm, aber vielleicht brauchst du einfach eine Brille“, konterte Mimi.

„Hallo… Ich habe Adleraugen… Ich kann Dinge sehen, das glaubst du gar nicht.“

„Hmm… wenn du sooo gute Augen hast, wozu dann das Mikroskop?“, fragte die Brünette schmunzelnd nach.

„Ich habe vielleicht Adleraugen, aber ein Bakterium auf das 20.000-fache zu vergrößern, also das schaffe ich auch wieder nicht.“

„Hmm… und genau diese Eigenschaft finde ich bei Männern wahnsinnig anziehend.“

„Ich bezweifle das jemand diese Eigenschaft vorzeigen kann.“

„Deshalb finde ich wohl auch niemanden anziehend.“

Ethan lachte über Mimis Bemerkung und schloss seine Beobachtung ab. „Zeig mal die Notizen. Vielleicht ist ja irgendwas brauchbares dabei.“
 

23.09.2011
 

„Hi Mimi, warte mal.“ Die Brünette blieb stehen und drehte sich zu dem Braunhaarigen um.

„Ethan.“

„Ja, ähm… Du warst gerade so schnell weg, alles okay?“, fragte der Student der Lebensmitteltechnologie nach.

Mimi zuckte unbeeindruckt mit ihren Schultern. „Ja, es ist alles okay, wirklich.“

Es war gelogen. Ethan und Mimi verstanden sich von Tag zu Tag besser und genau das wollte die Brünette nicht. Sie hatte das Gefühl, dass Ethan mehr beabsichtigte als sie und daher wollte sie lieber auf Abstand zu dem Brünetten gehen, um ihm keinen direkten Korb geben zu müssen.

„Okay, ich dachte schon es hätte etwas mit mir zu tun.“

„Mir dir? Was? Wie kommst du denn darauf?“, fragte die Brünette mit schriller Stimme nach.

„Na ja, weil du gerade eben fluchtartig aus der Vorlesung abgedampft bist und mich mitten im Satz stehen gelassen hast.“

„Das tut mir Leid, ich war noch mit Nicole verabredet und hätte es beinahe verschwitzt.“

„Okay, du… ich ähm… wollte dich eigentlich auch noch etwas anderes fragen“, druckste der Braunhaarige ein wenig herum.

Nein, nein, nein, bitte frag mich was wegen der Vorlesung, der Uni, dem Mensaessen oder dem Wetter, aber bitte nicht...

„Würdest du, also vielleicht mal mit mir ausgehen?“, fragte Ethan direkt nach und genau da war es die Frage die Mimi partut nicht hören wollte.

„Ethan...“, kam es etwas wehleidig aus der Brünetten. „Es hat wirklich nichts mit dir zu tun.“

„Oh nein...“ stöhnte Ethan schon, der ahnte was ihm bevorstand.

„Und du bist echt ein netter Kerl, mit dem man viel Spaß haben kann...“

„Mimi, sag einfach >Nein<, als mich mit diesen Standartfloskeln abzuservieren“, schnitt Ethan ihr das Wort ab.

Die Brünette verzog ihren Mund. „Es tut mir Leid. Ich… ich bin noch nicht so weit“, gab die Tachikawa ehrlich zu.

„Ist schon okay, also ich werde es überleben, aber nur wenn du zukünftig nicht einfach so die Flucht ergreifst. Ich mag dich, auch so. Okay?“

Mimi nickte und lächelte ihn versöhnlich an. „Sorry. Nicole will mich morgen auf irgendeine Verbindungsparty von ein paar Sportler mitschleppen. Willst du vielleicht mitkommen?“

„Ernsthaft? Ihr wollte da hin?“, fragte Ethan etwas ungläubig nach.

„Ich nicht, aber als beste Freundin von Nicole, hab ich leider keine andere Wahl, ihre neuster Crush Logan wird da sein.“

„Gut, dann haben wir morgen ein Date.“ Damit drehte sich Ethan um und verschwand um die nächste Ecke.

„Wir haben kein Date...“, rief Mimi ihm dennoch hinterher.
 

24.09.2011
 

„Und Ethan kommt als deine Begleitung mit?“, fragte Nicole grinsend nach.

Mimi schüttelte vehement ihren Kopf. „Nein, er kommt als Freund mit, als Kumpel um genauer zu sein.“

„Soso… und er hat dich ja gar nicht kurz vorher gefragt, ob er mit dir ausgehen will“, setzte die Rothaarige an.

Mimi lehnte sich an der Steinmauer an, warf ihren Kopf in den Nacken und sah in die dunkle Nacht. Sie wollten sich hier mit Ethan vor der Party treffen. „Er ist nett, wirklich und vielleicht, ganz vielleicht hätte ich Gefallen an ihm gefunden, aber ich bin so kaputt. Ganz ehrlich, ich will ihn da nicht auch noch mit reinziehen. Es reicht schon, dass ich dich mit all dem nerve. Das letzte was ich brauche, ist ein Mann in meinem Leben. Ich habe immer noch mit meinen beiden letzten Männern zu kämpfen und solange das so ist, wäre es unfair etwas neues anzufangen.“

„Mimi, ich bin gerne für dich da. Du bist meine beste Freundin und vielleicht wäre Ethan auch sehr gerne für dich da.“

„Mag sein, aber Ethan ist...“

„Was ist mit Ethan?“ Plötzlich stand Ethan vor den beiden Freundinnen und grinste sie an. „Ihr habt über mich gesprochen. Interessant.“

„Wir… Wir...“ stotterte die Brünette herum.

„Du bist zu spät“, half Nicole ihrer Freundin und sah auf ihre Armbanduhr. „Kommt nie gut an. Mimi steht auf Pünktlichkeit. Ihr letzter Freund hatte das nicht so drauf.“ Mit einem bösen Blick sah die Tachikawa zu der Rothaarigen, die jedoch nur unschuldig mit ihren Schultern zuckte. „Was? Stimmt doch“, nuschelte sie leise.

„Dann werde ich mich in Zukunft bessern“, erwiderte Ethan und zwinkerte Mimi zu, die lächelte sanft und ging Richtung Studentenwohnheim.
 

Auf der Party angekommen war es genauso wie die Brünette es sich vorgestellt hatte. Laute Musik, viel Alkohol und viele halbnackte Mädchen die angetrunken tanzten und entweder miteinander Spaß hatten oder aber sich dem ein oder anderen Sportler an den Hals warfen.

„Sportstudenten haben was“, murmelte Nicole, während sie gerade einen von ihnen unter die Lupe nahm. „Lecker...“

Mimi seufzte auf und warf ihr erneut einen böse Blick zu.

„Sorry.“

„Geh du lieber dein Logan suchen...“ Schon lief die Rothaarige los, schnappte sich ein Bier und suchte ihren neuesten Lover.

„Oh man, genauso beknackt wie ich es mir gedacht habe...“, brummte Ethan hinter ihr.

Mimi drehte sich zu dem Braunhaarigen um und lächelte ihn entschuldigend an. „Ja, es wirklich ganz schön lahm. Ich kann verstehen, wenn du lieber gehen willst.“

„Vergiss es, ich lass dich hier auf keinen Fall alleine.“

„Du musst nicht auf mich aufpassen“, erwiderte Mimi.

„Irgendwie schon. Du hast so etwas zerbrechliches an dir. Ich kann es nicht genau erklären, aber du weckst in mir das Bedürfnis dich schützen zu wollen.“

Mimi wusste nicht wieso, aber in diesem Moment musste sie an Tai denken. Ein Wohnheim voller Sportstudenten und ein Mann, der scheinbar einen ausgeprägten Beschützerinstinkt hatte. Na super.

„Habe ich was falsches gesagt?“, hakte Ethan nach und blickte neugierig zur Brünetten.

„Nein, es ist nur… Ich fühle mich hier nicht wohl...“ Die Brünette ließ ihren Blick über ihre Schulter schweifen und sah einen Sportler wie er mit einem Fußball kickte. „...nicht mehr.“

„Dann lass uns gehen“, schlug der Braunhaarige vor.

„Aber ich kann Nicole hier unmöglich alleine lassen.“

„Ich glaube um die musst du dir keine Sorgen machen.“

Argwöhnisch sah die Tachikawa zu dem Lebensmitteltechnologiestudenten. Ethan deutete mit einer Kopfbewegung in eine bestimmten Richtung und Mimi folgte dem Hinweis. Sie sah Nicole mit Logan die wild knutschend in einer Ecke standen und scheinbar die Außenwelt vergessen hatten. „Oh!“

„Na komm… lass uns gehen oder willst du weiter gucken was sie treibt?“, fragte Ethan grinsend nach.

„Nein, aber ich frage Nicole, ob es okay für sie ist, wenn ich jetzt gehe.“ Mimi ging geradewegs auf Nicole zu und tippte ihr etwas verlegen auf die Schultern. „Du… ähm.. Nicole.“

„Was´n?“ Die Rothaarige nahm kaum Notiz von ihr, küsste weiterhin ihren Logan.

„Also ich… ich wollte wieder gehen und fragen, ob es okay für dich ist...“

Nicole unterbrach den Kuss nicht, löste eine Hand von dem blonden Mann und winkte ihr zu.

Lachend ging Mimi zurück zu Ethan. „Manchmal ist sie echt unglaublich.“
 

Schweigend liefen Mimi und Ethan über den Campus und lauschten der Stille der Nacht. Hin und wieder stellte Ethan ein paar Standardfragen und die Brünette antwortete dementsprechend. Sie unterhielten sich gut, bis Mime all das wieder zu intim wurde und sie seine Nähe nicht mehr genießen konnte.

„Möchtest du noch eine Runde oder lieber zurück auf dein Zimmer?“, fragte Ethan nach, als sie vor dem Wohnheim der Jüngeren standen.

„Ich denke, ich gehe ins Bett. Mit ganz viel Glück ist meine Mitbewohnerin nicht da und so könnte ich mal zuhause anrufen oder mit meinen Freunden aus Japan skypen“, erwiderte Mimi.

„Okay, dann wünsche ich dir eine gute Nacht und wir sehen uns dann am Montag.“ Mit einem strahlenden Lächeln verschwand der Braunhaarige und steuerte selber sein Wohnheim an.

Kopfschüttelnd sah Mimi dem Braunhaarigen nach. „Du wirst dich an mir verbrennen, Ethan. Lass es bleiben, es wäre besser für dich und mich.“ Mit diesen Worten öffnete die Brünette die Türe des Wohnheimes, suchte ihre Etage und ließ sich geschafft auf ihrem Bett nieder. Sie hatte das Zimmer tatsächlich für sich alleine. Sie ließ ihren ersten Monat Revue passieren und konnte gar nicht glauben, welche Wendung ihr Leben wieder genommen hatte und dass sie niemals geglaubt hätte, einmal in ihrem Leben in Florida zu studieren, aber so war es. Ihr Leben ging weiter, genauso wie das ihrer Freunde und Tais. Tai, ihr Tai, der schon lange nicht mehr ihr Tai war. Wie es ihm ging? Sie wusste es nicht, aber sie hoffte, dass es ihm gut ginge. Wo immer er auch war.

Surprise, surprise

Oktober
 

03.10.2011
 

„Okay Sora, ich glaube das war jetzt alles“, erwiderte Taichi, der Sora dabei half die letzten Möbelstücke aufzubauen. Er legte den Akkuschrauber zurück in den Werkzeugkasten und sah sich noch einmal in der Wohnung um, ob er auch nichts vergessen hatte.

„Ja, vielen Dank für deine Hilfe, Tai“, erwiderte Sora, die gerade mit einem Sixpack Bier aus der Küche kam.

„Ach, kein Ding. Ich hab es gerne gemacht.“

Am Wochenende war Sora endgültig aus ihrer gemeinsamen Wohnung mit Yamato ausgezogen und auch wenn dieser Entschluss zunächst sehr schwer war und ihrem Herzen einen erneuten Stich versetzt hatte, war es der notwendige nächste Schritt um weiter nach vorne zu kommen. Immerhin waren sie jetzt schon seit einem Jahr kein Paar mehr.

„Hast du nochmal was von Matt gehört?“, erkundigte sich Taichi bei seiner besten Freundin.

„Nur, dass er den Dauerauftrag dann jetzt auch aufgelöst habe, sonst nichts.“

„Komisch oder? Ich meine, plötzlich mit so einem Menschen, der einem mal so nah stand und einem alles bedeutet hat, auf einmal gar nicht mehr zu sprechen.“

Sora nickte beiläufig, legte ihren Kopf in den Nacken und sah zur Decke. „Ja, es ist verdammt schwer und am liebsten würde ich manchmal brüllen, können wir uns nicht einfach wie Erwachsene benehmen…, aber es ist eben wie es ist und einfach einen auf Gut-Freunde machen funktioniert eben nicht mehr.“

Taichi nickte zustimmend. Tatsächlich hatte er seit Dezember nichts mehr von Mimi gehört. Er wusste natürlich, dass Sora und viele andere noch Kontakt zu der Brünetten hatten, aber er traute sich nie zu fragen. Er wusste nicht mal, ob sie studierte und wenn, wo.

Sora räusperte sich. Es schien als würde sie irgendetwas fragen wollen, aber sie blieb stumm.

„Wie geht es denn diesem Akuma?“, fragte Taichi nach und wollte das Thema wechseln, um beide nicht noch mehr runter zu ziehen. Sora hatte ihm erzählt, dass sie den Modedesigner kennengelernt hatte und sie stetig miteinander in Kontakt waren. Gleich erhellte sich das Gesicht der Modestudentin auf und sie begann zu erzählen.

„Akuma geht es gut. Er kommt in zwei Wochen nach Tokio, weil er hier auf einer Modemesse ist und dann wollen wir uns treffen. Ich bin schon ganz aufgeregt.“

„Und was versprichst du dir davon?“, hakte Taichi misstrauisch nach. Es gefiel ihm irgendwie nicht, dass Sora etwas mit jemanden anderem anfangen könnte. Sie gehörte doch irgendwie immer noch zu Matt, auch wenn es schon lange vorbei war.

„Erst einmal gar nichts, aber ich habe lange genug gelitten unter meinem Liebeskummer. Matt hat sich entschieden und zwar gegen mich und ich kann tun und lassen was ich will, Tai“, erwiderte die Rothaarige streng.

„Ich weiß, es ist nur...“

„Ich verstehe dich, wirklich. Es ist seltsam, auch für mich, aber ich blicke nach vorne. Es bringt nichts mehr der Vergangenheit hinterher zu trauern. Ich muss lernen im hier und jetzt zu leben und die Dinge so zu nehmen wie sie kommen.“

Taichi nickte zustimmend. Er wusste ja, dass Sora Recht hatte wie so oft und vielleicht sollte er sich ein Beispiel an ihr nehmen. Er lebte auch noch viel zu sehr in der Vergangenheit. Er seufzte resigniert und ließ seinen Kopf hängen.

„Was ist denn los, Tai? Und erzähl mir jetzt nichts, es habe was mit der Uni oder dem Studium zu tun“, erwiderte die Rothaarige streng und reichte dem Brünetten ein Bier.
 

Taichi nahm es dankend an, öffnete es und trank die Hälfte des kühlen Blondens leer. Gleich fühlte er sich ein wenig gesprächiger, auch wenn der Alkohol noch lange nicht seine gewohnte Wirkung zeigte. „Irgendwie trete ich mit meinem Leben auf der Stelle. Joe und Saori sind letzten Monat zusammen gezogen, Izzy hat eine Freundin gefunden, Kari und Takeru sind eben einfach Kari und Takeru, da gibt es nicht viel zu sagen, außer dass sie immer glücklicher werden und du, ja selbst du gehst deinen Weg weiter, schaffst es loszulassen, während ich in der Vergangenheit festhänge. Nach einem Jahr hat sich nichts geändert und irgendwie trete ich immer wieder auf dieser Tretmühle herum.“

„Was soll sich denn ändern?“, fragte Sora vorsichtig nach und öffnete sich selber auch ein Bier.

Taichi zuckte mit den Schultern. Gute Frage, was sollte sich eigentlich ändern?
 

„Ich denke viel an meinen Vater… und an Mimi… Ich denke es war falsch… alles… nicht zu ihm zu reisen, als er mich gebraucht hat und… mich von Mimi zu trennen…“, gestand der Sportwissenschaftsstudent und schaute auf seine Bierflasche. Zum ersten Mal sprach er laut aus, was er eigentlich dachte.

„Das mit deinem Vater wirst du nicht mehr ändern können, Tai. Du solltest auch lernen loszulassen, entschuldige dich und...“

„Und wie soll ich das bitte machen? Er ist tot. T.O.T. Tot.“

Sora stellte genervt die Bierflasche auf den Tisch, stand wütend auf und blickte Tai erbost an. „Okay, es reicht mir!“, schrie sie auf einmal los.

Völlig perplex sah Tai zur Rothaarigen auf. Was war denn jetzt mit Sora los?

„Meinst du ich wüsste nicht, dass dein Vater verstorben ist, aber du könntest dich trotzdem entschuldigen… Wer weiß, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, ihn dennoch um Verzeihung zu bitten. Du versuchst es doch nicht einmal!“ Soras Nerven waren angespannt und sie konnte einfach nicht mehr. Taichi musste lernen Verantwortung für sein Leben und seine Entscheidungen zu treffen. „Tai, seit einem Jahr versinkst du förmlich im Selbstmitleid. Du hast dich hinter deinem Zorn, Angst, Wut und Trauer versteckt. Gehst feiern, trinkst viel zu viel und schleppst ein Mädchen nachdem anderen ab.“

„Ähm… woher willst du das denn wissen?“, platzte der Sportstudent dazwischen und fixierte sie eindringlich.

„Ach..., ich weiß das, Tai. Ich bin doch nicht blöd! Also leugne es erst gar nicht. Du bedauerst deine vergangenen Entscheidungen, tust aber nichts um daran etwas zu ändern. Weder setzt du dich richtig mit deiner Trauer auseinander, noch versuchst du das mit Mimi in irgendeiner Form zu kitten. Ganz ehrlich, Tai?...“ Sora hielt kurz inne und biss sich auf die Unterlippe. Sie war sauer und wahrscheinlich würde jetzt etwas kommen, was Tai nicht hören wollte. „Du verhältst dich… selbstsüchtig und du hast versagt… auf ganzer Linie!“

Wütend knallte auch Tai seine Flasche auf dem Tisch ab, so das es leicht wackelte. „Das denkst du also über mich?“, schrie der Braunhaarige fassungslos.

„Das denken wir alle...“, murmelte Sora und hielt seinem Blick stand. „Es tut mir leid, Tai, aber manche Dinge muss man einfach mal sagen und ich halte es nicht mehr aus. Ich höre mir das jetzt seit fast einem Jahr an und ich kann nicht mehr. Wenn dein Leben so Kacke ist, dann ändere etwas daran und höre endlich auf, alles weiter von dir zu schieben, denn wenn du weiter so machst, wirst du niemals dein Glück finden.“ Völlig außer Atem beendete Sora ihren Monolog. Taichi war ihr bester Freund und sie mochte ihn sehr, aber sie konnte einfach nicht mehr dabei zusehen, wie er einfach nicht weiter kam. Er war es doch selber Schuld und vielleicht musste sie jetzt so direkt sein. Es war ja sonst niemand mehr da, der ihm ins Gewissen reden konnte. Kari war einfach nicht der Typ dafür. Izzy hielt sich aus solchen Sachen lieber raus, genauso wie Joe. Nein, die einzigen Menschen, die Tai den Kopf waschen würden und zwar gehörig, waren Matt und Mimi, aber diese waren beide nicht im Lande.

„Das höre ich mir nicht an...“, brummte Taichi, schnappte sich den Rest des Sixpacks und ging zur Wohnungstüre.

„Ja, da haben wir wieder das klassische Modell. Kaum passt dem Herrn Yagami etwas nicht, ergreift er die Flucht. Was ist nur aus dir geworden?“, rief Sora ihm verletzt hinterher. Erstarrt blieb Taichi stehen, drehte langsam seinen Kopf und sah enttäuscht zu seiner besten Freundin. „Vielleicht habe ich mich einfach verloren auf meinem Weg… mal darüber nachgedacht?“, murmelte er und verließ schlussendlich die Wohnung.
 

10.10.2011
 

Seit einer Woche hatte Taichi keinen Kontakt zu seiner besten Freundin gehabt. Er hatte sich vieles von Sora anhören müssen und es passte ihm nicht. Er musste jedoch zugeben, dass nicht alle Anschuldigungen von der Rothaarigen unbegründet waren. Taichi hatte immer schon, wenn ihm etwas zu viel wurde oder ihm etwas nicht passte, das Weite gesucht oder es versucht zu verdrängen, aber abgesehen davon, dass er ausgezogen war, hatte sich sein Leben in eine Sackgasse manövriert und er wusste nicht, wie da wieder raus kommen sollte. Er war unglücklich und er hasste es nicht mehr so unbeschwert zu sein, wie er es früher war. Er vermisste sein altes Ich selber, aber er würde, egal wie sehr er sich anstrengte, nie wieder derselbe sein. Er hatte viele falschen Entscheidungen getroffen und keine davon konnte er zurücknehmen. Es war wie es eben war.

Ein Klingeln unterbrach seine Gedankengänge, er schritt zur Türe und sprach in den Sprechmuschel. „Ja?“

„Hallo, hier ist deine Lieblingsschwester. Würdest du mir bitte aufmachen?“

„Klar.“

Ein Summen erklang und schon öffnete sich die Türe. Ein paar Sekunden später tauchte Kari im Flur auf und Tai ließ sie in seine Wohnung eintreten.
 

„Was hast du denn da in der Hand?“

Die Jüngerer trug einen Behälter und stellte es gleich in der Küche ab. „Mama, hat gekocht, hatte dies übrig und wollte, dass ich es dir vorbei bringe“, zuckte sie unbeeindruckt mit den Schultern.

„Kann man es essen?“, fragte Taichi misstrauisch nach und roch daran.

„Na ja, es ist eines der wenigen Gerichte die ihr eigentlich ganz gut gelingen. Eine Misosuppe, es ist also essbar“, lächelte Kari ihren Bruder an und hob den Deckel an.

Der Sportstudent nickte und stellte die Schüssel sogleich in seine Mikrowelle, stellte sie ein und wartete zwei Minuten ab.

„So großen Hunger?“, horchte Kari nach.

„Na ja… kam in der letzten Zeit nicht so zum gesunden und abwechslungsreichen Essen. Die meiste Zeit habe ich mir was schnelles auf die Hand geholt oder irgendetwas aus meinem Tiefkühlfach aufgewärmt. Also wer hätte gedacht, dass mir Mutters Essen mal fehlen würde“, lachte er unbeholfen und vergrub eine Hand in seine Wuschelmähne.

„Okay, dann musst du wirklich hungrig sein. Es fehlt eindeutig eine Frau in deinem Leben“, kicherte die Jüngere und holte für Taichi schon mal einen Löffel raus.

„Hmm… komme auch ohne klar“, brummte Taichi, aber gleich erhellte sich sein Gesicht wieder und er pickte seine Schwester in die Seite. „Außerdem habe ich doch dich...“, scherzte er.

„Hey, lass das, aber du kannst doch jederzeit vorbei kommen. Du hast dich jetzt bestimmt seit drei Wochen nicht mehr blicken lassen“, kam es etwas anklagend aus der Brünetten.

„Ja, ich weiß, aber zur Zeit habe ich viel zu tun. Zwei Hausarbeiten müssen fertig werden, ich muss für die nächsten Prüfungen lernen. Dann Training und natürlich meine Aufgabe als Trainer für die Kurzen“, erklärte er, öffnete die Mikrowelle und holte die Suppe raus. Gleich löffelte er seine Suppe in Sekundenschnelle leer und fuhr sich über den Mund.

„Okay, du musst ewig nichts gegessen haben… Vielleicht...“ Kari schwieg wieder und spielte stattdessen wieder am Saum ihres Shirts.

„Vielleicht was?“, fragte Taichi gezielt nach.

„Na ja… vielleicht… also Sora hat auch immer viel zu viel für eine Person...“, nuschelte die Jüngere.

Der Sportstudent rollte mit seinen Augen. „Deshalb bist du hier… Sora hat doch angefangen.“

„Womit angefangen?“, hakte Kari nach. Der Ältere erhob sich vom Tisch, stellte die benutzte Schüssel in die Spüle und verließ die Küche. „Ich bringe Mama die Schüssel am Wochenende vorbei. Ich muss muss etwas für die Uni tun...“

„Hey, jetzt lass mich doch nicht so stehen“ brummte Kari verärgert und lief ihm hinterher in sein Schlafzimmer.

„Was willst du hier?“

„Entschuldigung ich wusste nicht, dass hier nur Frauen rein dürfen, mit denen du schläfst“, argumentierte Kari sachlich, was jedoch nur dazu führte, das Taichi sauer wurde.

„Ich habe keine Lust mir die Leier von dir auch noch anzuhören. Kari, geh jetzt bitte!“

„Sora hat es doch nicht böse gemeint“, versuchte es die Braunhaarige erneut.

„Interessiert mich nicht, ich habe zu tun!“

„Boah Tai… manchmal bist du echt...“

„Was?“, unterbrach der Ältere sie rasch. „Wie war das? Selbstsüchtig?“ Er stand nun wieder direkt vor, ging an ihr vorbei und deutete zu seiner Schlafzimmertür und somit an seine Wohnung zu verlassen.

Kari seufzte geschlagen auf und schritt an ihm vorbei. „Wenn du reden willst, kannst du dich jederzeit melden...“, murmelte sie und verließ die Wohnung ihres Bruders.
 

23.10.2011
 

In wenigen Stunden war Taichis Geburtstag und er hatte keine Lust alleine in seiner Wohnung zu bleiben, so beschloss er mit einigen Kommilitonen feiern zu gehen und in seinen Geburtstag reinzufeiern. Zumindest konnte er dieses Mal dafür sorgen, dass es keine Überraschungsparty gab, aber es schien ohnehin niemand mit ihm feiern zu wollen. Mit Sora herrschte noch immer Funktstille und was der Rest machte, wusste er nicht.

Er knöpfte gerade sein Hemd zu, als es an der Türe klingelte. Etwas irritiert öffnete er sie und war gespannt wer nun wieder sein Glück versuchte.

„Ich habe gehört mein beste Freund hat morgen Geburtstag?“

Wie jetzt? Ungläubig drehte der Sportler sich um und erkannte an der Wohnungstüre seinen besten Freund mit einer Flasche Whisky in der Hand.

„Alter, was machst du denn hier?“, schrie er erfreut auf, näherte sich dem Musiker und schloss ihn in eine herzliche Umarmung.

Yamato zuckte unbeeindruckt mit seinen Schultern. „Na ja… ich habe schon deinen letzten Geburtstag versäumt und zwei hintereinander wäre echt uncool. Wir haben vier freie Tage, also habe ich sie genutzt und bin hierher geflogen“, erklärte er und tat als wäre es keine große Sache.

„Du hast vier freie Tage und steigst ernsthaft in den Flieger, um an meinem Geburtstag hier zu sein? Meine Güte, du musst mich vermisst haben“, scherzte der Yagami, war aber echt überglücklich seinen besten Freund zu sehen.

„Ich hätte nicht zwei freie Tage in einem Flugzeug opfern müssen, wenn mein bester Freund nicht so ein Idiot wäre...“ kam es lässig von dem Blonden, der gerade seine Hände in seinen Hosentasche vergrub.

„Was wurde dir zugetragen?“, murmelte Taichi.

„T.K. sagte etwas davon, dass du mit Sora Streit hast und eigentlich allen zur Zeit aus dem Weg gehst. Ich wollte fragen was los ist und bevor du mich am Telefon abwürgst, dachte ich, ich frage persönlich nach.“

„Ich erkläre es dir auf dem Weg zum Rose Club, komm.“
 

Eine Stunde später kamen die beiden Freunde in dem Club an, der bereits gut gefüllt war. Auf dem Weg dorthin, hatte Taichi seinem besten Freund alles erzählt und Yamato hat wie so oft einfach zugehört und ihm gelegentlich eine Schelle gegeben, wenn er zu viel Blödsinn redete.

„Wann waren wir Beide eigentlich, dass letzte Mal als Single unterwegs?“, fragte Taichi grinsend nach.

Yamato legte seinen Kopf in den Nacken und überlegte. „Also… ähm… keine Ahnung ist echt ewig her...“

„Na dann...“ Der Sportler hielt dem Blonden sein Bier hier, der mit ihm anstieß. Es dauerte auch gar nicht lange und aus einem Bier wurde ein zweites, dann ein drittes, bis sie nicht mehr zählen konnten.

„Drei, zwei, eins… Alles Gute zum Geburtstag“, gröllten Taichis Kommilitonen und Yamato im Chor und stießen erneut an.

„Danke, Danke.“ Taichi hatte im Vorfeld eine Runde für alle ausgegeben und bekam von seinen Kommilitonen ein gemeinschaftliches Geschenk. Er verstaute es in seiner hinteren Gesäßtasche und sie feierten weiter.

„Du solltest Sora anrufen...“, murmelte Yamato lallend.

„Warum? Weil du sie sehen willst?“, stellte Taichi die Gegenfrage.

Yamato schüttelte energisch seinen Kopf. „Nein, weil ihr viel zu lange gute Freunde seid um euch wegen so einer Sache aus dem Weg zu gehen und ich kenne So-Sora, sicher ist sie schon voll fertig deswegen“, hickste der Musiker.

„Ja, kann sein...“, kam es mit glasigen Augen von dem Brünetten. Er nahm unelegant sein Handy, entsperrte es und wollte gerade Soras Nummer wählen, als er erkannte, dass er ein paar Nachrichten bekommen hatte. Er öffnete sie und einige hatten bereits an seinen Ehrentag gedacht und ihm gratuliert. Kari, Izzy und „Sora hat mir geschrieben“, nuschelte er und drückte den grünen Knopf.
 

Ja, Hallo?“

„Sora? Hier ist Tai, ich wollte mich entschuldigen und weil… eigentlich weiß ich gar nicht wofür. Ich habe ja gar nichts gemacht, aber ich finde es doof, dass wir nicht mehr miteinander reden.“

„Es tut mir auch leid, Tai. Wo bist du gerade? Ich verstehe kaum ein Wort...“

„Im Rose Club...“

„Okay, ich bin in der Nähe… Ich komme kurz vorbei, aber ich bin nicht alleine...“

„Ja, cool. Bis gleich.“ Taichi beendete das Gespräch und sah zurück zu Yamato. „Scheiße...“

„Was ist? Ist Sora noch böse?“

Taichi schüttelte seinen Kopf. „Nein, das ist es nicht. Sie will kurz vorbei kommen. Sorry, hab gerade nicht an dich gedacht.“

„Ach kein Thema, ich kriege das schon hin.“ Yamato leerte sein Glas und konnte nicht verhindern, dass sein Blick immer mal wieder zur Türe ging und dann nach etwa zehn Minuten sah er tatsächlich Sora. „Sie kommt...“ Yamato tippte dem Brünetten auf die Schulter.

Taichi drehte sich und nickte kurz. „Okay.“

„Ich hole uns schnell eine Runde...“ Yamato wandt sich wieder von dem Brünetten ab und wollte gerade los, als er hinter Sora eine weitere Person erblickte. „Wer ist das?“ Wieder tippte er Taichi energisch auf die Schulter, wieder drehte er sich um. „Was issen?“

Der Musiker deutete auf den Eingang und Taichi folgte dem Blick. „Wer ist der Typ?“

Taichi zuckte mit seinen Schultern. Er wusste es nicht.

In dem Moment erkannte auch Sora durch die Menschenmenge die Wuschelmähne ihres besten Freundes und kurz darauf ihren blonden Ex-Freund. Kurz blieb die Rothaarige geschockt stehen, straffte ihre Schultern durch, griff nach der Hand ihres Begleiters und zog ihn hinter sich her.
 

„Happy Birthday“, murmelte Sora unsicher.

Taichi, angetrunken wie er war, umarmte Sora und wuschelte dann durch ihre Haare. „Hey, lass das sein!“, brummte sie genervt und richtete schnell ihre Frisur. „Hallo...“ Unsicher sah Sora zu ihrem Ex-Freund und drehte sich dann zu ihrer Begleitperson um. „Darf ich vorstellen, dass ist Akuma Murphy, mein… mein Freund.“

„Dein was?“, kam es ungläubig von Yamato und er starrte Sora an.

„Dieser Modefuzzie?“, fragte Taichi nach, hielt aber dennoch dem Modedesigner die Hand hin. „Hey...“

Ohne ein Wort über das „Fuzzi“ zu verlieren nahm Akuma die Hand entgegen und drückte diese fest zu. „Freut mich.“ Höflich lächelte er und tätschelte Sora den Rücken. „Möchtest du etwas trinken?“, fragte er nah an ihrem Ohr nach. Sora kicherte und bestellte sich eine Apfelschorle. Akuma ließ die drei Freunde zurück und ging zur Theke.

„Du hast einen Freund?“, kam es immer noch fassungslos aus dem Musiker.

„Was soll dieser Unterton, Matt? Warum soll ich keinen Freund haben? Nur weil du mich nicht mehr wolltest, gilt das noch lange nicht für andere Männer“, erwiderte Sora scharf und ein wenig verletzt.

„So habe ich das doch gar nicht gemeint.“

„Und wie dann?“

„Es ist nur… es kam überraschend. Ich habe eben nicht damit gerechnet“, erwiderte Yamato, entfernte sich und ging zügig Richtung Toiletten.

Sora sah dem Musiker hinterher und seufzte. „Hätte ich gewusst, dass er hier ist, wäre ich doch gar nicht gekommen, schon gar nicht mit Akuma.“

„Ich wusste ja gar nicht, dass du einen neuen Freund hast“, erwiderte Taichi. Sein letzter Wissensstand hieß; Sie seien nur Freunde.

„Wir sind auch erst seit ein paar Tagen zusammen. Ich denke es wäre besser, wenn ich jetzt wieder gehe. Ich wünsche dir noch einen schönen Geburtstag“, lächelte Sora matt und entschuldigend zugleich.

„Hier deine Schorle.“ Akuma tauchte hinzer ihr auf und reichte ihr ein Getränk. Sie nahm das Glas aus seiner Hand und führte den Designer hinter sich her.
 

„Oh man, was für ein Ärger“, schmollte der Yagami, der sein Mixgetränk in einem Zug leerte.

„Wo ist sie hin?“, fragte Yamato nach, der auf einmal wieder vor dem Braunhaarigen stand.

„Sora ist wieder gegangen. Sorry, ich habe nicht...“

„Schon gut, lass uns tanzen...“

„Tanzen?“, fragte der Sportstudent irritiert nach. Seit wann tanzten die Beiden denn? Seit wann tanzte Yamato freiwillig?

„Ja, da sind die meisten Weiber“, erklärte der Musiker wie selbstverständlich.

Taichi stellte seine Flasche auf einem Stehtisch ab und folgte dem Musiker. Es dauerte auch nicht lange bis beide mit einem hübschen Mädchen tanzten und sich vom Alkohol blenden ließen.

„Du kannst echt gut tanzen“, flirtete Taichi in das Ohr des Mädchen.

Sie legte sich verlegen eine Haarsträhne hinter ihr Ohr und lächelte den Yagami an. „Du aber auch. Bist du öfter hier?“, fragte das Mädchen interessiert nach.

Taichi zuckte mit den Schultern. „Gelegentlich, aber heute weil ich Geburtstag habe.“

„Du hast Geburtstag? Herzlichen Glückwunsch“, lächelte das unbekannte Mädchen und flirtete mit dem Sportstudenten. „Dann kannst du dir ja was von mir wünschen.“

„Hmm… dann verrate mir deinen Namen.“

Das Mädchen lächelte keck und nickte. „Mimi.“

„Mi… Was?“ Taichi konnte es nicht glauben, dieses Mädchen hieß tatsächlich Mimi. Warum schockierte ihn das eigentlich so sehr? Es war ja nicht so, dass dieser Name nur einmal auf dieser Welt vergeben wurde, aber für ihn gab es immer nur eine Mimi.

„Hallo?“

Verwirrt sah der Sportler zu Mimi, aber nicht zu seiner Mimi. „Ähm… wie bitte?“

„Wie heißt du?, kicherte das Mädchen.

„Ähm… mir fällt ein… Ich ähm… muss ganz dringend weg. Ich wünsche dir noch einen schönen Abend Mi… Mimi.“

Taichi entfernte sich von dem Mädchen, schaffte es kaum diesen Namen laut auszusprechen, packte an den Kragen von seinem besten Freund und zog ihn einfach mit sich.

„Hey, was soll das? Ich habe mir dieses Mädchen so gut wie klar gemacht“, rief der Musiker empört auf.

„Komm einfach mit!“

Taichi und Yamato verließen den Club und stürmten in die Nacht heraus.
 

Taichi kam vor dem Club zum stehen und wusste überhaupt nicht, was auf einmal los was.

„Kannst du mir mal sagen, warum du mich jetzt aus dem Club gezogen hast?“, fragte Yamato genervt nach.

„Ich hatte keine Lust mehr, die Musik war scheiße und diese… diese… dieses komische Mädchen“, jammerte Taichi.

„Du hast ja Probleme“, erwiderte der Musiker, hatte keine Lust mehr hinter dem Brünetten herzulaufen und setzte sich auf eine Bank, am angrenzenden Park.

Taichi drehte sich kurz irritiert um, folgte aber dann seinem besten Freund und nahm neben ihm Platz. „Sorry, hatte vergessen, dass der Abend für dich ja auch nicht besonders toll war.“

„Nicht wirklich. Ich meine Sora hat echt einen neuen Freund. Ich schätze, das wars jetzt endgültig. Es ist Aus und Vorbei!“ Natürlich wusste der Musiker, dass das schon lange der Fall war, aber Sora heute mit diesem komischen Schnösel zu sehen, zeigte dem Blonden, dass die Zeit nicht still blieb, sondern immer weiter voran schritt. Sie war offenbar über ihn hinweg und das machte ihn fertig. Mehr als er je geglaubt hätte.

„Es muss nur ein Mädchen Mimi heißen und es reicht, dass der Abend für mich gelaufen ist.“

Yamato sah zu seinem Freund und erinnerte sich daran, wie stürmisch der Yagami aus dem Club abgehauen ist. „Deswegen wolltest du gehen?“
 

Taichi zuckte mit seinen Schultern. „Ja, ich kann doch mit keiner Mimi etwas anfangen.“

„Wo ist der Unterschied? Ich meine, nimm es mir nicht übel, aber ich weiß wie du drauf bist, wenn du Single bist.“

„Und? Ich könnte niemals was mit einer anderen Mimi anfangen, das geht nicht.“

„Du vermisst sie!“, stellte Yamato fest.

„Ja, ich dachte es würde mit der Zeit vergehen, aber...“

„...aber eigentlich entfernen wir uns nur noch mehr, während die Gefühle immer noch dieselben sind. Tja.“ Taichi setzte seine Ellenbogen auf seinen Knien ab und sah zu dem Musiker. „Bereust du es? Gegangen zu sein?"

Yamato hatte keine direkte Antwort auf die Frage. Die zweite Single schlug nicht so gut ein, wie die Erste. Er hoffte, dass es bald mehr Verkaufszahlen geben würde, denn das Management setzte sie ziemlich unter Druck, genauso wie die Plattenfirma.

„Vielleicht sind wir morgen schon wieder passe...“, murmelte der Ishida betrübt.

„Warum das denn?“, hakte Taichi nach.

„Die zweite Singleauskopplung kam nur auf Platz 62.“

„Aber das ist doch gut… Ich meine, ja ich habe keine Ahnung von dem Buisness, aber solange man es in die Charts schafft, spricht es doch für euch. Besonders in Amerika!“

„Tja, das sieht unser Management nur leider anders und genau in solchen Momenten fragt man sich, ob es all das wert war, was man zurückgelassen hat.“

„Matt, du musstest damals gehen. Wärst du nicht gegangen, hättest du dir das selber niemals verziehen und es wahrscheinlich unbewusst immer an Sora ausgelassen. Vielleicht läuft es jetzt gerade schlechter, aber das heißt doch nicht dass es so bliebt. Sora ist… na ja… sie geht auch ihren Weg und du hast dich für deinen schon vor langer Zeit entschieden und jetzt ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt um damit aufzuhören.“

Yamato musste kurz einen Moment darüber nachdenken und er musste zugeben, das Taichi Recht hatte. „Hat dich das eine Jahr jetzt reifer gemacht?“

Taichi lachte dunkel. „Nein, nur ich versuche langsam die Dinge so zu sehen, wie sie sind!“

„Wird Zeit!“

„Weißt du, ob ähm na ja… Weißt du ob Mimi einen neuen hat?“

Etwas ungläubig sah der Musiker zu dem Jüngeren. „Keine Ahnung, glaub nicht. Warum interessiert es dich überhaupt?“

„Es hat dich bei Sora doch auch nicht kalt gelassen!“

„Willst du Mimi etwa zurück?“

Dieses Mal war es der Brünette, der seinen besten Freund verwirrt ansah. „Na ja, nein. Ich meine, wir haben seit fast einem Jahr kein Wort mehr miteinander gewechselt und ich weiß, dass ich ihr unfassbar weh getan habe. Ich würde es nicht mal versuchen wollen. Ich wünsche mir einfach nur, dass es ihr gut geht.“

„Es geht ihr gut!“, sagte Yamat schließlich.

„Woher weißt du das?“, fragte Taichi nach.

Yamato grinste wissentlich. Er hatte nie mit seinem besten Freund während ihrer Telefonate über Mimi geredet, aber jetzt war es wohl mal an der Zeit.

„Wir haben uns ausgesprochen. Sie kam… wann war das? Im März zu einem meiner Konzerte. Es war das Abschiedskonzert und ich habe sie als Duettpartnerin auf die Bühne geholt und...“

„Was? Wirklich?“ Taichi platzte mitten in dem Satz dazwischen und konnte es scheinbar nicht glauben.

„Ja, ich hatte sie gesehen und es dann einfach gemacht. Erst war sie ziemlich verärgert, aber dann hatte sie doch richtig Spaß gehabt und jetzt studiert sie in Orlando.“

„Orlando? Das liegt doch in Florida oder? Da ist sie jetzt also...“

„Du hast wohl gar nichts mitbekommen, oder?“ Yamato wusste zwar, dass das Thema Mimi für den Brünetten ein rotes Tuch war, aber dass er sie so ausblendete, hätte er nicht gedacht.

„Nein, ich meine… eventuell habe ich… vergiss es. Nicht wichtig, aber schön, dass es ihr gut geht.“

„Ich sehe sie übrigens in zwei Wochen. Wir haben ein Konzert dort und sie und Nicole wollten kommen. Soll ich ihr was von dir ausrichten?“

Spannungen

November
 

01.11.2011
 

„Mimi, was ist denn nur los mit dir?“, fragte Nicole nach. Ihre Freundin rührte bereits schon seit einer halben Stunde in ihrem fast leeren Tee herum. Sie waren in einem Cafe und wollten quatschen, jedoch war die Brünette nicht wirklich in Plauderlaune.

„Es ist eine Woche her“, murmelte die Brünette betrübt.

„Was ist eine Woche her?“, hakte die Rothaarige nach.

„Das Tai Geburtstag hatte und...“

„Du hast nichts von ihm gehört, oder?“, stellte Nicole fest.

Traurig schüttelte Mimi ihren Kopf. Sie war wütend, traurig und verzweifelt deswegen. Da nahm sie all ihren Mut zusammen, schrieb Taichi eine E-Mail zu seinem Geburtstag und er … er konnte nicht mal antworten. Nicht mal Danke sagen, nichts, als wäre es ihm völlig egal.

„Warum? Bedeute ich ihm denn wirklich so wenig? Bin ich ihm so egal? Hat er mit mir abgeschlossen?“

„Ach Mimi, du solltest Tai einfach vergessen, er ist es nicht wert“, versuchte Nicole ihre beste Freundin aufzumuntern.

„Tja, leider ist es nicht so einfach ihn zu vergessen.“

„Mimi, ich weiß, dass du das nicht hören willst, aber du hast jetzt fast ein Jahr nichts mehr von Tai gehört, warum sollte er sich jetzt plötzlich melden?“

Die Brünette zuckte mit ihren Schultern. Sie wusste es doch selber nicht, aber trotzdem. Es war soviel Zeit vergangen, konnte man dann nicht sein eigenes Ego ruhen lassen und einfach über seinen Schatten springen?

„Konzentriere dich lieber auf deine Gegenwart, anstatt auf deine Vergangenheit.“

Irritiert sah die Brünette zur Älteren. Wie meinte sie das denn jetzt?

„Vielleicht spaziert da gerade deine Zukunft herein.“

Mimi drehte ihren Kopf und entdeckte Ethan, wie er das Cafe betrat.

„Hi Mädels, ist noch ein Platz frei?“, fragte der Braunhaarige grinsend nach.

„Klar, du kannst meinen haben“, bot Nicole an und stand von ihrem Stuhl auf.

„Aber Nicole!“

„Was? Ich bin jetzt eh noch mit Logan verabredet, also bis dann.“ Sie hob ihre Hand und verließ das Cafe.

Ethan nahm den Stuhl von Nicole in Anspruch und setzte sich gegenüber von Mimi. „Ist alles in Ordnung? Du siehst irgendwie so blass aus“, stellte er fest und musterte die Jüngere argwöhnisch.

„Ja oder nein, ich… es geht mir nicht so besonders“, gab die Brünette schließlich zu.

„Dann sollten wir von hier verschwinden und etwas anderes machen.“

„Ähm… und was schwebt dir da so vor?“

Ethan grinste breit und wackelte wie wild mit seinen Augenbrauen. „Vertrau mir.“

Wenn das so einfach wäre.
 


 

Eine Stunde später kamen sie in einem Kletterpark an.

„Das ist nicht dein Ernst. Ich soll klettern. Ich?“ Jetzt hatte Ethan wohl vollkommen den Verstand verloren.

„Schon mal gemacht?“

„Nein, aber...“

„Na siehst du… Es ist gar nicht so schwierig und keine Sorge, ich sichere dich schon. Dir kann nichts passieren. Versprochen.“

Mimi rollte mit ihren Augen „Wenn es sein muss.“

Ethan war ganz offensichtlich in seinem Leben nicht zum ersten Mal klettern und spielte mit den Verschlüssen von Mimis Schnürung. „Dieser Gurt sitzt fest. Hier kannst du dich lösen und na ja...“ Ethan klopfte auf die Kletterwand. „Hier kletterst du. Das ist die Anfängerwand und die Griffe kannst selbst du erreichen.“

„Du meinst wohl eher Kinderwand.“ Mimi ging näher an die Wand heran, festigte ihren Griff um einen Kletterstein und zog sich hoch. Sie schaffte es, die ersten Hürden zu nehmen, wenn auch langsam. Ethan sicherte sie die ganze Zeit ab und schließlich kam Mimi ganz oben an.

„Und war doch gar nicht so schwer, oder?“, rief er zu ihr hinauf.

Mimi schüttelte ihren Kopf, musste aber dennoch schmunzeln. „Nein, aber das war ja auch die Kinderwand“, rief die Brünette von oben herunter.

„Anfängerwand, das ist etwas anderes“, erwiderte Ethan und streckte einen Daumen nach oben.

„Na gut du Profi, dann bist du jetzt dran.“

„Du musst erst mal wieder runter kommen oder willst du da oben bleiben und Wurzeln schlagen?“

„Nein, habe ich nicht vor. Was muss ich machen?“

„Na du lässt dich einfach fallen!“

Der Jüngeren fiel augenblicklich alles aus dem Gesicht. War das jetzt sein ernst? „Nein, ernsthaft. Wie komme ich herunter? Soll ich klettern?“

„Kannst du auch oder du stößt dich einfach mit deinen Beinen von der Wand ab. Dreh dich vorsichtig um und los.“

Die Brünette wusste nicht was sie machen sollte, aber da sie schlecht ewig da oben bleiben konnte, hörte sie auf Ethan, drehte sich herum und hielt sich krampfhaft an oberen Teil der Kletterwand fest.

„Lass einfach los, Mimi. Ich halte dich, dir kann nichts passieren. Vertrau mir.“

Mimi biss auf die Unterlippe, aber sie traute sich einfach nicht loszulassen. Egal wie viel Mut sie sich auch zusprach, egal wie sehr sie Ethan auch vertrauen wollte, sie konnte es nicht.

„Ich kletter runter“, murmelte sie schließlich.

Mimi sah nach unten. Warum kam ihr das auf einmal nur so verdammt hoch vor? Von wegen Anfängerwand. Behutsam suchte sie mit ihren Füßen Halt an den Griffen, während sie mit ihren Händen zusätzlich Halt an den Klettersteinen suchte.
 

Sie war fast bei der Hälfte angekommen, als sie mit dem rechten Fuß abrutschte und einen lauten Schrei losließ. „Ahh… Hilfe.“ Mimi schloss ihre Augen, versuchte aber dennoch mit ihren Händen wieder Halt an der Wand zu suchen. Sie wusste gar nicht wie, aber plötzlich spürte sie wieder Boden unter ihren Füßen. Es war nichts passiert.

Vorsichtig drehte Ethan die Jüngere um. „Na siehst du, dass...“

„Du Idiot“, schimpfte sie und stieß ihn weg. „Willst du mich vielleicht umbringen?“

Ethan atmete einmal ruhig ein und aus und lächelte Mimi dann wieder an. „Mimi, bitte glaube mir. Du warst zu keiner Zeit in Gefahr, ich habe dich doch gesichert!“

„Toll. Ich will nach Hause. Sofort!“ Mimi zog ihren Schutzgurt aus und ließ ihn an Ort und Stelle liegen. Sie marschierte zum Empfang, knallte die Schuhe auf den Tresen und stürmte hinaus.

„Ach Mimi, was ist nur bei dir vorgefallen, dass du keiner Menschenseele vertrauen kannst?“, murmelte Ethan betrübt und hob ihren Gurt auf.
 

07.11.2011
 

Mimi befand sich in demselben Cafe, in dem sie letzte Woche mit Nicole gesessen hatte. Dieses war mittlerweile ihr Zufluchtsort geworden. Sie bearbeitete gerade ein Teil ihres Referates und kam ganz gut voran, als sie eine Nachricht auf ihrem Handy bekam. Noch immer zuckte die Brünette zusammen, wenn ihr Handy vibrierte oder klingelte. Sie holte einmal tief Luft und zog es dann aus ihrer Handtasche hervor. Sie entsperrte es, erkannte eine SMS von Yamato und lächelte leicht. Sie wusste, dass er bald in der Stadt war und dass Knife of Day ein Konzert hier in der Nähe spielen würden und tatsächlich lud er sie zu diesem Konzert, zusammen mit Nicole ein.
 

> Hallo Mimi, wir spielen in zwei Tagen im Edge Factory. Karten liegen für dich und Nicole beim Schalter F. Wir sehen uns. Matt.<
 

Ja, ein Mann der vielen Worte war der blonde Musiker noch nie, aber sie freute sich ihren Kumpel mal wieder zu sehen. Wie wohl das Aufeinandertreffen zwischen ihr und Kisho ablaufen würde?

Sie hoffte, dass er das Ganze rund um ihren Abschlussball hinter sich gelassen hatte und er keine neuen Avancen starten würde. Momentan hatte sie wirklich genug mit Ethan zu tun. Er entschuldigte sich täglich bei ihr für den misslungenen Tag im Kletterpark, obwohl Mimi selber wusste, dass sie übertrieben hatte. Er akzeptierte, dass sie nur Freundschaft von ihm wollte und ihm mehr nicht geben konnte, aber dennoch flirtete er bei jeder Gelegenheit mit ihr und an manchen Tagen gefiel es der Brünetten viel zu gut. Dabei wollte sie sich doch auf niemanden mehr einlassen. Ihr Herz war noch lange nicht geheilt, noch viel zu sehr hatte ER es in seinem Besitz. Ethan wäre nicht mehr als ein Lückenbüßer und das hatte er einfach nicht verdient. Ethan war ein wirklich netter Typ.
 

Nachdem sie für heute beschlossen hatte, nicht weiter an dem Referat zu arbeiten, schaltete sie ihren Laptop aus, steckte ihn zurück in ihre Laptoptasche, schulterte diese und verließ das Cafe. Vor dem Uni Campus blieb sie eine Zeitlang stehen und wusste zunächst nicht, ob sie gleich auf ihr Zimmer sollte oder nicht, aber schließlich entschied sich doch nach oben zu gehen. Vielleicht hatte sie ja Glück und ihre Mitbewohnerin war nicht da. Sie verstanden sich zwar mittlerweile besser wie am Anfang, aber als Freundin würde sie sie noch lange nicht betiteln.
 

Sie öffnete ihre Zimmertüre und natürlich saß Grace auf ihrem Bett und blätterte durch ein paar Fashionzeitschriften. Immerhin kein Männerbesuch, das war schon mal gut. Mimi sah auf ihr Bett, dort lag ein Päkchen. Irritiert ging sie darauf zu und hob es an.

„Grace, wo kommt das Paket her?“, fragte die Jüngere bei ihrer Mitbewohnerin nach.

Grace zuckte mit ihren Schultern, fischte ein paar Gummibärchen aus ihrer Türe und aß ungeniert weiter.

Genervt rollte die Brünette mit ihren Augen und untersuchte das Paket. Kein Absender, irgendwie gefiel das der junge Frau gar nicht. Vorsichtig löste sie das Paketband und öffnete es.

Schlauer war sie immer noch nicht. Es lag eine Tafel ihrer Lieblingsschokolade in dem Paket, ein kleiner weißer Teddybär, mit einem kitschigen Schriftzug. Woher kannte sie den nur? Sie kam einfach nicht darauf. Stirnrunzelnd drehte sie ein flauschiges Kissen herum, als es ihr blitzartig einfiel. Panisch warf sie das Paket samt Kissen auf dem Boden und begann zu zittern.

„Grace, wo kommt das Paket her?“, schrie sie auf und sah ihre Mitbewohnerin wütend an.

„Boah Mimi, ich weiß es nicht. Es lag vor der Türe, als ich eben kam und daher habe ich es auf dein Bett gelegt“, erwiderte Grace zynisch und drehte sich herum.

Schwer atmend sah die Jüngere auf den Fußboden, wo das Paket lag. Sie schnappte sich ihre Handtasche und verließ fluchtartig das Zimmer.
 

Sie klopfte wie wild an Nicoles Zimmertüre, als diese sie schließlich öffnete. Die Rothaarige war gerade am telefonieren und kicherte verträumt. Logan, immer hatte sie dieses Lächeln, wenn sie mit dem Blonden telefonierte. Nicole sah zu ihrer Zimmertüre und sah Mimis entsetzten Gesichtsausdruck. „Logan, wir sehen uns später. Mimi ist hier und sie braucht mich.“ Nicole legte auf und warf ihr Handy auf ihr Bett. „Mimi, was ist mit dir passiert?“, fragte sie besorgt nach und ging näher auf die Kleinere zu.

„Ich… Er… Paket“, haspelte die Jüngere und konnte keinen klaren Satz bilden.

„Beruhige dich Süße, komme erst mal rein und erzähl mir ganz in Ruhe was passiert ist.“
 

10.11.2011
 

Heute war das Konzert von Knife of Day und Mimi und Nicole besuchten dieses, und das obwohl Nicole eigentlich genug von Rockmusik hatte, aber sie wollte Mimi auch nicht alleine auf das Konzert schicken und Ethan wollte sie nicht fragen. Nach knapp eineinhalb Stunden war das Konzert beendet. Sie verließen die Halle und wurde von einem Bodyguard hinter die Bühne gelassen, nachdem sie ihre VIP Karten hervor geholt hatten.

„Kommst du nicht?“, fragte Mimi bei Nicole nach.

Die Rothaarige schüttelte ihren Kopf. „Ich warte draußen. Jetzt wo es mit mir und Logan so gut läuft, möchte ich nicht meinen… na ja… Ex… Sex-Partner über den Weg laufen. Ist alles eh peinlich genug.“

„Okay, ich beeile mich.“ Mimi verschwand hinter der Bühne, während Nicole sich umdrehte und langsam die Konzerthalle verließ.

Die Brünette suchte hinter der Bühne nach ihrem blonden Freund, als sie seine Stimme hörte, Matt unterhielt sich gerade mit… ausgerechnet mit Kisho.

„Ich warte hier auf Mimi. Sie müsste gleich hier sein“, sagte Yamato, während er sich eine Flasche Wasser nahm und sie fast leer trank.

„Mimi?“, fragte Kisho grinsend nach.

„Kisho, vergiss es bitte einfach.“

Der Grünhaarige zuckte mit seinen Schultern, drehte sich, erkannte die junge Japanerin und setzte sich langsam in Bewegung.

„Ein Versuch ist es immer wieder wert“, lächelte er, als er die Brünette kurz sah.

Mimi blieb einen Moment unsicher stehen.

„Hi Mimi, Matt wartet da drüben auf dich. Schön dich zu sehen und cool, dass du immer noch vorbei kommst und unsere Konzerte besuchst.“ Der Gitarrist grinste immer noch, als er an Mimi vorbei ging, sie dabei unverhohlen musterte und den Weg zu Matt frei machte.
 

Irritiert sah die Brünette dem Gitarristen nach, ehe sie sich Matt zuwand, ihn kurz umarmte und dann verlegen lächelte.

„Sag mal ist irgendwas zwischen dir und Kisho vorgefallen?“, fragte der Sänger nach.

Ertappt riss die Brünette die Augen auf. „Du meinst, außer dass ausgerechnet er die Begleitung meines Abschlussballs war, nein.“

Yamato konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Dir ist schon klar, dass Kisho am Tag danach mit dem Kuss hausieren gegangen ist. Er hat regelrecht damit angegeben.“

Die Brünette rollte mit den Augen und konnte ein Seufzen nicht unterdrücken. „Warum war mir das nur klar? Aber es war nur ein Kuss, mehr nicht und es war, einfach blöd“ murmelte die Jüngere betrübt.

„Hey, mir ist es echt egal, wen du alles küsst“, scherzte Yamato unbeeindruckt und grinste.

„Was soll das denn bitte heißen“, fragte Mimi ernst nach, die den Witz nicht verstand.

„Nichts, einfach so.“ Der Blonde stellte die leere Wasserflasche auf einen Tisch ab und lehnte sich an die Wand an.

„Hey, ihr Männer seid doch die, die eure Münder nicht im Griff haben und von anderen Körperteilen will ich gar nicht erst anfangen“, zischte Mimi.

Es war klar, dass sie damit nicht Yamato meinte, sondern Taichi, aber auch der Musiker hatte so seine Probleme mit dem weiblichen Geschlecht, weshalb auch er sich leicht angegriffen fühlte. „Was? Ihr Frauen könnt euch doch ganz schnell wieder blindlings dem nächstbesten Typen an den Hals werfen, das ist okay?!“

„Moment. Du weißt von Akuma?“ Mit einem Mal war die Jüngere wieder ganz ruhig und legte mitfühlend eine Hand auf seiner Schulter auf.

„Ja, habe den tollen Modefuzie auf Tais Geburtstag kennengelernt.“

„Du… du hast Tai an seinem Geburtstag gesehen?“

„Ähm… Ja, wir hatten ein paar Tage frei und die habe ich genutzt und na ja, wir haben gefeiert und später kam Sora mit Akuma und so habe ich ihren neuen Freund kennengelernt“, erwiderte Yamato.

Mimis trauriges Gesicht war kaum zu übersehen oder zu ignorieren. „Und… und… ähm waren alle anderen auch da?“

„Nein, eigentlich waren nur Tai und ich in dem Club. Na ja und später kam Sora eher spontan mit Akuma vorbei.“

„Tut mir leid für dich, also ich meine mit Sora und Akuma. Ich wusste es schon etwas länger, aber ich wollte dir...“

„Ist schon okay, Sora und ich wir sind nicht mehr zusammen und sie geht wohl ihren Weg.“ Yamato tat es ab, tat als würde es ihn nicht weiter beschäftigen, aber es nahm ihn immer noch sehr mit, das sah Mimi gleich.

„Trotzdem, ist es doch irgendwie blöd. Hat, also hat Tai eine neue… du weißt schon… Freundin?“ Eigentlich wollte Mimi nicht nachfragen, aber nachdem sie wegen ihrer E-Mail nichts gehört hatte, konnte sie ja nur von dem Schlimmsten ausgehen und Yamato würde sie sicher nicht belügen.

„Nein.“

„Ah… okay. Wie geht es ihm denn so? Hat er irgendetwas erzählt? Über mich vielleicht?“

„Soweit, alles gut und ich will nur ungern mit dir über Tai reden. Verstehe das bitte nicht falsch, aber ich... Er… Er hat nichts von dir erzählt und… ich lass mich nicht gerne über meinen besten Freund aushorchen“, erwiderte Yamato und bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen. Er hätte ihr zwar gerne etwas anderes ausgerichtet, aber Taichi hatte den Blonden darum gebeten, in Mimis Gegenwart nicht zu sagen, was er ihm erzählt hatte und daran würde der Musiker sich auch halten.

„Okay, was habe ich auch erwartet? Tut mit leid“, murmelte Mimi niedergeschlagen. So hart es auch war, sie wusste ja, dass sie nichts mehr zu erwarten hatte, dennoch war sie unfassbar enttäuscht. Nicht mal liebe Grüße konnte er ihr ausrichten, das war wohl ihre Antwort. „Das Konzert war übrigens wirklich toll“, versuchte die Jüngere das Thema zu wechseln und blinzelte die Tränen weg. Sie wollte nicht mehr über ihren Ex-Freund nachdenken und darüber, dass er schon lange nicht mehr an sie dachte.

„Danke, wo ist eigentlich Nicole?“ Erst jetzt bemerkte der Blonde, dass ihre Freundin nicht bei ihr war.

„Sie wartet draußen auf mich. Sie telefoniert wahrscheinlich in der Zwischenzeit mit ihrem neuen Freund“, schmunzelte die Taichikawa.

„Okay, wirst du dieses Jahr nochmal nach Japan reisen? Weihnachten oder Silvester?“

Die Jüngere schüttelte ihren Kopf. „Nein, meine Oma kommt über die Feiertage zu uns nach Hause und bleibt zwei Wochen.“

„Okay, wir sehen uns Mimi, lass den Kopf nicht hängen.“ Ermutigend lächelte Matt sie an, während Mimi versuchte tapfer zu nicken.

„Du auch nicht und danke nochmal für die Karten.“
 

23.11.2011
 

Morgen war in Amerika ein ganz besonderer Tag, Thanksgiving! Aus diesem Grund waren Mimi und Nicole wieder zurück nach New York gereist. Sie kamen schon am Vortag an, da die Vorbereitungen immer sehr hektisch waren. Am nächsten Tag wollte sie mit ihren Eltern die Thanksgiving Parade gucken und schließlich abends ein unfassbares Menü essen. Die Brünette musste zugeben, dass das für sie der schönsten Feiertage in Amerika war. Aber heute hatte sie noch etwas wichtiges zu erledigen. Sie musste noch zwei besondere Orte besuchen. Mimi hatte keine Lust mehr, sich wie ein Opfer zu fühlen. Sie war stärker als das und sie würde sich jetzt von niemanden mehr einschüchtern oder unter Druck setzen lassen. Die letzten 18 Monate hatten die Brünette stärker gemacht. Sie hat viel durchgemacht und musste zuviel leiden, um sich jetzt wo es ihr wieder besser ging, sich brechen zu lassen.
 

Mimi kam an einem kleinen Waldstück an. Sie ging immer den gleiche Weg, diesen Weg ist sie auch schon oft mit ihren Eltern entlanggelaufen, daher kannte sie sich hier sehr gut aus. Die Brünette kam an einer alten großen Eiche zum stehen und betrachtete den schönen Baum.

Noch ein paar orangene Blätter hingen an den Ästen, aber die meisten hatten schon ihren Tribut gezollt. Der Winter stand kurz bevor und bald wäre kein einziger Blatt mehr an dem Baum zu sehen. Sie wickelte ihren hellblauen Schal nochmal um ihren Hals und hockte sich vor ein kleines holzfarbenes Kreuz. Es stand nichts drauf, kein Name, keine Daten, es war nur ein Kreuz.

Aber es war ein wichtiges Kreuz, dieses Kreuz hatte sie dort aufgestellt. Vor 17 Monaten war sie mit Nicole hier gewesen und hat für ihr Sternenkind eine kleine Gedenkstelle gebaut. Für Mimi war es damals wahnsinnig wichtig gewesen, Abschied zu nehmen, aber das war schwer, weil man für Sternenkinder in der Regel keine Beerdigungen machte. Von Nicoles Mutter hatte sie einen kleinen Blumenstrauß mitbekommen, den sie dekorativ daneben legte. Sie wusste, dass sie das nicht musste, weil hier ja eigentlich gar nichts war, aber sie wollte auch nicht mit leeren Händen kommen.
 

Mimi hatte sich damals zwar vorgenommen, immer mal wieder vorbei zu kommen, aber seit damals war sie nicht mehr hierher gekommen, umso wichtiger war es für sie, dass sie heute, einen Tag vor Thanksgiving, noch einmal hier war. Sie strich mit ihrer Hand das Kreuz entlang und begann zu reden. „Ich weiß, es ist lange her, dass ich hier war. Es tut mir wirklich leid, dass ich nicht früher gekommen bin. Denk bitte nicht, ich habe dich vergessen, das könnte ich nie.“ Mimi stockte, es viel ihr schwer, diese Worte zu sagen. „Ich wollte mich noch bei dir entschuldigen, weil ich… Ich konnte dich nicht beschützen und es tut mir so leid.“ Ein paar Tränen sammelten sich in ihren Augen, die sie zügig wegwischte. „Du sollst wissen, dass ich sehr gerne deine Mami geworden wäre und ich hoffe, dass da wo du jetzt bist, dass es dir gut geht...“ Die junge Frau brauchte noch mal einen Moment der Pause, ehe sie weiter redete. „Ich werde dich niemals vergessen, auch wenn ich nicht so oft vorbei komme. Du wirst immer in meinem Herzen sein.“

Mimi blieb noch eine ganze Weile sitzen, starrte in die Ferne und hing einfach nur ihren Gedanken nach. Irgendwann raffte sie sich auf. Sie hatte noch etwas zu erledigen, ehe sie alles geschafft hatte.
 

Mit mulmigen Gefühl im Bauch, stand sie vor diesem riesengroßen Anwesen. Eigentlich hätte sie umkehren und gehen sollen, aber sie wollte das. Sie musste es jetzt tun. Sie atmete tief ein und aus, straffte ihre Schultern und versuchte ihr Selbstbewusstsein zu pushen. Sie ging geradewegs auf die Klingel zu und klingelte Sturm. Eine Hausdame öffnete die Türe und als sie Mimi erkannte, erfror ihr Lächeln zu Eis.

„Ms Tachikawa, was führt sie denn hierher?“

„Ist Nick da?“

„Ähm… ich glaube nicht, dass...“

„Sie brauchen gar nichts zu glauben, sagen Sie dass ich hier bin und er kommen soll. Sofort.“

Mimi wusste im Moment selber nicht, wo sie diese starke und sichere Stimme her nahm, die nicht einmal brüchig wurde, aber dafür war sie in diesem Augenblick dankbar.

Die Hausdame schloss die Haustüre wieder und war von draußen nicht mehr zu erkennen. Mimi hatte in der anderen Hand ein Päkchen, was sie mit zittrigen Fingern festhielt. Als sie ein paar Schatten auf dem Flur erkannte, spannte sich ihr ganzer Körper noch mehr an. Tat sie hier wirklich das richtige?

Mimi hatte nicht mehr viel Zeit darüber nachzudenken, da öffnete sich die Türe und Nick stand ihr gegenüber. „Mimi, was führt mich denn zu der Ehre? Ich dachte, du willst...“

„Halt deinen Mund!“, zischte sie drauf los, ließ den Blonden nicht ausreden und knallte ein kleines Paket vor seine Füße. „Was soll das? Warum schickst du mir diesen sinnlosen Müll zu? Woher weißt du, wo ich studiere? Du hast dich nicht mehr bei mir zu melden. Wenn du denkst, du könntest wieder da weitermachen, wo du Anfang des Jahres aufgehört hast, dann hast du dich gewaltig...“

„Meine Güte, kannst du auch mal Luft beim reden holen?“ unterbrach dieses Mal der Blonde seine Ex-Freundin ein wenig schroff.

„Du sollst mich in Ruhe lassen, für immer. Geht das in dein Kopf rein? Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Sonst gehe ich sofort zur Polizei. Ich meine das Ernst!“

„Man Mimi, damit wollte ich mich ganz ehrlich bei dir entschuldigen“, erwiderte Nick und hielt ihrem Blick stand. „Mir ist mittlerweile klar geworden, dass alles, wirklich alles scheiße war und es tut mir aufrichtig leid und ich wollte dich um Verzeihung bitten!“

Jetzt war die Brünette augenblicklich sprachlos. „Ähm… wie bitte?“

Nick räusperte sich, ging einen Schritt vor und schloss die Türe hinter sich. „Du warst mit Abstand das Beste, was ich je in meinem Leben erfahren habe und es ist mir eben erst jetzt klar geworden. Ich weiß, dass meine Entschuldigung zu spät kommt und ich das wahrscheinlich gar nicht fragen soll, aber ich hoffe wirklich, dass du mir eines Tages verzeihen kannst.“

Die Brünette schluckte einen Kloß im Hals runter. Sie wusste nicht, ob das wieder ein schlechter Scherz von dem Blonden war oder ob er das ernst meinte, aber es spielte für sie ohnehin keine Rolle mehr. „Ich hatte das nicht verdient“, nuschelte Mimi leise. „Weder deine Wuteskapaden, noch deine Ausraster!“

„Ich weiß...“

„Nein, du weißt gar nichts! Lange habe ich mir das eingebildet, dass es meine Schuld war, aber es war nie meine Schuld. Du trägst die Schuld. Du alleine. Ich hatte es nicht verdient, dass du mich schlägst und ich unser Kind verliere, ich hatte es nicht verdient mit diesem Verlust klar zu kommen. Ich hatte es auch nicht verdient, dass du mir auflauerst, mich stalkst und du mir mein Leben zur Hölle machst. All das hatte ich nicht verdient. Aber weißt du was? Ich bin drüber weg. Ich habe mit diesem Kapitel in meinem Leben abgeschlossen und deshalb will ich so etwas“, Mimi trat nach dem Paket am Boden, „auch nie wieder vorfinden. Wenn es dir wirklich leid tut, hältst du dich in Zukunft daran.“ Die Brünette drehte sich herum und ging die Stufen runter. Sie drehte ihren Kopf etwas und sah zu Nick, der seinen Blick schuldbewusst auf den Boden richtete. „Ich verzeihe dir.“

Nick hob seinen Kopf und sah sie irritiert an.

„Obwohl ich deinetwegen soviel Schmerzen verspürt habe, hast du mir nicht den schlimmsten von allen zugeführt. Ich will nicht mein Leben lang Groll gegen dich hegen, so wichtig bist du nicht und deshalb verzeihe ich dir. Ich will dich nur nie wieder sehen oder hören. Leb wohl.“

Mit diesen Worten drehte sich die Brünette ein letztes Mal um und hoffte, dass es wirklich das letzte Mal war, dass sie Nick gesehen hatte. Jetzt konnte Thanksgiving kommen und sie hatte wirklich etwas, wofür sie dankbar sein konnte.

Winterwende

Dezember
 

03.12.2011
 

Taichi hatte im letzten Monat viel Zeit gehabt, um über vieles nachzudenken. Er hatte sich mit Sora ausgesprochen und auch Hikari hatte ihm nochmal ins Gewissen geredet. Er versuchte auch seinen Alkoholkonsum einzuschränken, jedoch feierte er immer noch sehr gerne.

Doch so wie es bisher war, kam er einfach nicht vom Fleck. Es war, als würde er durch Treibsand laufen und je schneller er versuchte raus zu kommen, umso mehr wurde er eingezogen. Er wollte sein Leben endlich umkrempeln und wieder unbeschwerter werden. Zunächst war er überfordert, weil er überhaupt nicht wusste was er ändern und wo er anfangen sollte, aber er hatte die besten Freunde die er sich wünschen konnte und alle standen ihm zur Seite. Taichi wollte seine Altlasten systematisch bekämpfen. Das war nur leichter gesagt als getan. Die erste Baustelle war nämlich sein Vater und da fingen die Probleme wieder an. Wie um alles in der Welt sollte er mit dieser Sache abschließen, wenn er nichts mit seinem Vater klären konnte, weil dieser einfach nicht mehr da war? Hikari hatte schließlich die Idee, am Todestag von Susumo nach Aoshima zu reisen und dort das Grab zu besuchen. Weil Taichi nicht alleine reisen wollte, bot Hikari an ihn zu begleiten. Und nun war er bereits zum dritten Mal in seinem Leben in Aoshima angekommen und das zum ersten Mal mit einem klaren Ziel.
 

Wie auch die letzten Male checkte er in dem kleinen Hotel ein, in dem sie bisher immer gewesen waren. Hier war alles anders. Es war ruhiger und daher nahm er sich vor, den ersten Weg entlang zu laufen, den sein Vater hier gegangen war. Er wollte zum Tempel, er wollte verstehen, warum sein Vater beschlossen hatte, Mönch zu werden. Er wollte wissen, was Susumo die letzten Jahre seines Lebens hier gemacht hatte.

Hikari und Takeru gaben ihm die Zeit, die er brauchte und gingen selber am Strand spazieren. Es war immerhin noch sonnig, auch wenn der Wind am Meer eisig war.
 

Taichi ging zum Tempel. Er wusste gar nicht genau, wo er eigentlich hin gehen sollte, aber da er nicht viele Anhaltspunkte hatte, musste er nun mal hier beginnen.

Hier war er jetzt schon das zweite Mal und beim ersten Mal hatte er mit einem Priester geredet. Das war bereits über ein Jahr her.

Der Priester würde doch sicher über alles Bescheid wissen und ganz sicher kannte er seinen Vater. Ja, er musste ihn gekannt haben, daran bestand keinen Zweifel.

Taichi lief weiter den Berg hinauf. Es war nicht wirklich viel los. Kein Wunder, im Dezember war der Tourismus auf dieser Insel nicht besonders groß.
 

Er lief weiter bis er wieder das kleine Gebetshaus erreichte. Er sah sich um, ob hier irgendjemand war. „Hallo? Ist hier jemand?“ Eine Antwort bekam er nicht und er sah auch niemanden. Taichi nahm die Gebetskette in die Hand und schloss seine Augen. „Warum all das nur?“, murmelte er leise. Er öffnete seine Augen, faltete seine Hände auseinander und sah herunter, aber die Gebetskette war weg! Wo war sie hin? Sie konnte doch nicht weggeflogen sein, das hätte er doch gespürt!

„Suchen sie das hier?“

Überrascht drehte sich der Sportstudent um. Wo kam der Priester denn auf einmal her? Taichi nickte und der Priester gab ihm seine Gebetskette zurück.

„Sie waren schon mal hier. Was führt sie wieder her?“

Bingo. Taichi hatte tatsächlich den Priester wiedergefunden und dieser erinnerte sich noch an ihn, dann müsste er sich doch auch noch an seinen Vater erinnern, oder?

„Ich will es endlich verstehen“, erwiderte der Braunhaarige.

„Was möchten sie verstehen?“

„Warum mein Vater damals ausgerechnet hierher gekommen war. Warum er Mönch geworden ist.“, erklärte Taichi.

„Sie stellen die falschen Fragen.“

„Und wie lautet die richtige Frage?“

„Wenn du die Antwort darauf weißt, kannst du dir deine Frage selber beantworten.“

„Aha… ist ja sehr hilfreich.“

Der Priester zündete eine Kerze an, läutete die Glocke und schloss seine Augen. „Möchtest du vielleicht mitkommen?“, fragte er dann nach und wand sich zu dem Braunhaarigen um.

„Wohin mitkommen?“

„In den Tempel, um zu beten!“

Taichi verstand das nicht ganz. Sie hatten doch gerade gebetet.

Der Priester drehte sich herum und ging.

„Warten sie“, rief Taichi ihm hinterher und folgte dem Mönch.
 

Taichi war im Inneren des Tempels angekommen. Hier befanden sich einige Mönche und Buddhisten. Sie saßen auf ihren Knien und kaum setzte sich auch der Priester in die erste Reihe, begannen sie mit ihrem Chorgebet. Taichi kannte die sogenannten Psalme nicht, dennoch begab auch er sich auf die Knie und tat sein bestes.

Sie wiederholten immer wieder verschiedene Mantras und auch Taichi wollte mit einsteigen, aber so recht wusste er nicht, was er sagen sollte.

„Es ist gar nicht so schwer“, sagte eine Buddhisten und lächelte den Braunhaarigen freundlich an.

„Ich weiß nicht, was ich machen soll“, murmelte Taichi leise, um die Anderen nicht zu stören.

„Die meisten Menschen kommen hierher, um für die Menschen zu beten, die sie lieben“, erklärte die Dame.

„Alle?“

Die ältere Dame nickte. „Ja, wir bitten darum, dass die Menschen die wir lieben von ihrem Leid befreit werden, keine schlechten Gedanken oder Gefühle haben, dass sie klar denken und ihre Erleuchtung finden“, erklärte die Buddhisten. „Was wünschen sie sich für sich selbst?“

„Na all das, was sie gerade gesagt haben“, nuschelte Taichi verhalten und es stimmte. Er trug so viele schlechte Gedanken und Gefühle mit sich herum, so oft konnte er nicht klar denken und fühlte sich schlecht. Er wollte all das nicht mehr.

„Wünschen sie das auch ihrer Familie und ihren Freunden?“

„Natürlich“, sagte Taichi entschlossen.

„Dann stimmen sie doch einfach mit ein. Denken sie an die Menschen, die sie lieben und wünschen ihnen das Beste, es wird auch ihnen helfen, sich besser zu fühlen.“

Taichi schloss seine Augen und versuchte beim meditieren die Psalme mitzusingen. Irgendwann wurde der Gesang, auch zu seinem Mantra und er konnte die Worte problemlos wiedergeben. Er dachte an seine Familie, an seine Mutter, an seine Schwester, an seinen Vater.
 

Schlagartig fühlte Taichi sich in eine andere Welt versetzt und als er seine Augen wieder öffnete, war es als würde sein Vater im Mönchgewand neben ihm sitzen und mit ihm meditieren.

„Hat es dir damals geholfen das zu tun?“, fragte Taichi die Person, nicht wissend ob sie antworten würde.

„Ja.“ Die Stimme war vertraut und doch so fremd.

„Wie wird man eigentlich ein Mönch?“, fragte Taichi nach.

„Da muss man nicht viel für tun. Man muss die Anhänger überzeugen, dass man es ernst meint und in der Regel, wenn sie dir glauben, wirst du in den Orden aufgenommen und dann trifft man sich nur um gemeinsam zu beten. Man ist die meisten Zeit mit sich und seinen Gedanken alleine“, erklärte der Mönch.

„Ist das nicht total einsam?“, fragte Taichi interessiert nach.

Der Mönch sah zu dem Braunhaarigen und doch sah Taichi kein Gesicht. „Manchmal. Manchmal nicht. Man kommt nicht hierher, wenn man Gesellschaft sucht. Man kommt hierher, um sich selbst zu suchen.“

Taichi nickte und tat so, als würde er verstehen, wovon der Buddhist sprach, der seinem Vater so ähnlich war und auch wieder nicht

„Hast du gefunden, was du verloren hast?“

„Ich? Ich denke, ich bin wohl noch auf der Suche. Ich weiß gar nicht, was ich verloren habe, wenn ich ehrlich bin“, nuschelte Taichi.

„Doch, du weißt es. Du musst es nur noch erkennen.“

„Und wie soll ich das bitte machen, wenn ich nicht mal weiß, was ich verloren habe?“

„Das ist die richtige Frage“, antworte der Mönch und stand auf.

Taichi sah ihm nach, doch bald schon war er weg. Er wollte ihm hinterher laufen, aber er kam nicht vom Platz. Er saß da wie angewurzelt da und im nächsten Moment war er wieder im hier und jetzt.
 

„Was war das denn jetzt?“ Taichi rieb sich die Augen und stand auf. War das ein Traum gewesen? Wo waren alle hin? Er war ganz alleine in dem Tempel. Wie viel Zeit wohl vergangen war?

„Du bist wach geworden“, sagte der Priester, der plötzlich neben ihm stand.

„Ich bin eingeschlafen?“, erkundigte sich Taichi und wusste immer noch nicht, was da eben mit ihm geschehen war.

„Ja, das passiert schon mal, wenn man meditiert. Dein Bewusstsein verlässt deinen Körper und befindet sich auf einer eigenen Reise. Wo bist du gewesen?“

„Ähm. Ich weiß es nicht. Ich habe jemanden getroffen, also glaube ich...“

„Und?“

„Ich weiß es jetzt.“

„Was weißt du jetzt?“, fragte der Priester freundlich nach.

„Was ich verloren habe.“

„Und was ist es?“

„Mich.“
 

04.12.2011
 

„Also Tai, du warst gestern wirklich in einem Tempel und hast mit den Mönchen meditiert?“, fragte Hikari ungläubig bei ihrem Bruder nach.

„Ja, wieso wundert dich das so?“

„Na, weil du beim letzten Schulausflug in einen Tempel mit Matt abgehauen und stattdessen in die Innenstadt gefahren bist“, ergänzte Takeru den Satz seiner Freundin.

„Ja gut, das ist jetzt ein paar Jahre her. Aber gestern war es ganz interessant.“

„Und gehst du wieder hin?“, fragte die Jüngere neugierig nach.

„Vielleicht.“

„Weißt du schon, was du heute machen willst?“

„Ich wollte mal zu der alten Hütte, wo er zuletzt gelebt hat.“

„Glaubst du etwa, dass sie nach einem Jahr noch frei steht?“

Taichi schüttelte seinen Kopf. „Nein, aber ich weiß nicht was ich sonst machen soll. Einfach nur hier sitzen und warten, kann ich nicht.

„Wir könnten dich begleiten. Ich meine du wolltest nicht alleine hierher kommen.“ Hikari wusste, dass ihr Bruder oft den Starken mimte, aber viel war nur Fassade. In seinem Inneren sah es oft ganz anders aus.

„Wenn ihr wollt, klar.“
 

„Sowie es aussieht, ist es tatsächlich noch unbewohnt“, stellte Takeru fest.

Die kleinen Fenster die kaputt waren, ließen einen Einblick in die dunkle Hütte gewähren. Ein paar Katzen waren in der kleinen Hütte, aber ansonsten schien dort niemand mehr zu leben.

„Ich finde es gruselig hier“, murmelte die Jüngste und rieb sich die Hände, als wäre ihr kalt.

„Möchtest du meine Jacke?“, fragte Takeru bei seiner Freundin nach.

„Nein, ist schon okay. Ich habe doch selbst eine Jacke. Außerdem möchte ich nicht, dass dir dann kalt ist.“

„Ja, aber lieber mir als dir.“

„Leute, ich geh mal rein“, brummte Taichi und drückte den Türgriff nach unten. Es knirschte zwar, aber mit etwas Druck ließ sich die Türe öffnen.

„Es sieht genauso aus wie damals“, nuschelte die Brünette, als sie hinter Taichi in die Hütte trat.

„Na ja, letztes Jahr standen hier auch nicht wirklich viele Möbel.“

„Stimmt auch wieder.“

„Wem gehört sie? Ich meine, irgendwem muss die Hütte doch gehören.“, fragte Takeru das Geschwisterpaar. Beide zuckten mit den Schultern.

„T.K du bist genau so schlau wie wir“, erwiderte Taichi und ging in die kleine Küche. Es roch unangenehm und ein paar Katzen liefen schnell weg, als sie den großgewachsenen jungen Mann sahen.

„Wow, hier riecht es echt übel“, murmelte Takeru und öffnete mit seinem Ärmel den Kühlschrank. „Igitt.“ Zügig schmiss er die Kühlschranktüre wieder zu und verzog angeekelt seinen Mund. Es stand zwar nicht viel drin, aber das was drin stand, war undefinierbar.

„Hier ist auch noch etwas.“

Die beiden Jungs sahen zu der jungen Yagami, die einen ganzen Stapel Briefe in ihrer Hand hielt. „Der letzte Stempel ist einige Monate alt.“

„Dann muss sie aber irgendwer aufgehoben und dahin gelegt haben“, merkte der Blonde an.

„Irgendetwas wichtiges dabei?“, fragte Taichi nach.

Hikari ging den Stapel durch. „Hmm… Werbung, noch mehr Werbung. Ich glaube nicht.“ Gerade wollte sie den Stapel weglegen, als ihr eine offene Schublade mit noch mehr Post auffiel. Sie öffnete sie und staunte nicht schlecht. „Tai, guck dir das mal an.“

Der Ältere ging zu seiner Schwester und folgte ihrem Blick. Viele Kinderbilder von Taichi und Hikari waren darin. Bilder, auf der die ganze Familie zu erkennen war. Bilder von Yuuko. Sogar ein Hochzeitsbild.

„Tai, es ist ihm niemals leicht gefallen zu gehen. Er wollte uns damit nur beschützen. Er dachte, er würde das Richtige tun, aber er hat sich falsch entschieden. Er bereute seine Entscheidung jeden Tag und er hat uns vermisst, konnte aber einfach nicht zurück.“

Taichi holte alle Bilder heraus und fand noch ein paar gezeichneten Bilder und kleine Vatertagsgeschenke. Er nickte mit dem Kopf.

„Ja, ich glaube du hast Recht. Ich war damals zu verletzt, um es zu sehen und das Schlimmste ist, ich wiederhole seine Fehler. Ich bereue auch so viele Entscheidungen und kann sie nicht mehr rückgängig machen.“

„Es ist niemals zu spät Tai.“

Der Ältere lächelte schwach und durchwuschelte ihre Haare.

„Hey, lass das. Jetzt ernsthaft Tai, du bist jung und gesund und wenn du etwas bereust, dann fang an, es wieder gerade zu biegen. Lass nicht zu, dass deine vergangenen Entscheidungen dein jetziges Leben so sehr beeinträchtigen.“

„Na hör mal Schwesterherz, so weise?“

„Irgendeiner muss ja weise sein, wenn der Andere sich monatelang wie ein Idiot verhält“, konterte die Jüngere und streckte ihrem Bruder die Zunge raus.

„Ist ja gut. Du hast ja Recht. Schon wieder.“

Takeru kam ebenfalls zu den Geschwistern und räusperte sich. „Ich glaube wir sollten so langsam wieder verschwinden.“

Hikari nickte, stopfte alle Fotos in ihre Handtasche und folgte dem Blonden nach draußen.
 

05.12.2011
 

Heute vor genau einem Jahr war Susumo verstorben. Für beide Geschwister war es ein sehr beklemmendes Gefühl nach einem Jahr zurückzukehren, aber es war längst an der Zeit.

Zu dritt gingen sie auf den Friedhof. Sie brauchten ein wenig um sich zu orientieren. Überall war grüne Wiese und weiße Steine. Die Bäume hatten alle ihre Blätter verloren.

„Im Frühling sieht es sicher schön aus, wenn die Kirschblüten blühen, aber so...“, murmelte Hikari und drückte die Hand ihres Freundes ganz fest.

Irgendwann fanden sie den weißen Grabstein ihres Vater. Dort blieben sie eine Weile stehen und hingen allen ihren eigenen Gedanken hinterher. Hikari hatte einen kleinen Blumenstrauß dabei und legte diesen vor dem weißen Grabstein ab. Sie lächelte leicht, als sie den weißen Marmorstein berührte.

„Ich hoffe es geht dir gut, Papa. Du musst dir um uns keine Sorgen machen. Es geht uns gut. Wir vermissen dich alle und denken noch ganz viel an dich. Das letzte Jahr ohne dich war schwer, aber ich weiß, dass du immer noch bei mir, bei uns, bist.“ Die Braunhaarige richtete sich wieder auf und sah zu Takeru. „Lass uns hier etwas spazieren gehen, T.K.“ Sie drehte sich kurz zu ihrem Bruder um und lächelte ihn an. „Ich lass dich einen Moment mit ihm alleine und komme später wieder, okay?“

„In Ordnung, aber bleibt in der Nähe.“

Takeru nahm die Hand seiner Freundin und zog sie weiter. „Na komm, Hika. Ich glaube dahinten hab ich sogar das Meer gesehen.“

Taichi sah ihnen einen Moment hinterher, ehe sein Blick auf den Grabstein seines Vater lag.
 

Er räusperte sich ein paar Mal. Sollte er jetzt was sagen? Bei Hikari eben hatte es so leicht gewirkt, aber was sollte er sagen, zu einem Stein? „Ähm...“ Er schloss seine Lippen wieder und setzte sich im Schneidersitz auf den kalten Boden. „Ich… ähm… hoffe auch...ähm… dass es dir gut geht...“, murmelte er. Was machte er denn hier? Vielleicht sollte er nicht anfangen, dies als kalten Stein zu sehen, sondern als eben letzte Ruhestätte seines Vaters. Vielleicht hörte sein Vater ja auf irgendeiner Ebene zu, die er nicht verstehen konnte. „Mama geht es gut. Sie ist eine starke Frau, aber das weißt du ja selber am besten. Und Kari… sie ist unglaublich. Sie ist so reif und erwachsen geworden. Ich sehe sie immer noch als kleines Mädchen vor mir und jetzt besucht sie schon die Abschlussklasse und macht nächstes Jahr ihren Abschluss. Wahnsinn oder? Ich kann mir vorstellen, dass es dich traurig macht, dass du das nicht mitbekommen wirst. Du wirst an vielen wichtigen Abschnitten ihres Lebens nicht dabei sein können und das ist schade.“
 

Taichi schwieg einen Moment. Er hatte in den letzten Jahren, als sein Vater so plötzlich verschwunden war, immer versucht, diesen für seine Schwester zu ersetzen. Er hatte es aber nie geschafft und sich im letzten Jahr total gehen lassen. Das hatte Hikari nicht verdient.

„Was mich betrifft, ich habe irgendwie nur Mist gebaut. Alles versucht zu verdrängen, anstatt all diese schlechten Gefühle zuzulassen. Ich kann nur stärker werden, wenn ich mein Schicksal endlich akzeptiere.“

Taichi begriff endlich, dass das Leben sich nicht einfach schreiben ließ wie ein Buch. Es war unberechenbar und man wusste nie, was als nächstes passierte. Er verstand, dass er ewig wegen bestimmten Dingen enttäuscht und verletzt sein konnte oder aber versuchen, das Beste aus jeder Situation zu machen. Das Leben war anders als früher. Er hatte seinen Vater verloren und dieser Verlust traf ihn sehr, aber das hieß nicht, dass er keine sonnigen Tage mehr in seinem Leben haben würde. Er hatte Mimi verlassen und litt unter einem gebrochenem Herzen, aber das hieß nicht, dass er sich nie wieder verlieben würde. Er musste lernen, es besser zu machen. Das Leben war dafür da, Fehler zu begehen. Man musste aber aus diesen lernen und sie nicht ständig wiederholen, so wie er es bisher getan hatte.

„Ich war solange sauer auf dich, weil du einfach gegangen bist und uns alleine gelassen hattest. Ich habe das damals einfach nicht verstanden, aber so langsam fange ich an, es zu verstehen. Du wolltest uns schützen und das war eben in deinen Augen die beste Option. Ich bin sicher, wir hätten damals gemeinsam auch einen anderen Ausweg gefunden, aber ich… also ich… ich bin endlich bereit es hinter mir zu lassen, dir zu verzeihen und mich zu entschuldigen. Ich hatte es dir zum Schluss nicht gerade leicht gemacht. Es tut mir leid und ich hoffe, dass du mir verzeihen kannst.“
 

Noch eine ganze Zeit blieb Taichi vor dem Grabstein seines Vaters sitzen und dachte an ihn. Hikari und Takeru kamen wieder zurück und lächelten vorsichtig.

Die Jüngere setzte sich neben ihren Bruder und legte eine Hand auf seinem Knie ab. „Geht es?“, fragte sie vorsichtig nach.

Taichi nickte und lächelte sie an. „Ja, es war gut hierher zu fahren. Ich glaube, ich mache das jetzt jedes Jahr.“

„Es freut mich. Ich werde dich immer begleiten, wenn du das möchtest.“

„Ja, sehr gerne, aber jetzt wird es Zeit wieder nach Hause zu fahren. Mama wird sicher alles wissen wollen.“

„Oh ja, wir haben gestern noch eine Stunde telefoniert und sie wollte uns sowieso etwas sagen, wenn wir zurück sind.“

„Ach, was denn?“ Jetzt war Taichi doch neugierig.

„Ich weiß es nicht, deshalb sollen wir ja beide zum essen vorbei kommen“, erwiderte die Brünette. „Es ist kalt, wir sollten ins Hotel.“

„Ja, ich glaube es fängt auch an zu schneien“, sagte Takeru und sah in den grauen Himmel.

Hikari und Taichi sahen ebenfalls in den Himmel und tatsächlich, die ersten Schneeflocken fielen von den Wolken.

„Es schneit.“ Hikari lächelte leicht. „Meinst du, wir können später noch einen Schneemann bauen?“

„Ich glaube nicht, dass der Schnee liegen bliebt“, erwiderte Taichi.

„Glaub ich leider auch nicht, aber wenn, dann können wir einen bauen“, fügte der Blonde grinsend hinzu.
 

09.12.2011
 

Taichi und Hikari waren seit zwei Tagen zurück in Tokio. Heute wollte Yuuko mit ihnen über etwas wichtigs sprechen. So ganz wussten die Geschwister nicht weswegen, auch wenn sie schon die wildesten Theorien diesbezüglich hatten.

Hikari schloss die Türe auf und Taichi folgte ihr. Er hatte sie heute von der Schule abgeholt.

„Da seid ihr ja. Ich habe gekocht, kommt setzt euch.“

„Schön“, dachte Taichi ironisch und setzte sich an den Esstisch.

Yuuko hatte eine Misosuppe, die leider etwas versalzen, aber dennoch essbar war und Räucherlachs mit Reis gekocht, was nicht ganz so genießbar war.

„Gibt es irgendetwas neues“, fragte Yuuko und wurde mit jeder Minute, die verging unruhiger.

„Mama, ist alles in Ordnung?“, fragte Hikari schließlich nach und musterte ihre Mutter.

„Ähm… Ja… also… möchtet ihr noch Nachschub?“

Synchron schüttelten beide den Kopf.

„Nein danke, wir sind satt“, antwortete Taichi gleich für sie beide.

„Mama, du wolltest uns irgendetwas sagen. Was denn?“, hakte die Braunhaarige nach.

„Ja, stimmt. Ich kann immer noch nicht glauben, dass Tai in einem Tempel gebetet hat“

„Ma, das habe ich dir doch alles erzählt. Was hast du auf dem Herzen. Spucke es aus.“

Yuuko atmete einmal tief ein und aus und trank nochmal einen Schluck von ihrem Wasser. „Ich… ähm… Ich habe da jemanden kennengelernt...“ Kurz wartete Yuuko, ob einer der beiden lauthals protestieren würde, aber sie blieben still und warteten darauf, dass sie weiter sprach. „Ähm… Ich habe ihn auf der Arbeit getroffen.“

„Ein Arzt oder ein Pfleger?“, horchte Hikari neugierig nach.

Yuuko schüttelte ihren Kopf. „Weder noch. Er war Patient auf meiner Station. Er hatte einen Herzinfarkt, aber es geht ihm wieder gut und er ist auch schon längst wieder entlassen.“

„Ahh… deshalb die freiwilligen Überstunden...“, lächelte Hikari wissentlich.

„Ja...“, gab Yuuko etwas peinlich berührt zu. „Ich hoffe, ihr seid deswegen nicht böse auf mich?!“

„Warum sollten wir?“, fragte Hikari nach.

Yuuko zuckte hilflos mit den Schultern.

„Ma, Papa ist seit einem Jahr tot und ihr seid noch länger getrennt. Du hast es verdient glücklich und nicht alleine zu sein“, fügte Taichi hinzu und lächelte seine Mutter an.

„Och, mir fällt so ein Stein vom Herzen. Wäre es zu viel verlangt, wenn ich ihn euch heute vorstelle?“

„Nein, gar nicht. Rufe ihn an“, grinste die Jüngere und freute sich für ihre Mutter.

Es klingelte an der Tür und Yuuko stand auf. „Nicht nötig. Er ist schon da.“ Strahlend öffnete sie die Türe und wartete auf den Unbekannten.

„Na jetzt bin ich aber gespannt.“ Taichi hätte wirklich nicht erwartet, heute den neuen Frend seiner Mutter kennzulernen. Er gönnte seiner Mutter das Glück, aber er würde am Anfang wachsam bleiben, das würde er nie abstellen können. Sie hatte genug durchgemacht.
 

Neugierig sahen die Geschwister zur Türe und schließlich kam ein Schwarzhaaiger Mann mit leichten grauen Strähnen durch die Türe. Er lächelte freundlich und drückte Yuuko rechts und links ein Küsschen auf die Wange. „Yuuko, schön dich zu sehen.“ Der Mann drehte sich um und sah die Geschwister. „Yuichi Uehara, freut mich sehr, euch endlich kennenzulernen.“

„Endlich? Wie lange kennen sie unsere Mutter denn schon?“

Yuuko und Yuichi gingen in die Küche und setzten sich zu den beiden Jüngeren an den Tisch.

„Seit sechs Wochen und davon drei Wochen auch außerhalb vom Krankenhaus“, erklärte Yuuko lächelnd.

„Und was machen sie so beruflich?“, fragte Taichi nach und wollte dem Neuen was auch immer seiner Mutter auf den Zahn fühlen.

„Ich arbeite bei einer Bank.“

„Aha und wie alt sind sie?“

„Mein Sohn ist immer sehr direkt. Man gewöhnt sich daran, er meint es eigentlich nur gut“, schmunzelte Yuuko und kicherte leicht.

Wow seine Mutter flirtete. War das bizarr.

„Kein Problem. Ich bin 49 Jahre alt und ihr seid 22 und 19 Jahre, richtig?“

Beide nickten. Auch Hikari interessierte sich für den Mann und außerdem fand sie das auch irgendwie lustig. Wie oft brachte ihre Mutter sie vor Takeru in Verlegenheit?

„Und waren oder sind sie noch verheiratet?“

„Kari“, kam es leicht entsetzt von Yuuko, während Taichi sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Unter dem Tisch hielt er seine Faust zu seiner Schwester, die diesen mit ihrer Faust abklopfte.

„Ich bin geschieden, schon seit vier Jahren und ich kann mir die nächste Frage schon fast denken. Ja, ich habe Kinder, beziehungsweise eine Tochter. Sie ist 20 Jahre alt und hat dieses Jahr angefangen Mediendesign zu studieren. Sie heißt Yuna.“

„Okay und wie kam es zum Herzinfarkt? Entschuldigung, aber sie sind doch eigentlich noch recht jung.“ Diese Frage war Taichi am wichtigsten. Er wollte nicht, dass dieser Mann gesundheitliche Probleme hatte. Sie mussten nicht noch einen Mann zu Grabe tragen.

„Tai?“

„Was denn? Ich finde das ist eine berechtigte Frage. Ich will deinem Glück wirklich nicht im Wege stehen, aber ich ich mache mir trotzdem Sorgen um dich.“

Yuuko lächelte sanft. So war er nun mal.

„Ist schon in Ordnung. Ich habe einfach zu wenig auf mich geachtet. Die letzten Jahre waren nicht so leicht für mich. Die Trennung, dann die Scheidung. Ich konnte meine Tochter nicht mehr sehen, weil meine Ex-Frau dies nicht zuließ. Es war ein harter Kampf um überhaupt ein Besuchsrecht zu bekommen. Mittlerweile ist alles geregelt, aber die Jahre haben dennoch ihre Spuren hinterlassen, aber ich habe daraus gelernt und lasse es nicht mehr soweit kommen.“

Das beruhigte Taichi für den Moment. Sie verbrachten den Abend weiterhin zusammen und lernten den neuen Lebengefährten ihrer Mutter näher kennen.
 

31.12.2011
 

Es waren fünf Minuten vor Silvester. Alle Freunde waren gemeinsam auf einer Dachterrasse. Sie feierten gemeinsam und kurz vor Mitternacht wurde es auf einmal ganz still und dunkel.

„Okay, was ist hier jetzt los?“, fragte Miyako nach und kuschelte sich an Ken.

„Ich weiß nicht, vielleicht sind die Leitungen überlastet?“, mutmaßte er.

„Das kann eigentlich nicht sein, weil….“ Koushiro hielt inne, als plötzlich ein Licht anging, dann folgte ein zweites, dann ein drittes, so ging es weiter bis alle an waren und sich ein kleiner Weg bildete.

„Ohh, das sieht aber schön aus“, schwärmte Hikari.

„Hat einer von euch Joe gesehen?“, fragte Saori nach und sah sich nach ihrem Freund um.

„Nein, eben war er doch noch hier“, sagte Takeru.

„Saori, gucke mal da“, lächelte Hiakri.

Saori folgte dem Blick der Jüngeren und sah einen nervösen jungen Mann auf sie zugehen. „Joe?“ Als Saori sich wieder umsah, hatten alle Freunde plötzlich einen roten Herzballon in der Hand. „Aber wie?“

Joe näherte sich seiner Freundin und blieb kurz vor ihr stehen. Die Anspannung stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Er schwitzte und war rot im Gesicht.

„Hoffentlich kippt er gleich nicht um“, murmelte Taichi in Koushiros Ohr.

„Wie gut, dass auch Saori Medizinstudentin ist.“

„Me-meine liebe Sa-Saori… Ich… Wir...“ Joe schüttelte den Kopf. Er hatte fast vergessen vor ihr auf die Knie zu fallen oder machte man das erst später? Er ging vor ihr auf Knie und Saori staunte nicht schlecht. Konnte es etwa sein? „Ich liebe dich und ich… ich will nicht mehr o-ohne dich sein“, stotterte Joe unbeholfen und holte nochmal tief Luft. „Wi-Willst du meine Frau werden? Also willst du mich heiraten?“

„Ja, natürlich.“ Überglücklich liefen Saori bereits die Tränen über die Wangen und umarmte den Brillenträger.

Joe, der jetzt ein wenig gefasster wirkte, kramte in seiner Innentasche und holte etwas Wichtiges heraus. Da war doch noch etwas. Er holte eine Samtschatulle heraus, öffnete den Deckel und ein schöner Ring mit einem kleinen Saphirstein war zu sehen.

„Ohhh ist der schön“, hauchte Saori ergriffen.

Joe ergriff ihre Hand und steckte den Verlobungsrings an ihren Finger. Dann stand er auf und küsste seine Verlobte.

„Herzlichen Glückwusch“, kreischte Miyako als erste.

„Ich will ja nichts sagen, aber drei, zwei, eins. Frohes neues Jahr!“, jubelte Taichi und alle Freunde umzingelten das firsch verlobte Paar und stießen gemeinsam auf ein neues Jahr an.

Frühlingserwachen

April
 

05.04.2012
 

Mimi befand sich im zweiten Semester ihres Ernäherungswissenschaftsstudiums und fühlte sich mittlerweile wirklich sehr wohl hier. Mit Grace, ihrer Mitbewohnerin, verstand sie sich auch immer besser, sodass das Zusammenleben einigermaßen harmonisch war. Nicole und Logan waren seit einem halben Jahr ein Paar und turtelten sehr viel herum, was Mimi ein Stückweit wahnsinnig machte. Etwas neidisch war sie hin und wieder schon, das musste sie zugeben, aber sie gönnte Nicole ihr Glück. Es war ja nicht so, als würden sich nicht auch Jungs für sie interessieren. Besonders ein ganz bestimmter Braunhaariger versuchte immer mal wieder sein Glück bei der Brünetten. Ethan.
 

Mimi und Nicole gönnten sich heute eine Auszeit vom Unileben und waren gerade am Strand.

„Ah, es ist einfach herrlich hier. Ich glaube, ich bleibe auch nach dem Abschluss in Orlando“, sagte Nicole und trug noch etwas Sonnencreme auf ihre Arme und ihren Bauch auf.

„Hmm… das weißt du jetzt schon?“, fragte Mimi nach.

„Joah. Ich meine, Logan ist hier im Schwimmteam und je nachdem wie sich das Ganze entwickelt, wäre es wirklich schön hier für uns. Seine Familie lebt in San Fransisco, das ist nicht ganz so weit weg und wenn alles richtig gut klappt, könnte ich später sogar seine Managerin werden. Ach, das wäre ein Traum.“

Mimi war beeindruckt Nicole hatte die nächsten vier Jahre ihres Lebens schon ziemlich genau verplant. Sie selbst hingegen machte sich noch gar keine Gedanken darum, was nach dem Uniabschluss geschehen würde. Das Leben hatte ihr gezeigt, dass ohnehin alles anders kam, wie man es vorher plante. „Ich wünsche es dir“, erwiderte sie daher nur und drehte sich auf ihren Bauch, damit der Rücken auch etwas Farbe abbekam.

„Und du?“

„Was soll mit mir sein?“

„Wo möchtest du danach hin?“

„Keine Ahnung… da wo ich ein gutes Angebot bekomme“, murmelte die Brünette.

„Mit oder ohne Ethan?“

„Ohne… Was soll das? Du weißt doch, dass Ethan und ich nur Freunde sind.“

„Ja, aber wenn es nach Ethan gehen würde, dann nicht. Meine Güte, der Kerl hat sich fast ein Bein ausgerissen, um dir zu imponieren und du lässt ihn immer wieder abblitzen.“

„Schon möglich. Ich bin einfach noch nicht so weit.“

„Mimi, das ist alles doch schon so lange her. Zur Therapie bist du die letzten zwei Wochen auch nicht mehr gegangen“, erwiderte Nicole und drehte sich ebenfalls auf den Bauch.

„Weil es mir gut geht“, wehrte Mimi ab.

„Warum lässt du dich dann nicht auf Ethan ein?“

„Was hat das eine mit dem anderen zu tun?“, stellte Mimi die Gegenfrage, anstatt auf Nicoles Frage zu antworten.

„Eine ganze Menge. Dir fällt es immer noch schwer, anderen zu vertrauen. Ich meine immer, wenn Ethan dir näher kommt oder er nur den Versuch wagt, flüchtest du. Nenne mich verrückt, aber normal ist dieses Verhalten ganz sicher nicht.“

Mimi brummte einfach nur vor sich hin und stand auf. „Ich werde jetzt ins Wasser gehen. Ich brauche eine Abkühlung.“

„Ja, ungefähr genauso Ms Tachikawa“, rief Nicole ihr hinterher, rollte mit den Augen und sonnte sich weiter.
 

10.04.2012
 

Mimi ging ihren Stapel Post durch, als ihr ein ganz besonderes Briefpapier ins Auge fiel. Sie fischte dem cremefarbenen, viereckigen Umschlag heraus und las sich den Absender durch.

>Joe Kido<

„Hui.“ Jetzt war die Brünette neugierig, was Joe ihr schickte. Sie öffnete vorsichtig dem Umschlag und holte eine Karte heraus. Gleich vorne auf der Karte war ein Bild von Joe und Saori zu sehen und ganz oben stand: >Wir werden heiraten<.

Mimi atmete einmal tief ein und aus, ehe sie die Karte öffnete.
 

Wir trauen uns…
 

und wollen gemeinsam unseren Weg durch das Leben gehen. Wir würden uns freuen, wenn du diesen besonderen Tag gemeinsam mit uns erleben würdest.
 

Zu einem kleinen Umtrunk laden wir vorab, für den 12.06.2012 ein. Die richtige Trauung wird am 23.06.2012 stattfinden.
 

Wir freuen uns auf Euer Kommen.
 

Saori und Joe.
 

Die Adressen standen ebenfalls auf der Karte. Der Umtrunk würde in einem Saal stattfinden, während die eigentliche Zeremonie sich außerhalb Tokyos auf einem ländlichen Anwesen ereignen würde. Mimi war sicher, es würde traumhaft aussehen. Sie biss sich leicht auf die Unterlippe und war hin und her gerissen. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Eigentlich hatte sie genau zu diesem Zeitpunkt Semesterferien und damit auch Zeit, aber konnte und wollte sie nach Japan reisen? War sie schon bereit auf ihn zu treffen. Denn ihr war klar, dass Taichi ebenfalls dort sein würde. Was, wenn er mit einer neuen Freundin auftauchen würde. Was, wenn er sie keines Blickes würdigen würde?

Sie würde durchdrehen und nachher noch den schönen Tag ruinieren. Nein, sie konnte nicht. So gern sie Joe hatte und so sehr sie sich für ihn freute. Sie konnte es einfach nicht. Sie konnte nicht an den Ort zurückkehren, an dem ihr Herz von ihrer großen Liebe in hunderttausende Teile zerbrochen worden war. Ihr Herz war noch lange nicht geheilt und sie war sich sicher, dass es sie nur wieder zurückwerfen würde.
 

Schweren Herzens griff die Brünette nach ihrem Handy und rief die Nummer ihres blauhaariges Freundes an.

„Hallo?“, murmelte eine verschlafene Stimme am anderen Ende der Leitung.

„Joe? Oh entschuldige, habe ich dich etwa geweckt?“ Schnell riskierte die Brünette ein Blick auf die Uhr. Bei ihr war es gerade sechs Uhr am frühen Abend. Also müsste es bei Joe...

Es sind fünf Uhr in der Früh. Die Sonne ist noch nicht mal aufgegangen“, erwiderte Joe schläfrig und gähnte laut.

„Ich… Entschuldigung. Ich rufe einfach später...“

Mimi, jetzt telefonieren wir schon miteinander, also kannst du mir auch gleich sagen was du wolltest“, erwiderte Joe.

„Ich habe heute deine Einladung zur Hochzeit bekommen. Ich wollte mich bedanken“, erwiderte Mimi kleinlaut.

„Ah… Ja, das wurde auch Zeit. Ich hatte schon die Befürchtung, dass sie eventuell verloren gegangen war.“

„Danke, wirklich auch an Soari, aber leider…“ Die Brünette schluckte einen Kloß im Hals runter. „Leider kann ich nicht kommen, ich… habe einen Ferienjob und bekomme wohl keinen Urlaub.“

„Oh. Und da kannst du wirklich gar nichts machen? Es wäre schade, wenn du nicht kommen könntest“, erwiderte der Assistenzarzt im ersten Jahr.

Mimi biss sich auf die Unterlippe. Sie wollte doch Joe nicht enttäuschen und es bedeutete ihr so viel, dass er sie einlud. Was sollte sie nur tun? „Vielleicht, kann ich ja nochmal mit meinem Chef reden“, erwiderte die Jüngere leicht zweifelnd.

„Das wäre schön. Wäre doch gelacht, wenn eine Mimi Tachikawa nicht bekommt was sie will“, scherzte der Ältere.

Erneut biss die Brünette ihre Zähne zusammen. Wenn Joe wüsste… „Ich kann nichts versprechen...“, nuschelte sie daher und spielte mit einer Haarsträhne.

„Ja, gib mir bitte nochmals Bescheid, wenn du mehr weißt. Wir würden uns freuen. Du bist ein gern gesehener Gast, Mimi. Ohne dich wäre es einfach nicht dasselbe.“

Mimi musste etwas schmunzeln. Es tat gut, das zu hören und dass ihre Freunde aus Japan, sie nicht vergessen hatten. „Das ist lieb. Ich lass dich jetzt mal weiter schlafen und grüß Saori von mir.“

„Mach ich. Bis dann, Mimi.“

„Bis dann.“
 

Mimi beendete das Gespräch und legte ihr Handy bei Seite. „Puh, das lief ja mal gar nicht gut.“ Immer noch hin und hergerissen wägte sie ab, ob sie auf die Hochzeit gehen sollte oder nicht. Die Frage die sich ihr stellte, wenn sie heiraten würde, fände sie es doch auch schade, wenn ihre Freunde nicht kämen, um an diesem großen und wichtigen Tag an ihrer Seite zu stehen. Zudem hat sie sich das gesamte letzte Jahr nicht getraut, ihre Freunde in Tokio zu besuchen. Zu groß war die Verletzung und der Schmerz. Aber was blieb ihr übrig? Sollte sie jetzt für immer Japan und Tokio meiden, weil sie in Gefahr laufen könnte, Taichi zu begegnen? Das war doch dämlich. Eigentlich wusste sie ganz genau, was sie zu tun hatte.
 

13.04.2012
 

Nervös kaute Mimi auf ihrer Unterlippe herum.

„Könntest du das bitte lassen?“, flüsterte Ethan in ihr Ohr.

„Was meinst du?“

„Dich selbst zu schänden! Du bist zu nervös. Ich bin sicher du hast genauso bestanden wie ich auch.“ Mimi und Ethan würden heute ihre Note in dem Fach Hygiene erfahren. Die Prüfung hatten sie zuletzt geschrieben und nur diese Note stand noch aus. „Immer machst du dir vorher voll den Kopf, aber bisher hast du alles bestanden.“

„Na ja, in Lebensmittelherstellung habe ich gerade mal mit 3.0 bestanden. Das ist voll schlecht und Anatomie könnte auch besser sein.“

„Keine Ahnung, das letzte Fach habe ich nicht“, grinste Ethan provozierend.

Mimi rollte mit ihren Augen. Ethan war in jedem Fach etwas besser, als sie. Sie hatte zwar bisher alles bestanden, aber sie befand sich auch gerade mal im zweiten Semester. Das erwartete sie einfach von sich selbst.

„Da, die Ergebnisse sind online“, sagte Ethan und riss die Brünette aus ihren Gedanken.

„Was hast du?“, erkundigte sie sich rasch und suchte mit ihren Augen fieberhaft nach ihrem und Ethans Namen.

„2.0“, antwortete Ethan zufrieden „Und du 2,7. Bestanden.“ Ethan zeigte auf Mimis Namen und ihre Note.

„Oh menno, du bist schon wieder besser“, seufzte sie. In der Schule war Nicole immer besser gewesen und jetzt war es Ethan. Es war doch wirklich zum verrückt werden.

„Bestanden ist bestanden Mimi und 2.7 ist doch gut, dafür dass du dachtest, du müsstest sie noch einmal schreiben.“

„Ja, schon.“

„Na los, lass uns feiern.“

„Wie feiern?“

„Wir sind Studenten. Na los, lass uns etwas unternehmen und wir nennen es auch nicht Date, okay?“

Mimi biss sich nervös auf ihre Unterlippe, aber nickte schließlich mit dem Kopf. „Na gut, als Freunde.“

„Als was denn sonst?!“, grinste Ethan und zwinkerte ihr zu.

Mimi rollte erneut mit ihren Augen. Ethan hielt ihr seinen Arm entgegen und die Jüngere ergriff ihn. „Und wo sollen wir hingehen?“

„Wo möchtest du denn hin?“, fragte der Braunhaarige nach.

„Also ich habe eine Schwäche für Freizeitparks und hier in Orlando gibt es doch das Island of Adventure. Hättest du Lust?“

„Soll das ein Witz sein? Achterbahn, Bier und viele Süßigkeiten, klar bin ich dabei und ich muss mich korrigieren.“

„Korrigieren?“, fragte die Jüngere irritiert nach.

„Ja, das ist sowas von ein Date.“

Mimi schlug Ethan gegen die Schulter, schnappte ihren Rucksack, kramte ein paar Sachen zusammen und ging zu ihrer Zimmertüre. „Dann musst du auch bezahlen“, provozierend streckte sie ihm ihre Zunge entgegen und verließ ihr Zimmer.

Ethan folgte ihr lachend. „Solange du es auch >Date< nennst, bin ich einverstanden.“
 

Eine Stunde später kamen sie im Freizeitpark an und Mimi war sich sicher, noch nie in einem so großen Vergnügungspark gewesen zu sein. Eine Achterbahn jagte die Nächste, Loopings, Schrauben, alles was das Adrenalinherz höher schlagen ließ.

„Meine ich das nur, oder wirst du plötzlich blass?“, grinste Ethan und blieb stehen. Er hatte eine Karte in der Hand und wollte sich kurz einen Überblick verschaffen.

„So einen Unsinn, ich bin nur beeindruckt.“

„Okay, möchtest du auch einen Park sehen? Vielleicht entführe ich dich in den Jurassic Park und beschütze dich vor den Dinosauriern.“

„Ich habe keine Angst vor Dinosauriern. Ich mag sie, sie sind niedlich.“

„Niedlich? Du kennst die Filme aber, oder?“

„Ja, sie hatten eben Hunger“, gab sie unschuldig von sich. „Außerdem fühlten sie sich angegriffen. Sie kannten keine Menschen, woher auch? Der Mensch war der Feind. Der Mensch ist ganz oft der Feind und manche von den Menschen hatten es auch verdient, gefressen zu werden.“

„Hört, hört. Dann besuchen wir auch auf jeden Fall diesen Park.“
 

Mimi und Ethan gingen ein Stück voran und sahen schon viele Menschenschlangen an den besonderen Attraktionen.

„Ich glaube das ist hier die längste Achterbahn. Sie hat ein, zwei… fünf Looping“, stellte Mimi erstaunt fest.

„Dann sollten wir uns die für den Schluss aufheben. Am Anfang direkt schon das krasseste nehmen, ist irgendwie uncool.“

Mimi nickte zustimmend. „Okay, dann gehen wir erst auf eine etwas harmlosere Achterbahn. Oh, da ist eine Wasserbahn. Komm mit.“ Lächelnd lief die Brünetten auf die Wasserbahn zu und stellte sich an der Schlange an.

Ethan zuckte mit den Schultern und folgte ihr. „Dein Wunsch...“

Zufrieden nickte sie. „Sowas höre ich gerne.“
 

Nach etwa 20 Minuten saßen sie mit noch anderen Besuchern in einer Neuner-Bahn, sie bildete ein Kreis und überall konnte Wasser eindringen, je nachdem wo man saß. Mimi wollte sich in einer dreier Reihe in die Mitte setzen und erhoffte sich dort den meisten Schutz. Ethan blieb nichts anderes übrig, als sich links neben sie zu setzen.

„Hoffentlich wirst du nicht nass“, neckte sie den Älteren.

„Hoffentlich fällst du nicht ins Wasser“, scherzte der Braunhaarige und legte wie selbstverständlich einen Arm um die Jüngere.

„Passiert schon nicht.“

Die Fahrt ging los und das Gefährt setzte sich mit kreisenden Bewegungen in Bewegung. Es schwappte jetzt schon ein wenig Wasser ins Gefährt, dabei hatten sie noch nicht mal die erste Fallhöhe erreicht. Sie fuhren noch recht entspannt, ehe sie bemerkten, dass sie auf eine Spitze zusteuerten.

„Ohh… gleich geht es runter, gleich geht es runter“, schrie Mimi aufgeregt und suchte Schutz im Sitz. „Ahh…“, schrie sie auf, als sie runter rasten und eine große Welle in das Gefährt schoss und alle nass spritzte.

„Dein Plan ging wohl nicht so auf“, lachte Ethan und wischte sich selbst das Wasser aus dem Gesicht.

Auch Mimi wischte sich über die Stirn und schüttelte lachend ihren Kopf. „Nein, überhaupt nicht.“
 

Als sie schlussendlich das Ende der Fahrt erreichten, war keiner mehr trocken und jeden der Insassen hatte es irgendwann mal erwischt. Mimi die ein Sommerkleid trug, konnte ohne Probleme ihren Rock auswringen.

„Durst?“, fragte sie kichernd bei dem Älteren nach.

„Ach, hab noch genug.“ Belustigt zog der Braunhaarige seine Schuhe aus, aus der ebenfalls eine Menge Wasser kam. Mimi legte den Kopf in den Nacken und lachte laut los. „Ich glaube so unbeschwert habe ich dich noch nie gesehen“, erwiderte Ethan nachdenklich.

Mimi hörte auf zu lachen und winkte verlegen ab. „Lass uns weiter gehen.“

„Warte.“

„Ethan...“

„Nein, ich meine. Schau mal, hier kann man sich trockenföhnen. Willst du mit mir föhnen gehen?“ Mimi konnte sich wieder nicht halten vor Lachen und ging in die große Kabine um sich trocken pusten zu lassen. „Was für ein unwiderstehliches Angebot.“
 

Nachdem beide nicht mehr klitschnass waren, gingen sie weiter und wollten eine kleine Stärkung zu sich nehmen. Ethan wollte etwas herzhaftes und Mimi lieber etwas süßes. Sie nahm sich ein paar Schokoerdbeeren, während Ethan gleich ein frischen Backfisch genoss.

„Schmeckt es?“, fragte die Jüngere nach.

Ethan nickte und biss ein großes Stück ab. Er hielt ihr den restlichen Backfisch entgegen. „Probieren?“

Mimi schüttelte ihren Kopf und zeigte auf ihre Erdbeeren.

„Ja, nur nicht zu viel essen“, kicherte Ethan und neckte sie wieder.

„Haha… mir reicht es. Ich esse später noch etwas anderes, wenn du mich zum essen einlädst.“

Ethan hörte kurz auf zu essen und sah amüsiert zur Jüngeren. „Ich glaube, das ist das teuerste Date was ich je hatte, dafür will ich am Ende des Tages aber auch einen Kuss.“ Der Braunhaarige aß den Rest des Backfisches auf und schmiss die Serviette weg, nachdem er sich die Händen daran sauber gewischt hatte.

Er bemerkte nicht, wie Mimi kurz wieder blass wurde. Ein Kuss? Wann hatte sie das letzte Mal einen Junge geküsst? Oh Gott, das war Kisho an ihrem Abschlussball und das war fast ein Jahr her. „Shit“, murmelte Mimi.

„Hmm?“ Fragend sah Ethan die Brünette an.

„Los, lass uns zur nächsten Attraktion“, winkte diese ab und schmiss den Stil ihrer Schokoerdbeeren ebenfalls weg.
 

Sie besuchten gemeinsam noch einige Parks, gingen auf kleine und größere Achterbahnen und der Tag neigte sich langsam dem Ende zu. Im Dunkeln sah der Park noch viel schöner aus und strahlte in den hellsten Farben.

„Sieht wirklich schön aus“, schwärmte Mimi. Sie saßen gerade auf einer Bank und ruhten sich aus.

„Jap, war eine gute Idee, hierher zu kommen.“

„Aber so langsam sollten wir wieder los. Meine Füße tun weh“, beschwerte sich die Jüngere und massierte schonend ihre Waden.

„Muss ich dich jetzt etwa tragen?“, fragte Ethan grinsend nach.

„Ich glaube ganz so schlimm ist es nicht...“

Schmunzelnd gingen sie wieder zurück zu dem Busbahnhof, der sie zurück zur Uni bringen würde.

Desto näher sie der Campus kamen, desto aufgeregter wurde sie. Auch Ethan schien dies zu bemerken und musterte sie argwöhnisch. Mimi antwortete entweder einsilbig oder gar nicht und bevor sie den Campus erreichten, hielt Ethan sie am Arm zurück.

„Okay Mimi, was ist los? Der Tag war so entspannend, was ist passiert, dass du auf einmal wieder so abweisend bist?“

Mimi räusperte sich. Die ganze Zeit spuckte nur ein Gedanken durch ihren Kopf. Sollte sie Ethan jetzt küssen oder nicht? Es war sicher dämlich sich deshalb so viele Gedanken zu machen. Es war schließlich nur ein Kuss, aber ein Kuss konnte eine ganze Situation verändern. Besonders der erste Kuss. Was, wenn Ethan sich mehr versprechen würde? Was wenn er ihr besser gefallen würde, als ihr lieb war?

„Nichts… ich bin nur müde“, log Mimi und auch Ethan glaubte ihr kein Wort.

„Du hast schon mal besser gelogen, Mimi“, kam es enttäuschend aus dem Braunhaarigen. Ethan wollte sich gerade umdrehen und losgehen, als Mimi ihn aufhielt.

„Warte bitte.“ Ganz leise rief sie ihm nach. Ihre Stimme klang zerbrechlich und auch Ethan konnte nicht weiter gehen, sondern drehte sich zur Jüngeren um. Fragend sah er sie an und seufzte ergeben auf. „Es ist wegen dem Kuss...“

Der Braunhaarige schien immer noch nicht ganz zu verstehen. „Moment. Hast du dir jetzt ernsthaft Gedanken darum gemacht, ob du mich küssen möchtest, oder nicht?“

„Irgendwie schon...“, murmelte Mimi unbeholfen.

„Oh man!“ Ethan schüttelte den Kopf, ging zur Kleineren und blieb wenige Zentimeter vor ihr stehen. „Mimi, wenn du mich küssen willst, dann wirst du es wissen. Das war eben ein Scherz, wenn du es nicht willst, werde ich dich sicher nicht dazu bringen. Okay?“ Mimi nickte leicht mit dem Kopf. „Du verpasst ja nur den besten Kuss aller Zeiten“, kam es überheblich aus dem Studenten.

Gleich musste die Jüngere mit den Augen rollen, aber dennoch kichern. „Ich denke ein kleiner Abschiedskuss wäre okay. Für den wirklich schönen Tag.“

Ethan zog eine Augenbraue hoch und wusste offenbar nicht, ob es ihr ernst war. "Bist du sicher?“

„Ja.“
 

Mimi stellte sich auf ihre Zehenspitzen, schloss ihre Augen und hauchte dem Älteren einen Kuss auf den Mund. Ihre Münder blieben noch einen Moment aufeinander kleben und schließlich küsste der Braunhaarige die Jüngere zurück. Mimi neigte ihren Kopf und diesesmal küsste sie Ethan länger, auch der Ältere kam ihr etwas entgegen und intensivierte den Kuss. Sanft fuhr er mit seiner Zunge über ihre Lippen, neckte sie und bat stumm um Einlass. Schließlich erlaubte sie es ihm und schon spielten ihre Zungen wild und neckend miteinander. Sie legte ihre schlanken Arme um Ethan und auch er zog sie näher an sich heran. Schließlich unterband Ethan den Kuss zur Jüngeren und lächelte keck.

„Ich oder besser wir sollten aufhören, bevor ich meine Gefühle nicht mehr unter Kontrolle habe.“ Er grinste sie frech an und Mimi nickte nur stumm. Dieser Kuss war anders, als den den sie mit Kisho verband. Er bedeutete ihr etwas.

„Komm gut nach Hause, Mimi.“ Ethan lächelte und sah noch wie Mimi ins Wohnheim zusteuerte, dann ging auch er zurück in sein Wohnheim.
 

21.04.2012
 

Es war jetzt gut eine Woche her, dass sie Mimi und Ethan sich geküsst hatten. Der Kuss ging ihr die ganze Zeit nicht mehr aus dem Kopf, aber Ethan sprach sie nicht darauf an. Er wollte ihr wohl Zeit geben, als wüsste er, dass sie nicht darüber reden wollte. Natürlich hatte sie Nicole von dem Kuss erzählt. Ein Fehler, denn diese war gleich Feuer und Flamme und malte lauter "Mimi + Ethan forever"-Herzen auf jedes Blatt Papier.

Heute war Samstag und diese Gelegenheit wollte Mimi nutzen, um endlich noch einmal mit Sora zu skypen. Es war tatsächlich seit Neujahr die erste Interaktion, außer gelegentlicher Kurznachrichten. Beide hatten einfach viel zu tun.

Mimi war schon online und wartete auf ihre beste Freundin und dann ploppte ein Fenster auf dem Laptop-Bildschirm auf und eine rothaarige Frau war zu sehen. „Sora“, quickte Mimi auf und lächelte breit.

„Hi Mimi, schön dich zu sehen. Wie geht es dir?“, fragte diese sogleich nach.

„Gut und dir?“ Ihr Lächeln sagte eigentlich schon alles. Lange hatte sie Sora nicht mehr so unbeschwert gesehen.

„Sehr gut.“

„Liegt das etwa an einem gewissen Modedesigner?“, fragte die Brünette grinsend nach.

„Schon möglich“, erwiderte Sora geheimnisvoll.“

„Das ist nicht dein Schlafzimmer, also bist du wo?“

„Ich bin in Nagoya, bei Akuma. Er musste schon los und so können wir ganz entspannt quatschen.“

„Du bist wirklich oft da“, stellte die Jüngere fest.

„Na ja, du weißt ja selber, wie schwer Fernbeziehungen sind. Innerhalb Japans ist es schwer, aber nicht so unmöglich wie auf zwei verschiedenen Kontinenten. Wir schaffen es, uns einmal im Monat für ein paar Tage zu sehen. Einmal kommt er nach Tokio und dann fahr ich wieder zu ihm nach Nagoya. Es ist toll, wenn beide das Gleiche wollen und sich dementsprechend einbringen.“

„Ja, ich verstehe was du meinst und ich freue mich für dich. Du? Sora?“

„Ja?“ Gleich war die Rothaarige leise und sah neugierig zu ihrer Freundin.

„War es schwer, sich auf jemand Neuen einzulassen? Nach der Sache mit Matt?“, fragte Mimi leise nach.

Kurz wurde der Blick der Älteren traurig und sie nickte mit dem Kopf. „Ja, sehr sogar.“

Mimi glaubte ihr sofort. Es wäre nicht Sora, würde es ihr nicht schwer fallen.

„Ich dachte etwas unverbindliches wäre genau das richtige um über Matt endgültig hinweg zu kommen. Eigentlich bin ich nicht der Typ für One-Night-Stands und Affären, das weißt du selber, aber ich war auch noch nicht soweit mich wieder jemanden fest zu binden. Schließlich haben wir viel Kontakt gehabt und uns besser kennengelernt. So habe ich Gefühle für Akuma entwickelt und ihm erzählt wie ich zu uns stehe und er war gleich meiner Meinung. Wir haben es langsam angehen lassen und jetzt fühle ich mich wirklich wohl. Warum fragst du? Hast du jemanden kennengelernt?“

Mimi lächelte. Klar das Sora gleich eins und eins zusammen zählte. „Nicht neu kennengelernt, es ist immer noch Ethan.“

„Der ist echt hartnäckig. Der erinnert mich ein bisschen an T… Ach egal...“

„An Tai?“, fragte Mimi nach. Ja auch ihr waren schon ein paar Parallelen zwischen Ethan und Taichi aufgefallen. Das machte es aber nicht einfacherer.

„Etwas“, nuschelte die Rothaarige.
 

„Hat er? Also Tai eine neue Freundin?“ Eigentlich wollte Mimi das gar nicht wissen. Je nachdem welche Antwort Sora ihr geben würde, würde es ihr Herz erneut brechen. Dabei hielt es gerade so einigermaßen.

„Also zuletzt habe ich ihm im März getroffen, da hatte er keine“, antwortete Sora. „Kommst du jetzt eigentlich zur Hochzeit? Bitte Mimi… du musst kommen. Wir sind doch alle da. Scheiß auf Tai. Matt kommt auch, also brauche ich dich, um das zu überstehen.“

„Ja, ich denke schon. Ich werde Joe und Saorio noch Bescheid geben.“

„Du kannst auch Ethan mitbringen, dann bist du nicht so alleine“, überlegte Sora.

„Nein, wenn, dann komme ich alleine. Wenn ich ihn als Date zu einer Hochzeit einer meiner besten Freunde mitnehme, bedeutet das etwas.“ Mimi wusste noch nicht, ob sie dieses Zeichen setzen sollte. „Hoffentlich hat Joe genügend Alkohol auf dieser Hochzeit.“

„Klar, weiß du eigentlich wer die Trauzeugen sind?“ Mimi schüttelte ihren Kopf.

„Izzy und Yolei. Izzy ist für die Organisation zuständig und glaube mir, Yolei kümmert sich um den Rest. Ich bekomme jeden zweiten Tag eine neue Nachricht. Sollte ich jemals heiraten, werde ich Yolei sicher nicht zur Trauzeugin machen.“

„Ich hoffe doch, dass ich deine Trauzeugin werde“, grinste Mimi überheblich.

„Wenn ich deine werde“, lächelte Sora und streckte ihr die Zunge raus.

„Tzz… dazu müsste ich erst einmal einen Mann finden.“

„Also abgemacht. Du kommst?“, fragte die Rothaarige nochmal ernst nach.

Mimi nickte. "Ich werde Tai einfach ignorieren. Ich sehe euch und Halloooo Joe heiratet!“

„Ja, ich weiß. Ziemlich unglaublich. Dann gib mir nachher nochmal deine Maße durch!“

„Warum das denn?“, fragte die Jüngere irritiert.“

„Weil es Saoris Wunsch, oder Yoleis Wunsch war… Ich weiß es nicht mehr genau. Auf jeden Fall sollen wir Brautjungfer alle dasselbe Kleid anziehen“, erklärte Sora ihr.

„Ähm… Moment seit wann bin ich eine Brautjungfer? So gut kenne ich Saori doch gar nicht.“ Die Jüngere konnte sich das nicht vorstellen. Sicher hatte Sora da was falsch verstanden.

„Nein… Saori oder Yolei… hmm… zu viele Information, haben gesagt, das wir vier. Also du, ich, Kari und Yolei das gleiche Kleid anziehen sollen. Nur Yolei bekommt als Trauzeugin eine kleine Besonderheit.“

„Ähm… Okay...“ Jetzt war Mimi wirklich baff. Damit hätte sie nicht gerechnet.

„Gut, dann wäre das ja geregelt. Ich muss jetzt los und denke daran, mir deine Maße noch zuzuschicken. Ich schicke dir dann später schon mal die Skizze per Mail. Dann kannst du dir in etwa vorstellen, wie es aussehen wird.“

Mimi nickte nur noch mit dem Kopf, lächelte und beendete das Gespräch.
 

Eine Stunde später bekam Mimi eine neue Nachricht auf ihre Handy. Sie öffnete diese und lachte laut los, als sie den Inhalt las.

>Ahhh Mimi. Es ist sooo cool, dass du kommst. Ich kann es kaum erwarten, dich zu sehen. Ich freue mich. Hast du schon das Kleid gesehen? Voll schön, ne? Und das Motto was sie haben, finde ich soo schön. Habe ich auch ausgesucht. Wann genau kommst du denn? Dann kannst du ja beim Junggesellenabschied auch dabei sein. Bingo. Ken kann mir schon gar nicht mehr zuhören. Ich soll dich lieb von ihm grüßen. Wir sehen uns. Kussi Yolei.<

„Ja, das ist ganz eindeutig Yolei. Bin gespannt, was sie sich alles ausgedacht hat.“

Mimi musste zugeben, dass sie sich sehr auf die Hochzeit freute. Wenn sie dem Fest auch mit gemischten Gefühlen gegenüberstand.

Die Jüngere wusste noch nicht genau, wann sie zurück nach Japan fliegen würde. Die Hochzeit war ja erst Ende Juli. Ob sie schon vorher fliegen sollte? Sie lehnte sich zurück auf ihr Bett, während sie sich erneut die Skizze von Sora ansah.

Ernste Absichten?

01.05.2012
 

Taichi Yagami wusste, dass er im gesamten letzten Jahr oft übers Ziel hinaus geschossen war. In den letzten Monaten, seit er im Dezember in Aoshima war, war er jedoch sehr viel ruhiger geworden. Er hatte kaum noch One Nights Stands oder Affären und konzentrierte sich mehr auf seine Familie und seine Freunde. Er tauschte den Alkohol und das Feiern gegen neue Hobbys und sein Studium. Auch wenn er sich noch nicht ganz von seinen Altlasten befreien konnte.

Während seines Sportstudiums konnte er die unterschiedlichsten Mannschaftssportarten kennenlernen und eine, abgesehen vom Fußball machte im besonders viel Spaß. Baseball. So begann er mit der neuen Sassion auch dort in einer Hobbymannschaft mitzuspielen. Auch wollte er die Organisationen besuchen, für die er vor über einem Jahr eine beträchtliche Summe Geld gespendet hatte. Er wollte wissen, was mit seinem Geld passiert war und wo genau es eingesetzt wurde. Die Familienhilfe Japan, die benachteiligten Kindern half.
 

Heute hatte Taichi einen Termin bei der Familienhilfe in Tokio und wollte selbst sehen, was genau dort geleistet wurde. Er traf sich mit einem ehrenamtlichen Helfer. Sie waren in einem großen Jugendheim und die meisten Kinder kamen aus ärmlicheren Verhältnissen. Irgendwie tat es es dem Yagami leid, dass er nicht mehr für die Kinder tun konnte, aber dennoch wollte er sie kennenlernen.

„Hallo Mr. Yagami, schön Sie kennenzulernen und vielen Dank nochmal für ihre großzügige Spende im letzten Jahr“, erwiderte der Mann freundlich.

„Ach was, das habe ich gerne gemacht. Mr.?“

Der Herr lächelte. „Hayakawa, freut mich sehr.“

„Mich auch.“

„Was genau führt sie denn heute hierher?“, fragte der Mann mit den schwarzen Haaren und Brille auf der Nase nach. Taichi schätzte ihn um die 30 Jahre ein.

„Ich wollte einfach wissen, was mit meinem Geld so passiert ist und wofür es eigentlich eingesetzt wurde. Also jetzt nicht jeder Cent, aber es interessiert mich eben.“

„Achso. Einige der Spenden, die uns erreichen, sind explizit für ein ganz bestimmtes Angebot oder eine ganz bestimmte Gruppe gedacht. Andere Spenden wiederum kommen der Jugendhilfe Tokio allgemein zu Gute und die Spenderinnen und Spender überlassen es uns, dass wir das Geld dort einsetzen, wo es am nötigsten gebraucht wird und am sinnvollsten ist. Wir verwenden unsere Spendengelder ausschließlich für Anschaffungen, Aktionen und gemeinsame Ausflüge, die direkt den Kindern und Jugendlichen zu Gute kommen und die ohne diese Spenden nicht möglich gewesen wären“, erklärte der Ältere.

„Das ist gut“, murmelte Taichi und beobachte ein paar Jungs, wie diese mit einem Fußball spielten.

„Wenn sie wollen, können Sie gerne mitmachen!“

„Ja?“

„Klar, die Kids freuen sich.“

Taichi grinste. Es machte ihm immer Spaß, wenn er den Ball durch die Gegend kicken konnte. Zudem er ja auch Erfahrung damit hatte, eine jüngere Mannschaft zu trainieren. Er näherte sich den Kids und ging vor ihnen in die Hocke. „Hey, habt ihr vielleicht Lust zu spielen?“, fragte er freundlich nach.

„Jaaa…“, antworteten die Kinder im Chor.

Im großen Garten stellten sie zwei Teams auf. Es war ein Spiel drei gegen drei.
 

„Wow Tai, das hat voll Spaß gemacht“, lachte ein kleiner Junge.

„Das freut mich sehr“, erwiderte Taichi und wuschelte dem Jungen durch die Haare.

„Kommt du nochmal vorbei und zeigst und ein paar Tricks?“, fragte ein anderer Junge mit großen Augen.

„Auf jeden Fall.“

„Cool...“ Die Kinder klatschten sich alle ab und spielten noch etwas weiter, während Taichi ihnen lachend hinterher sah.

„Spielst du nur mit Jungs?“, fragte ein kleines Mädchen mit langen brauen Haaren nach.

„Nein, wieso?“

„Weil die Jungs uns Mädchen nie mitspielen lassen… Die sind doof“, schmollte das Mädchen.

„Wenn du willst, können wir etwas zusammen spielen. Ein bisschen Zeit habe ich noch.“

„Oh ja...“ Ehe Taichi sich versah, reichte das Mädchen ihm eine selbstgebastelte Krone.

„Du bist jetzt mein Prinz...“

„Und lass mich raten, du bist die Prinzessin?“, fragte der Braunhaarige lachend nach.

„Natürlich, das ist ja auch mein Königreich und alle lieben mich.“ Das Mädchen nahm die Hand von dem Yagami und führte ihn zu einem Kindertisch mit einem gedeckten Teeset. „Du musst da sitzen“, sagte das Mädchen. „Was für einen Tee möchtest du trinken?“

„Ähm… einen schwarzen Tee“, antwortete Taichi höflich.

„Ne, der ist doof. Du bekommst einen Apfel-Vanille Tee“, beschloss das Mädchen und füllte seine Tasse auf.

Auch wenn aus der Kanne kein Tee herauskam, hob Taichi die Tasse an und trank einen Schluck daraus. „Der ist aber lecker.“ Wie oft er das in seiner Kindheit mit seiner Schwester spielen musste.

„Sag ich doch“, kicherte das Mädchen.

„Wie heißt du?“

„Hina“, antwortete das Mädchen.

Nach ein paar Minuten kam ein zweites Mädchen dazu und dann ein drittes. „Dürfen wir auch mitspielen?“, fragte sie neugierig nach und sahen zu dem großen jungen Mann.

Hina schüttelte vehement mit ihrem Kopf. „Nein, das ist mein Märchenprinz. Ihr müsst euch einen eigenen suchen“, sagte das kleine Mädchen und Taichi befürchtete schon, dass er hier nie wieder raus kam. Enttäuscht zogen die Mädchen ab.

„Ich sagte doch, die ist voll zickig“, sagte ein Mädchen zu dem Anderen, während diese bestätigend nickte.

„Das war aber nicht nett. Wieso hast du sie nicht mitspielen lasse“, fragte Taichi nach.

Das Mädchen drehte sich wieder zu Taichi um und zuckte mit ihren Schultern. „Die lassen mich sonst auch nie mitspielen. Ich spiele immer alleine… Geschwister habe ich auch keine. Die mögen mich nicht. Ich weiß nicht wieso…“ Betrübt setzte sich Hina auf ihren Stuhl und tunkte ein Plastikbrot in die leere Tasse.

„Dann solltest du sie erst recht mitspielen lassen.“

Irritiert zog Hina eine Augenbraue hoch. „Warum das denn?“

„Weil sie dann sehen, dass du viel cooler und netter bist als sie...“

Hina sah zu den Mädchen die zu den Regalen mit den Gesellschaftsspielen gingen. Betrübt seufzte sie auf. „Na gut... Kanon? Yua? Wollt ihr vielleicht doch mitspielen?“

Gleich drehten die zwei Mädchen den Kopf, lächelten und kamen an den Kindertisch.
 

Eine halbe Stunde spielte Taichi mit den Kindern, dann musste er leider los.

„Musst du wirklich schon gehen?“, fragte Yua nach.

Taichi nickte. Leider hatte er noch Termine und der Rückweg würde auch locker eine Stunde dauern.

Hina stand auf, ging um den Tisch herum und umarmte Taichi fest. „Danke, dass du heute mein Märchenprinz warst.“

Taichi lächelte sanft und erwiderte die Umarmung. „Ich war sehr gerne dein Prinz.“

„Du musst unbedingt wiederkommen. Fest versprochen, ja?“ Hina hielt dem Sportstudenten ihren kleinen Finger hin.

Taichi legte seinen kleinen Finger um ihrem und nickte. „Fest versprochen.“

„Na los Kinder, jetzt lasst Taichi mal gehen. Er war jetzt den ganzen Tag hier“, sprach Herr Hayakawa.

„Ist schon in Ordnung. Es hat wirklich Spaß gemacht“, antwortete Taichi und erhob sich schließlich. Die ganze Zeit auf diesem Kinderstuhl, war die reinste Qual für einen großen Mann, wie er einer war.

„Vielen Dank, dass sie sich die Zeit genommen haben. Sie sind jederzeit herzlich Willkommen.“

„Danke, Herr Hayakawa. Es hat mir auch wirklich gefallen. Ich komme auf jeden Fall wieder.“
 

13.05.2012
 

„Joe, heute ist dein 24. Geburtstag und nächsten Monat heiratest du schon. Ich kann gar nicht glauben, wie schnell das jetzt alles geht“, meinte Sora freundlich, während sie in ihrer Kaffeetasse rührte.

Heute feierte Joe seinen 23. Geburtstag. Er hatte keine Lust gehabt zu feiern, da er nächsten Monat noch genug feiern würde, aber zum Kaffeetrinken waren ein ein paar Freunde dann doch vorbei gekommen.

„Ja und es gibt immer noch so viel zu tun“, erwiderte Joe und rückte seine Brille zurecht. „Saori ist fast nicht wieder zu erkennen und Yolei… Oh man, sie streckt Saori förmlich mit ihrer Energie an.“

„Klingt, als würden die Hochzeitsvorbereitungen großen Spaß machen“, lachte Taichi.

„Ja… sehr.“ Joe seufzte. Es war nicht so, dass es ihm nicht gefiel, nur diese ganzen Kleinigkeiten, welche Blumen auf den Tischen standen oder wie der Saal geschmückt werden würde, das interessierte ihn einfach weniger. „Immerhin haben wir eine gute Hochzeitsband.“

„Matt hat also zugesagt?“, fragte Taichi gleich nach.

„Ja, er wollte sogar extra einen Song für die freie Zeremonie komponieren, da bin ich wirklich gespannt. Saori bekommt sich deshalb schon gar nicht mehr ein. Ich kenne sie so gar nicht...“

„Wie viele Zusagen habt ihr denn bisher?“, fragte Koushiro nach. Der hatte dieses Mal nur ein Tablet dabei, statt seines Laptops, und wollte wissen, ob es eine neue Anzahl bezüglich der Gästeliste gab.

„Ähm… Ich habe ein bisschen den Überblick verloren. Ich werde nachher mal Saori fragen und schicke es dir dann per Mail.“

„Alles klar. Tai, kommst du jetzt eigentlich mit oder ohne Date?“, fragte Koushiro bei seinem Freund nach. Das auch nicht zum ersten Mal, diese Frage stellte er ihm bereits seit zwei Monaten.

„Ich weiß es nicht“, antwortete der Braunhaarige.

„Datest du denn gerade ein Mädchen?“, fragte Sora interessiert nach.

Taichi schüttelte seinen Kopf. „Nein, nicht so direkt, aber...“

„Aber…?“, hakte die Rothaarige nach.

„Na ja, eventuell komme ich doch mit einem Date. Ich denke, ich kann dir nächste Woche Bescheid sagen.“ Taichi wand sich von Sora an Koushiro und hoffte, dass die Diskussion damit zu Ende war.

„Das wäre gut. So langsam müssten wir wirklich wissen, wie viele genau kommen, damit wir die Tischplanung angehen können“, sprach Saori, die gerade den Raum betrat und vor Joe einen Käsekuchen stellte. Der lächelte seine Verlobte sanft an, ehe er die Kerzen auf dem Kuchen auspustete und seinen Freunden, seiner Verlobten und sich selbst ein Stück von dem Kuchen auf die Teller verteilte.
 

Taichi und Sora verabschiedeten sich von Joe und Saori und gingen zu den U-Bahn Stationen.

„Du… Tai?“, setzte Sora an.

„Ja?“

„Wen… also ich meine, wen willst du denn zu der Hochzeit mitnehmen?“

Taichi seufzte auf und vergrub seine Hände in seiner Hosentasche. „Mit Juna, aber wie gesagt, dass steht noch gar nicht fest.“

„Juna? Von der habe ich noch nie etwas gehört. Wer ist das?“, fragte Sora neugierig nach.

„Juna ist die Tochter von dem neuen Freund meiner Mutter.“

Augenblicklich blieb Sora stehen und hielt Taichi am Arm fest, damit dieser ebenfalls stehen blieb. „Juna? Wie kommt es denn bitte dazu?“

„Keine Ahnung, nachdem unsere Eltern einen auf Big Love machen, haben wir uns eben kennengelernt und ganz gut verstanden. So kam eines zum Anderen und wir haben uns auch ein paar Mal zu zweit getroffen“, erklärte Taichi neutral.

„Und du hältst das wirklich für eine gute Idee?“, fragte Sora noch einmal nach.

„Warum denn nicht? Darf ich kein Date mitnehmen? Du nimmst doch auch Akuma mit.“

„Doch schon, aber ich dachte eben nicht, dass es so ernst ist.“

„Na ja, ist es auch nicht, aber wenn man nichts riskiert, wird es das auch nie. Vielleicht nehme ich sie nur zum Polterabend mit und nicht zur eigentlichen Hochzeit. Ich weiß es nicht, vielleicht lasse ich es auch bleiben. Ich habe sie ja nicht mal gefragt, wie hatten schließlich erst ein richtiges Date.“

Sora nickte schließlich und wollte für den Moment nicht weiter nachbohren. „Okay, du wirst schon wissen, was du tust. Hoffe ich.“ Den letzten Teil nuschelte sie eher, als dass sie es laut sagte.

„Ich glaube es wird so langsam an der Zeit alte Zelte abzubrechen und sich auf neues einzulassen. Ich weiß nicht, ob Juna dafür die Richtige ist, aber ich würde gerne wieder nach vorne sehen, weißt du?“

Sora nickte. Ja, sie konnte ihren besten Freund nur zu gut verstehen. Einer der Gründe warum sie sich auf Akuma eingelassen hatte. Die Vergangenheit hinter sich lassen. Wenn er nur wüsste, dass das alles andere als einfach war, aber diese Erfahrung müsste er wohl selber machen.
 

22.05.2012
 

In knapp einem Monat würde die Hochzeit von Joe und Saori stattfinden. Bisher hatte er Juna noch nicht gefragt, ob sie ihn zum Polterabend und zur Hochzeit begleiten wollte. Heute hatten sie ihr zweites Date. Ein DVD-Abend bei ihm zu Hause. Eigentlich wusste so ziemlich jeder, welches Synonym hinter den Worten Date und DVD-Abend steckte und je nachdem wie der Abend verlief, würde er sie fragen oder eben nicht. Gerade kam er aus dem Badezimmer und legte sich seine Armbanduhr um, als es auch schon an der Türe klingelte.

„Sie ist verdammt pünktlich“, murmelte der Braunhaarige, der noch nicht mal dazu gekommen war, im Wohnzimmer weiter aufzuräumen. Schnell schnappte er sich die restlichen Klamotten die auf dem Fußboden lagen und warf sie in seinen Kleiderschrank. Die Hälfte von den Sachen musste er zwar erst noch waschen, aber dafür hatte er keine Zeit. Es klingelte erneut.
 

Tai lief zur Türe und ließ Juna herein. „Hey“, schnell zupfte er an seinem Shirt und versuchte so ein paar Knitterfalten glatt zu bekommen. Manchmal vermisste er es schon, noch bei seiner Mutter zu wohnen. Bügeln war nun wirklich nicht seins.

„Hallo Tai“, murmelte Juna schüchtern.

Kurz checkte der Sportstudent das Mädchen ab. Schwarze lange Haare, die etwa bis zu ihren Schultern gingen und hinten kürzer und vorne länger waren. Sie hatte dunkelbraune Augen und trug ein schlichtes Sommerkleid. In den Händen hatte sie eine Tüte mit lauter Leckereien dabei, die sie ihm verlegen reichte. „Du hättest doch nichts mitbringen müssen.“

Eigentlich wollte Taichi ja kochen oder es zumindest versuchen. Ein paar Sachen gelangen ihm mittlerweile auch ganz gut, aber er hatte keine Zeit mehr gehabt, weil er am Vormittag noch etwas länger bei einem Termin war.

„Ach sind nur Kleinigkeiten. Deine Ma hat mir verraten, dass du das ganz gerne magst.“

„Oh cool.“ Kurz öffnete er die Tüte und sah hinein. Es waren wirklich viele Dinge die er gerne aß und er hatte nicht mal etwas für sie. Wie unangenehm. Etwas unsicher sah Juna sich in der Wohnung um und wusste offenbar nicht, ob sie weiter eintreten sollte, oder nicht. „Wie du siehst, da vorne ist schon das Wohnzimmer.“ Taichi zeigte mit einer Geste seine kleine Wohnung und eröffnete ihr damit weiter einzutreten.

Juna zog ihre Sandalen aus und stellte sie fein säuberlich auf der Fußmatte ab. Sie folgte Taichi ins Wohnzimmer und setzte sich mit etwas Abstand auf die Couch neben den Älteren.

„Und welche Filme hast du dir ausgeliehen?“, fragte Juna interessiert nach.

„Ähm… Warte.“ Taichi hatte seine Schwester darum gebeten, ihm ein paar Filme zu leihen, weil er keine typischen Frauenfilme in seiner Wohnung hatte.

„Den Film mag ich“, murmelte Juna und hielt Taichi die DVD vor. >Meine erfundene Frau<

„Okay, gib mir den Film. Ich leg ihn rein.“

Taichi legte die DVD in seine Play Station ein und bediente mit dem Controller die Eingabe. Sekunden später lief der Film. Taichi setzt sich zurück auf die Couch und sie öffneten die erste Chipspackung.
 

Der Film war zu Ende. Taichi und Juna hatten sich während des Films ein bisschen unterhalten, jedoch herrschte die meiste Zeit über betretendes Schweigen.

„Der Film war gut“, murmelte Taichi um die Stille wieder zu unterbrechen.

„Hmm...“ Juna nahm sich das Glas, welches auf dem Tisch stand und trank einen großen Schluck daraus. „Hast du noch etwas?“, fragte sie unsicher nach.

„Klar“, lächelte Taichi, nahm sich das Glas der Schwarzhaarigen und ging zur Kochnische. „Puh.“ Taichi legte den Kopf in den Nacken und hatte nicht die geringste Ahnung, wo das hinführen würde. Juna war zwar nett, aber eigentlich nicht sein Typ. Der berühmte Funke sprang einfach nicht über. Lag es an ihm? Gab er sich einfach nicht genug Mühe? Juna war doch wirklich hübsch und clever. Er sollte sich vielleicht mehr ins Zeug legen, dann würde er auch nicht ohne Date auf der Hochzeit auftauchen müssen. Juna wäre sicher eine angenehme Begleitung, aber wollte er das?

Der Sportstudent holte eine Flasche Cola aus dem Kühlschrank und füllte das leere Glas auf. Er schlug die Kühlschranktür wieder zu und ging mit dem Glas zurück ins Wohnzimmer. „Bitte.“

„Danke“, lächelte die Schwarzhaarige höflich.

Taichi setzte sich neben Juna auf die Couch. Diese ganzen Höflichkeiten gingen ihm auf die Nerven. Sie waren doch keine 15 Jahre mehr. Er setzte sich gleich neben sie und ließ kaum einen Abstand zwischen ihnen. Taichi drehte seinen Kopf zur Jüngeren und sah sie direkt an. Juna schüchterte etwas unter diesem intensiven Blick ein und bekam gleich rötliche Wangen. „Juna“, hauchte Taichi nah an ihrem Ohr, was dafür sorgte, dass sich ihre Nackenhaare aufstellten.

„Ja?“, murmelte sie unsicher.

„Du bist wirklich hübsch. Weißt du das?“

„Ähm… Danke...“ Gleich färbten sich die Wangen der Jüngeren in ein dunkleres rot und sie musste einen Kloß im Hals runter schlucken.

„Ist dir die Nähe irgendwie unangenehm?“, fragte Taichi nach. Er wollte sie nicht zu etwas drängen, was sie nicht wollte.

Juna schüttelte gleich ihren Kopf. „Nein, ich ähm… mag dich...“ Noch röter konnte ein Mensch wahrscheinlich nicht sein.

Kurz zog Taichi misstrauisch seine Augenbrauen zusammen. Sie mochte ihn? Mögen im Sinne von lieben? Verliebt sein? Wenn ja, sollte er jetzt besser den Abend beenden. Er wollte ihr ja nicht unnötig weh tun. Er war sich ziemlich sicher, dass er so nicht für sie empfinden würde und da ihr Vater mit seiner Mutter zusammen war, sollte er sich jetzt zusammenreißen. „Weißt du, vielleicht wäre es besser, wenn wir...“
 

Taichi kam nicht dazu, seinen Satz zu beenden, da unterbrach Juna ihn und küsste ihn auf dem Mund. Erst nur kurz und sanft, doch als Taichi gerade nachfragen wollte, was das war, küsste sie ihn erneut und legte ihre Arme um den Sportler. Sie schien ihre Schüchternheit wohl überwunden zu haben.

„Bist du sicher?“, fragte der Braunhaarige nach, als ihre Münder voneinander ließen. Juna nickte schwach und küsste ihn erneut. Sie neselte an seinem Shirt und griff nachdem Saum. Sie hob es an, doch Taichi unterbrach sie. „Vielleicht sollten wir diesen Schritt jetzt noch nicht gehen und uns etwas Zeit lassen“, erwiderte Taichi.

Juna lief erneut rot an und rutschte panisch von seinem Schoß runter. „Entschuldigung, wie dumm von mir.“

„Nein, es ist nur… ähm.“ Was sollte er denn jetzt nur sagen? „Du bist mir viel zu wichtig, als dass ich es nur auf das Eine absehe. Wir haben doch Zeit.“ Hatte er das jetzt wirklich laut gesagt? Jetzt machte sie sich doch nur noch mehr Hoffnungen.

„Du hast recht.“ Sanft lächelte Juna und legte sich eine Haarsträhne zurecht.

„Du Juna? Hast du kommenden Monat noch Zeit? Dann heiratet ein sehr guter Freund von mir und ich würde mich freuen, wenn du mich begleiten würdest. Hättest du Lust?“

„Ja, total gerne.“ Ihr Lächeln wurde noch strahlender und der Yagami musste schon zugeben, dass ihm das gefiel. Ja, es war die richtige Entscheidung sie zu fragen. „Super. Warte, ich hole die Einladungskarte, dann kannst du es dir aufschreiben.“

Der Braunhaarige reichte ihr die Einladungskarte und Juna notierte sich den Termin. Sie unterhielten sich noch eine Weile, kamen sich aber nicht mehr so nah, wie vorhin. Schließlich verabschiedete sich Juna von Taichi und der Braunhaarige dachte noch die ganze Zeit darüber nach, ob es eine gute Idee war, sie zu fragen. Er wusste immer noch nicht wann genau Mimi anreiste oder ob sie auch jemanden mitbrachte. Sein letzter Wissensstand lautete, dass sie wie Yamato kurz vor der eigentlichen Hochzeit kommen würde. Wie es wohl sein wird, Mimi nach all der Zeit wiederzusehen, ob sie sich freuen würde, ihn zu sehen? Bald würde er es erfahren.

Das Wiedersehen

08.06.2012
 

Mimi war zurück. Zurück in Japan, zurück in Tokio und sie hatte immer noch keine Ahnung, ob das gut oder schlecht war. Natürlich freute sie sich all ihre Freunde wiederzusehen und ganz besonders für Joe, der bald heiraten würde, aber dennoch blieb eine Sache, die ihr Hirn zermatterte. Taichi. Sie wusste, dass sie unweigerlich auch auf ihn treffen würde und sie wollte das nicht. Sie hatte sich ganz bewusst dazu entschieden, letztes Jahr in Florida zu studieren und nicht nach Japan zurückzukehren. Sie wollte nicht in Gefahr kommen, Taichi über den Weg zu laufen. Im letzten Jahr hatte sie vieles aufzuarbeiten gehabt und erst jetzt fühlte sie sich wieder richtig wohl in ihrer Haut. Sie wollte dieses Gefühl nicht wieder verlieren und in die Verfassung zurückkommen, in der ihr drohte, alles über ihr einzubrechen. Aber sie war stärker. Ihre Therapeutin hatte Mimi sogar ihre Handynummer für den Notfall mitgegeben. Mimi fragte sich, was eigentlich als Notfall galt. Dennoch hatte sie die Nummer in ihrem Handy eingespeichert.
 

Mimi stand mit ihrer Großmutter in der Küche und spülten gemeinsam das schmutzige Geschirr ab. Riku lächelte ihre Enkelin an, die gerade einen Teller von ihr entgegen nahm, den sie abtrocknete. „Schätzchen, möchtest du nicht deine Freunde anrufen?“, fragte die ältere Dame behutsam nach.

Mimi schüttelte ihren Kopf. Eigentlich wollte sie schon. Sie wollte nichts lieber als das, aber was, wenn Taichi auch da war? „Sie wissen noch gar nicht, dass ich wieder da bin. Sie denken, dass ich erst morgen wieder nach Japan komme“, erklärte Mimi und stellte den abgetrockneten Teller zu den Anderen.

„Warum hast du ihnen das gesagt?“

Mimi lächelte ihre Großmutter breit an. „Um ganz viel Zeit mit dir zu verbringen. Morgen ist Samstag. Was hast du bisher Samstags immer so gemacht?“

„Ähm… Samstags? Da gehe ich immer einkaufen, da fällt mir ein, dass ich später noch ein wichtiges Telefonat führen muss. Ich habe auf dem Wohnzimmertisch ein Rezept liegen. Könntest du zur Apotheke gehen und es mir holen?“

„Natürlich, kein Problem.“ Mimi trocknete ihre Hände am Geschirrtuch ab und legte es gefalten zurück auf die Fensterbank. „Ich gehe gleich los, dann können wir später noch zusammen kochen.“ Keine konnte so gut kochen, wie ihre Großmutter, da konnte noch nicht mal all die Sternerestaurants der Stadt mithalten. Die Brünette ging ins Wohnzimmer nahm sich das Rezept, steckte es in ihre Handtasche und ging los.
 

Gemütlich schlenderte sie durch die Straßen. Es war ein komisches Gefühl, als ob sie ewig nicht hier gewesen wäre. Dabei war es nur etwas länger als ein Jahr, aber Mimi war auch nicht mehr dieselbe. Sie ging in die Apotheke hinein und reichte dem Apotheker das Rezept ihrer Großmutter. Fünf Minuten später bekam sie die Bluthochdrucktabletten. Sie verabschiedete sich höflich bei dem Herrn und verließ die Apotheke wieder. Sie war noch nicht ganz um die nächste Straßenecke abgebogen, da erkannte sie ihre lilahaarige Freundin. Miyako zusammen mit einem Mädchen, das Mimi nicht kannte. Gleich versteckte Mimi sich hinter einem Auto. Nein, warum musste sie ausgerechnet an ihrem zweiten Tag auf Yolei treffen. Sie würde es gleich Hikari sagen und sie war die Schwester von…

„Mimi?“

„Verdammt...“, murmelte sie und sah weiter betreten auf die Straße.

„Bist du das wirklich?“, fragte Miyako freudig nach. „Oh ja, du bist es. Was machst du da?“

„Ich… ähm...“ Mimi tastete die Straße ab und hob einen Kugelschreiber auf, den sie dort fand. „Ist mir gerade runtergefallen.“

„Ah… Lass dich drücken...“ Die Brünette hatte nicht mal Zeit ihren nicht verlorenen Kugelschreiben einzupacken, da umarmte die Brillenträgerin sie schon stürmisch. „Es ist so schön dich zu sehen. Seit wann bist du wieder hier? Ich dachte du kommst erst Morgen wieder? Man, das ist lange her, viel zu lange. Du siehst toll aus. Sieht sie nicht toll aus?“, fragte Miyako das Mädchen, das neben ihr stand und das Mimi nicht kannte.

„Ja, sieht sie wirklich“, lächelte das Mädchen.

„Oh kennst du eigentlich schon Yuzu? Das ist Izzys Freundin.“

Mimi wurde prompt noch blasser im Gesicht. Izzys Freundin, Izzy der ebenfalls befreundet war mit … Sie riss sich zusammen. „Freut mich. Ich bin Mimi Tachikawa. Ich bin mal mit Izzy in einer Klasse gewesen.“

„Ja, ich weiß, die verlorene Freundin...“

„Verloren?“, fragte Mimi missmutig nach. War sie das? Die verlorene Freundin? Yuzu winkte ab und nahm ihr Handy hervor. „W-was machst du?“, fragte Mimi irritiert nach.

„Na, ein Foto von dir, das glaubt mir Izzy doch sonst nie.“

„Nein, bitte nicht. Bitte sagt noch keinem, dass ich schon wieder zurück bin. Bitte.“ Flehend sah die Brünette zu Miyako.

„Klar, kein Problem, wenn es dir so wichtig ist.“

„Danke. Ja, ist es.“

„Mimi, ist alles okay?“

„Ja, schon. Es ist nur, ich bin noch total erledigt von dem Flug und meiner Oma geht es nicht so gut. Deswegen bin ich ein paar Tage früher gekommen, um mich um sie zu kümmern.“ Schnell holte die Brünette die Tüte der Apotheke hervor, welche ihre Lüge unterstrich. Sie kam sich verdammt dämlich vor, ihre Großmutter als schlechte Ausrede zu benutzten und eine ihrer Freundinnen anzulügen, aber gerade ging es nicht anders.

„Oh, ich hoffe es geht ihr bald besser“, erwiderte Miyako mitfühlend.

„Danke, ich hoffe es auch. Wir sehen uns ja spätestens in drei Tagen auf dem Polterabend.“

„Ich hoffe es doch. Ich habe dich vermisst“, lächelte die Brillenträgerin.

„Ich dich auch, aber bitte sag es noch niemanden. Auch nicht Kari, okay?“

Miyako nickte, auch wenn sie es nicht ganz verstand. „Ich habe es doch schon gesagt. Ich halte meinen Mund. Ich kann das.“

Mimi lächelte und umarmte die Lilahaarige nochmal. Gott, sie hatte sie wirklich vermisst.

„Okay, ich muss dann. Meine Oma wartet. Also bis dann.“ Zügig ging Mimi auf die andere Straßenseite und ließ die beiden jungen Frauen stehen.

„Hmm… war irgendwie komisch, oder?“, fragte Yuzu nach.

Miyako nickte und sah ihrer brünetten Freundin noch eine Weile hinterher. „Sie hat auch viel durchgemacht. Ich glaube sie hat Angst davor ihren Ex-Freund zu treffen“, mutmaßte die Brillenträgerin.

„Tai?“, fragte Yuzu nach.

Miyako nickte. „Den wird sie aber bald wiedersehen. Sie weiß, dass er auf die Hochzeit geht?“

„Davon gehe ich aus. Vielleicht hofft sie, dass es bei diesem einem Mal bliebt. Sag Izzy bitte nichts.“

„Okay, eigentlich finde ich das zwar nicht so toll. Izzy ist nun wirklich nicht der Typ, der gleich nach seinem Handy greift und es Tai erzählt, aber gut. Ich will es mir auch nicht mit ihr verscherzen.“

„Ach, da muss echt viel mehr als das passieren. Frag Tai“, erwiderte Miyako sarkastisch und auch die Freundinnen gingen weiter, während Miyako immer wieder an Mimi denken musste.
 

09.06.2012
 

„Und wie ist es wieder in Tokio zu sein?“, fragte Ethan nach. Mimi und Ethan skypten miteinander. Jeden Tag und Ethan schlug sich deshalb die halbe Nacht um die Ohren, was Mimi irgendwie süß fand.

„Schön, habe gestern eine Freundin getroffen. Sie kommt morgen vorbei. Sie heißt Yolei und ist total crazy, aber auf eine wirklich liebevolle Art und Weise.“

„Das ist schön und sonst gehts dir gut? Du hast schon wieder deine Sorgenfalte auf deiner Stirn.“

Sofort tastete Mimi ihre Stirn ab und strich sie glatt, was Ethan zum Schmunzeln brachte.

„Jetzt ist es natürlich gleich viel besser“, scherzte der Braunhaarige.

„Lass das. Erzähl lieber, wie ist es in San Francisco so ist.“

„Hab mich auch mit ein paar Kumpels getroffen und natürlich will auch meine Familie, dass ich Zeit mit ihnen verbringen, das Übliche eben.“

„Verstehe...“, murmelte sie nachdenklich und betrachte die Kamera ihres Laptops.

„Mimi komm schon. Was ist los?“, fragte Ethan erneut nach.

„Es ist etwas komisch wieder hier zu sein. Eigentlich ist das ja meine Heimat, ich bin immer sehr gerne zurückgekommen, aber dieses Mal… Es fühlt sich an, als ob ich ein Fremdkörper wäre und nicht hierher gehöre“, gestand Mimi schließlich.

„Das ist doch Blödsinn. Sicher kommt es dir nur so vor, weil du solange nicht da warst und du nicht immer alles mitbekommen hast, aber sobald du wieder Zeit mit deinen Freundinnen verbringst, wird es so sein wie vorher. Gestern als wir gezockt und dann um die Häuser gezogen sind, war das ganz genauso. Als wäre es all die Wochen davor genauso gewesen“, erwiderte Ethan und trank die Dose Red Bull leer. „Versuchst du krampfhaft wach zu bleiben?“, kicherte Mimi.

„Wenn ich dich dadurch sehen kann, mach ich das gerne...“

„Ist doch doof. Du solltest schlafen. Jetzt. Ab ins Bett mit dir!“

„Kommst du mich zudecken?“, fragte Ethan grinsend nach.

Belustigt schüttelte die Brünette ihren Kopf. „Wird nichts. Sorry. Da musst du wohl von träumen.“

Ethan grinste breit und zeigte somit seine weißen Zähne. „Wenn du wüsstest, was ich träume, würdest du garantiert nicht da sitzen.“

„Okay, gute Nacht großer Ethan“, erwiderte Mimi lächelnd und schüttelte belustigt ihren Kopf.

„Gute Nacht, kleine Mimi.“ Sie verabschiedeten sich tatsächlich voneinander und Mimi schaltete ihren Laptop aus.
 

10.06.2012
 

Nervös ging Mimi durch den großen Flur. Sie atmete tief ein und aus. Vor drei Tagen war sie wieder in Japan gelandet und hatte sich bei ihrer geliebten Großmutter breitgemacht. Sie war eingeladen worden und das aus einem besonders Grund heraus. Joe würde seine Verlobung feiern. Ja, Joe würde heiraten und zwar seine Verlobte Saori. Mimi hatte sie sogar schon mal kennengelernt, vor zwei Jahren, auf der Einweihungsparty von Sora und Matt. Damals war Saori als Joes Begleitung mitgekommen und ja, kurz danach wurden sie ein Paar und waren seitdem zusammen. Mimi freute sich sehr für ihren älteren Freund, der sein Glück gefunden hatte, während sie...

Traurig schüttelte Mimi ihren Kopf. Solche Gedanken hatten hier und heute nichts zu suchen. Heute war ein freudiger Anlass. Joe und Saori feierten ihren Umtrunk. Zwei Wochen später war die eigentliche Hochzeit, vier Wochen würde Mimi insgesamt in Tokio bleiben.
 

Mit klopfendem Herzen kam sie dem großen geschmückten Raum näher. Sie blieb kurz vor der Tür stehen, musste tief Luft holen. Sicher würde sie hier auch auf ihn treffen. Auf Taichi. Sie fühlte sich noch gar nicht dazu bereit, ihn wiederzusehen. Es war so viel passiert in den letzten zwei Jahren und Mimis Herz versetzte ihr jedes Mal einen schmerzhaften Stich, wenn sie an diese Zeit zurückdachte. Sie schüttelte ihren Kopf, während ihre Haare mit hin und her schwangen. Sie setzte erneut einen Fuß vor den anderen, als sie schließlich im Raum stand und als erstes den Braunhaarigen sah. Es war als würde sie sofort wie ein Magnet von ihm angezogen werden und sich nicht dagegen wehren können. Er jedoch sah sie nicht. Nein, er war beschäftigt, denn er küsste gerade ein anderes Mädchen. Mimi hielt sich gleich die Hand vor ihrem Mund, ging einige Schritte rückwärts, ehe sie sich umdrehte und panisch die Flucht ergriff.

Nein, dafür war sie nicht bereit.
 

Stürmisch lief Mimi durch den Flur. Wo musste sie hin? Wo sollte sie hin? Sollte sie weglaufen oder bleiben? Konnte sie das den ganzen Abend durchstehen?

Sie stieß hastig die Türe der Damentoilette auf und schloss sich in einer Kabine ein. Sie rutschte mit dem Rücken an der Türe hinab, während sie ihre Arme auf ihren Knie abgestürzt hatte, ihren Kopf hängen ließ und zu weinen begann. Sie hatte ihn verloren. Ihre große Liebe. Sie hatten es nicht geschafft zusammenzubleiben, obwohl sie es sich versprochen hatten. Taichi hatte eine neue Liebe gefunden, ein neues Mädchen war an seiner Seite, ein anderes Mädchen machte ihn jetzt glücklich. Nicht mehr sie. Seine Lippen lagen nicht mehr auf den ihren. Sie war Vergangenheit. Nichts als eine Erinnerung, die mehr und mehr verblasste.
 

Die Brünette wusste nicht, wie lange sie dort unten auf dem Boden saß, aber irgendwann schaffte sie es, sich aufzurappeln. Traurig wischte sie sich die letzten Tränenspuren aus den Augenwinkel und verließ die Toilettenkabine. Mimi stellte sich vor einem der vielen Spiegel und musterte sich. So konnte sie unmöglich zurück zur Feierlichkeit gehen. Sie sah einfach schrecklich aus. Die Wimperntusche war verlaufen, ihr Make-Up saß nicht mehr richtig und von dem roten Lippenstift war auch nichts mehr zu sehen. So sollten ihre Freunde Mimi nach knapp eineinhalb Jahren nicht wiedersehen. Zum Glück hatte die junge Frau immer ein Schmink-Notfall-Beautycase in ihre Handtasche dabei. So begann sie sich einfach neu zu schminken und versuchte zu retten, was zu retten war.

Warum wühlte sie das alles noch so auf? Was hatte sie auch gedacht, dass Taichi nach all der Zeit noch immer Single war? Wie lächerlich. Er hatte ihr deutlich gezeigt, dass er kein Interesse mehr an ihr hatte. In der ganzen Zeit, kein Anruf, keine Kurzmitteilung, keine E-Mail, nicht mal, als sie ihm an seinem Geburtstag geschrieben hatte. Es war mehr als deutlich. Er interessierte sich nicht mehr für sie und sie stand auf der Damentoilette und weinte ihm hinterher. Wie erbärmlich. Er hatte ihr oft genug weh getan. Heute war sie nicht seinetwegen hier, das durfte sie nicht vergessen. Mimi straffte ihre Schultern, fuhr sich nochmal durch ihre langen braunen Haare, strich ihr kurzes Kleid glatt und lächelte sich Mut zu. „Du schaffst das, Mimi. Du hast schon ganz andere Sachen geschafft.“
 

Mit neuem Mut ging sie zurück zu dem geschmückten Saal. Die Musik war bereits gut zu hören und zum Glück waren mittlerweile auch mehr Leute da. Vielleicht würde Taichi sie bei den ganzen vielen Menschen auch gar nicht sehen. Sie hoffte es, auch wenn sie wusste, dass sie ihm nicht ewig aus dem Weg gehen konnte. Die Brünette stand wieder vor der Türe und sammelte sich, als ihre Augen einmal den Saal abscannten. Kein Taichi zu sehen.

„Mimi?“

Die Angesprochene drehte ihren Kopf und entdeckte ihre jüngere Freundin, Hikari, die gerade am Büffet stand und ihren Teller unsicher wieder zurückstellte und zu ihr kam.

Mimi lächelte, als sie die Jüngere sah und ging auch auf sie zu. „Hallo Kari, schön dich zu sehen.“

„Es ist schön, dich zu sehen. Es ist so lange her. Du siehst gut aus.“

Mimi glaubte Hikari nicht wirklich, aber sie freute sich dennoch diese Worte aus ihrem Mund zu hören. Auch sie hatten lange nichts voneinander gehört. „Du siehst auch toll aus. Das gelbe Kleid steht dir unheimlich gut und deine Haare? Du hast sie wachsen lassen. Sieht gut aus.“

„Danke. T.K hat es ausgesucht und er wollte meine Haare nach all den Jahren mal etwas länger sehen. Keru?“

Gleich rief die Jüngere ihren Freund, der mit Daisuke und Ken etwas abseits stand. Die drei Herren sahen zu der kleinen Yagami und schließlich zu Mimi. Geschlossen gingen sie zu den Mädchen und begrüßten Mimi mit einer Umarmung. Hikari ging gleich zu ihren Freund, nahm seine Hand und sah sich unsicher um. Irgendwie fand Mimi das Verhalten der Jüngeren seltsam.

„Unsere amerikanische Freundin ist wieder da“, lächelte Takeru und war freundlich wie immer.

„Wir haben gar nicht so wirklich daran geglaubt“, sagte der jüngere Igelkopf.

„Ja, es stand auch lange gar nicht wirklich fest, wegen der Arbeit und so“, murmelte Mimi.

„Schön, dass du es geschafft hast“, meinte auch Ken freundlich.

„Ja, ich freue mich auch, aber ich muss mich erstmal bei den Gastgebern bedanken. Wisst ihr wo die Beiden sind?“

Ken drehte sich herum und deutete auf die Terrasse. „Ich glaube sie sind eben raus gegangen.“

Mimi folgte dem Blick. Sie musste einmal durch den ganzen Saal durch. „Danke, dann schau ich mal, ob ich sie dort finde.“

„Mach das. Wir wollten auch gerade essen.“ Hikari zog an Takerus Hand und zog ihn mit sich, auch die anderen beiden jungen Männer folgten ihr. Etwas verwirrt sah Mimi ihren Freunden hinterher. Sie stellten sich wieder an der Schlange vom Büffet an und nahmen sich erneut einen Teller.
 

Mimi schüttelte ihren Kopf, lächelte ihnen nach, straffte erneut ihre Schultern und ging mit klaren Ziel vor Augen auf die Terrasse. Sie sah nicht nach rechts, nicht nach links. Nur stur geradeaus.

Die Brünette hätte nicht gedacht, dass auch hier beim Polterabend so viel los war. Es sah so aus, als hätten Joe und Saori die gesamten Krankenhausbelegschaft samt Patienten eingeladen. Wahrscheinlich fiel es nicht mal auf, ob sie da war oder nicht. Schließlich entdeckte sie die Gastgeber und war überrascht sie alleine anzutreffen. Zügig ging Mimi aus das Paar zu.

„Hallo...“, strahlte Mimi ihren blauhaarigen Freund an.

„Mimi, du bist ja doch gekommen. Wie schön.“ Sofort umarmte Joe die Jüngere und wirkte bereits ein wenig angeheitert.

„Hi Saori, Danke für die Einladung.“

„Danke, das du gekommen bist. Bediene dich. Essen, trinken, alles was du willst. Heute sind ziemlich viele Leute hier, also nicht böse sein, wenn wir nicht soviel Zeit haben.“

„Ja, das habe ich schon gesehen… Wahnsinn. Ich glaube ich kenne nicht mal so viele Leute“, murmelte Mimi nachdenklich.

„Wir kommen beide aus einer Arztfamilie und viele von den Leuten die hier sind, kennen wir selber nicht. Unsere Eltern haben die meisten eingeladen“, klärte Saori auf.

„Oh, okay.“

„Deswegen freuen wir uns auch, wenn wir wirkliche Freunde treffen“, lächelte der Brillenträger und hob sein Champagnerglas.

„Die Hochzeit wird nicht so überfüllt sein. Sehr überschaubar mit knapp 70 Gästen“, erklärte Saori.

„Ja, das klingt wirklich toll. Ich freue mich auf eure Hochzeit.“

„Ja, wir uns auch. Amüsiere dich, Mimi und schön, dass du da bist.“

Mimi sah dem gestressten Pärchen lächelnd hinterher, die schon die nächsten Glückwünsche entgegen nahmen.

Mimi drehte sich wieder um, um zurück in den Saal zurück zu gehen. Irgendwo musste doch auch Sora sein. Suchend sah sie sich nach ihrer besten Freundin um, als sie eine Stufe übersah und prompt mit einem schwarzhaarigen Mädchen zusammen stieß, dabei verschüttete Mimi das Getränk des Mädchen, das sich auf deren beigfarbenden Kleid verteilte. „Oh Gott, es tut mir soooo...“

„Mimi?“

Diese Stimme ging ihr durch Mark und Bein und ließ sie an ihrem gesamten Körper erschaudern. Langsam drehte die Brünette sich um und da stand er. Taichi Yagami, in einem schicken, aber schlichten Outfit und nur wenige Zentimeter von ihr entfernt. „Tai.“

Alte Liebe, neue Freundschaft

12.06.2012
 

Heute war die offizielle Verlobungsfeier, der Umtrunk von Joe und Saori. So ganz konnte es der großgewachsene, junge Mann noch nicht glauben. Der erste aus ihrer Gruppe würde tatsächlich heiraten. Taichi hatte eine schwarze Stoffhose an und ließ sein weißes Hemd über der Hose hängen. Auf eine Krawatte verzichtete er bewusst. Diese würde er erst auf der Hochzeit anziehen. Yuna, sein Date, würde er gleich abholen. So ganz wusste er immer noch nicht, was er sich dabei gedacht hatte, aber schließlich wollte er ihr eine Chance geben und sehen, ob das zwischen ihnen eine Zukunft haben könnte. Zumindest mochte er sie. Auch wenn sie vom Typ her eher wie Sora war.

Wie immer war er viel zu spät dran. Er kontrollierte noch zügig, ob er sein Portmonee und sein Handy dabei hatte, dann ging er los.
 

„Unglaublich, dass du zu spät bist!“, sagte Yuna, als Taichi sie mit seinem Auto abholte.

„Ja, ich hatte das erste Mal seit über einem Jahr an einem Samstag Vormittag frei, prompt die Zeit vergessen und verschlafen“, murmelte er entschuldigend. Dabei war er eigentlich ganz froh, mal richtig entspannen zu können.

Sie kamen der Lokalität näher und Taichi parkte den Wagen gekonnt ein. Einen Moment blieb Yuna hoffnungsvoll sitzen, doch als sie bemerkte, dass Taichi nicht auf ihre Seite kam, um die Wagentür zu öffnen, stieg sie selber aus.

„Sieht schön aus“, meinte die Schwarzhaarige, als sie dem geschmückten Raum immer näher kamen.

„Oh ja, das stimmt. Yolei hat ganze Arbeit geleistet.“

Taichi betrachtete den Raum. Er war stilvoll eingerichtet. Die Hauptfarbe weiß, mit grauen und lilafarbenden Highlights. Es gab auch einen großen Außenbereich samt Terrasse, auf der viele Stehtische mit weißen Tischbezügen und Kerzen darauf standen. Taichi fragte sich wirklich, was dann bei der eigentlichen Hochzeit kommen würde.

„Gleich müssen wir auf jeden Fall raus“, murmelte Taichi. Das Wetter war heute wirklich schön und Taichi hoffte für seine Freunde, dass es in zwei Wochen am Hochzeitstag selbst, auch noch so schön sein würde.

„Hallo Tai, hi Yuna“, fröhlich pfeifend kam Hikari auf ihren Bruder zu und umarmte sie, auch Yuna gab sie eine herzliche Umarmung. Sie mochte die junge Frau sehr.

„Hallo Kari, tolles Kleid“, lobte Yuna das gelbe One-Shoulder-Kleid der jungen Yagami.

„Danke, dich hätte ich aber auch fast nicht erkannt. Du siehst toll aus.“

Yuna hatte sich wirklich hübsch gemacht. Sie trug ein dunkelblaues, knielanges Kleid mit einer tollen Raffung an den Seiten. Ihre Haare hatte sie in leichte Locken gedreht, wodurch sie etwas kürzer waren als normal.

„Das tut sie“, erwiderte Taichi und lächelte Yuna an, die sein Lächeln gleich erwiderte. Taichi hatte eine Hand an ihrem Rücken und strich beruhigend darüber, da er spürte, dass sie etwas nervös war.

„Ah, da ist Joe. Komm, wir gehen mal zu ihm.“ Der Braunhaarige nahm die Jüngere an der Hand und führte sie durch den Saal zu Joe. „Hi Bräutigam“, scherzte der Sportstudent.

„Noch nicht“, setzte Joe lächelnd an. „Aber bald.“

„Danke, für die Einladung. Es sieht wirklich toll aus“, erwiderte Yuna höflich.

„Ja, sehr gerne. Puh! Es sind schon so viele da und es fehlen immer noch die Hälfte.“

„Was wirklich? Ihr kennt ja echt viele Leute“, erwiderte Taichi. Sollte er mal heiraten würde er alles ganz anders machen. Je kleiner, desto besser. Er würde sich auch damit zufrieden geben nur die Frau bei sich zu haben, die er lieben und heiraten würde. „Ja, leider.“

 

--
 

Taichi und Yuna stießen wieder ihre Gläser zusammen. Die Zeit verging recht schnell und der Alkohol lief. Er half, dass beide etwas unbeschwerter und lockerer miteinander umgingen.

„Ach und das ist also dein Lieblingsgetränk?“, fragte Yuna kichernd nach.

„Klar. Zumindest wenn man weiß was gut ist“, erwiderte Taichi und leerte sein Mixgetränk ein weiteres Mal.

„Das ist purer Whisky!“

„Nein, Whisky mit Cola.“

„Ja, ein Schuss Cola“, lachte die Schwarzhaarige. Dennoch schaffte sie es, das Getränk zu leeren, auch wenn das nicht ging, ohne das Gesicht zu verziehen.

„Okay, wieder leer. Ich hole dir ein neues“, erklärte Taichi feierlich.

„Ein neues? Willst du mich vielleicht abfüllen, um mich dann zu verführen?“, fragte die Schwarzhaarige grinsend nach.

„Dafür brauche ich dich nicht abzufüllen. Wetten?“, hauchte Taichi nah an ihr Ohr. Er strich ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht, beugte sich zu ihr herunter und legte seine Lippen auf ihre. Es war eine Ewigkeit her, dass er ein Mädchen geküsst hatte. Er hatte zwar viele One-night-stands und Affären gehabt, aber geküsst hatte er nur wenige davon. Und auch bei diesem Kuss fehlte das gewisse Etwas. Dennoch ließ er grinsend von ihr ab und hob provokant eine Augenbraue nach oben. „Siehst du?!“

„Tzz… Ich glaube, ganz überzeugt bin ich noch lange nicht.“ Lachend drehte sich Taichi herum, um sich ein neues Getränk zu organisieren.
 

Nach dem Abendessen wollten sich Taichi und Yuna die Beine vertreten. Sie standen draußen auf der Terrasse und sahen in den dunklen Nachthimmel. „Was für ein schöner Abend“, sagte Yuna leise und sah zu den Sternen, die mittlerweile am Himmel leuchteten. „Ja, besser könnte es echt nicht sein.“

„Joe und Saori sehen aber ganz schön… na ja… gestresst aus.“

„Ja, ich glaube amüsieren sieht wirklich anders aus.“ Immer wenn Taichi zu dem Pärchen sah, schüttelten sie irgendwem die Hand oder verbeugten sich. Taichi hatte noch nie einen dieser Menschen gesehen und fragte sich, ob Joe einen davon persönlich kannte und wie er das nur aushielt.

„Ich würde alles ganz anders machen...“, murmelte Taichi nachdenklich und beobachtete wie Saori erneut mit dem Kopf nickte. „Was würdest du anders machen?“, fragte Yuna neugierig nach.

Taichi winkte ab und deutete auf sein leeres Glas. „Nicht so wichtig. Ich hole mir mal was neues. Willst du auch?“ Yuna hielt ihm ihr noch volles Cola Glas vor die Nase und schüttelte den Kopf. „Alles klar, bis gleich.“

Der Braunhaarige ging zur Bar, hob seine Hand und wartete auf den Kellner. „Hey, was möchtest du?“

„Nochmal Halb/halb bitte“, bestellte er und reichte ihm sein Glas. Er wartete einen Moment und entdeckte ein paar Barhocker weiter Miyako und Yuzu. Sie standen eng beieinander und unterhielten sich angeregt. Taichi wollte die Lilahaarige erschrecken, doch als er näher kam, verstummte er.

„Hast du Mimi schon gesehen?“, fragte Miyako bei Yuzu nach.

Die Braunhaarige schüttelte ihren Kopf. „Nein, bisher nicht. Vielleicht kommt sie ja auch gar nicht und ist wieder abgereist“, mutmaßte Yuzu.

„Ja, das ist möglich. Es würde zu ihr passen.“

„Hier!“

Taichi sah zu dem Kellner der ihm seine Bestellung reichte und holte ihn somit aus seinen Gedanken. „Danke.“ Der Braunhaarige drehte sich herum, atmete einmal tief ein und aus und wollte zurück zu Yuna gehen. Er ging nach draußen auf die Dachterrasse und es war als würde ihn der Blitz treffen. Lange, hellbraune, Haare. Ein Gesicht wie kein zweites. Engelsgleich und doch unnahbar. Ein türkisfarbendes bodenlanges Kleid, das einen ansehlichen Körper umhüllte. Ein zaghaftes, leicht unsicheres Lächeln, das ihren wunderschönen roten Kirschmund in Szene setzte.

Mimi…

Sie war hier. Nach über einem Jahr, in dem er sie weder gesehen, noch gesprochen hatte, stand sie vor ihm und es haute ihn komplett um. Ohne weiter darüber nachzudenken, ging er mit schnellen Schritten auf sie zu. Mimi stolperte plötzlich über eine Stufe und rempelte jemanden an. Taichi bekam nicht mal mit, wen Mimi traf. Er konnte sich auf nichts und niemand anderes mehr konzentrieren. Hatte der Alkohol ihn schon so zugesetzt und spielte ihm der Verstand einen Streich War sie real?

„Mimi?“

Die Angesprochene zuckte kurz zusammen, doch dann drehte sie sich um. „Tai.“

„Ah, ihr kennt euch?“, fragte Yuna nach, die sich ein Taschentuch aus ihrer Handtasche fischte und versuchte ihr Kleid trocken zu tupfen.

„Ja“, antwortete Tai, während Mimi zeitgleich mit „Nein“, antwortete.

„Ähm… ich bekomme das so nicht raus. Ich gehe mal kurz zu den Toiletten...“, erwiderte Yuna und sah zu Taichi, der jedoch immer noch Mimi ansah. „Gut, bis gleich“, murmelte sie und ging.
 

„Wieso sagst du >Nein<? Seit wann kennen wir uns denn bitte nicht mehr?“, fragte Taichi bei der Jüngeren enttäuscht nach. Mimi stand immer noch da und sagte nichts. Sie ging einen Schritt rückwärts und wollte sich umdrehen. „Warte.“

„Was ist denn?“, fragte Mimi genervt nach.

„Warum bist du so?“

„Wie bin ich denn? Was erwartest du von mir? Wir sind weder Freunde, noch sonst irgendetwas. Wir zwei sind gar nichts", schnitt die Brünette ihm das Wort harsch ab.

„Aber, Moment.“ Schon wieder wollte Mimi los gehen und ihn stehen lassen.

„Willst du mich jetzt die ganze Zeit ignorieren?“, fragte Taichi nach. Ja, sie waren getrennt und ja es war scheiße was er zuletzt zu ihr gesagt hatte, aber waren sie trotz allem nicht mehr als das, was sie jetzt gerade waren?

„Was hast du denn gedacht, dass wir uns nach all der Zeit wiedersehen und so tun, als ob nie etwas gewesen wäre?“

„Nein, aber ich...“

„Gut, weil das nämlich auch idiotisch wäre. Ich bin nicht deinetwegen hier Tai, sondern wegen Joe!“ Damit drehte die Jüngere sich endgültig um und ging wieder in Saal zurück.

Taichi seufzte. Wie oft hatte er sich vorgestellt, wie ein Zusammentreffen wohl ausfallen würde, aber dass es so sein würde, hätte er nicht gedacht. Vielleicht war es auch einfach unfair, irgendetwas zu erwarten.
 

Die meisten Gäste waren mittlerweile verschwunden. Die Freunde, ein paar Kommilitonen und einige Familienmitglieder waren noch da. Ansonsten waren die meisten Gäste nach Hause aufgebrochen. Taichi stand mit Koushiro an der Theke und trank sein Bier leer. Immerhin hatte er den Whisky gegen Bier ausgetauscht. „Wo ist Yuna?“, fragte Koushiro bei seinem guten Freund nach.

„Eben habe ich sie bei Kari und T.K gesehen“, erwiderte Taichi und ließ seinen Blick durch die Menge schweifen. Mimi stand mit Miyako und Sora auf der anderen Seite des Raumes und sie unterhielten sich angeregt miteinander. Taichi konnte von dem Moment an, als er Mimi wiedergesehen hatte, nirgends mehr anders hingucken. Natürlich blieb dies auch Yuna nicht verbogen, er entschuldigte sich zwar mehrmals für die Situation, aber es kam ihm vor, als würde er ein Gespenst sehen und er konnte sich einfach nicht mehr auf die Schwarzhaarige konzentrieren, auch wenn er es versuchte.
 

„Wusstest du es?“

„Was genau meinst du Tai?“, stellte der Rothaarige eine Gegenfrage und trank selbst sein Bier leer, lehnte aber ab, als der Kellner ihm ein neues anbot.

„Mimi.“

„Ich dachte, sie würde erst zur eigentlichen Hochzeit wieder kommen.“

„Dachte ich auch...“

„Hast du schon mir ihr gesprochen?“, wollte der Informatikstudent wissen. Eigentlich wusste Koushiro gar nicht, ob das Thema Mimi auf einmal wieder ging, aber da der Sportler nun schon selber damit anfing...

„Kurz. Sie war wohl nicht so begeistert mich zu sehen. Ich glaube, sie hasst mich.“

„Ihr werdet euch demnächst öfter sehen. Mache nicht alles von einer Begegnung abhängig.“

„Hmm… Du hättest sehen sollen, wie sie mich eben angeguckt hat“, murmelte Taichi und sah zu seinem Freund, der neben ihm saß. „Sie hasst mich, für das, was ich ihr angetan habe.“

„Sie hasst dich doch nicht, weil du dich von ihr getrennt hast. Beziehungen gehen nun mal manchmal in die Brüche. Es ist...“

„Nein, nicht deswegen“, unterbrach Taichi seinen jüngeren Freund.

„Sie hasst mich, weil ich sie im Stich gelassen habe, als sie mich am meisten gebraucht hätte.“

„Dann solltest du vielleicht mit einer Entschuldigung beginnen...“, überlegte der Rothaarige. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Mimi den Braunhaarigen hasste. Dass Mimi überhaupt jemanden hasste. Sie war viel zu sehr bemüht, nicht in die Richtung zu schauen, in der Taichi war. Sie war verletzt, aber sicher hasste sie Taichi nicht.

„Entschuldigen“, wiederholte Taichi Koushiros Worte. Wie sollte er sich denn für all das entschuldigen? „Sie hat mir eine E-Mail geschrieben.“

„Mimi?“, fragte Koushiro irritiert nach.

Als Antwort nickte Taichi nur.

„Was hat sie denn geschrieben?“

Taichis Mundwinkel gingen nach unten, ehe sie einen gerade Strich bildete und sein Blick auf das leere Glas fiel. „Keine Ahnung. Ich habe sie nicht geöffnet.“

„Ist nicht dein Ernst und wann war das?“

„An meinem Geburtstag.“

„Vielleicht hasst sie dich doch!“ Ahnungslos zuckte der Rothaarige mit seinen Schultern und sah erneut zu Mimi. Sie lächelte, als sie aufmerksam zuhörte, was Sora erzählte, aber… da lag auch noch etwas anderes in ihren Augen. Für jeden der Mimi kannte, war es zu sehen. Sie war schon immer schlecht darin gewesen, ihre Gefühl zu verbergen.

„Du bist mir eine echte Hilfe“, erwiderte Taichi sarkastisch und deutete dem Kellner an, dass er ein weiteres Bier wollte.

„Hey, du weißt, ich bin nicht der beste in Ratschläge erteilen, aber lies die Mail von Mimi und entschuldige dich. Kann doch nicht so schwer sein.“ Koushiro verstand seine Freunde manchmal einfach nicht. Warum machten sie nur alles so kompliziert? Wenn man etwas angestellt hatte, was einem Leid tat, musste man sich auch dafür entschuldigen können.

„Ja, mal sehen.“

Koushiro sah wie Yuzu Yuna am Handgelenk griff und sie zu den Männern zog.

„Na du“, sagte der Informatikstudent und legte einen Arm um seine Freundin.

„Hi, wir beide sind so langsam müde und würden ganz gerne auch nach Hause.“

Yuna stand etwas abseits und fühlte sich sichtlich unwohl. Taichi wand sich ihr zu und sah sie entschuldigend an. „Es tut mit wirklich Leid, dass der Abend ist, wie er ist. Ich bringe dich jetzt nach Hause, wenn du möchtest.“

Yuna nickte einfach nur, Taichi setzte das Bierglas an seinen Mund an und exte es in einem Zug leer. „Komm.“ Taichi winkte Koushiro und Yuzu zu und nahm die Hand der Schwarzhaarigen in seine. „Wir sehen uns.“
 

Taichi ging mit Yuna durch den Saal, sein Blick blieb kurz bei Mimi hängen, die ihn ebenso ansah, dann wand sie schnell ihren Blick von ihm ab und sah wieder zu Sora. Taichi stöhnte und zog Yuna mit sich.

„Du willst jetzt nicht wirklich noch Auto fahren?“, fragte Yuna entsetzt nach.

Taichi zog gerade seine Autoschlüssel aus der Hosentasche und entsperrte die Zentralverrieglung. „Nein, nein. Mein Wohnungsschlüssel liegt im Auto.“ Taichi wusste selber, dass er mehr als genug getrunken hatte, aber wenn der Alkohol schon mal umsonst war...

Sie machten sich zu Fuß auf dem Weg zu den U-Bahn Stationen. Taichi vergrub beide Hände in seiner Hosentasche und grübelte.

„Ich glaube ich bin dir eine Erklärung schuldig“, murmelte er.

„Kari hat mir schon ein bisschen was gesagt“ gestand Yuna schließlich.

„Was genau hat sie dir gesagt?“

„Dass du deine Ex-Freundin nach über einem Jahr zum ersten Mal wiedergesehen hast. Stimmt das?“

Taichi nickte und blickte betrübt auf den Bürgersteig. „Damals lief einiges schief in meinem Leben und die Trennung war der krönende Abschluss. Mimi… so heißt sie… Wir kennen uns schon seit der Grundschule. Wir waren vorher Freunde und jetzt, jetzt können wir nicht mal miteinander reden. Ich würde es gerne wieder gut machen, aber ich weiß nicht wie. Entschuldigung, wenn ich dich jetzt damit volllaber.“

Yuna kicherte und winkte ab. „Ach das muss es nicht.“ Taichi sah irritiert zu der Schwarzhaarigen. „Na ja, zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass du dich öffnest und ehrlich bist. Scheinbar ist dir diese Mimi noch immer sehr wichtig? Unsere Eltern mögen sich sehr, also sollten wir irgendwie versuchen, miteinander klar kommen. Vielleicht kann ich dir ja helfen oder wäre es schlimm, wenn wir Freunde wären?“

Taichi konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und nickte mit dem Kopf. „Ehrlich gesagt, würde ich mich über deine Freundschaft sehr freuen. Es tut mir wirklich leid, dass ich mich heute Abend nicht um dich gekümmert habe.“

„Ach was, Kari und T.K waren ja da und sehr nett zu mir. Außerdem kannst du es wieder gut machen.“ Taichi hob eine Augenbraue und sah die Schwarzhaarige neugierig an. „Ich würde gerne in den Film Bad Teacher mit Cameron Diaz und keine meiner Freundinnen will den mit mir im Kino sehen.“

„Ist nicht dein Ernst?“

„Oh doch, das schuldest du mir.“ Taichi rollte mit den Augen, ehe er geschlagen mit dem Kopf nickte. „Meinetwegen. Ein Film und du bezahlst selber deine Karte.“

„Okay. Abgemacht. Dafür zahlst du mein Poporn.“

Taichi lächelte. Er war froh, das er das mit Yuna zumindest klären konnte. Das weitaus wenigere Übel, wenn er daran dachte, was ihm noch mit Mimi bevorstand. Taichi hatte nicht die geringste Ahnung wie er das mit der Brünetten wieder hinbekommen sollte, aber er wusste dass er diese Chance jetzt nutzen musste. In den Wochen wo Mimi hier war, musst er eine Möglichkeit finden, sie um Verzeihung zu bitten und vielleicht würde sie wieder ein Teil seines Lebens werden. Mehr traute er sich gar nicht zu hoffen.

Erste Heimatgefühle

11. Juni 2012
 

Mimi wälzte sich unruhig hin und her. Sie bekam die ganze Nacht über kein Auge zu. Unaufhörlich musste sie an Taichi denken. Ihn nach all dieser Zeit wiederzusehen, machte sie vollkommen fertig und das Schlimmste, er sah einfach immer noch so unfassbar gut aus. Nein, eigentlich sah er noch besser aus als damals. Das Sportstudium schien ihm gut zu liegen. Es machte sie ganz verrückt ihn wiederzusehen. Zudem er mit einem anderen Mädchen zusammen war. Ein Mädchen, das er geküsst hatte und mit der er dann Händchenhaltend den Umtrunk verlassen hatte. Diese musste einfach seine neue Freundin sein, aber was hatte sie auch erwartet? Dass er immer noch Single war? Und selbst wenn er es gewesen wäre, für sie Beide gab es einfach kein zurück mehr. Dazu war zu viel passiert und es war auch zu viel Zeit vergangen. Warum war sie nur zurückgekommen?

Warum tat sie sich das selbst nur an? Sie wusste, dass sie noch nicht dazu bereit war und dann kam Taichi zu ihr und redete mit ihr, als ob nichts gewesen wäre! War er nun von allen guten Geistern verlassen? So einfach ging das nicht! Taichi würde nicht einfach einen auf Gut-Freund machen können und alles war vergessen. Gar nichts war vergessen! Die Erinnerung wirkte für sie so frisch und lebendig, als wäre es erst gestern vorbei gewesen. Mimi seufzte auf, es brachte nichts. Sie würde ja doch nicht wieder in den Schlaf finden. Sie gab sich geschlagen, schlug die Bettdecke bei Seite und stand schlecht gelaunt auf.

Die Brünette verließ ihr Zimmer und sah sich um, ihre Großmutter hörte und sah sie nirgends. War sie etwa schon so früh unterwegs? Wie ungewöhnlich für sie. Sie zuckte mit ihren Schultern und ging stattdessen unter die Dusche. Die Dusche half ihr zumindest für den Moment einen kühlen Kopf zu bewahren. Genau das brauchte sie in diesem Moment auch. Später an dem Tag wollte Sora vorbei kommen. Sie wollten sich ganz in Ruhe unterhalten. Gestern kam immer irgendwer zu ihnen, sodass es schwer war, sich in Ruhe auszutauschen.
 

Mimi öffnete für ihre beste Freundin gerade die Wohnungstüre und umarmte sie herzlich. „Schön, das du da bist.“

Sora lächelte und nickte mit ihrem Kopf. „Ich freue mich auch.“ Die Rothaarige zog ihre Sandalen aus, stellte sie neben die Schuhe von Mimi und Riku und folgte der Jüngeren in deren Zimmer, welches ihre Großmutter immer für ihre Enkelin bereit hielt.

„Okay, jetzt erzähl mir endlich mal von Akuma. Wie läuft es bei euch beiden und wo ist er?“ Mimi wollte alles wissen und sie war sehr neugierig auf diesen Designer, der jetzt mit ihrer besten Freundin zusammen war. Gemeinsam saßen sie auf ihrem Bett und Sora ließ sich nach hinten fallen.

„Akuma ist in Nagoya. Er hat derzeit wahnsinnig viel zu tun. Im August wird er für einen Monat in Italien, England und Frankreich sein. Er möchte, dass ich ihn dahin begleite. Ihm sowohl bei seiner Arbeit helfe, mit den Schnittmustern und kurzfristigen Änderungen, als auch seine Familie in England kennenlerne.“

„Wow, Sora.“ Auch Mimi legte sich auf die Seite um die Rothaarige besser ansehen zu kennen. „Und wann lerne ich ihn endlich kennen? Deine beste Freundin muss immerhin deinen neuen Freund absegnen. So läuft das.“

„Ach, hast du damals auch Matt abgesegnet?“, grinste Sora.

„Das war nicht nötig, den kannte ich ja schon und wusste… na ja, dass er ehrliche Absichten hatte und bei Akuma weiß ich das noch nicht.“

Sora rollte mit ihren Augen und legte sich ebenfalls auf die Seite.“Du siehst müde aus. Hast wohl nicht soviel geschlafen“, stellte sie fest und kniff Mimi in die Seite.

„Hey, lass das!“ Diese zuckte kurz zusammen und setzte zu ihrer Antwort an. „Nein… nicht wirklich.“

„Wegen Tai?“

„Wie konntest du das nur erraten?“, fragte Mimi ironisch nach. „Aber nicht nur deswegen.“

„Also ich weiß, dass Tai keine Freundin hat, wenn es das ist, was deinem Hirn so zu schaffen macht.“

„Vielleicht hat sich das seit gestern ja geändert. Ich meine du hast sie gestern doch gesehen...“

„Na ja, also soviel Zeit zusammen haben sie jetzt auch nicht verbracht. Taichi war mehr bei den Jungs und Yuna...“

„Heißt die so? Woher kennst du sie?“, platzte Mimi dazwischen. Sie war viel zu neugierig, um Sora ausreden zu lassen.

Sora seufzte und setzte sich wieder aufrecht hin. „Yuna ist die Tochter von Yuukos neuem Lebensgefährten.“

„Oh.“ Jetzt war Mimi überrascht. Sie wusste gar nicht, dass Yuuko wieder einen neuen Partner hatte. Auch um Hikari herum war es in der letzten Zeit leider sehr still geworden. Sie hatte länger nichts mehr von ihr gehört. „Ich freue mich für Yuuko. Sie verdient es glücklich zu sein.“ Irgendwie gab Mimi das etwas Hoffnung. Wenn selbst Yuuko es schaffte, nach alldem was sie erlebt hatte, wieder einen Mann in ihr Leben zu lassen und zu vertrauen, dann sollte sie das doch auch schaffen.

„Ich denke Tai wollte nur nett zu Yuna sein.“

„Und dazu muss er sie küssen?!“

„Küssen?“, fragte Sora überrascht nach. Davon hatte sie offensichtlich nichts mitbekommen.

„Ja, gleich als ich ankam, habe ich sie küssend mitten im Saal vorgefunden und es war ein richtiger Kuss, der von beiden gewollt war. Glaube mir, ich kenne den Unterschied.“

„Hmm… vielleicht fand er den Kuss ja nicht so gut“, grinste Sora und versuchte die Jüngere etwas aufzumuntern.

Mimi stand auf und lief in ihrem Zimmer auf und ab. „Hast du noch viel Kontakt zu Kari?“ Sie wollte das Thema wechseln. Was brachte es auch, weitere Theorien aufzustellen. Welchen Beziehungsstatus Taichi gerade hatte oder nicht. Vielleicht wusste er es selber nicht mal.

„Kari? Ja, klar. Warum?“

„Also auf meine letzten Nachrichten hat sie nicht reagiert. Entweder ist Taichis komisches Verhalten, nicht auf meine Nachrichten zu antworten, innerhalb der Familie ansteckend oder sie will nichts mehr mit mir zu tun haben“, erwiderte Mimi bedrückt.

„Also Kari? Nein, das kann ich mir wirklich nicht vorstellen. Sie hatten doch jetzt viel Stress in der Schule. Immerhin sind sie jetzt in die Abschlussklasse und bereiten sich schon auf die Prüfungen vor, die bald anstehen.“

Mimi lächelte schwach. Wer hatte denn kein bitte Stress mit Schule oder Uni, aber war es zu viel verlangt auf ihre E-Mails zu antworten? Als würde sie einen bösartigen Virus verschicken, wenn man ihre Nachrichten öffnet und beantwortet.

"Ja, vielleicht.“

„Also mir gegenüber hat sie nie etwas erwähnt. Frag sie doch einfach. Schreib ihr doch und frag, ob sie Lust auf einen Kaffee hat. Ihr trefft euch und redet miteinander. Wahrscheinlich wollte sie antworten, aber es kam immer irgendetwas dazwischen. Du kennst das doch. Ich kann mich auch nicht immer gleich melden, auch wenn ich es gerne würde.“

„Du schaffst es aber trotzdem immer. Selbst wenn mal zwei oder drei Wochen vergehen. Wir schreiben dennoch und ich wäre auch niemanden böse, wenn er sich eine Zeitlang nicht meldet, aber es ist jetzt ein halbes Jahr vergangen seit ihrer letzten Nachricht. Ich habe das Gefühl, dass ich gar nicht hier sein sollte und das ich hier nicht mehr hingehöre.“

Sora schüttelte ihren Kopf und stand ebenfalls vom Bett auf. Sie ging auf ihre beste Freundin zu und legte eine Hand auf deren Schulter ab. „Hör mir mal genau zu, was immer die Yagamis haben, es ist deren Problem. Du wirst immer zu uns gehören. Joe hat dich eingeladen, weil er dich dabei haben wollte, weil er es genauso sieht wie ich. Wir alle gehören zusammen. Wer was mit wem hatte und nun nicht mehr ist an diesem Punkt egal. Joe heiratet, also können alle, inklusive mir, einfach mal den Mund halten und sich für ihn freuen. Matt wird auch kommen und das ist auch richtig so.“

„Wow, seit wann bist du denn so direkt?“, fragte Mimi kichernd und fühlte sich dennoch etwas besser.

„Seit ich gelernt habe, dass man das manchmal sein muss. Außerdem sind in dieser Clique viel zu viele Leute stur. Irgendwer muss ja einen kühlen Kopf bewahren“, kicherte Sora triumphierend. „Ich bin auch froh, dich wiederzusehen.“

„Ich freue mich auch. Es ist einfach viel zu lange her.“ Mimi nickte. Ja, es war viel Zeit vergangen und doch… war alles wie früher und gleichzeitig nichts wie es einmal war...
 

Mimi und Sora hatten den ganzen Nachmittag über geredet und kochten schließlich Tempura zusammen. Riku war auch wieder da und las in Ruhe ihr Buch im Wohnzimmer weiter.

„Kommt Akuma eigentlich zur Hochzeit?“

Sora nickte und lächelte, als sie sie wieder an ihren Freund dachte. „Ja, ein Tag vorher reist er an und leider ist er gleich nach der Hochzeit wieder weg. Ziemlich kurz zwar, aber er kommt.“

„Glaubst du das wird irgendwie komisch, wenn Matt auch da sein wird?“

Sora zuckte mit ihren Schultern, während sie die Dip nochmals abschmeckte. „Die sind sich ja schon begegnet, glaube mir, das war unangenehm. Eigentlich hätte ich es sonst etwas einfühlsamer gestartet, als, hey, das ist übrigens mein neuer Freund, aber na ja, das Leben hat wohl seine eigenen Regeln. Matt weiß, dass ich eine neue Beziehung habe. Ich hoffe wir können wie normale Erwachsene miteinander umgehen.“ Sora gab noch etwas Ingwer dazu und probierte erneut. „Perfekt.“

„Ich glaube das wird irgendwie seltsam. Du, ich, Tai, Matt. Wir vier sind das erste Mal wieder zusammen und irgendwie redet irgendwer nicht mit irgendwem… Ist doch doof.“

„Yolei und Izzy haben die Tischordnung gemacht und wir beide sitzen zusammen an einem Sechser Tisch mit Yolei, Ken, Cody und Akuma.“

„Oh, ist Cody also mein Date?“, fragte Mimi kichernd nach und hatte auch die letzte Teigrolle aufgerollt. Sie wusch ihre Hände und trocknete sie mit dem Spültuch ab.

„Du wirst dich wundern, wie groß und reif er geworden ist. Durch sein Kendo ist er auch echt gut in Form, also wäre er älter oder wir jünger...“

„Sora!“, rief Mimi glucksend aus und schüttelte belustigt ihren Kopf.

„Keine Sorge. Ich wollte damit nur sagen, dass er ein wirklich netter junger Mann ist und sicher ein netterer Gesprächspartner als Tai ist.“

„100 Punkte.“ Mimi nahm die gefüllten Teig-Tampura-Rollen und legte sie auf dem Küchentisch ab. Sora nahm den dazugehörigen Dip und die Getränke und stellte sie ebenfalls dorthin.

„Und wie sieht die restliche Tischordnung so aus?“, fragte Mimi neugierig nach.

„Ähm… also so genau weiß ich das nicht. Yolei, hat aber auf alles eine Antwort, wenn du mehr wissen willst, frag sie. Auf jeden Fall sitzen aber die Yagami, Ishida, Takaishi Geschwister an einen Tisch.“
 

Irgendwie klang das für die Brünette so, als würde sich ihre frühere Clique in zwei Lager teilen und das gefiel ihr überhaupt nicht. „Was ist eigentlich mit Davis? Hat er eine Freundin?“ Mimi wusste gar nicht so genau, was im Leben der Jüngeren so vor sich ging.

„Davis? Nein, also er hatte letztes Jahr mal ein nettes Mädchen für eine kurze Zeit, aber es hat nicht gehalten.“

„Hmm… Okay, schade. Ich glaube, das er eigentlich ein toller Freund wäre.“

„Er hatte auch ganz schön Liebeskummer“, erzählte Sora weiter, während sie den Orangensaft nahm und für sich und Mimi die Gläser auffüllte.

„Davis hat immer Liebeskummer“, kicherte Mimi und nahm dankend das Glas entgegen.

Sora nickte zustimmend. „Er verliebt sich ja auch immer so schnell. Sein Fehler ist leider, dass er seine Herzdame immer gleich mit Liebe überhäuft und er versteht nicht, dass langsamer manchmal besser ist. Er lässt keinen Tag vergehen und schwört gleich, dass er sie liebt und wenn sie nicht sofort antwortet, dreht der voll am Rad. Ich weiß nicht, welches Mädchen damit jemals klar kommen soll.“

„Hmm… Wirklich schwer. Ich würde mich umdrehen und sofort die Flucht ergreifen. Zumindest könnte ich derzeit mit sowas nicht umgehen.“

„Und deswegen hält es bei ihm wohl auch nie. Er will gleich alles und lässt sich keine Zeit, dass sich die Dinge entwickeln können.“

Mimi seufzte. Liebe war nun mal kompliziert. Mimi legte auf jeden Teller eine Tempurarolle und eine Serviette daneben. Nun war der Tisch fertig und sie konnten essen. „Oma? Wir sind fertig.“

Riku lächelte, legte ihr Buch auf dem Wohnzimmertisch ab und stand langsam auf. „Och, Kinder das sieht ja alles toll aus“, schwärmte sie, als den gedeckten Tisch sah.

„Hoffentlich schmeckt es auch.“ Mimi musste zugeben, dass sie es sehr vermisst hatte, japanische Gerichte zu kochen. Es war doch eine gute Entscheidung gewesen, wieder nach Tokio zu reisen. Alleine hier mit ihrer Großmutter und Sora zu sitzen, war es allemal wert gewesen.

„Es schmeckt auch ganz toll“, lobte Riku die beiden Mädchen und genoss ihr Abendessen. Zufrieden nickte die Brünette und musste ihrer Großmutter zustimmen. Es schmeckte wirklich gut.
 

Sora hatte noch beim aufräumen geholfen und verabschiedete sich anschließend von Mimi und ihrer Großmutter. Riku wollte sich wieder an ihr Buch setzen und Mimi ging in ihr Zimmer zurück. Sie dachte die ganze Zeit über das Gespräch mit Sora nach und besonders eine Sache wollte ihr dabei nicht aus dem Kopf gehen. Hikari. Mimi entschied sich Soras Rat anzunehmen und ihr zu schreiben. Sie holte ihr Handy heraus und fand erst einmal mehrere Kurzmitteilungen vor, alle stammten von Ethan.

>Hi Mimi, wie geht es dir? Ich hoffe, du hast keinen schlimmen Kater am Morgen? Ansonsten Kopfschmerztablette und viel Wasser trinken. LG Ethan.<

>Hi Mimi, wenn du reden willst, weißt du ja, dass ich für dich da bin und zwar immer. LG Ethan.<

>Scheiße, du fehlst mir.<

Mimi kicherte. Irgendwie musste sie zugeben, das sie den Braunhaarigen auch vermisste. Sie schrieb ihm zurück, dass sie gar nicht soviel getrunken habe und es ihr soweit gut ginge. Auf die letzte Nachricht ging sie nicht ein. Dann öffnete sie ein neues Schreibfeld und schrieb eine SMS an Hikari.

>Hallo Kari, wie geht es dir? Da ich zurück bin, wollte ich fragen, ob wir uns mal auf ein Kaffee oder Eis treffen können? Würde mich freuen. LG Mimi.<

Sie schickte die Mitteilung ab und wartete. Sie wartete und wartete, aber es tat sich nichts. Als sie eine weitere Nachricht bekam, dachte sie kurz, dass sie endlich eine Antwort von Hikari bekäme, doch nur Ethan antwortete auf ihre Nachricht. Warum antwortete Hikari ihr nicht? Ihr fiel erst jetzt auf, dass sie sich gestern während der Verlobungsfeier kaum unterhalten hatten. Sie hatten sich begrüßt und das war es dann auch schon gewesen. Den Rest des Abends sah sie die Jüngere zwar, aber zu einer Unterhaltung kam es nicht mehr. Ging sie ihr etwa aus dem Weg? War sie sauer auf sie? Aber warum?

Nachdem sie sich bettfertig gemacht hatte, piepte ihr Handy erneut. Sie nahm es sich von ihrem Nachtisch und schaltete es frei. Hikari. Rasch ging sie auf den Nachrichteneingang und las ihre SMS durch.

>Hallo Mimi, entschuldige dass ich so spät schreibe, aber zur Zeit ist es wahnsinnig stressig. Daher weiß ich auch nicht, ob ich es schaffe, mich mit dir zu treffen, aber sicher sehen wir uns ja spätestens auf der Hochzeit. LG Kari.<

„Ähm… wie bitte?“ Fassungslos las Mimi die Nachricht nochmal und nochmal durch. Da war sie nach so lange Zeit wieder zurück in Tokio und Hiakri konnte sich keine Stunde Zeit für sie nehmen??? Was sollte das? Okay, da musste etwas im Busch sein und Mimi wäre nicht Mimi, wenn sie es dabei belassen würde. Wenn Hikari ein Problem mit ihr hatte, sollte sie ihr das gefälligst persönlich sagen. Warum verhielt sie sich nur so? Hatte sie irgendwas vergessen? Irgendwas falsch gemacht oder falsch gesagt, was die Jüngere verletzt haben könnte? Ihr fiel nichts ein. Dazu hätten sie ja überhaupt Kontakt haben müssen und den hatten sie ja nicht. Deswegen konnte sie aber unmöglich sauer auf sie sein. Mimi hatte ihr doch geschrieben. Irgendwie gefiel ihr das alles überhaupt nicht. Sie konnte aber nicht so tun, als ob alles in Ordnung sei, wenn sie nicht mal miteinander reden würden. Nein sie musste das mit Hikari klären und das würde sie auch.

Anstatt ihr auf diese sehr seltsame und abweisende SMS zu antworten, beschloss sie ihre Antwort persönlich mitzuteilen und sie in den nächsten Tagen zu besuchen.

Fehlversuch

12. Juni 2012
 

Unruhig lief Taichi in seiner kleinen Wohnung auf und ab. Jetzt sah er nach so langer Zeit endlich Mimi wieder und doch schien es so, als sei sie weiter entfernt, als zuvor. Er konnte doch diese Gelegenheit mit ihr zu reden, nicht einfach so verstreichen lassen? Er musste doch etwas tun, es wenigstens versuchen. Er kam in seinem Schlafzimmer an und sein Blick fiel gleich auf das Modellauto, das auf seiner Fensterbank stand. Jenes Auto, das er einst von Mimi geschenkt bekommen hatte und das einzige, was fortan als Erinnerung allgegenwärtig war. Es war doch einfach zum verrückt werden. Es musste doch eine Gelegenheit geben, dass sie ihm zuhörte und ihn nicht wieder stehen ließ! Taichi war felsenfest davon überzeugt, das Mimi bei ihrer Großmutter wohnte und nicht in ein Hotel gegangen war, obwohl sie mittlerweile fast volljährig war. Dann fiel dem jungen Mann noch etwas anderes ein. Ihr Geburtstag war doch diesen Monat auch noch und zwar nächste Woche! Letztes Jahr hatte er es nicht mal über sich gebracht, ihr zu gratulieren, obwohl er den ganzen Tag an sie gedacht hatte und hoffte, dass sie einen schönen Tag hatte. „Ach verdammt“, rief er frustriert auf und trat gegen sein Bettgestell. Dummerweise hatte er nicht mal Hausschuhe an, sodass es ordentlich schmerzte. „Shit!“, fluchte er weiter und biss sich auf die Unterlippe. Taichi erkannte, dass er so nicht weiter kam und beschloss sie geradewegs zu konfrontieren.
 

Taichi ging ins Badezimmer und stellte sich unter die Dusche. Wenn er mit ihr sprach konnte er ja schließlich nicht wie ein Penner dort aufkreuzen. Er rasierte sich, zog sich ein Hemd an und kurz darauf wieder aus und doch ein T-Shirt an. Immerhin ging er nicht zu seinem Vorstellungsgespräch.

Er tat sich genügend Wachs in die Haare, damit seine Frisur wie immer hielt und machte sich anschließend auf den Weg. Den Weg kannte er in und auswendig und selbst blind würde er ihn ohne Hilfe finden. Es ließ sein Auto stehen und fuhr stattdessen mit der U-Bahn, da die Station ohnehin nicht weit von Rikus Wohnung entfernt war. Immer noch am grübeln, ob das der richtige Entschluss war, ging er mit den Händen in der Tasche auf die Wohnung zu und stand schließlich vor dem Gebäude. Sollte er jetzt wirklich an ihrer Tür klingeln? Würde Mimi überhaupt die Türe öffnen, wenn sie wusste, dass er unten vor der Türe stand? Er klingelte schließlich an drei anderen Klingeln und ein Summen ertönte und antwortete ihm.

„Ja, bitte?“

„Ich habe eine Paket für sie!“ Taichi verstellte seine Stimme und schließlich wurde die Türe geöffnet. Das war einfach. Jetzt war er immerhin drin. Die vierte Etage hatte er schnell erreicht. Jetzt stand er genau vor ihrer Wohnungstüre. Er klopfte, hielt den Spion zugedeckt und wartete.

Er wartete und wartete. Vielleicht war sie auch nicht zuhause? Aber Riku sie war doch sicher zuhause. Taichi klopfte erneut und schließlich öffnete sich die Wohnungstüre einen Spaltbreit. Ein hellbraunes Karamelfarbendes Auge lugte zwischen dem Spalt, wurde plötzlich ganz groß und sie wollte die Türe wieder schnell schließen. Da Taichi mit dieser Reaktion jedoch gerechnet hatte, hielt er seinen Fuß dazwischen und verhinderte so, dass die Türe vor seiner Nase wieder zufiel.

„Verschwinde...“, brummte Mimi und versuchte immer noch die Türe zu schließen.

„Mimi, das ist doch jetzt echt lächerlich. Lass uns bitte reden?!“

„Ich will nicht mit dir reden!“, erwiderte sie und hielt immer noch beide Hände gegen die Türe und versuchte diese zuzudrücken.

„Pass lieber auf, das du dich nicht verletzt“, witzelte Taichi, als er ihren vergeblichen Versuch wahrnahm.

„Boah man, Tai!“ Mimi regte sich so über den Älteren auf, dass ihre Konzentration und Kraft kurz nach ließ und Taichi sich die Chance kurzerhand nicht entgehen ließ und die Türe aufdrückte.

Mimi verschränkte beleidigt die Arme voreinander und sah demonstrativ in eine andere Richtung. Taichi schloss die Türe unsicher und seufzte resigniert auf. „Ich habe gesagt; ich will nicht mit dir reden.“

„Okay, dann höre mir einfach nur zu.“ Taichi fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Wo sollte er anfangen? Und was sollte er eigentlich sagen? Toll, das hätte er sich ja auch vorher mal überlegen können. Blumen wären auch nicht schlecht gewesen. „Mimi, es tut mir Leid.“ Er dachte mit einer Entschuldigung zu beginnen, konnte sicher nicht schaden.

„Ach was denn genau? Dass du mein Herz zerfetzt hast oder dass du dich nie gemeldet hast oder doch, dass du einfach nur ein Idiot bist?“

„Ähm… alles?“, fragte er unsicher nach. Er wusste, dass er Mimi mit seinem Verhalten sehr verletzt hatte und ganz offensichtlich hatte sie ihm nicht verziehen.

„Bitte, geh wieder.“ Ihre Stimme klang zerbrechlich und es kostete sie scheinbar viel Kraft überhaupt hier mit ihm zu stehen. Was hatte er nur angerichtet?

„Ich… Ich wollte nie, dass...“

„Geh. Ich will es nicht hören. Es kommt sowieso zu spät. Alles.“

„Mimi...“ Unbeholfen stand er da. Von seiner sonst so großen Klappe, war nicht mehr viel übrig. Er hatte ihr soviel zu sagen und doch bekam er einfach nichts raus. Ihr Anblick, ihre traurigen Augen und ihre Haltung. Sie fühlte sich unwohl in seiner Nähe. Seit wann konnte sie seine Anwesenheit nicht mehr ertragen? Sein Mund fühlte sich staubtrocken an und er kämpfte mit sich selbst.

„Geh...“, hauchte Mimi und wirkte immer kleiner. Sie hatte ihre Augen fest verschlossen.

„Es tut mir so Leid“, setzte Taichi nochmal an. Wieso bekam er einfach keinen vernünftigen Satz heraus? Stattdessen nur diese leeren Floskeln, von denen Mimi sich auch nichts kaufen konnte.

„Geh!“, sagte sie entschiedener, drehte sich herum und ging einfach in ihr Zimmer zurück.

Taichi glaubte Tränen in ihren Augen gesehen zu haben und es machte ihn fertig. „Es tut mir Leid“, murmelte er erneut, obwohl Mimi schon längst nicht mehr zu sehen war.
 

Taichi wollte sich gerade umdrehen und die Wohnung verlassen, als er von einer sehr bekannten Stimme zurückgerufen wurde. „Tai.“

Taichi drehte sich herum und lächelte Riku traurig an. „Hallo, ich wollte euch nicht stören.“

„Hast du nicht. Wie geht es dir?“, fragte Riku höflich nach.

Taichi zuckte mit seinen Schultern. Wie sollte es ihm schon gehen? „Nicht gut“, antwortete er wahrheitsgemäß.

„Mimi ist einfach noch sehr verletzt. Sie...“ Riku verstummte. Wusste offenbar nicht, was sie Taichi sagen konnte und was besser nicht. „Gib nicht auf!“

Taichi nickte schwach und lächelte matt. Hatte er diesen Kampf nicht schon vor lange Zeit aufgegeben? Er hatte sie verloren, weil er es zugelassen hatte und wurde einer von ihnen beiden dadurch glücklicher? „Sie wird mir nie wieder vertrauen. Sie kann mich nicht einmal mehr ansehen. Ich bin es selber schuld. Anstatt für uns zu kämpfen habe ich sie ziehen lassen, weil es damals einfach leichter war. Jetzt weiß ich, dass das kompletter Bullshit war. Die Zeit ohne sie war einfach schrecklich und ich werde sie immer vermissen. Ich muss lernen, zu akzeptieren, dass sie mich nicht mehr sehen will. Ich denke das bin ich ihr schuldig.“

„Ich habe ihr nie etwas gesagt, weil du es nicht wolltest. Ich denke du solltest es ihr jetzt sagen, das würde ihr sicher viel bedeuten.“

Taichi schüttelte energisch seinen Kopf. „Nein, sag es ihr nicht.“

„Warum denn nicht?“

„Weil… lass es. Bitte.“ Taichi setzte nochmal sein typisches Tai-Grinsen auf und verabschiedete sich von Riku, dann verließ er wirklich die Wohnung.

 

--
 

Taichi musste sich dringend abreagieren. Er fuhr kurz zurück in seine Wohnung, packte seine Sporttasche und fuhr ins Fitnessstudio. Es hatte sich soviel Frust angestaut, dass er es einfach nicht mehr aushielt und irgendwo seine Energie loswerden musste. Als Taichi schließlich im Fitnessstudio, welches nah an der Uni lag, ankam, stieg er als erstes aufs Laufband. Er lief und lief, wurde schneller und schneller. Konnte er doch einfach an den Punkt zurücklaufen, als er beschloss die Beziehung zu Mimi zu beenden. Dann könnte er es rückgängig machen und sich für seine dämliche Entscheidung selbst eine knallen. Erst als seine Lungen brannten, wurde er allmählich langsamer und stieg vom Laufband ab. Völlig erschöpft hielt er sich an den Armlehnen fest.

„Das man dich hier nochmal sieht“, sagte eine weibliche Stimme.

Misstrauisch hob Taichi eine Augenbraue. Nori? Die hatte ihm gerade noch gefehlt. Sie war doch schuld an allem! Taichi nahm sich eine Handtuch, trocknete seinen Schweiß ab und ging weiter zu den Hantelbank.

„Wow, du redest wohl immer noch nicht mit mir. Ich kenne echt keinen der so nachtragend ist und das völlig zu unrecht“, erwiderte Nori und stieg auf das Laufband, auf dem vorher Taichi gewesen war.

„Von wegen unrecht“, brummte Taichi, stöpselte sich seine Ohrstöpsel wieder in die Ohren und stellte die Musik auf seinem Handy so laut, wie er konnte. Falls Nori jetzt noch etwas sagte, hörte er es nicht und so konnte er sich auch nicht darüber aufregen. Er nahm sich die Kurzarm-Hanteln und setzte sich auf die Bank. Er begann mit den Hammer-Curls und machte dreimal je 15 Wiederholungen. Zum Schluss machte er noch einmal die umgekehrten Kurzhantel-Curls und ließ die Hanteln dann langsam ab. Er spürte zwar, dass ein Augenpaar die ganze Zeit zu ihm sahen, aber er versuchte es einfach wie sonst zu ignorieren, wenn er Nori sah. Nachdem er seinen Bizeps trainiert hatte, wollte er auch noch etwas für seinen Trizeps tun. Er legte sich mit seinem Rücken auf die Hantelbank, griff erneut nach den Kurzhanteln und legte seine Hände zusammen. Gemeinsam fuhren seine Hände auf und ab und auch diese Übung wiederholte er dreimal. Schließlich brannten seine Arme und doch hatte er noch lange nicht genug. Er wollte aus diesem Raum raus, in dem er sich beobachtet fühlte. Im nächsten Raum befanden sich einige Boxsäcke. Er verband seine Hände, stellte sich vor einen Boxsack. Seine Fäuste waren angespannt und verbissen schlug er immer wieder darauf. Er war wütend, auf sich und die ganze dumme Welt. Dieser Rausch beflügelte ihn und dieses Ventil brauchte er gerade auch dringend, um nicht doch wieder zum Alkohol zu greifen.

Ein Trainer sprach ihn mehrmals an, doch er reagierte nicht. Schließlich hielt der Trainer den Boxsack fest und feixte Taichi mit seinem Blick. „Junge, hör auf. Deine Fäuste!“

Taichi sah sich seine Fäuste an. Was sollte denn sein? Er sah das sie leicht blutig waren, doch Schmerz spürte er keinen. „Das ist nicht so schlimm“, wehrte Taichi ab.

„Das entscheide ich und ich sage für heute ist es gut.“

Taichi rollte mit den Augen. Er war noch nicht am Ende und wollte sich weiter auspowern. „Nur noch fünf Minuten!“

„Nein, wasch deine Hände. Wenn es nicht besser wird, haben wir im Büro noch eine Wundsalbe.“

„So was habe ich selber!“, erwiderte Taichi, schnappte sich sein Handtuch und seine Trinkflasche und verließ den Trainingsraum. Er stellte sich unter die Dusche, zog sich seine frischen Sachen wieder an und nahm sich noch einen Eiweißdrink mit, ehe er sich wieder in sein Auto setzte und nach Hause fuhr und das obwohl sein Frust immer noch nicht abgebaut war.
 

13. Juni 2012
 

Nachdem gestrigen Tag, der leider nicht so erfolgversprechend war, wie Taichi sich erhofft hatte, lag er auf seiner Couch im kleinen, aber gemütlichen Wohnzimmer und überlegte, ob er es heute einfach nochmal bei Mimi versuchen sollte. Allerdings wollte er ihr auch Zeit geben. Vielleicht würde sie sich ja auch von sich aus melden. Seine Fäuste waren zwar noch etwas aufgeplatzt, aber nicht mehr blutig. Seiner Meinung nach hätte er gestern weiter trainieren können. Er ging zu seinem Medizinschrank im Badezimmer und holte die Wundsalbe erneut heraus, diese trug er auf die offenen Wunden auf und legte sich anschließend zurück auf die Couch. Leider hatte er jetzt gerade wieder viel Zeit zum nachdenken und sofort musste er an Mimi denken, an ihre traurigen Augen, die soviel Schmerz widerspiegelten, an denen er sich selber die Schuld gab. Warum hatte er gestern nicht seine Klappe aufgekriegt? Warum faselte er immer wieder den selben Mist? Als würde er „es tut mir leid sagen“ und schon war alles wieder vergessen. Sein Handy vibrierte und er bekam eine Nachricht. Für einen kurzen Moment hatte er wirklich die Hoffnung gehabt, das Mimi ihm schreiben würde, aber nein. Es war seine Schwester.

>Bist du Zuhause? Bin in der Nähe! Lg Kari.<

Taichi antworte ihr und in der Tat war sie nach fünf Minuten auch schon bei ihm. „Was führt dich her?“

„Was ist mit deinen Händen?“, fragte Kari gleich besorgt nach.

Taichi winkte ab und setzte sich zurück auf die Couch. Hikari tat es ihm gleich. „Beim Sport etwas übertrieben. Ist wirklich nicht so schlimm.“

„Ach so okay.“ Etwas unruhig saß sie neben ihrem Bruder und trank das Wasserglas ihres Bruder leer.

„Ne ist okay. Ich habe kein Durst.“

„Du kannst dir doch gleich was neues holen.“

„Bist du nur hier, um mein Wasser leer zu trinken oder gibt es noch etwas anderes?“

„Na ja… Ich wollte fragen, wie es dir geht. Jetzt wo Mi… Mimi wieder da ist?“ Hikari biss sich auf die Unterlippe. Es tat ihr immer noch so leid, dass sie Mimi aus dem Weg ging und so ganz erklären konnte sie es gar nicht. Takeru meinte, dass sie sich mit Mimi treffen und ihr ganz ehrlich sagen sollte, was ihr auf dem Herzen lag, aber irgendwie konnte sie es nicht.

„Ich will jetzt nicht darüber reden“, murmelte Taichi. Es brachte doch nichts. Wenn er mit jemanden reden wollte, dann war es Mimi, aber er wollte ganz sicher nicht über sie reden. Das wollte er nie.

„Mimi hat mir geschrieben. Sie wollte sich mit mir treffen“, erwiderte die Braunhaarige.

Taichi nickte mit dem Kopf. Warum auch nicht, sie waren doch Freunde.

„Ich habe ihr aber abgesagt...“

„Warum das denn? Ihr seid doch Freundinnen, oder?“ Irritiert sah Taichi zu seiner Schwester.

„Weil... ach du hast Recht. Ich antwortete ihr das ich doch kann. Ich muss dann wieder.“ Zügig stand Hikari auf und ging auf seine Wohnungstüre zu.

„Ähm… Hä? Moment. Warte.“ Die Jüngere blieb stehen und drehte sich unsicher um.

„Komm, ist es wegen dem Rat den du mir vor ein paar Monaten gegeben hast?“

Langsam nickte Hikari mit ihrem Kopf. „Ich fühle mich irgendwie schlecht deswegen.“
 

Rückblick
 

25. März 2012
 

„Ach Schwesterherz, es ist wirklich zum verrückt werden. Was stimmt nur nicht mit den ganzen Weibern?“ Betrübt löffelte Taichi sein Eis weiter. Er hatte sich mit seiner Schwester in einer Eisdiele getroffen und wollten die ersten Frühlingstemperaturen mit einem Eis begrüßen.

„Die >Weiber< sind eigentlich alle gar nicht so verkehrt.“

„Hmm… Doch eigentlich schon. Ich meine, ich habe ja jetzt nicht so wenige kennengelernt, aber da war nicht eine dabei, mit der ich mir hätte mehr vorstellen können.“

„Also ich fand da schon welche nett und ich glaube einige von denen würden dir auch sehr gut tun.“

„Ich weiß nicht, ob ich mich überhaupt auf eine neue einlassen kann und will.“ Taichi hatte seinen Eisbecher leer gelöffelt und trank nun seine Cola weiter.

„Ich glaube das ist dein Problem. Du solltest Mimi hinter dir lassen und dich neuem zuwenden, damit du wieder glücklich wirst.“

„Ich glaube, ich liebe sie immer noch...“

Hikari legte ihren Löffel bei Seite und legte ihre Hand auf seiner ab. „Tai, ich weiß, dass Mimi dir immer wichtig sein wird und dass du sie weiterhin in deinem Herzen trägst, aber vielleicht hast du ja noch ein bisschen Platz um auch einer anderen einen Platz in deinem Herzen zu geben.“

„Ich weiß nicht, ob ich es kann. Ich habe es so lange verschlossen, dass ich gar nicht weiß, wie ich da überhaupt jemanden reinlassen soll“, murmelte Taichi betrübt und nippte an seiner kalten Cola.

„Du musst es einfach versuchen. Du willst doch nicht ewig Single bleiben oder?“

„Nein, natürlich nicht, aber ich meine wer...“ Taichi hatte sich ja schon gelegentlich umgeschaut, aber so richtig gefunkt hatte es einfach nicht und eine halbherzige Beziehung war das Letzte, das er wollte.

„Ich habe mich schon ein paar Mal mit Yuna getroffen, alleine und sie ist echt nett. Sie mag dich und ich finde du solltest sie richtig kennenlernen.“

„Yuna?“ fragte Taichi verwirrt nach. Er hatte Yuichis Tochter kurz vor Weihnachten kennengelernt, weil Yuuko gerne ein gemeinsames Weihnachtsfest feiern wollte. Yuna war ein sympathisches Mädchen, offen und hübsch, aber wirklich Interesse hatte Taichi nicht.

„Ja, sie ist wirklich bezaubernd und ihr habt euch doch gut verstanden.“

„Ich habe sie vielleicht dreimal gesehen. An Weihnachten, an Yuichis Geburtstag und als du unbedingt mit uns beiden ins Kino wolltest. Warte, war das etwa ein Verkupplungsversuch?“

„Du solltest nur sehen, was es sonst noch so gibt und du fandest sie doch nett und sie mag dich auch. Sie findet dich lustig.“

„Ach Kari, ich weiß nicht.“

„Triff dich doch einmal alleine mit ihr und guck ob sie dir gefallen könnte, wenn nicht… auch gut.“

Taichi wusste nicht, ob das eine gute Idee war, aber irgendwie konnte er seiner Schwester einfach keinen Wunsch abschlagen, wenn sie ihn mit so einem Hundeblick ansah. „Ein Date wird mich schon nicht umbringen.“

„Super. Ich schreibe Yuna gleich. Das ist wirklich die richtige Entscheidung. Ich möchte doch nur, dass du endlich wieder glücklich wirst.“

Taichi lächelte, griff über den Tisch und wuschelte ihr durch die Haare.

„Hör schon auf!“ Hikari zog ihren Kopf zurück und nahm ihr Handy in die Hand…
 

Rückblick Ende.
 

„Kari ganz ehrlich. Ich habe mich ein paar Mal mit Yuna getroffen und du hast recht. Sie ist ein wirklich netter Mensch und ich schätze sie sehr. Wir sind aber nur Freunde und da wird auch nicht mehr sein.“

Hikari nickte. „Ich weiß, ich habe mich da irgendwie verrannt. Ich dachte, wenn du eine neue Freundin hättest, die einfach ganz normal ist, dann würde es dir besser gehen und du wärst auch nicht mehr so alleine. Du brauchst ein Mädchen in deinem Leben. Wirklich, ich meine hast du dich mal in deiner Wohnung umgesehen?“

Taichi drehte sich einmal im Kreis und zuckte dann mit seinen Schultern. „Sieht doch gut aus...“

„Oh man, du brauchst ganz dringend ein Mädchen. Deine Socken und igitt, deine Boxershort liegen dort drüben auf dem Fußboden vor dem Couchtisch und von deiner Küche möchte ich gar nicht erst anfangen. Außerdem weiß ich das du eigentlich ein ziemlicher Beziehungsmensch bist. Ich dachte, wenn du ein neues Mädchen hast, würdest du Mimi aus dem Kopf und aus dem Herzen kriegen, aber du liebst sie wirklich noch. Trotz all der Zeit die vergangen ist und irgendwie fühle ich mich, als hätte ich Mimi verraten.“

„Du hast sie nicht verraten. Du bist eben meine Schwester und wolltest mir nur helfen. Ich bin derjenige, der es komplett versaut hat.“

„Ich helfe dir, wenn du möchtest.“ Hikari lächelte leicht.

„Und wie willst du das machen?“ Taichi glaubte mittlerweile, dass niemand ihm mehr helfen konnte.

„Zuerst werde ich mich mal bei ihr melden und dann mal sehen, was ich herauskriege.“

Taichi wusste nicht, ob er die Hilfe seiner Schwester wirklich annehmen sollte und schüttelte seinen Kopf. „Du solltest dich wirklich mit Mimi treffen, aber nicht wegen mir. Tu es für dich. Ich muss das mit Mimi ganz alleine wieder hinbekommen. Ich will nicht, dass sie nachher sauer auf dich ist.“

Hikari nickte und umarmte ihren Bruder nochmal. Sie zog ihre Schuhe wieder an und wand sich zur Türe um. „Und räume deine Klamotten vom Boden auf. Stell dir vor, nicht ich sondern Mimi würde hier vor deiner Türe stehen. So gewinnst du sie sicher nicht zurück.“

Taichi sah sich nochmal in seiner Wohnung um und nickte schließlich mit dem Kopf. „Gut, mach ich.“ und tatsächlich begann Taichi seine Wohnung aufzuräumen.

Geständnisse

14.06.2012
 

Mimi stand unruhig vor dem Einkaufscenter und wartete auf Hikari. Sie hätte niemals gedacht, dass diese sich nach ihrer letzten SMS so schnell melden würde, aber nur zwei Tage später schrieb sie ihr, entschuldigte sich und wollte sich nun doch mit ihr treffen. Mimi hatte natürlich sofort eingewilligt. Immerhin wollte sie wissen, was eigentlich los war. Zehn Minuten wartete sie jetzt schon auf die Jüngere, das war sehr untypisch für Hikari. Würde Hikari sie nun doch versetzen und gar nicht erst erscheinen?

„Mimi?“, rief eine freundliche Stimme, die leicht abgehackt wirkte.

Mimi drehte ihren Kopf herum und entdeckte zwischen einigen fremden Menschen ihre Freundin. „Hallo.“

„Hey, entschuldige das ich zu spät bin. Ich ...“ Hikari musste sich erst einmal Luft zufächern und stützte ihre Hände auf ihren Knien ab.

„Geht es?“, fragte die Ältere gleich besorgt nach.

„Ja, geht schon. Ich hatte eine U-Bahn verpasst und musste auf die nächste warten. Wartest du schon sehr lange?“

Mimi winkte gleich ab und schüttelte ihren Kopf. „Nein, erst seit ein paar Minuten.“

„Okay, das ist gut. Wie geht es dir?“

„Gut und dir?“

„Auch. Danke.“

Irgendwie war die Stimmung etwas angespannt. Mimi konnte sich nicht wirklich einen Reim darauf bilden. Es war seltsam, dass sie sich nichts zu sagen hatten.

„Sollen wir dann ins Einkaufscenter gehen?“

„Klar.“ Hikari nickte und gemeinsam machten sie sich auf dem Weg ins Shoppingcenter.

 

--
 

Sie gingen in drei Bekleidungsgeschäfte und irgendwann standen sie vor einer Cafeteria.

„Sollen wir eine Pause machen?“, fragte Hikari nach.

„Schon? Wenn du möchtest.“ Mimi war gerade erst einmal warm geworden und hatte auch schon zwei volle Tüten. Das war jedoch wenig, nein nichts, im Vergleich zu ihren sonstigen Shoppingergebnissen. Mimi bekam jeden Monat eine großzügige Summe von ihren Eltern auf ihr Konto überwiesen. Wobei es strenggenommen ohnehin ihr Geld war, aber wer fragte sie schon? Eben keiner.

„Dein Geschmack hat sich verändert!“, stellte Hikari fest, setzte sich auf einen freien Stuhl und bestellte sich eine Apfelschorle.

„Hmm...“ Hatte er das? Vielleicht waren sie etwas hochwertiger, als früher. Mimi bestellte sich einen alkoholfreien Cocktail, ein Wasser und einen Salat. „Möchtest du nichts essen?“ Die Jüngere schüttelte gleich ihren Kopf. „Ich kann dich auch einladen?!“

„Musst du nicht. Ich habe keinen Hunger.“

„Okay.“ Mimi fiel jetzt erst auf, das die Schülerin noch gar nichts eingekauft hatte. Unwillkürlich stellte sie sich die Frage, wie es mittlerweile Geldtechnisch bei der Familie Yagami aussah. Damals, als sie noch mit Taichi zusammen gewesen war, hatte er extra in einer Fabrik gearbeitet, damit die Familie über die Runden kam. Irgendwie glaubte die Ältere nicht, dass sich daran viel geändert hatte. Was wohl aus dem Erbe geworden war? Irgendwie traute Mimi sich nicht nachzufragen und bedankte sich für den Salat, den die Bedienung gerade brachte.

„Der sieht wirklich toll aus.“ Mimi nahm sich ihr Besteck und begann zu essen. Irgendwie fühlte sie sich aber nicht wohl dabei, wenn ihr jemand gegenüber saß, nichts aß und ihr beim essen zusah. „Ich kann auch teilen, wenn du magst?“, bot Mimi erneut an.

„Nein, schon okay,“ wehrte die Jüngere höflich ab und nippte an ihrem Getränk.

„Okay, können wir jetzt bitte damit aufhören?“, platzte es aus Mimi heraus. Das war ja nicht zum aushalten. Als würden sich zwei völlig Fremde gegenübersitzen. „Was ist los mit dir? Warum verhältst du dich mir gegenüber so abwesend und warum… habe ich das Gefühl, dass, dass wir uns gar nicht mehr kennen?“, fragte Mimi traurig bei der Jüngeren nach und schob ihren Teller nun ganz zur Seite. Ihr war der Appetit ohnehin vergangen.

„Ich… Ich weiß auch nicht“, murmelte die Jüngere betrübt.

„Hab ich irgendetwas getan, was dich verletzt oder vor dem Kopf gestoßen hat Wenn ja, dann tut es mir aufrichtig leid.“

Gleich schüttelte Hikari energisch mit ihrem Kopf. Sie nahm ihr Glas und hielt es mit beiden Händen fest verschlossen. „Aber ich, glaube ich...“

„Was meinst du?“, fragte Mimi ruhig nach.
 

„Ich… ich wollte Tai verkuppeln mit Yuna… Ich habe ihn dazu ermutigt, dich zu vergessen und neu anzufangen...“ Hikari sah schuldbewusst auf dem Boden und traute sich nicht, ihren Blick zu heben.

Auch Mimi musste diesen Satz erst einmal sacken lassen. „Und deswegen gehst du mir aus dem Weg, Kari?“

„Ja.“

„Warum?“ Mimi tat es weh, dass sie keinen Kontakt hatten. Taichi war eine Sache, aber Hikari war auch ihre Freundin und diese wollte sie nicht verlieren. „Wir sind doch Freundinnen und das sehr gute, dachte ich.“

„Sind wir auch. Es kam mir vor, als hätte ich dich verraten und Tai… dem habe ich damit auch kein Gefallen getan. Er...“ Hikari biss sich auf die Unterlippe und sah dann zurück zu Mimi. „Er vermisst dich. Ich glaube er...“

„Kari!“ Mimi wollte nicht, dass die Jüngere weiter redete. Sie wollte das nicht hören, nicht von Hikari. Nicht so und nicht hier und jetzt. „Du musst dich nicht schlecht fühlen, weil du deinem Bruder...“ Mimi schluckte ein Kloß im Hals runter. Sie konnte seinen Namen nicht mal sagen. „Es war meine größte Angst… nach Hause zu kommen und Tai ist glücklich und hat eine Neue...“

„Er ist aber nicht glücklich und er hat auch keine Neue!“

„Und warum knutscht er dann mit diesem Mädchen rum und verlässt mit ihr die Party?“, fragte die Ältere verletzt nach. Sie hatte strenggenommen kein Recht dazu, aber es ärgerte sie trotzdem.

„Yuna war nur sein Date. Er hat sie nach Hause gebracht und ist dann auch nach Hause gegangen.“

Erleichterung machte sich in Mimi breit. Taichi war also tatsächlich noch Single. Er hat sein Glück nicht bei einer neuen Freundin gefunden, wie sie zunächst gedacht hatte und offenbar vermisste er sie. Aber warum machte sie diese Nachricht nicht glücklich? Hatte sie sich das nicht die ganze Zeit gewünscht. Eine Chance? Ein Neuanfang? Ein Comeback? Warum fühlte sie sich jetzt schlechter als zuvor? War sie so kaputt, dass ihr Herz nicht mal am Ort des Geschehens repariert werden konnte? Hatte sie sich nicht die ganze Zeit nach Taichi gesehnt? War sie so abgestumpft? „Mimi?“

„Hmm?“ Fragend sah sie zur Jüngeren.

„Hast du einen neuen Freund?“

Mimi schüttelte ihren Kopf. „Nein, aber ich habe jemanden kennengelernt. Jemanden, der sehr nett, verständnisvoll und charmant ist. Jemand, der immer für mich da ist und versucht mein Herz zu erobern.“

„Und hat er es geschafft?“, fragte Hikari unsicher nach.

Mimi zuckte mit ihren Schultern. Darauf hatte sie keine Antwort. Zu wissen, dass Taichi hier war und sie scheinbar vermisste, löste unzählige Gefühle in ihr aus. Aber wenn sie an Ethan dachte, fühlte sich ihr Herz warm an. Warum? Konnte es etwa sein, dass beide ein Stück ihres Herzens besaßen? Konnte man für zwei Menschen ähnlich starke Gefühle haben? „Ich glaube mir wird schlecht“, murmelte sie und schob nun auch alles andere ebenfalls von sich. Sie stützte ihren Kopf auf ihren Händen ab und konnte nicht fassen in was für einem Gefühlschaos sie sich jetzt wieder befand.

„Hast du Tai vermisst?“

„Ach Kari… Natürlich. Jeden verdammten Tag, aber er hat mir auch sehr weh getan und mein Herz gebrochen und das war damals sehr schlimm. Es war unerträglich.“ Wenn Mimi nur an diese einsame Zeit zurückdachte, füllten sich ihre Augen mit Tränen. Dieser Schmerz hätte sie fast vernichtet. Was, wenn er das wieder täte? Ihre Situation hatte sich auch überhaupt nicht verändert. Mimi lebte immer noch in Amerika. Sie war in Orlando und sie liebte ihr Leben dort. Ein Leben, das endlich wieder ein Leben war. Ein Leben für das sie so hart gekämpft hatte. „Vielleicht sollte es einfach nicht sein. Manchmal reicht Liebe alleine nicht aus.“

„Ach Mimi. Es tut mir Leid, dass ich nicht für dich war. Ich mache es wieder gut.“

Mimi lächelte die Jüngere an. „Ist schon okay. Ich war ja nicht allein. Ich hatte Nicole und Ethan.“

„Ethan?“

„Ja Ethan, so heißt er. Ich wünsche mir wirklich, dass Tai glücklich wird. Er hat es verdient. Ich weiß nur nicht, ob wir miteinander jemals wieder glücklich werden können. Es ist soviel passiert und es ist soviel Zeit vergangen.“

„Das mag sein, aber es liegt auch noch viel Zeit vor euch und wie ihr beide sie verbringen werdet und mit wem, liegt ganz an euch.“

Mimi fühlte sich absolut hilflos. Mit wem wollte sie eigentlich ihre Zeit verbringen und warum wusste sie darauf keine Antwort? Dennoch war sie über den Verlauf des Tages dankbar. Hikari und sie konnte wieder unbeschwert miteinander umgehen und es war schön zu wissen, dass sie noch Freunde waren.
 

15.06.2012
 

Mimi erledigte gerade ein paar Einkäufe für sich und Riku. Sie stand vor einem hohen Regal im Supermarkt und kam an das oberste Fach einfach nicht heran. Warum musste man auch so hoch stapeln? Wer sollte denn bitte an diese Artikel herankommen? Mimi zumindest nicht. War hier irgendwo ein Verkäufer? Fehlanzeige. Eine Leiter? Fehlanzeige. Sie wollte schon enttäuschend aufgeben und woanders ihr Glück versuchen, aber sie brauchte diese blöden Putzmittel und wollte deswegen nicht extra noch woanders hin gehen. Wieder stellte sie sich auf ihre Zehenspitzen und sprang in die Höhe, aber sie erwischte die Putzmittel nicht, sondern nur das Regalbrett. „Verdammt“, fluchte sie frustiert.

„Soll ich dir vielleicht helfen?“

Mimi drehte sich herum und Taichi stand direkt vor ihr. Woran erinnerte sie diese Situation gleich nochmal? Shit, an ihren ersten Kuss, auf Davis Geburtstag. Mit roten Wangen ging Mimi einen Schritt bei Seite. „Ähm… Ja, das wäre sehr nett.“

Taichi stellte sich neben Mimi und nahm ohne Probleme zwei von den Putzmitteln heraus. Er reichte eines davon Mimi und legte das andere in seinen Einkaufswagen.

„Danke“, murmelte Mimi leise.

„Kein Problem. Bis dann.“

Taichi wollte sich gerade umdrehen und weiter gehen, da rief Mimi ihn zurück. „Es tut mir leid.“

Der Sportstudent hielt seinen Einkaufswagen an, drehte sich zu Mimi um und sah sie fragend an. „Wegen neulich. Ich wollte dich nicht so stehen lassen. Es ist nur… alles nicht so einfach gerade.“

„Ich hätte dich auch nicht so überrumpeln sollen. Ich hätte ja auch erst einmal anrufen können oder so.“

Mimi nickte. Schon wieder dieses unbehagliche Gefühl jemanden nicht zu kennen, den man doch eigentlich mal sehr gut kannte. „Was machst du am Wochenende?“, fragte Mimi unbedacht nach. Hoffentlich dachte Taichi jetzt nicht, dass sie sich mit ihm verabreden wollte. Sie wollte es einfach nur wissen.

„Morgen ist der Junggesellenabschied von Joe“, erwiderte Taichi leicht grinsend.

„Ohhh… Was macht ihr?“

Taichi fing laut an zu lachen und grinste Mimi schelmisch an. „Eine Weinverkostung, mit Sushi und Schach.“

„Nicht dein Ernst?!“

„Oh doch. Ich hoffe wirklich, dass wir danach noch wenigstens in einen Club gehen.“

„Tja, das ist eben Joe.“

„Ja, er weiß noch von gar nichts. Izzy hatte wohl bei Joe mal vorsichtig auf den Zahn gefühlt und dieser meinte, er wolle weder eine Stripperin, noch solch andere dieser Lokalitäten besuchen, keine peinlichen Spiele und natürlich keine Party! Na ja und da Izzy den Junggesellenabschied organisiert, wird das mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit der lahmste Junggesellenabschied auf Lebenszeit.“

Mimi wollte zwar nicht, aber sie musste laut loslachen. „Kommt Matt wenigstens, um dir beizustehen?“

„Nein, er musste sich leider entschuldigen. Er kommt erst nächste Woche zurück.“

„Ja, er regt sich sicherlich schon tierisch auf, das er den großen Spaß verpasst.“

„Hmm… bestimmt sogar. Ich werde einfach sehr viel Wein trinken und dann wird das hoffentlich schon irgendwas werden.“ Taichi schüttelte immer noch belustigt seinen Kopf.

„Ich wünsche es dir. Du kannst mir ja mal ein Foto davon schicken.“

„Danke, mache ich gerne. Hast du… also noch deine alte Nummer?“ Mimi nickte und wirkte gleich etwas betrübt. Warum wusste er das denn nicht? Hatte er nie ihre Nummer gewählt und dann schnell wieder aufgelegt? Scheinbar machten nur Frauen so etwas. „Wann ist der von Saori?“, fragte Taichi auf einmal nach.

„Ähm am Mittwoch und es geht schon voll früh los. Yolei hat uns eine PDF Datei per Mail geschickt und alles genau zusammengefasst. Jede Stunde ist voll geplant. Ich bin gespannt.“

„Auf jeden Fall wird es spaßiger als bei uns morgen.“ Mimi nickte. Da konnte sie Taichi nicht widersprechen. Es war schön, sich über so banaler Dinge unterhalten zu können. Sie lächelte und nahm sich wieder ihren Einkaufswagen. „Danke nochmal. Wir sehen uns.“

„Ja, war schön dich zu sehen, Mimi.“ Auch Taichi lächelte und wirkte tatsächlich etwas verlegen.

„Ich muss, bis dann und viel Spaß morgen.“

 

--
 

Als Mimi später wieder bei ihrer Großmutter war und mir ihr zusammen die Einkäufe verstaute, konnte sie nicht anders, als die ganze Zeit an Taichi zu denken. Irgendwann würde ihr Kopf noch platzen.

„Alles okay, du bist so ruhig Schatz?“, fragte Riku freundlich nach und verstaute den restlichen Aufschnitt im Kühlschrank.

„Ja, es ist nur… ich habe eben Tai getroffen und jetzt muss ich an ihn denken“, gestand Mimi ihrer Großmutter.

„Habt ihr euch wieder gestritten?“

„Nein, wir haben uns sogar ganz nett unterhalten, auch wenn es nur kurz war.“

"Das ist schön, er ist ein lieber Junge.“

Mimi beobachtete ihre Großmutter nachdenklich. „Er hat mich aber auch sehr verletzt und mir das Herz gebrochen“, pfefferte die Brünette zurück, schmiss die Türe vom Vorratsraum wieder zu und ging zu ihrer Großmutter zurück in die Küche. Mimi vergriff sich absichtlich im Ton und war gespannt auf die Reaktion. Sie wollte Riku testen. „Ich meine er ist voll der Idiot, ein Arsch und er hat sich nie bei mir gemeldet. Macht das ein lieber Junge?“

„Vielleicht hat er sich ja nie getraut?!“, murmelte Riku entschuldigend.

Sie ergriff tatsächlich für Taichi Partei. Sollte sie nicht auf ihrer Seite stehen? „Weil es auch so viel Mut erfordert, ein Telefon zu bedienen oder Mails zu beantworten?“, zickte Mimi weiter und wollte dem ganzen noch die Krone aufsetzen. „Tai kann bleiben wo der Pfeffer wächst. Er ist für mich ges….“

„Sag das nicht!“ Riku stand aufgebracht vor ihr und sah ihr Enkelin streng an. „So etwas will ich nicht aus deinem Mund hören! Verstanden?“

Mimi nickte. Trotzdem, sie hatte Riku fast so weit. Irgendetwas war da, das spürte sie und sie würde nicht eher Ruhe geben, bis sie wusste, was sie wissen wollte. "Warum verteidigst du ihn?“

„Das mache ich doch gar nicht“, wehrte die ältere Dame sich, nahm den Lappen und wollte über die saubere Arbeitsplatte wischen.

„Natürlich tust du das! Ich verstehe nur nicht, wieso. Du weißt doch, dass er mir sehr weh getan hat. Er hat mich wirklich unsagbar verletzt. Ich war am Ende. Verstehst du das? Und jetzt stehst du hier und verteidigst ihn. Warum?“

„Weil er dich genauso vermisst!“, schoss es plötzlich aus Riku heraus.

„Und woher willst du das wissen? Hast du ihn mal getroffen und er hat dir sein Herz ausgeschüttet?“

Riku drehte sich langsam um, ging zu dem kleinen Essbereich und setzte sich auf einen Stuhl. Niedergeschlagen ließ sie ihren Kopf hängen und strich über ihre Tischdecke. „Seit dein Opa nicht mehr da ist, bin ich sehr einsam und oft auch sehr allein“, murmelte Riku mit gedämpfter Stimme.

„Ach Oma.“ Mimi setzte sich gleich zu ihr an den Tisch und legte ihre Hand auf der ihrer Großmutter ab.

„Er fehlt mir jeden einzelnen Tag. Seit ich ein junges Mädchen war, gehörte er zu meinem Leben dazu und jetzt ist er fort und wird nie mehr zurückkommen, bis ich ihm eines Tages folge und solange werde ich diesen Verlust nicht überwinden.“

„Oma, das tut mit so alles so Leid. Opa fehlt mir doch auch.“

„Ich weiß mein Kind, aber euch vermisse ich auch. Ihr seid alle so weit weg und lebt euer Leben. Das ist richtig so und das sollt ihr auch weiterhin, aber dennoch bin ich oft alleine.“

Mimi nickte traurig mit ihrem Kopf. Sie hatte gar nicht so viel darüber nachgedacht und jetzt tat es ihr noch mehr Leid.

„Ich wusste es würde noch schwerer für mich werden, als deine Eltern nicht umzustimmen waren und klar war, dass du auch wieder zurück nach Amerika gehst. Ich dachte ein halbes Jahr ist ja nicht so schwer, aber aus dem halben Jahr wurde ein Jahr und schließlich sind eineinhalb Jahre vergangen.“

Mimi versank in ihrem Stuhl immer mehr und fühlte sich immer schlechter. Zwar hatten sie ihre Großmutter über Weihnachten und Silvester nach New York einfliegen lassen wollen, aber Riku hatte ihnen mitgeteilt, dass sie für so lange Reisen zu alt sei und nicht noch einmal fliegen würde.

„Aber in all der Zeit hier, war ich gar nicht so alleine, wie ich dachte.“

„Warst du nicht?“, fragte Mimi verwirrt nach. „Wer war denn hier?“

Riku lächelte sanft und drückte die Hand ihrer Enkelin ein wenig fester. „Taichi.“

„Tai?“

Riku nickte und ihr Lächeln wurde noch breiter. „Ja, er kam jeden Samstag vorbei, die gesamte Zeit über. Er hat nicht einen Samstag Vormittag ausgelassen. Er war für mich einkaufen, räumte mit mir die Einkäufe weg und blieb zum Frühstück hier. Es war mein Lieblingstag der Woche.“

Mimi ließ sich auf ihrem Stuhl zurückfallen und konnte es nicht fassen. „Wow… Warum weiß ich davon nichts?“

„Weil Tai es nicht wollte und ich habe es respektiert, aber ich kann dir sagen, er hat dich sehr vermisst. Er weiß, dass er viele Fehler in seiner Vergangenheit gemacht hat, aber er bemüht sich, vieles davon wieder gut zu machen.“

Über diese Information musste Mimi erst einmal nachdenken, aber eines stand fest. Sie musste Taichi dafür danken. Sie würde nicht umher kommen, noch einmal mit ihm das Gespräch zu suchen, aber sie war tief beeindruckt.

Friedliches Beisammensein

16.06.2012
 

Es war 10:00 Uhr an einem Samstag morgen. Normalerweise erledigte Taichi um diese Uhrzeit immer Einkäufe, doch stattdessen stand er heute im Badezimmer und machte sich für den Junggesellenabschied von Joe fertig. Um 11 Uhr wollten sie sich bei dem Blauhaarigen treffen und ihn überraschen, denn Joe wusste bisher von nichts. Saori hatte abgeklärt, dass er an diesem Tag nicht arbeiten musste und ihm vorgegaukelt, dass sie noch etwas für die Hochzeit erledigen mussten. Zwar gab es wirklich noch viele Dinge, die erledigt werden mussten, aber Joe würde heute nichts davon machen müssen. Taichi grinste dreckig, als er daran dachte, wie Joe wohl aus allen Wolken fallen würde, wenn sie mit versammelter Mannschaft vor seiner Tür auftauchen würden.

Koushiro wollte, dass sie alle die gleichen Klamotten trugen. So hatte der Rothaarige für alle T-Shirts besorgt. Taichi musste immer noch über den Spruch lachen, der auf der Rückseite stand - Niemand ist perfekt, aber als Arzt ist man verdammt nah dran.

So trug er eine dunkelblaue Jeanshose und dieses schwarze T-Shirt, mit der weißen Aufschrift.

Er genehmigte sich eine weitere Tasse Kaffee und sammelte sich. Vergangene Nacht hatte er wenig geschlafen. Die überraschende Begegnung gestern mit Mimi hatte ihn so ziemlich umgehauen. Er musste pausenlos an die Brünette denken. Sie war nicht so kühl und abweisend gewesen wie zuvor. Sie hatten sich normal unterhalten und sogar gemeinsam gelacht. Er wusste, dass das wahrscheinlich gar nichts zu bedeuten hatte, aber er machte sich doch ein wenig Hoffnung, dass Mimi vielleicht noch nicht ganz mit ihm abgeschlossen hatte.

Sein Handy piepte und kündigte eine SMS an. Er ging schnell zum Nachrichteneingang und schmunzelte, als er eine SMS von Yuna las.

>Hi, bist du weiter gekommen an der Mimi-Front? Steht morgen Kino noch?<

Taichi antwortete, ehe er sein Handy wieder verstaute.

>Vielleicht ein bisschen. Klar, steht noch, wenn du noch einmal fragst, zahlst du beide Karten.<

Taichi sah erneut auf die Uhr, zog sich seine Sneakers an und ging los.

 

--
 

„Okay, Davis fehlt noch. Wieso wunder mich das nicht?“, fragte Koushiro genervt nach. Er hatte nochmal an alle eine Gruppenmail geschrieben, dass sie PÜNKTLICH um 10:45 Uhr vor der Kreuzung zu Joe und Saoris Wohnung ankommen sollten und selbst Taichi hatte es geschafft.

„Er hat mir gerade geschrieben, dass er in fünf Minuten da ist“, erklärte Ken und verstaute sein Handy wieder in seiner hinteren Gesäßtasche.

„Dann ist es schon 11:00 Uhr“, brummte der Rothaarige genervt.

„Ach Izzy, ist doch nicht so schlimm. Wir haben extra genug Puffer eingebaut“, erwiderte Shu. Auch die beiden älteren Brüder von Joe, Shin und Shu, waren bei dem Junggesellenabschied dabei. Eigentlich fehlte nur Yamato, der aber aus Termingründen erst zwei Tage vor der Hochzeit anreisen würde.

„Da kommt er“, sagte Takeru und deutete auf die U-Bahn Station.

Ein winkender Daisuke kam angelaufen und stellte sich völlig außer Puste vor den restlichen Männern auf. „Sorry, ich hab...“

„...verschlafen?“, riet Koushiro ins Blaue hinein.

„Ja...“, murmelte der Igelkopf verlegen.

„Wie schaffst du es eigentlich jeden Tag pünktlich zur Arbeit zu erscheinen?“

„Wieso? Mein Geschäft ist total flexibel. Ich koche die Nudelsuppen frisch und verkaufe sie dann auf meinem Trami.“

Koushiro schüttelte fassungslos den Kopf. Wie konnte man nur so seine Zukunft gestalten?

„Solange er seine Miete bezahlen kann“, versuchte Ken seinem besten Freund beizustehen und klopfte diesem auf die Schulter. „Was? Ein, maximal zwei Jahre noch, dann reden alle nur noch von meinen Ramen...“ Daisuke hatte sich nach seinem Schulabschluss gegen eine Ausbildung oder ein Studium entschieden. Er wollte sich gleich selbstständig machen und lieber nach seinen eigenen Regeln arbeiten, anstatt auf andere zu hören und obwohl ihn jeder davon abriet und dazu riet, erst einmal etwas vernünftiges zu lernen, einen sicheren Grundstein zu haben, war der Igelkopf nicht von seiner Idee abzubringen gewesen.

„Man muss eben auch mal was riskieren, wenn man Erfolg haben will...“, erwiderte Daisuke und war sich sicher, dass sein Konzept aufgehen würde.

„Na ja wie auch immer, dann lasst uns jetzt mit unserem kleinen Bruder den letzten Tag in Freiheit verbringen, ehe er nie wieder was zu sagen hat?“, sagte Shu und klatschte in die Hände um die Diskussion zu beenden.

„Hatte er denn vorher was zu sagen?“, fragte Shin seinen Bruder.

„Stimmt auch wieder...“, antwortete dieser.

„Okay, wir gehen jetzt!“

Koushiro ging vor, während Taichi und Takeru das Schlusslicht bildeten.

„Der ist heute ganz schön unentspannt...“, nuschelte Takeru und sah Koushiro hinterher.

„Ja, offenbar ist man nicht nur als Bräutigam aufgeregt, sondern auch als Trauzeuge.“
 

„Überraschung!“

„Ähm...“ Etwas verwirrt sah Joe in den Hausflur, der zu seiner Wohnung führte. Dieser stand voll mit seinen Freunden, die seltsame T-Shirts anhatten und ihn erwartungsvoll ansahen. Sollte er was tun? Sich freuen? „Was macht ihr hier?“, fragte er und rückte seine Brille zurecht.

„Heute feiern wir deinen Junggesellenabschied!“, erklärte Koushiro freudig.

„Meinen was?“ Joes Blick ging gleich zu seiner Verlobten, die bestätigend nickte.

„Ja, ich wünsche dir viel Spaß!“, meinte sie lächelnd.

So ganz konnte es der Brillenträger wohl noch nicht glauben.

„Ich sagte doch, wir hätten jetzt schon mit dem trinken anfangen sollen“, brummte Taichi. Was war bitte ein Junggesellenabschied ohne Alkohol? Totaler Blödsinn.

„Der kommt doch nachher noch!“, flüsterte Takeru in sein Ohr.

„Ja, aber trotzdem...“

„Wie auch immer. Joe muss sich erst noch umziehen.“ Koushiro reichte dem Blauhaarigen eine Tüte.

„Es ist wohl egal, was ich sage und ob ich Lust dazu habe oder?“

„Hey, das ist das Einzige was ich planen konnte, ohne dass Yolei ihren Senf dazu gegeben hat. Jetzt nimmt die Tüte und zieh dich um. Bitte.“

Alle sahen auf die Erwähnung von Yoleis Namen kurz zu Ken. „Was ist? ihr wisst doch, wie sie ist", erwiderte Ken unschuldig.

Joe nahm die Tüte an sich und zog sich in ein anderes Zimmer zurück. Ein paar Minuten später kam er mit einem anderen T-Shirt wieder. Er hatte einen anderen Schriftzug darauf stehen - Ich kann auch ohne Alkohol Spaß haben. Das Wort Alkohol war pink durchgestrichen und stattdessen stand dahinter der Name Saori.

Wirklich erfreut war Joe offensichtlich nicht. „Muss ich das wirklich anlassen?“, fragte der Brillenträger nach und zupfte an seinem Shirt.

„Ja!“, erwiderte alle synchron.

Schließlich gab sich Joe geschlagen und verabschiedete sich von Saori, die den Jungs lachend hinterher sah.
 

Mittlerweile waren einige Stunden vergangen. Die Männer waren schon eine Runde Schach spielen und Sushi essen gewesen. So richtige Partystimmung fehlte noch und da dies doch irgendwie dazugehörte, gingen die Herren anschließend in einen Weinkeller. Joe sollte seinen Jahrgang heraussuchen und durfte diesen Wein als Erinnerung mit nach Hause nehmen. Alle genehmigten sich den ein oder anderen Wein von einem Kenner und durch die unterschiedlichen Weinsorten wurde auch die Stimmung etwas lockerer. Die jungen Männer verabschiedete sich von der kleinen Führung, samt Geschichtserzählung und standen nun wieder auf der Straße.
 

„Vielen Dank, für den schönen Abend.“ Für Joe war der Tag sowie er war perfekt und wollte auch nichts daran ändern. Da er von Koushiro erfahren hatte, dass dies der letzte offizielle Programmpunkt gewesen war, wollte er sich verabschieden und nach Hause gehen.

„Moment. Wir haben gerade mal zehn Uhr am Abend. Es ist Samstag und Joe, deinen Junggesellenabschied dazu. Den hast du nur einmal im Leben, können wir bitte darauf anstoßen und richtig feiern?“ Taichi sah bittend zu dem Älteren. Er wollte noch nicht nach Hause. Warum auch? Was sollte das überhaupte für ein Junggesellenenabschied sein?

„Hmm… Ich weiß nicht...“, murmelte Joe nachdenklich.

„Ich finde eigentlich, dass Tai Recht hat. Wir können ja gucken, wo es uns gefällt und wenn du keine Lust hast, kannst du ja immer noch gehen?“ schlug Takeru diplomatisch vor.

Joe nickte. Es war immerhin sehr selten, dass alle Freunde sich noch die Zeit füreinander nahmen und so oft würden sie nicht mehr zusammen kommen. „Na gut, lasst uns...“ Joe hob seine Hände in den Himmel und versuchte eine Tanzbewegung nachzumachen. „Party machen.“ Taichi lachte, klopfte aber dennoch seinem Freund auf die Schulter. "Sauber. Ich wüsste da auch...“

„Nein.“

„Wie nein?“, fragte der Braunhaarige irritiert nach.

„Wir gehen in keinen deiner Clubs. Lasst uns auf die guten alten Zeiten in den Rose Club gehen und dort den Abend ausklingen lassen“, erwiderte Joe bestimmt.

„Da du der Bräutigam bist, solltest du auch entscheiden“, stimmte Ken dem Älteren zu.

„Gut, der Club ist von hier aus sowieso nicht so weit weg“, sprach Daisuke und ging Richtung U-Bahn Station.

 

--
 

Mittlerweile hatte sich der größte Teil der Männer verabschiedet. Lediglich Taichi, Daisuke, Takeru und Joe waren noch da, aber nur weil die beiden Braunhaarigen den Ältesten einfach nicht gehen lassen wollten.

„I-ich hätte nicht gedacht, dass ich heute noch soviel Spaß haben würde“, lallte der baldige Bräutigam.

„Siehst du… Einmal im Leben darf auch ein Joe Kido so richtig die Sau raus lassen“, hickste auch Taichi und wollte erneut mit dem Älteren anstoßen.

„T.K., was machst du da?“, fragte Daisuke irritiert nach, da der Blonde im Halbschlaf auf einer Lederbank saß.

„Ich bin müde, können wir nicht langsam nach Hause?“ Er hatte die Arme ineinander verschränkt, seinen Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen.

„Was die Nacht ist doch noch jung!“, argumentierte Daisuke.

„Jung? Es ist zwei Uhr in der Früh. Die meisten Clubs machen jetzt eh zu und wir sind auch schon seit über 12 Stunden unterwegs.“ Takeru hatte für heute jedenfalls genug und wollte zu seiner Freundin zurück.

„Ach, du Langweiler, du willst ja nur zurück, weil deine süße Freundin auf dich wartet.“

„Eifersüchtig?“, grinste Takeru und öffnete ein Auge, um den Igelkopf anzusehen.

„N-nein, n-natürlich nicht“, stammelte Daisuke und drehte seinen Kopf zu den anderen beiden um. „Was ist mit euch?“

„Ich… muss auch nach Hause. S-Saori bringt mich sonst noch um“, erwiderte der Brillenträger angeheitert.

„Ach Joe, Saori war einverstanden. Es ist dein Junggesellenabschied, könntest du bitte dieses Gerede sein lassen?“

„Tai, wenn du eine Freundin hättest, würdest du wissen, dass man nicht mehr ewig lang um die Häuser zu ziehen hat. Im übrigen hatte ich heute meinen Spaß, aber daheim ist es immer noch am schönsten für mich. Ich kehre gerne nach Hause zurück, da dort die Frau auf mich wartet, die ich über alles liebe und die mich liebt.

„Amen“, pflichtigte Takeru ihm bei.

Taichi rollte mit seinen Augen. Ach, die beschissene Liebe, in der er einfach kein Glück hatte. Jetzt war Mimi zurück und doch war er allein und füllte sich einsamer als jemals zuvor. Zu wissen, dass es endgültig aus mit der Brünetten war und er auch keine Chance mehr bei ihr hatte, machte ihn einfach fertig. Er wollte nicht nach Hause und darüber nachdenken, wie sehr die Einsamkeit ihn manchmal fertig machte.

Takeru erhob sich von seinem Platz und sah zu Joe. „Was meinst du Joe, teilen wir uns ein Taxi? Unsere Wohnungen liegen doch sowieso in einer Richtung.“

„Ja, können wir machen. Also Danke Jungs. Wie sehen uns ja dann nächste Woche.“

Taichi und Daisuke verabschiedeten sich von den Beiden und blieben alleine zurück.

„Was machen wir jetzt noch? Der Club macht bald zu?“, murmelte Daisuke nachdenklich und sah auf einmal ein Mädchen, welches ihn schüchtern anlächelte. „Boah, ist die süß.“

Taichi drehte seinen Kopf, um das Mädchen abzuchecken, von der Daiskue sprach. Rotbraune Haare, die ihr bis zur Hüfte gingen, braune Augen und schlank. „Ja, nicht schlecht. Wir könnten vielleicht noch ins Golden Gage gehen, die haben bis 4 Uhr auf.“

Daisuke hörte kaum noch was der Ältere sagte, erwiderte das Lächeln des Mädchen, die daraufhin laut kicherte und eine Hand vor ihren Mund hielt. „Die muss ich kennenlernen. Wir sehen uns Tai.“

Ungläubig sah der Yagami seinem jüngeren Freund hinterher. Meinte er das jetzt etwa ernst? Im Handumdrehen verwickelte Daisuke das Mädchen in ein Gespräch und sah nicht einmal zurück zu dem Yagami. „Na toll...“
 

Da Taichi alleine auch nicht mehr feiern wollte, ging er zu den Kassen, um zu bezahlen. Als ihn draußen die frische Luft erfasste, wurde ihm blitzschnell wieder übel. Alles drehte sich und ihm wurde schwindelig. Nicht schon wieder.

Er versuchte sich schwankend zu konzentrieren und suchte in seiner Hose nach seinem Handy ab. Schließlich ertastete er sein Mobiltelefon und holte es hervor. Er entsperrte sein Handy und hielt sich mit der anderen Hand an einer Mauer fest. Es ging ihm immer schlechter. Er ging seine Telefonliste durch, nur wen konnte er jetzt eigentlich anrufen? Alle seine Freunde waren ja ebenfalls auf dem Junggesellenabschied gewesen und würden sicher nicht wieder zurückkommen oder ihn sogar belehren, darauf konnte der Braunhaarige allerdings verzichten. Sora? Nein, die kam auch nicht in Frage. Kurz dachte er an Mimi, aber wie kam das denn bitte an? Nein, das ging auch nicht, auch wenn er gerne ihre Stimme gehört hätte. Gerade wollte er sein Handy wieder wegpacken und einfach das nächste Taxi für sich in Anspruch nehmen, als ihm noch ein andere Name ins Auge sprang. Yuna. Kurz entschlossen, wählte er ihre Nummer, aber es dauerte etwas bis das Gespräch entgegengenommen wurde.

„Hallo?“, meldete sich eine verschlafene Stimme, am anderen ende der Leitung.

„Hi, ich bins Tai. Ähm… Wo bist du?“

„Wo soll ich schon sein? Im Bett. Wo bist du?“ Yuna gähnte und wartete auf eine Antwort.

„Vorm Rose Club. Mir ist schlecht“, murmelte Taichi. „Erst der Wein, dann später die kurzen und auch ein paar Biere habe ich vernichtet“, erklärte Taichi lallend.

„Ähm… klingt ja lecker...“, mumelte die Schwarzhaarige.

„Es war Joes Junggesellenabschied.“

„Achso… ja dann… Pass auf. Ich schaue mal, ob die Autoschlüssel von meinem Vater hier sind und dann hole ich dich ab, okay?“

„Wirklich? Das wäre toll… Dafür gehen wir morgen ins Kino.“

„Wir gehen eh morgen ins Kino, aber du zahlst dafür die Karten!“

„Hmm… Na gut...“ Taichi schickte der Jüngeren noch einen Screenshot von seinem Standpunkt und wartete.
 

Der Braunhaarige ließ sich an der Mauer auf den Boden gleiten und hoffte, dass er nicht zu lange auf Yuna warten musste. Während er da saß, bekam er noch mit, wie Daisuke mit diesem unbekannten Mädchen den Club verließ. „Verräter...“, brummte Taichi beleidigt und sah, wie die beiden munter miteinander plauderten. Wieso ging es dem Jüngeren bitte so gut? Unverschämtheit.

Nach einer Weile leuchtete jemand in sein Gesicht. „Lass das!“, giftete Taichi.

„Charmant wie immer“, kicherte Yuna und stellte die Lichtfunktion auf ihrem Handy aus. „Ich wollte nur wissen, ob du noch lebst, sonst hätte ich dich liegen lassen.“

„Wer ist hier charmant?“, brummte Taichi angesäuert und ließ sich von der Jüngeren hochhelfen.

„Beeil dich bitte, ich stehe im Halteverbot.“

Taichi rollte mit den Augen, würde er schneller können, würde er schneller gehen. „Ja, ist ja gut.“

Yuna öffnete die Beifahrertür und Taichi ließ sich auf den Sitz fallen. „Tai, pass auf und wenn du dich übergeben musst, warne mich vor. Mein Vater bringt mich sonst um.“

„Ach bitte, dein Vater vögelt mit meiner Mutter.“

„Tai!“

„Ist ja gut.“

„Wieso hab ich mein Handy auch nicht lautlos gestellt?“, fragte Yuna sich selber und stieg auf dem Fahrersitz ein.
 

„Hilf bloß nicht mit!“, erwiderte Yuna genervt, die einen Arm von Taichi um ihre schmale Schulter legte und versuchte den Älteren in seine Wohnung zu befördern.

„Ich helfe doch mit“, entgegnete er und versuchte ein Fuß vor den anderen zu setzen.

„Wo sind deine Schlüssel?“, fragte die Schwarzhaarige nach.

„Hier.“

Taichi drehte sich etwas, Yuna sah an dem Älteren herunter und sah eine zweite Beule. „Ich fasse doch da jetzt nicht rein“, erwiderte sie hektisch und lief rot an.

„Au man!“ Taichi fasste in seine Hosentasche und holte den Schlüssel heraus. Er versuchte ihn ins Schlüsselloch zu stecken, aber er traf es nicht.

„Soll ich dir vielleicht helfen?“

„Das schaffe ich jetzt auch noch… Wuhaa...“ Taichi schloss seine Wohnung auf und fiel hinein.

„Beeindruckend“, sagte Yuna trocken und musste ein Kichern unterdrücken. Sie stieg über den Älteren, der am Boden lag, nahm den Wohnungsschlüssel an sich und schloss die Türe wieder.

Taichi rappelte sich währenddessen wieder auf und ging in seine Küche.

Yuna folgte ihm und goss ihm ein Glas Wasser ein. „Bitte.“

„Danke.“ Taichi nahm sich zwei Kopfschmerztabletten und spülte diese mit viel Wasser runter. „Hoffentlich hilft es, dass mein Kopf morgen nicht im Dreieck springt...“, murmelte er.

„Trinke am besten die ganze Wasserflasche aus. Du, stört es dich, wenn ich auf der Couch schlafen würde? Dann muss ich jetzt nicht noch fahren.“

Taichi schüttelte seinen Kopf. „Nein, gar nicht.“

Er ging in sein Schlafzimmer, reichte der Jüngeren noch eine leichte Decke, sowie ein Shirt, welches die Schwarzhaarige zum schlafen anziehen konnte und bedankte sich für ihre Hilfe. „Danke Yuna. Ich hätte nicht gewusst, wen ich sonst hätte heute fragen können. Ich schulde dir was.“

„Ach was, schon okay. Wir sind doch Freunde. Geh jetzt ins Bett und schlaf deinen Rausch aus.“

„Mach ich. Gute Nacht.“ Taichi ging zurück in sein Schlafzimmer, zog seine Klamotten bis auf die Boxershort aus und legte sich so schlafen. Es dauerte auch nicht lange, bis er in einen tiefen Schlaf fiel und den Tag somit hinter sich ließ.

Hinter der Fassade

17.06.2016
 

Mimi hatte einen Entschluss gefasst. Sie wollte heute zu Taichi und mit ihm reden. Seit Riku ihr erzählt hatte, dass Taichi sich in all der Zeit um ihre Großmutter gekümmert hatte, konnte sie an nichts anderes mehr denken. Sie musste mit ihm reden, sie musste es von ihm hören und vorallem wollte sie wissen, warum er das gemacht hatte. Von Sora hatte die Brünette die aktuelle Adresse von Taichi erfahren. Jetzt stand sie vor seinem Wohnhaus. Sein Klingelschild hatte sie schon gefunden, doch sie traute sich einfach nicht zu klingeln. Ihr Finger berührte seine Klingel, sanft strich über seinen Namen, aber sie betätigte diese nicht.

Erneut verließ sie der Mut und sie ging die Straße wieder bis zum Ende, drehte sich um, ging wieder zurück, blieb erneut vor Taichis Tür stehen und ging anschließend weiter bis zum anderen Ende der Straße.

Dies tat sie jetzt bereits seit einer halben Stunde. Das konnte doch nicht so schwer sein! Einfach klingeln.

Wieder sah die Brünette auf die Uhr. 12 Uhr, ob Tai noch schlief? Sie wusste ja, dass er gestern auf dem Junggesellenabschied von Joe gewesen war. Sicher war er noch am schlafen. Ja, genau. Sie sollte nach Hause gehen und am Nachmittag wieder kommen, aber was, wenn er dann nicht da wäre? Mimi seufzte auf und las sich abermals seinen Namen auf der Klingel durch. Taichi Yagami. Mimi musste sich eingestehen, dass sie wahnsinnig neugierig auf seine Wohnung war. Wie er sich wohl eingerichtet hatte? Und wenn sie ganz ehrlich war, wollte sie ihn auch gerne wiedersehen.
 

„Komm schon, Mimi“, rief sie sich selber Mut zu. Sie schloss ihre Augen und betätigte die Klingel.

„Ja, Hallo?“

Huch. Diese Stimme kannte sie nicht.

„Wer ist da?“, fragte die dunkle Stimme aus dem Lautsprecher erneut nach.

„Ähm… hier ist Mimi, eine Freundin von Taichi Yagami. Ich habe wohl die falsche Klingel erwischt. Entschuldigung.“ Peinlich berührt legte Mimi sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Achso Tai. Der ist im sechsten Stockwerk, vierte Tür.“

Ein Summen erklang. Mimi drückte die Türe auf und fand sich im Treppenhaus wieder. Sie sah das weiße und helle Treppenhaus und bestellte sich den Aufzug. Sie wurde immer nervöser, je höher sie fuhr und schließlich erklang ein >Pling<. Die Brünette atmete erneut tief ein und aus und zählte. Eins, Zwei, Drei, hier müsse es sein. „Du schaffst es.“ Mimi klopfte an die Türe und wartete. Dann klopfte sie nochmal, nur diesesmal etwas lauter. Ob er gar nicht da war? Ihr Herzschlag pochte laut und schnell gegen ihren Brustkorb. Sie war so unglaublich nervös. Wieso konnte das nicht einfach vergehen? Die Türe öffnete sich, Mimi hielt ihre Luft an und dann… „Ähm...“ Hatte sie sich jetzt doch an der Türe vertan? Nicht Taichi stand an der Türe, sondern ein Mädchen mit schwarzen Haaren. Irgendwoher kannte Mimi das Mädchen doch und dann viel es ihr wie Schuppen von den Augen. Yuna. Gleich darauf wurde Mimis Gesicht kreidebleich und sie konnte es nicht fassen. Die Brünette sah nur kurz an dem Mädchen herunter. Diese trug ein Männershirt und ihre Beine waren unbekleidet. In diesem Moment erklang eine männliche Stimme hinter der Türe.

„Wer ist da?“, fragte Taichi nach und trat ebenfalls zur Türe. Taichi. In Boxershort.

„Ähm… I-ich… ähm… äh… T-tut mir L-leid.“ Mit hochrotem Kopf drehte Mimi sich herum, stürmte zum Treppenhaus und lief blitzschnell hinunter.

„Mimi?“, hörte die Brünette wie Taichi ihr hinterher rief, aber Mimi wollte nur noch hier weg. Dieser Anblick war noch schlimmer als der Kuss, den sie mit ansehen hatte müssen. Gott, die beiden hatten die Nacht zusammen verbracht und es war doch glasklar, was sie angestellt hatten.
 

Mimi stieß die Türe zum Treppenhaus auf. Tränen brannten in ihren Augen und sie bekam kaum noch Luft. Es tat so weh. Warum tat es nur so weh? Sie waren nicht zusammen, schon lange nicht mehr und doch… Zügig wischte sich die Brünette mit ihrem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht und lief, so schnell wie sie konnte, los. Sie wollte soviel Abstand wie möglich zwischen Taichis Wohnung und sich selbst bringen. Nicht dass es half, aber wenigstens lief sie nicht mehr wie eine Irre vor seiner Wohnung herum. „So eine Scheiße“, fluchte Mimi und stützte sich auf ihren Knien ab, als sie nicht mehr rennen konnte. Ihre Lungen brannten wie Feuer, sie war es einfach nicht gewohnt so schnell zu laufen. Erneut schniefte die Brünette. Warum musste sie sich nur immer selbst so quälen? Sie hielt das nicht mehr aus. Ihr Herz, das sie die letzten Jahre mühsam versucht hatte, wieder zusammen zu setzen. Hier brach es erneut und es tat genau so weh wie an dem Tag, an dem Taichi ihr das Herz zum ersten Mal gebrochen hatte. Von wegen die beiden waren nur Freunde! Freunde mit gewissen Extras oder wie immer man diesen Stuss auch nannte. Es war egal, es spielte keine Rolle. Taichi war schon lange nicht mehr das, was er einst für sie gewesen war. Er verdiente es nicht, dass er immer noch soviel Macht über sie hatte. Sie musste sich von ihm lösen. Sie musste sich endlich von ihm befreien, sonst würde sie nie wieder glücklich werden. Sora hatte es doch auch geschafft, dann könnte sie es auch. Sie musste, so konnte es einfach nicht weiter gehen.
 


 

Mimi wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Sie hatte ihr Handy bereits ausgeschalten und spazierte durch die große Stadt. Sie wusste nicht einmal, in welchem Stadtbezirk sie gerade war. Sie wollte einfach nur immer weiter gehen. Sie wusste nicht wohin, aber alles war besser, als zu Riku zu gehen, alleine in ihrem Zimmer zu sitzen und sich die Augen auszuheulen. Nicht schon wieder. Sie sah sowieso schon aus wie der Teufel in rosa. Dabei trug Mimi eigentlich nur ein rosanes Sommerkleid.

Die Jüngere sah ein niedliches Café und setzte sich auf einen der freien Stühle. Sie nahm die Karte in die Hand und überlegte, was sie bestellen sollte. Eigentlich wollte sie nichts, aber sie konnte ja auch nicht ohne weiteres hier sitzen bleiben.

„Was darf es sein?“

Mimi hob ihren Kopf und sah eine nette Kellnerin. „Ähm… ein Waffel mit einer Kugel Vanilleeis, Schlagsahne, Schokosoße und einer Kirsche.“ Die Kirsche war wichtig. Damit sah alles schöner aus.

„Kirschen sind gerade aus.“

„Natürlich sind sie das“, brummte Mimi verärgert. „Dann eben ohne die Kirsche.“

Sie verputzte ihre Bestellung und ließ sich frustriert nach hinten fallen. Leider half das leckere Dessert nicht, dass es der Jüngeren besser ging. Stattdessen hatte sie Bauchschmerzen. So ein blöder Tag.

Die Brünette beobachte die Menschen, die an ihr vorbei gingen. Alle beschäftigt, alle mit diesem Blick. Mimi fischte ihr Handy aus ihrer Handtasche und stellte es erstmalig wieder an.

Sie hatte wohl ein paar Nachrichten auf ihrer Mailbox, doch die würde sie jetzt sicher nicht abhören. Wenn Taichi es war, der ihr daraufgesprochen hatte, würde sie durchdrehen. Sie konnte seine Stimme jetzt nicht ertragen. Sie hatte ebenfalls ein paar Kurznachrichten bekommen. Auch Taichi hatte geschrieben, doch sie löschte die Nachrichten ohne sie gelesen zu haben.

Sie hatte auch noch eine SMS von Ethan bekommen.

>Hallo Mimi, ich weiß, du wirst mich jetzt für verrückt erklären, aber ich stehe gerade im Check-In. In ein paar Stunden lande ich in Tokio. Bitte lass uns treffen. Ich muss dich sehen.<

„Was, aber wie?“ Mimi versuchte den Braunhaarige anzurufen, doch sein Handy war aus. Wahrscheinlich war er schon im Flugzeug, die SMS war schon vier Stunden alt. Warum wollte Ethan nach Japan kommen? Wegen ihr? Ja, das hatte er geschrieben. Noch nie war jemand in ein Flugzeug gestiegen, nur um sie zu sehen. Vielleicht war es an der Zeit, Taichi endgültig aufzugeben und anderen die Möglichkeit zu geben, ihr Herz zu erobern. Nur war sie dafür bereit? Und wollte sie wirklich, dass Ethan jetzt kam und sie derart überrumpelte?

>Hi Ethan, ja das bist du! Total verrückt. Was denkst du dir nur dabei? Rufe mich an, wenn du im Hotel bist. LG Mimi.<

Sie bezahlte die Rechnung und orientiere sich erst einmal, wo sie eigentlich war.
 

Ihr Handy führte sie schnell zu der nächsten U-Bahn Station. Shibuya war nicht weit entfernt, also wollte sie erst einmal bis dorthin fahren. Dort kannte sie sich wenigstens etwas besser aus. Während der Fahrt kramte sie ihren kleinen Spiegel und ihr Puder heraus. Sie versuchte ihre Augenringe ein wenig abzudecken, sie konnte hier ja nicht wie ein Zombie herumlaufen.

In Shibuya stieg Mimi aus und wollte sich ein paar neue Klamotten gönnen. Frustshoppen, wie man so schön sagte. Eine Stunde später und den Geldbeutel um einige Scheine leichter gemacht, kam die Brünette erneut zum stehen. Denn was sie dann sah, riss ihr erneut den Boden unter ihren Füßen weg. Warum? Warum tat man ihr das an? Schon wieder? Reichte es nicht langsam?

Dort stand Taichi mit Yuna vor einem Kino und sie stellten sich in einer Schlange an. Als wäre es nicht genug, dass sie heute morgen die Beiden beim Schäferstündchen gestört hatte, nein jetzt musste sie auch noch mitbekommen, das sie ein Date hatten. Mimi hätte auf der Stelle kotzen können. Die ganze Sache war doch sowas von eindeutig. Yuna tippte Taichi an und deutete auf Mimi, dieser drehte seinen Kopf und sah mit geweiteten Augen zu der Jüngeren. „Mimi“, formten seine Lippen tonlos. Erneut drehte Mimi sich um und wollte loslaufen, doch da hatte Taichi sich ihr schon in den Weg gestellt.

„Hey Mimi, warte bitte.“

„Warum? Das führt doch zu nichts.“

„Doch, weil sicher alles anders ist, als du denkst. Gib mir nur fünf Minuten und lass mich erklären.“

Mimi nickte und sah auf die Uhr. „Deine Zeit läuft.“

„Yuna und ich...“

Mimi rollte mit den Augen.

„sind nur Freunde.“

„Achso Freunde. So nennt man das. Schön für euch.“

„Nichts schön für uns. Sie hat nur bei mir übernachtet, weil ich letzte Nacht total betrunken war und sonst niemanden hatte, den ich anrufen konnte.“

„Warum hast du mich nicht angerufen?“

„Ähm… na ja, ich dachte nicht...“

„… dass wir Freunde sind? Stimmt.“

„Mimi...“

„Nein. Ich habe echt genug. Ich kann nicht mehr. Ihr knutscht herum, übernachtet beieinander und geht auf Dates? Ganz ehrlich? Tai, du bist frei und du kannst machen was du willst und ich sollte endlich das Gleiche tun. Es gibt jemanden, der sich schon seit einem Jahr ein Bein ausreißt, um mein Herz zu erobern. Er vermisst mich und will mich sehen und weißt du was er jetzt gerade tut? Er sitzt im Flugzeug um mich zu sehen. Mich. Obwohl ich in drei Wochen zurückfliege. Das hättest du nie getan!“

Etwas veränderte sich in diesem Augenblick in Taichis Augen und er schloss seinen Mund, den er gerade öffnen wollte, um etwas dagegen zu sagen. „Wenn du das so siehst“, murmelte er verletzt.

„Das sind nur die Fakten“, zickte Mimi und kämpfte dagegen an, dass sich erneut Tränen in ihren Augen bildeten. Nicht vor Taichi. Diese Genugtuung wollte sie ihm nicht geben. „Viel Spaß mit deiner „Freundin“ auf deinem Date.“

„Das ist kein… Ach was solls“, brummte Taichi, drehte sich herum und ging zurück zu Yuna. Diese sah nur verwirrt zu Taichi.

Mimi konnte sich das nicht mehr länger antun. Sie drehte sich langsam herum, umklammerte den Griff um ihre Tüte und lief zu den U-Bahn Stationen.
 

18.06.2012
 

Mitten in der Nacht klingelte ihr Handy. Kurz sah Mimi auf den Radiowecker, der auf ihrem Nachttisch stand. 0:30 Uhr. Wer rief sie denn bitte um diese Uhrzeit an? Sie war froh gewesen, dass sie gerade eingeschlafen war. Sie beschloss es klingeln zu lassen, aber dann war die Neugierde doch zu groß. Sie schlug ihre Sommerdecke bei Seite und nahm ihr Handy, das ebenfalls auf dem Nachtisch lag, in die Hand. Sie rieb sich etwas schlaf aus den Augen, um besser sehen zu können. Ethan. Der hatte ja ein Timing. Da Mimi jetzt schon einmal wach war, nahm sie das Gespräch entgegen. „Weißt du eigentlich wie spät es ist?“, blaffte Mimi gleich in den Hörer.

Ethan kicherte und antwortete. „und ob ich das weiß. Ich bin vor einer Stunde in Tokio gelandet und ich dachte mir, du hast geschrieben, ich solle mich melden und genau das mache ich.“

Mimi rollte mit ihren Augen. Doch nicht mitten in der Nacht. „Du bringst mich um meinen kostbaren Schlaf.“

„Ach Mimi, einen Schönheitsschlaf hast du doch gar nicht nötig. Du siehst auch so umwerfend schön aus.“

Über dieses Kompliment musste die Brünette dann doch lächeln. „Danke für die Blumen. In welchen Hotel bist du denn?“

„Im One. Ich weiß nicht einmal, ob ich mir mit dieser Gegend einen Gefallen getan habe, aber ich dachte mir, was solls wird schon alles werden“, erklärte der Braunhaarige.

„In welchem Stadtteil bist du denn?“, fragt Mimi in den Hörer und unterdrückte ein Gähnen.

„In Shinagawa.“

„Hmm… Ist abseits, aber...“

„Aber?“, horchte Ethan neugierig nach.

„Aber es liegt neben Odaiba und da bin ich.“

„Dann habe ich doch alles richtig gemacht.“

Mimi konnte förmlich das Grinsen auf Ethans Gesicht sehen. Dennoch musste sie eine Sache fragen. „Warum bist du hier?“

„Das habe ich dir doch schon geschrieben“, erwiderte der Ältere.

„Na ja, nicht wirklich. Du hast nur geschrieben, dass… also dass...“

„Dass ich dich vermisse?“, beendete Ethan den Satz der Brünetten.

„Ja.“

„Ist ja auch so, aber das ist nicht alles...“, sprach der Lebensmitteltechnologiestudent weiter.

Jetzt hatte Mimi doch ein wenig Angst, weiter nach zu fragen. „Ethan...“

„Ich will dir das nicht am Telefon sagen. Gibt es vielleicht eine Möglichkeit, dass wir uns morgen oder besser gesagt heute treffen können?“

Mimi überlegte was sie heute vor hatte. Aber an dem heutigen Montag stand nicht so viel auf dem Programm. „Ja, müsste gehen. Wie wäre es Mittags?“, schlug Mimi vor und setzte sich im Schneidersitz auf ihr Bett.

„Ja, kein Problem, aber ähm Mimi?“

„Ja?“ Jetzt war sie gespannt, was wollte er denn noch?

„An welchem Ort und wie soll ich diesen um Himmels Willen finden?“, fragte Ethan nach und klang wirklich etwas verzweifelt.

„Schicke mir deinen Standort zu und dann finde ich dich.“

„Uhh…. Das gefällt mir. Okay, dann bis morgen und Mimi? Ich freue mich.“

„Ich freue mich auch, aber du bist trotzdem verrückt.“

Ethan lachte am anderen Ende der Leitung. „Ich weiß, aber weißt du was? Manchmal muss man eben verrückt sein.“

„Bis morgen, Ethan“, hauchte Mimi ins Telefon und beendete das Telefonat. Sie sah es noch eine Zeit seufzend an und ließ sich wieder nach hinten auf ihr Bett fallen. Was sollte sie nur tun? Auf der einen Seite war da Taichi, der Mann, der ihr das Herz gebrochen hatte und es immer noch schaffte, sie zu verletzen und auf der anderen Seite war da Ethan, ein Junge der sie mochte, wahrscheinlich sogar mehr als das und Mimi wusste absolut nicht, ob sie diese Gefühle erwidern konnte. Das letzte, was sie wollte, war sein Herz zu brechen und ihn zu verletzen. Sie wusste doch wie schlimm das war und wollte es auch keinen anderem antun, aber war es dafür nicht schon längst zu spät? Immerhin war Ethan jetzt hier in Tokio und sicher nicht, um eine Hausarbeit zu schreiben. Nein, ganz sicher nicht. Was immer er ihr morgen zu sagen hatte, es könnte alles ändern und vieles auf den Kopf stellen. Sie wollte Ethan aber auch als Freund nicht verlieren und Taichi? Hatte sie ihn nicht schon vor lange Zeit verloren? Sie waren sich so fremd geworden. Sie erkannte ihn überhaupt nicht mehr wieder. Kari hatte ihr erzählt, dass er sie vermisst hatte und er hatte vor ihrer Tür gestanden, um Verzeihung gebeten und kümmerte sich um ihre Großmutter, aber tat er das überhaupt ihretwegen? Wo war sein Kampfgeist geblieben? Seit wann räumte er einfach so das Feld und gab auf? Und ehe sie sich versah, fing er einfach etwas mit einer anderen an? Das war doch alles nicht ihr Taichi, in den sie sich einst verliebt hatte. Die Zeiten hatten sich geändert und scheinbar auch die Menschen, die sie liebte. Die Frage war nur, haben sich die Menschen hier geändert oder war sie selber diejenige, die sich in eine andere Richtung entwickelt hatte?

Neuer Mut

18.06.2012
 

Taichi hatte nicht eine Stunde lang vernünftig geschlafen. Eigentlich müsste er sich fertig machen für die Uni, aber gerade konnte er sich nicht dazu aufraffen, dorthin zu gehen. Er war zu fertig von der schlaflosen Nacht. Wie so viele Nächte zuvor auch, kreisten seine Gedanken unaufhörlich nur um Mimi. Nur dieses Mal war doch alles anders. Warum stand sie gestern morgen so plötzlich vor seiner Tür? Was wollte sie von ihm? Und dann sah Mimi ausgerechnet Yuna und zog vollkommen falsche Schlüsse. Auch dass sie ihn zufällig abends mit ihm am Kino sah, hatte sie komplett falsch verstanden, aber der Versuch dieses Missverständnis aufzuklären lief katastrophal schief. Irgendwie konnte er Mimi ja verstehen. In ihren Augen sah das alles so eindeutig aus, aber meinte sie das ernst? Wollte sie nichts mehr von ihm wissen, hatte sie bereits einen Neuen und mit ihm abgeschlossen? „Nein!“, brummte Taichi und hatte keine Lust mehr, länger in seinem Bett zu liegen. Wenn gestern Mimi unangemeldet vor seiner Tür gestanden hatte, dann konnte er das schon lange. Irgendetwas wollte sie gestern von ihm und er wollte wissen was und auch er musste die Sache mit ihr aus der Welt schaffen. Er durfte nicht mehr länger rumliegen, sich über Dinge aufregen und hoffen, dass sich diese Dinge irgendwie selbst erledigten. So würde das nicht funktionieren und das wusste er auch. Da er sich aber ziemlich sicher war, dass Mimi nicht so einfach mit ihm reden würde, wollte er einen anderen Weg ausprobieren.
 

Er fuhr seinen Rechner hoch und wartete, bis sich die Suchseite des Internets aufgebaut hatte. Der Sportstudent wollte seine E-Mails checken und suchte nach einer längst überfälligen E-Mail, die er die letzten Monate versucht hatte, zu verdrängen. Er hatte sie in einen anderen Ordner verschoben, um nicht ständig darüber zu stolpern. Taichi hatte sogar überlegt, diese E-Mail ungelesen zu löschen. Nicht, weil er sich nicht darüber gefreut hatte, dass Mimi ihm geschrieben hatte. Er hatte sich sogar sehr darüber gefreut, aber die Erinnerung an seine Ex-Freundin schmerzten ihn zu sehr, als dass er sie an seinem Geburtstag öffnen konnte und so beließ er es dabei. Zum Glück hatte er sie nicht gelöscht.

Er suchte nach dem Ordner. Verborgene Schätze, so hatte er ihn genannt. Irgendwie war diese Mail auch ein verborgener Schatz. Warum er die E-Mail nach seinem Geburtstag nicht gelesen hatte, konnte er selbst nicht ganz erklären, aber wahrscheinlich war es eine Mischung aus Angst und Scham. Angst vor dem, dass sie etwas hätte geschrieben haben könnte, was dem Braunhaarigen so gar nicht gefiel und Scham, weil nicht er derjenige war, der den Mut hatte, ihr als erster zu schreiben.
 

„Puh.“ Taichi atmete tief ein und aus. Seine Finger ruhten auf der Maus. Er müsste einmal klicken und schon würde die E-Mail sich öffnen. Er sollte deswegen nicht soviel Wirbel machen. Was konnte schmerzhafter sein als das, was Mimi die vergangenen Tage zu ihm gesagt hatte?

Er klickte die Maus an und ein Fenster ploppte auf. Eine Lesebestätigung. Er musste sie bestätigen, sonst würde er die E-Mail nicht lesen können. Moment, das hieße dass Mimi auch wüsste, dass er diese E-Mail nie gelesen hatte. Toll. Er drückte auf >Ok< und die E-Mail tat sich ganz auf. Der Sportstudent blinzelte ein paar Mal, ehe er den Versuch startete, die Mail in einem Rutsch durchzulesen.
 

Lieber Tai,
 

lange habe ich überlegt, ob ich dir diese E-Mail zum Geburtstag schreiben soll oder nicht. Schließlich habe ich mich doch dafür entschieden. Ich weiß, dass dieser Weg heutzutage eher unkonventionell ist, aber jede andere Möglichkeit schien auch nicht die richtige für mich zu sein…

Ich wollte dir erst einmal alles Gute zum Geburtstag wünschen… Es klingt irgendwie seltsam, wenn ich das so schreibe, als würde ich dich nur flüchtig kennen und würde irgendeiner Facebookfreundin zum Geburtstag gratulieren, mit der ich sonst nichts zu tun habe… und das ist ja nicht der Fall, aber ich musste heute den ganzen Tag an dich denken… und daher wollte ich dir nur mitteilen, dass ich dich und deinen Geburtstag nicht vergessen habe.
 

Es ist so seltsam, dir das nicht persönlich sagen zu können und nichts weiter als dir diese Zeilen zu schreiben, die irgendwie sehr unpersönlich wirken. Dennoch schreibe ich aus vollen Herzen und hoffe, du nimmst mir diese Zeilen nicht krumm.

Ich weiß nicht, wie es dir ergangen ist und wie dein Leben derzeit so läuft. Ich hoffe aber, es geht dir gut und dass du glücklich bist. Ich würde und könnte dir nie etwas schlechtes wünschen.

Ich bin ganz zufrieden mit meinem Studium und für den Weg, den ich gerade gehe… Ich hoffe du hast deine Wahl deines Studiums auch nie bereut…
 

Ich wünsche dir heute einen schönen Tag und ich würde mich freuen, etwas von dir zu hören. Vielleicht könnten wir doch eine Art Freundschaft haben? Zumindest unpersönlichen E-Mail Kontakt halten? Ich fände es schön, wenn du nicht möchtest es auch okay. Ich könnte verstehen, wenn du einfach nur abschließen und alles hinter dir lassen möchtest…
 

Liebe Grüße
 

Mimi.
 

Taichi konnte es einfach nicht fassen. „Scheiße, scheiße, scheiße“, fluchte er, sprang von seinem Schreibtischstuhl auf und maschierte wütend in seinem Schlafzimmer auf und ab. Er könnte sich gerade selbst eine saftige Ohrfeige verpassen. Warum hatte er die E-Mail nicht einfach geöffnet? Mimi wollte wieder Kontakt zu ihm haben. Eine Freundschaft versuchen und er hatte die Chance, Mimi wieder in sein Leben zu lassen, selber verbaut und das nur, weil er fürchtete, dass die E-Mail nicht so war, wie er es sich wünschte. Warum machte er nur immer wieder dieselben Fehler? Sicher hatte Mimi angenommen, dass für ihn die Sache durch war. Er musste das ändern, er musste anfangen, zu kämpfen. Taichi musste seiner kleinen Prinzessin zeigen, wie wichtig sie noch immer für ihn war und dass er sie zurück in seinem Leben wollte, aber wie? Wie sollte er das anstellen? Damals hatte er ihr Herz gewonnen, in dem ihr tief in die Romantik Schublade gegriffen hatte. Er hatte sie auf eine Schnitzeljagd geschickt. Wäre das eine Option? Sollte er so etwas ähnliches noch einmal versuchen? Aber was könnte das von damals übertreffen? Er brauchte Hilfe.

Schnelle, dringende und verdammt gute Hilfe.

Taichi nahm sein Mobiltelefon heraus und wählte die Nummer seiner besten Freundin…

„Ja hallo, Tai?“, fragte eine freundliche Stimme am anderen Ende der Leitung nach.

„Sora, wie gut, dass du gleich ran gehst. Sag mal, hast du zufällig Zeit?“

„Jetzt?“, fragte die Rothaarige überrascht nach.

„Ja, es ist wirklich wichtig“, behaarte der Sportstudent.

„Na ja, ich ich bin bei der Arbeit. Es ist zwar gerade ruhig, aber...“

„Super, alles klar. Bis gleich.“ Taichi legte auf und wartete die Antwort von seiner besten Freundin gar nicht erst ab. Er zog sich seine Sneakers an, schnappte sich seine Wohnungsschlüssel und machte sich auf den Weg in die kleine Boutique, in der Sora noch immer arbeitete.
 


 

„Hi Sora, schön das es so kurzfristig geklappt hat“, begrüßte Taichi die Rothaarige und lehnte sich am Tresen an. Sora stand hinter der Kasse und ging die Tageseinnahmen durch.

„Tai, lass mich das gerade zu Ende machen, wenn du schon einfach hier auftauchst und mich überfällst“, brummte sie und begann von vorne, weil sie durcheinander gekommen war.

„Wieso? Wir haben uns doch verabredet“, wehrte sich der Braunhaarige irritiert.

„Du hast dich selbst eingeladen“, wehrte Sora sich und begann wieder einmal von vorne zu zählen.

„Wie auch immer. Ich brauche deinen Rat.“

„Tai! Lass mich gerade die Tageseinnahmen zählen, dann mache ich einen Kassensturz, melde mich ab und dann habe ich auch Zeit für dich.“

„Okay.“ Taichi versuchte still zu bleiben und tippte nervös mit einem Fuß auf und ab. Warum dauerte das denn nur so lange? „Soll ich dir vielleicht helfen, dann geht es schneller?“

Sora hob einen Finger und ignorierte Taichi. Er seufzte auf, nahm sich einen Kugelschreiber, der auf dem Tresen lag und drückte immer wieder auf den Knopf herum. Sora hob kurz ihren Blick und versuchte weiter ihren besten Freund zu ignorieren. Sie öffnete ein Fenster im PC und trug die Summe dort ein. Anschließend nahm sie einen Tresorumschlag, beschriftete diesen, sowie eine Quittung mit dem Geldbetrag und nahm eine fünfstellige Summe aus der Kasse. Die Modestudentin legte alles zusammen in den Tresorumschlag und brachte diesen Umschlag, in einer anderen Raum, der privat und nicht für Kunden zugänglich war.

„Ich bin sofort zurück, dann kann ich Pause machen.“

Soras Chefin kam gerade aus dem Lager und stellte sich hinter die Kasse. „Ah hallo Tai, schön dich mal wieder zu sehen.“

„Frau Isaku, freut mich auch sie wiederzusehen.“ Sora kam aus dem hinteren Zimmer zurück zur Kasse und lächelte ihre Chefin an. „Ah Sora, hast du dich schon abgemeldet?“

Sora schüttelte leicht mit ihrem Kopf. „Wollte ich gerade machen.“ Sie stellte sich vor den PC und meldete sich ab. Frau Isaku meldete sich an und wünschte Sora eine schöne Mittagspause.

„Na komm du kleine Nervensäge. Wir gehen etwas essen und du sagst mir, was dir auf dem Herzen liegt.“

„Wie Nervensäge?“, brummte Taichi beleidigt, hielt seiner besten Freundin aber dennoch die Türe offen, damit Sora durch diese gehen konnte.
 

--
 

Sie gingen die Straßen entlang und ließen sich in einem kleinen Bistro nieder. Beide bestellten sich Ramen und etwas zu trinken.

„Also wo brennt es denn bei dir?“, fragte Sora nach, nachdem sie die Bestellung beim Kellner aufgegeben hatte.

„Es geht um Mimi“, erklärte Taichi.

Sora seufzte leicht, versuchte aber erst einmal abzuwarten. „Okay und für was genau brauchst du meine Hilfe? Ich kann Mimi auch nicht dazu überreden, dir zu verzeihen und wieder mit dir zusammen zu kommen.“

Taichi schüttelte seinen Kopf. „Nein, das sollst du ja auch gar nicht. Gestern kam es zu einem Missverständnis. Mimi war bei mir, vor der Türe, aber Yuna war auch da. Sie hatte bei mir übernachtet und...“

„Moment, wie jetzt?“

„Es ist nichts gelaufen. Wirklich. Ich war von Joes Junggesellenabschied total betrunken, Yuna hat mich aufgegabelt und nach Hause gebraucht. Sie hat auf der Couch geschlafen und ich in meinem Bett. Alles ganz harmlos, Ehrenwort.“

Sora fasste sich an die Stirn. Es war auch immer dasselbe mit ihrem besten Freund. „Das wird langsam zur Gewohnheit bei dir...“, murmelte sie und trank ein Schluck von ihrer Apfelschorle, die der Kellner gerade brachte.

„Wieso? Ich habe lange nicht mehr getrunken.“

„Letzte Woche auf Joes Umtrunk. So lange ist das nicht“, erwiderte Sora. „Außerdem gerät es immer nur bei dir so außer Kontrolle.“

„Ja, ich habe es vielleicht ein bisschen übertrieben, aber du kennst das doch. Jungs, Alkohol, gute Laune. Da trinkt man schon mal einen über den Durst.“

„Nein, ich kenne das nicht. Tai, du solltest langsam deine Grenzen kennen und sie nicht ständig übertreten.“ Energisch sah Sora ihren besten Freund an. Seine Alkoholeskapaden waren zwar weniger geworden als im vergangenen Jahr, aber es kam immer noch zu oft vor, als dass es gut für ihn wäre.

„Und Mimi denkt, du und Yuna hätten Sex gehabt?“, schlussfolgerte die Rothaarige.

„Da gehe ich von aus, aber ich komme nicht dazu es zu aufzuklären. Gestern Abend haben wir uns wieder spontan getroffen. Ich hatte Yuna versprochen irgendeinen Kitschfilm mit ihr im Kino zu gucken, als Freunde, und das hat Mimi natürlich mitbekommen. Sie dachte, es würde sich um ein Date handeln, aber so war es nicht…. Yuna und ich sind nur Freunde. So wie wir eben...“, erwiderte Taichi gleich.

„Oh man Tai, was soll ich denn jetzt bitte machen? Mimi erklären, dass du und das Mädchen mit dem du auf Joes Umtrunk rumgeknutscht hast, nur deine neue Busenfreundin ist?“

„Nein, aber du könntest es erwähnen. Ich… Hat Mimi einen Neuen?“

„Hä… Wie kommst du denn jetzt darauf?“ Irgendwie konnte Sora ihrem besten Freund gerade nicht folgen. Zum Glück brachte der Kellner die gut riechende Nudelsuppe und die Rothaarige konnte sich auf ihr Mittagessen konzentrieren.

„Sie hat gemeint, irgendein Junge kommt nach Japan, um sie für sich zu gewinnen…“

„Ethan kommt nach Tokio?“, fragte Sora überrascht nach.

„Heißt der Vogel so? Ethan? Was ist das überhaupt für ein Name?“

„Ein amerikanischer Name und ja, ihn gibt es wirklich. Sie studieren zusammen in Orlando. Oh man, das ist ja voll romantisch.“

„Hallo? Auf wessen Seite stehst du eigentlich?“, fragte Taichi genervt nach.

„Auf Mimis Seite. Sorry, aber ich will nur, dass sie endlich wieder….“ Sora machte eine Pause und begann ihre Nudelsuppe zu essen.

„Wieder glücklich wird?“, fragte der Braunhaarige traurig nach.

Sora nickte leicht. „Es tut mir leid, aber… Wie kann ich dir denn eigentlich helfen?“

„Habe ich sie verloren? Ist es zu spät für mich? Ganz ehrlich jetzt? Soll ich sie in Ruhe lassen. Soll ich das Feld räumen und Mimi diesem Vogel überlassen? Wenn du als ihre beste Freundin sagst, ich soll mich zurückziehen, dann tue ich das.“ Verbissen hielt Taichi seine Esstäbchen fest und brach es fast durch. Was würde Sora jetzt sagen? Angespannt sah er sie an, war doch alles zu spät für ihn?

Sora holte tief Luft. „Mimi…“ Sie pausierte kurz und kniff die Augen zusammen. „Verzeih mir, Mimi“, murmelte Sora, ehe sie wieder ernst zu Taichi sah. „Mimi hat dich die letzten Jahre nicht vergessen können und immer an dich gedacht. Du hast ihr Herz gebrochen und ihr sehr weh getan. Sie hat hart an sich gearbeitet, um mit diesem Verlust fertig zu werden und doch… kam sie nie über dich hinweg. Du bedeutest ihr immer noch viel und ich bin sicher...“ Sora biss sich auf die Unterlippe. „Dass sie dich noch immer liebt...“

„Wirklich?“ Total euphorisch riss der Yagami seine Augen weit auf und klebte förmlich an Soras Lippen.

„Ja, aber...“ Sora funkelte Taichi wieder böse an. „Sie ist auch total verletzt. Mit einer einfachen Entschuldigung, wird es nicht getan sein, wenn Ethan wirklich hierher kommt und um Mimi kämpfen will, solltest du das Gleiche tun. Nein, eigentlich musst du sogar noch viel mehr machen.“

Taichi nickte wild mit seinem Kopf. „Ja, du hast Recht. Ich habe ihr Herz gebrochen, die Chance auf eine Annäherung vergeigt. Ich muss… ich muss es wieder gut machen. Ich muss ihr… aber wie?“ Taichi grübelte. Wie konnte er Mimi nur davon überzeugen, dass er und nur er, der Richtige für sie war?

„Ehrlichkeit wärt immer noch am längsten, Tai. Mimi ist ein Mädchen, das erobert werden will, aber sie hat auch Angst. Angst davor wieder verletzt zu werden. Du musst ihr irgendwie beweisen, dass sie sich auf dich verlassen kann und dass so etwas nicht noch einmal vorkommt, dann vielleicht… gibt sie dir eine Chance, aber ich kann nicht für Mimi sprechen.“
 

Taichi nickte und so langsam kam ihm auch eine Idee was er machen könnte. Allerdings bezweifelte der Braunhaarige, dass Mimi von dieser Idee auch so begeistert sein würde, wie er. Aber wenn sie sich drauf einlassen würde, dann… „Ich glaube ich weiß, was ich ich mache. Ich brauche noch ein bisschen Zeit alles vorzubereiten, aber das ist gut...“

Sora sah ihren besten Freund misstrauisch an. „Will ich wissen, was du jetzt wieder vorhast?“

Taichi schüttelte seinen Kopf und grinste seine beste Freundin diabolisch an. „Nein, sonst verplapperst du dich nachher noch bei Mimi und das kann ich nicht riskieren.“

„Hey, als ob ich so ein Plappermaul wäre.“ Sora löffelte ihre Nudelsuppe weiter.

Taichi lachte, aber hatte endlich wieder etwas Hoffnung, dank Sora. „Wie läuft es denn mit Akuma?“

Sora hob ihren Kopf und zuckte mit ihren Schultern. „Er hat gerade sehr viel Stress, wir haben die Woche leider nicht telefonieren können, aber ich sehe ihn ja in ein paar Tagen, wenn er zur Hochzeit kommt“, erwiderte die Rothaarige.

„Matt kommt auch“, plapperte Taichi munter drauf los und aß seine Nudelsuppe leer.

„Ja, ich weiß. Und?“

„Ich meine ja nur… Freust du dich darauf ihn wiederzusehen?“

Soras Blick wurde nachdenklich und sie aß weiter ihre Nudelsuppe, bis der Teller leer war. „Also ja...“ Sora hob ihren Blick, sah ihren besten Freund an und rollte mit ihren Augen. „Matt ist ja mir ja auch schließlich nicht egal, aber er und ich sind… nicht mehr zusammen. Ich habe jetzt Akuma und das ist gut so.“ Sora tupfte sich mit einer Serviette ihren Mund ab und ignorierte den Schmerz in ihrer Brust, der immer wieder hoch kam, wenn sie an den blonden Musiker denken musste.

„Also Matt ganz sicher. Er freut sich allerdings sowieso auf seine Heimat. Sein erster richtiger Urlaub dieses Jahr. Der hat ganz schön Stress gehabt.“

„Er hat es sich doch selber ausgesucht“, erwiderte Sora beleidigt.

„Na und…? Deswegen kann trotzdem nicht immer alles so rosig sein, wie man es sich vorher überlegt hat.“

Sora nickte betrübt und trank auch ihre Apfelschorle leer. „Wir werden sehen, wie es wird.“

„Da hast du Recht. Ich glaube, die Hochzeit könnte für alle noch sehr spannend werden.“

Der Kellner kam zurück an den Tisch und erkundigte sich, ob sie noch Wünsche hätten.

„Nein, Danke. Wir hätten gerne die Rechnung.“

„Zusammen oder getrennt?“, fragte der Kellner.

„Zusammen“, antworte Taichi. „Ich lade dich ein, als Dankeschön und dafür, dass du in Team Michi bist“.

„Team was?“

„Vergiss es.“

Sora kicherte, bedankte sich aber dafür, dass Taichi die Rechnung übernehmen würde und sie einlud. Der Sportstudent bezahlte diese für sich und Sora und begleitete sie dann noch zurück in den Laden, da Soras Mittagspause nun vorbei war. „Danke nochmal. Wir sehen uns ja spätestens auf der Hochzeit.“

Die Rothaarige nickte, winkte dem Braunhaarigen zum Abschied zu und ging zurück in die Boutique, um ihre Schicht zu Ende zu bringen.

Herz oder Kopf

20.06.2012
 

Mimi wollte sich heute mit Ethan treffen und das in aller Früh. Es war 9 Uhr morgens und nur noch drei Tage bis zur Hochzeit. Ob er sich auch zur Hochzeit selbst einladen würde oder würde sie ihn als ihren Begleiter freiwillig mitnehmen? Erwartete Ethan von ihr, dass sie ihn einlud? Wenn Taichi schon mit dieser Yuna auftauchte, durfte sie dann nicht auch ein Date haben? Eigentlich schon, aber wollte sie das überhaupt? Sie war sich nicht sicher. Tai … Er wollte ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen. Immer musste sie an ihre letzte Begegnung mit dem Sportler denken und daran, was sie ihm an den Kopf geworfen hatte. Eigentlich war das ziemlich ungerecht von ihr gewesen, aber die Beiden zusammen zu sehen tat einfach so weh, dass sie sich nicht normal mit ihm unterhalten konnte und seitdem machte er keine Anstalten auf sie zuzugehen. War es das also gewesen? Alles vorbei? Für immer und ewig? Und was sollte sie mit Ethan machen? Sollte sie ihn wirklich zur Hochzeit mitnehmen? Aber was würden Joe und Saori sagen, wenn Mimi drei Tage vorher die Anfrage stellen würde, noch jemanden mitzubringen? Die Tischordnung stand ja schon länger fest und wahrscheinlich würde sie alles damit durcheinander bringen… Während sie über 1000 Dinge gleichzeitig nachdachte, bemerkte sie gar nicht, wie sie dem Treffpunkt mit Ethan immer näher kam. Ethan hatte ihr gestern noch den Standort vom Hotel zugeschickt. Mimi musste mit Bus und Bahn 45 Minuten fahren bis sie dort war. Ethan wartete schon vor dem Hotel auf sie und konnte es sein? Hielt er da etwa einen Blumenstrauß in seinen Händen?
 

„Ethan, Hey?“

Der Braunhaarige kam der Tachikawa gleich ein wenig entgegen, umarmte sie zur Begrüßung und wollte sie zunächst gar nicht loslassen. „Mimi, schön dich zu sehen.“

„Du bist wirklich vollkommen irre. Was machst du nur hier?“, fragte Mimi ihren Studienkommilitonen.

„Hab ich doch schon geschrieben. Du hast mit eben gefehlt. Außerdem wollte ich schon immer mal nach Asien reisen und nun habe ich mit Japan angefangen. Hier ist es wirklich sehr laut und schrill“, schmunzelte er.

Mimi nickte. Ja, so war Tokio eben. „Und jetzt soll ich dir die Stadt zeigen? Da bräuchten wir aber ein paar Tage oder eher eine ganze Woche.“

„Wie passend, eine Woche bleibe ich auch. 9 Tage um genau zu sein. Reicht das?“

„Ähm… Denke…“ Mimi war wirklich etwas sprachlos. Ethan hatte zwar von Beginn an Interesse an ihr gezeigt, aber forsch war er dabei nie gewesen. Jetzt stand er hier in Tokio mit einem Blumenstrauß und hielt diesen verlegen in seinen Händen.

„Die hier sind für dich und ich soll dich auch lieb von Nicole grüßen.“

Nicole…?

„Wann habt ihr euch denn bitte unterhalten?“, fragte sie gleich neugierig nach. Ob ihre Freundin dahinter steckte? Zuzutrauen wäre es ihr und es wäre auch nicht das erste Mal, dass sie sich einmischte.

„Wir haben auch gelegentlich geschrieben...“, druckste er herum.

Mimi war wenig überzeigt. Gelegentlich geschrieben? Sie glaubte ihm kein Wort. Immerhin hatten sie dies früher auch nie getan.

„Wie auch immer; Ich habe Lust auf Sightseeing. Was machen wir als erstes?“, wechselte Ethan schnell das Thema.

Kurz überlegte Mimi. Sie war wirklich kein guter Touristenguide und wenn sie ehrlich war, hatte sie selbst noch nicht alles von Tokio gesehen. „Also der Tokio Tower ist so etwas, das jeder gerne sehen will. Ich selber mag ihn auch, aber ich glaube es gibt schöneres und interessanteres. Da wir hier ziemlich außerhalb sind, fangen wir langsam an und gucken, was hier in der Nähe ist. Einverstanden?“

Ethan nickte, lächelte und reichte ihr den Blumenstrauß. „Nimmst du ihn endlich mal an?!“ Der Blumenstrauß war wirklich schön. Ein bunter Strauß mit Sonnenblumen und rosanen Tulpen.

„Gehen die nicht ein, wenn wir die ganze Zeit durch die Stadt laufen? Sollen wir ihn nicht so lange an der Rezeption lassen? Die haben bestimmt eine Vase und dann haben sie auch genug Wasser und gehen nicht kaputt. Wäre doch zu schade drum.“

Ethan schien zu überlegen und nickte schließlich. „War wohl nicht so eine gute Idee gewesen...“, murmelte er betrübt.

„Doch. Sie sind auch wirklich hübsch, aber es wäre doch zu schade. Ich nehme sie dann später mit.“
 

Ethan und Mimi gingen kurz ins Foyer des Hotels und warteten an der Rezeption. Eine junge Hotelfachangestellte sah sie fragend an. Ethan schilderte ihr sein Anliegen und schließlich nahm die Hotelfachfrau den Blumenstrauß entgegen. Die junge Frau sah zu Mimi und sagte auf japanisch, dass er wirklich ein netter junger Mann wäre. Mimi nickte und lächelte leicht.

„Was hat sie gerade gesagt?“, fragte Ethan bei der hübschen Brünetten nach, als sie wieder zurück auf die Straße gingen.

„Ach nur, dass sie den Blumenstrauß sehr hübsch findet ...“, log Mimi. Irgendwie wollte sie auch nicht, dass sich andere für den Lebensmitteltechnologiestudenten interessierten.

„Okay und was machen wir jetzt?“

„Lass und doch zum Senso-ji-Tempel gehen und anschließen trinken wir leckeren Macha Tee. Wenn du schon in Japan bist, musst du auch einen Tempel sehen. Aber es könnte sehr voll werden.“

Ethan breitete seine Arme aus und berührte unabsichtlich zwei fremde Menschen. „Ach echt? Dabei ist hier doch sonst so wenig los.“

Mimi kicherte. Er war manchmal wirklich ein Idiot. „Na komm. Wir haben viel vor.“
 


 

Fünf Stunden waren vergangen und Mimi taten jetzt schon die Füße weh. Und das schlimmste, der Junggesellenabschied würde bald statt finden. Wie sollte sie das nur überstehen? Den Tempel hatten sie mittlerweile hinter sich gelassen. Ethan und Mimi hatten viele Fotos gemacht und waren nun in einem anderen Bezirk. Sie waren in Harajuku, saßen in einem tollen Restaurants, schlürften einen Macha-Tee und beobachteten die vorbeigehenden Menschen.

„Sie wirken alle immer so in Eile“, merkte Ethan an.

„Ja, so ist das in der Großstadt eben. In New York ist das auch nicht viel anders. Nur in den Südstaaten von Amerika sieht es wohl anders aus. Liegt wohl am meist guten Wetter.“

„Oh ja, deshalb will ich da auch niemals weg.“

„Niemals?“, fragte Mimi interessiert nach.

Ethan der gerade noch seine Arme hinter seinem Kopf verschränkt hatte, stützte sie prompt auf der Tischplatte ab und sah ernst zu Mimi. „Für die richtige Frau und je nachdem, wo uns mal unsere Arbeit hinverschlägt, würde ich überall hinziehen.“

Mimi lächelte sanft. Die Antwort gefiel ihr gut. „Okay Ethan, dann ganz ehrlich. Bist du nur wegen Sightseeing hier und weil du … mich mal wieder sehen wolltest?“ Er hatte ihr gesagt, wenn wolle er ihr das persönlich sagen. Dann wäre doch jetzt ein guter Zeitpunkt.

„Ich … wollte dich sehen, weil ich dich vermisst habe und ...“ Ethan nahm eine Hand der Jüngeren und strich behutsam drüber. „Weil ich um dich kämpfen will.“

„Kämpfen?“

„Ja, Ni...“ Kurz brach Ethan ab und Mimi rollte mit ihren Augen. Also doch.

„Was hat Nicole gesagt?“

„Na ja … also … Sie meinte, hier in Tokio würdest du den Jungen wiedersehen, in den du mal sehr verliebt warst. Sie sagte, dass du deshalb noch sehr verletzt wärst und deshalb nie jemanden eine richtige Chance gegeben hast. Stimmt das?“

Mimi seufzte. Ach Nicole. Warum musste sie sich nur immer in ihre Angelegenheiten einmischen? Schließlich nickte Mimi sachte mit ihrem Kopf. „Ja, er hat mir vor eineinhalb Jahren das Herz gebrochen und ich … musste viel durchmachen. Ich will einfach nicht mehr verletzt werden und ich … habe ihn schon wieder getroffen und ja, es tat gleich wieder weh ...“ Wenn Mimi daran dachte, wie Yuna ihr die Tür aufgemacht hatten und sie dann später mit Taichi zusammen noch beim Kino gesehen hatte. Das war einfach zu viel für die sensible junge Frau gewesen.

„Ich werde dir niemals dein Herz brechen Mimi. Ich kann dir nicht versprechen, dass du niemals traurig sein wirst oder du nicht mal sauer oder enttäuscht von mir bist, aber bitte gib mir nur eine faire Chance. Ein Date. Ein richtiges Date. Gib mir hier in Tokio die Möglichkeit dein Herz zu erobern. Gib mir die Gelegenheit dir zu zeigen, dass Liebe auch sehr schön sein kann. Vom ersten Moment hattest du mich verzaubert. Mein Herz hast du bereits seit dem Augenblick, als du vor meinen Füßen gelandet bist. Jetzt möchte ich auch nur wissen, ob ich auch deines haben könnte.“
 

Was sollte Mimi darauf nur erwidern? Da kam dieser liebe Junge, flog ihretwegen nach Japan und schüttete ihr sein Herz aus und sie fühlte sich, als würde sie in der Mitte auf einer Brücke stehen. Rechts stand Ethan und links Taichi. Sie wusste zwar nicht, ob Taichi sie noch wollte und ob sie beide überhaupt noch eine Chance hatten, aber unumstritten war, dass er immer noch in ihrem Herzen war. Sie wusste nicht, was richtig und was falsch war. Wer für sie und ihre Zukunft besser war. Taichi schien für sie so unerreichbar und sie wusste nicht mal, ob er nicht doch mittlerweile mit dieser Yuna zusammen war. Vielleicht versuchte er ja auch nur, sich von ihr zu lösen und eigentlich wünschte sie sich nichts sehnlicher, als endlich wieder glücklich zu sein, sich zu verlieben und unbeschwert zu sein.

Während Ethan schon gar nicht mehr mit einer positiven Antwort rechnete und seinen Kopf betrübt sinken ließ, fasste Mimi sich ans Herz und hörte auf ihren Verstand.

„Okay ...“, antworte sie schließlich.

Ethan grinste und bekam sich kaum mehr ein. „Wirklich? Du gehst mit mir auf ein Date?“

„Versprochen. Wir gehen auf ein Date. Wobei das hier strenggenommen schon eines ist...“

Ethan schüttelte lachend seinen Kopf. „Oh nein, hübsche Mimi. Ein Date mit mir sieht ganz anders aus.“

„Ist das so? Na da bin ich gespannt, was du dir einfallen lässt.“ Mimi wusste nicht, ob diese Antwort die richtige war, aber wenn sie sah, wie glücklich es Ethan machte, konnte sie nicht anders, als sich mit ihm zu freuen.
 


 

Am frühen Nachmittag kehrte die junge Frau von ihrem Sightseeing Tag zurück. Mit dem bunten Blumenstrauß in ihren Händen, ging sie in die Küche, holte eine Vase aus einem Schrank und befüllte diesen mit Wasser.

„Von wem sind die denn?“, fragte Riku neugierig nach, nahm sie ihrer Enkelin aus der Hand und schnitt sie unten etwas an. „So ist es besser!“

„Sie sind von Ethan.“

„Der Junge aus Amerika, der deinetwegen nach Japan gekommen ist?“ Mimi nickte und starrte förmlich auf den Blumenstrauß. „Sie sehen sehr hübsch aus.“

„Ja, das tun sie wirklich. Oma, ich bin ziemlich geschafft von dem Tag und ich glaube ich lege mich hin.“

„Okay, mach das Liebes.“

„Hab dich lieb, Omi.“ Mimi ging in ihr Zimmer zurück und warf sich auf ihr Bett. Taichi. Ethan. Ethan. Taichi. Warum wurde dieses Gefühlschaos nicht weniger? Immerhin hatte sie doch eine Entscheidung getroffen. Sollte es dann nicht langsam besser werden? Wieso musste Ethan nur kommen? Dadurch wurde alles nur noch schwerer. „Nicole!“ Zack setzte Mimi sich wieder aufrecht hin. Sie schielte auf ihre Uhr. In Orlando war es jetzt 7:00 Uhr am Morgen, aber das war ihr gerade so ziemlich egal. Sie holte ihr Handy aus ihrer Handtasche und klingelte ihre rothaarige Freundin an. Sie ließ es lange klingeln und wiederholte dieses Spiel dreimal.

„Ernsthaft? Hast du mal auf die Uhr geguckt?“, wurde sie gleich von Nicole begrüßt.

„Ja. Weißt du, ich müsste dich nicht so früh belästigen, wenn du mir nicht Ethan hinterher geschickt hättest“, erwiderte Mimi und setzte sich in den Schneidersitz.

„Er ist freiwillig ins Flugzeug gestiegen“, entgegnete Nicole unbeeindruckt.

„Trotzdem das hilft mir nicht. Im Gegenteil, ich bin sowieso schon total am Ende.“

Nicole seufzte aus und deutete der Jüngeren an, kurz zu warten. Mimi hörte ein rascheln und das sie sich mit jemanden unterhielt. Wahrscheinlich mit Logan. Schließlich war Nicole wieder in der Leitung.

„So. Ich sitze jetzt hier auf der Terrasse und schaue mir den Sonnenaufgang an. Erzähl Süße, was ist los?“

Schließlich erzählte Mimi ihr alles. Vom Kuss auf dem Umtrunk, von dem was Riku über Taichi gesagt hatte, wie sie zu ihm wollte und wie dann alles in sich zusammen fiel und als wäre all das nicht schon genug, tauchte Ethan noch auf, um ihr kaputtes Herz zu erobern. Der Arme.

„Oh weia, dein Leben ist ja aufregender als jede Seifenoper oder Telenovela. Du solltest dein Leben verfilmen.“

„Nein danke. Hast du keinen Rat für mich? Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll.“

„Na ja, hast du dich nicht schon entschieden? Du hast doch Ethan zugesagt, du weißt, dass er sich jetzt auch Hoffnungen machen wird.“

„Ja, wenn du ihm irgendeinen Floh ins Ohr setzt!“

„Nein Mimi. Ethan hat Kontakt mit mir aufgenommen. Der war echt völlig fertig und hat dich vermisst. Ernsthaft. Er verstand nicht, warum du manchmal bist, wie du bist und warum du mal Nähe zulässt und dann wieder ganz abweisend bist. Ich habe ihm versucht zu erklären, dass du mit Jungs viel schlechte Erfahrungen gesammelt hast und deshalb dein Herz schützt. Ich habe ihm ein bisschen von Nick erzählt und eben von Tai und als er wusste, dass Tai eben jetzt in deiner Nähe ist, hatte er Angst, dich zu verlieren, ohne es richtig versucht zu haben. Ich habe ihm nicht gesagt, er soll dir nachfliegen, da ist er von ganz alleine drauf gekommen.“

Mimi wusste nicht, was sie sagen sollte. Nicole hatte nur versucht, einen Freund aufzumuntern und sie? Sie machte ihm jetzt Hoffnungen, ohne zu wissen, ob sie im Stande war, diese zu erfüllen. Mimi hob ihre Beine aus dem Bett und klopfte mit ihren Füßen auf dem Boden herum. Sie war nervös. „Und was soll ich jetzt machen?“

„Du gehst auf das Date mit Ethan. Immerhin hast du ihm jetzt zugesagt, also zieh es auch durch. Vielleicht gefällt es dir sogar. Und du verliebst dich über beiden Ohren in ihn.“

Das wäre wohl das einfachste, aber einfach war nicht immer das, was man sich am sehnlichsten wünschte. „Und Tai?“, flüsterte Mimi fragend.

„Ach Mimi, ich weiß doch, dass Tai dein Kryptonit ist. Vielleicht solltest du auch nochmal mit ihm reden.“

„Ich kann nicht mit Tai reden. Wenn er schon den Mund aufmacht, rege ich mich so furchtbar auf.“

„Wie willst du die Sache sonst mit ihm klären? Auf der Hochzeit werdet ihr euch eh sehen, aber das hast du vorher ja auch gewusst.“

„Da kann man sich auch aus dem Weg gehen“, entgegnete Mimi, stand auf und lief in ihrem Zimmer auf und ab.

„Aber nicht die ganze Zeit und das weißt du auch. Du solltest wirklich mit ihm reden.“

Mimi biss sich auf die Lippe. Sie wusste das es besser wäre, aber gerade konnte sie sich das nicht vorstellen. Sie war noch zu verletzt und gerade fiel es ihr schon schwer genug, ihm überhaupt unter die Augen zu treten. „Vielleicht, aber ich … ich werde ihn nicht ignorieren oder so, aber ob wir normal reden werden, bezweifle ich. Ich glaube ...“ Mimi brach ab, weil sie anfing zu weinen. „Ich glaube es gibt wirklich kein zurück mehr ...“

„Ach Mimi, ich wünschte wirklich, ich könnte dir helfen. Du solltest aber auf dein Herz hören. Sowohl wenn es um Ethan, als auch wenn um Tai geht. Nur weil es mit Tai nicht klappt, ist das kein Grund es mit Ethan zu versuchen. Ethan war immer ehrlich zu dir und du bedeutest ihm so viel. Brich ihm nicht noch mehr das Herz, als es sein müsste. Er sollte mehr als nur die zweite Wahl für dich sein.“

Nicole hatte recht mit dem was sie sagte. Taichi war die eine Sache und Ethan die andere. Mimi konnte Ethan nicht in das Gefühlschaos mit einbeziehen, ehe sie nicht selber wusste, was sie eigentlich wollte. „Danke.“

„Gerne. Wie ist es denn sonst so?“

„Sonst ist es sehr schön hier. Bald ist der Junggesellenabschied von Saori, da freue ich mich drauf. Zum Glück sind da ja nur Mädchen.“

„Sehr gut. Ablenkung muss auch mal sein. Genieße den Abend mit deinen Freundinnen.“

„Ja, das mache ich. Wie geht es dir und Logan?“

„Hihi...“ Mimi konnte schon förmlich sehen, wie Nicole grinste. „Es läuft super zwischen uns. Wir gehen gleich frühstücken und dann wahrscheinlich schwimmen. Ich war noch nie so verliebt.“

„Das freut mich wirklich für dich. Du hast es verdient, Nicole.“

„Danke. Und es wird schon alles werden, Mimi. Höre einfach auf dein Herz. Ich weiß, du hast Angst davor und ich weiß auch, dass du dich davor fürchtest, was dein Herz dir sagen könnte, aber du hast es lange genug versucht zu ignorieren. Mit mäßigem Erfolg.“

Mimi nickte, auch wenn ihr klar war, dass Nicole sie nicht sehen konnte. „Ja, ich versuche es.“

„Das ist doch schon mal was. Ich muss jetzt leider auflegen, aber wir telefonieren wieder, ja? Ich will wissen, wie die Hochzeit war.“

„Ja, ich werde berichten.“ Mimi setzte sich wieder auf ihr Bett und verabschiedete sich von Nicole. „Machs gut Nicole. Danke fürs zuhören und grüß Logan.“

„Mach ich. Und Mimi? Folge deinem Herzen.“
 

Mimi beendete das Gespräch und legte sich wieder auf ihr Bett. Sie starrte zur Decke und dachte über das Telefonat mit ihrer Freundin nach. >Folge deinem Herzen< hatte Nicole ihr geraten. Aber was, wenn ihr Herz gerade stumm war? Oder hatte sie nur vergessen, ihrem Herzen zuzuhören? Eines war ihr jedoch klar, wenn sie wieder glücklich werden wollte, musste sie wieder anfangen, zu tun, was Nicole ihr geraten hatte. Ihrem Herzen folgen...

Entschlossen

21.06.2012
 

Taichi war guter Dinge, als er am nächsten Morgen aufstand und durch seine Wohnung ging. Das Ganze hatte zwei Gründe. Der erste Grund, er hoffte das sein Plan Mimi zurückzugewinnen funktionieren würde. Sora hatte ihm Hoffnungen gemacht und der zweite Grund, er bekam endlich mal wieder ein Lebenszeichen von Yamato.
 

Gerade bereitete er sich in seiner kleinen Küche sein Frühstück vor und telefonierte dabei zeitgleich mit seinem besten Freund. Taichi erzählte dem Musiker von Joes Junggesellenabschied und was sie alles so an diesem Tag gemacht hatten.

„Digger, ich freue mich echt, dass du in zwei Tagen wieder im Lande bist. Es ist wirklich lange her“, sagte der Sportstudent, klopfte sein Ei auf und ließ es in einer heißen Pfanne zergehen.

„Ich mich auch. Es waren wirklich stressige Wochen. Aber gut zu wissen, dass ich bei Joes Junggesellenabschied nicht viel verpasst habe.“

„Nein, hast du echt nicht. So würde ich mir meinen letzten Abend in Freiheit sicher nicht vorstellen“, grinste der Sportstudent und schwang die Pfanne hin und her.

„Trotzdem wäre ich gerne dabei gewesen…“

Taichi hielt kurz inne. Das musste er erst einmal sacken lassen. Yamato wäre lieber bei Joes Junggesellenabschied dabei gewesen? Schach? Weinverköstung samt Führung anstatt auf der Bühne zu stehen? Taichi kam über den letzte Punkt immer noch nicht hinweg. „Ja, aber dafür lebst du ja deinen Traum und das ist ja auch ziemlich cool, oder?“, wollte er seinen besten Freund aufmuntern.

„Hmm… stimmt schon, aber erzähl wie läuft es eigentlich mit deinem Studium?“, fragte der Musiker auf einmal nach und schien das Thema wechseln zu wollen.

„Ach, ähm, eigentlich ganz gut. Ich habe jetzt das letzte Jahr vor mir. Eigentlich sogar nur noch ein theoretisches Semester. Danach kommen nur Praxisprüfungen.“

„Und weißt du wie es dann weiter geht?“

„Ja, ich habe schon ein paar Ideen und Möglichkeiten, habe aber auch überlegt danach noch weiter zu studieren. Bin gerade noch unsicher.“ Taichi klemmte sich das Handy zwischen Schulter und Kopf, nahm sich einen Pfannenwender und legte sein Spiegelei auf einer Toastscheibe ab.

„Du wirst schon das richtige tun. Du bist doch bisher immer deinen Weg gegangen“, murmelte der Musiker und wirkte nachdenklich.

„Matt, alles okay bei dir? Du klingst so komisch.“ Auch wenn Taichi seinen besten Freund länger nicht gesehen hatte, sie kannten sich zu gut, um sich gegenseitig etwas vorzumachen.

„Keine Ahnung. Gerade ist alles… Kennst du das Gefühl, wenn man eigentlich alles erreicht hat, aber trotzdem unzufrieden ist?“

Taichi zog seine Stirn kraus, während er sich an den Küchentisch setzte und sein Frühstück zu essen begann. „Ehrlich gesagt nein.“ Er kannte eher das andere Gefühl. Hinter allem vergeblich herzujagen, nur um es am Ende doch nicht zu bekommen.

„Ja… ich… ach vergiss was ich gerade gesagt habe. Ich scheine meinen Hals nicht voll zu kriegen. Schlimm mit mir“, lachte Yamato und wollte seinen eigenen Kommentar als Scherz abtun.

Der Braunhaarige legte sein Besteck bei Seite und nahm das Handy ganz in die Hand. „Matt, ganz ehrlich jetzt, bist du glücklich?“

Ein kurzes Schweigen zog sich durch das Gespräch, ehe Yamato sich räusperte und langsam wieder zur Sprache fand. „Ähm… Tako ruft mich, es geht zum letzten Interview, dann kann ich meine Sachen packen und zum Flughafen aufbrechen und in den Flieger Richtung Tokio steigen. Wir sehen uns ja dann die Tage oder?“

„Klar ich komme dann zum Saal und sehe euch beim Aufbau zu. Und Matt? Dann keine Ausflüchte mehr.“ Taichi kam nicht mal dazu, seinem besten Freund einen guten Flug zu wünschen, da beendete dieser schon das Gespräch. Eigentlich beantwortete er durch sein merkwürdiges Verhalten die Frage von alleine. Irgendetwas stimmte mit Yamato ganz und gar nicht. So kannte er seinen besten Freund nicht. Ja, dieser war öfters reserviert und in sich gekehrt, aber doch nie wenn es um die Musik ging. Taichi hoffte, mit Yamato auf der Hochzeit in Ruhe reden zu können. Er legte sein Handy zur Seite, nahm sein Besteck wieder in die Hand und aß weiter.
 

Nach dem Frühstück wollte Taichi eigentlich einen Anzug für die Hochzeit kaufen, aber noch ehe er über den Weg zu einem Shoppingcenter nachdenken konnte, fand er sich vor Mimis Haustür wieder. Sollte er nochmal sein Glück bei ihr versuchen? Er wollte sie nicht belästigen oder nerven, aber er wollte einfach seine Sichtweise erzählen. Ihr sagen, dass nichts zwischen Yuna und ihm lief, aber wahrscheinlich war es eine blöde Idee gewesen, von seinem Plan abzuweichen und der Brünetten einen Spontanbesuch abzustatten, doch er konnte einfach nicht anders. Er musste sie vor der Hochzeit nochmal sehen. Da der Braunhaarige sich aber ziemlich sicher war, dass die Brünette ihn nicht sehen wollte, wollte er wenigstens nicht mit leeren Händen erscheinen und einen kleinen Blumenstrauß kaufen. Vielleicht würde dieser sie ein wenig besänftigen?

So stand der Sportstudent wenig später mit einem kleinen Lilienstrauß vor der Tür und klingelte.

Riku ging an den Lautsprecher. „Ja, wer ist da?“

„Hallo Riko, dürfte ich…“ Schon erklang das Zeichen, dass er die Türe öffnen durfte. Er schmunzelte als Riku ihm so herzlich die Türe öffnete. Könnte sie das nicht auf ihre Enkeltochter übertragen?

„Tai, schön dich zu sehen. Lass dich drücken.“ Lachend umarmte der Braunhaarige die kleinere Dame und kurzerhand überreichte er ihr den Blumenstrauß. „Eigentlich sollten die für Mimi sein, aber ich glaube bei dir sind sie gerade besser aufgehoben.“

Riku lächelte, bedankte sich für die Blumen und ließ Taichi ganz in die Wohnung eintreten.

„Ist Mimi gar nicht da?“, hakte Taichi nach und suchte die Wohnung nach der Jüngeren ab.

„Doch, aber es geht ihr nicht so besonders. Sie schläft noch.“

„Oh weia, was hat sie denn?“

„Ähm… Na ja, ich glaube Mimi wäre es nicht recht, wenn ich dir das sage.“

Irritiert zog Taichi seine Stirn in Falten. Wie durfte er das denn verstehen?

In diesem Moment öffnete sich Mimis Zimmertüre und eine durch und durch fertige junge Frau kam heraus. „Omi, hast du vielleicht...“ Sie stoppte als die Brünette den Sportstudenten sah und verstummte sofort. „Was macht der denn hier?“, keifte die Jüngere und verschwand wieder in ihrem Zimmer. Sie schloss die Türe aber nicht ganz, so konnte sie den Älteren hören, aber nicht sehen.

„Wow… Mimi sieht ja aus...“ Taichis Mundwinkel zuckten „wie der blühende Frühling“, prustete er los.

Mimi war das komplette Gegenteil von einem blühenden Frühling. Sie trug immer noch ihr rosanes Nachthemd, ihre Haare waren zu einem unordentlichen Dutt zusammengebunden und sie hatte tiefe Augenringe.

„Taichi Yagami, hau ab! Was hast du überhaupt hier zu suchen?“

„Ich wollte deiner netten Großmutter nur Blumen vorbei bringen.“

„Schön. Hast du ja jetzt gemacht. Geh wieder!“

Taichi rollte mit seinen Augen und sah amüsiert zu Riku. „Ich weiß ja, dass sie öfter zickig ist, aber heute ist sie echt unwiderstehlich.“

„Sei ihr nicht böse. Mimi hat ihre Periode.“

„OMA!!!“, schrie eine hysterische Mimi aus ihrem Zimmer.

Taichi lachte und doch bekam er etwas Mitleid. Er wusste ja von früher, dass Mimi immer sehr litt, wenn sie ihre Tage hatte.

„Kann Tai bitte einfach gehen? Es geht mir wirklich nicht gut“, jammerte die Brünette aus ihrem Zimmer.

Wieder klingelte es an der Türe.

„Oh, erwartest du Besuch Riku?“

Die ältere Dame schüttelte ihren Kopf. „Und Mimi soweit ich weiß auch nicht. Du siehst ja wie es ihr geht.“

Taichi nickte, folgte der älteren Dame aber in den Flur. Falls es ein Spinner war, würde er ihn vertreiben.

„Ja, wer ist da?“

„Ähm… Hallo Mrs. Tachikawa, hier ist Ethan. Ich wollte nur Mimi kurz etwas vorbei bringen, wäre das vielleicht möglich?“

Taichi fiel kurzerhand alles aus dem Gesicht. Dieser Ethan stand draußen vor der Türe und wollte zu seiner Mimi. Vehement schüttelte der Sportler mit seinem Kopf, doch Riku lächelte nur und ließ den Amerikaner nach oben.

„Na toll und ich dachte immer, du magst mich“, brummte Taichi beleidigt.

Jetzt fragte er sich allerdings schon, wer dieser Ethan war und wie er wohl aussah. „Ich bin aber neugierig“, entschuldigte sich Riku ehrlich und sah interessiert in den Flur. Taichi konnte es verstehen und jetzt wusste er auch, wo Mimi diese Eigenschaft her hatte.

„Hallo… ähm.“ Ethan verstummte, als er neben Riku noch einen anderen jungen Mann sah. Angespannt musterte er ihn, als würde er darüber nachdenken, woher er ihn kannte.

„Du bist also Ethan!“

Der Angesprochene lächelte unbekümmert. „Und du musst dann wohl Tai sein.“

„Für dich Taichi!“

„Was hast du denn für Mimi?“, mischte sich Riku in das Gespräch der jungen Männer ein.

„Ist sie gar nicht da?“, fragte Ethan bei der älteren Dame nach und ignorierte Taichi gekonnt.

„Doch, aber sie ist krank. Ich kümmere mich um sie. Du kannst es mir geben und ich gebe es ihr. Vielleicht“, lächelte Taichi überheblich. „Als ob ich dir mein Geschenk geben würde. Sie ist krank? Was hat sie denn?“, erkundigte er sich besorgt bei Mimis Großmutter.

„Ach sie...“
 

Wieder öffnete sich Mimis Zimmertüre. Sie hatte sich einen Bademantel übergezogen und sah genervt in den Flur. „Verschwindet und zwar beide!“, rief die Jüngere in den Flur.

„Da, du hast sie gehört“, erwiderte Taichi und sah zu Ethan.

„Scheinbar hast du nicht richtig zugehört. Du sollst auch gehen!“

„Tzz… Ich gehe nicht, bis es Mimi besser geht“, entgegnete Taichi selbstbewusst und verschränkte demonstrativ die Arme übereinander.

„Gut, ich auch nicht.“ Ethan betrat die Wohnung und lächelte die Brünette schüchtern an. „Ich… ähm… wollte dir eigentlich etwas geben.“

Taichi beobachtete genau Mimis Reaktion. Er hoffte inständig, dass sie Ethan rausschmeißen würde.

„Was ist es denn?“, fragte Mimi leise nach, woraufhin Taichi mit den Augen rollte.

Ethan zog ein kleines eingepacktes Geschenk heraus. „Hier, öffne es.“ Er gab Mimi das rechteckig eingepackte Geschenk.

Sie riss das Geschenkpapier auf und entdeckte ein kleines Fotoalbum. Sie schlug die erste Seite auf und sah ein Foto von sich, Ethan und Nicole.

„Ähm… Da ist alles von unserem ersten Jahr. Von der Uni und auch ein paar Fotos von gestern.“

„Oh danke, die sind ja schön. Tolle Erinnerung.“ Mimi lächelte und umarmte den Braunhaarigen.

Taichi sah sofort in eine andere Richtung. Er konnte es einfach nicht mit ansehen, wenn Mimi einen anderen Jungen nahe war. Egal wie nahe und egal auf welche Art und Weise. Unweigerlich stellte er sich die Frage, ob die Beiden sich mal näher gekommen waren. Von diesem Gedanken wurde ihm schlecht.

„Ich möchte wirklich nicht unhöflich sein, aber...“, murmelte Ethan.

„Tzz...“ zischte Taichi, was jedoch nur dazu führte, dass Mimi ihn säuerlich ansah.

„Ich möchte mich wieder hinlegen, also wäre ich euch verbunden, wenn ihr wieder gehen würdet.“

Mimi hielt sich krampfend ihren Unterbauch und ihr Gesicht sah schmerzverzerrt aus.

Taichi wollte nicht, dass es ihr schlecht ging und wenn er schon mal hier war. „Riku, ihr habt doch sicher eine Wärmflasche hier, oder? Also Kari hat das immer geholfen, wenn ich ihr eine Wärmflasche gemacht habe.“

Riku nickte. „Ja, in der Küche, ich hole sie dir.“

„Und Tee hilft doch sicher auch“, mischte sich Ethan ein. „Mimi, welchen Tee möchtest du gerne trinken?“

Ungläubig sah die Brünette zu den beiden Männern. „Bitte geht einfach.“

Taichi ignorierte die Jüngere, dummerweise tat Ethan das auch.

Warum konnte dieser Amerikaner nicht einfach gehen? Merkte dieser gar nicht, das er störte? Mimi gehörte zu ihm und auch Mimi wusste das, wenn er ihr endlich alles sagen konnte, wenn sie ihm endlich zuhören würde, dann würde sie es auch wissen.
 

Mit einem warmen, fast schon heißem Wärmekissen kam Taichi auf die Jüngere zu. „Leg dich hin.“

„Ich… Ich brauche niemanden, der mich ins Bett bringt.“

„Zu Schade, diesen Posten würde ich aber zu gerne übernehmen, kann man eine Initiativbewerbung schicken?“, grinste Taichi dümmlich. Der Sportstudent erkannte, wie die Brünette ein wenig schmunzeln musste, es aber schnell wieder einstellte und ins Bett ging. Taichi folgte ihr unaufgefordert.

Mimi legte das Wärmekissen auf ihren Unterbauch und deckte sich zu. „Ich hasse es!“, grummelte sie. „Du kannst echt froh sein, dass du ein Mann bist.“

„Nun ja, das bin ich auch.“

Wieder musste Mimi schmunzeln.

Ethan klopfte an der Zimmertüre an, warte aber nicht auf ihr >herein< und betrat ebenfalls das Zimmer. Merkte er gar nicht, dass er hier störte? „Hier dein Tee.“

„Danke“, sagte Mimi freundlich.

Wieso war sie zu diesem Jungen so nett? Das war doch nur Tee und strenggenommen hatte ihn Riku gemacht. „Tolle Leistung, dann kannst du ja jetzt gehen!“, erwiderte Taichi genervt.

„Gehst du denn?“, fragte Ethan provokant.

Meinte dieser komische Kautz das gerade ernst?

„Jungs, könntet ihr...“

„Vielleicht besorge ich dir doch eine Schmerztablette“, überlegte Ethan.

„Schon genommen, hilft alles nicht“, murmelte die Brünette und verzog wehleidig ihr Gesicht.

Taichi konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihr kurz über die Stirn und die Haare zu streicheln. Diese weichen Haare... Ihre Augen hielt sie weiter geschlossen, lächelte sie etwa leicht? ob sie die Berührung so sehr genoss, wie er es tat?

„Ein Bad vielleicht?“, überlegte Ethan weiter.

„Boah, kannst du nicht einfach gehen?“ Schon war dieser magische Moment von dem Amerikaner zerstört worden. Taichi platzte fast der Kragen. Das war gerade eine super Chance gewesen Mimi näher zu kommen und er musste hier stehen und nerven.

„Könnt ihr gehen… ich… schlafen.“

„Sie ist ziemlich fertig, wahrscheinlich hat sie schon mehr als nur eine Tablette intus“, merkte Ethan an. Er legte das Fotoalbum auf ihrem Schreibtisch ab und klopfte erneut an die Tür. „Mimi, wir sehen uns, ich melde mich. Erhol dich gut.“ Ethan ging aus dem Zimmer und verabschiedete sich auch von Riku.

Taichi wollte schon freudig eine Faust in die Luft strecken, als er bemerkte, dass Mimi eingeschlafen war. „Oh nein“, murmelte er. „Mimi?“

„Lass sie schlafen Tai… Morgen geht es ihr wieder gut. Keine Sorge.“ Riku stand auf einmal an der Türe und blickte sorgenvoll auf das Bett ihrer Enkelin.Taichi nickte. Er sollte sie jetzt auch in Ruhe lassen, aber am liebsten hätte er sich zu ihr ins Bett gelegt und sie gehalten. Sie hatte immer noch diese Wirkung auf ihn. Selbst wenn sie schlief und ihn anzickte. „Okay, es ist nur...“

„Ich weiß Taichi. Ich weiß, es ist schwer, das ist es immer.“

Langsam nickte Taichi, strich der Brünetten nochmal über ihr weiches Haar, beobachtete sie und prägte sich jedes Detail ihres Gesichts genau ein. Wie lange war es her, dass er sie so betrachten konnte? Es kam ihm vor, als wäre es eine kleine Ewigkeit her. Er beugte sich zu ihr herunter und küsste sie vorsichtig auf die Stirn. Mehr traute er sich nicht. Dann erhob er sich schwerenherzens und verließ ihr Zimmer. „Machs gut, Riku.“

„Auf Wiedersehen, Tai.“
 

Kaum war Taichi vor der Haustüre angekommen, sah er Ethan, wie dieser gedankenverloren in den Himmel starrte. Entschlossen ging der Sportler auf ihn zu. „Was willst du hier?“

Ethan drehte sich zu Taichi um und zuckte mit seinen Schultern. „Ich will sie!“

„Du wirst sie aber nicht bekommen.“

„Sagt wer?“

„Sage ich.“

„Ziemlich überheblich für einen Jungen, der ihr schon einmal das Herz gebrochen hat, oder?“

„Das geht dich gar nichts an!“, erwiderte Taichi im zornigen Tonfall.

„Hmm… aber Mimi und sie entscheidet, nicht du!“, erwiderte Ethan und schien sich nicht von dem Japaner einschüchtern lassen zu wollen.

„Sie wird sich für mich entscheiden, besser du siehst es gleich ein.“

„Ist das so? Und warum hast du dann so Angst vor mir?“, fragte Ethan den Sportstudenten direkt und hielt dessen Blickkontakt stand.

„Ich habe keine Angst und nur weil ich es einmal vermasselt habe oder viel mehr wir… heißt das nicht… Ach, was rechtfertige ich mich überhaupt vor dir!“

Ethan lächelte gelassen und irgendwie regte Taichi das nur noch mehr auf.

„Sie wird mit mir ausgehen. Geht sie auch mit dir aus?“

„Was?“, fragte der Fußballer verwirrt nach.

„Ich habe sie gestern um ein Date gebeten und sie hat zugestimmt. Ich gehe, wenn sie es so will. Vorher wirst du mich sicher nicht vertreiben.“

Taichi biss sich auf die Unterlippe. Er war sich sicher, dass das Date nicht mehr vor der Hochzeit stattfand. Morgen war Saoris Junggesellenabschied und übermorgen die Hochzeit. „Warte mal lieber ab. Frauen können ihre Entscheidung schnell ändern und Mimi ist eine Frau, die ihre Entscheidungen ständig hinterfragt.“

„Wenn du meinst... Du scheinst sie ja richtig gut zu kennen oder vielleicht kanntest du sie mal richtig gut“, erwiderte Ethan gelassen.

„Du hast doch keine Ahnung. Ich kenne Mimi, schon lange und viel besser, als du sie je kennenlernen wirst. Unterschätze niemals die Macht der ersten Liebe! Du hast ein Jahr mit ihr verbracht? Was ist das schon? Mimi und ich kennen uns seit unserer Kindheit. Ich werde ihr niemals egal sein. Keiner hier wird das jemals für sie sein, aber davon hast du keine Ahnung, weil du sie eben nicht kennst. Du magst vielleicht eine Seite von ihr kennen, aber ich kenne sie im Ganzen!“

Dieser Satz brachte Ethan dann doch aus dem Konzept und Taichi bemerkte, dass er mit dem was er gesagt hatte, genau ins Schwarze getroffen hatte. Er war mehr denn je dazu entschlossen, Mimi zurückzugewinnen. Er würde sein Glück nur mit und bei ihr finden. Er hat lange gebraucht, dies zu verstehen und er konnte nur hoffen, dass es nicht zu spät war.

Allerdings wusste er auch, dass Ethan es auch ernst meinte und er Mimi nicht so einfach aufgeben würde, aber am Ende würde Mimi entscheiden und er hoffte, dass die Entscheidung auf ihn fallen würde.

Ein verrückter Tag

21.10.2012
 

Mimi drehte sich zufrieden auf den Bauch und kuschelte sich weiter in ihr Kissen. Bildete sie es sich ein oder roch es tatsächlich etwas nach Taichi? Der Geruch war einfach traumhaft und am liebsten würde sie ihre Nase für immer in dieses Kissen stecken. Obwohl sie immer noch ihre Periode hatte, ging es ihr heute schon wesentlich besser. Taichi und auch Ethan waren am Vortag bei ihr gewesen und wollten ihr helfen, dass sie sich besser fühlte. Sie musste schon zugeben, dass sie das wahnsinnig lieb von beiden fand. Und Taichi? Er hatte sie berührt, ganz sanft, ganz leicht, ganz kurz und doch… kribbelte ihr ganzer Körper nach dieser kurzen Berührung. Wie konnte das nur sein? Mit einem Lächeln im Gesicht sah sie zu ihrem Wecker. Heute war Saoris Junggesellenabschied und sie wollte wissen, wie viel Zeit sie noch hatte, ehe sie ihren Träumen zunächst auf Wiedersehen sagen musste. „Himmel hoch zehn. Ich komme zu spät zum Junggesellenabschied...“ Panisch setzte Mimi sich auf und sah zur Uhr. 9:15Uhr. Es war bereits viertel nach neun!

Um 10 Uhr sollten sie sich vor Saoris und Joes Wohnung treffen. Wie sollte sie nur in weniger als einer Stunde schaffen fertig angezogen und gestylt da zu sein?

„Ich… ich... Yolei bringt mich um.“

Mimi schmiss die Bettdecke auf den Boden, stürmte ins Badezimmer und sprang unter die Dusche. Hatte sie vergessen den Wecker zu stellen? Sie brauste sich ab, machte sich weiter frisch und zog sich das erstbeste an, was sie aus dem Kleiderschrank erwischte. Jeanshose und ein grünes Blumentop. Ja, passte, dachte sie ohne weiter nachzudenken, nahm sich ihre Handtasche, steckte ihr Handy hinein und lief in den Flur. Anschließend schlüpfte sie in ihre weißen Ballerinas, steckte den Haustürschlüssel ein und rannte los.
 

10:20 Uhr. Obwohl Mimi wir eine verrückte durch die halbe Stadt gelaufen und die letzten Meter wirklich gerannt war, wie nie zuvor in ihrem Leben, kam sie zwanzig Minuten zu spät.

Wütend tippte Miyako mit einem Fuß auf und ab, verschränkte die Arme übereinander und fixierte die keuchende Mimi. „Ernsthaft? 20 Minuten? Und wo ist dein T-Shirt und wie siehst du überhaupt aus?“ Eine Frage nach der anderen schoss Miyako auf Mimi ab, die immer noch schwer atmend an der Wand ruhte und sich Luft zu fächerte.

Sora legte eine Hand auf die Schulter der Jüngeren ab und reichte ihr ein Wasser, welches sie in ihrem Rucksack verstaut hatte. „Hier trink mal etwas.“

„Da-Danke...“ Mimi schraubte den Deckel auf und trank gierig ein paar Schlücke.

„Es… tut mir wirklich leid. Verschlafen. Das T-Shirt? Also das ist eine lustige Geschichte...“ Oder auch nicht. Sie hatte es bei ihrer Oma vergessen, weil sie die ganze Nacht wegen Taichi und Ethan keine Auge zubekommen hatte und als sie endlich eingeschlafen war, war die Zeit nur so an ihr vorbei gerast. Hatte sie es sich nur eingebildet oder hatte er sie kurz geküsst?

„Wie sieht das denn jetzt aus? Wir kommen zu spät zum Lasertag. Was zur Folge hat, dass wir zu spät zum essen kommen. Was dazu führt, dass wir zu spät zum feiern kommen. Was dazu führt, dass wir jetzt alle nach Hause gehen können.“ Beleidigt stand Miyako da und wollte schon los dampfen, als Hikari sie aufhielt.

„Yolei, jetzt warte doch mal.“

„Ja, das Lasertag fängt doch erst um Zwölf Uhr an, dann sputen wir uns jetzt etwas und dann klappt das schon alles“, schlug Sora diplomatisch vor.

„Saori wird jetzt einfach von uns überfallen und so weit ist es bis zum Lasertag auch wieder nicht“, erwiderte Hikari und zog ihre beste Freundin einfach hinter sich her.

„A-aber was ist mit Mimis T-Shirt?“

„Also ich habe noch ein zweites mit...“, murmelte Yuri, die sich bis jetzt aus dem Gespräch zurückgehalten hatte.

„Wie bitte?“ Hoffnungsvoll sah die Brillenträgerin zu Koushiros Freundin.

„Ja, falls sich eine von uns versaut hätte, dann hätte ich so noch ein Ersatz für uns gehabt.“

Sie trugen alle ein weißes T-Shirt mit dem Schriftzug Team Braut und da eigentlich noch eine Kommilitonin von Saori mitkommen wollte, die aber dann kurzfristig abgesagt hatte, weil sie doch arbeiten musste, hatte Yuri das T-Shirt zusätzlich eingepackt.

„Man merkt voll, dass du Izzys Freundin bist“, kicherte Hikari und war froh, dass sich jetzt alles wieder entspannte.

Yuri reichte Mimi das T-Shirt. „Soll ich mich jetzt mitten auf der Straße umziehen?“, fragte diese irritiert nach.

„Ja“, sagte Miyako.

„Wir bauen eine Mauer um dich.“ Sora, Yuri und Miyako stellten sich schützend vor Mimi auf. Die drehte sich zur Wand, zog ihr Bluementop aus und zog das T-Shirt über. Plötzlich klickte es. Verwirrt blickte Mimi sich um. Hikari hatte natürlich ihre Kamera dabei.

„Was? Das muss man doch festhalten. Man sieht auch nichts. Ich schwöre“, beschwichtigte die Jüngste.

„Das will ich dir auch geraten haben...“
 

„Überraschung!“, brüllten die Mädchen mit schriller Stimme und umarmten die künftige Braut stürmisch.

„Äh… Hallo...“ Total verwirrt blickte Saori sich um.

Joe, der eingeweiht war, stand grinsend im Flur und flötete unschuldig vor sich hin. „Ja, jetzt weißt du wie das ist.“

„Wow. Damit hätte ich jetzt gar nicht mehr gerechnet...“

„Hast du wirklich gedacht, wir lassen dich so einfach davon kommen? Kannst du vergessen...“, flötete Miyako fröhlich und bereitete mit Hikari für alle Sekt vor. Sie hatten rosa farbende Pappbecher besorgt und jede Menge Sekt für unterwegs.

„Schau mal was ich habe“, lächelte Sora aufgeregt. Sie hatte zusätzlich eine große Tüte mit und zog einen weißen Schleier heraus, der an einem Haarreifen befestigt war. Sora hatte ihn aus weißen Stoffresten zusammengenäht.

„Der ist ja hübsch“, sagte Saori anerkennend.

„Anziehen!“, forderte Mimi auf.

Saori stellte sich vor dem Spiegel der im Flur aufgebaut war und setzte den Schleier auf. „So?“

„Warte mal.“ Mimi stellte sich hinter Saori und platzierte den Haarreifen etwas anders. „So gefällt er mit besser und dir?“

Saori musterte sich im Spiegel und nickte schließlich. „Ja, mir auch.“

„Dann kann es ja losgehen“, klatschte Miyako aufgeregt in die Hände und reichte Saori schon mal einen Pappbecher mit spritzigem Inhalt. Sie hatten immerhin nicht viel Zeit.
 


 

Die Mädchen kamen um 12:15 Uhr an. Etwas unsicher stand Miyako vor der Türe. „Hoffentlich lassen die uns jetzt noch da rein“, murmelte die Brillenträgerin betrübt.

„Bestimmt. Es sind doch nur 15 Minuten...“, erwiderte Hikari und versuchte die Trauzeugin aufzubauen.

„Na ja, ein Spiel dauert aber auch 15 Minuten“, überlegte Yuri nachdenklich.

„Wo ist Mimi eigentlich?“, fragte in dem Moment Sora nach und sah sich nach ihrer besten Freundin um.

„Ähm… Sie ist schon reingegangen...“, nuschelte Saori, die der Brünetten am liebsten gefolgt wäre.

„Oh, nichts wie hinterher“, sprudelte es aus der Lilahaarigen und mit schnellem Schritt betrat sie den Laden.

Mimi stand leicht angelehnt am Tresen und zwirbelte mit einer Haarsträhne herum, in dem sie diese immer wieder um ihren Finger wickelte.

„Ähm… also eigentlich, sind Sie z-zu spät“, stotterte der Angestellte. Er trug eine Brille, hatte ziemlich viele Unreinheiten im Gesicht und eine schlacksige Figur.

„Oh, wir sind wirklich zu spät? Kann man da gar nichts machen?“, lächelte Mimi kokett und klimperte mit ihren Wimpern. Sie sah, wie der Angestellte leicht errötete.

„Ist das Mimis Ernst?“, flüsterte Hikari in Miyakos Ohr.

„Wenn es funktioniert, ist mir das nur recht...“

„A-also… Ich...“

„Du hast ja eine echt schicke Brille auf… Darf ich mal?“, fragte Mimi bei dem Angestellten nach. Sie sah kurz auf das Namensschild und lächelte wieder. „Yusei, ich finde du siehst mit der Brille wirklich aus wie Jake Gyllenhaal...“

„Meint Mimi das ernst?“, murmelte Saori.

„Nicht mal im entferntesten“, kicherte Hikari.

„Vielleicht mit ganz viel Fantasie“, überlegte Sora.

„Wie viel Fantasie hast du?“, konterte Miyako.
 

„Ach was...“, stammelte Yusei und überließ der Brünetten seine Brille.

Mimi setzte die Brille auf und spielte damit. „Und? Steht sie mir so gut wie dir?“

„N-noch b-besser...“, stotterte der Angestellte und wurde immer röter um die Nase.

„Ich glaube, der kippt gleich um...“, mutmaßte Yuri.

„Sollen wir wetten?“, gluckste Hikari und schielte zur Rothaarigen, die nur kichernd mit dem Kopf nickte.

„Ach was…“, winkte die Brünette ab und reichte Yusei seine Brille zurück. „Leider müssen wir weiter. Wir wären natürlich sehr gerne noch geblieben, aber wenn jetzt alles voll ist und es leider nicht geht, müssen wir wohl zur Konkurrenz.“ Die brünette Frau seufzte theatralisch auf und drehte sich um.

„W-warte!“

Mimi drehte sich wieder zu dem Angestellten um und sah Yusei mit großen Augen an. „Was denn? Habe ich etwas vergessen?“

„I-ich… glaube e-eine Gruppe kriegen wir nur noch unter...“

Mimi strahlte Yusei an, was ihn ordentlich ins Schwitzen brachte. „Oh, das ist aber lieb von dir Yusei.“
 

Sie erledigte alles mit der Bezahlung und die Mädchen durften sich die Westen und die Schusswaffen umlegen. Sie bekamen eine kurze Einweisung und los konnte es gehen.

„Wer ist die Braut?“, fragte Yusei nach.

„Saori“, sagte Hikari und schob die Schwarzhaarige etwas nach vorne. Wobei der Schleier die Frage hätte erübrigen sollen.

Yusei reichte der Braut einen Spezialschuss, damit sie eine bessere Chance hatte, zu gewinnen.

„Keine Sorge, Mimi ist noch zu haben...“, kicherte Miyako, die als letzte in die Halle ging und nochmal zwinkernd zu Yusei sah.

„Wirklich?“, fragte der Angestellte hoffnungsvoll nach.

Die Brillenträgerin nickte. „Ja, ihre Nummer ist...“

„Yolei!!!“, schrie Mimi von innen und zog die Lilahaarige in die Halle rein.

„Was denn? Ich wollte dir nur unter die Arme greifen...“

„Ja, ist klar. Ich mache dich jetzt fertig.“

„Tzz… Das werden wir sehen.“
 


 

Zwei Spiele durften die Mädchen insgesamt spielen. Sie teilten sich in zwei Gruppen auf und waren danach ganz schön erledigt. Das Lasertag so anstrengend sein würde, hätte wohl keiner erwartet.

„Und wer hat gewonnen?“, prahlte Miyako.

„Einmal du und einmal ich...“, antwortete Mimi. Die Brünette hatte das erste Spiel gewonnen und die Brillenträgerin das Zweite.

„Ja, aber beim ersten Spiel war ich zweite und du warst jetzt nur Vierte. Damit ist der Gesamtsieg meiner...“

„Glückwunsch Yolei“, kicherte Saori.

„Was denn? da du in meinem Team warst, hast du ja auch gewonnen… Also gut gemacht.“

Mimi schüttelte belustigt ihren Kopf. Aber es hatte wirklich allen großen Spaß gemacht.

Sie gaben die Westen und die Schusswaffen wieder ab und holten ihre Handtaschen aus den Schließfächern.

„Also Yusei, ich schicke dir dann Mimis Handynummer per Mail. Mimi Tachikawa heißt sie ganz.“

„Boah man, Yolei.“ Mimi drehte sich auch noch einmal zu dem Angestellten um und winkte ihm zum Abschied. „Tschüss...“

„Du meinst wohl eher bis bald...“

„Willst du unbedingt eine Freundin weniger“, zischte die Brünette und funkelte die Brillenträgerin wütend an.

„Keine Sorge, ich habe ein Foto für dich gemacht. Hier.“ Hikari zeigte Mimi gleich das Foto, welches sie von Yusei fotografiert hatte.

„Oh nein, nicht du auch noch.“

„Ach Mimi, nicht jeder hat einen Freund der aussieht wie Jacke Gyllenhaal“, kicherte Saori und im nächsten Moment mussten alle lachen.

„Hallo? Ich habe mich für die Gruppe aufgeopfert und das ist der Dank? Unglaublich...“
 


 

Gut gelaunt kamen die Mädchen aus dem Restaurant. Nachdem sie Lasertag gespielt hatten, waren sie noch in einem klassischen japanischen Restaurant essen gegangen, in dem sogar eine kleine Feuershow aufgeführt worden war. Als Absacker tranken alle einen Sake, der den Mädchen noch lange im Hals brannte. Der Sekt war ausgetrunken, angestoßen hatten sie mit Champagner und zu guter Letzt tranken sie nochmals Sake. Sie hakten sich beieinander unter und lallten durch die Straßen von Shibuya.

„Okay liebe Saori, was wäre ein super Junggesellenabschied ohne Party? Richtig nichts. Nächste Station Rose Club.“ Miyako grinste die Braut an.

Im Rose Club angekommen war die Stimmung auf dem Höhepunkt. Ausgelassen stürmten die Mädchen die Tanzfläche und ließen sich mehr oder weniger von der Musik treiben.

„Danke, für den lustigen Tag“, bedankte sich Saori, die ihren Junggesellenabschied sehr genossen hat.

„Ach was. Gerne“, erwiderte Sora. „Yolei, hat ja auch alles gut vorbereitet.“

Miyako lächelte und winkte gleich wieder ab. „Ihr habt ja auch alle geholfen.“

„Seit wann bist du denn so bescheiden?“, fragte Mimi kichernd nach.

„Stimmt. Ich bin einfach die Beste. Bingo.“

Die Mädchen kicherten und ließen wieder ihre Gläser aneinander klirren.

„Auf Team Braut“, brüllte Mimi.

„Auf Team Braut“, stimmten alle im Chor mit ein.
 

Drei Stunden waren vergangen. Es war weit nach Mitternacht und auch die Mädchen hatten gut einen über ihren Durst getrunken. Miyako, Yuri und Hikari hatten sich gerade von den Mädels verabschiedet. Nur Sora, Saori und Mimi waren noch übrig. Letztere kam gerade aus einer Toilettenkabine und torkelte zu den Waschbecken.

Mimi hielt sich mit beiden Händen am Waschbecken fest. Nachdem die gute Laune, die besonders durch den Alkohol gepuscht wurde, nachließ, fühlte sie sich wieder schlecht. Taichi? Ethan?

Wegen dieser beiden Männer würde sie noch durchdrehen. Da kam Ethan extra nach Tokio geflogen. Welches Mädchen würde sich so etwas nicht wünschen? Aber Taichi… Egal was sie tat, egal was sie versuchte. Sie bekam ihn dummerweise nicht aus dem Kopf und leider auch nicht aus ihrem Herzen. Sie seufzte aus. Nur warum musste alles so schwer mit ihm sein? Sollte Liebe nicht einfach und unbeschwert sein? Und wenn sie dann daran dachte, wie sie Taichi mit dieser Yuna gesehen hatte, da war es bei ihr dann vollkommen vorbei. Es schmerzte zu sehr. Sie wollte nicht mehr diese Schmerzen fühlen. Diesen Kummer seinetwegen verspüren. Sie sollte nach vorne blicken. „Ja, Genau und das werde ich ihm jetzt auch sagen!“
 

Kurz entschlossen und ohne weiter darüber nachzudenken, holte Mimi ihr Handy aus der Handtasche und wählte Taichis Nummer. Dann noch einmal. Schließlich nahm am anderen Ende der Leitung jemand den Anruf entgegen.

„Ja…?“, murmelte Taichi verschlafen.

„Warum hat das solange ge-gedauert?“

„Mimi?“, fragte der Sportstudent schläfrig nach.

„Boah, Sherlock Yagami, ihnen kann man aber auch niemand etwas vormachen...“, lallte die Brünette.

„Mimi, bist du betrunken?“

„N-Nein, ich bin total klar im Kopf.“

„Ach heute ist ja Saoris Junggesellenabschied...“, fiel es dem Braunhaarigen dann ein.

„Wow… Du solltest wirklich nochmal deine Berufsziel überdenken“, erwiderte Mimi zynisch.

„Wieso? Gefallen dir keinen Athleten mehr?“, fragte Taichi und das Grinsen konnte sie sich dabei nur zu gut vorstellen. Gut, dass er nicht sehen konnte, wie rot Mimi gerade in diesem Moment anlief.

„D-das tut überhaupt nichts zur Sache und das ist auch gar nicht der Grund meines Anrufs!“

„Was verschafft mir denn die Ehre?“

„Ich wollte dir nur sagen, dass ich über dich hinweg bin!“ Um diese Aussage zu unterstützen, nickte sie kräftig mit dem Kopf.

„Achso, war es das?“

„Mehr hast du dazu nicht zu sagen?“

„Ich glaube dir ohnehin nicht! Du hast immer noch Gefühle für mich!“, unterstellte er der Brünetten und das völlig gelassen.

Empört blies Mimi ihre Wangen auf. Wie konnte er es wagen? „D-das ist überhaupt nicht wahr...“, stammelte sie. Blöder Alkohol. Wo waren denn ihr coolen Sprüche, wenn sie gerade einen brauchte?

„Deshalb bist du auch jetzt betrunken, auf irgendeiner Toilette und rufst ausgerechnet mich an und das nur um mir zu sagen, dass du über mich hinweg bist… Schon etwas seltsam, oder?“

„Nein, betrunkene Menschen sagen schließlich immer die Wahrheit!“ Hach. Das war ein super Spruch. In Gedanken gab sie sich selbst ein High Five.

„Tun sie nicht. Sie lassen dich aber an die Person denken, die du versuchst durch den Alkohol zu verdrängen. In der naiven Hoffnung, dass es irgendwie helfen würden. Hilft es dir? In Anbetracht der Umstände, dass du mich anrufst, wohl eher nicht. Aber ich kann dich beruhigen. Bei mir hat es auch nie geklappt. Ich musste auch immer an dich denken.“

Jetzt war Mimi ein Augenblick sprachlos. „Ach der hat auch noch sowas von recht, so ein blöder Mist. Ich kann auch nicht aufhören, an ihn zu denken.“

„Da hätten wir was gemeinsam.“

Ups. Hatte sie das jetzt laut gesagt? Ohne eine Antwort zu geben oder sich irgendwie zu erklären, beendete sie das Telefonat. Das lief ja mal so etwas von daneben. Von wegen, einen kühlen Kopf bewahren. Jetzt wusste Taichi einmal mehr, dass sie noch immer Gefühle für ihn hegte und ihn vermisste. Warum durften betrunkene Menschen überhaupt ein Handy besitzen? So etwas dämliches. Warum nahm es ihr niemand ab? Sie war doch vollkommen unzurechnungsfähig. Das Blut schoss ihr in den Kopf und ihr wurde heiß. Was sollte sie jetzt nur tun?
 

„Mimi, da bist du ja“, sagte Sora, die plötzlich neben ihr stand und ihre beste Freundin besorgt musterte.

„Ja, es geht mir nicht so besonders. Alkohol und dann noch Frauenprobleme. Genug für einen Tag, ich gehe heim.“

„Sollen wir mitgehen? Was meinst du Saori? Ich kann sonst auch noch etwas bleiben.“

Saori, die ebenfalls neben Sora stand, schüttelte ihren Kopf. Wann waren die beiden denn auf die Damentoilette gekommen? Sie hatte eindeutig zuviel getrunken.

„Ich bin auch ziemlich müde. Außerdem ist in zwei Tagen meine Hochzeit und dafür muss ich schließlich auch fit sein. Lasst uns heim gehen.“

„Okay, dann lasst uns gehen", beschloss Sora und hielt für ihre Freundinnen die Türe auf.

Die drei Mädchen holten ihre Jacken ab, bezahlten ihre Rechnungen und verließen die Diskothek.

„Es war aber wirklich ein sehr schöner Tag“, schwärmte die Schwarzhaarige.

„So soll es ja auch sein“, erwiderte Sora. „Bist du schon sehr aufgeregt wegen der Hochzeit?“

Saori schüttelte ihren Kopf. „Nein, komischerweise gar nicht. Also natürlich ist da dieses Kribbeln, aber es ist eine positive Nervosität. Ich freue mich einfach auf den Tag und kann es kaum mehr erwarten. Hoffentlich geht alles gut.“

Mimi lächelte, während sie der künftigen Braut lauschte. „Ich bin sicher, es wird alles sehr schön werden und Joe ist sowieso schon total glücklich.“

„Ja, wer hätte gedacht, dass Joe, der Junge der immer nur am lernen war, als erster heiratet?“, erwiderte Sora kichernd.

„Wohl wahr. Ich hätte es nicht gedacht. Ich habe eigentlich immer gedacht, dass du… ach egal.“

Sora winkte ab. „Schon okay. Ich würde als nächstes auf Kari und T.K wetten!“

„Ach, meinst du?“, fragte Saori interessiert nach.

„Vielleicht kommen uns auch alle Nerds zuvor und Izzy heiratet erst seine Yuri...“

„Hmm… Möglich, aber sie sind noch nicht solange zusammen. Außerdem sind Kari und T.K das Paar, von dem ich felsenfest überzeugt bin, dass sie zusammen gehören. Ähm… mit Ausnahme von dir und Joe natürlich“, lächelte Sora verlegen.

„Gerade noch gerettet. So ich muss dann hier lang. Bis in zwei Tagen… Ahhh“, kreischte Saori und umarmte ihre beiden Freundinnen.

Lächelnd sahen die beiden der Braut nach, dann wand sich Sora an die Jüngere und legte ihr eine Hand auf die Schulter.

„Geht es dir gut? Als wir dich in der Damentoilette gefunden hatten, hätte ich schwören können, dass dein Gesicht weiß wie die Wand war.“

„Ich habe Tai angerufen. Ich wollte ihm sagen, dass ich über ihn hinweg bin, stattdessen habe ich ihm gesagt, dass er mir fehlt. Voll peinlich.“

„Ich finde gar nicht, dass das peinlich ist. Es würde dir sowieso niemand glauben“, erwiderte Sora unbekümmert.

„Na danke, außerdem wäre es deine Aufgabe gewesen, mir das Handy abzunehmen. Betrunkene plus Handy sind eine echt miese Kombination.“

„Ich weiß, aber ich hatte meine Augen auch noch bei ein paar anderen Mädchen und ich wusste nicht einmal, dass du auf den Toiletten warst. Wie hätte ich das verhindern sollen? Aber wenn es dich beruhigt, auch ich habe eine paar Mal Matts Nummer, unterdrückt, angerufen. Wenigstens konnte ich dann, wenn seine Mailbox dran ging, seine Stimme hören.“

„Hast du nie gesagt, dass du es warst?“

„Nein, vielleicht hat er es sich gedacht oder mich für einen verrückten Fan gehalten.“

„Vermisst du ihn?“

„Ich habe doch Akuma!“

„Das beantwortet meine Frage nicht, also vermisst du Matt?“

„Ja.“

Letzte Vorkehrungen

22.06.2012
 

„Besser doch hier drüben“, rief Miyako und verdonnerte die Aufbauer dazu, alles noch einmal umzustellen. Warum hatte Taichi sich nochmal freiwillig zum Helfen gemeldet?

„Kannst du dich vielleicht mal entscheiden?“, brummte Daisuke verärgert und verspürte wenig Lust, die Tische schon wieder umzustellen.

„Ja, meinst du die Tische alle hier unter zu stellen, ist so einfach? Hier ein Achter Tisch, da einer Sechser Tisch und da drüben muss auch noch ein Zwölfer Tisch hinpassen. Alle Gäste müssen aber auch genügend Platz haben, damit sie problemlos den Stuhl zurückschieben können und einen guten Blick zum Brauttisch haben. Dass ist gar nicht so einfach, also nerv mich nicht“, erwiderte die Brillenträgerin bestimmt und ging nochmal ihre Unterlagen durch.

Koushiro seufzte auf. Er hatte schon vor Wochen ein Layout auf seinem Laptop installiert. Die Location, der Saal, alles hatte er im Blick. Auch die Tischordnung hatte er pragmatisch zusammengelegt, doch Miyako fand seinen Vorschlag nicht gut.

„Warum können wir es nicht einfach so machen, wie Izzy es vorgeschlagen hatte?“, fragte Taichi ebenfalls genervt nach.

Gleich kämen Hikari und Sora vorbei, um die Tische zu dekorieren, was jedoch schwierig werden könnte, wenn die Tische nicht mal richtig standen.

„Izzys Vorschlag passt aber nicht. Wieso versteht das keiner? Der Brauttisch steht doch ganz da hinten und danach kommen die Personen, die den Beiden am nächsten stehen und keine Arbeitskollegen oder andere Bekannte. Selbst die Verwandten, die man einladen muss, obwohl man sie eigentlich nicht mag, müssen nicht Vorne sitzen!“

Taichi rollte mit seinen Augen. Hochzeiten waren echt stressig. Warum war das denn so wichtig, wer wo saß?

„Außerdem muss ich darauf achten, dass Onkel Shinzu nicht neben Tante Mirlie sitzt. Die haben sich wohl letztes Jahr getrennt, laut Saori. Es ist zum verrückt werden. Aber wenn jemand einen besseren Einwand hat, nur her damit und Izzy, nein, dein Vorschlag ist Mist!“ Miyako fuhr sich gestresst durch die Haare und wäre über produktive Hilfe dankbar. Die ganzen Männer hier waren nicht zu gebrauchen. Es waren nur Taichi, Daisuke, Koushiro und Ken anwesend. Der Rest konnte oder wollte nicht.

„Okay, ich habe einen anderen Vorschlag.“ Koushiro hatte seinen Laptop umgedreht, sodass Miyako ihn sehen konnte. „Schau mal, wenn hier der Brauttisch ist, dann sitzen die Freunde rund um die Yagamis/Ishida auf der rechten Seite und die andere Hälfte mit dir und Ken auf der anderen Seite. Die sind dann beide gleich nah dran, aber die Ex-Paare sind weit genug voneinander entfernt und können sich so auch nicht gegenseitig anzicken.“

„Ähm hallo? Geht es noch? Wer zickt hier wen an?“ Taichi fand es schon albern, dass sie soweit auseinander sitzen würden. Er wollte Mimi näher kommen. Bei dieser Distanz konnte er sie nur sehen. „Ich finde wir sind eine Gruppe und sollten auch nicht soweit voneinander entfernt sitzen. Wir sind doch alle erwachsen und werden es sicherlich schaffen, uns einen Abend lang zurückzuhalten. Außerdem streiten wir auch gar nicht und Matt und Sora auch nicht!“

„Hmm...“ Miyako dachte nach, sie legte ein Finger an ihr Kinn, ehe sie begeistert schnippte und „Bingo“ rief. „Ich habe eine Idee.“

„Yehu… noch eine...“, brummte Daisuke.

„Sei leise, Davis. Also wir haben zwei Sechser-Tische. Dort könnten Tai, Matt, Kari, T.K, Izzy und Yuzu sitzen. Tai? Es war doch richtig, dass du ohne Begleitung kommst, oder? Das ging ja irgendwie auch hin und her.“

„Ja, es bleibt dabei.“

„Also begleitet Yuna dich nicht?“, fragte Daisuke neugierig nach.

„Nein, wir sind nur Freunde und es wäre einfach nicht richtig.“

„Gut, dann sitzen an dem anderen Tisch Sora, Akuma, Mimi, Cody, der beste Mann der Welt, nämlich Ken und meine Wenigkeit. Dazwischen könnten wir doch noch einen kleinen Familientisch machen. Mit Joes Brüdern und den Großeltern von Joe und Saori. Das wäre dann auch ein Sechser-Tisch und nach hinten könnten wir dann den Rest machen. Seid ihr damit einverstanden?“, fragte die Brillenträgerin in die kleine Männerrunde.

„Heißt was für uns?, fragte der Igelkopf nach.

Ken legte eine Hand auf die Schulter seines besten Freundes. „Heißt, wir müssen wieder Tische rücken“, erwiderte er schulterzuckend.

„Und genau deswegen bist du auch der beste Mann der Welt“, schwärmte Miyako und setzte sich hin.

„Was soll das jetzt?“, fragte Daisuke gernevt bei der Brillenträgerin nach.

„Meine Arbeit ist erledigt, jetzt seid ihr dran.“

„Tzz… Deine Arbeit“, zischte der Igelkopf, nahm sich aber mit Ken dennoch einen Tisch um wieder einmal mit dem Tischtanz und Stühlerücken anzufangen.
 

„Ich habe jetzt auch keine Lust mehr“, beschwerte sich Taichi nach einer Weile und setzte sich auf den Boden. Sie hatten es tatsächlich geschafft und das gerade so im Zeitrahmen.

Miyako kam mit einem kleinen Tablett auf den verschiedene Kaltgetränken standen in den Saal zurück und reichte jedem der vier jungen Männer eines.

Zufrieden sah sich die Brillenträgerin um. „Jetzt sieht es doch gut aus. Jetzt noch die Dekoration und dann wird das Morgen, hoffentlich, ein richtig schönes Fest werden.“
 

Pünktlich betraten Sora und Hikari den Saal. Beide hatten eine große Tüte mit, in denen noch ein paar Dinge drin waren, die die Mädchen, zum dekorieren brauchten.

„Hi, ohh… ihr seid aber noch nicht weit“, merkte Hikari an und drehte sich einmal im Kreis, um den Saal komplett in Augenschein zu nehmen.

„Wir sind gerade erst fertig geworden, weil Yolei alle Fünf Minuten ihre Meinung geändert hat.“

„Boah, geh nach Hause und heule dich da aus.“

„Wie bitte?“ Angesäuert stellte sich Davis vor der Brillenträgerin auf, während Ken sich ebenfalls erhob und sich zwischen seine Freundin und seinen besten Freund stellte.

„Ich habe es doch eben erklärt“, brummte Miyako verständnislos.

„Ach, es hat dir doch Spaß gemacht, uns hin und her zu schicken!“

„Wie bitte?“

„Okay, bevor das hier noch weiter eskaliert, Yolei hilfst du mir mit den Tischdecken?“ Hikari griff nach Miyakos Arm und zog sie hinter sich her.

Dankbar schaute Ken sie an, ehe er beruhigend auf seinen besten Freund einsprechen wollte.

„Und das ist genau der Grund, warum du keine Freundin hast!“ Natürlich konnte es Miyako nicht sein lassen, noch einen nachzusetzen. Dumm nur, dass sie mit diesem Satz genau Daisukes wundes Punkt getroffen hatte.

„Ach du blöde Gans“, rief er verärgert aus, riss sich von Ken los, drehte sich um und verließ den Saal.

Ken rollte mit den Augen. „Es ist aber auch immer dasselbe mit den Beiden.“

„Tja, manche Dinge ändern sich wohl nie“, sagte Koushiro, klappte seinen Laptop zu und verstaute ihn in seiner Tasche. „Ich bin dann auch mal weg. Wir sehen uns dann morgen. Tschüss.“

„Tschüss, bis morgen, Izzy.“ Sora winkte dem Informatikstudenten zu, ehe sie Ken einen mitleidigen Blick schenkte und ihre Tüte leerte. „So, dann fange ich mal an.“
 


 

Es war bereits später Nachmittag. Die verbliebenen Freunde schafften es, die Dekoration so anzubringen, wie Saori es sich gewünscht hatte. Taichi half, weil seine Körpergröße wirklich ein Vorteil war und Ken, weil er keine andere Wahl gehabt hatte.

„Okay, jetzt bin ich so langsam auch erledigt, aber es sieht toll aus“, schwärmte die Brillenträgerin und kuschelte sich an die Brust ihres Freundes. „So ähnlich könnte ich mir das ja auch für unsere Hochzeit vorstellen“, sagte sie verträumt.

„Für eure? Habe ich was nicht mitbekommen?“, fragte Sora grinsend nach und suchte nach einem Ring an Miyakos Finger.

„Noch nichts offizielles, aber...“ Ken griff nach der Taille seiner Freundin und führte sie in Richtung der Küche.

"Wir schauen am besten Mal in der Küche nach, ob da schon alles soweit vorbereitet ist."

„Okay, was war das denn gerade?“, fragte Sora bei den Yagami Geschwistern nach, als das Paar außer Hörreichweite war.

Taichi zuckte mit seinen Schultern und Hikari kicherte.

„Sie haben vor ein paar Tagen über das Thema gesprochen und sagen wir mal so, Ken hat mich letztens nicht umsonst gefragt, wie Yolei wohl zu einem Rubin stehen würde.“

„Ohhh, wirklich?“

Hikari nickte „Ja, wirklich.“

„Das freut mich aber für sie.“

Taichi mischte sich bei diesem ganzen Mädchengesprächen nicht ein und setzte sich auf einen Stuhl. Er warf seinen Kopf in den Nacken und grübelte. Stellten sich eigentlich alle Frauen so ihre Traumhochzeit vor?
 

Es verging eine weitere Stunde, als die Türe zum Saal erneut geöffnet wurde. Vier Männer betraten den Raum, angeführt von einem blonden Sänger, der länger nicht in Japan gewesen war.

„Matt!“, rief Taichi freudig aus und ging gleich mit schnellen Schritten auf seinen besten Freund zu.

Auch der Musiker grinste breit, als er seinen besten Freund sah. „Mensch, du bist ja noch genau so hässlich!“, scherzte der Ishida.

Taichi rollte mit seinen Augen. Yamatos Art und Weise seine Zuneigung zu zeigen, war auch schon mal besser. „Trotz aller Komplimente, schön dich zu sehen.“

Plötzlich fiel eine Vase auf den Fußboden. Taichi drehte seinen Kopf und erkannte seine beste Freundin. Sora beugte sich mit hochrotem Kopf nach unten, sammelte schnell die Scherben auf und entschuldigte sich haspelnd.

„Sora...“, murmelte Yamato und sah seiner Ex-Freundin nach, wie sie in einem anderen Raum verschwand. Sekunden später tauchte Miyako mit einem Kehrblech aus der Küche auf, fegte die restlichen Scherben auf und wischte über den Boden. „So alles wieder sauber.“

„Okay, das war jetzt komisch, oder?“, fragte Yamato bei seinem besten Freund nach.

Was sollte Taichi dazu sagen? Er verstand die Frauen schon lange nicht mehr.

„Hey, wo sollen die Drums hin?“, fragte Kazumi nach.

„Ähm.“

„Die können hier hin.“ Wieder kam Miyako angelaufen und deutete auf einen kleinen Podest.

„Soll das etwa unsere Bühne sein?“, fragte Kisho fast schon beleidigt nach.

„Kisho, das ist ein privater Auftritt für einen guten Freund von mir. Er heiratet, das weißt du doch!.“

„Hmm… Na toll, trotzdem.“ Kisho stieg mit einem Schritt auf das Podest und sah sich im Saal um.

„Wie viele Gäste kommen denn?“, fragte er nach.

„Weniger als 100 Gäste“, antwortete die Brillenträgerin.

„So einen kleinen Auftritt hatten wir ja ewig nicht mehr, aber irgendwie finde ich es auch cool“, sagte Tako, schleppte sein Keyboard auf das Podest und schloss schon mal alles an.

„Ja, ich auch...“, murmelte Yamato in Gedanken.
 

Während die Band mit dem Aufbau ihrer Instrumente beschäftigt war, suchte Taichi nach seiner besten Freundin. Er fand Sora in der kleinen Küche, die noch Gedankenverloren auf die Scherben der Vase sah. „Sora.“ Der Sportstudent stellte sich neben die Rothaarige und sah sie mitfühlend an. „Alles okay bei dir?“

Sora runzelte mit ihrer Stirn, ehe sie sich zu einem Lächeln durchrang und nickte. „Ja.“

„Du wusstest doch, dass Matt heute kommt, um die Instrumente für morgen aufzubauen, oder?“

„Ja.“

„Aber es wirkt irgendwie unreal?“

„Ja.“

Soras Handy klingelte in diesem Moment, sie holte es schnell aus ihrer Tasche und nahm das Telefonat entgegen. „Hallo Akuma.“

Taichi hätte besser gehen und Sora alleine lassen sollen, aber irgendwie war er gerade doch zu neugierig.

„Oh, also kommst du erst zur Feier und schaffst es nicht zur Zeremonie?“ Sora fuhr sich über ihre Stirn und schloss ihre Augen. „Hmm… verstehe.“ Sora nickte, aber ihre Augen sahen traurig aus. „Da kann man wohl nichts machen.“ Wieder ein Nicken und Sora wand dem Braunhaarigen den Rücken zu. „Ja, werden wir. Tschüss.“ Die Rothaarige beendete das Gespräch und verstaute ihr Handy wieder.

„Er schafft es also nicht zur Zeremonie?“, fragte Taichi überflüssigerweise nach. Sora schüttelte mit ihrem Kopf und wand sich wieder an Taichi. „Nein, irgendein Problem bei der Produktion. Er muss das erst klären. Er versucht zur Feier zu kommen, aber er kann es nicht versprechen.“

„Das tut mir leid.“

„Schon okay. Immerhin haben wir die Dekoration fertig. Es sieht wirklich schön aus, ich glaube das wird morgen eine tolle Hochzeit.“

„Ja, das glaube ich auch. Komm, lass uns zu den anderen gehen und dein Lächeln nicht vergessen.“ Sora nickte und schenkte Taichi ein leichtes Lächeln.
 

Gemeinsam gingen Taichi und Sora zurück zum Saal. Gleich legte sich ein blaues Augenpaar auf Sora und unsicher ging der Musiker auf die Rothaarige zu. „Hi.“

„Hallo. Ihr spielte also morgen wirklich hier?“

„Ja, das habe ich doch versprochen.“

„Finde ich gut, also... dass ihr so etwas noch macht!“

Yamato zuckte nur mit seinen Schultern, für ihn war das selbstverständlich.

„Matt? Was ist mit dem Verstärker?“, fragto Tako nach.

Yamato drehte sich zurück zu dem kleinen Podest und winkte seinem Bandkollegen zu. „Sorry, ich muss wieder.“ Der Sänger ging zurück zum Podest und half Tako dabei den Verstärker zu befestigen.

„Immerhin lief euer Wiedersehen besser, als Mimi und meines“, murmelte Taichi und dachte an seine eigene Begegnung mit Mimi auf Joes Umtrunk zurück. Sicher wäre alles anders gelaufen, wenn Mimi diesen blöden Kuss, der ihm nichts bedeutet hatte, nicht mitbekommen hätte.

„Was ist mit deinem mysteriösen Plan?“, horchte Sora nach, hielt aber Blickkontakt zur kleinen Bühne.

„Eigentlich ist alles vorbereitet, aber da morgen die Hochzeit ist, warte ich diese noch ab und gleich danach wird Mimi...“ Taichi brach seinen Satz haspelnd ab. Jetzt hätte er sich fast verraten.

„Also willst du mir immer noch nicht sagen, was du geplant hast?“

„Tzz und in Kauf nehmen, dass du es Mimi auf der Hochzeit verrätst? Never ever.“ Taichi entging, der schmachtende Blick nicht, den Sora gelegentlich zur Yamato warf. Ob sie es selber bemerkte? Ob Mimi ihn auch mal so angeguckt hatte?

„Ich würde es ihr nicht verraten, aber ich drücke dir die Daumen.“ Sora lächelte den Braunhaarigen sanft an, ehe auch sie sich von dem Sportstudenten und den restlichen Freunden die noch da waren, verabschiedete.

„Danke, bis morgen.“ Taichi wollte sich auch so langsam verabschieden. Er war ja jetzt auch schon den ganzen Tag hier und wollte für die morgige Hochzeit fit sein.
 

„Ist Sora schon weg?“, fragte Yamato nach und stellte sich zurück zu seinem besten Freund. Die Band hatte die Instrumente alle aufgestellt und befestigt. So konnte sie morgen gleich auftreten, ohne den Betrieb zu stören. Der Saal war fertig geschmückt und sicher würde am nächsten Tag alles noch viel schöner aussehen, wenn das Licht richtig zum Einsatz kam.

„Ja, gerade gegangen und ich wollte jetzt auch gehen. Was hast du noch vor?“ Taichi sah seinen besten Freund fragend an.

„Eigentlich nur noch ins Bett!“, antwortete dieser.

„Ach, langweilig. Wir haben uns seit neun Monaten nicht gesehen. Komm noch mit zu mir, wir trinken ein Bier und dann kannst du immer noch ins Bett.“

„Okay.“

„Kari, wie kommst du nach Hause?“, wand sich Taichi anschließend an seine Schwester.

Die junge Yagami kam mit Miyako und Ken auf ihn zu. „Ken nimmt mich mit und fährt mich nach Hause.“

„Wo ist T.K?“, fragte Yamato nach und suchte nach seinem Bruder. Er war doch sonst da, wo die Brünette war.

„Er hatte heute sein Treffen mit der Lerngruppe und konnte nicht.“

„Achso, grüß ihn bitte von mir.“

„Ja, mach ich. Schön, dass du wieder da bist.“ Hikari lächelte den älteren Blonden an und umarmte ihren Bruder zum Abschied.
 


 

Taichi und Yamato waren mittlerweile in der Wohnung des Yagamis angekommen. Sie saßen im Wohnzimmer und zockten auf der PS4. „Man, tut das gut, dich wieder abzuziehen“, grinste Yamato. Sie spielte GTI und derzeit hatte der blonde Sänger drei Rennen gewonnen, der der Braunhaarige nur zwe Runden.

„Gleich steht es unentschieden“, sagte Taichi siegessicher und überholte gerade den Sänger. Eine scharfe Rechtskurve und zack sauste er an dem Musiker vorbei,. Jawohl!“ Jubelnd streckte der Sportler seine Faust in Höhe und klopfte dann seinem besten Freund auf die Schulter. „War wohl nichts!“

„Tzz… Alles oder nichts! Das letzte Rennen entscheidet!“, sagte Yamato und wollte den Gesamtsieg.

„Dann mache ich dich eben zweimal hintereinander fertig.“

„Glaubst du doch selber nicht.“

„Wir werden sehen.“

Im Fernsehen zählte der Countdown runter und schließlich ging das finale Rennen los. Es war knapp, es war spannend und schließlich holte Taichi den finalen Sieg. „Oh ja, wer ist der Meister der Rennstrecke?“ Taichi führte einen halben Freudentanz auf, während Yamato ungläubig mit dem Kopf schüttelte.

„Ich fasse es nicht, dass du mich geschlagen hast.“

„Tja, bist wohl eingerostet.“

Yamato nickte. „Er kam in der letzten Zeit wirklich zu nichts und schon gar nicht zum zocken.

„Alles okay bei dir?“ Jetzt konnte Taichi sich die Frage doch nicht verkneifen.

„Eigentlich schon, bin nur ziemlich erledigt und sollte so langsam mal nach… ins Hotel.“

„Schläfst du nicht bei deinem Vater?“

Der Musiker schüttelte mit seinem Kopf und leerte die Bierflasche. „Ne, der hat eine neue Freundin und ist derzeit auch zuhause. Nervt mich, da gehe ich lieber ins Hotel.“

„Hotel? Alter, das kommt nicht in Frage. Die Couch kann man ausziehen, du bleibst hier!“

„Tai, das ist wirklich nicht nötig.“

„Dem Rockstar nicht bequem genug?“

„Darum geht es nicht!“

„Und was ist dann das Problem? Ich meine dein Koffer ist jetzt doch eh schon hier.“

„Ich… es… ach, gut, dann bleib ich eben hier.“ Yamato sah sich um. Es war aufgeräumter als er gedacht hätte. Vor einigen Monaten sah das noch anders aus. "Du kannst Ordnung halten?“

„Klar kann ich das, wenn ich will.“

„Und du willst?“, fragte Yamato unwirklich nach.

„Ja, ich meine, es sieht gemütlicher aus und es gefällt mir so auch besser. Am Anfang dachte ich mir, jetzt kann ich endlich dann meinen Kram erledigen, wenn ich es will und dann dachte ich, ne es gleich zu machen ist doch sinnvoller und spart Zeit. Also mach ja keine Unordnung!“

Yamato prustete los. „Also dass ich das nochmal aus deinem Mund hören würde...“

Traumhochzeit

23.06.2012
 

Mimi
 

Heute war es endlich soweit. Heute war die Hochzeit von Joe und Saori. Mimi konnte es ehrlich gesagt immer noch nicht wirklich glauben, als sie im Auto saß und auf dem Weg zur Hochzeitslocation war.

„Bist du soweit?“

Die Türe des Autos wurde geöffnet. Vorsichtig stellte Mimi ihre Füße aus dem Auto und stand auf. Ihr langes Brautjungfernkleid in zartrosa fiel gleich über ihre Beine und deckte diese komplett zu. Sie lächelte, als sie Daisuke sah und sich bei ihm einhakte.

„Sehr nett von dir.“

Daisuke war so freundlich gewesen, sie heute zur Hochzeit mitzunehmen. Gemeinsam mit Cody und Sora hatten sie sich ein Auto geteilt. Cody und Sora schlossen gleich zu ihnen auf und sahen sich ebenfalls neugierig um. Sora trug, wie Mimi, ein rosa Brautjungfernkleid. Mimi trug ihre Haare offen und Sora hatte eine Hochsteckfrisur. Die Hochzeit würde in einem kleinen Waldstück stattfinden, wo sie eine kleine freie Zeremonie erleben würden.

Am Morgen hatten Joe und Saori bereits umgeben von den engsten Familienmitgliedern beim Standesamt den formellen Teil erledigt und jetzt am frühen Nachmittag sollte der romantische Teil folgen. Etwas, das Mimi nur zu gut verstehen konnte. Immerhin war das doch der Teil, auf den jede Braut sehnlichst gewartet hatte und auch die Brünette war gespannt, wie dieser Tag ablaufen würde.
 

„Wow.“ Mimi hatte von den Vorbereitungen nicht wirklich etwas mitbekommen. Sie wusste grob, wie die Location  aussah, aber das war es auch.

„Es sieht wirklich schön aus“, schwärmte auch Sora.

Direkt vor dem Wald war eine schöne große Wiese. Rechts und links waren jeweils zwei Stuhlreihen mit weißen Stuhlhussen und grünen Schleifen aufgestellt. In der Mitte lag ein breiter weißer Teppich, der zu einem kleinen Altar führte. Der Altar hatte ein kleines Dach, das als Verzierung ebenfalls weiße und grüne Blumen beherbergte.

„Das sieht wirklich richtig romantisch aus“, strahlte Mimi.

Es waren schon viele Gäste da, manche fehlten auch noch. Mimi sah sich automatisch nach Taichi um. Auch Sora schien jemanden zu suchen.

„Da ist Izzy“, sagte Cody und lächelte den Älteren freundlich an.

„Hallo ihr.“ Koushiro ging zu seinen Freunden und begrüßte sie nacheinander. Er war als Joes Trauzeuge auch beim Standesamt am Morgen dabei gewesen und nun natürlich auch einer der Ersten, der bei der freien Zeremonie nach dem rechten schaute.

„Und wie war es beim Standesamt?“, fragte Mimi gleich nach.

„Eine nervöse Braut, ein noch aufgeregter Bräutigam, aber am Ende gab es Freudentränen und ein glücklich vermähltes Paar“, erklärte der Rothaarige.

„Ja, so stelle ich mir das bei den Beiden auch vor“, kicherte Sora.
 

„Sora, komm wir setzen uns da vorne hin.“ Mimi schnappte sich die Hand ihrer besten Freundin, zog sie hinter sich her und setzte sich mit ihr in die dritte Reihe. „Ist das zu weit vorne?“, fragte sie bei ihrer besten Freundin nach.

„Ich denke, das geht schon in Ordnung. Die beiden ersten Reihen sind ja meistens für die Eltern und Großeltern. Die zweite Reihe für Geschwister, aber Saori hat ja gar keine Geschwister, daher denke ich, dürfen wir als enge Freunde von Joe ruhig in der dritten Reihe sitzen.“

„Gut. Ich will nämlich nichts verpassen. Hoffentlich sitzt niemand vor mir, der voll riesig ist… und… oh guck mal, die Taschentücher...“

Während Mimi munter weiter plapperte, drifteten Soras Augen in eine ganz andere Richtung.

„Sora?“ Mimi stupste die Rothaarige leicht an und erst dann sah diese wieder zu Mimi. „Wen hast du gesehen? Ein Gespenst?“, fragte Mimi nach und drehte ihren Kopf, um ebenfalls in die Richtung zu sehen, in die ihre beste Freundin gerade noch geblickt hatte.

Takeru, Hikari und Taichi waren zu sehen. Taichi. Ein dunkelblauer Anzug, hellblaue Krawatte und ein weißes Hemd. Er sah wahnsinnig gut aus. Viel zu gut. Taichi erwiderte ihren Blick und sofort drehte Mimi ihren Kopf weg und sah wieder zu Sora.

„Ist er denn gar nicht mit ihnen gekommen?“, murmelte Sora und runzelte ihre Stirn.

„Wen meinst du?“, fragte Mimi nach.

„Hallo Mimi, lange nicht gesehen.“

Diese Stimme kannte sie doch. Bitte nicht. Der hatte ihr gerade noch gefehlt.

„Kisho.“ Mimi lächelte den Grünhaarigen unsicher an. Sie dachte nicht, dass sie ihn schon auf der Zeremonie sehen würde. „Was machst du denn hier? Ich dachte euer Auftritt ist erst heute Abend?“

„Ach, wir wurden die Woche noch gefragt, ob wir bei der Zeremonie auch beim Ein- und Ausmarsch der Braut ein Lied spielen würden und Matt hatte dann gleich zugesagt.“

Okay, sie musste zugeben, es nervte sie zwar Kisho jetzt schon wiederzusehen, aber Livemusik würde das ganze Bild echt abrunden. „Wo ist Matt?“, fragte Mimi nach und suchte nach dem blonden Sänger. Immerhin hatte sie den Ishida jetzt auch schon länger nicht gesehen.

„Er übt noch das Lied. Er sitzt wahrscheinlich im Auto. Er kannte den Song vorher nicht, aber Soari hat sich das Lied wohl so sehr gewünscht und Matt will sie schließlich nicht enttäuschen.“

„Och, wie süß. Das ist doch süß, oder?“ Mimi stieß mit ihrem Ellenbogen Sora in die Seite, die sofort rot anlief, Mimi stehen ließ und zu Taichi ging. Verräterin. „Ich ähm… Dann solltest du das gleiche tun. Ich äh… Hi Kari.“ Mimi ließ den Gitarristen ebenfalls stehen und ging schnell zu Hikari um die Jüngere und deren Freund zu begrüßen.

„Hallo Mimi“, wurde sie auch von Hikari begrüßt.

Auch Takeru winkte Mimi kurz zu. Sie unterhielte sich noch eine Zeitlang, bis die restlichen Gäste eintrafen. Dann nahmen sie ihre Plätze ein und sahen erwartungsvoll umher.
 

Yamato tauchte auf. Er trug einen schwarzen Anzug und darunter ein dunkelrotes Hemd. Keine Krawatte. Er stellte sich etwas abseits hin, dort war ein Barhocker aufgestellt, auf welchen er sich setzte. Wieder ging Mimis Blick zu ihrer besten Freundin, die neben ihr saß. Natürlich sah auch Sora zu dem Sänger. Ein weiteres Auto fuhr heran und wenig später stiegen Miyako mit Ken und den Brüdern von Joe, aus. Das waren die letzten Gäste die fehlten. Jetzt warteten alle auf das Brautpaar. Es war kurz vor 14 Uhr, also müssten sie auch jeden Moment da sein. Mimi wurde immer nervöser. Wie würde das dann sein, wenn sie selbst mal heiraten würde? Falls, sie mal heiraten würde...

Miyako lächelte alle Gäste an und nahm ihren Platz, zusammen mit Ken, ein.

„Vielleicht brennt ja auch einer von Beiden durch“, murmelte Daisuke mit Blick auf die Uhr.

„Wäre ziemlich sinnlos. Sie haben heute morgen ja schon geheiratet“, erklärte Cody ihm erneut.

„Dann könnten sie so langsam mal eintreffen“, murmelte der Igelkopf weiter und als wären seine Gebete erhört worden, fuhr ein weiteres Auto an.

Joe stieg aus dem Fahrzeug aus, begrüßte den Redner, nickte seinen Gästen zu und ging zum Altar. Er war unsagbar nervös. Immer wieder strich er sich über seinen schwarzen Anzug, obwohl dieser perfekt saß. Eine Fliege, eine schicke Weste und selbst die Haare hatte er sich heute richtig stylen lassen. Er sah toll aus. Joe knetete seine Hände immer wieder zusammen und fuhr sich mit einer Hand über seine feuchte Stirn.

„Sicher, dass sie schon verheiratet sind“, murmelte Daisuke. Mimi verdrehte die Augen und kniff den Jüngeren in die Seite. „Au, Hey!“

„Man Davis, er sieht gleich seine Braut. Da darf jeder Mann nervös sein...“

„Und da kommt sie...“ Sora tippte Mimi auf die Schulter. Alle Köpfe sahen nach hinten, warteten darauf, dass hinter dem Vorhang die Braut hervortrat. Man sah nur ihre Silhouette.

„Ich glaube Joe kippt gleich um“, merkte Sora an und sah besorgt zu dem Älteren. Mimi lächelte schwach.

„Er schafft das schon...“ Alle Gästen standen auf, sahen zum Vorhang und warteten darauf, dass die Braut ihren Weg entlang schritt.
 

Miyako verbeugte sich vor den Gästen und nickte Yamato zu. Dieser erwiderte die Geste und hielt beide Hände um das Mikrofon geschlossen…

Joe sah angespannt zu dem weißen Vorhang, der seine Braut noch immer versteckt hielt. Er war nervös. So nervös, wie noch nie zuvor in seinem Leben, aber er war auch noch nie glücklicher gewesen.

Ein leises Klavierspiel erklang, leichte Gitarrenklänge.

Dann hörte man Yamatos Stimme…
 

Not sure if you know this, But when we first met

I got so nervous, I couldn't speak…
 

Der Vorhang fiel und Saori war zu sehen. Sie trug ein langes weißes Kleid, welches mit Spitze verziert war. Die Brille waren durch Kontaktlinsen ersetzt und die Haare zu einer wunderschönen Hochsteckfrisur zusammen gesteckt, nur einzelne Haarsträhnen umrahmten ihr schmales Gesicht. Sie sah atemberaubend aus und Joe hätte es fast umgehauen.
 

In that very moment. I found the one and my life had found its missing piece.
 

Langsam schritt Saori auf den Altar zu, blickte dabei die ganze Zeit zu Joe und leichte Tränen der Freude blitzen in ihren Augen auf.
 

So as long as I live I love you. Will have and hold you.

You look so beautiful in white and from now till my very last breath

This day I'll cherish. You look so beautiful in white

Tonight.
 

„Oh mein Gott“, brauchte Joes Lippen tonlos hervor, als er seine Braut in Empfang nahm und auch seine Tränen nicht verbergen konnte und wollte. Gemeinsam blickten sie sich verliebt in die Augen, als Joe seine Hand hob, seine Finger an der Wange seiner Braut ablegte und ihr einzelne Tränen wegwischte. „Du siehst wunderschön aus.“ Zusammen hörten sie der zweiten Strophe zu, ohne den Blick voneinander zu lösen.
 

What we have is timeless. My love is endless

and with this ring I say to the world.

You're my every reason, you're all that I believe in

With all my heart I mean every word. So as long as I live I love you…
 

Yamato verstummte und der Redner bedankte sich bei dem Sänger, begrüßte die Gäste und besah das junge Brautpaar…
 

Mimi fischte ein Taschen-, oder viel mehr ein Freudentuch, heraus. Auf jedem Stuhl lag vorher ein Taschentuch, welches in einem kleinen Papiersäckchen mit der Aufschrift: Für die Freudentränchen, gewesen war. Mimi konnte gar nicht anders, als immer wieder eine Träne wegzuwischen. Der Redner erzählte die Liebesgeschichte von Joe und Saori. Wie sie sich auf der Universität kennen und lieben gelernt hatten. Wie ihre Beziehung aussah und wie sie sich ihre Zukunft vorstellten. Der Hauptteil war abgeschlossen, als lediglich der Teil ihres Eheversprechen ausstand. Joe wand sich an Koushiro, der ihm einen Zettel reichte. Joe faltete diesen vorsichtig auseinander und atmete ein paar Mal ein und aus, ehe er sich den Inhalt nochmal durchlas und dann nur noch zu Saori blickte.

„Meine liebe Saori, heute ist wirklich der schönste Tag in meinem Leben. Nicht nur, weil alle unsere Freunde und Familienmitglieder da sind, sondern weil ich die Ehre habe, heute dein Ehemann zu werden. Vom ersten Moment an wusste ich, dass du etwas ganz besonderes bist und du hast mich bereits zum glücklichsten Mann der Welt gemacht, als wir zusammengekommen sind. Heute runden wir das ganze mit der Krönung unserer Liebe ab. Egal was war, egal was kommt, wichtig sind wir beide. Ich liebe dich, Saori.“
 

Mimi spürte, wie Sora ihre Hand nahm und sie leicht drückte. Mimi sah zu ihrer besten Freundin, die ebenfalls Tränen in den Augen hatte. Soras Blick ging unweigerlich wieder etwas abseits des Altars und ihre Augen glänzten noch ein wenig mehr.
 

Saori liefen einzelne Tränen aus ihren Augen. Sie bekam von Miyako ein Zettel in die Hand gedrückt und las mit zitternder Stimme vor. „Joe… Oh, Joe. Ich bin so dankbar, heute hier zu stehen. Es ist nicht selbstverständlich die große Liebe schon so früh zu finden, auch nicht, schon in unserem Alter zu heiraten, aber worauf warten, wenn man weiß, dass man das Beste schon an seiner Seite hat. Ich will nie mehr auch nur einen Tag ohne dich sein… Ich liebe dich, Joe.“
 

Mimi strich sich eine weitere Träne weg, die über ihre Wange kullerte. Sie schloss ihre Augen und als sie ihre Augen öffnete, sah sie Taichi. Der sie ebenfalls ansah, den Blick nicht wenden wollend. Ihre gemeinsame Zeit war unvergessen, auch wenn es sie manchmal verletzte. Sie schluckte einen Kloß in ihrem Hals hinunter, wenn sie an all das dachte und sah wieder zu dem Brautpaar.
 

„Nachdem beide ihr Eheversprechen vorgetragen haben, wollen wir nun die Ringe segnen.“

Ein rotes Samtkissen, auf dem zwei Ringe lagen, lag auf dem Altar. Der Redner legte seine Hände über die Ringe. „Glück, Gesundheit, Stärke und das alles mit Liebe verbunden.“ Der Redner gab Joe das Zeichen, als erstes den Ring zu nehmen. „Ich frage erst Sie Joe Kido. Möchten Sie die hier anwesende Saori Itou zu ihrer Ehefrau nehmen? Dann antworten Sie mit: Ja, ich will.“

„Ja, ich will“, sagte Joe, steckte Saori den Ring an ihren Ringfinger und lächelte sie an.

Der Redner nickte und richtete sich dann an Saori. „Nun frage ich auch Sie. Möchte Sie Frau Saori Itou, den hier anwesenden Joe Kido, zu ihrem Ehemann nehmen? Dann antworten Sie mit; Ja, ich will.“

„Ja, ich will.“ Auch Saori steckte Joe den Ring an und blinzelte wieder ein paar Tränen weg.

„Dann erkläre ich sie feierlich zu Ehemann und Ehefrau. Sie dürfen die Braut jetzt küssen.“

Joe lächelte Saori an, ehe er sich seiner Frau näherte und sie küsste. Die Gäste klatschten begeistert in die Hände und freuten sich für das Paar. Ein paar Jubelpfiffe erklangen und wieder spielte Musik, während Yamato begann zu singen.
 

What would I do without your smart mouth?

Drawing me in, and you kicking me out

You've got my head spinning, no kidding,

I can't pin you down
 

Joe und Saori lächelten zu Yamato und gingen Hand in Hand den weißen Gang entlang, gefolgt von Koushiro und Miyako und ihren Partnern.
 

What's going on in that beautiful mind

I'm on your magical mystery ride

And I'm so dizzy, don't know what hit me,

But I'll be alright
 

Hikari kuschelte sich an ihren Freund an. Takeru hielt seine Freundin fest in seinen Armen, während sie Yamato zuhörten und dem glücklich vermählten Paar hinterher sahen.

„Du weißt schon, dass ich dich eines Tages auch heiraten werde, oder?“, flüsterte Takeru in das Ohr seiner Freundin.

„Ist das so?“, neckte Hikari ihren Freund und zog eine Augenbraue hoch.

„Und ob, das ist ein Versprechen, Kari.“
 

My head's under water, But I'm breathing fine

You're crazy and I'm out of my mind

'Cause all of me, Loves all of you
 

Auch die Eltern, Geschwister und Freunden folgten dem Brautpaar, bis fast alle Plätze wieder leer waren.

„Sora? Kommst du?“ Fragend sah Mimi zu ihrer besten Freundin.

„Ich wollte nur warten, bis...“ Sora sah zu Yamato und dann zurück zu Mimi. „Ja, ich komme.“
 

Love your curves and all your edges

All your perfect imperfections

Give your all to me. I'll give my all to you

You're my end and my beginning

Even when I lose I'm winning
 

Nach und nach beglückwünschten alle das Brautpaar. Mimi sah wie Taichi gerade bei Saori angekommen war. Er umarmte sie kurz, schlug dann mit Joe ein und umarmte auch ihn. Er rief ihm etwas ins Ohr, was Joe zum Lächeln brachte. Dieser nickte daraufhin und klopfte dem Braunhaarigen auf die Schulter. Darauf folgten Daisuke, Cody, Sora und dann kam Mimi bei dem Brautpaar an.

„Herzlichen Glückwunsch und du siehst wunderschön aus“, lächelte Mimi und umarmte Saori.

„Vielen Dank.“

Mimi lächelte nochmal kurz zu Saori, ehe sie zu Joe sah. „Ach, komm her.“ Sie umarmte Joe so fest, wie sie konnte. „Du ahnst ja gar nicht, wie stolz ich auf dich bin...“ Sie drückte Joe einen flüchtigen Kuss auf die Wange und ließ wieder von ihm.

„Danke und danke, dass du den weiten Weg extra für uns gekommen bist.“

Mimi lächelte Joe sanft an. „Das hätte ich unter keinen Umständen verpassen wollen.“

Sie ging etwas abseits, um die nächsten Gäste zum Brautpaar zu lassen, da stand sie plötzlich vor Taichi, der sie unsicher anlächelte.

„Du siehst wirklich sehr hübsch aus.“

„Ähm… Danke...“ Hoffentlich wurde sie gerade nicht rot, auch wenn sie spürte, wie ihre Wangen wärmer wurden.

„Gerne, war eine schöne Zeremonie, oder?“

Smalltalk? Konnten sie beide das überhaupt? „Ja, es war sehr schön und total romantisch...“

„War mir irgendwie klar, dass du das sagen würdest“, erwiderte Taichi grinsend.

„Okay, Zeit für die Fotos!“, rief Miayako laut aus und klatsche begeistert in die Hände.

„Mimi? Sora? Kari? Wir brauchen ein Foto mit der Braut. Jetzt!“

„Ich gehe dann mal zur Yolei, bevor sie mir wieder den Kopf abreißt, weil ich zu spät bin“, murmelte Mimi und drehte sich etwas zögernd um, um zu den anderen Mädels zu gehen. Sie widerstand dem Drang, ihren Kopf zu drehen, um nochmal zu Taichi zu sehen, auch wenn sie seinen Blick auf ihren Rücken spürte.
 

Es wurden noch ein paar Fotos von dem Brautpaar und den Gästen gemeinsam geschossen, ehe das Hochzeitspaar sich für das Einzelshooting zurückziehen wollte.

„Okay, als nächstes geht es dann zur Feierlocation“, erklärte Miyako. „Zu Fuß wird es etwas lang sein, aber mit den Autos sollten wir alle gut hinkommen.“

Die Lilahaarige ging mit Ken voraus zum Parkplatz, während die Gäste ihnen zum Hotel folgten, in dem die Feier stattfand. Nur Joe, Saori und der Fotograf wollten gleich hier das Einzelshooting machen, ehe sie später nachkommen würden.

Dann konnte die Hochzeitsfeier endlich beginnen...

Einbahnstraße...

Sora

 

Nach der Zeremonie im Wald waren die Gäste bei der Location angelangt. Sora war bereits am Vortag mit einigen Freunden hier gewesen, um alles vorzubereiten. Der Feinschliff wurde heute Morgen von den Angestellten des Hotels erledigt. Die meisten Gäste würden heute auch in diesem Hotel übernachten. Auch Sora hatte sich ein Zimmer gebucht, da sie so spät nicht mehr den langen Weg in die Stadt nehmen wollte. Sie hoffte immer noch, dass Akuma kommen würde, aber bisher hatte er sich nicht mehr gemeldet. Außer dass er versuchen wollte, zum Abendessen da zu sein. Das Abendessen würde allerdings in einer Stunde serviert werden und bisher hatte sie Akuma nicht gesehen und auch ihr Handy blieb stumm.

„Schaust du schon wieder auf dein Handy?“, fragte Mimi nach.

„Er wollte zum Abendessen da sein, wieso meldet er sich dann nicht?“

„Hast du Empfang? Ich irgendwie nicht.“

„Ja, zwar nur einen Balken, aber das reicht ja oder soll ich mal vor die Türe gehen?“

„Mach das. Vielleicht ist er jeden Moment da.“

Sora nickte ihrer besten Freundin zu. Sie erhob sich, entschuldigte sich auch bei den anderen Gästen am Tisch und ging nach draußen. Sie ging ein paar Schritte und hielt ihr Smartphone dabei in die Höhe.

„Hast du auch so schlechten Empfang?“

Diese Stimme. Sora drehte sich um und Yamato stand vor ihr. Schon wieder und auch wenn sie ihn gestern und auch heute schon ein paar Mal gesehen hatte, jedes Mal wieder lähmte sie es beinahe. „Matt? Ähm… Ja, irgendwie schon.“

„Bist du… ähm… ohne Begleitung?“, fragte Yamato nach.

Sora versuchte irgendetwas aus seiner Mimik zu lesen, aber dieses Pokerface konnte er schon immer gut wahren und wahrscheinlich jetzt besser als je zuvor. „Ich warte auf Akuma. Er wollte zum Abendessen hier sein.“

„Achso. Na dann, freut mich, dass du… dass du glücklich bist.“ Mit diesen Worten drehte sich Yamato um und ging wieder ins Foyer des Hotels.

Seufzend sah die Rothaarige ihrem Ex-Freund nach. War sie das? Glücklich? Sie war zufrieden mit ihrem Leben, aber war Zufriedenheit gleich glücklich sein? Oder erwartete sie einfach nur zu viel?
 

„Und?“, fragte Mimi nach, nachdem Sora zurück in den Saal gekommen war und sich wieder auf ihren Stuhl setzte. Eine halbe Stunde hatte sie draußen gestanden und gewartet, aber weder bekam sie einen Anruf, noch sah sie Akuma. „Nichts.“

„Ach komm, egal. Entweder kommt er noch oder nicht. Wir sind hier auf einer Hochzeit. Wie sollten Spaß haben und mal nicht an die Männer denken, die unser Leben gerade kompliziert machen.“

Irritiert sah Sora zu ihrer besten Freundin. Wo kam denn der Sinneswandel her? „Wenn du das sagst.“

„Ja, ich werde mich heute nicht...“ und schon ging Mimis Blick zu dem Nachbartisch, an dem Taichi mit Yamato, Hikari und Takeru saß und sah wie sie diese sich angeregt miteinander unterhielten.

„Du wirst dich heute nicht was?“, hakte Sora grinsend nach. „Aus dem Konzept bringen lassen?“

„Ach, sei doch ruhig.“
 

Joe und Saori erhoben sich. Die Musik die derzeit noch im Hintergrund spielte, klang ab und es wurde dunkel. Ein Scheinwerfer schien auf Joe und Saori hinunter. Dem Bräutigam wurde ein Mikrofon in die Hand gedrückt. Er sah zu den hauptsächlich männlichen Gästen, denen bei den warmen Sommertemperaturen unter ihren Sakkos ganz schön heiß wurde. „Noch einmal Herzlich willkommen zu unserer Hochzeit. Ich erlöse erst einmal die Herren...“ Joe zog sein Sakko aus. Erleichtert atmeten die männlichen Gäste aus, erhoben sich ebenfalls und zogen alle direkt danach ihre Sakkos aus. Immerhin wäre es sonst unhöflich gewesen, dies zu tun, ehe der Bräutigam sein Sakko noch nicht ausgezogen hatte. Joe reichte das Mikrofon an seine Ehefrau weite. Sie lächelte die Gäste an und bat um Ruhe.

„Joe und ich freuen uns sehr, dass ihr alle so zahlreich zu unserer Hochzeit erschienen seid. Ein besonders großer Dank geht an unsere Eltern, sowie unseren Trauzeugen. Ihr habt alle tolle Arbeit geleistet. Das Buffet wurde so eben angerichtet und ist hiermit eröffnet. Wir wünschen euch allen einen guten Appetit.“ Saori legte das Mikrofon wieder hin und verbeugte sich. Die Gäste applaudierten, während die ersten Stühle hin und her gerückt worden.

„Na endlich gibt es Essen. Ich dachte schon, ich komme vorher um“, sagte Daisuke, der gleich den Weg zum Buffet ansteuerte.

„War irgendwie klar, dass er der erste sein würde“, brummte Miyako, erhob sich aber ebenfalls mit Ken, um sich etwas zu essen zu holen.

„Na komm, du weißt doch, wenn Davis einmal ansteht, müssen wir schnell sein.“ Ken strich beruhigend am Arm seiner Freundin entlang, die ihn dankbar anlächelte.

„Ja, ich weiß.“

„Kommst du nicht?“, fragte Mimi bei Sora nach.

Die Rothaarige sah, dass der Nachbartisch bereits leer war. Lediglich Koushiro und Yuri saßen noch am Tisch. Der Rest hatte sich ebenfalls in die Schlange eingereiht.

„Ich warte noch etwas. Das Essen wird ja nicht gleich leer sein.“

„Ja, du hast Recht. Ich warte auch noch etwas mit dir.“
 

„Wow, das war echt lecker. Ich platze...“, strahlte Daisuke und strich sich über seinen vollen Bauch.

„Du bist so ein Vielfraß. Wie kann man nur fünfmal Nachschlag holen?“

„Hallo, ist ja wohl meine Sache wie oft ich gehe. Du hast Saori doch gehört. Es ist mehr als genug da.“ Daisuke fühlte sich schon wieder von der Brillenträgerin angegriffen.

„Hey, wir haben zwei Ex-Paare auf dieser Hochzeit, aber die verstehen sich wesentlich besser, als ihr zwei“ erwiderte Ken und versuchte zu schlichten.

„Die fängt doch immer wieder an.“

„Ich?“ Empört blies Miyako ihre Wangen auf.

„Und was soll das eigentlich heißen. Zwei Ex-Paare… Wir sind doch keine Höhlenmenschen“, erwiderte auch Mimi empört.

„Auf wessen Seite stehst du eigentlich?“, fragte Miyako direkt ihrem Freund nach.

„Ja, ähm… so meine ich das auch nicht….“, versuchte sich Ken irgendwie aus der Affäre zu ziehen, aber irgendwie war Streit schlichten wohl nicht so sein Spezialgebiet.

„Nanu, wo ist denn Sora?“, fragte Miyako nach.

Mimi drehte ihren Kopf und sah irritiert zu dem leeren Stuhl. „Ich habe keine Ahnung.“
 

Sora brauchte einen Moment für sich. Sie wusste zur Zeit einfach nicht, was mit ihr los war. Eigentlich dachte sie, dass sie endlich angekommen wäre. Mit dem Studium lief es gut, ihr Nebenjob machte ihr Spaß und auch ihre Beziehung lief gut. Zumindest lief sie besser als ihre vorherige, aber ab und zu ertappte sie sich bei dem Gedanken, wie es wohl wäre, wenn sie immer noch mit Yamato zusammen gewesen wäre. Warum konnte sie nicht aufhören an ihn zu denken? Das Essen war bereits seit einer Stunde vorbei. Akuma war noch immer nicht da und ihn zu erreichen war auch unmöglich. Die Band machte sich bereit, denn es war an der Zeit, dass das Hochzeitspaar die Tanzfläche offiziell eröffnete. Sora stand am Rand und sah zu dem Brautpaar. Joe war unsicher und hatte wohl überhaupt keine Lust, aber ein Blick in Saoris Augen machte ihm klar, dass er keine andere Wahl hatte und sich seinem Schicksal fügen musste.

Die Band coverte ein Song von Elton John und das brachte die Rothaarige dann doch zum Schmunzeln, war das immerhin ein Song, welchen Yamato privat wohl eher nicht hören würde.

Can you feel the Love tonight. Sie tanzten einen klassischen Walzer, oder Saori tanzte einen Walzer und Joe versuchte nicht auf ihr weißes Kleid oder ihre Schuhe zu treten. Dennoch war es einfach zauberhaft, weil sie sich immer wieder verliebt in die Augen sahen und das war doch das, worum es schließlich ging. Nach dem Song ging Saori auf Daisuke zu und Joe auf Hikari. Sie forderten sie zum tanzen auf und sie folgten der Anweisung. Sora kicherte, als sie Daisukes verdattertes Gesicht sah und sich ähnlich anstellte, wie Joe zuvor. Hikari hingegen war ganz in ihrem Element und so dauerte es nicht lange bis Joe von Takeru abgelöst wurde. Sofort legte der Blonde seine Hände um die Jüngere und tanzte mit ihr zu der nächsten Ballade. Verträumt sah sich das junge Pärchen immer wieder in die Augen und blendete die Außenwelt - wie so oft, ab.

Ja, das war etwas, das die Beiden schon immer gut konnten. Sie lebten und liebten ihre Liebe. Sie waren wie sie waren und keiner konnte dazwischen greifen. Das war wohl der Unterschied zu ihren eigenen Beziehungen. Sie hatte immer wieder Männer erwischt, denen der eigene Erfolg wichtiger war als ihre Liebe. Dabei sollte die Liebe doch das Wichtigste sein. Traurig ließ Sora ihren Kopf hängen und wollte gerade nach draußen, als plötzlich Yamatos Sprechstimme zu hören war.
 

„Für uns ist es wirklich etwas seltsam, die ganze Zeit Songs von anderen Künstlern zu spielen.“

„Vor allem, weil unsere Songs viel besser sind“, mischte sich Kisho ein. Yamato sah den Gitarristen sofort mit einem strengen Blick an, der diesen zum verstummen brachte. „Was? Stimmt aber doch“, murmelte er.

Yamato sah wieder zu dem Publikum und schien unter all den Gästen eine besondere Person zu suchen. Schließlich fand er sie. Er fand Sora. Die Rothaarige schluckte, als sie diesen intensiven Blick bemerkte. Jener intensive Blick, der sie immer noch nervös machte.

„Wir sind in den letzten Monaten wirklich viel gereist und haben viel gesehen von der Welt. Wir hatten Erfolg und obwohl wir so lange dafür gearbeitet haben, hat es sich schlussendlich angefühlt, als käme der Erfolg über Nacht… Ich bin dankbar dafür, dass ich meinen Traum nun leben darf, aber dennoch können manche Träume auch weh tun. Dir selber oder Menschen, die dir viel bedeuten. In diesem Momenten stellst du dir oft die Frage, ob es all das wert war… Eine Antwort darauf gibt es nicht. Manchmal steht man an einer Kreuzung und es gibt so viele verschiedene Wege, die wir gehen können. Woher sollen wir wissen, welcher der Richtige für uns ist, wenn wir nicht anfangen uns für uns einen zu entscheiden? Vielleicht kann man manchmal umkehren, aber was ist wenn dieser Weg eine Einbahnstraße ist? Vielleicht führen uns manche Wege auch in eine Sackgasse oder zu einem Kreisverkehr und wir bekommen doch nochmal die Chance unseren Weg zu überdenken. Dennoch ist es wichtig, niemals zu vergessen, wo wir einmal hergekommen sind, wer unsere Wegbegleiter waren und wer uns begleitet hat. In meinem ganz besonderen Fall gab es eine wunderschöne junge Frau, die einen langen und wichtigen Teil meines Lebens mein treuster Wegbegleiter war. Jetzt gehe ich den Weg ohne sie und manchmal wünsche ich mir, wir würden ihn noch zusammen gehen. Das wird aber wohl niemals möglich sein, weil ich dieser Person sehr weh getan habe und sie bereits ihr Glück gefunden hat. Das freut mich für sie, denn sie verdient nur das Beste. Dennoch werde ich unsere gemeinsame Zeit niemals vergessen. Daher danke Sora… Für alles.“
 

Sora klappte der Mund weit auf. War das gerade wirklich passiert? Hatte Yamato gerade wirklich ausgesprochen, dass er noch viel an ihre gemeinsame Zeit dachte? Sie hatte nicht Zeit lange darüber nachzudenken, da begann Yamato mit dem Song. Nur er, seine Gitarre und ein Mikrofron.
 

Walking down 29th and park. I saw you in another's arms

Only a month we've been apart. You look happier

Saw you walk inside a bar. He said something to make you laugh

I saw that both your smiles were twice as wide as ours

Yeah, you look happier, you do
 

Sora fasste sich an die Brust. Der Song berührte sie und niemals hätte sie erwartet, dass Yamato hier seine Gefühle so darlegen würde. Tränen füllten ihre Augen und obwohl sie wusste, dass sie gerade von allen angeschaut wurde, ließ sie es zu, dass es sie so mitnahm.
 

Ain't nobody hurt you like I hurt you

But ain't nobody love you like I do

Promise that I will not take it personal, baby

If you're moving on with someone new
 

Cause baby you look happier, you do

My friends told me one day I'll feel it too

And until then I'll smile to hide the truth

But I know I was happier with you
 

Yamato glaubte, sie war glücklich. Glücklich mit einem Anderem, aber war sie das auch wirklich? War Akuma der Mann, der sie für immer glücklich machen würde?

Sora sog jede einzelne Strophe auf und bemerkte nicht einmal, wie sich von hinten jemand an sie heranschlich.
 

Sat on the corner of the room. Everything's reminding me of you

Nursing an empty bottle and telling myself you're happier

Aren't you?
 

Das war wohl die Frage der Stunde. Konnte er etwa ihre Gedanken lesen? Oder wollte er darauf eine ehrliche Antwort?
 

Auf einmal wurde es dunkel und sie spürte wie zwei warme Hände ihr die Sicht nahmen. „Aber… hey?“, wollte Sora protestieren, als sich jemand ihrem Ohr näherte.

„Es wirkt fast so, als würde dieser Sänger das Lied für dich singen...“

„Akuma?“, fragte Sora ungläubig nach.

„Wer sonst oder hast du etwa jemand anderen erwartet?“, fragte Akuma grinsend nach und ließ seine Hände wieder sinken. Sora drehte sich zu dem Modedesigner um und wahrhaftig stand er vor ihr.

„Du bist ja doch gekommen...“, stellte sie nüchtern fest. Sollte sie sich jetzt freuen?

„Ja, ich sagte doch, ich würde zur Feier da sein. Ich habe versucht dich zu erreichen, aber hier in der Natur ist der Empfang echt schlecht“, erklärte Akuma und sah wie die Gäste für den Musiker applaudierten und dieser schnell die Bühne verließ. „Was ist denn mit dem los? Mag er keinen Applaus?“

Sora blickte wieder zurück zur Bühne. Sie konnte Yamatos Gesicht nicht mehr erkennen, aber es schien wirklich so, als würde er versuchen zu fliehen. Sie schluckte mühsam einen Kloß im Hals runter und wollte ihm schon nachgehen, da wurde sie von Akuma auf die Tanzfläche gezogen, da jetzt wieder ein schnelleres Lied lief. „So… ich will jetzt mit meiner Freundin tanzen...“

„Ähm… ich...“ Sora ließ sich mitziehen und während sie mit halben Ohr dem Lied zuhörte, sich halbherzig dazu bewegte, suchten ihre Augen unaufhörlich nach dem Sänger, doch diesen sah sie nicht. Stattdessen sah sie, wie Taichi ebenfalls zügig aufgestanden war und den Saal verließ. Sicher war er seinem besten Freund hinterher gegangen.

„Sora, hörst du mir überhaupt zu?“

Die Angesprochene sah ihren Freund fragend an. Hatte er was gesagt? „Ähm… wie bitte?“

„Ob du schon für England gepackt hast?“, stellte Akuma seine Frage erneut.

England? Und dann dämmerte es ihr. Er wollte sie ja kurz nach der Hochzeit mit nach England nehmen, um mit ihm zu arbeiten und seine Familie kennenzulernen. „Noch nicht wirklich.“ Sora wusste nicht mal, ob sie überhaupt noch mitfliegen wollte. Wollte sie seine Familie näher kennenlernen?

„Okay, wird das dann nicht etwas knapp? Ich dachte ihr Frauen braucht immer solange um eure Koffer zu packen?!“

„Ich nicht, aber ich...“ Sora biss sich auf die Unterlippe. Was sollte sie nur tun?
 

and telling myself you're happier. Aren't you? Plötzlich hörte sie wieder Yamatos Song in ihrem Ohr. Sie kannte die Antwort und es war an der Zeit, dass sie endlich ehrlich zu sich selbst war. Sie hatte nicht vor, das zu tun. Akuma war ein guter Mann. Nur leider, war auch er mit seiner Arbeit verheiratet und was noch viel wichtiger war, sie war nicht glücklich mit ihm. „Ich… ich muss dir was sagen. Können wir reden?“

Akuma rollte mit den Augen, aber nickte schließlich. „Ich habe so eine Ahnung in welche Richtung dieses Gespräch geht.“
 

Sora und Akuma verzogen sich und gingen nach draußen. Sie stellten sich an einen Stehtisch, da auch der Außenbereich festlich dekoriert war.

„Über was möchtest du reden?“, durchbrach der Modedesigner die Stille.

„Ich komme nicht mit nach England. Es fühlt sich nicht richtig an, das mit uns fühlt sich nicht richtig an...“ Sora ließ ihren Kopf traurig zu Boden sinken. Schluss machen war ja richtig schlimm.

„Es liegt an diesem Sänger oder?“, fragte Akuama direkt nach.

Sora hob ihren Kopf und sah den Älteren irritiert an. Nie hatte sie mit ihm groß über Yamato gesprochen. Sie hatten sich nur einmal kurz auf Taichis Geburtstag gesehen und selbst danach hatten sie nicht darüber geredet. „Wie kommst du darauf?“

„Ich bin schon ein paar Minuten da gewesen, bevor ich zu dir kam. Der Song begann und ich habe deine Mimik dabei gesehen. Ich habe gesehen, wie er immer wieder zu dir gesehen hat und wie du mit den Tränen gekämpft hast und da war mir klar, dass der Song tatsächlich an dich persönlich gerichtet war.“

Erneut musste Sora schlucken, aber schließlich nickte sie mit dem Kopf. „Es tut mir leid...“, murmelte sie und meinte es auch so.

„Tja… ich schätze, dann sollte ich wohl besser jetzt gehen...“

„Akuma…?“

„Nein Sora, lass es. Wir brauchen diese ganzen Floskeln nicht. Du hast dich entschieden. Gegen mich. Mehr muss ich nicht wissen. Ich wünsche dir alles Gute.“ Akuma beugte sich zur Rothaarigen runter und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange.

Sora musste dagegen ankämpfen laut loszuschluchzen und presste sich eine Hand auf ihre Lippen.

„Leb wohl, Sora.“ Danach drehte sich der Modedesigner um und ließ Sora alleine zurück.

„Es tut mit leid...“, nuschelte Sora und gab sich jetzt doch ihren Tränen hin, als sie gerade laut losweinen wollte, wurde sie an den Schultern gefasst, umgedreht und sie sah ihre beste Freundin vor sich. „Mimi...“

Sofort zog die Brünette sie in ihre Arme, hielt sie fest und spendete ihr den nötigen Halt, den sie gerade so dringend brauchte.

...oder Kreisverkehr

Yamato
 

Während Yamato seinen Song sang und hoffte, dass Sora diese Botschaft verstand, änderte sich mit einem Wimpernschlag alles. Dieser Akuma tauchte auf und zog Sora besitzergreifend in seine Arme. Von dem Zeitpunkt an sah die Rothaarige kein einziges Mal mehr zur Bühne. Als der Song beendet war, konnte Yamato nicht schnell genug von der Bühne verschwinden. Er verließ die Location und zum Glück war der Wald nicht allzu weit von dem Hotel entfernt. Die ganzen Bäume würden ihn wenigstens versteckt halten. Sofort ging er vom Weg ab. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Das war so dumm. Er hätte auf Kisho hören sollen. Ja, auf Kisho, der gleich gesagt hatte, dass es nichts bringen würde, diesen Song zu performen und wenn, dann würde er sich nur selber lächerlich machen. Und genau das hatte er jetzt getan. Er hatte sich selber lächerlich gemacht. Was hatte er auch erwartet? Dass Sora auf die Bühne kommen würde, um ihn… was? Zu küssen? Schließlich wusste der Sänger doch, dass sie in einer neuen Beziehung war. Er sollte dies respektieren und sie in Frieden leben lassen und stattdessen hoffte er auf ein… ja auf was eigentlich? Er wusste selber nur zu gut, dass eine Beziehung sinnlos war. Solange Yamato Musik machen würde, würde es kein zurück geben können. Deswegen hatte er gar nicht erst versucht, sie zurückzugewinnen, das einzige was er mit dieser Aktion bewirkt hatte war, zusätzlich Salz in die Wunde zu streuen. Großartig.
 

„Matt?“ Yamato horchte auf. Taichi schien wohl nach ihm zu suchen. Er sah sich um und entdeckte hinter einem Baum die Sturmfrisur seines besten Freundes.

„Hier.“

Taichi kam näher auf den Musiker zu und ließ ebenso Bäume und Sträuche hinter sich. „Meine Güte, warum bist du denn so tief in den Wald hinein gelaufen?“

„Warum wohl? Mich bekommen keine zehn Pferde mehr zurück auf die Hochzeit!“, erwiderte Yamato energisch. Taichi sah ihn nur mit diesem dein Ernst-Blick an. "Was? diese ganze Aktion war einfach nur...“

„Ehrlich?“, unterbrach Taichi ihn. „Matt, ganz ehrlich, seit unserem letzten Telefonat und seit unserem Gespräch habe auch ich mir so meine Gedanken gemacht. Du hast es geschafft deinen Traum zu verwirklichen, aber ohne Sora bist du leider nichts. Sie macht dich irgendwie aus. Alter, ich kenne euer neues Album. Jedes zweite verdammte Lied ist doch für Sora. Ihr hättet euer Album auch einfach Songs about Sora nennen können. Sie geht dir nicht aus dem Kopf und auch nicht aus deinem Herzen. Ich kenne das, es ist ätzend und doch...“ Taichi zuckte mit seinen Schultern. „Und doch bist du auch froh darüber, weil es die einzige Verbindung ist, die du noch zu ihr hast.“

Darauf konnte Yamato nichts erwidern, denn leider stimmte es, was Taichi sagte. „Ändert aber alles nichts“, erwiderte Yamato und versuchte so zu tun, als würde die Tatsache das Sora einen Freund hat, ihm nichts ausmachen. „Matt, macht dir die Musik eigentlich noch so großen Spaß wie früher?“

Yamato seufzte. Die Musik war nicht das Problem. Seit Yamato denken konnte, war die Musik Bestandteil seines Lebens, wenn ihm etwas zuviel wurde, wenn er wütend, verletzt oder auch glücklich war, die Musik war immer sein Ventil gewesen. Sein Zufluchtsort und sein Kummerkasten. Er konnte sich nicht vorstellen etwas anderes zu tun. Er konnte doch nur das! „Die Musik wird mir immer Spaß machen… eher das drum herum ist irgendwie echt anstrengend… Diese Fotoshootings für irgendwelche Covers oder Poster, diese nervigen und eintönigen Fragen und das Verstellen der eigenen Person um dich als Produkt besser zu vermarkten. Ich verstehe nicht, warum ich nicht genüge, warum ich so wie ich bin, nicht ausreiche...“

Taichi brummte. „Hör mir mal genau zu: Ich kenne den wahren Yamato Ishida, weil er nämlich mein bester Freund ist und nur so nebenbei, wer dich nicht so kennenlernen will, wie du bist, ist doch selber Schuld. Du bist ein Mensch, der immer schon viel mit sich selbst ausgemacht hat, aber nur weil du immer dachtest, keine andere Wahl zu haben. Erst als Sora kam, hattest du jemanden, an dem auch du dich mal anlehnen konntest… und du brauchst sie und ob Sora nun ein Freund hat oder nicht… rede mit ihr und hole sie dir zurück. Egal als was, egal ob sie mit dir zusammen sein möchte oder einfach nur mit dir befreundet sein will, aber du hast doch nie wirklich versucht, sie wieder in dein Leben zu holen. Also hör auf, dich selbst zu bemitleiden und kämpfe!“ Taichi atmete laut aus und dennoch hielt er den Blickkontakt zu Yamato die ganze Zeit aufrecht.

„Was ist denn mit dir? Wann fängst du an, zu kämpfen?“, erwiderte der Musiker provozierend, hob einen Stock auf und warf diesen gegen den nächsten Baumstamm.

Taichi grinste und verstaute seine Hände in seiner Hosentasche. „Also ich bin schon dabei. Ich habe Mimi vor zwei Tagen besucht und ich glaube, sie hat meine Nähe genossen... Ich habe einen Plan und werde gleich nach der Hochzeit versuchen Mimi wieder zu meiner Freundin zu machen!“ Taichi klang vollkommen überzeugt von dem was er da sagte.

„Na das, muss ja ein verdammt guter Plan sein...“, murmelte Yamato. „Wenn ich mal so selbstbewusst an die Sache herangehen könnte, wie du.“

„Du musst einfach nur versuchen mit ihr zu reden, was soll denn schon groß passieren? Außer dass sie dir eine Abfuhr erteilt und dass diese die erste und einzige wäre, die du je bekommen hast?“

„Ach, du bist doch ein Idiot, Yagami.“

„Jetzt ernsthaft, rede mit Sora. Wir reden hier von Sora, mit ihr kann man eher reden, als mit anderen Mädchen, die denken, du möchtest nichts mehr mit ihnen zu tun haben...“

„Wenn das so einfach wäre. Was hast du denn schon wieder mit Mimi angestellt und was macht dich so sicher, dass Sora mit mir reden wird?“

„Ich hoffe, dass sie es tut. Für dich und für sie selber. Ich glaube, sie würde es sich wünschen, dass du auf sie zugehst.“

„Hmm… Dabei hatten wir unsere Aussprache doch schon, obwohl… irgendwie fühlte sich das damals gar nicht wie eine richtige Aussprache an.“

Taichi legte seine Hand auf die Schulter seines besten Freundes und sah ihn eindringlich an. „Du bist es euch schuldig. Egal was dabei rauskommt, ob sie mit dir zusammen sein will oder nur mit dir befreundet sein will. Ich für meinen Teil wäre schon froh, wenn Mimi wieder mit mir befreundet sein würde… Sie hat versucht Kontakt zu mir aufzunehmen und ich habe es vergeigt.“

Yamato sah ihn verwirrt an. „Wie jetzt und wann?“

„Na ja, sie hatte mir zum Geburtstag eine E-Mail geschrieben, aber ich habe sie nicht geöffnet, lange Geschichte...“

Yamato rollte mit seinen Augen. Das war ja so typisch für Taichi. „Ich weiß nicht, ob ich einfach so mit Sora befreundet sein kann. Sie ist… sie wird immer mehr sein, als nur eine Freundin. Ich denke, es wäre ihr gegenüber nicht fair.“

„Vielleicht solltest du das Sora entscheiden lassen. Ich glaube, bei euch ist das letzte Wort noch nicht gesprochen und wenn du es nicht wenigstens versuchst, wirst du es vielleicht dein Leben lang bereuen.“

Yamato sah mit ernstem Blick zu seinem besten Freund. Wahrscheinlich würde dieser damit sogar noch Recht behalten. „Klär du das mit Mimi, dann kläre ich das mit Sora.“

Taichi grinste breit, zeigte seinen weißen Zähne und hielt ihm seine Hand hin. „Abgemacht.“
 

Yamato hatte noch eine weitere Stunde mit Taichi im Wald verbracht. Mittlerweile dämmerte es und ein schöner Sonnenuntergang umhüllte den Außenbereich in sanfte orange Töne. Taichi hatte ihn in seinen Plan mit eingeweiht, wie er Mimi zurückgewinnen wollte. Er behielt jeglichen Kommentar für sich. Taichi war von seiner Idee so überzeugt gewesen, dass ihn sowieso nichts hätte davon abbringen können und deshalb hielt er es für besser, sich da raus zu halten. Außerdem war der Musiker selber vollkommen von der Rolle gewesen und wusste nicht, was er machen sollte, wie er mit Sora reden sollte. Etwas, das früher so leicht und natürlich gewesen war, stellte sich jetzt als absolute Herausforderung dar. Er sah wie Sora in die Ferne sah. Sie stand alleine da, mit dem Hinterkopf zu ihm gedreht, kein Akuma war zu sehen. Sollte er jetzt einfach zu ihr gehen? Er sollte sich wenigstens entschuldigen, vielleicht hatte er Sora eben in eine peinliche Lage gebracht oder dafür gesorgt, dass sie mit Akuma jetzt einen großen Streit hatte und das hatte er wirklich nicht beabsichtigt.

Er schüttelte seinen Kopf und beschloss sich einfach zu entschuldigen. Er ging mit schnellen Schritten auf sie zu, bevor er es sich nochmal anders überlegen würde und kam erst kurz bevor er sie erreichte, wieder zum stehen. Sora drehte sich im gleichen Moment zu ihm um und riss ihre Augen weit auf, ehe sie direkt wieder weich und auch etwas traurig aussahen. Fast hätte es ihm die Sprache verschlagen, weil sie in diesem schönen Abendlicht ganz besonders bezaubernd aussah.

„So… Ich… Sora, es tut mir leid...“, druckste der Musiker herum und schaffte es nicht, den Augenkontakt zu halten.

„Was genau tut dir leid?“, fragte Sora gezielt nach und flüsterte beinahe. Ihre Stimme wirkte zerbrechlich.

„Das mit der Liebeserklärung und dem Song. Ich… Ich weiß doch, dass du einen Freund hast und du glücklich bist. Du sollst wissen, dass so etwas nie wieder vorkommt. Ich werde dich ab jetzt in Ruhe lassen.“ Yamato straffte seine Schultern und wollte gerade wieder gehen, als Sora ihn am Ärmel aufhielt.

„Wer sagt denn, dass ich glücklich bin?“

Yamato zog eine Augenbraue nach oben und musterte die Rothaarige irritiert. „Bist du nicht?“

Sora schüttelte sachte ihren Kopf und ließ seinen Ärmel wieder los. „Ich… Ich denke, ich habe es mir versucht einzureden. Ich wollte unbedingt wieder glücklich und verliebt sein. Nur leider funktioniert das nicht so einfach. Man kann sich wohl nicht auf Knopfdruck ver -oder endlieben.“

Yamato nickte mit dem Kopf. Da konnte er nicht widersprechen. „Und wo ist Akuma?“, fragte er nach und suchte nach dem Modedesigner. „Er ist vorhin gegangen. Ich habe mich von ihm getrennt.“

„Du hast was?“

„Ich habe Schluss gemacht.“

Jetzt musste der Sänger ein paar Mal blinzeln. Passierte das gerade wirklich? „Und warum, wenn ich fragen darf?“

„Weil ich gemerkt habe, dass die Gefühle für ihn nicht ausreichend waren.“

So einfach konnte es also sein. Es hatte nichts mit ihm zu tun, ihre Gefühle für Akuma waren einfach nicht stark genug gewesen. Das war es. „Du wirst schon noch den Richtigen finden, da bin ich sicher. Du ver….“

„Boah man, Matt! Ich habe mich deinetwegen von Akuma getrennt!", unterbrach Sora den Musiker forsch und starrte ihn wütend an.

„Meinetwegen? Du hast noch Gefühle für mich?“

Sachte und lächelnd schüttelte die Rothaarige ihren Kopf. „Ich liebe dich immer noch Matt.“

Sie liebte ihn noch immer??? „Wirklich? Ich habe auch nie aufgehört, dich zu lieben...“

Sora lächelte traurig. „Das ändert aber alles nichts. Du bist immer noch unterwegs und tourst durch die ganze Welt. Ich will keine Freundin von jemanden sein, an dessen Prioritätenliste ich eher hinten anstehe.“

Klar. Das hatte sie auch nicht verdient. „Verstehe ich, aber sag mir was soll ich bitte tun?“ Die Stimme des Sängers wurde immer ruhiger. Es machte ihn fertig, es konnte doch nicht sein, dass zwei Menschen sich lieben, sie aber dennoch nicht zusammen sein konnten.

„Gar nichts. Du lebst deinen Traum weiter und ich meinen...“ Diesmal nahm auch Soras Stimme immer mehr ab. Sie unterdrückte ein Schluchzen und auch Yamato wusste sich gerade nicht zu helfen.

„Du fehlst mir aber und ich… denke so oft an dich.“ Yamato musste es einfach sagen. Taichi hatte tatsächlich Recht, wenn er jetzt nicht ehrlich zu Sora und seinen Gefühlen war, würde er es ein Leben lang bereuen.

„Du fehlst mir auch… Mich von dir zu trennen, war das Schlimmste was ich je machen musste und die Zeit danach die Schwerste die ich durchstehen musste, aber doch war es damals richtig und ist es heute noch. Wir stehen einfach an unterschiedlichen Punkten in unserem Leben. Eine Beziehung in der man sich quasi nicht sieht, kann nicht funktionieren. Leider.“

„Und wenn ich dieses Leben nicht mehr hätte?“, fragte Yamato gezielt nach.

„Wie? Keine Musik mehr?“

„Ja, wenn ich das alles hinter mir lassen würde, was wäre dann?“

Dieses Mal war es Sora die unaufhörlich blinzelte und versuchte zu verstehen, was Yamato ihr gerade sagen wollte. „Du kannst die Musik nicht meinetwegen aufgeben.“

„Warum? Ich habe dich für die Musik aufgeben und richtig war das auch nicht.“

„Aber… dass ist doch dein Traum gewesen. Du hast so hart dafür gearbeitet.“

„Ist es auch noch, aber jeder Traum ist irgendwann zu Ende und ich habe meinen Traum verwirklicht und das heißt ja nicht, dass ich aufhören will Musik zu machen. Ich könnte erst einmal eine Pause einlegen und sehen, was passiert. Zumindest bist du ganz fertig bist mit deinem Studium. Ich könnte erstmal an Songs schreiben oder keine Ahnung… Ich bin bereit für alles, wenn ich weiß, dass du dabei wärst.“ Yamato griff nach Soras Händen und hielt sie fest. „Wärst du bereit?“ Sanft strich er über ihren Handrücken. So nah waren sie sich lange nicht gewesen.

„Ich… Ich weiß nicht, mit so etwas hätte ich wirklich nicht mehr gerechnet. Auf der einen Seite will ich, aber auf der anderen Seite…“

„Dann höre auf die erste. Sora, wir beide, wir zusammen, dass ist etwas ganz besonderes, das war es schon immer und ich will, dass nicht mehr vermasseln. Wir werden irgendwie eine Lösung für alles finden. Wir sind doch jetzt auch etwas älter geworden und ich denke, wenn wir beide wirklich wollen, werden wir dieses Mal auch eine Lösung finden. Eine Lösung, die uns beide glücklich macht.“

Yamato konnte nur hoffen, dass Sora sich diesen Ruck gab.

„Gib mir noch eine Chance, eine allerletzte Chance. Ich werde sie nutzen und sonst kannst du mich höchstpersönlich – mit Tais Hilfe - auf den Mond schießen.“

„Ich werde dann ganz viel Anlauf nehmen“, schmunzelte Sora.

„Soviel wie du willst“, grinste Yamato.

„Wir lassen es aber ganz langsam angehen, sehen was passiert und ob wir überhaupt noch zusammen passen, ja?“

„Natürlich, dein Tempo. Wir machen es so, wie du dich wohl fühlst, okay?“

„Okay.“

Yamato lächelte erleichtert. Er hätte niemals gedacht, dass die Beiden an diesem Punkt nochmal stehen würden und auch wenn er noch keine Ahnung hatte, wie er das Ganze seinen Bandkollegen, dem Manager, den Produzenten und sämtlichen anderen Leuten beibringen wollte, so spürte er, dass diese Entscheidung die richtige war. Yamato zog Sora noch näher an sich heran, legte sich Arme um sie und küsste sanft ihren Nacken. Er hielt sie einfach nur fest und wünschte sich, er könnte diesen Moment einfach anhalten.

Kostbare Momente

Taichi
 

Für Taichi war dieser Tag ganz schön aufwühlend gewesen. Mittlerweile war es spät geworden. Der größte Teil der Hochzeitsgesellschaft hatte sich bereits verabschiedet und nur noch der berühmte harte Kern versammelte sich auf der Tanzfläche. Bis auf vier Personen. Yamato und Sora hatte Taichi seit dem etwas fragwürdigen Auftritt von Yamato nicht mehr gesehen. Er hatte nicht gewusst, was genau das zu bedeuten hatte, aber er war sich sicher, dass es klüger gewesen war, seine beiden besten Freunde jetzt erst einmal alleine zu lassen. Sie würde ja wissen, wo sie ihn finden würden, wenn sie ihn brauchten. Stattdessen ging sein Blick immer wieder zu Mimi, die sich gerade auf ihrem Platz am Tisch niederließ. Sie hatte jetzt bestimmt fast zwei Stunden durchgehend mit Miyako, Hikari und dem Hochzeitspaar getanzt und scheinbar brauchte auch sie irgendwann mal eine Pause. Wer hätte es gedacht? Sie fächerte sich mit einer Hand Luft zu und sah sich im fast leeren Saal um. Es sah so aus, als wäre sie überrascht, wie leer er mittlerweile geworden war. Erst als ihr Blick den von Taichi kreuzte, sah sie mit roten Wangen weg. Brachte er sie etwa durcheinander? Taichi wollte diesen Tag nicht enden lassen, ohne mit Mimi geredet zu haben. Er wollte es wenigstens versuchen. Mutig schob er seinen Stuhl zurück, stand auf und ging langsam auf den Tisch der Brünetten zu.

„Darf ich?“, fragte er und warte auf ihre Reaktion. Mimi kräuselte ihre Lippe und schien nachzudenken. Ob sie wusste, wie hübsch sie gerade in diesem Moment aussah? Schließlich nickte sie mit dem Kopf und Taichi konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Wie hat dir die Hochzeit gefallen?“, fragte er schließlich nach, weil er gar nicht so genau wusste, was er eigentlich sagen sollte.

„Sie war beziehungsweise ist wirklich sehr schön. Ich habe Joe noch nie so glücklich gesehen und wünsche ihm und Saori nur das Beste.“ Sie lächelte leichte, wirkte aber auch sehr nervös.

„Ja, die beiden passen zusammen wie Arsch auf Eimer.“

„Tai!“

„Was ist? Stimmt doch.“

„Schon, aber… ach vergiss es.“ Mimi trank schnell ihr Glas Wasser leer. Sie hatte auch schon einiges an Alkohol intus gehabt, während sich Taichi hingegen für seine Verhältnisse sehr gut zurückgehalten hatte. Er wusste nicht, ob er sonst so ruhig und besonnen gehandelt hätte, als wenn er über seine Maßen hinweg getrunken hätte. Daher hatte er sich dazu entschlossen, nach einigen Bieren gar nichts mehr zu trinken. Er musste einfach einen kühlen Kopf bewahren.

„Und… und wie geht es dir?“, fragte er dieses Mal etwas zögernd nach. Erst jetzt sah Mimi kurz zu Taichi. Er konnte ihren Blick nicht deuten, aber es war ihm klar gewesen, dass sie ihm ihre wahren Gefühle sicher nicht offenbaren würde.

„Mir geht es gut.“

Taichi wollte gerade eine neue Frage stellen, als durch den Saal Yamato und Sora kamen, und zwar händchenhaltend!
 

Er blinzelte ein paar Mal mit den Augen, als könnte er kaum glauben was er da sah und auch Mimi schien es gerade erst bemerkt zu haben.

„Sind die etwa wieder zusammen?“, fragte Mimi fassungslos nach.

„Ähm… keine Ahnung. Ich schätze schon.“

Auch die anderen Gäste sahen irritiert und fragend zu den Beiden, die sich gleich auf die Tanzfläche begaben, die Arme umeinander legten und begannen engumschlungen zu tanzen. Zu einem Song, zu dem man normalerweise gar nicht so tanzen würde.

„Wow...“, hauchte Mimi ergriffen und schien sich für die Beiden zu freuen.

Taichi sah zurück zu der Jüngeren, die in diesem Augenblick auch wieder zu Taichi sah. „Matt hat nie aufgehört Sora zu lieben...“

„Sora hat auch nie aufgehört, Matt zu lieben.“

„Die Trennung war für beide damals sehr hart gewesen.“

„Sie war schmerzhaft...“ ergänzte Mimi und schluckte einen Kloß im Hals runter.

„Und dennoch… die Gefühle sind stärker, als alle Hindernisse. Sie können alles überwinden.“

„Vielleicht.“

„Ich glaube daran.“ Taichi konnte nicht aufhören, die Jüngere anzusehen. In ihre goldbraunen Augen zu blicken. So hatten sie ewig nicht mehr miteinander geredet und Taichi war sich nicht sicher, ob sie wirklich über Matt und Sora redeten oder doch über sie und ihre Situation.

„Die Probleme von damals haben sich aber nicht geändert“, erwiderte Mimi gleich und sie sah zum tanzenden Pärchen.

„Stimmt, aber vielleicht sind beide fest entschlossen, eine Lösung zu finden, das war damals nicht der Fall.“

„Ist das so?!“, fragte Mimi fast ein wenig höhnisch nach.

„Ja, damals haben sie vielleicht zu schnell aufgegeben, weil sie glaubten, dass es so leichter für Beide ist, ist es aber nicht gewesen.“

„Tzz… Du hast uns aufgegeben...“, zischte die Jüngere und damit war Taichi klar, dass sie nicht über Yamato und Sora redeten, sondern tatsächlich über sich.

„Und ich habe es jeden gottverdammten Tag bereut...“, flüsterte Taichi und wollte nach ihrer Hand greifen, doch Mimi zog sie weg, stand auf, verließ den Tisch, ging zurück zur Tanzfläche und tanzte unbeirrt weiter, als wäre nichts gewesen. War das ihr ernst? Jetzt wo sie begannen zu reden, ging sie einfach?

Frustriert fuhr Taichi sich durch die Haare. Sollte er wirklich an seinem Plan festhalten? Er sah wieder zur Tanzfläche, sah zu Yamato und Sora, die miteinander tanzten. Konnten Mimi und er das auch sein? Er wünschte sich nichts sehnlicher, als ihr wieder so nah kommen zu dürfen. Auch er ging zur Tanzfläche. Wenn alle tanzten, selbst Koushiro und Cody, konnte er unmöglich als einziger sitzen bleiben.
 

Taichi schaffte es immerhin für einige Sekunden nicht über sein trauriges Liebesleben nachzudenken und sich der Musik hinzugeben. Es macht wirklich Spaß, dass alle Freunde zusammen kamen. Es war lange her gewesen und jeder schien es zu genießen. Es gab keinen Streit, keine Diskussionen. Keiner machte sich darum Gedanken zu lernen oder sich auf die Arbeit vorzubereiten. Es waren einfach sie. Ausgelassen, fröhlich und gewachsen war ihre Gruppe auch. Durch Saori und Yuri hatte ihre Clique Zuwachs bekommen und sie ergänzten die Gruppe sehr gut. Taichi wusste nicht, wann sie das nächste Mal alle zusammen kommen würde, aber sicher würde das so schnell nicht wieder passieren.

„Hey!“, schrie Joe auf einmal los und erhaschte kurz die Aufmerksamkeit der Gruppe. „Ich finde es richtig geil, dass ihr heute alle hier seid. Ihr habt den Tag zu etwas besonderem gemacht und ohne euch, wäre er nur halb so schön geworden. Also...danke“, lallte der Brillenträger.

„Ohhh Joe, das ist ist lieb von dir“, lächelte Hikari.

„Ich kann es eher nicht glauben, dass Joe “geil” gesagt hat“, scherzte Takeru und führte die Braunhaarige wieder in eine Drehung.

„Aber Joe hat Recht. Es ist lange her...“, sagte Taichi und legte einen Arm um Yamato und einen um Hikari.

Sie stellten sich alle nebeneinander. Jeder nahm seinen Nebenmann in den Arm und schließlich standen sie in einem großen Kreis. „Es ist wirklich lange her, dass wir alle so zusammen gekommen sind“, führte Yamato den Satz von Taichi fort. „Wir werden alle nicht jünger, wir haben Ziele und Wünsche denen wir alle nachgehen wollen. Wir haben weniger Zeit füreinander und teilen nicht mehr alle Augenblicke mit unseren Freunden. Es ist manchmal schwer Freundschaften so zu pflegen, dass sie niemals auseinanderbrechen, aber für den Fall der Fälle, ich bin froh ein Teil dieser Gruppe gewesen zu sein und auch wenn ich nicht mehr so oft hier bin, vergessen werde ich euch nie und ihr werdet immer ein Teil von mir sein.“

„Wow Bruderherz, das war ja richtig… Da bekommt man ja fast Diabetes...“

„Und Karies...“, fügte Hikari ihrem Freund schmunzelnd hinzu.

„Ja, dann seht ihr mal wie das ist, wenn man euch Beiden zusammen zusieht“, ärgerte Taichi seine Schwester, die ihm daraufhin nur die Zunge entgegen streckte.

„Ich habe euch auch alle lieb, auch wenn ich solange nicht mehr hier war. Ihr habt ja keine Ahnung wie schwer das ist...“, schniefte Mimi auf einmal total laut los, was dazu führte, dass Miyako, Sora und Hikari genauso schluchzten und alle noch ein wenig näher zusammenrückten.

„Dann muss eben jetzt jedes Jahr einer heiraten, damit wir uns wiedersehen“, erklärte Joe und besah sich die Runde. „Wie wäre es mit euch?“, fragte er schließlich direkt an Yamato und Sora gewandt.

„Gute Eingebung. Was ist das hier mit euch?“, wollte auch Miyako wissen, die das fragte, was allen schon seit einer halben Stunde auf der Zunge lag.

„Wir...“ begann Sora etwas zögerlich und sah zu dem Blonden auf.

„Wir haben uns ausgesprochen, haben beschlossen es nochmal zu versuchen. Wir lassen es langsam angehen und ich werde mit der Musik eine Pause einlegen, bis Sora mit ihrem Studium fertig ist.“

„Wow.“ Jetzt waren doch alle sprachlos, das hatten wohl die wenigstens von den Blonden erwartet.

„Ich bin ja so stolz auf dich“, sprach Taichi theatralisch. „Endlich sind wir wieder vereint.“

„Du meinst Sora und mich?“

„Nein, ich rede von uns. Nimm mir das jetzt nicht“, sprach Taichi unbekümmert weiter. „Dass du meinetwegen auf die Musik verzichtet...“

„Du meinst für Sora?“,

„Man Alter, ich habe den Wink mit dem Zaunpfahl schon verstanden...“

„Was für ein Wink? Was faselt der da?“, brummte Yamato genervt, während die Mädchen ein Kichern unterdrücken mussten.

„Welcome back“, freute sich Takeru ehrlich, denn auch er freute sich seinen Bruder wieder bei sich zu haben.

„Danke, Kurzer.“

„Gut, tanzen wir dann weiter oder bleiben wir so stehen und werden alle gefühlsduselig?“, fragte Daisuke in die Runde.

„Ich würde sagen weiter tanzen.“

„War klar, Kari“, lächelte Takeru und nahm den Arm von Koushiros Schulter, der sich wiederum die andere Hand seiner Freundin schnappte. „Ich denke wir werden auch so langsam aufbrechen.“

„Ja, das war ein langer, zwar schöner, aber auch anstrengender Tag“, lächelte Yuri.

„Ja, ich bin auch ganz schön erledigt, aber vielen Dank für die Einladung“, schloss sich auch Cody an.

„Was meinst du Yolei? Möchtest du noch bleiben oder gehen wir auch hoch aufs Zimmer?“, fragte Ken.

Da alle Freunde im Hotel übernachten würden, war der Heimweg nicht besonders lang.

„Moment wir zahlen ja selber fürs Zimmer, dann sollten wir das auch ausnutzen. Tschüss…“

Gut gelaunt verabschiedeten sich die Freunde, Miyako zog Ken fast schon stürmisch aus dem Saal und schien den Abend noch anders nutzen zu wollen. Etwas neidisch war Taichi ja schon, wenn er so zu Mimi sah… Schnell schüttelte er den Kopf. An sowas durfte er jetzt nicht denken.

„Ich denke, ich verabschiede mich jetzt auch.“ Sora lächelte schüchtern und drückte Yamato ein Kuss auf die Wange. „Wir sehen uns morgen?“

Sofort nickte der Blonde und strich ihr nochmal über die Wange. „Schlaf gut und schreib mir gleich nochmal.“

„Mach ich.“ Sora umarmte alle nochmal herzlich und verließ ebenfalls den Saal.

„Ihr schlaft nicht zusammen?“, fragte Taichi gleich neugierig nach.

„Wie gesagt, wir lassen es langsam angehen...“

„War sicher Soras Vorschlag“, grinste Takeru ein wenig dreckig.

Hikari rollte mit den Augen. „Nicht dass ich es auch ein wenig langsamer angehen lasse?“

„Eine sehr gute Idee“, lobte Taichi seine kleine Schwester, während Takeru kurz ganz blass um die Nase wurde.

„Ach, war doch nur Spaß“, winkte die Braunhaarige ab. „Komm Keru, lass uns auch noch etwas… ähm… ausruhen.“

„Oh ja, ich muss mich auch noch ganz dringend… ausruhen.“ Takeru streckte übertrieben die Arme über den Kopf und gähnte, während er nach der Taille nach seiner Freundin griff.

„Urgh…. Tut mir wenigstens einen Gefallen und seid leise“, erwiderte Taichi angewidert.

„Tut mir einen Gefallen und seid es nicht“, grinste Yamato und wackelte wild mit seinen Augenbrauen.

„Alter, ernsthaft, dass ist auch dein Bruder.“

„Ja, aber er ist ein Mann, da klopft man ihm auf die Schulter und beglückwünscht ihn.“

„Ach, verschwinde wieder nach Amerika“, brummte Taichi beleidigt.

„Was? Wo ich doch deinetwegen zurückgekommen bin?“

Freudig streckte Taichi sich und führte einen Freudentanz auf. „Hach. Ich habs gewusst.“

„Der weiß schon, dass das gerade ein Scherz war, oder?“, fragte Yamato in die Runde.

„Kannst du voll vergessen“, erwiderte Mimi und konnte nicht aufhören zu lachen. „Das wird er dir jetzt ewig vorhalten.“
 

Nach einer weiteren halben Stunde verabschiedeten sich auch den Rest der Gäste inklusive dem Brautpaar. Um vier Uhr morgens waren alle ziemlich erschöpft, da der Tag auch nicht gerade spät begonnen hatte. Nur noch Yamato, Taichi und Mimi blieben zurück.

„Ich werde mich dann mal anschließen...“, murmelte Mimi und wollte gerade losgehen, als Taichi sie zurückhielt.

„Schenkst du mir noch einen Tanz?“

„Wie bitte?“ Mimi sah den Älteren verdattert an. Selbst der DJ hatte bereits angefangen, seine Sachen zu packen. „Ich bin müde, Tai.“

„Ein Tanz? Dass schaffst du auch noch, da bin ich sicher. Bitte.“

Er hielt ihr seine Hand entgegen und die Brünette wusste nicht, was sie machen sollte. Schnell huschte ihr Blick zu Yamato, der jedoch kaum merklich nickte. Er klopfte Taichi auf die Schulter und verabschiedete sich ebenfalls. Schließlich zuckte die Jüngere mit den Schultern und legte ihre Hand auf Taichis. Dieser zog sie gleich näher zu sich. Sie hatten nur einen Tanz und da nur noch dieser eine Song lief, würde Taichi das nehmen was kam. Zum Glück lief der Song von Alex Claire – Too Close. Auch wenn es fast ein wenig ironisch war, dass dieser Song ihn gerade sehr an die Situation mit Mimi erinnerte.

Er zog die Brünette sanft aber dennoch bestimmend in seine Arme. Er legte eine Hand auf ihrem Rücken ab und mit der anderen hielt er ihre in seiner. Er führte sie und bewegte sich rhythmisch mit ihr im Kreis. Er genoss es ihren Duft, vermischt mit ihrem sinnlichen Parfüm, zu riechen. Es war himmlisch. Mimi hatte ihre Hand auf seiner Schulter abgelegt und hielt ihre Augen geschlossen, während sie mit ihrem Kopf an seiner Brust ruhte. Sicher konnte sie seinen schnellen Herzschlag spüren. Ihm fiel auf, dass Mimi sich mit jeder Sekunde lockerte und nicht mehr ganz so angespannt in seinen Armen war, wie zu Beginn des Tanzes. Nach Taichis Geschmack war der Song viel zu schnell vorbei und da auch kein neuer Song lief, löste Mimi schnell die Verbindung zu Taichi auf. Sie ging einen Schritt rückwärts und schaffte so wieder eine gewisse Distanz zu ihm.

„Also… ich ähm gehe dann jetzt auch hoch.“

„Mimi!“

Die Jüngere blieb wieder stehen und drehte sich unsicher zu Taichi um.

„Vielen Dank für den Tanz. Neben Matts und Soras Comeback war das mein Highlight des ganzen Tages.“ Er lächelte sie sanft an und sah, dass auch Mimi kurz lächelte.

„Gute Nacht, Tai.“

„Gute Nacht.“

Taichi sah der Brünetten noch solange hinterher, bis er sie nicht mehr sehen konnte. Es wusste, dass das was sie ausmachte noch immer da war. Er musste jetzt nur dranbleiben.

Yamato hatte es geschafft, Sora zurückzuerobern und wenn sie es geschafft hatten, hatten dann nicht auch Mimi und er noch eine weitere Chance verdient? Er würde alles dafür tun und hoffte, dass sein Plan aufgehen würde. Er musste einfach daran glauben.

Etwas verloren sah Taichi sich in der mittlerweile leeren Location um und fragt sich, ob er jemals auch in so einem geschmückten Raum stehen würde. Er verließ die Tanzfläche und somit die Hochzeit. Es war ein schöner Tag gewesen, aber irgendwie war er auch froh, dass es jetzt vorbei war und keine größere Katastrophe diesen Tag gestört hatte.

Tiefsitzende Erkenntnisse

26.06.2012
 

Drei Tage waren seit der wunderschönen Hochzeit von Joe und Saori vergangen. Inzwischen war Mimi wieder bei ihrer Großmutter und genoss ihre letzte Woche in vollen Zügen. Schon in einer Woche würde sie wieder zurück nach Orlando fliegen. Sie hatte ganz unterschiedliche Gefühle, wenn sie daran dachte. Sie freute sich einerseits darauf, ihre Freundin Nicole wiederzusehen und ihr Studium wieder aufzunehmen, aber ihre Freunde hier auf unbestimmte Zeit nicht sehen zu können, war jedes Mal wieder hart und auch wenn sie es nach all den Jahren mittlerweile gewohnt war, einfacher wurde es dadurch auch nicht.

Und dann war da noch Taichi. Der Mann, den sie am liebsten gar nicht sehen wollte und der Mann, den sie die letzten Jahre nicht vergessen konnte. Es war so viel schief gelaufen bei den Beiden und doch wusste sie noch nicht, ob sie froh darüber war, ihn bald nicht mehr zu sehen. War sie nicht auf dem besten Wege Taichi hinter sich zu lassen? Über ihn hinwegzukommen? Warum musste er auch mit ihr tanzen und sie wieder so durcheinander bringen? Es war so frustrierend und sie wollte endlich aus dieser Teufelsspirale raus, daher war Ablenkung genau das Richtige für sie und was könnte sie besser ablenken als ein richtig toller Kerl?

Heute hatte sie nämlich ein Date. Ein Date mit Ethan und auch wenn sie ihn schon öfter getroffen hatte und auch alleine, so wusste sie genau, dass es diesmal völlig anders war. Er erhoffte sich mehr und Mimi? Sie hatte immer noch überhaupt keine Ahnung was sie für ihn fühlte und würde sich heute bei dem Date tatsächlich etwas verändern? Würde Ethan ihr die Augen öffnen, könnte er sie überzeugen? Sie weg von Taichi bringen? Mimi wollte ihm die Chance geben, denn nach allem hatte er sie wirklich verdient.
 

Jetzt stand sie hier, noch mit Handtuch bekleidet, vor dem Kleiderschrank und starrte ratlos hinein. Was sollte sie nur anziehen und warum hatte sie nur so wenig Auswahl? Frustriert nahm sie sich eine High Waist Jeans Hose und eine hellblaue Bluse heraus, stopfte die Bluse in die Hose und öffnete die ersten zwei Knöpfe. „Oh man, sieht das spießig aus...“ Mimi war überhaupt nicht überzeugt von ihrem Spiegelbild. Sie wusste immer noch nicht, was Ethan eigentlich geplant hatte. Was, wenn er sie in das tollste Restaurant der Stadt ausführen wollte und sie eine Jeanshose trug? Nein, das ging gar nicht. Kurzerhand zog die Brünette sich erneut um und entschied sich für einen Klassiker. Ein schwarzes eng anliegendes Kleid. Dazu kombinierte sie eine feine schwarze Strumpfhose mit Rosenapplikationen und für die kühleren Abendstunden nahm sie eine blaue Jeansjacke mit. Sie hoffe, dass dieses Outfit irgendwie passte. Die Haare hatte sie seitlich geflochten und ihr Make-Up war natürlich, aber romantisch gehalten. Sie sprühte sich gerade mit ihrem Lieblingsparfüm ein, als sie hörte, dass es an der Türe geklingelt hatte. „Einen Moment noch“, schrie Mimi, obwohl sie eigentlich niemand hören konnte. Erneut klingelte es, während die Brünette ihre Handtasche überprüfte, ob sie auch alles dabei hatte. „Ich komme ja schon.“ Mimi schenkte sich selbst nochmal einen kritischen Blick im Spiegel und verließ schließlich eilig das Badezimmer.
 

„Hey.“ Mimi kam völlig außer Puste vor der Haustüre an und lächelte Ethan entschuldigend an. „Entschuldige, es ging nicht schneller.“

„Ach kein Problem und wenn ich es mir erlauben darf. Das Warten hat sich gelohnt, obwohl ich auch viel länger auf dich warten würde, als zehn Minuten.“

Mimi lächelte unsicher. Okay, so eine offensive Art war sie von Ethan wirklich nicht gewohnt gewesen. „Danke, verrätst du mir denn auch wo es jetzt hin geht?“

„Hmm… noch nicht. Lass dich einfach überraschen, okay?“, schlug Ethan vor und hielt ihr seine Armbeuge hin, damit Mimi sich einhaken konnte. „Na gut.“
 

„Darf ich jetzt gucken?“ Ethan hielt Mimi die Augen mit den Händen geschlossen und ziemlich schnell spürte die Brünette wie der Ältere sie in eine andere Richtung drehte. Er nahm seine Hände weg und Mimi sah erst einmal nur ein großes Gebäude.

„Wir sind da“, sagte Ethan und stellte sich gleich neben die Jüngere.

„Und wo sind wir genau?“, fragte Mimi und blickte sich neugierig um.

„Na ja, also wir müssen noch reingehen. Ich habe mir gedacht, dass ich es langweilig finden würde, wenn ich dich einfach nur zum Essen ausführen würde. Also dachte ich mir, warum nicht selber kochen und sehen was wir gemeinsam so zu Stande bekommen“, erklärte Ethan und öffnete der Jüngeren die Türe, damit sie eintreten konnte.

„Einen Kochkurs?“, fragte Mimi begeistert nach.

„Ja, hab ich deinen Geschmack getroffen?“

„Na klar, du weißt doch, dass ich gerne koche und backe. Welche Nationalität wird es denn?“

„Ich wollte es dir natürlich nicht zu einfach machen und hatte die Hoffnung, dass du so vielleicht noch etwas dazu lernen könntest. Schon mal afrikanisch gekocht?“ hakte der Braunhaarige nach, obwohl sein Grinsen schon erahnte, dass er damit ins Schwarze getroffen hatte.

„Nein, noch nie.“

„Habe ich mir gedacht und soll ich dir was verraten?“

„Du auch noch nicht?“, riet Mimi, während Ethan eifrig nickte.

„Ich wollte aber immer schon mal afrikanisch essen.“

„Das kann ja dann was werden. Ob wir die Küche stehen lassen?“

„Ach, ich bin zuversichtlich. Obwohl, bei so einer heißen Frau ist Brandgefahr nicht ausgeschlossen“, erwiderte Ethan flirtend, während Mimi nur schmunzeln den Kopf schüttelte.

„Dann hast du hoffentlich eine gute Haftpflichtversicherung abgeschlossen.“
 

Nach einer kleinen Vorstellungsrunde standen Ethan und Mimi hinter einer kleinen, länglichen Kochinsel auf der sämtliche Zutaten ausgelegt waren. Als Vorspeise würde es eine Bananensuppe mit Mais und Chilli geben, als Hauptgang Hähnchen mit Reis und Couscous und als Dessert Sellou.

„Puh, da haben wir ganz schön was vor uns“, stellte Mimi fest und fühlte sich nun in ihrem schwarzen Kleid unvorteilhaft gekleidet. Hätte sie doch besser die Jeans samt Bluse angelassen.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Ethan nach, als er bemerkte, wie die Brünette an sich herum zupfte.

„Ich finde mein Kleid gerade irgendwie unpraktisch.“

„Ich finde du siehst darin toll aus“, erwiderte Ethan augenblicklich und ließ seinen Blick einmal kurz über Mimis Körper wandern.

„Hey! Du hättest mich ja auch mal vorwarnen können“, schmollte die Jüngere.

„Never. Du kochst sicher auch in einem schwarzen Kleid außerordentlich gut und wenn nicht, na ja… dann hat es sich trotzdem gelohnt. Für mich zumindest.“

„Du bist heute ganz schön frech“, kicherte Mimi.

Irgendwie stand heute ein ganz anderer Ethan vor ihr. Er war viel direkter und flirtete fast bei jeder Gelegenheit mit ihr. Es war egal, ob es eine flüchtige Berührung, eine liebevolle Geste war oder ob er ihr ein strahlendes Lächeln schenkte. Er hatte sie die ganze Zeit über im Fokus und Mimi gefiel das.

„Möchtest du die Vorspeise machen?“, fragte Ethan nach und wollte ihr den Vortritt überlassen.

„Ja und auf jeden Fall das Dessert. Ich kenne Sellou zwar nicht, aber es liest sich auf dem Rezept sehr lecker.“

Ethan lachte. „War mir klar, dass die Süße das Süße übernehmen will. Passt.“

„Ich übernehme aber auch die Vorspeise und da ist Chili drin“, widersprach die Jüngere schmunzelnd.

„Passt noch besser. Scharf und süß.“

Mimi kicherte wieder, nahm sich die Schüssel und begann die Bananensuppe zuzubereiten.
 

Der Abend verging wie im Flug. Das Essen war lecker, die anderen Gäste gut drauf und Ethan und Mimi unterhielten sich und lachten viel, während sie das Essen kochten. Niemals hätte Mimi erwartet, dass sie sich in der Gegenwart von Ethan so wohl fühlen würde. Würde es immer so mit ihm sein? Würde er immer versuchen sie zum lachen zu bringen? Er wirkte, als wäre er wirklich ein lieber Typ, der alles machen würde um seine Freundin glücklich zu machen. Ja, wahrscheinlich würde er sie auf Händen tragen. Mimi sah zu dem Brünetten und lächelte ihn dankbar an.

„Es war eine gute Idee von dir, heute Abend hierher zu kommen. Es war so ein toller Abend und das Essen war köstlich. Danke.“

„Ach, ich danke dir. Ich fand es auch einfach nur schön, beziehungsweise ich hoffe, dass der Abend noch nicht vorbei ist.“ Ethan legte den Löffel von seinem Dessert beiseite und legte seine Hand auf ihre. Sanft strich er mit dem Daumen darüber und lächelte sie an.

„Ist er nicht...“, hauchte Mimi und sah dem Braunhaarigen tief in die Augen. Sie erkannte wie Ethan schluckte und wich seinem intensiven Blick schnell wieder aus. „Dann würde ich mal vorschlagen, wir holen unsere Jacken und gehen etwas spazieren?“

„Klingt gut.“ Ethan stand zuerst auf, rückte den Stuhl von Mimi zurecht und hielt ihr prompt die Jeansjacke hin, sodass sie einfach nur ihre Arme in die Ärmel der Jacke stecken musste. „Vielen Dank.“

„Sehr gerne, daran könnte ich mich glatt gewöhnen.“

„Ich mich auch“, rutschte Mimi da schon über die Lippen, aber es stimmte. Sie sehnte sich wirklich wieder nach einer Beziehung, nach einem jungen Mann der ihr die Sterne vom Himmel holen würde. Sie fühlte sich wohl bei Ethan, war es denn dann so verkehrt es mit Ethan zu probieren? Es richtig zu versuchen? Könnte er derjenige sein, der ihr Herz zum schneller schlagen bringen würde? Dem sie wieder vertrauen könnte?
 

Ethan und Mimi verließen den Kochkurs und gingen hinaus. Sie gingen nah nebeneinander die Straßen entlang, bis Ethan nach Mimis Hand griff und zaghaft seine Fingern mit ihren verschloss. Kurz war die Jüngere etwas erschrocken darüber und wollte ihre Hand wegziehen, doch dann behielt sie ihre Hand wo sie war. Sie wusste nicht, ob es sich gut oder schlecht anfühlte. Sie wusste nur, dass sie sich irgendwie auf ihn einlassen musste, wenn sie ein paar Antworten haben wollte.

„Warum fällt es dir so schwer Nähe zuzulassen?“, fragte Ethan mit ruhigem Ton nach, weil er ihre kurze Unsicherheit bemerkt hatte.

„Ich denke, ich bin einfach schon zu oft enttäuscht worden und ich will nicht mehr verletzt werden.“

„Und die Alternative ist alles und jeden von dir zu schieben?“

„Ich schätze schon. Ich meine ich schiebe nicht alle von mir, aber… wenn ich daran denke, was passieren könnte wenn ich mein Herz öffne… dann lieber verschließen.“

„Ich kann dich verstehen. Niemand wird gerne verletzt und keiner steht darauf, wenn man ihm das Herz bricht, aber deshalb auf Liebe zu verzichten wäre dennoch keine Option für mich.“

„Warst du schon mal richtig verliebt?“, fragte Mimi nach. Ihr wurde jetzt erst so wirklich bewusst, dass sie nichts über Ethans früheres Liebesleben wusste.

„Einmal und das liegt schon ziemlich lange zurück. Sich zu verlieben ist überhaupt nicht so einfach und bei mir passiert das auch sehr selten. Ich glaube deswegen bist du mir auch so wichtig. Ich kann die Gelegenheit nicht einfach so verstreichen lassen. Ich würde mir hinterher in den Hintern beißen, wenn ich es nicht wenigstens versucht hätte.“

Mimi lächelte Ethan an. Ihr gefiel ihr gemeinsames Gespräch und sie mochte es, wie er sich ihr öffnete. Vielleicht sollte sie sich einfach einen Ruck geben. „Lass uns da lang gehen.“ Sie zog an Ethans Hand und führte ihn in Richtung Park.

Es war ein perfekter Sommerabend. Der Himmel war sternenklar und es wehte ein lauer Wind. Sie blieben an einer Brücke stehen und Mimi versuchte sich zu sammeln. Der Abend war schön und Ethan toll. Er hatte soviel Potenzial und in vielen Punkten passten sie wirklich gut zusammen. Also was hielt sie noch zurück?
 

„Weißt du was Ethan?“

„Was?“

„Du bist toll und ich danke dir für alles.“

Mimi lächelte den Älteren an, legte ihre Arme um seinen Nacken und schloss ihre Augen. Gefühlt wartete sie vielleicht fünf Sekunden, dann spürte sie zwei warme weiche Lippen auf ihren. Sie hielt ihre Augen weiterhin geschlossen, öffnete ihren Mund und spürte wie Ethan diesen Kuss gleich voran trat und ihm mehr Intensität verlieh. Es war nicht ihr erster Kuss und doch fühlte er sich diesmal ganz anders an. Technisch war der Kuss einwandfrei. Ethan war ein guter Küsser. Und dennoch … Mimi wartete auf etwas, sie konnte nur nicht genau sagen auf was. Wo war das Kribbeln? Wo waren die Schmetterlinge?

Mimi küsste Ethan fester, saugte an seinen Lippen und neckte seine Zunge mit ihrer.

Warum fühlte sie nicht wie ihr Körper unter dem Kuss dahin schmolz? Wie ihr immer wärmer wurde?

Mimi fühlte sich unverändert. Sie brauchte eine Pause, sie musste dringend Luft holen.

„Wow… das war...“, murmelte Ethan, doch Mimi schüttelte nur ihren Kopf. „Was ist los? Hat… hat es dir nicht gefallen?“, hakte Ethan unsicher nach.

Mimi wusste genau, was das Problem war. Gefühle konnte man nicht erzwingen. Man konnte sie nicht herbeirufen, nur weil man sich diese gerade wünschte. Es gab dafür keine pro und contra Liste, entweder man fühlte oder man fühlte nicht und obwohl Ethan in so vielen Punkten ein Volltreffer war, sie konnte nicht einfach mit ihm zusammen kommen, darauf hoffen, dass sich nach und nach mehr Gefühle einstellen würden, dass sie sich verlieben würde. Das hatte er schlichtweg nicht verdient. Mimi spürte wie die Tränen in ihren Augen brannten. Sie wusste was sie zu tun hatte und sie wusste, dass das was sie tun musste, einen Menschen verletzen würde, der ihr sehr viel bedeutete. Sie müsste einem Menschen das Herz brechen und keiner konnte das besser nachempfinden als Mimi selbst.

„Hey, was ist denn los?“, fragte Ethan flüsternd und hielt seine Hände an Mimis Gesicht, damit sie ihn angucken konnte.

„Ich… ich kann das nicht.“

„Was kannst du nicht? Du meinst… du meinst das mit uns?“ Langsam nickte die Brünette, Ethan lockerte sofort den Griff um Mimis Kopf und ging einen Schritt zurück. „Aber warum? Wir könnten es doch langsam angehen lassen… in einem Tempo in dem du dich wohl fühlst und dann...“

Wieder schüttelte Mimi ihren Kopf, während die Tränen über ihre Wangen liefen. „Ich glaube, nein ich weiß, dass sich das nicht ändern würde. Ich würde dich nur hinhalten.“

„Das tust du doch schon die ganze Zeit!“, rief Ethan frustriert auf und raufte sich die Haare. „Du sendet mir auf der einen Seite Signale, aber auf der anderen Seite stößt du mich immer wieder von dir.“ Er war verletzt und eigentlich war es vollkommen egal was Mimi jetzt sagen würde, denn Ethans Herz hatte sie so oder so gebrochen.

„Ich muss dich gehen lassen, weil ich dich eben nicht hinhalten will. Du bist zu gut, zu wertvoll, als dass du deine Energie mit mir verschwendest. Ich könnte dir nicht das geben, was du von mir brauchst.“

Unwirklich schüttelte Ethan seinen Kopf, sah immer wieder zurück zu Mimi, nur um dann wieder seinen Kopf zu schütteln. „Deine Angst steht dir im Weg. Du hast dein Herz so fest eingeschlossen, dass es selbst ein Sprengsatz nicht öffnen könnte.“

Mimi wusste nicht was sie darauf sagen sollte. Ja, sie hatte ihr Herz verschlossen, aber das war nicht der einzige Grund.

„Liegt es an mir?“, fragte Ethan geknickt nach. Sie sah wie wütend er war und sie konnte es verstehen.

Mimi schüttelte ihren Kopf. Wie sollte sie nur etwas erklären, was sie selber nicht verstand? „Nein, es liegt an mir und es soll nicht wie eine billige Floskel klingeln. Du bist für eine andere bestimmt. Glaub mir.“

„Tzz… ich verstehe es nicht. Ich verstehe einfach nicht, warum du glaubst, dass ich nicht gut genug für dich bin. Was dein verdammtes Problem mit mir ist.“

„Du bist eben nicht er.“

Taichis Plan

28.06.2016
 

Heute war der Tag gekommen, an dem Taichi seinen Plan in die Tat umsetzen wollte. Seit er diesen Einfall gehabt hatte, arbeitete er unaufhaltsam daran. Er wusste, dass das Ganze auch nach hinten losgehen konnte, aber er hatte keine andere Wahl gehabt. All seine Bemühungen mit Mimi ein Gespräch anzufangen waren gescheitert, all seine Entschuldigungen stießen auf wenig Anklang. Aber es war ihm auch klar, dass wenn er jetzt die Chance nicht nutzte, er sicher nie wieder eine bekommen würde. Danach würde Mimi wohl für immer aus seinem Leben verschwinden und ohne all das zu sagen, was er auf dem Herzen hatte, konnte er sie nicht gehen lassen. Wenn sie dann immer noch nicht wollte, wusste er für sich selbst wenigstens, dass er alles gesagt und versucht hatte, um Mimi noch einmal zurück zu gewinnen und das war auch schon ein bisschen was wert gewesen.

Taichi atmete nochmal ein und aus. Er ging im Kopf alles erneut durch. Hatte er wirklich nichts vergessen? Er durfte nichts dem Zufall überlassen. Er sah sich seine Autoschlüssel an, jenes Auto, welches Yamato mit Mimis Hilfe damals zu Ende repariert hatte. Er hatte vollgetankt, Öl kontrolliert und das Auto von innen und von außen sauber gemacht. Nicht, dass er das nicht sowieso einmal im Monat tat, aber dieses Mal hatte er es so gründlich poliert, wie lange nicht mehr. Ja, selbst sein Auto musste perfekt sein. Alles musste perfekt sein.
 

Taichi nahm sein Smartphone in die Hand und wählte eine vertraute Nummer, ein paar Minuten später öffnete sich eine Haustüre.

„Hallo Tai“, strahlte die ältere Frau.

„Hallo Riku, es ist schön dich zu sehen.“

„Es ist schön dich zu sehen, mir fehlen unsere Gespräche“, lächelte Riku und überreichte Taichi einen Koffer.

„Danke. Ja, mir auch. Ich werde bald nochmal zum frühstücken vorbei kommen.“

„Das hoffe ich doch und du hast dich um alles gekümmert?“, horchte die ältere Dame nach.

„Ich habe nichts vergessen und jetzt folgt das letzte Puzzlestück, welches mir noch gefehlt hat.“ Taichi nahm den Koffer und verfrachtete ihn direkt in seinen Kofferraum. Er schloss diesen und ging wieder auf den Bürgersteig zurück. „Du hast die Türe aufgelassen?“

„Ja, ganz wie besprochen“, antwortete Riku.

Taichi grinste. Dass ausgerechnet Riku seine Komplizin war, bedeutete ihm wirklich sehr viel. Riku war aber auch perfekt für die Wahl, sie hatte ihn wohl nach allem immer noch an der Seite ihrer Enkelin gesehen.

„Was ich dir noch sagen wollte, so gut lief das Date mit Ethan nicht“, erzählte Riku verschwörerisch.

„Welches Date?“, fragte Taichi überrascht nach.

„Ähm … na ja. Ethan hat Mimi gestern zu einem Date ausgeführt. Ich habe gedacht, du wüsstest es.“

Taichi schüttelte seinen Kopf. Dieser dämliche Ethan.

„Aber wie gesagt, es lief nicht so gut. Mimi hat mir keine Einzelheiten verraten, aber ich weiß, dass er auf dem Rückflug ist und die Beiden weiterhin nur Freunde sind.“

Taichi nickte, das war doch gut, oder? „Okay, danke Riku. Jetzt kannst du mir nur noch Glück wünschen.“

Riku lächelte und legte ihre Hand auf Taichis Wange. „Ich werde für dich beten. Ich bin sicher, dass da noch etwas zwischen euch ist und auch, dass noch nicht alles verloren ist. Kämpfe Tai und vertraue dir und euch und ich bin sicher, dass sich dann alles zum Guten wenden wird.“

Taichi grinste schief, diese ältere Frau hatte es schon immer geschafft, ihn wieder aufzumuntern. Auch Mimi hatte diese Gabe gehabt. Mittlerweile wusste er, von wem sie das hatte. „Danke, wir sehen uns. Riku.“

„Machs gut, Tai.“
 

Riku verabschiedete sich von Taichi und verließ ihre Wohnung. Sie hielt dem Jüngeren die Türe auf und Taichi betrat das Wohnhaus. Er freute sich darüber, dass es jemanden in Mimis Familie gab, der so an ihn glaubte. Dies gab ihm immer wieder Hoffnung. Bisher lief alles nach Plan, aber das war auch der leichte Teil. Der schwere Teil würde jetzt folgen. Taichi näherte sich der vierten Etage und schließlich kam er der Wohnungstüre von Rikus Wohnung immer näher. Wie besprochen war die Türe noch einen Spaltbreit offen. Er öffnete sie langsam und vergewisserte sich, dass Mimi gerade nicht im Flur war, dann betrat er die Wohnung ganz, ließ die Wohnungstüre offen und näherte sich vorsichtig ihrem Schlafzimmer. Bisher hatte er Mimi in keinem anderen Zimmer gefunden, also konnte sie nur noch in ihrem Zimmer sein. Taichi war aufgeregt, sein Herz schlug ihm bis zum Hals und kurz überlegte er alles abzublasen, aber er würde es jetzt wagen. Mutig öffnete er in einem Ruck die Türe. Schnell sah er sich um, er entdeckte Mimi auf einem Sessel, die gerade vor ihrem Laptop saß und sich erschrak als Taichi so urplötzlich in ihrem Zimmer stand.

„T-Tai?“, fragte die Brünette verwirrt.

Taichi nahm sich Mimis Laptop und schmiss ihn einfach auf das Bett. Er brauchte Platz.

„Sag mal, spinnst du?“, zickte sie den Älteren gleich an.

Dieser ging auf ihre Anfeindung jedoch gar nicht erst ein. Flink holte er einen Schal aus seiner Jackentasche und wollte Mimi an ihren Handgelenken hochziehen. Die Brünette schlug sofort nach seinen Händen und versuchte zu entkommen.

„Vergiss es, du entkommst mir ja doch nicht.“

„Tai, was soll der Unsinn?“

Taichi drehte sie mit dem Rücken zu ihm um, legte eine Hand um sie und mit der anderen Hand schaffte er es Mimi den Schal um die Handgelenke zu schlingen.

„Tai! Ernsthaft. Was soll der Mist? Lass mich.“

„Es ist eine Überraschung, nur diesmal auf etwas andere Art und Weise. Du musst aber keine Angst haben. Du weißt, dass ich dir niemals etwas tun würde.“

„Tzz … Oma?“, schrie die Jüngere laut durch die Wohnung.

„Riku ist nicht da!“

„Na klar, ist sie das!“

„Nein, sie hat mir sogar die Türe aufgelassen und jetzt sei ruhig. Ich verspreche dir, dich nachher wieder frei zu lassen und dir alles zu erklären.“

„Als ob!“

Taichi warf sich die junge Frau über die Schulter. Aufgebracht zappelte die Brünette und versuchte sich zu befreien, aber Taichi hatte mit dieser Abwehr selbstverständlich gerechnet und hielt sie so fest, dass es für Mimi unmöglich war, zu entkommen. Laut schimpfte sie auf ihn ein. „Tai, bist du jetzt von allen guten Geistern verlassen?“

„Mimi, hör auf so zu zappeln. Ich lass dich später runter. Versprochen!“

Er lief schnell aus dem Zimmer, schloss die Wohnungstüre hinter sich, lief das Treppenhaus runter und verfrachtete Mimi auf die Rückbank seines Autos. Zum Glück war niemand in der Nähe gewesen und hatte das ganze mitbekommen, sonst hätte er vermutlich noch mehr Probleme gehabt, als sowieso schon auf ihn zukommen würden. Er schnallte Mimi an. Die Kindersicherung war eingeschaltet und zügig fuhr er los. Die ganze Zeit über machte Mimi seltsame Laute auf der Rückbank, an einer roten Ampel drehte er sich zur Jüngeren um, die immer noch aufgebracht schimpfte.

„Tai, was soll der verdammte Mist? Fahre mich sofort zurück“, schrie die Brünette aufgebracht los und sah ihn zornig an.

„Nein, jetzt noch nicht!“, erklärte Taichi seelenruhig und fuhr unbeirrt weiter.

„Was soll das hier überhaupt? Du hast komplett den Verstand verloren!“

„Das mag sein, aber ungewöhnliche Umstände erfordern besondere Maßnahmen.“

Mimi rollte genervt mit den Augen und biss sich auf die Backe, das sah Taichi, als er sie im Rückspiegel beobachtete. Dass sie nicht begeistert sein würde, war ihm klar gewesen, aber das war ja noch nicht sein vollständiger Plan. Immerhin war es ja nicht sein Ziel, ihr Angst einzujagen oder sie auf die Palme zu bringen. Sein Plan war es, ihr unmissverständlich klar zu machen, was er für sie empfand und wie er die Zeit ohne sie erlebt hatte. Er wollte Zweisamkeit, Romantik. Er wollte einfach alles loswerden, was ihn die letzten Jahre beschäftigt hatte und er wusste sich einfach keinen anderen Ausweg mehr. Er war verzweifelt.

„Mimi, hör zu, ich erkläre dir nachher alles in Ruhe und wenn du dann immer noch zurück willst, fahre ich dich nach Hause, okay?“

„Ich will nach Hause!“, zickte Mimi und starrte stur aus dem Fenster.

„Wir sind ja nicht mal angekommen“, erwiderte Taichi unbekümmert.

„Wo fahren wir überhaupt hin?“

Taichi war mittlerweile am Stadtrand angekommen und fuhr geradewegs auf eine Landstraße. „Das erfährst du noch früh genug. Es wird dir aber gefallen.“

„Boah, du hast sie echt nicht mehr alle...“, meckerte die Brünette weiter und rutschte unruhig auf ihrem Platz herum. „Hast du zu viele Actionfilme gesehen?“

„Hehe … Davon kann man nie genug sehen.“

Taichi fuhr noch weitere zwei Stunden. Er entfernte sich immer mehr von der Stadt und war mittlerweile in einem Waldstück angekommen.
 

Zwei Stunden in dem Mimi gezickt hatte, gemeckert, sich über ihn beschwert und ihn beleidigte und so absurd es klang, aber selbst das hatte er genossen.

„Wir sind jetzt gleich da.“

„Das wurde auch Zeit. Hast du eigentlich eine Ahnung davon, wie unbequem es ist, die ganze Zeit mit verbundenen Händen auf dem Rücken rumsitzen zu müssen?“

„Das tut mir leid, aber du hast es ja jetzt geschafft. Ich musste dir die Hände verbinden, sonst hättest du mich wahrscheinlich erwürgt. Es war nur zu meinem Schutz“, erklärte Taichi und kam einem verlassenen Waldhaus näher.

„Sag mir nicht, dass das unser Ziel ist?!“

„Wir sind da“, strahlte Taichi, parkte das Haus und schaltete den Motor aus.

„Tai, was soll das hier?“ Mittlerweile hatte selbst Mimi es leid gehabt, weiter herum zu zicken, ob es daran lag weil Taichi nicht einmal darauf einstieg?

Er öffnete den Kofferraum und holte seinen und Mimis Koffer, den Riku ihn vorhin überreicht hatte, heraus und brachte sie zum Eingang des Hauses. Dann öffnete er die Türe des Rücksitzes und schnallte Mimi ab. Die Brünette stieg genervt aus und sah sich um.

„Ich mache dir jetzt den Schal ab“, erklärte Taichi, tat dies und ließ Mimi frei.

Sofort umschloss die Jüngere erst das rechte und dann das linke Handgelenk und massierte es leicht.

„Tut es weh?“, fragte Taichi besorgt nach.

„Als würde es dich interessieren“, brummte die Jüngere und bewegte sich kein Stück vom Fleck.

„Mich interessiert alles, was mit dir zu tun hat. Kommst du mit rein oder willst du hier draußen stehen bleiben?“

„Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mit dir in dieses Haus da gehe und … fahre mich nach Hause. Jetzt!“

„Mimi, wir sind doch gerade erst angekommen. Ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich habe Hunger. Ich gehe jetzt ins Haus. Du kannst hier gerne auch draußen stehen bleiben und dich verlaufen oder verhungern oder du kommst einfach mit rein und hörst dir an, warum ich das alles gemacht habe.“
 

Mehr sagte Taichi nicht. Er schloss sein Auto ab, schloss die Türe der Waldhütte auf und stellte beide Koffer in den Flur. Jetzt konnte er nur hoffen, dass Mimi ihm folgen und nicht stur wie sie sein konnte, anfangen würde hier im Wald herumzulaufen. „Bitte Mimi, komm“, murmelte er leise und konnte es nicht sein lassen, immer wieder aus dem Fenster zu gucken. Eine ganze Weile stand die Brünette immer noch an Ort und Stelle. Taichi konnte auch so sehen, wie sie über all das nachdachte. Ja, seine Methode war drastisch gewesen, aber irgendwie war ihm kein anderer Ausweg mehr eingefallen, als Mimi einfach zu überfallen. Schließlich setzte sich die junge Frau in Bewegung. Taichi hielt die Luft an und erst als sie wirklich die Waldhütte betrat, atmete er aus.

„Du weißt, dass ich dich dafür anzeigen kann, oder?“

Taichi grinste. Sie war ihm tatsächlich ins Häuschen gefolgt. Er hatte wirklich damit gerechnet, dass er ihr jetzt durch den Wald folgen konnte. „Ja, weiß ich, aber ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass du das machen würdest.“

„Ich habe schon mal einen Ex-Freund angezeigt“, sagte Mimi überheblich.

Sofort machte es >Klick< bei Taichi und starrte Mimi einfach nur an. „Du hast Nick wirklich angezeigt?“

„Ähm … Ja, ich meine … ja, habe ich.“

„Wow, das ist … Ich hatte gehofft, dass du das machst, aber ich war mir nicht sicher, ob du das wirklich machen würdest. Es muss ein schwerer Schritt für dich gewesen sein.“

„Willst du jetzt wirklich mit mir über Nick reden oder was?“, zickte Mimi ihn gleich wieder an und verschränkte beleidigt die Arme übereinander.

„Ich will über alles mit dir reden, Mimi. Über die letzten zwei Jahre, über uns, über dich und über mich Vollidioten. Ich möchte nur eine Chance mit dir zu reden und mich zu entschuldigen und danach fahre ich dich sofort nach Hause und wenn du partout keine Lust hast, mit mir zu reden oder dir meine Entschuldigung anzuhören, dann lass mich noch eine Kleinigkeit essen und ich fahre dich gleich nach Hause. Ich habe nämlich den ganzen Tag noch nichts gegessen und komme um vor Hunger.“

Taichi sah Mimi eindringlich an. Es war ihm ernst, er wollte Mimi nicht gegen ihren Willen hier festhalten. Er hoffte, dass sie sich einfach in Ruhe und ohne Ablenkung von außerhalb miteinander reden konnte. Vielleicht würden sie auch mal streiten, vielleicht weinen, aber alles war besser, als all das nie gesagt zu haben.

„Ich habe auch ein bisschen Hunger...“, murmelte Mimi.

Taichi lächelte die Jüngere breit an und ging zur Küchenzeile. „Dann mache es dir bequem. Ich koche.“

„Na gut.“

Taichi sah, wie Mimi sich auf das Sofa setze und sich umsah. Es war eine klassische Waldhütte. Holzdielen an Böden und Wänden, ein schwarzer Kamin, ein weißer Teppich und eine passende weiße Couch. Davor stand ein kleiner runder Couchtisch mit frischen Blumen drauf. Es war gemütlich und der Duft von Holz stieg einem gleich in die Nase.

„Was gibt es denn?“, fragte Mimi nach, nahm sich ein Kissen und umschloss es. Sie wirkte immer noch sehr nachdenklich. Allerdings hatte er auch nichts anderes erwartet.

„Ich mache mich nur an Gerichte, die ich auch wirklich zubereiten kann.“ Taichi schaltete den Reiskocher ein und holte eine Pfanne aus einem Schrank. Einmal war er vorher hier gewesen, um sich alles genau anzusehen, weshalb er auch nicht lange brauchte, um alles zusammen zu suchen.

„Ich mache eine Gemüsepfanne mit Reis, okay?“

„Okay.“
 

Immer wieder sah Taichi zu Mimi. Sie war hier und er auch. Wo und wie sollte er jetzt nur anfangen?

Nachdem er mit dem kochen fertig war, deckte er den Tisch ein. Der kleine Essbereich bestand auch einem viereckigen Tisch, einer Sitzbank und zwei Stühlen. Mimi rutschte auf die Bank und Taichi setzte sich ihr gegenüber auf den Stuhl.

„Danke, es ist mir wirklich wichtig und ich … na ja, erst einmal guten Appetit.“

„Danke, auch fürs kochen.“ Schweigsam begann sie ihr Essen zu essen.

Sollte Taichi jetzt schon anfangen? Chronologisch vorgehen oder einfach frei Schnauze reden?

„Tai?“

„Ja?“ Sofort hörte Taichi auf zu essen und sah zu der Jüngeren.

„Wir versuchen es heute, aber wenn ich nach Hause will und mich umentscheide, fährst du mich sofort nach Hause, ohne mich umzustimmen, okay?“

„Okay.“ Taichi nickte. Natürlich war das okay. Insgesamt hatte Taichi die Waldhütte zwar drei Tage gemietet, aber wer wusste schon, ob Mimi überhaupt solange mit ihm hier bleiben wollte.

„Riku wusste also wirklich Bescheid?“ fragte Mimi schließlich nach.

Taichi musste einfach grinsen. So konnte man das Eis auch brechen. „Ja, sie weiß wo wir sind und weil ich ganz ehrlich zu dir sein sein werde, sie hat mir sogar den Tipp gegeben. Wusstest du das deine Oma früher oft mit deinem Opa hier war?“

„Nein, warum weißt du das alles? Wie hast du das geschafft?“, fragte sie verwundert.

„Deine Oma mag mich eben und ich sie auch. Wir sind irgendwie Freunde geworden. Ich weiß, ist ungewöhnlich, aber sie ist echt cool und ich schätze sie weiß einfach, dass es mir wichtig ist.“

Mimi nickte und schob ihren Teller bei Seite. „Ich bin satt. Ich würde mich gerne erst einmal etwas frisch machen. Wo ist denn hier das Badezimmer. Es gibt doch ein Badezimmer oder muss ich in den Wald um mich … nein!“

Taichi begann gleich zu lachen. Mimi kam ja auf Ideen. „Das Badezimmer ist den Flur entlang auf der rechten Seite und es ist sehr modern eingerichtet. Keine Sorge, du musst nicht in den nächsten Busch laufen, um dein Geschäft zu vollrichten.“

„Sonst hättest du mich auch gleich nach Hause bringen können.“

„Ist mir klar.“

Mimi schüttelte belustigt ihren Kopf, verließ den Essbereich, nahm sich ihren Koffer, den sie wohl gleich erkannt hatte und ging ins Badezimmer.

Taichi fing an, alles aufzuräumen und abzuwischen und schließlich hatte er auch gewusst, worüber er als erstes mit Mimi reden wollte. Wie das erste Thema wohl verlaufen würde? Wieder war er nervös, aber die Tatsache dass sie hier war und vorerst hier blieben würde, zeigte ihm, dass es auch Mimi nicht egal war. Jetzt konnte er nur hoffen, das er wirklich alles sagen konnte und er es so formulieren würde, dass sie ihn auch verstand.

Erstes Gespräch und guter Wein

28.06.2012
 

Mimi war immer noch unsagbar angespannt gewesen. Taichi hatte ja schon unendlich viele bekloppte Ideen in seinem Leben gehabt, aber jene, sie zu verschleppen und in eine Waldhütte zu bringen, war wohl die bescheuertste von allen gewesen. Anfangs wollte sie wirklich nur noch nach Hause, sich stur stellen und kein einziges Wort mit ihm reden, aber sie wusste auch, dass sie das nicht weiter bringen würde. Und wenn sie ganz ehrlich war, hatte sie doch die ganze Zeit auf ein Zeichen von Taichi gewartet, irgendetwas, das ihr zeigte, dass ihm all das auch etwas bedeutet hatte und vielleicht, ganz vielleicht noch bedeutete. Nachdem Mimi festgestellt hatte, dass ihre Großmutter es geschafft hatte, fast alle ihre Klamotten, mit denen sie mit nach Japan gekommen war, in den Koffer zu bekommen, musste sie auf nichts verzichten. Wie konnte sie das nicht mitkriegen?

In bequemen Klamotten, einer dunkelblauen Leggings und einem One Size T-Shirt in weiß, hatte sie es sich im Wohnzimmer bequem gemacht.

Jetzt saß sie hier, gemeinsam mit Taichi und sah sich etwas ratlos um. Reden war ja gut, aber wie und wo sollten sie nur anfangen? Es gab so vieles unausgesprochenes zwischen ihnen.
 

Taichi hatte alles nach ihrem gemeinsamen Essen aufgeräumt, hatte zwei Weingläser und einen lieblichen, spanischen Weißwein auf den kleinen runden Beistelltisch abgestellt. Vielleicht würde der Alkohol ja helfen, dass beide etwas lockerer wurden, denn nicht nur Mimi war nervös, sie sah, dass auch Taichi aufgeregt war. Das alles hier war ihm wichtig und sie spürte, dass er es nicht vermasseln wollte.

„Schenkst du mir bitte ein?“, fragte Mimi lächelnd und reichte dem Sportler ihr Glas.

Taichi nickte sofort, öffnete die Flasche und schenkte der Jüngeren und dann sich selber ein. „Auf einen schönen Abend“, murmelte der Ältere.

Mimi stieß mit ihrem Weinglas leicht gegen das von Taichi und nickte. Sie ließ den Wein in ihrem Mund ruhen und kostete den Geschmack aus. Es schmeckte ihr. Mimi trank eher weniger Alkohol, aber dieser Weißwein schmeckte ihr wirklich gut. „Den hast du gut ausgewählt“, lobte sie den Sportler.

„Danke, es ist einer meiner Lieblingsweine und ich habe mich daran erinnert, dass du trockene so gar nicht magst. Ich hatte gehofft, dass du diesen magst.“

Mimi lächelte, sie fand es süß, dass Taichi sich daran erinnert hatte.
 

„Mimi, ich … Ich habe mir zwar sämtliche Dialoge in meinem Kopf vorher zurecht gelegt, aber ich weiß gar nicht wie ich anfangen soll ...“ gestand Taichi schließlich leicht gequält.

„Geht mir auch so …“, erwiderte Mimi zögerlich. „Okay, Vorschlag: ich stelle dir ein paar Frage, die mir so in den Sinn kommen und du antwortest ehrlich, okay?“

Taichi nickte. „Natürlich, gute Idee. Darf ich das dann danach auch tun?“

„Wenn wir uns vorher nicht streiten und ich nach Hause will, klar“, zwinkerte Mimi ihm frech zu und versuchte die angespannte Stimmung etwas aufzulockern.

„Na dann, habe ich ja eine richtige 50:50 Chance.“

Mimi setzte sich in den Schneidersitz, Taichi saß ihr gegenüber aber auf der anderen Seite der Couch, ein guter Meter Platz war zwischen ihnen. Momentan war das aber auch besser so. Seine Anwesenheit machte sie immer noch nervös und sie brauchte jetzt einen klaren Kopf um das zu fragen, was sie fragen wollte. Sein Geruch jedoch benebelte ein wenig ihre Sinne. Es war ihr absoluter Lieblingsgeruch auf der ganzen Welt und sie hatte ihn vermisst. Schließlich raufte Mimi sich, atmete einmal tief ein und begann ihre erste Frage zu stellen.

„Warum hast du nie auf meine E-Mail zu deinem Geburtstag geantwortet? Hattest du sie überhaupt gelesen?“

Taichi machte kurz große Augen, als ob er mit dieser Frage nicht sofort gerechnet hätte. Er machte eine Kopfbewegung, um seinen Nacken zu lockern und überlegte eine Weile, ehe er antwortete.

„Ich hatte es erst gar nicht geglaubt … Ich … Ich habe Stunden über Stunden vor meinem PC verbracht und darüber nachgedacht, ob ich sie öffnen sollte oder lieber nicht. Gleichzeitig hatte ich auch 1000 verschiedene Theorien was in dieser E-Mail stehen könnte. Ich dachte über "du mieses Arschloch", über sinnlosen Smalltalk, bis hin zu "ich bin wieder glücklich und verliebt" und wie geht es dir noch so? Schlussendlich war ich einfach noch nicht so weit. Ich dachte, wenn du mir wirklich mitteilst, dass du mit mir abgeschlossen hättest, dann hätte ich dich endgültig und für immer verloren und ich war einfach noch nicht so weit, das zu akzeptieren. Dass du auf diesem Wege wieder versuchen wolltest, eine Freundschaft zu mir aufzubauen, dieser Gedanke kam auch kurz in mir auf, aber wirklich nur kurz. Ich dachte nicht, nachdem ich so mit dir Schluss gemacht habe, dass du … ich hatte es mir einfach nicht vorstellen können ...“

Mimi nickte. Sie erkannte das Taichi es ehrlich meinte. Wie so oft stand ihm seine Angst im Weg. „Hast du diese Marotte immer noch nicht abgelegt? Na ja, immer alles aufzuschieben, so als würde sich dann dein ganzes Leben ändern, wenn du es weißt, anstatt manche Dinge nur zu vermuten?“

Taichi lächelte matt. „So unverständlich es für dich klingen mag, aber die meisten dieser Nachrichten haben mein Leben von Grund auf geändert. Ich weiß, dass ich mich diesen Dingen stellen muss, aber manchmal brauche ich etwas mehr Zeit, als es gut für mich ist.“

Mimi nahm wieder ihr Weinglas in die Hand, nippte an dem Glas und stellte es wieder zurück auf den kleinen Tisch. „Ich … kann dich verstehen. Ich weiß, dass keine böse Absicht von dir dahinter steckte, aber es hat mich damals sehr traurig gemacht, dass du nie geantwortet hast.“

„Das verstehe ich und es tut mir wirklich sehr leid … Ich hätte es im Grunde besser wissen müssen. Ich hätte wissen müssen, dass du … na ja, dass du so viel stärker bist, als ich.“

„Ach Tai ...“ Traurig lächelte Mimi den Älteren an.

Taichi senkte seinen Blick und sah zu einem Kissen hinunter. Es war jetzt schon schwer, dieses Gespräch zu führen. Sie spürte, wie sich schon die ein oder andere Tränen bemerkbar machte, wie würde es dann bei all den anderen Themen werden? Themen die weitaus tiefliegender waren?

„Ich verzeihe dir.“

Taichi sah auf zu Mimi auf und sah sie etwas ungläubig aber auch dankbar an. „Danke.“
 

„Sollen wir es im Wechsel machen?“, fragte Mimi nach.

„Im Wechsel?“

„Na ja, jetzt darfst du eine Frage stellen und danach ich wieder. Ist vielleicht etwas einfacher.“

„Ja, okay.“ Taichi räusperte sich und runzelte seine Stirn, dann entspannte sich sein Gesicht wieder und er sah die Jüngere direkt an. „Also, würdest du mir erzählen, wie das mit Nick damals zuende ging?“

Mimi verzog kurz ihren Mund, an diesen Menschen zu denken, setzte ihr immer noch zu, aber Taichi wusste es nicht und es wunderte sie nicht, dass ihn dieses Thema beschäftigt hatte. „Ähm … Ich muss kurz überlegen wie und wo ich anfange … Die erste Zeit nachdem wir Schluss gemacht hatten, war wirklich … es war wahnsinnig schwer für mich. Ich habe auch viel Zeit gebraucht und musste erst wieder Kraft tanken und nach ein paar Wochen hatte ich meinen Eltern davon erzählt. Die haben mich natürlich gleich zur Polizei gebracht und wir haben Nick angezeigt. Es gab mehrere Termine mit Anwälten, teilweise haben sich nur unsere Anwälte getroffen und irgendwann hatten wir dann ein Anhörungstermin.“ Mimi biss sich auf die Unterlippe, dieser Tag war auch nicht so verlaufen wie geplant. „Im Endeffekt kam dabei raus, dass er sich entschuldigen musste, ein Antiaggressitionstrainig erfolgen muss und … und es gab eine sehr interessante Summe. Zum Austausch würden wir eben auf einen großen Gerichtstermin, samt Presserummel und es Publik machen verzichten.“

„Sie haben euer Schweigen bezahlt?“, unterbrach Taichi die Jüngere und sah sie etwas fassungslos an.

„Ja.“

„Und deine Eltern haben sich ernsthaft darauf eingelassen?“

„Ja, wie gesagt es war eine sehr interessante Summe ...“ Mimi rollte mit den Augen. Sie wusste selber, dass sie das Endresultat nicht befriedigt hatte.

„Verstehe ich nicht … Geld … Wieso glauben die Menschen, dass Geld das Wichtigste auf Erden ist? Warum glaubt keiner mehr an Gerechtigkeit? Ob es die überhaupt gibt?“

Mimi lachte höhnisch auf. „Nein, gibt es nicht. Guten Menschen passiert nicht immer automatisch nur gutes und schlechte Menschen haben oft … Glück. Es ist einfach so, aber … Ich habe dieses Kapitel in meinem Leben hinter mir gelassen. Vor einem halben Jahr in etwa stand Nick vor unserer Haustür. Mein erster Impuls war gleich die Polizei zu rufen, aber er war da um sich zu entschuldigen, als hätte er tatsächlich so etwas wie ein Gewissen gehabt. Ich habe ihn mir angehört und ihm schließlich gesagt, dass ich ihm verzeihe. Es bringt einfach nichts, seine kostbare Energie für die falschen Menschen zu verschwenden. Was bringt es mir, mich über ihn aufzuregen? Es macht nichts ungeschehen von dem was passiert ist und ganz sicher hat er es nicht verdient in meiner Gegenwart noch irgendeine Rolle zu spielen. Ich will einfach nur meine Ruhe haben, ihn nicht mehr sehen müssen und wieder glücklich sein. Des Rest erledigt hoffentlich das Universum.“

„Ach Mimi ...“ Taichi streckte seine Hand aus, legte diese kurz auf Mimis Knie ab und strich sanft drüber. „Ich sag ja, du bist so viel stärker als ich.“

„Bin ich nicht … Es hat mich auch viel an Zeit und Gesprächen gekostet, um diese Erkenntnis zu erlangen.“

„Trotzdem, das könnte nicht jeder. Da bin ich überzeugt, aber das zeichnet dich eben aus. Du stehst immer wieder auf und das meist noch mit einem Lächeln im Gesicht. Mimi, glaub mir du wirst wieder glücklich, weil du es verdienst.“

„Es geht mir ja auch schon längst gut. Ich liebe mein Studium und die Universität ist der absolute Wahnsinn. So ein großer Campus, echt das hast du noch nicht gesehen. Ich habe Nicole da und na ja … auch Ethan ...“

„Was war das mit Ethan und dir?“

„Hey, ich bin wieder dran, dir eine Frage zu stellen.“
 

Taichi hob gleich ergebend seine Hände und malte dann einen imaginären Heiligenschein über seinen Kopf. „Ich höre.“

„Hattest du nach mir nochmal eine Freundin gehabt?“

Taichi lächelte und schüttelte seinen Kopf. „Ich … hatte mich nach unserer Trennung auf meine Wohnung und das Studium versucht zu konzentrieren. Es gelang eher mittelmäßig und … nachher habe ich mich viel versucht abzulenken, mit feiern, Alkohol, wohl auch etwas zu viel Alkohol und ...“

„Und Frauen?“, fragte Mimi gleich gezielt nach und rollte mit den Augen. „Männer sind doch alle gleich.“

„Hey, so kann man das auch nicht sagen.“

„Also hattest du nichts mit anderen Frauen gehabt?“

„Na ja, doch aber das spielte keine Rolle. Es war nur ...“

„Nur Sex?“

Taichi atmete laut aus. Dieses Thema würde so oder so nicht zu seinen Gunsten ausgehen. „Ich habe irgendwie versucht die Einsamkeit und den Kummer in meinem Herzen zu betäuben, aber das hatte nie geklappt. Du weißt ja, dass Kari mich mal mit Yuna verkuppeln wollte? Es ging nicht. Ich habe gemerkt, dass die Gefühle, die du damals und auch heute noch in mir auslöst, so stark sind, dass keine andere Frau sich einen Platz in meinem Herzen erkämpfen kann. Es war ...“, Taichi lächelte traurig, „wie Fluch und Segen im gleichen Moment. Mir wurde immer bewusster, wie falsch es war, uns aufgegeben zu haben und ich wusste nicht, wie ich das wieder in Ordnung bringen konnte.“

„Wir befinden uns eben in einer Wegwerfgesellschaft. Der Mensch kämpft nicht mehr, er gibt sich lieber geschlagen. Für viele ist das einfacher. Vielleicht waren wir auch einfach zu jung und vielleicht war das damals auch nicht unsere Zeit.“

„Glaubst du das?“

„Ich denke, wenn zwei Menschen füreinander bestimmt sind, dann finden sie auch wieder zusammen. Ich weiß nicht, ob es anders geklappt hätte. Wir hatten uns gegenseitig verletzt und nicht wirklich die Möglichkeit gehabt, wieder Vertrauen aufzubauen. Nicht in diesem Moment unserer Beziehung. Auch wenn es hart klingt und ich es mir damals anderes gewünscht hätte, rückblickend betrachtet war das die einzige Möglichkeit.“

„So habe ich es mir auch immer wieder eingeredet.“
 

Taichi und Mimi nahmen beide wieder ihr Weinglas in die Hand und tranken es leer.

„Darf es noch etwas sein?“, fragte Taichi und hob dabei die Weinflasche an.

„Einen trinke ich noch.“

Taichi füllte die Gläser auf und stellte die Flasche wieder zurück. „Okay, kommen wir wieder zurück zu Ethan. Was war das mit euch?“

Mimi zuckte mit den Schultern. „Es war … nichts … Also er wollte schon mehr von mir als nur Freundschaft. Wir haben uns in der ersten Uniwoche kennengelernt und uns gleich gut verstanden. Wir haben einige Kurse zusammen und viele Projekte gemeinsam ausgearbeitet. Nick ist wirklich ein toller und lieber Mann. Er war mir ein guter Freund, aber wie das oft bei Männern und Frauen ist, klappt so eine Freundschaft wohl nicht ewig und irgendwann verliebt sich einer und schon wird es kompliziert. Nick hat eben mehr von mir gewollt und … wenn ich nicht ganz so kaputt wäre, hätte ich das echt toll gefunden, aber er soll sich lieber eine andere suchen. Auch wenn es mir sehr leid getan hatte, es ihm so zu sagen.“

„Er ist also wieder in Amerika?“

„Ja, aber wir sehen uns ja trotzdem in einer Woche wieder, aber wir haben beschlossen erst mal auf Abstand zu gehen oder viel mehr, er hat es verlangt.“

„Verständlich, ein Mann kann mit Zurückweisung nur schlecht umgehen.“

„Und Frauen können das gut wegstecken? Ist mir ja völlig neu“, schmunzelte Mimi und auch Taichi grinste.
 

„Okay, letzte Frage für heute“, sagte Mimi und sah den Fußballer wieder etwas ernster an. „Hast du noch viel an mich gedacht?“

Taichi lächelte. „Jeden einzelnen Tag und das sage ich nicht einfach nur so. Es ist nicht ein einziger Tag vergangen an dem ich nicht an dich gedacht habe. Am Anfang hatte es mich wahnsinnig gemacht, eine Zeitlang wollte ich es mir auch echt verbieten, aber es gelang mir nicht. Und schlussendlich war es nachher die einzige Verbindung die ich noch zu dir hatte. Mimi, es ist unmöglich nicht an dich zu denken oder dich gar zu vergessen. Du bist nicht nur in meinem Herzen geblieben, sondern auch in meinem Kopf.“

Mimi lächelte und jetzt musste sie doch gegen den Impuls zu weinen ankämpfen. Stattdessen nahm sie ihr Weinglas und trank einen Schluck daraus. „Ich habe auch auch sehr viel an dich gedacht. Es war manchmal echt schlimm und ich habe dich dafür verflucht, weil ich das gar nicht wollte, aber es war fast so, als würde es nur mehr werden, wenn ich versuchte es zu ignorieren.“

„Hmm … kenne ich.“

Sie stießen wieder an und tranken einen Schluck.
 

„Du willst also keine weitere Frage mehr hören?“

Mimi schüttelte ihren Kopf. „Nein, für heute war das echt viel. Erst werde ich entführt und dann muss ich meinem Peiniger noch Frage und Antwort stehen.“ Erst wollte Mimi ernst bleiben, aber schließlich lächelte sie doch. „Das macht müde, weißt du?“

„Schon klar, das heißt aber auch, dass du heute erst einmal hier bleiben wirst?“

„Ja, heute übernachte ich hier.“

Taichi grinste breit. „Okay, ich überlasse dir auch das größere Zimmer, es sei denn du willst dir ein Zimmer mit mir teilen?“

Mimi hob eine Augenbraue an und zischte los. „Ah, davon kannst du diese Nacht träumen.“

„Nicht nur davon!“

„Tai!“

Mimi griff nach dem Kissen unter sich und warf es auf den Älteren, dieser fing das Kissen aber gleich auf und warf es zurück zur Brünetten. Diese wehrte das Kissen so ab, dass es gegen die Tischkante prallte und dabei ihr Glas umwarf.

„Shit!“

Sofort sprangen die Beiden auf. Taichi lief in die Küche und holte einen Schwamm um den weißen Teppich zu reinigen. Er schrubbte über den Fleck und versuchte ihn zu entfernen.

„Oh sorry, das habe ich nicht gewollt“, entschuldigte Mimi sich und holte ein Handtuch, um die Stelle zu trocknen. „Ich kann es morgen mal versuchen richtig auszuwaschen.“

„Schon okay, Mimi. Sieht doch schon wieder ganz passabel aus. Zum Glück war es kein Rotwein.“

„Den hätten wir wohl nicht raus bekommen ...“, überlegte Mimi angestrengt.

„Stell dir vor, das arme entführte Mädchen und dann ein roter Fleck auf einem weißen Teppich. Von dem Mädchen fehlt jede Spur. Was werden die Leute denken?“, gab Taichi gespielt nachdenklich von sich.

Mimi schlug mit dem Handtuch gegen Taichis Schulter. „Du Idiot! Welche Leute überhaupt?“

„Na die, die irgendwann unsere Verfolgung aufnehmen, ist doch klar.“

„Und wo bin ich, wenn ich nicht hier bin?“, fragte Mimi keck nach.

„Bei mir, ist doch klar“, raunte Taichi, erhob sich und reichte Mimi seine Hand.

Die Brünette ergriff sie und ließ sich von Taichi hoch helfen. „Ich gehe jetzt wirklich mal ins Bett.“

„In Ordnung und danke, Mimi. Ich fand unser Gespräch wirklich gut und ich bin froh, dass du bleiben möchtest.“

„Bisher hast du es auch noch nicht verkackt, mein Lieber“, lächelte die Jüngere und wand sich zum gehen. Sie drehte sich nochmal zu Taichi um und winkte ihm kurz zu. „Gute Nacht, Tai.“

„Gute Nacht, Mimi.“
 

Mimi ging mit ihrem Koffer in das größere Schlafzimmer. Ein großes Bett stand inmitten des Zimmers. Auch hier waren überall Holzdielen, während die Vorhänge und die Tagesdecke in weiß gehalten waren. Sie schmiss sich aufs Bett und breitete ihre Arme aus. Was für ein verrückter Tag neigte sich heute dem Ende zu. Bisher lief es eigentlich ganz gut. Natürlich hatten ihr manche Informationen weniger gut gefallen, aber sie waren ehrlich und es tat gut über all das zu reden, was sie die letzten zwei Jahre so stark beschäftigt hatte. Sie war gespannt wie der zweite Tag verlaufen würde, aber sie freute sich schon drauf. So kugelte sie sich unter die Bettdecke und schlief schnell ein.

Zweite Aussprache und traumhafte Aussicht

29.06.2012
 

Mimi konnte gar nicht sagen, wie lange sie gebraucht hatte um in den Schlaf zu finden. Es war aufwühlend gewesen, hier mit Taichi zu sitzen und über ihre Vergangenheit zu reden. Sie wusste aber auch, dass das notwendig war, auch sie brauchte diese Aussprache und zwar eine richtige. Dennoch, hier in dieser Waldhütte zu sein, mit Taichi im Zimmer nebenan. Es kam ihr beinahe surreal vor, so als würde sie das alles nur träumen oder selber als dritte Person zusehen. Sie wusste, dass noch über einiges gesprochen werden musste und auch, dass die Themen nicht einfacher werden würden. Aber sie war bereit, sie waren es beide und danach würde hoffentlich alles etwas einfacher werden.
 

Die Brünette saß bestimmt schon seit zehn Minuten auf der Bettkante, starrte auf die Tür und war hin und hergerissen, wann sie denn endlich endgültig aufstehen und durch diese Tür gehen sollte. Sie wusste doch, dass Taichi ihr nichts böses wollte. Langsam stand sie auf und während sie sich der Schafzimmertüre näherte, kam sie an einem Wandspiegel vorbei. Sofort schaute sie hinein und überprüfte, ob sie noch gut aussah. Wobei Mimi nicht einfach nur gut aussehen wollte, sie wollte Taichi komplett umhauen. Sie trug eine enganliegende Jeans Hot Pan und ein Tanktop. Sie zeigte viel Bein und hatte ihr Dekolleté ein wenig gepusht. Was sollte sie sagen? Sie wollte ihn eben auch ein bisschen ärgern und ihm zeigen, was er sich alles hatte entgehen lassen. Sie lächelte ihr Spiegelbild an und verließ ihr Schlafzimmer. Sie ging ein paar Schritte und kam schließlich in der offenen Wohnraumküche an. Taichi drehte sich sofort um, als er ihre Schritte hörte. Mimi erkannte, wie er kurz schlucken musste, sein Blick blieb etwas länger als es angemessen wäre an ihrem Dekolleté haften. Er schüttelte seinen Kopf, setze sein typisches Taichi-Grinsen auf und sah ihr in die Augen.

„Auch schon wach?“

„Dass diese Frage mal von dir kommen würde ...“

„Ich bin schon seit drei Stunden wach und war sogar schon eine Stunde joggen.“

„Du warst joggen? Was, wenn du dich verlaufen hättest und ich hier ganz alleine hätte bleiben müssen?“, erwiderte Mimi beleidigt.

„Das Auto stand die ganze Zeit vor der Türe, inklusive Navigation. Du hättest also jederzeit fahren können.“

„Und dich zurücklassen? Kommt nicht in Frage.“

Taichi lächelte breit und winkte sie schließlich zu sich. „Hätte mich auch gewundert. Komm her, das Frühstück ist fertig und ich habe auf dich gewartet, weil ich nicht ohne dich anfangen wollte.“
 

Mimi setzte sich in Bewegung und sah sich jetzt erst den reichlich gedeckten Frühstückstisch an. Es roch nach leckeren Brötchen und frisch zubereiteten Kaffee. Ihr Magen zog sich etwas zusammen, sie hatte wirklich Appetit. „Das sieht echt lecker aus.“

„Danke.“

Überall hatte Taichi verschiedenes, klein geschnittenes Obst und Gemüse in kleine Schälchen verteilt, verschiedene Brotaufschnitte, einen Teller mit Aufschnitt und hartgekochten Eiern. Sie war wirklich beeindruckt.

„Ich glaube, nicht mal in Sterne Hotels bekommt man so ein tolles Frühstück. Wahnsinn. Und du hast wirklich deine Finger davon gelassen und noch nichts genascht?“, fragte die Brünette scherzend nach,

Taichi setzte sich ihr gegenüber auf den Stuhl und schenkte der Jüngeren heißen Kaffee ein. „Ich bin nicht mehr so verfressen wie früher. Du sollst dich wohlfühlen und gerne hier sein. Ich will die Zeit gemeinsam mit dir genießen und auch das Essen sollte genossen werden.“ Taichi stellte die Kaffeekanne ab, nachdem er Mimi und sich selbst eingeschenkt hatte, ließ seinen Kaffee schwarz und füllte Mimis Kaffeebecher mit einem Schluck Milch und einem Teelöffel Zucker auf. „Du trinkt deinen Kaffee doch noch so, oder?“

Kurz zögerte der Brünette in seinem Tun und die Jüngere konnte nicht anders als stumm zu nicken. Dass er das noch wusste.

„Dann ist ja gut.“ Taichi hielt ihr den Brötchenkorb unter die Nase und Mimi nahm sich ein Brötchen raus. „Wo hast du die denn geholt?“

„Ich sagte doch eben, dass ich joggen war. Wenn man hinter der Waldhütte weiter nach rechts läuft kommt nach ungefähr zehn Kilometern eine Landstraße und nach weiteren fünf Kilometern ein kleines Dorf. Da habe ich die Brötchen geholt. Ich dachte frische Brötchen sind besser, als etwas zum aufbacken oder Toast.“

„Du bist extra deswegen soviel gelaufen?“, fragte Mimi überrascht nach.

„Wieso? Waren hin und zurück doch nur 30 km. Ich jogge in der Regel jeden Tag 20 Kilometer und am Wochenende auch schon mal 40 km.“

„Achso“, murmelte Mimi und belegte ihre erste Brötchenhälfte mit Käse, Gurken und Tomaten.“

„Ich wäre für dich aber auch die 30 km gelaufen, wenn ich nicht jeden Tag joggen gehen würde“, entgegnete Taichi lächelnd und aß als erstes ein Salamibrötchen.

Mimi musste unwillkürlich lächeln. Sie konnte es einfach nicht abstellen, selbst wenn sie es gewollt hätte. „Wenn das so ist, danke. Du gibst dir wirklich Mühe. Was hast du denn für heute geplant?“

„Glaubst du, dass ich jeden Tag geplant habe?“, stellte Taichi die Gegenfrage.

Mimi zuckte mit den Schultern. Sie konnte es wirklich nicht sagen. Taichi traute sie gerade alles zu.

„Nein, habe ich nicht. Ich war mir ja nicht sicher, ob du überhaupt bleiben würdest. Wir reden einfach weiter. Wir können das hier drinnen tun oder wir gehen spazieren. Wenn wir rechts lang gehen, wäre es eher ein Waldspaziergang und links kommt ein großer Felsen, wir könnten wandern gehen.“

„Wandern?“, fragte Mimi ernsthaft nach. Wandern? War sie ein Mädchen, das wandern ging? Nicht wirklich.

„Ich weiß, gehört nicht zu deinen Top Hobbies, aber die Aussicht ist wirklich toll und es ist kein richtig großer Berg oder so. Eher ein größerer Felsen.“

„Warum kennst du dich hier so gut aus?“, fragte Mimi neugierig nach und steckte sich eine Erdbeere in den Mund.

„Wie gesagt ich war vorher schon einmal hier und habe mir die Umgebung angeguckt. Nachdem mir Riku hiervon erzählt hatte, wusste ich, dass ich auch hier hin wollte. Hier ist irgendwie alles so friedlich. Ich mag es hier, aber es liegt an dir. Wir können auch hier blieben.“

Mimi überlegte kurz. Sie war jetzt nicht total heiß darauf wandern zu gehen, aber sie hatten tolles Wetter und nur in der Waldhütte sitzen war auch ziemlich langweilig. „Warum nicht, aber ich glaube nicht, dass ich für so etwas die richtigen Schuhe mit habe.“

„Ich glaube, Riku hat selbst daran gedacht. Sie war damals viel mit deinem Großvater wandern.“

Da musste Mimi Taichi Recht geben. Ihre Großeltern waren Naturmenschen, sie campten viel und waren oft in den Bergen unterwegs. Zumindest damals, als sie noch jünger und gesünder waren.

„Gut, dann gehen wir wandern. Ich kann es echt nicht glauben“, lächelte Mimi.

„Ich auch nicht, vor allem das ich dich so schnell überzeugen könnte“, grinste Taichi und machte sich an seinen Joghurt ran.
 

Nach dem Frühstück, deckten sie gemeinsam den Tisch ab, zogen sich um und machten sich schließlich auf den Weg. Taichi hatte seit seinem morgendlichen Tiefblick seinen Blick stets oberhalb ihrer Brust gelassen. Mimi wusste nicht, ob es ihm schwer gefallen war oder nicht, aber es schien ihm wichtig zu sein, sich auf alles zu konzentrieren, was sie sagte. So konnte sie auch gut damit leben, sich etwas sportlicher anzuziehen.

„Ready?“, fragte Taichi nach. Er hatte sogar einen Rucksack dabei und trug etwas professionellere Kleidung als sie. Es musste wohl ein Fluch sein, dass er selbst in Wanderklamotten zum anbeißen aussah.

„Na klar“, antworte Mimi. Natürlich war sie es nicht. Sie hoffte, sich nicht total zu blamieren, aber sie wollte jetzt auch keinen Rückzieher machen. Manchmal musste man etwas über seinen Schatten springen.
 

Taichi und Mimi gingen bereits seit einer Stunde durch die Wälder. Sie orientieren sich an den Markierungen der Wanderwege oder viel mehr Taichi tat dies und Mimi lief ihm hinterher. Sie gingen weiter bergauf, es war schon etwas anstrengend gewesen, aber bisher hielt sie alles gut aus. Sie unterhielten sich über aktuelles und gerade war Mimi mit fragen dran. Sie waren dabei geblieben, dass sie sich weiterhin im Wechsel Fragen stellten.

„Und was machst du derzeit so außer dich im Sportstudium durchzuquälen?“

Taichi sah kurz zur Brünetten, lächelte und setzte zur Antwort an. „Ich … na ja … außer Sport, Freunde und Familie besuche ich einmal alle drei Monate die Familienhilfe Japan.“

„Wirklich?“

„Ja, es war … also ...“ Kurz machte Taichi eine Pause, als würde er etwas anderes sagen wollen, aber dann schien er sich wieder gesammelt zu haben. „Ja, es macht echt großen Spaß. Die Kids sind der Hammer und ich habe das Gefühl, ihnen auch wirklich etwas helfen zu können und das mit ganz einfachen Dingen. Du solltest echt mal mitkommen.“

„Vielleicht mache ich das ja mal.“

Taichi sah zurück zu Mimi und nickte. „Wäre echt schön.“

„Du bist wieder dran.“

„Ich weiß“, grinste Taichi frech und fuhr fort. „Hattest du mal in Erwägung gezogen in Japan zu studieren? Als Auslandssemester oder sogar komplett?“

„Nein.“

Taichi nickte und sah wieder stur geradeaus. „Okay.“

„Also nicht nachdem wir uns … na ja getrennt hatten. Es hatte für mich nicht mehr soviel Sinn ergeben. Alles hätte mich an dich erinnert und ich wollte, nein ich musste nach vorne sehen. Ich brauchte eine neuen Plan, einen neue Zukunft.“

„Verstehe ...“

„Hättest du mich gerne in Japan oder gar in Tokio gehabt?“

„Natürlich. Es hätte mich sicher anfangs überfordert, aber ich hätte mich immer gefreut, dich zu sehen.“
 

Sie gingen immer weiter bergauf, es wurde steiler und so langsam kam Mimi an ihre Grenzen.

„Tai, ohne nerven zu wollen, aber wie weit ist es noch?“

Taichi lächelte die Jüngere sanft an. „Du nervst nicht, du schlägst dich sogar verdammt gut.“

„Findest du wirklich? Ich finde, ich klinge wie ein ausgehungertes Tier auf der Suche nach Wasser.“ Mimi fühlte sich zunehmend unwohl. Ihr Gesicht war gerötet, sie schwitzte und ihre Haare klebten an ihrer Stirn. Wie sollte sie so nur Taichi beeindrucken? Sie hätten doch einfach nur spazieren gehen sollen, dann hätte sie sicher nicht so Schnappatmung bekommen.

Taichi lachte über ihren Kommentar und auch die Jüngere kicherte. „Wir müssten bald angekommen sein.“

Und Taichi sollte Recht behalten. Sie kamen ihrem Ziel immer näher und schließlich oben auf der Bergspitze an.

„Wir sind da. Mimi, komm schnell. Guck dir das an.“ Ganz aufgeregt drehte der Sportler sich zu der Jüngeren um. Er war die letzten Meter vorgelaufen, warum konnte Mimi auch nicht sagen.

„Ja, ich komme ja schoo-oon. Wow.“ Verblüfft kam sie neben Taichi zum stehen und sah hinab. Die Natur, die sich vor ihr erstreckte, war atemberaubend. Sie hatten zwar nicht den höchsten Berg bestiegen, aber der Ausblick war dennoch nicht zu verachten. Rechts lag der Wald und weiter links erkannte sie ein kleines Städchen. Der Wind wehte leicht und verschaffte ihnen so etwas Abkühlung.

„Es sieht einfach toll aus.“

„Nicht wahr? Danke Mimi. Ich finde es super dass du das mit mir gemacht hast.“

„Du musst dich nicht bedanken. Ohne dich wären wir gar nicht erst hier.“
 

Zufrieden setzte Taichi sich hin, holte aus seinem Rucksack zwei Wasserflaschen heraus und reichte eine davon an Mimi weiter.

„Danke.“ Die Brünette setzte sich neben Taichi und trank gleich ein paar Schlücke aus der Flasche. Eine Zeitlang saßen sie nur so da, hörten dem Gezwitscher der Vögel zu, dem Rascheln der Bäume, dem Wehen des Windes. Sie saßen nah beieinander und hörten den Anderen atmen. Es war friedlich.

„Mimi?“

„Ja?“

„Darf ich dir wieder eine Frage stellen?“

„Na klar.“ Ihr wurde es etwas mulmig zu Mute, weil sie nicht einschätzen konnte, was er nun fragen würde. Gerade passte einfach alles in ihre Situation.

„Wie ist es dir in der ersten Zeit nach unserer Trennung ergangen?“

Mimi schluckte kurz. Es würde wohl wieder deutlich ernster zwischen ihnen werden. „Miserabel wäre wohl noch übertrieben“, antwortete sie zynisch. Sie wollten ehrlich sein, aber hatte Taichi eine Ahnung was er da fragte? „Bist du sicher, dass du das hören willst?“

„Ja, ich muss es wissen, auch wenn es weh tut.“

„Ich war am Ende, am Tiefpunkt angekommen. Ich war in einer Schleife gefangen aus der nichts Gutes kam. Alles ist über mir zusammengebrochen und ich wusste nicht, wie ich da herauskommen sollte. Ich hatte mir nicht einmal die Mühe gegeben, es überhaupt zu versuchen. Mir war alles egal. Meine Eltern, meine Freunde. Ich mir selber. Es hatte Monate gedauert, ehe ich so etwas wie eine Reaktion gezeigt hatte. Ich war in Therapie und bin es auch heute noch. Nicht mehr so intensiv wie damals. Zunächst war es stationär und täglich, dann zweimal die Woche, dann einmal die Woche und mittlerweile bin ich bei einmal im Monat angekommen und eine Zeitlang werde ich das wohl auch noch so brauchen. Es gab vieles aufzuarbeiten und gibt es noch.“

„Mimi, es tut mir so leid, dass du so leiden musstest und das alles wegen mir. Es tut mir leid, dass ich nicht für dich da sein konnte. Nur weil ich ...“

„Es war nicht alles nur wegen dir. Am Anfang hatte ich mir das auch eingebildet, aber so war es nicht. Als ich damals vor zwei Jahren zurück nach Tokio kam, war das alles mit Nick noch nicht lange her gewesen. Du und ich, wir hatten uns super verstanden und sind schnell zusammen gekommen. Wir hatten es auch nicht langsam angehen lassen. Es ging gleich von 0 auf 100 und ich habe es geliebt. Du hattest mir so gut getan und mich alles andere vergessen lassen. Meinen Schmerz, meinen Kummer. Alles war nur noch halb so schlimm und selbst als ganz, ganz schlimme Dinge eingetroffen waren, wie als mein Opa … verstarb, da warst du an meiner Seite und es wurde dadurch ein klein wenig erträglicher. Als du dann weg warst, war es so, als wäre mein Schutzschild weg gewesen. Ich war verwundbar und jeder bewaffnet. Alle haben gleichzeitig zugeschlagen und ich konnte nicht länger. Es hat mich viel Zeit und Kraft gekostet, aber heute weiß ich, dass ich damals durch meine persönliche Hölle gehen musste. Ich musste mich mit all diesen Dingen auseinandersetzen. Nur so konnte ich sie verarbeiten und damit meinen Frieden finden. Deshalb ist Nick mir auch heute egal. Ich empfinde rein gar nichts für ihn. Kein Hass, kein Mitleid. Er ist mir einfach egal, ich bin an einem Punkt in meinem Leben angekommen, an dem ich sagen kann, er ist mir gleichgültig und er kann mir nichts mehr.“

„Ach Mimi ...“

„Tai, ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich hatte dir soviel von meiner Last aufgezwungen und dir kaum die Wahl gelassen. Ich habe dich für Sachen verantwortlich gemacht, die nicht in deiner Macht lagen. Selbst die Briefe deines Vaters öffnen. Ich wollte von mir ablenken, mich um andere Dinge kümmern. Lieber um deinen Mist, als um meinen. Es tut mir leid, ich hätte damals einfühlsamer sein sollen.“

Taichi schüttelte seinen Kopf, legte eine Hand auf Mimis Schulter und sah ihr direkt in die Augen. „Mimi, du warst damals einfach wundervoll, ohne dich hätte ich das alles damals niemals überstanden. Du hattest doch Recht damit gehabt, dass ich die Briefe öffne, dass ich nach Aoshima reise und mich mit meinem Vater ausspreche. Ich … ich habe es vermasselt, weil ich diese Chance vertan hatte. Ich kam zu spät, zu spät, weil ich zu stolz war. Falscher Stolz wie ich heute weiß und danach war ich so enttäuscht von mir selber, dass ich es an dir ausgelassen hatte.“

„Ich war deine Freundin und ich war gerne dein Punching Ball gewesen.“

„Oh nein, eine Freundin ist niemals ein Punching Ball für schlechte Launen.“ Taichi legte seinen Kopf in den Nacken und starrte in den blauen Himmel. „Als du wieder zurück in die USA geflogen warst, bin ich fast durchgedreht vor Sehnsucht. Ich hatte dich so vermisst und ich wusste nicht, was ich dagegen tun sollte. Die Monate vergingen so langsam und ich wusste auch nicht, wie ich damit umgehen sollte. Ich hatte nicht genug gekämpft, aber nicht weil ich dich nicht genug geliebt habe, glaube mir, dass ist nicht der Grund gewesen, sondern weil ich einfach so enttäuscht von mir selber war. Ich war nicht der Mann, der ich zu diesem Zeitpunkt gerne gewesen wäre. Ich hatte jeden Menschen enttäuscht, der mir etwas bedeutet hatte. Zumindest hat es sich so angefühlt. Ich war mir sicher, dich auch nur weiter zu enttäuschen. Ich konnte nicht so für dich da sein, wie ich es wollte und schließlich ist einfach alles über uns eingebrochen. Wir haben beide gelogen und uns damit bewiesen, dass wir wohl einfach nicht so weit waren. Die Lügen waren aber nicht das Problem, es war die Erwartung, die wir an uns selber gestellt haben und die Erwartung, die wir an den anderen gestellt haben. Wir sind beidem nicht gerecht geworden und das hat uns zu Fall gebracht.“
 

Mimi war einen Moment lang still und musste über das nachdenken, was Taichi gerade gesagt hatte. „Ich glaube du hast Recht … Wir standen uns selber im Weg. Wir dachten beide wir wüssten es besser, müssten den anderen schützen und haben damit nur bewirkt, dass wir den anderen langsam haben aus unserem Leben verschwinden lassen. Wir haben uns selber gegen die Wand gefahren.“

„Oh ja, das haben wir. Ich habe das Beste in meinem Leben gehen lassen, weil ich an dem Punkt in meinem Leben sicher war, dich nicht zu verdienen.“

„Siehst du es heute anders?“

„Ich sehe heute vieles anders. Heute weiß ich, dass wir mehr dafür kämpfen müssen, was wir uns aus tiefstem Herzen wünschen. Wir können nur glücklich werden, wenn wir lernen auf unser Herz zu hören und mein Herz hat immer nur für eine Frau geschlagen und die sitzt gerade neben mir.“

Mimi lächelte Taichi gerührt an und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Taichi ruhte mit seinem Kopf auf ihrem und so blieben sie eine Zeitlang sitzen.

„Wie ging es danach bei dir weiter? Nach unserer Trennung meine ich?“

Taichi seufzte. „Es war eine dunkle und leere Zeit, aber wem sage ich das? Ich habe versucht, mich abzulenken mit allen möglichen Dingen. Ich habe auch viel zu viel getrunken. Glaub mir, dafür würdest du mich killen. Es hatte eh nie was gebracht, nichts konnte diese Leere füllen, die Lücke die du hinterlassen hattest. Ich bin mit Kari wieder in Aoshima gewesen. Am ersten Todestag von meinem Vater. Ich wollte nochmal dort hin und irgendwie hat das auch echt gut getan. Ich glaube ich werde immer bereuen, dass ich damals so lange gebraucht hatte, aber ich kann es nicht mehr rückgängig machen. Dafür habe ich mir vorgenommen, heute umso mehr zu kämpfen. Für alles was mir wichtig ist. Ich möchte ein Mann sein, auf den meine Mutter stolz sein kann. Ein Mann bleiben, zu dem meine Schwester aufsehen kann. Ich möchte ein Mann sein, zu dem selbst mein Vater sagt, so hätte ich es mir für mich gewünscht. Weißt du, seitdem bin ich nicht mehr so unpünktlich. Ich kann zwar jetzt nicht sagen, dass ich nie wieder zu spät kommen werde, aber ich habe mich um einiges gebessert.“

„Ich finde, du hast dich sehr verändert, zum positiven. Ich merke, dass du an dir gearbeitet hast. Ich wollte die ganze Zeit einfach nur sauer auf dich sein, dir nicht zeigen wie sehr es mich noch immer verletzt. Ich wollte dir aus dem Weg gehen und gleichzeitig sehen. Ich bin froh, dass wir hier sind und dafür danke ich dir.“

Taichi lächelte, stand auf und klopfte sich etwas Dreck von der Hose. „Du hast dich auch sehr verändert. Du warst schon immer positiv, aber selbst bei all der Scheiße die du erlebt hast, bist du noch immer optimistisch. Du gibst nicht auf und schlägst dich durch. Mimi, ich weiß, dass du stur sein kannst, aber ich weiß auch, dass du nicht so stur bist wie ich und mit den richtigen Argumenten kann ich dich eben doch überzeugen. Ich hatte gehofft, dass es dir so gehen würde wie mir.“

„Ja, ab und zu muss man uns sture Esel zu unserem Glück zwingen“, lächelte Mimi.

Taichi streckte Mimi die Hand hin und etwas verwirrt runzelte sie ihre Stirn. „Wir sollten langsam wieder runter gehen, damit wir vor der Dämmerungszeit wieder bei der Waldhütte sind“, erklärte Taichi.

„Achso, ja stimmt.“ Mimi legte ihre Hand auf seine und ließ sich von Taichi hochziehen.
 

Sie standen sich gegenüber, während sie noch immer die Hand des anderen hielten.

„Es war ein schöner Ausflug“, murmelte die Brünette mit leiser Stimme. Irgendwie kam in ihr das Gefühl hoch, Taichi küssen zu wollen.

„Siehst du mal, du sturer Esel“, witzelte Taichi und wackelte mit seinen Augenbrauen.

„Hey, heute hatte ich mich doch gar nicht angestellt“, meckerte Mimi und merkte gar nicht wie Taichi sich in Bewegung setzte und die Jüngere an der Hand mit zog.

„Ja, ich ziehe mein Einwand zurück.“

„Ist auch besser so.“

„Mimi?“

„Ja?“

„Willst du auch noch die letzte Nacht bleiben?“

„Unbedingt.“

Alles auf Anfang?

29.06.2012
 

Nachdem Taichi und Mimi von der Wanderung zurück waren, gingen beide nacheinander duschen. Die Stimmung zwischen ihnen hatte sich in den letzten zwei Tagen deutlich verändert. Sie hatten es geschafft offen und ehrlich über ihre Vergangenheit zu reden. Es war nicht einfach, aber keiner der Beiden hatte vor, den leichten Weg zu gehen. Nicht mehr. Jedes Hindernis wollten sie selber aus dem Weg räumen.
 

Taichi saß ungeduldig im Wohnzimmer und wartete darauf, dass Mimi zu ihm stieß. Es war seltsam, er hatte sich in den zwei Tagen so an ihre Nähe gewöhnt, dass er sie gleich vermisste, wenn sie nicht bei ihm war. Was würde nur aus ihm werden, wenn sie wieder aus seinem Leben verschwinden würde? Wenn sie zurück nach Amerika fliegen und er sie nicht mehr sehen würde? Wenn sie keine zweite Chance bekommen würden? Er wusste es nicht. Es frustrierte ihn zu sehr darüber nachzudenken, daher ließ er es einfach bleiben. Er ignorierte es und wollte alles in den letzten gemeinsamen Abend setzen. Er hatte noch einen Abend und einen Morgen um sie zu überzeugen, dass er der Richtige für sie war und diese Chance würde er nutzen.
 

Ein Knirschen der Türe erweckte seine Aufmerksamkeit, sofort hob Taichi seinen Kopf an und lächelte die Brünette an. „Hey, da bist du ja ...“

„Ja, die Dusche hier ist wirklich ein Traum und nach der Wanderung tat sie einfach unendlich gut.“

„Das stimmt, alleine die Dusche wäre ein gute Grund wieder zu kommen...“

„Hmm...“ Mimi setzte sich neben Taichi auf die Couch und deutete auf den Beistelltisch. „Und welchen Film schauen wir uns jetzt als erstes an?“

„Ich sagte doch, du suchst den ersten aus und ich den zweiten.“

„Okay, wobei viel Auswahl haben wir ja nicht. Hast du dir die Filme bei Kari geborgt? Weil "10 Dinge die ich an dir hasse", "30 über Nacht" oder "Nach 7 Tagen ausgeflittert" klingen nicht nach deinem Geschmack“, schmunzelte die Brünette und kicherte, als sie Dirty Dancing fand und diese DVD hochhob.

„Hey, vielleicht ist das ja meine unentdeckte sensible Seite.“

„Na klar“, kicherte die Jüngere und entschied sich schließlich für einen Film. Meine erfundene Frau. „Der Film ist einfach lustig, lass uns den sehen.“

„Dein Wunsch ist mir Befehl“, grinste Taichi und erhob sich um die DVD in den DVD-Player zu schieben.

„Wenn das so ist, hätte ich auch noch gerne eine Massage“, flötete Mimi fröhlich.

„Bekommst du“, antwortete Taichi und drehte sie zurück zu Mimi, die plötzlich etwas blass um die Nase wirkte. „Also ich muss nicht, ich dachte nur weil du das gerade gesagt hattest.“

„Ja, schon klar. Es ist nur …“ Etwas unwohl rutschte die Brünette auf ihrem Platz herum.

Taichi setzte sich wieder neben die Brünette, nahm die Fernbedienung in die Hand und schaltete den Film ein. „Mimi, alles gut. Wir gucken einfach den Film, okay?“

Dankbar nickte Mimi und sah ebenfalls auf den Fernseher.
 

Nach einer halben Stunde war der Vorfall von vorhin vergessen gewesen. Sie lachten über den Film, rutschten immer näher aneinander und griffen genüsslich in die Chipstüte.

„Komm, gib zu, der Film ist echt super.“

„Ist er wirklich. Unglaublich, dass ich den noch nie gesehen habe“, erwiderte der Sportler. Immer wieder driftete sein Blick vom Fernseher zu Mimi. Sie anzusehen war einfach wundervoll. Sie hatte so filigrane und schöne Gesichtszüge, eine süße Stupsnase, große goldbraune Augen und Lippen … rote volle Lippen die er gerne küssen würde. Taichi gähnte laut, streckte seine Arme aus und legte einen Arm um die Brünette.

Mit einem Schmunzeln auf den Lippen sah Mimi zu Taichi. „Ernsthaft? Der älteste Trick der Welt“, kicherte sie.

Ertappt zog Taichi den Arm zurück und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Er hatte sich das alles ein wenig lässiger vorgestellt.

„Ich habe damit nicht gemeint, dass du deinen Arm da wegnehmen sollst.“

„Oh, achso.“

Mimi lachte los, nahm sich Taichis Arm und legte sich diesen wieder um ihre Schulter. Mit ihrem Kopf lehnte sie sich bei Taichi an. Zufrieden lächelte dieser. So hatte er sich das vorgestellt.
 

Nachdem der Film vorbei war, machten sie eine Pause vom DVD-Abend und stellten sich auf die Veranda. Mittlerweile war es draußen dunkel geworden. Es war eine sternenklare Nacht, mild und dennoch wehte ein leichtes Lüftlein. Es war der letzte Abend. Es könnte ihr letzter Abend für eine unendlich lange Zeit sein. Vielleicht sogar für immer.

Taichi wollte gerade die Stille zwischen ihnen brechen, als er zu Mimi sah und erkannte, dass sie Tränen in den Augen hatte. „Mimi? Was hat du denn?“

„Ich … ich werde dich vermissen ...“ murmelte sie und wischte sich die Tränen weg. Könnte das der Moment sein, der alles verändert?

Taichi nahm die Brünette in die Arme. Da er viel größer war als sie, sah sie ihm nicht direkt in die Augen, sondern nur mit gesenktem Kopf auf seine Brust. Sachte drückte er ihren Kopf nach oben damit ihre Blicke sich treffen konnten. Sie sahen sich eine lange Zeit in die Augen, aber niemand hatte sich getraut, den anderen zu küssen. Dann streichelte er ihr über die Haare und flüsterte ihren Namen.

„Ach Mimi.“

Sie lächelten sich an und nicht nur einmal fragte Taichi sich, ob jetzt der perfekte Zeitpunkt gewesen wäre, die Brünette zu küssen. Er schluckte einen Kloß im Hals hinunter. Er konnte nicht leugnen, dass er deswegen sehr nervös war, aber die Versuchung und das Verlangen war noch größer. Er senkte seine Augenlider, kam ihrem Gesicht näher. Er spürte ihren Atem, sie wollte es auch. Würde sie in letzter Sekunde einen Rückzieher machen? Sich doch nicht trauen? Er überwand die letzten Millimeter und legte seine Lippen auf ihre. Ein kurzer Kuss, der augenblicklich nach mehr verlangte. Dieses Mal war Mimi diejenige, die den Abstand verringerte und seinen Mund mit Küssen benetzte. Ein sinnlicher Kuss, der langsam an Fahrt aufnahm. Für Taichi war es der perfekte Kuss. Er hätte losschreien können vor Freude, aber er wollte diesen Kuss auf keinen Fall als erster beenden. Mimi wieder zu küssen und in seinen Armen zu halten war alles was er sich je gewünscht hatte.
 

Erst als die Beiden nach Luft schnappen mussten, beendeten sie ihren Kuss, öffneten ihre Augen und sahen einander in die Augen. Taichi strich über Mimis Wange. Diese rosa Färbung an ihren Wangen war einfach unwiderstehlich. Was ein einzelner Kuss in einem Menschen auslösen konnte, wenn es der richtige Mensch war.

„Ich würde das gerne für den Rest meines Lebens tun“, lächelte Taichi und küsste Mimi erneut. Sie lächelte in den Kuss hinein und hielt sich mit ihren Händen an seiner Brust fest. „Komm lass und wieder reingehen. Ich möchte nicht, dass du dich nachher noch erkältest.“

„Ist gut“, murmelte Mimi und fuhr mit ihren Fingerspitzen über ihre Lippen.

„Wolltest du eigentlich noch einen Film sehen?“, fragte Taichi. Theoretisch wäre er jetzt dran mit aussuchen, aber nach diesem Kuss dürfte Mimi auch Dirty Dancing anmachen und er würde nicht protestieren.

„Nein, ich glaube ich würde lieber ins Bett gehen. Das war ein ziemlich anstrengender und aufregender Tag“, antwortete Mimi.

„Oh, okay.“ Taichi konnte nicht leugnen, dass er ein wenig enttäuscht war. Er wollte nicht, dass der Abend schon vorbei war. Er wollte nicht, dass das Wochenende vorbei war.

„Ähm … ich … möchtest du … also … ähm … vielleicht mitkommen?“

„Wohin? in dein Bett?“, hakte Taichi verdattert nach. Wollte sie mit ihm … Oh Himmel, ja.

„Ja, also schlafen. Nur schlafen, wenn du das hinkriegst“, schmunzelte Mimi etwas unsicher.

„Klar, einer meiner leichtesten Übungen. Ich bin total gut darin die Finger bei mir zu lassen.“

Mimi rollte mit den Augen, drehte sich um und ging in ihr Schlafzimmer.

„Hey, warte! Ich darf doch noch mitkommen, oder?“ Sofort sprang Taichi von der Couch auf und lief der Jüngeren hinterher.

Verdammt das wäre das Highlight des ganzen Wochenendes. Neben seiner Traumfrau einschlafen und wieder aufwachen. Konnte er bitte, bitte die Zeit anhalten?

„Ich bin ehrlich gesagt ein wenig nervös“, gab Mimi zu und kuschelte sich schon unter ihre Decke.

„Ich nicht. Ich sehne mich schon so lange danach. Ich werde jede Sekunde davon genießen. Ich möchte das du dich bei mir wohl fühlst. Wir haben ja schließlich keinen Sex, den hast du ja verboten“, grinste Taichi, hob Mimis Decke an und legte sich ebenfalls darunter.

„Du weißt schon, dass du eine eigene Decke hast.“

„Kannst du voll vergessen. Ich möchte mit dir kuscheln, wenn das gestattet ist und unter einer Decke macht das viel mehr Spaß.“

Mimi schmunzelte und lehnte sich an Taichi Brust an. Dieser hielt seine Arme fest um die Brünette und zog sie nah an sich heran. Er atmete den süßlichen Duft ihres Haarschopfs ein, strich über ihre langen Haare und spielte mit ihren Haarspitzen.

„Es ist wirklich schön, so neben dir einzuschlafen“, murmelte Taichi und ließ seine Hand über ihren Nacken zu ihrem Rücken wandern, um sie dort sanft zu kraulen.

„Oh ja, das fühlt sich schön an.“ Mimi schmiegte sich noch mehr an Taichis Brust. Ihm kam es fast so vor, als würde er seine alte Katze streicheln, die zufrieden vor sich hinschnurrte.

Am liebsten hätte Taichi gesagt; bleib hier, bleib bei mir, steig nicht in diesen verdammten Flieger, aber er traute sich nicht. Was wenn sie alles anders sah? Er wollte sich diese Nacht nicht nehmen lassen. Nein, diese Nacht wollte er mit Mimi verbringen und jede einzelne Sekunde davon auskosten. „Ich wünsche dir eine gute Nacht, Prinzessin“, nuschelte Taichi und küsste Mimi auf ihre Schläfe.

„Danke, schlaf du auch gut.“
 


 

Es war sicher lange her gewesen, dass Taichi früh wach wurde, vielleicht war er aber auch gar nicht wach, sondern war gar nicht wirklich eingeschlafen. Die ganze Nacht lag Mimi in seinen Armen, diese schlief friedlich und trug ein wunderschönes Lächeln auf den Lippen. Diese Frau konnte sogar im Schlaf unwiderstehlich süß aussehen. Die Sonnenstrahlen hatten mittlerweile den gesamten Raum erhellt und die Brünette hatte bereits ein paar Mal mit den Lidern gezuckt. Wahrscheinlich würde sie bald wach werden. Taichi würde es jedoch überhaupt nichts ausmachen, wenn sie ewig so in seinen Armen schlafen würde. Denn sobald sie ihre Augen öffnen würde, wäre das Wochenende offiziell beendet. Sie würden ihre Sachen packen, aufbrechen und zurück nach Tokio fahren. Taichi würde in Tokio bleiben und Mimi? Mimi würde in ihren Flieger nach Amerika steigen.

„Warum sieht du denn so angestrengt aus?“, nuschelte Mimi und drückte Taichi einen Kuss auf die Wange.

„Guten Morgen Prinzessin, hast du gut geschlafen?“

Eifrig nickte die junge Frau, ehe sie lächelte und Taichi tief in die Augen sah. „Schon vergessen? Wenn ich bei dir bin, kann ich immer gut schlafen. Ich glaube ich habe ewig nicht so gut geschlafen.“

„Das ist schön. Du könntest das jeden Tag haben, das weißt du, oder?“ Taichi musste dieses Thema jetzt einfach anschneiden. Sie hatten nicht mehr viel Zeit zusammen und er war sich sicher, dass auch Mimi noch Gefühle für ihn hatte.

„Wie meinst du das?“, hakte die Brünette vorsichtig nach.

„In dem wir es nochmal miteinander versuchen. Mimi, meine Gefühle für dich haben sich nie verändert und ich weiß das ich dich unbeschreiblich doll vermissen werde, wenn du wieder in Amerika bist. Wenn es dir auch so geht, können wir dann nicht nochmal einen Versuch wagen?“

Mimi rappelte sich auf, stütze sich auf ihrem Ellenbogen ab und sah Taichi etwas ernster an.

„Tai, ich bin dir wahnsinnig dankbar für dieses Wochenende hier. Ich glaube ich, nein wir haben das gebraucht. So viele Dinge waren unausgesprochen zwischen uns. Wir hatten nie ein Abschlussgespräch. Ich … ich habe mich jeden Tag nach dir gesehnt und ich weiß, dass ich auch weiterhin jeden Tag an dich denken werde ...“

„Na dann ist doch alles geklärt. Du bleibst hier und wir ...“

„Tai! So einfach ist das alles nicht. Wir sind nicht mehr die, die wir vor zwei Jahren waren. Wir haben uns verändert.“

„Ich weiß, ich weiß das wir uns in gewisser Hinsicht neu kennenlernen müssen und auch dass wir uns wieder als Paar aneinander gewöhnen müssen, aber ich möchte das. Ich liebe die alte Mimi und ich werde ganz sicher auch die neue Mimi lieben.“ Taichi musste es sagen. Er musste ihr zeigen, wie sehr er sie wollte und zwar nur sie.

„Ach Tai ...“ murmelte Mimi, beugte sich nach vorne und küsste ihn sanft auf den Mund. Sie strich mit ihrer Hand über seine Wange und stütze sich dann wieder auf ihrem Ellenbogen ab. „Du bist immer noch genauso unglaublich wie damals.“

Auf Taichis Gesicht entstand ein breites Grinsen und er stupste Mimi auf die Nasenspitze. „Ich bin viel besser als damals. Bleib hier. Bleib bei mir. Wir können es langsam angehen lassen und alles so machen wie du es möchtest. Du musst nur „ja“ sagen.“

Einen Moment war es still, Mimi schien nachzudenken. Worüber dachte sie denn nur so lange nach? Vor zwei Jahren wäre sie ohne zu zögern bei ihm geblieben.

„Nein.“

„Nein?“, wiederholte Taichi Mimis Antwort und war sichtlich fassungslos. „Du willst das mit uns einfach so wegschmeißen? Dein ernst?“

„Ich will es nicht wegschmeißen, aber die Dinge haben sich geändert. Ich studiere jetzt. Ich finde die Universität in Orlando wirklich total spitze. Ich liebe es in der Nähe vom Strand zu wohnen. Die Menschen da sind locker und cool. Ich komme jetzt ins dritte Semester und habe mich im letzten Jahr richtig gut dort zurecht gefunden. Ich möchte das nicht alles aufgeben. Ich … habe mir vorgenommen mich nicht mehr abhängig zu machen. Von niemanden. Ja Tai, du bist mein Herzensmann und ja, wahrscheinlich auch meine große Liebe, aber ich bin nicht mehr bereit alles was ich mir in den letzten zwei Jahren so mühsam aufgebaut habe nun hinter mir zu lassen, weil du ..., du ..., ich weiß auch nicht, hier bleiben willst. Ich fühle mich hier nicht mehr zuhause ...“

Geschlagen schloss Taichi seine Augen. Mimis Entscheidung stand fest und somit auch Taichis.

„Okay, ich schätze uns ist beiden klar, dass eine Fernbeziehung absolut keine Option für uns beide ist. Was wird dann aus uns?“

Hilflos zuckte Mimi mit ihren Schultern. Erneut sammelten sich Tränen in ihren Augen. „Vielleicht soll es einfach nicht sein. Vielleicht reicht die Liebe in unserem Fall nicht aus. Ich weiß es nicht. Ich weiß, dass ich dich nicht verlieren will, auch das eine Freundschaft mit dir sehr schwer werden könnte, aber wenn es das einzige ist was uns bleibt, dann werde ich für diese Freundschaft kämpfen.“

„Freunde?“

„Ja … und wer weiß wie es mit uns weiter geht und was in ein paar Jahren ist. Es tut mir leid, Tai. Ich weiß, es ist nicht das was du hören möchtest ...“

„Nein, ganz und gar nicht“, sprach er erneut dazwischen und konnte es einfach nicht glauben. Sollte dass das Ende von Taichi und Mimi sein?

„Es tut mir leid“, murmelte die Brünette erneut und setzte sich aufrecht hin. „Ich würde ganz gerne noch duschen, bevor wir nach Hause fahren.“

„Klar, kannst es offenbar kaum erwarten von mir loszukommen.“

„Tai, so ist das doch gar nicht, aber soll ich es uns noch schwerer machen? Ich … ich muss meine Klamotten packen.“ Mimi stand auf und verschwand hastig im Badezimmer.
 

Ein paar Sekunden später hörte er wie die Dusche anging. Sie war einfach so aufgestanden und gegangen. Sein Plan. Seine Hoffnungen. Seine Wünsche. Alles hatte sich in Luft aufgelöst. Frustriert fuhr er sich durch die Haare. Warum konnte es für sie kein Happy End geben?

Verärgert schmiss er die Bettdecke auf den Boden, ging in sein Schlafzimmer und stopfte wütend seine Klamotten in den Koffer. Warum? Warum konnte sie nicht einfach bei ihm bleiben? Diese Frage wollte einfach nicht aus seinem Kopf verschwinden.
 

Nach einer Stunde, in der die Beiden nicht mehr viel miteinander geredet hatten, standen sie nun draußen vor der Waldhütte. Taichi schloss die Türe ab, nahm seinen und Mimis Koffer ohne auf eine Reaktion von ihr zu warten und legte beide in den Kofferraum. Er öffnete ihr die Beifahrertüre und wartete darauf, dass sie ins Auto einstieg. Er schaffte es, ihr dabei kein einziges Mal in die Augen zu sehen. Die ganze Zeit schien Mimi etwas sagen zu wollen, aber sie entschied sich jedoch jedesmal dagegen.

Mimi setzte sich auf den Beifahrersitz, Taichi schmiss die Türe zu und setzte sich auf seinen Sitz. Er drehte den Zündschloss und fuhr geradewegs nach Tokio. Die meiste Zeit über war es wahnsinnig ruhig gewesen. Nur die Musik im Radio schaffte es die angespannte Stimmung etwas zu lockern.

„Ich möchte nicht dass wir so auseinander gehen“, murmelte Mimi und sah zu Taichi.

Dieser sah noch stur geradeaus, ehe er dann doch einknickte. „Meinst du ich? Aber wenn ich dich ansehe und weiß dass du gehen wirst … Es bricht mir das Herz, okay?“

„Mir doch auch ...“

„Dann bleib doch!“

„Tai!“

„Was denn? Die Lösung wäre so einfach.“

„Für dich vielleicht. Es würde sich ja nur mein ganzes Leben ändern, das ist okay oder was? aber was ich möchte spielt keine Rolle? Warum kommst du nicht einfach mit?“

„Ja klar“, brummte Taichi sarkastisch. „Und hier alles hinter mir lassen?“

„Das ist es ja auch was du von mir erwartest, kannst aber nicht verstehen, warum ich nicht wieder alle Zelte abbrechen möchte, nachdem ich endlich wieder irgendwo angekommen bin.“

„Okay“, rief Taichi verärgert. Es spürte, dass es einfach kein Sinn machte, weiter darüber zu reden. Sie würden sich nur weiter streiten. So wollte er es nicht zwischen ihnen enden lassen.

„Wann … wann geht denn dein Flug?“

„In zwei Tagen, aber schon früh morgens. Ich muss bereits um 6 Uhr am Flughafen sein.“

„Kö-können wir uns morgen noch ein letztes Mal sehen?“

„Ähm … Also ich bin auch mit Sora verabredet, aber … ich… schaue mal nach, okay?“

„Klar ...“, murmelte Taichi. Sie kamen der Stadt immer näher und je näher sie kamen, desto mehr hasste er es. „Danke, dass du mitgekommen bist. Ich werde das Wochenende sicher nicht vergessen.“

„Danke für die Einladung, pardon Entführung …“, scherzte Mimi und wollte die Stimmung zwischen ihnen etwas heben.

Diesen Versuch fand Taichi irgendwie charmant. „Du bist mir eine.“

„Ich werde das Wochenende aber auch nicht vergessen. Vor allem, dass du mittlerweile so gut kochen kannst.“

„Dann verbindet uns immerhin noch das.“

„Uns verbindet mehr als dieses Wochenende, Tai.“

„Ich weiß, uns verbindet ein ganzes Leben.“

Folge deinem Herzen

30.06.2012
 

Eine von unzähligen schlaflosen Nächten lag hinter Mimi. Gestern hatte es noch bis zum späten Nachmittag gedauert, bis Taichi die Brünette nach Hause gefahren hatte. Sie hatten bestimmt noch eine weitere Stunde im Auto gesessen und doch nur an ihren eigenen Gedanken fest gegangen. Es war zum verrückt werden. Endlich hatte Mimi die Gewissheit, dass Taichi sie noch liebte und sie nicht aufgegeben hatte und doch gab es einfach keine gemeinsame Zukunft für sie. Sie würde lügen, wenn sie nicht zugeben würde, dass sie in der Nacht nicht mit dem Gedanken gespielt hatte, ihr Studienfach in Orlando aufzugeben und stattdessen in Japan zu bleiben, aber das was sie am Vortag zu Taichi gesagt hatte, daran hielt sie fest. Die letzten zwei Jahren waren unendlich schwer für die Brünette gewesen. Es hatte lange gedauert, bis sie wieder einen Entschluss gefasst hatte, bis sie motiviert war, etwas zu studieren und sie wieder Freude am ausgehen und feiern hatte. All das Kämpfen hatte sie müde gemacht und sie hat viel Kraft und Energie aufbringen müssen, um ihr Leben neu zu sortieren. Sie hatte sich wieder ein Leben aufgebaut – ein Leben ohne Tai und jetzt sollte sie all das wieder aufgeben? Für Tai? Es kam ihr einfach nicht richtig vor nach allem was passiert war und auch wenn es erneut ihr Herz brach. Sie sah derzeit einfach keine Zukunft für sie beide gemeinsam.

Vielleicht würde Taichi ja auch auf sie warten, auch wenn sie wusste, dass das viel verlangt war und wenn Mimi ehrlich zu sich selbst war, sehnte sie sich auch nach einer körperlichen Beziehung. Nach jemanden, der sie festhielt, ihr den Verstand raubte, wenn er sie küsste und für sie da war, wenn sie ihn brauchte. Daher stand auch für beide fest, dass eine Fernbeziehung sie auch nicht glücklich machen würde. Was blieb ihnen also anderes übrig als sich zu trennen, wenn keiner von Beiden breit war, seinen Wohnraum zu verlassen? Es war ja nicht so, dass sie Taichi nicht auch verstehen konnte. Taichi war im letzten Studienjahr. Er hatte seine Schwester und seine Mutter hier, für die er sich beide nach wie vor verantwortlich fühlte. Er würde seine Familie nicht einfach so verlassen. Traurig seufzte die Brünette aus. Warum gab es einfach keine Lösung für ihr Dilemma?
 

Da Mimi wusste, dass ihr doch keine Lösung einfallen würde, raffte sie sich auf. Heute hatte sie noch eine wichtige Verabredung. Sie würde sich mit Sora treffen. Sie war wahnsinnig gespannt darauf zu erfahren, wie es wohl mit ihr und Yamato momentan lief und abends wollte sie sich noch mit Taichi treffen. Er wollte ihr schreiben, ab wann es bei ihm ginge.

Mimi schlüpfte gerade in ihre hellblauen Ballerinas, verließ die Wohnung und begab sich zum verabredeten Ort. Auf dem Weg dorthin nahm sie ihre Umgebung ganz bewusst war. Heute wollte sie nicht mit der U-Bahn oder dem Bus fahren. Sie wollte alles nochmal sehen, da sie nicht wusste, wann sie das nächste Mal in Tokio sein würde.

Nach einer halben Stunde kam sie leicht verspätet bei einer Eisdiele an. Soras roten Haarschopf erkannte sie gleich. Diese sah gerade auf ihre Armbanduhr. Mimi kicherte bei dem Gedanken, wie Sora sich wohl gerade wunderte wo Mimi wieder blieb. Sie stellte sich leise hinter die Rothaarige und hielt ihr die Augen zu.

„Huch“, entfuhr es Sora, die sich gleich aufrichtete. „Mimi?“ fragte sie und drehte sich schon leicht in die Richtung der Jüngeren um.

Mimi nahm ihre Hände weg und lächelte ihre beste Freundin an. „Hi Sora, schön dass es noch geklappt hat.“

„Na hör mal, ist doch klar. Wer weiß, wann wir uns wiedersehen ...“

Mimi setzte sich auf einen Stuhl gegenüber von Sora und sah sie etwas traurig an. „Ja, erwachsen werden ist manchmal echt scheiße. Früher dachte ich immer, ich hätte voll den Plan wenn ich einmal die Schule beendet habe, aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich jetzt soviel weiter bin.“

„Das sehe ich aber ganz anders. Ich finde, du hast dich in den letzten Jahren unheimlich gemacht. Du studierst in Orlando, wohnst in einer Studenten-WG und verfolgst ein klares Ziel. Und trotzdem hast du deine alten Freunde nicht vergessen und kommst sogar extra zur Hochzeit eines Freundes. Ich finde das toll.“ Sora legte ihre Hand auf Mimis und lächelte sie aufmunternd an. Sie strahlte sowieso schon die ganze Zeit wie ein Honigkuchenpferd. Sie schien glücklich zu sein.

„Die Frage ist wahrscheinlich überflüssig, aber wie läuft es mit dir und Matt?“, fragte Mimi sofort nach und konnte ihre Neugierde auch nach den Jahren nicht abstellen.

„Ähm ...“, murmelte Sora und wurde gleich ein wenig rot um die Nase. „Na ja … es läuft gut. Wir wollten es ja langsam angehen lassen und … ähm … was soll ich sagen? Wir haben vor zwei Tagen miteinander geschlafen.“

„Was? Nein. Erzähl, wie wars?“

„Haben Sie sich schon entschieden?“

„Was? Wofür?“, fragte Mimi völlig verdattert den Kellner der gerade neben ihr stand.

„Für ein Eis?“

„Eis?“, wiederholte Mimi verwirrt und verstand gerade gar nichts.

„,Mimi, wir sind in einer Eisdiele“, erinnerte Sora sie an ihren Aufenthaltsort.

„Ah ja stimmt, zwei große Spaghetti-Eis, danke.“

Der Kellner notierte sich etwas perplex die Bestellung, zuckte aber schließlich mit den Schultern und verschwand hinter dem Tresen.

„Nun, erzähl schon“, forderte Mimi ihre beste Freundin auf und konnte sich kaum auf ihrem Stuhl halten.

„Wir hatten ein sehr schönes Date gehabt. Wir waren erst Minigolf spielen und haben etwas herumgealbert. Schließlich sind wir in einem total schicken Restaurant essen gewesen und anschließend ist er mit zu mir gekommen. Er … Na ja, hat mir ein seiner neuen Songs vorgespielt und ...“

Hach, der Klassiker ...“, redete Mimi dazwischen und quieckte aufgeregt.

„So war das ja gar nicht ...“, versuchte sich Sora rauszureden und wurde doch wieder ein wenig verlegen.

„Ach erzähl mir doch nichts. Matt hat früher schon dein Herz mit ein paar Songs erobert. Man muss ihm aber auch lassen, dass seine Musik echt toll ist.“

„Das stimmt. Es hatte an dem Abend aber auch einfach alles gepasst und es war wirklich schön. Ich habe ihn sehr vermisst.“

„Ja, das weiß ich. Ich freue mich sehr für euch. Also seid ihr wieder richtig fest zusammen?“

„Ja, sind wir.“

„Wow.“ Mimi war nicht wirklich überrascht, aber dennoch ein wenig baff. Wieso schafften diese beiden es?

„Und wie ...“

„Hier bitte schön, ihr Eis.“

Erneut schreckte Mimi hoch. Schon wieder dieser Kellner. Etwas unfreundlich zog Mimi an ihrer Eisschüssel und begann ihr Eis zu löffeln. Der Kellner hatte aber auch ein Talent dafür, zum falschen Zeitpunkt aufzutauchen.

„Danke“, bedankte sich Sora freundlich und nahm sich die Waffel in Form eines Herzens in die Hand. „Und wie?“, wiederholte sie Mimis Frage.

„Und wie stellt ihr euch das jetzt alles vor? Matts Musik? Dein Studium, dein Job, deine Mode?“

Sora brach das Waffelherz in zwei Teile und sah sich die Stücke genau an. Sie steckte sie wieder zusammen und dann wieder auseinander. „So ist mein Herz, wenn Matt und ich getrennt sind, wenn wir uns nichts sehen können und wir nicht miteinander reden.“ Wieder steckte Sora das Herz zusammen. „Wir sind nur komplett und vollständig, wenn wir zusammen sind. Natürlich ist noch ein Riss da. Es ist viel passiert und es auch noch lange nicht alles geklärt, aber so ein Eis schmeckt ohne Waffel doch echt nur halb so gut.“

„Schon aber … dieses Herz ist auch ganz schön angeschlagen und was wenn gerade kein Sommer ist und somit kein Eiszeit?“

„Matt ...“, Sora atmete schwer aus. Dieser Satz schien Sora schwer zu fallen. „Matt wird eine Pause einlegen. Er überlegt sogar den Job als Sänger aufzugeben.“

„Matt will aufhören Musik zu machen?“ Mimi konnte es nicht glauben.

„Nein, er will aufhören zu singen. Er überlegt sich, ein eigenes Tonstudio zu kaufen und würde gerne junge Talente fördern. Er will keine kommerzielle Musik für die Masse mehr machen, sondern nur noch für sich. Er meint, dass touren wäre zwar eine unglaubliches Erlebnis gewesen, aber von der Musik selbst bleibt in dem Buisness nicht viel über.“

„Okay … Ich finde das unglaublich. Er muss total verschossen in dich sein, wenn er das singen und touren für dich aufgibt. Im ernst jetzt.“ Diese Erkenntnis machte Mimi irgendwie traurig. Yamato konnte für Sora so etwas wichtiges aufgeben und sie und Taichi bekamen es nicht mal hin, ein Ort zu finden in dem sie beide leben konnten. „Ihr seid füreinander bestimmt“, murmelte sie daher und kaute auf einer Erdbeere herum.

„So wie du und Tai ...“, lächelte Sora.

Mimi schüttelte ihren Kopf und kämpfte gegen die Tränen in ihren Augen an. „Nein, sind wir nicht.“

„Ihr habt doch die letzten Tage zusammen verbracht, oder? Erzähl mir davon.“

„Ja, haben wir und es war auch gut und schön. Wir haben viel geredet, uns ausgesprochen. Wir haben zusammen gekocht, gekuschelt und auch zusammen geschlafen.“

„Ahaaaa ...“

„Nein, wir hatten kein Sex, obwohl ich schon darüber nachgedacht habe, aber wahrscheinlich wäre dann jetzt alles nur noch schlimmer.“

„Und wie seid ihr jetzt verblieben?“, fragt Sora nach und steckte sich ein Löffel mit Vanilleeis in den Mund.

„Dass wir Freunde blieben.“

Sora hustete gleich los und klopfte sich auf die Brust. „Wie Freunde? Jetzt wirklich? Aber du und er ... also ihr ... ihr liebt euch doch.“ Verständnislos sah Sora Mimi an und wartete auf eine Erklärung.

„Ja, aber ich kehre zurück nach Orlando. Tai möchte, dass ich hier bei ihm bleibe, aber ich ... ich kann das jetzt nicht mehr. Ich mag mein Studium und meine Uni total gerne. Ich habe dort Nicole und andere Freunde gefunden. Es war nicht einfach, das alles so zu schaffen und hier, hier ja hab ich euch, aber sind wir mal ehrlich. Auch wenn ich hier bleiben würde, wir gehen doch alle unseren Weg. Du wirst schon wegen der Mode viel herum kommen. Wer weiß ob Matt nicht doch nochmal auf Tour geht. Joe ist verheiratet, Izzy wird nachher bestimmt auch von überall Jobangebote bekommen und Tai? Ich weiß nicht, ich denke dass ist einfach nicht mein Weg.“

„Ich verstehe dich schon und irgendwo hast du ja auch recht, aber für euch tut es mir aufrichtig leid.“

„Danke, mir auch.“

„Und du bist dir sicher, dass du diese Entscheidung nicht in ein paar Wochen bereust?“

Mimi zuckte mit ihren Schultern und steckte sich ihre Herzwaffel in den Mund. „Es ist möglich. Ich weiß, dass ich ihn immer noch ...“ Die Brünette schaffte es nicht, es auszusprechen. Es machte alles nur noch schmerzhafter. „Ach Sora, vielleicht. Ich wünschte es wäre alles anders.“

„Du musst machen, was immer dein Herz dir sagt. Ich weiß, das ist nicht immer so einfach und so viele andere Stimmen melden sich zu Wort. Dein Bauchgefühl oder dein Kopf der immer etwas dagegen findet, aber im Endeffekt sollten wir alle viel öfter auf unser Herz hören. Immerhin liegt es genau in der Mitte. Vertrau darauf und fange wieder an zuzuhören. Dein Herz wird dich nicht enttäuschen. Es will nur das beste für dich.“

„Ach Sora, ich werde unsere Gespräche vermissen. Wir müssen wieder öfter sykpen. Die Zeit müssen wir uns einfach nehmen.“

„Da hast du Recht. Ich werde dich auch bald mal besuchen kommen. Spätestens in den nächsten Semesterferien.“

„Ja, das wäre schön.“ Mimi konnte es kaum erwarten, Sora dort alles zu zeigen.
 

Sie rührte gerade die letzten Reste ihrer Eiscreme zusammen und steckte sich den letzten Bissen in den Mund. Mimis Handy vibrierte und die Brünette holte es aus ihrer Handtasche, um nachzusehen. Taichi hatte ihr geschrieben. Lächelnd öffnete sie die Nachricht, doch das Lächeln erstarb als sie den Inhalt las.

>Hey, schaffe es heute doch nicht mehr. Mir ist etwas dazwischen gekommen, sorry. Ich wünsche dir einen guten Flug. Meld dich mal.<

„Meld dich mal??? Spinnt der jetzt völlig?“, giftete die Brünette und starrte immer noch fassungslos auf ihr Handy.

„Was ist los?“, hakte Sora vorsichtig nach.

„Tai hat mir gerade abgesagt. Er will wohl den letzten Abend nicht mehr mit mir verbringen, das sagt doch alles ...“ Traurig senkte Mimi ihren Kopf und verstaute ihr Handy wieder in ihrer Tasche.

„Ach Mimi, das tut mir leid. Du kennst doch Tai, sicher ...“

„Ja und? Er … ach vergiss es. Vielleicht ist es auch besser so. Er will mir nicht leb wohl sagen, bitteschön. Dann eben nicht.“ Eingeschnappt verschränkte sie die Arme und wünschte Taichi in diesem Moment die Pest an den Hals.

„Darf es noch etwas sein?“, fragte der Kellner erneut nach und tauchte wieder wie aus dem Nichts auf.

„Ja, die Rechnung“, brummte Mimi, die sich den letzten Abend anders vorgestellt hatte.

„Kommt sofort.“ Der Kellner tippte auf seinem Minicomputer herum und kassierte schließlich bei den beiden Frauen ab.
 

Mimi versuchte sich wieder zu fangen und wollte Sora nicht mit einem miesgelaunten Gesicht gegenüber sitzen. Immerhin hatten sie ja wirklich einen schönen Nachmittag zusammen verbracht.

„Hey, alles wird gut, okay?“ Sora versuchte immer noch, die Jüngere aufzumuntern.

Schwach lächelte Mimi und nickte tapfer. „Glaub mir, es kann nur besser werden.“

„Dann ist jetzt wohl die Zeit gekommen, erst mal auf Wiedersehen zu sagen.“

„Ich hasse es“, nuschelte Mimi und hatte deswegen bewusst darauf verzichtet, die anderen Freunde nochmal zu treffen. Sie hatte sich von diesen schon auf der Hochzeit verabschiedet und wollte sie lieber nicht mehr wiedersehen. Mimi hasste Verabschiedungen immer noch und das würde sich wahrscheinlich auch nie ändern.

Die jungen Frauen standen sich gegenüber, umarmten sich und kämpften beide mit den Tränen.

„Ich werde dich vermissen, Sora“, schniefte Mimi und drückte Sora ganz fest.

„Du wirst mir auch fehlen, aber wir werden ganz viel skypen, okay?“

„Fest versprochen.“ Mimi hielt Sora ihren kleinen Finger zum Schwur hin und diese hakte ihren kleinen Finger lächelnd ein.

„Fest versprochen. Und Mimi?“

„Ja?“

„Meld dich mal, wenn du gelandet bist“, grinste Sora frech und streckte Mimi die Zunge raus.

„Ach halt doch den Mund“, kicherte die Brünette und winkte ihr zum Abschied zu.
 

---
 

Am nächsten Morgen klingelte der Wecker bereits um vier Uhr morgens. Mimi hatte gedacht, sie würde am Vortag noch mit Taichi essen gehen, aber daraus wurde bekanntlich nichts. Stattdessen kochte sie mit ihrer Großmutter gemeinsam etwas zu Abend und beschloss dann, früh schlafen zu gehen. Viele ihrer Freunde hatten ihr nochmal geschrieben, wollten sie umstimmen, doch noch mit ihnen feiern zu gehen, aber das hätte Mimi wohl nicht gepackt und irgendwie war sie auch nicht mehr in Stimmung gewesen. Auch wenn es ihr sehr leid für ihre anderen Freunde tat. Immerhin hatte sie alle doch unendlich lieb.

Müde hatte sie sich ins Badezimmer gekämpft und irgendwie versucht, sich frisch zu machen. Die Haare hatte sie zu einem unordentlichen Dutt gebunden und auf Make-Up verzichtete sie ganz. Sie überprüfte nochmal ihr Handgepäck und ging schließlich ins Wohnzimmer. Auch Riku hatte sich extra einen Wecker gestellt, um ihre Enkelin zu verabschieden. Sie lächelte sie traurig an und hatte wohl insgeheim auch auf ein anderes Ende gehofft. „Ach Mimi, jetzt fährst du schon wieder.“

„Ja, die Zeit ist echt verflogen.“

„Du weißt, dass du jederzeit willkommen bist und wiederkommen darfst, oder?“

„Ja, das weiß ich, danke. Passe bitte gut auf dich auf.“ Auch der Abschied von Riku viel Mimi sehr schwer. Sie wünschte sich, dass sie ihre Großmutter einfach mitnehmen könnte, aber Riku wollte diese Wohnung nicht mehr hergeben. Der Ort, mit dem sie so viele schöne Erinnerungen verknüpfte und das konnte Mimi gut verstehen. Sie drückte ihrer Großmutter noch einen Kuss auf die Wange und versprach sich bei ihr zu melden, wenn sie in Orlando gelandet war. Dann schnappte sie sich ihren Koffer und verließ die Wohnung mit einem schweren Seufzer. Es war soviel schwerer, als sie gedachte hatte.
 

Das Taxi brachte sie fast schon überpünktlich zum Flughafen und immer noch müde zog sie ihren Koffer hinter sich her. Sie wusste bereits, zu welchem Terminal sie musste. Um diesen Zeit war selbst am Flughafen noch nicht viel Betrieb. Sie konnte noch gar nicht glauben, dass sie in ein paar Stunden wieder in Amerika sein würde. Sie hatte sich gegen ein Leben in Japan und somit schweren Herzens auch gegen Taichi entschieden. Noch immer wusste sie nicht, ob diese Entscheidung richtig war. In ihrem Magen grummelte es schon die ganze Zeit und das hatte nichts mit Hunger zu tun. Sie reihte sich in die Reihe am Check-in-Schalter ein und war ziemlich zügig an der Reihe, um ihr Gepäck aufzugeben. Das war der letzte Schritt, ihr Koffer war weg. Nun musste Mimi nur noch durch die Sicherheitskontrollen gehen und warten, dass es an der Zeit war, die Maschine betreten zu dürfen. Sie sah auf ihr Handy, noch eine halbe Stunde würde es dauern. Sie holte sich in der Zwischenzeit noch einen viel zu teuren Kaffee und setzte sich wieder auf ihren Platz. Immerhin hatte sie sich dafür Zeit gelassen und musste nun nur noch 20 Minuten warten. War das alles wirklich richtig, was sie hier tat? Hatte Taichi ihr vielleicht nochmal geschrieben? Nein, seit gestern Nachmittag hatte sie keine weitere Nachricht mehr von ihm bekommen und Mimi war viel zu stolz gewesen, um auf die letzte zu antworten. Niedergeschlagen steckte sie ihr Handy zurück, als es in den Gängen plötzlich etwas lauter wurde. Neugierig sah sie zu den Sicherheitskontrollen als sie eine ziemlich vertraute stürmische Frisur wahrnahm. „Ist das???“
 

Sofort sprang Mimi von ihrem Stuhl auf und konnte kaum ihren Augen trauen. Taichi. Sie ging auf ihn zu und als der Sportstudent Mimi erkannte, grinste er und lief ihr entgegen.

„Tai? Was? Du hier?“, stammelte die Brünette irritiert. Wie konnte das sein? Träumte sie? Kam er um sich zu verabschieden oder wollte er sie doch noch dazu bringen, bei ihm in Japan zu bleiben?

„Ja, ich konnte dich so nicht einfach gehen lassen ...“

Also ersteres. Mimi nickte und lächelte schließlich. „Ich finde es auch schön, dass wir nochmal die Möglichkeit haben uns richtig Tschüss zu sagen. Ich dachte schon, du wolltest mich gar nicht mehr sehen ...“, murmelte die junge Japanerin unsicher.

„Nein, so ein Unsinn. Es war wie ich es geschrieben hatte. Ich hatte gestern keine Zeit gehabt.“

„Verstehe ...“ Nein, tat sie nicht. Was konnte es denn wichtigeres geben, als sich noch einmal zu sehen? „Umso schöner dass du es jetzt geschafft hast.“

„Möchtest du denn gar nicht wissen, was ich gestern noch gemacht habe?!“, fragte Taichi und konnte dieses wissentliche Grinsen nicht abstellen.

„Du wirst es mir sicher jetzt verraten“, konterte die Brünette und hob eine Augenbraue an.

„Ich habe meine Sachen gepackt, mich an einer neuen Uni in Orlando eingeschrieben und meine Wohnung untervermietet!“, erklärte Taichi sachlich, ging an Mimi vorbei und überprüfte die Flugnummer auf seinem Flugschein und die Nummer vom Terminal. „Hier bin ich also richtig.“

„Wie richtig?“ Mimi verstand nur Bahnhof.

Taichi drehte sich zu Mimi um und grinste nun von einem bis zum anderen Ohr. „Ich habe mich entschieden Mimi. Endgültig.“

„Soll heißen?“

„Soll heißen, dass du heute nicht alleine nach Orlando fliegen wirst. Es war zum Glück noch ein Platz frei.“

Ein paar Mal blinzelte Mimi mit ihren Augen und musste kurz überleben, ob sie schlief und das alles gerade träumte oder ob das alles wirklich wahr war. „Du kommst mit mir? Nach Orlando?“, fragte sie, um sich zu vergewissern.

Taichi lachte kehlig auf, ließ sein Handgepäck auf dem Boden fallen und legte seine Hände auf Mimis Schultern ab. „Denkst du wirklich, dass ich dich nach allem, was passiert ist, einfach so gehen lasse?“

„Aber du hast doch gesagt ...“

„Ich weiß was ich gesagt habe, aber du hast auch Recht gehabt. Ich habe ziemlich viel von dir verlangt, ohne dich zu fragen, was du eigentlich willst und das war nicht fair“, erklärte Taichi ihr und sah ihr tief in die Augen. Diese schokoladenbraunen Augen, die Mimi so sehr liebte, besahen sie mit einem so intensiven Blick, dass ihre Knie ganz weich worden.

„Aber deine Mutter und Kari und dein Studium?“ Mimi war so verwirrt. Wie konnte Taichi das alles einfach so hinter sich lassen?

„Na ja, also meine Mutter ist total in love. Sie ist, wie du ja weißt, wieder frisch verliebt und auch wenn es am Anfang komisch für mich war. Sie wäre viel zu jung gewesen, um für immer alleine zu bleiben. Sie ist glücklich und möchte mit Hayato zusammen ziehen. Und Kari?“ Taichi grinste wieder breit und schüttelte belustigt seinen Kopf. „Wird mit T.K zusammen in meine Wohnung ziehen. Sie wollen es als Probe nutzen, um zu sehen, wie das Zusammenleben klappt und sich dann was größeres suchen. Deshalb hatte ich auch gestern einfach keine Zeit mehr gehabt. Ich musste ja noch meinen Vermieter anrufen und fragen, ob das alles so klar geht.“

„Und dein Studium?“, murmelte Mimi fragend. Sie brauchte gerade noch einen Moment, um all die neuen Informationen zu verarbeiten, aber sie konnte auch nicht umher, zu lächeln. Taichi wollte mit ihr gehen. Sie konnte es nicht glauben.

„Ich mache ein Auslandssemester und danach sind nur noch Prüfungen. Ich werde dann im Frühjahr nochmal für ein paar Monate nach Tokio müssen, um meine Prüfungen zu schreiben, aber dann bin ich frei.“

„Und … und wo wirst du wohnen?“

Jetzt wurde Taichi etwas wortkarg und schmunzelte unsicher. „Weiß ich ehrlich gesagt auch noch nicht genau, aber es sind ja noch zwei Wochen bis zu den ersten Vorlesungen und ich hoffe vor Ort dann etwas zu finden. Am Anfang wird es auch sicher eine Jungendherberge tun. Ich hatte noch keine Zeit, aber vielleicht weißt du ja auch etwas.“

„Wow ...“, stammelte Mimi und wollte am liebsten einen Freudentanz aufführen. „Aber Tai, das kann ich doch alles gar nicht von dir verlangen.“

„Tust du ja auch gar nicht. Ich bin 23 Jahre alt und ich war noch nie wirklich weg von zuhause. Jetzt ist die Zeit einfach gekommen. Unsere letzten paar Tage, die letzten zwei einsamen Jahre. Meine Familie und meine Freunde, das Leben all dieser Leute geht stetig voran, nur bei mir änderte sich einfach nicht viel. Ich habe dich vermisst, so sehr und ich will mit dir zusammen sein. Nur mit dir und wenn das bedeutet, dass ich einen Ozean überqueren und mein englisch verbessern muss, dann werde ich das eben machen.“

Mimi schüttelte belustigt ihren Kopf. Es würde sowieso nichts bringen Taichi das auszureden, wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann würde er das auch durchziehen. „Du bist verrückt.“

„Stimmt, verrückt nach dir.“

Mimi legte ihre Arme um Taichis Nacken und kam seinem Gesicht ein wenig näher. „Und du bist dir sicher?“, flüsterte sie an seinem Mund.

„Ich könnte mir gar nicht sicherer sein ...“ Taichi beugte sich zu der Brünetten runter und legte seinen Mund auf ihren. Sie küssten sich stürmisch und vergassen völlig, wo sie waren. Erst als ihr Flug aufgerufen wurden, lösten sie sich voneinander.

„Ist Matt nicht völlig enttäuscht, dass du gehst, jetzt wo er wieder da ist?“, fragte Mimi grinsend nach.

„Ach der, er hat mich sogar dazu ermutigt, das hier zu tun. Vielleicht wollte er mich aber nur loswerden. Wer weiß ...“

„Mir soll es recht sein, solange du nur bei mir bist.“

„Bin ich, war ich immer und werde ich von nun auch immer sein. Du wirst mich nicht mehr los, Prinzessin.“

„Ich liebe dich, Tai.“ Endlich konnte sie es sagen. Ohne bitteren Beigeschmack, ohne Angst zu haben, dass danach alles noch schwerer werden würde. Sie hatten eine Chance, weil Taichi bereit war alles für sie zu geben und Mimi würde alles dafür tun, dass Taichi diese Entscheidung niemals in Frage stellen würde.

„Ich liebe dich auch, Mimi. Du warst immer die eine und wirst es bleiben.“

Sie lächelten einander an, ehe Taichi sein Handgepäck wieder aufhob und beide ihre Tickets vorzeigten um das Flugzeug betreten zu dürfen.

„Wir fliegen nach Oralando, Baby ...“, quickte die Brünette aufgeregt.

„Jap und ich habe keine Ahnung was mich dort erwartet“, grinste Taichi. „Also bereit für ein weiteres Abenteuer?“

Mimi nickte wie wild mit ihrem Kopf. „Mit dir immer.“

Händchenhaltend betraten sie das Flugzeug und flogen bald einer neuen Zukunft entgegen. Eine Zeit, die für beide vollkommen neu sein würde. Sie würden andere Hürden überwinden müssen, aber sie hatten einander und waren bereit für diese Liebe alles zu geben. Sie hatten genug Kämpfe ausfechten müssen, um an diesen Punkt zu kommen. Jetzt durften sie glücklich werden. Jetzt konnte sie alles schaffen, weil sie bereits alles hinter sich gelassen hatten.
 

>Wer sich entschieden hat, etwas zu verändern, der überwindet alle Hindernisse.

Er wird Menschen treffen, die mit ihm gehen und er wird auch andere zurücklassen müssen.

Denn das Leben heißt, nicht die Erwartungen anderer zu erfüllen, sondern seinem Herzen zu folgen.<

Epilog

01.08.2024
 

>Wenn die Zeit reif ist, fügt sich das zusammen, was zusammen gehört.<
 

Damals, vor zwölf Jahren, hatte Taichi alles auf eine Karte gesetzt. Er hatte Japan Hals über Kopf verlassen und war mit seiner großen Liebe nach Amerika gegangen. Heute wusste er, dass er alles richtig gemacht hatte und schon viel früher so hätte entscheiden sollen. Aber eines nachdem anderen.
 

Heute war ein ganz besonderer Tag. Heute war ein ganz besonderes Jubiläum. Sie feierten eine 25 Jahre lange Freundschaft. Eine Freundschaft, die verknüpft war mit Abenteuer, Spannung und Kämpfen, aber auch Freundschaften mit verwirrten Gefühlen, Zusammenhalt und Missverständnissen.
 

Taichi suchte mit seiner Hand die von Mimi und verhakte seine Finger mit ihren. Sofort drehte die Brünette ihren Kopf in seine Richtung und schenkte ihm ein glückliches Lächeln. Wie Taichi dieses Lächeln liebte, er würde sich niemals daran satt sehen und er hatte sich geschworen, dass er ihr jeden Tag dieses Lächeln aufs Gesicht zaubern wollte. „Du strahlt heute noch mehr, als sonst.“

„Na klar, heute kommen wir endlich alle wieder zusammen. Es ist so lange her“, schwärmte Mimi und damit hatte sie Recht. Zuletzt hatte sich ihre Gruppe, so wie sie jetzt war, auf der Hochzeit von Hikari und Takeru gesehen und diese war bereits neun Jahre her. Danach hatten sie es nicht mehr hinbekommen, sich alle zu treffen. Mittlerweile waren es auch nicht mehr nur sie zwölf Freunde, oh nein, sie waren gewachsen.
 

Auf den Weg in den größten Stadtpark Tokyos, genossen Taichi und Mimi ihre Reise ins Heimatland.

„Na sieh mal einer an, Cody?“, sagte Taichi freundlich.

Der Jüngste der Clique drehte sich um, mit einer kleinen Kaya auf dem Arm. Cody war zum ersten Mal Vater geworden. Er hatte erst sehr spät die Eine getroffen, aber auch Cody hatte vor drei Jahren eine junge Frau namens Reika kennen und lieben gelernt. Es war seine erste feste Freundin und sollte auch seine letzte sein. Zumindest wünschte er sich das. Cody hatte sich über die Jahre wahrscheinlich mit am wenigsten verändert. Er studierte Jura und wurde Anwalt für Familienrecht.

Er lebte noch immer in Tokyo und baute sich derzeit seine eigene Kanzlei auf. Reika unterstützte ihn wo sie konnte und erledigte alle anfallenden Aufgaben einer Rechtsanwaltsfachangestellten.

„Tai? Mimi? Schön euch zu sehen“, erwiderte Cody.

„Ja, das finden wir auch“, strahlte Mimi und umarmte Cody gleich zur Begrüßung und gab auch der kleinen Kaya einen Kuss auf die Wange. Danach ging ihr Blick wehmütig zu Tai. „Guck mal an, sowas kleines...“

„Prinzessin…“

„Ja, ist ja gut“, lenkte die Brünette schnell ein. „Wie alt ist sie jetzt?“, fragte sie neugierig bei Cody nach.

„Jetzt genau 16 Wochen alt“, erzählte der Anwalt stolz und roch wieder an dem kleinen Kopf seiner Tochter.

„Unendlich niedlich und nochmal herzlichen Glückwunsch.“

„Danke euch.“

„Wo ist denn deine Freundin?“, fragte Taichi währenddessen nach.

„Reika sitzt da vorne mit ...“
 

„Mimi!!!!“, schrie eine vertraute Stimme.

„...Mit Yolei“, beendete Mimi Codys Satz und lief gleich los. „Hallo Yolei“, freute die Brünette sich und warf sich halb auf die Lilahaarige drauf. Sie umarmte sie von hinten, Miyako kicherte und drückte die Arme von Mimi. „Ihr seid aber auch nicht zu überhören.“

„Nö, wollen wir auch gar nicht.“ Mimi ließ Miyako los und grüßte auch Reika. „Wo sind denn deine Kinder?“, fragte Mimi neugierig bei ihrer lilahaarigen Freundin nach.

Miyako und Ken hatten zwei Jahre nach Joe und Saori geheiratet und bereits ein Jahr danach ihre erste Tochter Ayana bekommen. Der jüngste Sprössling saß im Kinderwagen, war ein Jahr alt und schlief, während er von der brühend heißen Hitze mit einem Sonnenschrim geschützt wurde.

„Ken spielt dahinten auf dem Spielplatz mit ihnen“, erklärte die Brillenträgerin und sah glücklich zu ihrer kleinen Familie.

Mimi folgte dem Blick und sah Ken. Er war Polizist geworden und stupste gerade die Schaukel an, auf der das mittlere Kind saß. Shiro war fünf Jahre alt.

„Schneller Papa“, rief das Kind und wollte offenabr schneller sein als sein bester Freund. Direkt daneben saß nämlich Tidus, der Vierjährige. der gerade von seinem Vater angeschubst wurde, Daisuke.
 

„Tai?“

Daisuke stoppte die Schaukel und half Tidus wieder auf den Boden. Er ging zu dem Älteren und begrüßte ihn mit Handschlag.

„Hallo Davis, wie geht es euch?“

„Uns geht es gut, danke.“

„Hallo Tai“, kam eine dritte Person hinter Daisuke zum Vorschein. Es war Yuna. Jene Yuna, die Taichi damals mal kurz gedadet hatte.

„Yuna...“, murmelte Taichi überfordert. Er hatte zwar von seiner Schwester erfahren, dass sich etwas zwischen Daisuke und Yuna angebahnt hatte und sie schließlich zusammen kamen, aber gesehen hatte er sie gemeinsam noch nie. Überhaupt hatte er Yuna seit damals nicht mehr gesehen.

Nur drei Sekunden später tauchte auch Mimi auf der Bildfläche auf.

„Mimi.“

„Yuna.“

Die Frauen musterten sich kurz und dann zog Mimi Taichi bei Seite. Der Braunhaarige musste sich ein Lachen verkneifen. „Bist du etwa eifersüchtig?“

„Wie bitte? Nein, aber ich … ich mag sie nicht. Basta.“

„Warum weil ich mal mit ihr aus war?“

„Tai, dir ist schon klar, dass ich den Anblick nicht vergessen werde, als ich dich zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder gesehen hatte und du ihr die Zunge in den Hals gesteckt hattest, oder?“

Taichi schluckte kurz und nickte schließlich bedauerlich. Ja, das war alles andere als gut gelaufen und wenn er das alles vorher gewusst hätte, hätte er Yuna nicht mit auf den Umtrunk mitgenommen.

„Du hast Recht, entschuldige, aber ich darf doch trotzdem nett zu ihr sein, oder?“

„Jaa-haa … nur nicht zu nett!“ Mimi wusste selber, dass das etwas kindisch war. Immerhin wusste sie, dass Taichi nur sie liebte, aber manche Bilder hatten sich eben in ihren Kopf eingebrannt und leider zählte dieses Bild dazu. Es hatte sie damals sehr verletzt.

„Du bist zu gut für diese Welt“, grinste Taichi frech, zog Mimi zu sich heran und küsste sie sanft auf die Lippen.

„Hey!“, setzte Mimi an, doch Taichi gab ihr gar keine Gelegenheit zu meckern und küsste sie gleich nochmal.

„Diese Lippen habe ich immer schon am liebsten geküsst“, flüsterte Taichi ihr ins Ohr und küsste Mimi dann nochmal unter ihr Ohrläppchen, weil er wusste wie empfindlich sie dort war.

„Ach Tai“, sagte Mimi mit weicher Stimme und schlug ihre Arme um den Älteren.
 

>Häufig bringen uns die schwierigsten Wege an die schönsten Ziele.<
 

„Bruderherz.“

Taichi löste sich von Mimi, drehte sich um und erblickte seine Schwester. „Kari“, lächelte der Braunhaarige und umarmte seine Schwester herzlich.

Auch wenn Taichi es schaffte, seine Familie mehrmals im Jahr zu sehen, so fiel der Abschied ihm doch jedesmal schwer und gerade deshalb freute er sich, seine Schwester wieder zu sehen. Hikari hatte selbstverständlich Takeru geheiratet. An diesen Gedanken konnte Taichi sich ja schon früh genug gewöhnen, denn die Jüngeren waren schon immer ein sehr harmonisches Paar gewesen. Nachdem sie ein paar Monate in seiner alten Wohnung gewohnt hatten, suchten sie sich ein halbes Jahr später eine größere Wohnung die noch näher an der Universität lag. Takeru studierte Literaturwissenschaften und versuchte sich als Schriftsteller. Er hatte mit seinem ersten Buch Erfolg gehabt und arbeitet derzeit an einem zweiten Band. Hikari wurde Erzieherin und stieg letztes Jahr zur Gruppenleiterin auf. Die beiden waren bereits seit neun Jahren verheiratet und hatten zwei gemeinsame Kinder. Naomi war sechs Jahre alt und Kenzo drei Jahre.

„Onkel Tai“, rief Kenzo aufgeregt und lief zu seinem Onkel.

„Na du kleiner Wirbelwind ...“ Taichi warf den kleinen Kenzo in die Luft, fing ihn wieder auf und spielte dann Flugzeug mit ihm. Der Kleine lachte sich kaputt und wollte gleich nochmal. „Später Kenzo, ich habe noch gar nicht alle gesehen.“ Taichi stellte Kenzo wieder auf seinen Füßen ab und dieser lief gleich zu Tante Mimi, damit sie das Gleiche mit ihm spielen konnte. Mimi kicherte und versprach ihm später mit ihm zu spielen.

„Da seid ihr ja, wie war euer Flug?“, erkundigte sich Takeru, der gerade dazu kam und Hikari eine Flasche zu trinken brachte.

„Danke Schatz.“ Hikari schraubte den Deckel auf und nahm sich gleich mehrere Schucke daraus. „Heute ist wieder so heiß“, murmelte die Braunhaarige und sah in den Himmel. Keine Wolke und bei fast 35 Grad im Schatten hatte der Sommer in Japan wieder eingeschlagen wie eine Bombe.

„Unser Flug war gut und der Sommer in Japan ist wirklich extrem, aber das war er ja schon immer“, erwiderte Taichi und nahm die Flasche Wasser, die Hikari ihm reichte, gerne an.

„Das ist wahr, aber die Kinder spielen und laufen trotzdem herum, als wäre es gar nicht so heiß. Es ist erstaunlich“, lächelte Hikari und suchte in ihrer Tasche nach der Sonnencreme. „Ich sollte Naomi unbedingt nochmal eincremen.“

„Wo ist sie eigentlich schon wieder hin?“ Suchend blickte sich Takeru um. „Hoffentlich hat sie keine Katze gesehen, denn dann ist sie nämlich weg und verfolgt sie.“

„Papa, ich bin hier“, schrie Naomi freudig auf und kam mit einem weiteren Mädchen angelaufen. Nara.
 

Nara war ebenfalls acht Jahre alt und die einzige Tochter von Joe und Saori. Nachdem Joe und Saori im Jahre 2012 geheiratet hatten, beendeten sie ihre Ausbildung als Assistenzärzte. Saori machte eine Babypause und im Anschluss eine Weiterbildung zur Frauenärztin. Die Gynäkologie hatte sie nach ihrer eigenen Schwangerschaft und Geburt besonders interessiert. Joe bildete sich in der Allgemeinmedizin weiter und arbeitete derzeit als Oberarzt im Städtischen Krankenhaus in Tokyo.

„Joe und Saori“, freute Mimi sich. Durch deren Hochzeit hatten sich auch Taichi und Mimi wiedergesehen und einander angenähert. Zum Glück hatte Mimi sich damals dazu entschieden zur Hochzeit zu gehen, sonst wäre sie wohl nicht wieder mit Taichi zusammen gekommen.

„Wow, es ist so schön, dass ihr den ganzen Weg gekommen seid“, lächelte Joe freundlich und umarmte Mimi.

„Das ist doch selbstverständlich, außerdem habt ihr uns auch gefehlt und wir wollten euch wiedersehen.“

„Richtig so. Nara, denkst du bitte daran deine Kappe anzuziehen? Es ist viel zu warm“, tadelte Joe seine Tochter und reichte ihr zum wiederholten Male die Kappe.

„Ja Papa, aber die stört beim spielen“, erklärte die kleine Nara.

„Das ist mir egal, ihr müsst euch schützen und besonders viel trinken!“

„Vergiss es Nara, wenn der Papa mit dieser Stimme spricht, dann kann ihn nichts vom Gegenteil überzeugen“, kicherte Mimi und stieß Joe in die Seite. Ja so war er eben und es war schön, dass er sich nicht verändert hatte.
 

Die Freunde hatte sich einen großen Platz im Schatten gesucht und mehrere Picknickdecken lagen nebeneinander. Auch Koushiro saß dort mit seiner neuen Freundin Rai. Yuri hatte ihn nach drei Jahren Beziehung betrogen und ihn schlussendlich für einen anderen Kerl verlassen. Kouhiro hatte lange gebraucht um über diesen Verrat hinwegzukommen und erst sein einem Jahr hatte er sich überhaupt wieder auf Frauen eingelassen. Rai hatte er übers Internet kennengelernt, nachdem er sich bei einer Partnerbörse angemeldet hatte. Eigentlich hatte Koushiro auf so etwas überhaupt keine Lust gehabt und die ersten Verabredungen liefen allesamt schlecht, doch dann schrieb ihm Rai an und nach ein paar Telefonaten trafen sie sich und so entstand ein zartes Band der Vertrautheit und nach und nach wurde daraus Liebe. Mimi setzte sich zu ihrem ehemals besten Freund und war unendlich neugierig endlich die neue Frau in Koushiros Leben kennen zu lernen.

„Hey, du musst Rei sein“, begrüßte Mimi die Dunkelbraunhaarige.

„Und du Mimi“, kicherte Rei.

„Ja, bin ich und dir ist schon noch klar, dass ich dich heute noch ganz schön nerven werde, oder? Ich möchte nämlich alles über dich erfahren und ich hoffe wirklich, dass du meinem Izzy nicht weh tust. Er ist nämlich ...“

„Oh Mimi ...“, seufzte Koushiro und fuhr sich mit der Hand über die Stirn.

„Was denn? Ich will nicht, dass dir nochmal jemand so weh tut, wie damals“, nuschelte Mimi.

„Ist schon okay“, wand Rei ein. „Izzy hat mir davon erzählt. Ich habe ähnliches erlebt und ich wünsche so etwas auch niemanden ...“

„Ne ich auch nicht“, erwiderte Mimi und lächelte beide nacheinander an. „Ihr seht süß zusammen aus. Freut mich für euch und besonders für dich.“ Mimi legte einen Arm um den Rothaarigen und erkannte, dass er zufrieden schien und das war Mimi das Wichtigste.

Etwas unruhig sah Mimi sich um. Alle Freunde waren hier, aber wo war ihre beste Freundin? Auf Sora hatte Mimi sich am meisten gefreut und jetzt war sie einfach nirgends zu sehen. „Hast du was von Sora und Matt gehört?“, fragte Mimi besorgt bei dem Computerfreak nach. Sie war doch nie unpünktlich. War etwa etwas passiert?

„Nein, aber sie kommen sicher jeden Moment“, beruhigte Koushiro sie.
 

>Das Wichtigste ist, dass wir nie den Glauben daran verlieren, dass ein neuer Anfang möglich ist, egal wie unfair und beschissen das Leben gerade ist.<
 

„Oh man, wir kommen von der anderen Seite der Welt und sind trotzdem schneller da, als ihr.“

„Ja aber wir beide wissen, dass das nicht dein Verdienst ist, sondern Mimis“, hörte Mimi eine bekannte Stimme sagen. Sie hob ihren Kopf und sah Yamato, mit seinem fünfjährigen Sohn an der Hand.

„Ahhh“, schrie Mimi, sprang auf und umarmte den Blonden überschwänglich.

„Also ich bin hysterisches Frauengekreische ja gewohnt und auch dass, sich die Frauen mir an den Hals werfen, aber Mimi dein Mann steht gleich neben mir ...“ grinste Yamato frech und zog Mimi in seinen Armen weg von dem Braunhaarigen.

„Hey, wenn du dir Mimi krallst, nehme ich mir eben Sora.“ Taichi umarmte Sora, die hinter Yamato stand und gerade noch dabei gewesen war, der zehnjährigen Honami etwas zu trinken zu geben.

„Tai“, freute Sora sich ebenso und drückte Taichi fest.

„Sora?“, murmelte Mimi mit gedämpfter Stimme, weil Yamato ihren Kopf an sein schwarzes Hemd gedrückt hatte. „Ah, geh weg!“, brummte sie zu dem Blonden, schubste ihn weg und stürzte sich auf ihre beste Freundin.

„Tja, bist du es auch gewohnt so schnell ausgetauscht zu werden?“, grinste Taichi provokant und machte Platz, weil er wusste was jetzt passieren würde.

„Mimi!“

„Sora“

Sofort begannen die Frauen gleichzeitig zu lachen und zu weinen und hielten einander fest.

„Warum tun die immer so, als hätten sie sich zehn Jahre nicht gesehen?“, fragte Taichi nach.

„Keine Ahnung, das ist mir echt zu hoch“, erwiderte Yamato und schielte dann wieder zu seinem besten Freund. „Ich bin froh, dass ich dich nur zweimal im Jahr ertragen muss.“

„Wem sagst du das!“

Sora und Yamato besuchten einmal im Jahr Taichi und Mimi in Amerika und einmal im Jahr, meistens in den Sommerferien, kamen Taichi und Mimi in ihr Heimatland zurück, um Freunde und Familie zu sehen. Auch wenn manche natürlich mehr gesehen worden waren, als andere.
 

Sora war, wie nicht anders zu erwarten, Modedesignerin geworden. Dadurch dass sie sich hauptsächlich für traditionelle und japanische Mode interessierte, wurde dies ihr Fachgebiet. Sie zogen nach Kyoto, der Stadt mit den größten Traditionen des Landes und Sora hatte Bestellungen im ganzen Land und teils auch über Japan hinaus. Yamato arbeitete noch immer in der Musikbranche. Jedoch war er mittlerweile als gefragter Produzent und Songwriter bekannt. Wobei er nur bestimmte Stücke verkaufte, der Rest blieb in seinem Privatbesitz. Sie hatten gemeinsam zwei Kinder. Honami war zehn Jahre alt und Katsu fünf Jahre.
 

„Seid ihr ohne Mika hier?“, fragte Honami etwas enttäuscht nach.

„Nein, natürlich nicht. Wir waren gestern noch bei Taichis Mutter und haben ihn heute Morgen nicht aus dem Bett gekommen. Yuuko bringt ihn nachher noch her.“ Mimi rollte mit den Augen, das kam ihr ja so bekannt vor. Wie der Vater so der Sohn. Denn auch der zehnjährige Mika konnte Problemlos schlafen.

„Vor 11 Uhr morgens ist nicht mit ihm zu rechnen“, zuckte Taichi mit den Schultern.

„Okay“, strahlte Hanomi und sah zu ihrer Mutter. „Mama wie spät ist es?“

„Wir haben jetzt 11 Uhr, Liebes“, antwortete diese.

„Alles klar.“ Hanomi setzte sich wieder zu ihrer Freundin Nara und spielte mit ihren Puppen.

„Ich glaube ja, dass deine Tochter auf meinen Sohn steht“, grinste Taichi diabolisch und klopfte Yamato auf die Schulter.

„Tzz, als ob“, zischte Yamato und legte seine Stirn in Falten.

„Sowas von. Seid ihr ohne Mika hier? Mama, wie spät ist es?“, machte Taichi Hanomi nach.

Yamato verengte seine Augen zu Schlitzen. „Ich werde mit Hanomi reden müssen.“

„Als würde das was bringen“, lachte Taichi. „Ja, es ist so beruhigend einen Sohn zu haben und kein kleines Mädchen, wo die Jungs immer nur das Eine von wollen ...“

„Wenn dein Sohn meine Tochter ...“ Yamato verstummte. „Ach du bist du ein Idiot!“

„Auf ewig gewonnen, auf ewig gewonnen ...“ machte Taichi einen Freudentanz, während Yamato Taichi stehen ließ, zu seinem Bruder ging und die Frauen sich genervt ansahen.

„Es ist aber auch immer dasselbe mit ihnen“, erwiderte Sora.

„Jap, sie werden auch nicht groß.“

„Du meinst erwachsen...“, überlegte Sora im Hinblick auf die Größe ihrer Männer.

„Gut, dann eben erwachsen.“
 

Mimi und Sora setzten sich auf die Decke, auf der Miyako, Hikari, Takeru, Koushiro und Rai saßen. Sie unterhielten sich über alles Mögliche, bis eine weitere Stimme ertönte.

„Mama“, schrie Mika, der an der Hand von Yuuko zum vereinbarten Treffpunkt erschien.

„Mika, komm her Hase.“ Mimi breitete ihre Arme aus. Taichi bedankte sich währenddessen bei Yuuko. Sie grüßte noch schnell Hikari, Takeru und ihr anderen zwei Enkelkinder und verabschiedete sich dann wieder von den Freunden.

„Mama, du sollst mich doch nicht vor den Anderen so nennen.“

„Entschuldige“, erwiderte Mimi grinsend und beobachtete, wie Mika zu Hanomi ging.

„Hallo Mika“, strahlte Hanomi.

„Ist das eine Barbiepuppe?“, fragte Mika genervt nach. „Hier sind ja so viele Mädchen“, rollte er mit den Augen und sah auf seinen Fußball. Mit wem sollte er denn jetzt spielen?

Hanomi nahm Mika den Ball aus der Hand, ließ ihn auf den Boden fallen und trat ihn mit dem Fuß nach vorne. „Wetten, dass du ihn mir nicht mehr abnehmen kannst?“

„Das wollen wir ja erstmal sehen.“ Schon stürmten Mika und Hanomi mit dem Ball los und lieferten sich ein Fußballmatch.

Taichi setzte sich zu seiner Frau und zog sie in seine Arme. „Ich liebe dich.“

Mimi sah nach hinten zu ihrem Mann, küsste ihn auf dem Mund und schmiegte sich näher an ihn. „Ich liebe dich auch.“
 

Nachdem Taichi damals spontan mit Mimi nach Orlando gereist war, hatte er, nach einem Monat Suchen, für das restliche Semester noch ein Zimmer am Campus gefunden. Aber dennoch verbrachte Taichi jeden Tag und auch fast jeden Abend bei Mimi. Er hatte sich so in den Staat und auch in das Land verliebt, dass er beschloss, nach allen bestanden Prüfungen, dauerhaft in Amerika zu bleiben. Ethan hatte Taichi damals nicht mehr oft gesehen. Es nervte ihn zwar, dass er immer noch gemeinsame Kurse mit Mimi hatte, aber offenbar hatte Mimi den Amerikaner so sehr verletzt, dass er sie ignorierte und aus dem Weg ging. Ihre beste Freundin Nicole hatte nach mehreren Beziehungen, den Richtigen schlussendlich im Berufsleben kennengelernt. Sie wurde Managerin von einem Tennisspieler namens Steve, mit dem sie letztendlich zusammen kam.
 

Im letzten Semester wurde Mimi überraschend mit Mika schwanger. Die Schwangerschaft verlief mit vielen Komplikationen. Mehr als die Hälfte der Zeit verbrachte Mimi im Krankenhaus und hatte auch während der Geburt viel Blut verloren. Das alles setzte der Brünetten so zu, dass sie gar nicht an ein zweites Kind denken konnte. Drei Jahre später hatten Mimi und Taichi geheiratet und waren glücklich, dass sie auch diese schwere Zeit gemeistert hatten.

Beruflich hatten sie viele Parallelen und taten sich daher zusammen. Sie leiteten gemeinsam eine Rehabilitationsklinik in Orlando. Taichi war für die Bewegung, Prävention und Vorbeugung verantwortlich und Mimi für die Ernährung und dafür, den Patienten ein Gefühl für ein bewusstes Leben zu ermöglichen.

Sie hatten sich in Orlando ein Haus gekauft und sich besonders aufgrund der besseren Lebensqualität, für ein Leben in Amerika entschieden. Dennoch sprachen sie oft darüber, wieder nach Japan zu gehen. Sicher war da das letzte Wort noch nicht gefallen.

Seit ein paar Jahren träumte Mimi wieder davon, dann doch noch einmal Mutter zu werden, aber für Taichi war das Projekt Baby abgeschlossen. Zu groß war die Angst Mimi verlieren zu können, wenn auch die zweite Schwangerschaft wieder so kritisch verlaufen würde und da keiner der Ärzte ihnen sagen konnte, dass es nicht wieder so sein würde, war auch für Mimi klar, dass es kein zweites Kind geben würde. Mika brauchte seine Mama und Taichi seine Ehefrau. Daher erfreuten sie sich jeden Tag daran, dass sie gesund waren. Denn das Wichtigste was sie bisher in ihrem Leben gelernt hatten, privat wie auch beruflich, war, dass Gesundheit das wichtigste Gut war. Sie waren gesund. Ihre Freunde, Familie und Kinder waren es ebenso. Sie konnten nur hoffen, dass es so blieb und wenn doch mal was passieren würde, würden sie wieder so hart kämpfen, dass sie auch diesen Kampf gewinnen würden.
 

Taichi sah von seinem Platz aus zu seinen alten Freunden. Die Kinder spielten auf dem Spielplatz oder auf der großen Wiese des Parks und erlebten selber jeden Tag neue kleine Abenteuer.

Ihre Freundschaft hat sich über die Jahre verändert. Die meisten gründeten selbst eine Familie. Es gab mal Streit, es gab mal Ärger und doch schafften sie es, sich nicht ganz aus den Augen zu verlieren. Wenn jeder ein bisschen was dazu beiträgt, dann ist es auch möglich, eine Freundschaft aus längerer Distanz aufrecht zu erhalten. Denn die Freundschaft und Liebe tragen sie weiter in ihren Herzen. So oft hatten sie gelernt, dass der Schlüssel zum Glücklichsein darin bestand,in sich hinein und auf sein Herz zu hören.

Denn das Herz schlägt bereits, obwohl wir noch nicht mal in der Lage sind, zu denken.
 

~♥~Ende~♥~


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja... Mimi und Tai sind getrennt, aber warum??? Tja, da müsst ihr natürlich weiter lesen ;)
das nächste Kapitel wird in ein paar Tagen folgen, immerhin ist der Prolog ja sehr kurz. Das erste Kapitel beginnt dann wieder zwei Jahre früher und man sieht wie Mimi und Matt sich in Amerika zurecht finden :)
Bleibt einfach mal gespannt und lasst mir doch gerne eure Meinung da :)

Liebe Grüße Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Der erste Einblick... im nächsten Kapitel liegt er Focus auf Tai, das Kapitel wird dann wieder Freitag an den Start gehen...
irgendwie mag ich diesen Tag zum hochladen einfach XD
Liebe Grüße euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Als nächstes kommt dann wieder Mimis Sichtweise... und Nick wird auftauchen... puh... bleibt also gespannt, wie die erste Begegnung werden wird...;)

Liebe Grüße euer Linchen :* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So... er ist wieder da... und was sagt ihr? Habt ihr ihn euch so vorgestellt? und wie wird Mimi reagieren? Brim nächsten Mal gibt es dann erst mal wieder Tais Sicht... Liebe Grüße :* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja...ihr Lieben... das war doch mal eine Überraschung oder hat einer damit gerechnet??? Ja, Nick geht jetzt also tatsächlich auf die gleiche Schule wie Mimi und sicher wird die Situation dadurch nicht besser.
Aber immerhin haben sich Mimi und Nicole wieder vertragen. Bin sehr auf eure Meinung gespannt. Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende...:) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo...:) Wieder mal ein neues Kapitel und schon wieder bahneln sich Tendenzen die für den weiteren Verlauf wichtig sein werden an ;) Ich hoffe es hat euch gefallen und im nächsten Kapitel kommt dann Tais Paket an ;)
Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende :)

Liebe Grüße euer Linchen ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
und wieder ist eine Woche herum und zeit für ein neues Kapitel und ja Mimi hat auch Matt nichts davon erzählt, dass Nick an ihre Schulter geht... Tja... ob das gut ist? XD
Und freut euch auf die nächsten beide Kapitel... Es wird eine schöne Michiinteraktion geben und ich bin jetzt schon mega auf eure Reaktion gespannt :*
Ansonsten wünsche ich euch ein schönes Wochenende. Liebe Grüße euer Linchen :* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallöhen, jetzt melde ich mich erstmal beim Nachwort. Das war also Tais Geburstag und eigentlich hatte der gute gar keine Lust zu feiern... Der Song von Vanessa Carlton A thousand miles fand ich super passend und ich brauchte ja auch einen Song den es 2010 schon gab und den gab es schon seit 2008 XD
für die die das Lied nicht kennen, sollten auf jeden Fall mal reinhören :)

und sonst geht es nächste Woche wieder mit Mimis Sicht weiter und Nick taucht wieder auf ;)

Liebe Grüße :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So ich wollte euch nicht vorenthalten, dass die nächsten Kapitel aus einer neuen Sicht erzählt werden und zwar liegt in den nächsten beiden Kapitel Sorato im Vordergund. Nächste Woche kommt eine Sicht von Sora... Immerhin fand ich es auch wichtig, dass man auch mal ein Einblick in ihre Beziehung bekommt und ich bin gespannt was ihr sagen werdet :)
Liebe Grüße und allen ein schönes Wochenende :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja... bevor ihr alle denkt, boah Matt... es gibt immer zwei Varianten einer Geschichte und Matts Sicht kommt nächste Woche... :) bis dahin :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Okay...ich gebe zu, das kommt jetzt sehr überraschend... seid nicht böse, aber sowie es aussieht haben es wohl beide Pärchen nicht geschafft, die Fernbeziehung zu meistern... Vielleicht waren sie in ihrem jugendlichen Leichtsinn noch nicht bereit dafür... aber die Geschichte geht ja gerade erst los ;) ist ja immerhon noch ganz am anfang und hey, ich hätte das wirklich an Soras Stelle auch nicht mehr ausgehalten. Ihr???
Na ja... man wird sehen, wie es auch bei den Beiden weiter geht... als nächstes kommt dann wieder die Version von Tai, der von der Trennung seiner besten Freunde erfährt...
Bis dahin... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja... Matt suhlt sich noch etwas in Selbstmitleid und es gab sogar einen Bandtwist... Ich glaube so etwas ist vollkommen normal und kommt wohl auch immer mal vor...
im nächsten gibt es wieder mal die Sicht aus Tai und den ersten Streit... ihr könnt ja mal raten, was wohl der Grund ist... wer das Kapitel aufmerksam gelesen hat...wird es sicher erraten :/

Ich möchte auch nochmal kurz meinen kleinen Two-Shoot erwähnen... Happy Birthday, Mimi die ich für mein Herz Black-Starshine geschrieben habe... zumindest für die die es noch nicht gelesen haben. Ist eine kleine Michi mit nicht so viel Drama...
Hier der Link dazu: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/856382/371001/

Das wars dann auch wieder für heute... Lieben Gruß an euch alle :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja.... ziemlich viel passiert oder? Ich weiß gar nicht was ich sagen soll...
Das nächste Kapitel ist der Herbstball und es wird wieder mal ziemlich viel passieren und auch Nick taucht wieder auf... Tja ob Mimi ihn überzeugen wird?
Da ich am Sonntag die Zwanziger verlasse und überlege wo ein schöner Platz unter der Brücke ist...:P hoffe ich das ich trotz Umzug nächste Woche das Kapitel wieder pünktlich hochladen werde...

In diesem Sinne wünsche ich euch allen ein schönes Wochenende :)))

Liebe Grüße euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So... bevor mein Laptop ebenfalls den Weg in einen Karton findet hier doch noch ein neues Kapitel.
Bin gespannt was ihr dazu sagen werdet und ob ihr es euch so gedacht habt?
Ich hoffe, dass ich pünktlich im neuen Haus Internet habe und problemlos am Freitag hochladen kann, ansonsten verzeiht es mir :)

Liebe Grüße :))) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben...

Ja wieder mal etwas passiert, wo ich nicht weiß ob jemand noch damit gerechnet hat...
Ich hoffe ich komme nächste Woche noch dazu ein Kapitel hochzuladen, aber ich kann nichts versprechen, also seid mir nicht böse, falls dieses Jahr kein Kapitel mehr online kommt.

Liebe Grüße :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine lieben Leser :)
Es ist wieder einmal Freitag und daher Uploadtag, aber ich muss auch gleich zu Beginn erwähnen, dass es für dieses Jahr das letzte Kapitel ist... Ich habe genug in Petto, das ist nicht das Problem... sondern ich befinde mich in anderen Umständen und stehe im warsten sinne des Wortes kurz vorm platzen ;)
und da man vorher nie weiß wann es passiert möchte ich mir keinen stress machen und erst wieder im neuen Jahr im Januar, wenn ich ein bisschen Zeit hatte mich an mein neues Leben zu gewöhnen wieder upzuloaden...ich hoffe ihr habt Verständnis und könnt euch ein bisschen auf ein neuen Kapitel gedulden...

Dennoch möchte ich euch allen dafür danken, dass ihr auch die Fortsetzung liest :) Danke an die Kommischreiber... Ich freue mich über fast 90 Kommentare... Ich hatte noch nie soviel Feedback und es freut mich sehr... :) weshalb es auch auf jeden Fall im Januar weiter gehen wird...
Ich wünsche euch allen ein schönes Weihnachtsfest im kreise eurer Familie und einen guten rutsch ins neue Jahr :) Ich hoffe ihr habt alle ein paar freie Tage und könnt euch von der stressigen Zeit erholen ;)

Vielen Dank an euch alle euer Linchen

P.S. Die nächste Sichtweise wird aus Karis Perspektive erzählt werden... da ich euch die Eindrücke von Aoshima nicht vorenthalten wollte ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, ich weiß viele hätten sich einen anderen Ausgang gewünscht, dass Tai eben doch nochmal die Möglichkeit bekommt mit seinem Vater zu reden, aber ich denke im wahren Leben bekommt man auch nicht immer die Gelegenheit dazu alles zu klären... Da muss er jetzt durch...:( Ich denke diese Erfahrung wird ihn sehr prägen und wachsen lassen...
Die nächste Sicht wird dann wieder von Mimi erzählt werden... also müsst ihr mit Taichi weiteren Reaktion noch ein wenig warten...

Liebe Grüße euer Linchen Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja... Guten Morgen ihr lieben, ein neues Kapitel und man erfuhr wie Mimi die Nachricht erfahren hatte und ja, ich ende mit einem Cliffhänger...
Ihr kömmt mir ja gerne eure Theorie nennen. Als nächstes wird die Perspektive dann wieder von Taichis Sicht erzählt werden :)

Bis denn und euch allen ein schönes Wochenende :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo... Ja, habt ihr wirklich geglaubt ich lasse Tai alleine? Nein, das hätte ich nicht verkraftet ;) und natürlich hatte Mimi ihre Mutter rumgekriegt... :) Jetzt sind sie erstmal wieder zusammen... ob es leichter wird, wird man sehen... aber die letzten Monate sind nicht spurlos vorbei gegangen.
Und ich wollte mich noch bedanken für über 100 Kommentare :) Vielen lieben Dank, das freut mich wirklich sehr und ich hoffe das die Geschichte auch wenn jetzt erst mal ein paar traurigere anfallen werden - euch weiterhin gefallen wird. :)

Liebe Grüße :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen, ich hoffe euch hat das neue Kapitel gefallen. Was meint ihr war es gut, dass Mimi Tai von der Sache mit Nicole und Matt erzählt hatte oder wäre es klüger gewesen zu schweigen?
Die Luft wird dünner und mal sehen wann die ganze Sache mit Nick ans Tageslicht kommt.

Liebe Grüße euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Puh. Ich muss wirklich sagen, das mir dieses Kapitel sehr schwer gefallen ist. So ein Thema ist immer schwer und die Worte zu finden hat mich echt wahnsinnig gemacht. Ich habe bei jedem durchlesen immer mal wieder etwas verändert und weiß immer noch nicht, ob ich jetzt zufrieden bin. Ich hoffe euch gefällt es :) und danach wird es mit allen in Tokio weitergehen :)

Liebe Grüße euer Linchen Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben ;) Ja, es war sicher nur eine Frage der Zeit bis Tai einen dieser Telefonate bzw. Anrufe mitbekommt und so langsam fügt sich eines zum anderen... Bin mal gespannt was ihr dazu sagen werdet ;) Im nächsten Kapitel gibt es mal wieder die vier Mädels unter sich ;)
Bis dahin, euer Lichen :* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben... Es wurde Zeit endlich mal wieder die Mädchen unter sich zulassen :) Solche Momente gefallen mir immer noch am besten. Auch wenn sicher ein paar typische Themen angesprochen wurden die hier einfach nicht fehlen durften...

Wünsche euch noch ein schönes Wochenende :)
Euer Linchen ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser,

Was soll ich sagen? Nochmal ein Adultkapitel und was soll ich sagen? Genießt es ;) denn ich weiß wirklich nicht wann es dazu das nächste Mal kommt. Ich wollte ihnen noch einmal einen schönen Moment geben, bevor es im nächsten Kapitel und soviel verrate ich euch schon mal sie tatsächlich miteinander reden werden.


Bis dahin, liebe Grüße euer Linchen :)

Irgendwie nimmt das Kapitel die Adult-Markierung nicht an... Obwohl ich es vor dem hochladen andauernd angegeben habe... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja... Da war es das Gespräch... War wohl zu befrüchten, dass es nicht so toll ausging, oder?
Im nächsten Kapitel taucht auch endlich wieder Matt auf... damit wären tatsächlich alle wieder komplett, aber ob das so gut ist...
Dennoch liebe Grüße :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben :)

Ich hoffe euch hat das Kapitel genauso gut gefallen wie mir :) Die beiden zusammen sind doch einfach grandios :D
und im nächsten gibt es wieder ein Kapitel aus der Sicht von Matt und es gibt eine Aussprache mit Sora...

Liebe Grüße und allen eine schöne Woche :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser =)

Ja, es ist sehr viel in diesem Kapitel passiert... Ich denke die größte Überraschung ist wohl, dass Kisho und Nori mal ein Paar waren :) Das hat wohl keiner kommen sehen, oder?
Im nächsten Kapitel wird es ganz schön zur Sache gehen, wie ihr euch sicher vorstellen könnt...

Dennoch möchte ich mich kurz bedanken für über 200 Kommentare :) Vielen, vielen Dank, ihr glaubt gar nicht wie sehr ich mich darüber freue :) Am Anfang wusste ich gar nicht, ob die Fortsetzung überhaupt eine gute idee ist, daher freue ich mich umso mehr über dieses Feedback. Im übrigen wenn alles nach Plan läuft ;) haben wir nun die Halbzeit erreicht. :)

Nochmal Danke an euch alle :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser...

Ja, was soll ich sagen... Ich denke auf dieses Kapitel haben wohl mehr oder weniger alle gewartet. Dieses Kapitel stand tatsächlich schon ganz am Anfang fest!

Der Song den Matt da singt, heißt let her go von Passenger. Ich liebe dieses Lied und habe es dauernd während des schreibens gehört, nicht nur bei diesem Kapitel - auch bei vielen anderen. Dieses Lied war für Matt von Beginn an bestimmt und ich finde es passt einfach soooo gut.

Ich bin sehr gespannt auf eure Reaktion
Falls ihr den Song nicht kennen solltet... Hier der Link https://www.youtube.com/watch?v=RBumgq5yVrA
Hört ihn euch an - Ich liebe ihn :)

Ansonsten allen ein schönes langes Wochenende :)
Euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben, ja dieses Zwischenkapitel musste nochmal her, es wäre mir sonst zu aprubt gewesen. Im nächsten kommt dann nochmal eine Aussprache mit ungewissem Ende auf euch zu...

Ich hoffe ihr fandet das Geschenk und den Brief von Matt an Sora schön. Vorerst war es nämlich das letzte zu den Beiden... aber auch hier sind wir ja noch nicht am Ende und ich bin gespannt was ihr zu den nächsten Kapitel sagen werden, darauf werde ich aber nächste Woche nochmal näher drauf eingehen :)

Bis dahin, euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben,

ach am liebsten hätte ich euch dieses Kapitel vorenthalten. Ich hab mir damit selber das Herzchen gebrochen, das könnt ihr mir glauben und auch jetzt beim Korrekurlesen muss ich mit meinen Tränen kämpfen :( Ach herm. Ich bin wirklich gespannt was ihr zu Taichis Entscheidung sagen werden, würd emich über ein Kommi freuen und sicher seid ihr gespannt wie es weiter geht, aber an dieser Stelle möchte ich noch nicht zu viel verraten. Die nächste Sichtweise wird dann wieder von Mimi erzählt werden und auch dieses Kapitel ist keine leichte Kost ;)

Trotzdem Danke für euer Feedback, damit habe ich übrigens meinen eigenen Rekord gebrochen und das freut mich :)
Liebe Grüße und ich trockne mal meine Tränen :( Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben, ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Auch mir ist dieses Kapitel wieder sehr schwer gefallen :) Die nächsten Kapitel werden Monate weise erzählt werden und jeweils einen Monat werden Sora und Matt bekommen, aber dazu später mehr. Die Kapitel werden alle ein wenig länger, ich hoffe die Kapitellänge ist dennoch okay und lässt sich gut lesen :) aber es passiert eben auch viel in einem Monat :)

Vielen Dank für lesen und bis nächste Woche :)
Ansonten habe ich eine kleine Takari neu hochgeladen, wer Interesse an einem anderen Pairning hat, ist herzlich eingeladen auch diese zu verfolgen :)
http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/856382/375827/ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Allen ein schönes sonniges Wochenende :)
zerfließt bei den Temepraturen bitte nicht ;)
besonders @ RinRainbow, die dieses Wetter echt liebt :D Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo, ich bin schon gespannt was ihr zu diesem Kapitel sagen werdet.
Der Song ist von Passenger feat. Birdy, falls ihr mal reinhören wollt, findet ihr unten den Link.
Ansonsten allen ein schönes und langes Wochenende :)

https://www.youtube.com/watch?v=M2RHLZQbZCU Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser,

damit wäre auch der April beendet. Wie er seht bewältigt Tai seine Gefühl und Gedanken, sondern verdrängt sie. Was glaubt ihr, wie lange das gut geht?

Im nächsten Kapitel hat Mimi ihren Schulabschluss und ihren Abschlussball.
Bis dahin, liebe Grüße :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser :)

Jetzt hat Mimi also ihren Schulabschluss geschafft und wird mit Nicole im September in Orlando studieren :)
Auch dann gibt es erst wieder ein Kapitel zu Mimi :)

Was sagt ihr zu Kisho?
Liebe Grüße und eine schöne Woche wünsche ich euch ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Halloooo... Ja, ich weiß derzeit sind meine Kapitel alle etwas länger, aber wenn man immer einen ganzen Monat versucht einzubauen, weiß man manchmal nicht wo es enden soll :D
Ich hoffe die Länge geht gerade noch...

Das nächste Kapitel wird aus Soras Sicht beschrieben, freut euch drauf und allen ein schönes Wochenende :)
Liebe Grüße Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen... Heute hat es leider etwas länger gedauert. Verzieht es mir :)
Bei nächsten Mal gibt es eine Sicht von Matt.
LG euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser :)

So sieht es also bei Matt aus. Was sagt ihr dazu?
Sogar Sora kam kurz vor und wird aus ihrer gemeinsamen Wohnung ausziehen. :( Irgendwie schade, oder geht es nur mir so?
Der Song den Matt da singt, heißt Hurricane von der Band 30 seconds to Mars :) Ich finde sie echt super.

Falls ihr den Song nicht kennt, könnt ihr ja mal reinhören, wenn ihr mögt :)
https://www.youtube.com/watch?v=mdJDPepGOAM

Die nächste Sicht wird dann endlich wieder von Mimi erzählt :)
Liebe Grüße und bis dahin :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen ihr lieben Leser :)

Wieder ein neuer Kapitel und Mimi hat sich in Florida eingelebt.
Im nächsten Kapitel kommt Tais Sicht und es gibt zwei Überraschungen :)

Bis dahin und allen eine schöne Woche :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen... Ja, das war glaub ich das längst Kapitel, dass ich bisher geschrieben habe...Aber es gibt noch ein längeres ;)
Zur Zeit komme ich einfach nicht auf den Punkt :D
Hier ist eine ganze Menge passiert. Die erste Überraschung Matt war da :) Ich fand es irgendwie süß, dass er nur wegen Tais Geburstag in den Flieger gestiegen war, aber ich glaube beide haben das gebraucht...

und Sora hat einen neuen Freund und ja Matt hat es gleich erfahren. Ziemlich harte Kost für den Blonden.
Im nächsten Kapitel geht es dann mit Mimi weiter und ja auch Matt wird auftauchen. Eigentlich tauchen ziemlich viele Männer aus Mimis Vergangenheit auf ;) Bleibt also gespannt und bis zum nächsten Mal :)

Liebe Grüße und allen bis dahin eine schöne Zeit :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben,

Puh. Ich weiß gerade gar nicht was ich sagen soll. Ich sag ja das viele Männer aus Mimis Vergangenheit auftauchen. Ganz schön viel für einen Monat :D aber gut...
Ansich bin ich ein bisschen stolz auf Mimi, dass sie diese zwei Besuche am ende getan hatte. Gerne wäre ich noch näher darauf eingegangen, aber das Kapitel war ohnehin schon so lange und ich denke oder hoffe, die Botschaft ist dennoch angekommen.

Im nächsten Kapitel geht es dann mit Tai weiter und es geht nochmal nach Aoshima :)
Liebe Grüße :)

P.S Anlässlich zur Michi-Woche kommt am Sonntag auch ein Beitrag von mir. Es wird ein One Shoot sein und ich hoffe ihr lest da auch mal rein.:) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben ;)

Heute ist die Geschichte fast auf den Tag 1 Jahr alt. Ich kann das noch gar nicht glauben, wie lange mich die Geschichte schon wieder begleitet :) Ich denke das wird sie auch noch das restliche Jahr :) Danke, an all die treuen Leser und Kommischreiber. Ihr macht die Geschichte besonders und helft mir sie weiter zu entwickeln :*

Das Jahr 2011 wäre hiermit abgeschlossen.. In diesem Kapitel ist doch wieder ganz schön was passiert, oder?
Im nächsten Kapitel gibt es einen kleinen Zeitsprung und wir beginnen nicht mit Janunar, sondern mit April 2012. Was auch bedeutet, dass das Prolog Kapitel immer näher rutscht.
Ich hoffe ihr freut euch genau so darauf, wie ich... :)

In diesem Sinne wünsche ich euch allen eine tolles Wochenende...:=)
Liebe Grüße euer Linchen :)

P.S habe zwei neue Charaktere hinzugefügt. Ethan und Akuma für die, die sich ein Bild machen wollen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben :)

Wie angekündigt gab es hier einen kleinen Zeitsprung. Das schöne wir kommen dem Prolog Kapitel immer näher. Noch zwei Kapitel und dann sind Mimi und Tai tatsächlich wieder in einem Kapitel zu lesen.
Ich hoffe ihr freut euch und seid gespannt, wie das dann so ablaufen wird. Es wird noch viel passieren :)

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende, auf das der Sommer doch noch zurück kommt ;)
Liebe Grüße und bis bald euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo... Das Prolog Kapitel kommt also nächste Woche online und Juna (wie sich wohl einige schon gedacht haben) wird sein Date sein. Tja, ich hoffe ihr freut euch drauf und bleibt gespannt :)

Bis dahin und allen ein schönes Wochenende und eine schöne Woche :)
Euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Jaaa... Mimi ist back und wir sind offiziell beim Prolog Kapitel angekommen. Ich kann es gar nicht fassen. Ich bin wirklich gespannt was ihr sagen werdet. Im nächsten Kapitel wird Tais Sicht erzählt werden und man sieht wie er den Abend fand und wie es zum dem Kuss gekommen war.

Bis dahin. Liebe Grüße und allen eine schöne Woche :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben =)

Erst einmal wollte ich mich bei euch bedanken. 300 Kommentare :) Ich kann es gar nicht glauben :)
Danke an euch und allen anderen Lesern.
Bin gespannt was ihr sagt und ob ihr Mimis Reaktion verstehen könnt.

Liebe Grüße und bis nächste Woche =) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen :)

Ja... Mimi lebt sich langsam wieder in Tokio ein und hatte mal wieder einen schönen Tag mit ihrer besten Freundin :) Taichi ist natürlich ein Thema, aber auch Hikari... Tja, was sagt ihr dazu?

Liebe Grüße und bis nächste Woche :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser,

Tja, der erste Fehlversuch ist dann wohl schief gelaufen...
Mal sehen, ob ein paar versteckte Hinweise eure Neugier geweckt hat ;)

Kari hat also lediglich ein schlechtes Gewissen... irgendwie ja süß :)
Im nächsten Kapitel treffen sich dann Mimi und Kari und auch die Beiden haben eine Aussprache. Jedoch kommt das nächste Kapitel erst in 2 Wochen...
Ich bin ab Montag im Urlaub für eine Woche und werde meinen Laptop nicht mitnehmen...
Derzeit bin ich leider angeschlagen, also drückt mir bitte die Daumen, das es bis Montag weg ist :/:(

Bis dahin, liebe Grüße euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser :)

Hier ist doch schon wieder einiges passiert. Mimi und Kari reden endlich Klartext und sogar Tai und Mimi hatten einen kurzen und unbeschwerten Moment...
Ich denke jedoch Rikus Geschichte war das Highlight. Sie tat mir richtig leid beim schreiben.

Im übringen habe ich die Story jetzt bis zum ende durchgeplant und sie wird 75 Kapitel lang sein... Also habt ihr noch 19 Kapitel plus Epilog vor euch :)

Das nächste Kapitel wird wieder von Tais Sicht erzählt und richtig Joe hat seinen JGA :DDD

Liebe Grüße und bis dahin :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser... So tatsächlich war gab es doch noch ein bisschen Party. Es sei ihm gegönnt oder?

Im nächten Kapitel gibt es ein... ähm wiedersehen zwischen Mimi und Tai. Wie das wohl ablaufen wird?

Ansonsten allen vielen Dank fürs Lesen und kommentieren :)
Euer Linchen:) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser,

ich gehe schon einmal in Deckung. Wie einige von euch bereits vermutet haben ist Mimi bei Tai aufgekreutzt und sieht sie nachher noch zusammen am Kino. Autsch. Das tut wohl doppelt weh :/
Im nächsten Kapitel gibt endlich die Lüftung um Mimis Mail, Tai wird sie also endlich lesen ;)
Da ich nächste Woche aber übers Wochenende in Berlin bin, werde ich eine Woche aussetzen und erst in zwei Wochen wieder hochladen...
Entschuldigt :)

Bis dahin alle eine schöne Zeit und wir lesen uns dann hoffentlich wieder :)
Liebe Grüße euer Linchen:) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben,

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen.
Bin gespannt, eure Meinung dazu zu lesen :) Im nächsten gibt es ein Aufeinandertreffen zwischen Taichi und Ethan...

Wie einige ja vielleicht schon mitbekommen haben, die liebe Ariana und ich haben einen Halloween OS geschrieben unter dem Namen Haunted. Auch wenn Halloween vorbei ist, würden wir uns freuen, wenn ihr ihn lesen würdet ;)
Hier der Link dazu. http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/serie/97/382077/

Ansonsten wünsche ich allen eine schöne Woche :)
Liebe Grüße :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser,

das war also das Aufeinandertreffen zwischen Taichi und Ethan und was sagt ihr? ;)
Im nächsten Kapitel findet dann Saoris JGA statt :) Die gute darf schließlich auch noch ran ;)
und ja, dann ist auch bald Matt zurück. Wird Zeit, oder?

Bis dahin und liebe Grüße euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo meine Lieben ;)

Mir hat das Kapitel soooo großen Spaß gemacht zu schreiben und ich musste ganz viel an meinen eigenen JGA denken :)
Ich hoffe euch hat es auch gefallen und der Anruf einer betrunkenen Mimi musste einfach sein ;)

Im nächsten Kapitel ist endlich Matt wieder da... Wuhuu... und dann ist auch schon die Hochzeit :)

Also allen ein schönes Wochenende und bis dahin :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser, Die letzten - natürlich chaotischen Vorbereitungen wurden erledigt und die Hochzeit findet am nächsten Tag statt. Nächste Woche wird als erstes die Sicht von Mimi kommen. Als Orientierung jeder bekommt eine Sicht auf der Hochzeit zugeteilt. Mimi, Sora, Yamato und Tai.

Auf meiner Playlist habe ich bereits die Songs eingefügt die auf das jeweilige Kapitel zutreffen, wenn es soweit ist, sage ich nochmal mehr dazu :)

Nun möchte ich euch einen kleinen OS ans Herz legen. Die liebe Tasha88 hat nämlich für mich (rot werd) ein Geburstag-OS geschrieben. Eine süße Michi, die mir sehr, sehr gut gefällt.
Hier der Link. Schaut doch mal vorbei :) http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/382189/1227125/default/#complete
und hier wollte ich auch hier nochmal erwähnen, dass ich seit dieser Woche ein Autoenprofil bei Instagram angelegt habe...
unter https://www.instagram.com/linchen86xx werde ich euch über alle meine Projekte im Vorfeld informieren.

Das wars dann aber auch von mir.
Liebe Grüße euer Linchen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das war der offizielle Part der Hochzeit :)
Die Songs kennen vielleicht einige von euch. Der erste Song ist von Shane Filan - Beautiful in White und der zweite von John Legend - All of me.
Also ganz typische Hochzeitslieder, die ich echt mega mag und total schön und inspiriend fand :)

Liebe Grüße euer Linchen Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, das war also Soras Sicht. Was sagt ihr?
Das tolle Lied das Yamato zum besten gibt, ist von Ed Sheeran Happier :) und ich fand es passte sooo gut dazu.
Wer es nicht kennt, reinhören :)

Die nächste Sicht ist dann von Matt. Bis in zwei Wochen und liebe Grüße
Euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr lieben Leser :)

Ja, ein kleines Liebescomeback :) Was sagt ihr? Hättet ihr damit noch gerechnet oder es euch zumindest gewünscht?
Die nächste Sicht wird aus Tais Perspektive erzählt werden und ich mag die Sicht auch sehr gerne :)

Bis dann in zwei Wochen und liebe Grüße
euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hey, das war der letzte Teil der Hochzeit. Ich hoffe ihr habt die Kapitel gemacht. Danach geht es wieder mit Mimi weiter und der gute Ethan hat auch mal wieder einen Auftritt.

Macht es bis dahin gut. Liebe Grüße :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das war es also das Date von Mimi und Ethan. Ich bin gespannt was ihr dazu sagt.

Im nächten Kapitel wird Taichis Plan gelüftet und wir gehen so langsam auf die Zielgerade zu.
Ich wünsche allen Lesern ein schönes Osterfest und ein paar entspannte Tage :)

Viel Spaß beim Eier suchen und Schokolade essen :)
Liebe Grüße euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Da waren es nur noch 4 Kapitel... Ich kann es selber nicht glauben...

Macht es fein und genießt das Wochenende.
Liebe Grüße :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich weiß Herzen brechen. Meines auch. Ich war selber richtig traurig beim schreiben, das könnt ihr glauben.
Jetzt kommt nur noch ein Kapitel. Unglaublich oder?
Was glaubt ihr was da wohl noch passieren wird?
Ich werde versuchen es in zwei Wochen fertig zu bekommen, damit ihr nicht solange darauf warten müsst.

Liebe Grüße euer Linchen:) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich melde mich nochmal kurz zum Nachwort:
Ich hoffe ihr freut euch für die Beiden und ich bin gespannt, was ihr letzendlich sagen werden :)

Den Epilog werde ich gegen ende des Monats hochladen.
Ab nächster Woche beginnt die Michi-Woche haltet mal die Augen auf, da ich mir zu einem Thema einen OS überlegt habe.

Liebe Grüße euer Linchen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So das war es jetzt endgültig. Was soll ich sagen? Ich hoffe wirklich euch hat der Epilog gefallen. Ich wollte euch einfach niemanden vorenthalten und hoffe jeden irgendwie glücklich gemacht zu haben.

Ich möchte mich rechtherzlich und aus tiefstem Herzen bei euch für eure Treue bedanken. Jeder Favoeintrag und jedes Kommentar hat mir stets ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Es war manchmal auch wirklich harte Arbeit und zwischendurch wusste ich nicht, ob ich es schaffe sie zu beenden, aber ich hätte es selber nicht ausgehalten diese Geschichte unbeendet stehen zu lassen. Dazu war sie mir viel zu wichtig.

Zwei Menschen möchte ich daher besonders hervorheben:
Natürlich meine liebe Betaleserin Tasha88, die von Anfang an dabei war. Du bist mir eine wertvolle Freundin geworden und bin froh, dass wir uns auf diesem doch sehr witzigen Umstand kennengelernt haben :)
Danke fürs betean. Immerhin tust du dies jetzt auch schon seit drei Jahren und dir fehlt selber oft die Zeit zum schreiben :** Hab dich lieb.

Dann möchte ich mich natürlich noch bei meinem Herz Ariana bedanken. Meine Geschichte hat uns zu dem gemacht was wir heute sind. Richtig, richtig gute Freundinnen. Danke fürs brainstormen und für unser RPG. Ich liebe es.
Ich habe dich lieb.:***

Danke an euch alle. Danke fürs lesen, danke für eure Zeit und danke für eure Worte. Es hat mir immer viel bedeutet.
Ich habe mir überlegt ein kleines Leser-Projekt zu starten. Ich habe es jetzt schon bei mehreren Autoren gesehen und finde die Idee schön. Wenn ihr möchtet schickt mir doch ein Wort zu. In die Kommis oder per ENS und ich lasse mir dazu eine Story einfallen. Und Tasha ja du kannst dir auch eine Takari wünschen :D
Wie und wo sie dann an den Start geht kann ich aber noch nicht sagen.

Sicher wird sie aber im Herbst starten :)

So ich werde gerade sehr emotional und bevor ich mir meinen Laptop kaputt mache, höre ich mal an dieser Stelle auf. Man liest sich sicher bald mal wieder und bis dahin es gibt so viele wunderschöne Geschichten hier auf Animexx. Lest sie und erfreut euch dran. Ich muss nämlich auch noch ein bisschen was aufholen. :)

Ach und eine Sache noch, da ich es diese Woche gesehen habe. Was sagt ihr zu einem neuen Digimon-Film mit unseren Lieblingscharakteren? Glaubt ihr, dass der Movie besser sein wird als die Tri-Reihe?

So, das war es von mir. Danke, ihr seid die Besten und vielleicht bis zur nächsten Geschichte :) Ich werde mich nämlich nun mehr auf die noch offene Story Someday bemühen, da ich diese als nächstes beenden möchte. Vielleicht mögt ihr da ja auch mal reinschauen.
In diesen Sinne, passt gut auf euch auf. Eure Linchen-86 Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (438)
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Von:  Black-Starshine
2020-06-29T17:09:52+00:00 29.06.2020 19:09
Du machst mich fertig.
ich dachte wirklich, dass Mimi endlich die Kurve kriegt und dann sagt sie doch nichts wegen Anica. Ist die blöd! Was hat sie auch erwartet, wie Tai reagieren würde, wenn er das von Matt erfährt? Er kennt seinen besten Freund eben und klar handelt er so. Taichi ist da ganz anders. Aber wenn’s zur Trennung kommt, hat halt auch Mann Bedürfnissen und in dem Moment nicht mehr die Verpflichtung, treu zu sein. :( auch, wenn’s weh tut.
 
Aber immerhin haben sich die beiden wieder schnell versöhnt. Die beiden lieben einander und ich traue ihnen auch zu, dass sie das alles schaffen könnten. Nur eben ohne dumme Geheimnisse. Das nervt mich einfach. Aber das macht es gleichzeitig auch spannend. Wobei ich echt zugeben muss, dass Mimi eine ziemliche Diva sein kann und viel zu schnell wegen Kleinigkeiten aus der Haut fährt 😂
 
Man, man, man... so viele Kommentare xD ich bin ganz offiziell überfordert. 
Aber die FF ist toll und man will direkt weiterlesen ❤️
Von:  Black-Starshine
2020-06-29T17:00:15+00:00 29.06.2020 19:00
Huhu, 
 
vielleicht ist es doch entspannter, wenn ich jedes Kapitel kommentiere. Dann sind die Kommentare zwar nicht so lang, aber ich kommentiert durcheinander. Meine Notizen sind es nämlich schon. Und ich bin auch immer durcheinander. Das ist gleich dreimal durcheinander. Also doch direkt. 
 
das Kapitel war wirklich schön. Endlich sieht man die beiden wieder gemeinsam und schön, dass sich zwischen ihnen kaum was verändert hat. Mimi kam zur rechten Zeit und ihr Vater sollte sich mal nicht so anstellen. Wichtig ist doch nur, dass Mimi glücklich ist und in erste Linie ist sie das eben bei Taichi. Wenn Keisuke wüsste, dass Nick wieder da ist, würde er vielleicht auch ganz anders agieren. Die Geheimnistuerei ist furchtbar und ich hoffe, dass Mimi bald ihr Schweigen bricht. Geheimnisse in einer Fernbeziehung sind unnötig Brandstoff. 
 
Wow, da hat Taichis Vater scheinbar gut vorgesorgt. Es geht ja nicht nur um Geld, aber es wird der Familie sicher helfen. Ich persönlich stehe ja auf anonyme Gräber. Denn so erinnert man sich durch den Menschen an sich an ihn und nicht anhand eines Steines. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschiede :) 
Von:  Black-Starshine
2020-06-29T16:48:57+00:00 29.06.2020 18:48
Hallo meine Liebe ❤️

Heute bin ich irgendwie aufgewacht und hatte direkt Lust zum Lesen. Abends kommt immer mein Freund dazwischen und verlangt dann nach Aufmerksamkeit. Daher muss ich dann immer mitten drinnen aufhören. Jetzt habe ich aber noch etwas Zeit, bevor ans Homeoffice geht und die will ich natürlich sinnvoll nutzen. Ich hoffe, du bist mir nicht böse, dass ich nicht jedes Kapitel kommentiere. Ich mache mir zu jedem immer Notizen und die schreibe ich dann runter. Das ist einfacher 😂 und es gibt nicht immer einen Bruch.

Matt sollte sich schnell zusammenreißen. Sonst verliert er neben Sora auch noch seinen anderen Traum. Sowas sollte man nicht unterschätzen, schließlich merken Zuhörer, wenn der Musiker nicht mehr so arbeitet wie zuvor. Er sollte sich die Zeit nehmen und die Musik nutzen, um über Sora hinwegzukommen. Mich wundert es die gesamte Zeit, dass Sora und Mimi gar keinen Kontakt zueinander haben. Schließlich sind sie doch beste Freundinnen…

Ich habe das Kapitel danach schon mit etwas Wut im Bauch gelesen. Irgendwie war es ja klar, dass die beiden mal streiten würden. Aber wegen einer solchen Kleinigkeit. Mimi ist halt eine kleine Diva, das sollte Taichi auch wissen. Dass er dann feiern geht und sich betrinkt. Allein, dass er mit einer anderen tanzt. Da wird mir ja schon schlecht. Nori hat ja schon mehr als einmal offensichtlich zeigt, dass sie auf ihn steht. Taichi legt es aber auch drauf an. Warum macht er denn sowas. Wenn das Mimi erfährt, wird das Vertrauen einen ganz schönen Knicks machen.

Ich war wirklich erleichtert, als sich Mimi und Taichi wieder vertragen haben. Aber zwischen den beiden herrschen noch immer viel zu viele Geheimnisse. Die beiden müssen dringend reden und ehrlich zueinander sein. Es zeigt doch, dass Nick nichts unversucht lässt und mit Sicherheit wartet er nur ab, dass Matt seine Tour startet und Mimi ihm zudem hilflos ausgeliefert sein wird. Bei seinem handeln wird das auch ziemlich offensichtlich. Aber immerhin bekommt es Matt mit und hat nun, zumindest in einer gewissen Zeit, seine Augen auf Mimi. Auf Dauer wird das aber nicht klappen. Geheimnisse sind einfach blöd. Übrigens hatte ich mir schon gedacht, dass Matt und Nicole übereinander herfallen werden. XD naja, er ist Single, sie ist Single… verbieten kann es ihnen niemand, auch wenn es nicht gerade moralisch eine Glanzleistung ist.

Das mit Taichis Vater tat mir sehr leid. Es war unglaublich traurig, dass dieser einschlief, ohne Taichi eine Gelegenheit zu geben, sich von ihm zu verabschieden. Umso mehr fand ich es richtig blöd von Taichi, dass er seine Schwester damit alleine lässt. Zu,Inzest für sie hätte er mal über seinen Schatten springen können. Blöder Sturkopf. Umso mehr hat es mich natürlich gefreut, dass Mimi ihre Mutter überzeugen konnte, zu Tai zu fliegen. Er brauch sie jetzt wirklich. Vielleicht reden die beiden auch Mal miteinander. Das wäre, sobald es ihm besser geht, die perfekte Gelegenheit.

Mensch, du schreibst einfach so toll und endlich habe ich es auch mal geschafft, zu kommentieren. Wobei noch einiges vor mir liegt! Also weiter geht’s mit Lesen und ich hoffe, ich komme gut voran 🤪 keine Ahnung, wann das nächste Kommi kommt. Aber es kommt ❤️
Von:  Black-Starshine
2020-06-29T07:16:18+00:00 29.06.2020 09:16
Hi meine Liebe, 
 
die Ideen von Mimis Geburtstagsgeschenk für Taichi sind wirklich unglaublich süß. Sie passen voll zu Mimi und natürlich auch zu Taichi. Bin ja auch so vernarrt in Musik und in die Vorstellung, dass Mimi eine wahnsinnig schöne Stimme hat, weshalb Taichi bei mir mit Sicherheit auch ein Lied von ihr geschenkt bekommen hätte. ❤️ da sieht man einmal mehr, warum es bei uns immer so gut gepasst hat. Eine Wellenlänge und so 🥰 Mimi tut mir ziemlich leid. Die Argumentation ihres Vaters ist zwar nachvollziehbar, aber menschlich furchtbar. Vielleicht würde er sie ja gehen lassen, wenn sie ihm von Nick erzählt? Verstehe wirklich nicht, warum sie das für sich behält. Damit fordert sie das alles heraus. 
 
Du kennst mich. Klar schreibe ich zwar auch immer zu Sorato, aber mehr, weil ich das Gefühl habe, dass das einige lesen möchten. Irgendwie gehören die beiden ja auch zusammen. Aber ich bin wirklich kein Fan von beiden. Vor allem Sora ist nicht mein Ding. Aber wem sage ich das? Trotzdem schriebst du toll und sehr ausführlich. Hier hast du einfach echt viele Ideen und das mag ich so an deinen Geschichten. Aber für mich war es keine Überraschung, dass es bei den beiden nicht klappen wird. Die Voraussetzungen waren dafür nicht gegeben. Ich kann Sora da voll verstehen. Ich könnte das auch nicht. Aber ich kann auch Matt verstehen. Er lebt schließlich seinen Traum. Aber beides, Freundin und Musik, unter einen Hut bringen, ist fast schon ein Ding der Unmöglichkeit. 😔
 
Ach, ich weiß auch nicht. Ich liebe dein Schreiben, aber irgendwie, obwohl Sora einem ja leid tun sollte, geht sie mir auf die Nerven. Matt tut mir dafür leid. Ich glaube ich habe einfach eine allgemeine Antipathie der Frau gegenüber. Daher lese ich nicht so gerne von den beiden. Jedes Mal, wenn Tai den tollen Freund für sie abgibt, nervt es mich schon. Vermutlich bin ich für Mimi eifersüchtig xDD keine Ahnung. 😂
 
So, man sieht sich beim nächsten Kommi 😏
Von:  Black-Starshine
2020-06-27T21:03:41+00:00 27.06.2020 23:03
Hallo meine Liebe 😍
 
Nach fünf Kapiteln Lesegenuss hat Du Dir selbstverständlich einen Kommentar verdient. Der wird jetzt auch länger als die Kleinen und natürlich auch etwas qualitativer als die anderen. Ingesamt muss ich aber sagen, dass ich das Lesen deiner Texte einfach liebe. Ich fühle mich zurückversetzt in die Zeit, in der wir gemeinsam geschrieben haben. Unser Schreiben hat so wahnsinnig gut harmoniert und ich vermisse es. Aber der Alltag hat so seine Tücken und manchmal muss man eben erst wieder reinfinden. Daher ist es zumindest schön, dass wir wieder regulären Kontakt zueinander haben ❤️
 
Ich muss sagen, dass ich Nicole mag. Was ich nicht mochte war ihre Ignoranz. Ich bin mir gar nicht sicher, ob sie sich in Japan immer gemeldet hat? Aber sie muss Mimi ja nicht die gesamte Zeit ignorieren. Das ist einfach blöd. L bin froh, dass sie dann nochmal die Kurve bekommen hat. Ich mag dafür Nori nicht. Man merkt, dass das alles nur ein abgekatertes Spiel ist und sie ihn nur um den kleinen Finger wickeln möchte. Eklig. Leid tut mit Hikari. Denn sie trauert jetzt schon um ihren Vater und irgendwie steht keiner hinter ihr. Finde ich nicht gut. Wenn’s um leben und Tod geht, sollte die Sturheit mal Auszeit bekommen und die Vernunft mehr gewinnen. 
 
Nick scheint ja wirklich etwas zu planen. Dass er so schnell an Beliebtheit gewinnt, finde ich wirklich unheimlich. Aber Geld regiert die Welt. Matt ist ein kleiner Casanova. Auch, wenn er Sora liebt, glaube ich nicht, dass er treu sein kann. Nicole finde ich auch lieb und toll. Sie kennt Sora ja nicht und wird deswegen vermutlich auch nicht viel drauf geben, sich zurückzunehmen. Warum auch? Ich bin schon gespannt, wie sich das entwickelt. Aber so wie ich dich kenne, wird es dramatisch…😔
 
Also meine Liebe. Die Szene mit der Selbstbefriedigung. Hut ab. Ich hätte das irgendwie nicht gekonnt. Irgendwie habe ich ja sonst keine Hemmungen, aber bei sowas tu ich mich dann schon schwer. Du hast das echt wahnsinnig gut geschrieben und ich war wirklich buff. Also wie gesagt, Hut ab. Ich bin beeindruckt. Eigentlich lese ich sowas ungern, weil ich mich da einfach unwohl fühle. Weiß auch nicht genau. Aber das war wirklich gut und irgendwie gar nicht schlimm für mich. 😂 und dann folgt auch noch die andere Seite. Mit Telefonseelsorge kann ich mich irgendwie dann doch besser vereinbaren ;) du hast das wirklich toll geschrieben und beschrieben. Es war nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Einfach richtig talentiert. War richtig beeindruckt! 
 
So, für heute mache ich dann mal Schluss 😳
Danke für den schönen Gute-Nacht-Happen ❤️
Von:  Black-Starshine
2020-06-27T20:19:59+00:00 27.06.2020 22:19
Hi meine Liebe,
 
ein schönes, alltägliches Kapitel, was zwischenmenschlich wirklich toll war. Ich hätte wirklich angenommen, dass Matt sein Schweigen bricht. Mit einer Lüge seinem Freund gegenüber sollte man nicht anfangen. Aber irgendwie finde ich es auch gut. Es ist wie ein Zwiespalt. Man sollte keine Pferde scheu machen, denn Taichi würde sich nur sorgen bzw. sich verrückt machen, ohne wirklich handeln zu können. Das macht es nicht unbedingt einfacher. 
 
Sora ist ja nicht so ,ein Liebling. Das weißt du. Aber die Situation wäre für jeden schwer. Matt hat ja ganz bewusst die Entscheidung getroffen, zu gehen. Mimi hatte keine andere Wahl. Und Sora hat schon recht. Wenn seine Band wirklich Fuß fasst, dann wird die Zeit auch weniger werden. Wenn er sich jetzt schon so wenig meldet. Aber wie gesagt, bin auch kein Fan von Fernbeziehungen. ;) Aber ich finde es schön, dass die beiden miteinander sprechen können. Sora und Taichi teilen sich das Leiden und jeder weiß, wovon der andere spricht. 😋 
 
Ich werde ab jetzt wohl nicht mehr jedes Kapitel kommentieren. Das stört mich immer so im Lesefluss :) mal schauen, welchen Rhythmus ich rein bekomme. Es werden auf jeden Fall noch einige folgen 😍🥰
Von:  Black-Starshine
2020-06-25T19:38:15+00:00 25.06.2020 21:38
Und noch einen Kommentar, 
 
ich muss jeden Moment damit rechnen, dass mich mein Freund unterbricht beim Lesen. Daher ein schneller Kommentar. Obwohl, schnell kann ich gar nicht, von daher. Egal. 
 
Mimi tat mir zu Beginn des Kapitels wirklich leid. Ich habe richtig mit ihr mitgefühlt, obwohl ich nicht der Typ Mensch bin, der jeden Monat, sondern eher Jahre einer Beziehung zählt. Diese steht bei den beiden unter einem denkbar schlechten Stern, wenn ich das so sagen darf. Woher nehmen sie bei einer so kurzen Beziehung eigentlich das Vertrauen! Das finde ich richtig stark und schön bei den beiden. Aber es beginnt schon zu kriseln. Ein Geheimnis wird dem nächsten folgen und dann endet das noch in einer kleinen Katastrophe. 
 
Naja, ich bin auch kein Fan von Nick. Aber Taichi würde ich das in Ruhe und nicht zwischen - mehr oder weniger - Tür und Angel sagen. Dann macht er sich nur verrückt. Wenn ihm das Mimi in Ruhe sagt, wird er sich im Fall der Fälle auch wieder beruhigen können. Wobei das natürlich schwer ist. Schließlich sind Taichi so ziemlich die Hände gebunden und er wird darunter leiden, seinen Beschützerinstinkt nicht ausleben zu können. Hoffentlich erzählt es Mimi auch. Gerade in einer Fernbeziehung ist Vertrauen das a und o. Geheimnisse fördern das nicht. 
 
mir ist aufgefallen, dass du manchmal ganz schön laaaaaange Sätze schreibst. Da passt ein Punkt manchmal besser als ein Komma ;) aber vielleicht ist das auch Geschmacksache. 😗 
 
Hab einen schönen Abend noch 😍
Von:  Black-Starshine
2020-06-25T19:23:32+00:00 25.06.2020 21:23
Huhu,
 
ich mag Nori nicht. Und diesen anderen Heini auch nicht. Ich hatte schon Angst, Taichi könnte genießen, dass er von dem anderen Geschlecht angebaggert wird. Immerhin wehrt er das gleich ab. Das beruhigt mich. Aber neue Charaktere bedeutet auch immer neuen Ärger. 😭 
Es ist aber sehr authentisch, dass Taichi Mimi nichts davon erzählen will. Da macht er nur Pferde scheu, obwohl das keine Bedeutung für ihn hat. Zumindest jetzt noch nicht. Wenn ich da an den Prolog denke, Habenichts Angst, was noch kommen wird. 
 
Hikari ist echt niedlich. Sie merkt noch nicht mal, wenn jemand mit ihr flirtet. Aber so gehts mir auch. Ich glaube, Ich weiß gar nicht, wie man flirtet. Daher würde ich das vermutlich nie wirklich mitbekommen, dass jemand mit mir flirtet. Oder ich wäre einfach nur höflich und jemand denkt, ich flirte 🤪 irgendwie auch eine seltsame Vorstellung. Um Sora tuts mir auch leid. Matt hat sich bewusst für diesen Weg entschieden und wird ein Leben im Rampenlicht führen. Hoffentlich steigt ihm das nicht zu Kopf. 
 
Liebe Grüße 🥰
Von:  Black-Starshine
2020-06-25T19:10:58+00:00 25.06.2020 21:10
Hallihallo auch hier, 
 
wenn man den Prolog gelesen hat, folgen jedem neuen Kapitel die Angst, wann man merkt, dass es zwischen den beiden nicht so läuft. Ich halte Fernbeziehungen für sehr schwierig und nicht lange auszuhalten. Auch, wenn’s die Liebe deines Lebens ist, bringt es dir nichts, wenn du sie nicht bei dir haben kannst. Irgendwann holt dich der eigene Alltag ein und der deines Partners auch. Das Vermissen wird zur Sehnsucht, die aber nicht befriedigt werden kann. Um den Schmerz auszublenden, lenkt man sich ab und dann tritt jemand anderes ins Leben... das ist hart, muss nicht passieren, tut es aber leider meistens. Und dein Prolog schreit förmlich danach, dass es passieren wird. Ich hab dementsprechend schon Angst. 
 
Süß war es mit der Band. Vier Männer in einer Wohnung. Das kann schon anstrengend sein. Ich fand es aber gut, dass Yamato Mimi mehr oder weniger beschützt. Schließlich ist sie die Freundin seines besten Freundes. Das Skype Gespräch von Taichi und mimi fühlte sich etwas verhalten und zurückhaltend an. Aber wie verhält man sich am besten, wenn die Freundin ewig weit weg lebt. Das wird noch für Komplikationen führen... ich bin mal gespannt. ;) 
 
Bis zum nächsten Kommi ❤️
Von:  Black-Starshine
2020-06-25T18:39:40+00:00 25.06.2020 20:39
Hallo meine Liebe, 
 
hiermit bin ich auch zum Anfang deiner Geschichte gekommen. Damals hatten wir uns über diese FF kennengelernt und ich hab dich richtig ins Herz geschlossen. Irgendwie war ich damals ganz schön dumm, weil ich nicht für dich da sein konnte. Es war eine harte Zeit und ich hätte mehr für dich da sein sollen. Trotzdem habe ich dich nach wie vor gerne und endlich kann ich mir auch die Zeit nehmen, deine Geschichte zu lesen.
 
Mit dem Einstieg hast du schon Mal mein Michi-Herz gebrochen. Schließlich hast du in der letzten Geschichte viele Kapitel gebraucht, die beiden zueinander zu führen und nun das. 😭
 
Ich kann nicht versprechen, dass ich jedes Kapitel kommentieren kann. 
Doch ich werde es versuchen. Denn du hast es verdient, auch als eine liebe Freundin von mir, dass deine Arbeit honoriert wird. 
 
In ❤️ Janine 


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