Follow your Heart von Linchen-86 ================================================================================ Kapitel 36: Der große Knall --------------------------- 30.12.2010 Taichi stand mit Blick auf die Bühne gerichtet gemeinsan mit seinen Freunden in einem Halbkreis. In wenigen Minuten würde die Band seines besten Freundes, Knife of Day, ein Konzert spielen. Alle Freunde standen bei ihm – nur eine fehlte. Mimi. Die letzten Tage hatte er damit verbracht, die Informationen zu verarbeiten, die er bekommen hatte. Immer wenn er gedacht hatte, er könnte damit umgehen, wurde er von der nächsten Welle erfasst. Von einer Welle, in der Unglaube und Fassungslosigkeit mitschwammen. Das wiederum machte ihn wütend und solange er wütend war, wollte er nicht mit ihr reden, auch wenn er das Gefühl hatte die Zeit lief gegen ihn. Taichi wusste, dass er ihr heute schlecht aus dem Weg gehen konnte, dazu hätte er daheim bleiben müssen und das wollte er nicht! Warum auch? Dennoch konnte er nicht anders, als immer wieder Ausschau nach ihr zu halten. Sie war ja immerhin seine Freundin, auch wenn er noch nie so wütend auf sie gewesen war. Auf der Tanzfläche hatte er Mimi immer wieder im Auge gehabt, aber jetzt fand er sie nicht mehr. Die Mädchen standen alle wieder bei ihnen, doch wieso kam Mimi nicht? Wollte sie nicht wegen ihm? „Wo ist Mimi?“, fragte Taichi bei seiner Schwester nach. Hikari löste sich von Takeru und sah ihren Bruder mitleidig an. „Ich weiß es nicht, zuletzt habe ich sie an der Bar gesehen“, erwiderte die Jüngere. Gleich richtete der junge Mann seinen Blick zur Theke der Bar, doch von Mimi fehlte jede Spur. Er würde sofort erkennen, wenn sie dort stünde, selbst wenn sie kleiner war und andere sie überragten. Der Clubbesitzer, der gerade auf die Bühne trat, erhaschte seine Aufmerksamkeit. „Guten Abend. Wow heute ist wirklich ganz schön was los. Ich weiß ihr seid nicht meinetwegen hier, sondern wegen den vier Jungs die ihre Amerikatour unterbrochen haben um hier heute spielen zu können. Großen Applaus für Knife of Day!“ Die Leute klatschen, die Mädchen kreischten und quetschten sich nach vorne um die besten Plätze zu ergattern. Yamato trat ans Mikrofon heran, die Mädchen kreischten lauter, schrien seinen Namen und streckten die Hände zur Bühne aus. Es war laut – zu laut wie Taichi fand. Man konnte sein eigenes Wort kaum verstehen. „Hey, wir freuen uns wirklich...“ „Taichi Yagami, willst du mich eigentlich verarschen?“ Diese Stimme hingegen war nicht zu überhören. Fuchsteufelswild tauchte Mimi in seinem Blickfeld auf. Wo kam sie auf einmal her? Wütend starrte sie ihn nieder, ihre Augen zusammengekniffen, die Fäuste zusammengeballt. Taichi rollte mit den Augen. Ein super Zeitpunkt um über ihre Probleme zu diskutieren. „Mimi, jetzt nicht“, ermahnte er sie streng. Auch den anderen blieb das auftreten der Tachikawa nicht verborgen. Besorgt sahen sie zu den beiden Streithähnen. „Und ob wir jetzt reden!“, keifte sie und dachte nicht daran sich wegzubewegen. „Mimi, wir reden nachher, okay?“, versuchte Taichi sie zu beruhigen. Doch das Glück war nicht auf seine Seite. Das Kreischen nahm gerade ab, als es plötzlich stiller wurde und die Aufmerksamkeit mit einem Wimpernschlag nicht mehr auf der Bühne lag. „Wir reden JETZT! Du bist mir nämlich eine Erklärung schuldig und...“ „Ich bin dir eine Erklärung schuldig? Ich denke nicht!“, wehrte Taichi ihren Vorwurf gleich ab. „Und ob oder wann wolltest du mir beichten, dass du mich betrogen hast?“, schrie sie ihn aufgebracht an. „Was?“ „Wie jetzt?“, kam es prompt von Sora und Koushiro gleichzeitig. Taichi sah Mimi jedoch nur fassungslos an. „Ich habe dich niemals betrogen“, beteuerte Taichi vehemennt. „Das hat mir Nori gerade anders erzählt. Übrigens eine sehr nette Person, redest du mit ihr öfters über mich?“ Einen Moment musste Taichi seine Gedankengänge sortieren. Mimi? Nori? „Das hast du falsch verstanden.“ „Ach bitte.“ Taichi sah sich um als ihm auffiel, dass sämtliche Augenpaaren zu ihm und Mimi starrten. Fremde tuschelten, kicherten und lästerten. Ihre Freunde sahen eher gespannt und neugierig aus. Publikum. Zu viel Publikum. Nicht sein Publikum. Ganz sicher nicht sein Publikum. „Komm mit“, knurrte Taichi, er packte Mimi an ihrem Handgelenk und zog sie hinter sich her. Die Mädchen sprangen bei dem Blick des Yagamis so schnell zur Seite, dass es nicht lange dauerte bis sie den Hinterausgang erreicht hatten. Als die Tür aufging, hörte er die ersten Töne, dann setzte das Kreischen wieder ein. Die Türe schloss sich hinter ihnen und eine Zeitlang sahen sich die Beiden nur schweigend an. „Ich warte immer noch auf eine Erklärung“, zischte Mimi wutschnaubend. „Ich habe nie, wirklich nie...“ „Hast du Nori Nachhilfe gegeben?“, unterbrach Mimi den Yagami prompt. „Ja habe ich, aber...“ „Hast du mit ihr über uns geredet?“ „Vielleicht, aber nicht so...“ „Und hast du sie geküsst?“, fragte Mimi aufgebracht weiter. „Jetzt lass mich doch mal zu Wort kommen. Es ist nicht so wie du denkst“, brüllte Taichi zurück. „Ach bitte, ich glaube dir kein Wort“, pfefferte Mimi zurück. „Mimi! Ich habe ihr in der Bibliothek der Uni Nachhilfe gegeben, weil sie Hilfe brauchte und...“ „Hilfe? Wo ihr gerade mit dem Studium angefangen habt? Dann soll sie sich etwas anderes suchen, wenn sie jetzt schon nicht hinterher kommt. Meine Güte, das hat sie nur gemacht um sich an dich ranzumachen, was ja offensichtlich gut geklappt hat“, zischte die Brünette weiter. Taichi verdrehte die Augen. Er würde morgen noch hier stehen, wenn sie nicht endlich zuhören würde. „Mimi, ich habe mit ihr nicht über dich geredet, nur dass es dich in meinem Leben gibt, damit sie gleich weiß woran sie ist.“ „Also hast du gewusst, dass sie eine Schwäche für dich hat und die Nachhilfe trotzdem nicht beendet?“, fragte Mimi direkt. Taichi musste Luft holen. So war das doch alles gar nicht. Sie hatte alles vollkommen in den falschen Hals gekriegt. „Ja vielleicht, aber...“ „Ich fasse es nicht. Hat es dir etwa gefallen oder was?“ „Lässt du mich jetzt endlich mal ausreden!“, schrie Taichi verzweifelt und funkelte seine Freundin wütend an. Erschrocken fuhr Mimi zusammen und ging einige Schritte zurück. Es tat ihm Leid. Er wusste ja wie sie auf solche Ausbrüche reagierte, aber wenn sie ihm nicht zuhörte könnte er ihr auch nicht helfen. „Es war nicht wichtig, es hat für mich keine Rolle gespielt und ich habe sie nicht geküsst!“, beteuerte Taichi und versuchte gleich sein wütendes Temperament zu zügeln. „Warum erzählt sie das dann?“ „Sie hat mich geküsst, ich habe den >Kuss.<“, Taichi hob seine Hände, bei denen Zeige- und Ringfinger sich bewegten um das Wort Kuss mit Gänsefüßchen zu verdeutlichen, „nicht eine Sekunde erwidert. Ich habe ihn sofort unterbunden und Zungen kamen auch nicht ins Spiel.“ Erschöpft kamen diese Worte aus seinem Mund. Es kostete soviel Kraft, selbst sich zu erklären. Alles kostete ihm Kraft, alles zerrte an seinen Kräften. „Und das soll ich dir glauben?“, fragte Mimi ungläubig nach. „Ja.“ „Wenn es so harmlos war wie du es gerade schilderst, warum hast du es mir dann nicht gleich erzählt?“ „Weil ich dich nicht wegen nichts beunruhigen wollte.“ Mimi hob eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme voreinander. „Du wolltest mir diese ganze Norigeschichte, einem Mädchen, welches ich nicht kenne und der du Nachhilfe gibst, die ganz offensichtlich auf dich steht und dich geküsst hat, verschweigen, weil du mich nicht beunruhigen wolltest? Erkennst du die Ironie Yagami?“, zickte Mimi wütend. Taichi lachte höhnisch auf und schüttelte seinen Kopf. „Nein Mimi, versuche nicht deine ganze Nickstory mit meiner zu vergleichen. Nori hat nie eine Gefahr dargestellt und ich habe gleich die Reißleine gezogen. Ich habe die Nachhilfe beendet und bin ihr aus dem Weg gegangen.“ „Und dafür willst du jetzt einen Orden? Weil du soviel besser bist als ich?“, fragte Mimi fassungslos nach. „Nein, das sicher nicht. Nick ist aber ein ganz anderes Kaliber und das weißt du auch.“ „Tai, du hast mir genau so Sachen verschwiegen und bewusst nicht erzählt, weil du gewusst hast, dass es mich verletzen würde. Wer wie viel Mist gebaut hat ist vollkommen irrational. Ich finde es aber eine Frechheit von dir, mich als Sündenbock hinzustellen, weil ich nicht immer ehrlich war, obwohl du kein Deut besser warst...“ „Aber...“, setzte Taichi an. „Nein, jetzt lässt du mich ausreden. Du ignorierst mich. Tagelang, gehst du mir aus dem Weg, weißt du eigentlich wie die letzten Tage für mich waren? Es war der Horror. Ich habe dir alles erzählt, ich habe nichts ausgelassen und du hättest auch die Karten auf den Tisch legen können, hast es aber nicht getan. Stattdessen begegnen wir uns hier nach einem großen Streit wieder, du redest immer noch kein Wort mit mir, sehe dich aber wie du mit dem Mädchen flirtest, welchem du doch angeblich aus dem Weg gehst und...“ „Ich habe nicht geflirtet...“, unterbrach er sie bestimmend. „Sie aber“, fiel sie Taichi wieder ins Wort. „Und sie steht auf dich. Sie hofft übrigens heute noch eine weitere Chance zum zweiten Kuss. Wann ist es eigentlich zum ersten >Kuss< gekommen?“ „Es war kein Kuss“, erwiderte Taichi genervt. „Wann hat sie dich geküsst?“, stellte Mimi die Frage etwas anders. „Ist doch vollkommen egal...“ „Nein ist es nicht, also wann?“ „Als wir uns gestritten haben wegen Sora und Matt.“ Wieder Stille und kurzes Schweigen. Mimi ging erneut einige Schritte zurück. „Wir streiten uns und du hast deinem Spaß mit diesem Mädchen?“, fragte Mimi verletzt nach. „Ich bin ausgegangen. Warum auch nicht? Mit vielen Kommiltonen. Sie war auch zufällig dabei. Es ist wirklich alles viel harmloser als es den Anschein macht.“ „Für dich vielleicht.“ „Nein, dieses Mädchen hat mich nie interessiert, deshalb war es auch nicht wichtig.“ „Oh doch, es ist wichtig. Ich war vielleicht nicht immer ehrlich, aber du auch nicht. Hättest du es mir eigentlich jemals erzählt?“, wollte die Brünette wissen. Taichi fuhr sich immer wieder verzweifelt durch die Haare. Sie drehten sich im Kreis – merkte sie das denn gar nicht? Das ganze Thema stresste ihn, vielleicht hätte er es erwähnen sollen, aber warum so einen Ärger, wenn es doch keine Rolle für ihn spielte. „Ich fand dazu gab es keinen Grund“, murmelte der Braunhaarige verbissen. „Ein Mädchen welches auf dich steht, dich täglich sieht und auch noch die nächsten Jahre in der Nähe sein wird, küsst dich und du siehst keinen Grund mir das mitzuteilen... hmm... wie interessant.“ Mimi erwiderte den Blick des Yagamis fassungslos. „Und dann soll ich dir noch alles glauben was du mir erzählst“, zickte die Brünette weiter. „Mimi, hör doch zu was ich sage, ich habe kein Interesse an diesem Mädchen, den Kuss habe ich nie erwidert und ich habe nichts sonst mit ihr zu tun und ja vielleicht haben wir manche Vorlesungen zusammen, aber ein Hörsaal ist groß und ich sitze weit von ihr entfernt.“ Genervt seufzte der Yagami auf. Langsam bekam er Kopfschmerzen und er hatte auch keine Lust mehr sich weiter zu rechtfertigen. Er ging mit zügigen Bewegungen zur Türe, die ihn wieder in Club bringen würde. Irritiert sah Mimi ihm hinterher. „Wo gehst du denn jetzt hin? Wir sind noch nicht fertig.“ Taichi drehte sich zur Brünetten um. „Es gibt nichts mehr zu sagen und ich will nicht mehr darüber reden. Ich will jetzt das Konzert sehen.“ Taichi öffnete die Türe und ließ Mimi im Hinterhof des Clubs stehen ohne eine weitere Antwort von ihr abzuwarten. Vielleicht war es alles andere als nett sie jetzt einfach stehen zu lassen, aber er hatte einfach keine Kraft mehr für dieses Gespräch. Als er zu seinen Freunden zurück wollte, kreuzte sein Blick den von Nori. Wütend ging er geradewegs auf sie zu. Irritiert ging Nori einen Schritt zurück und entgegnete seinen Blick ängstlich. „Hör gefälligst auf, so eine Scheiße von dir zu geben. Wir haben uns nie geküsst. Ich würde dich niemals küssen und um es noch deutlicher zu machen. Lass mich in Ruhe! Jetzt und für alle Zeit!“ Damit drehte sich Taichi erneut um, aber anstatt zu seinen Freunden zu gehen, ging er zur Theke und bestelle sich etwas Hochprozentiges. Nach einigen rockigeren Songs erklang nun die Sprechstimme des blondes Musikers, der beide Hände in die Höhe hob um die Leute etwas zu beruhigen. Er wollte wohl etwas sagen. Taichi leerte sein drittes Whiskyglas und war gespannt welche Ansprache nun wieder folgte. „Nachdem wir gerade ordentlich mit euch abrocken konnten, kommen wir nun zu einem brandneuen Song, den ich während meiner Amerikatour geschrieben habe und gleich zum besten geben werde. Wir sind gespannt wie er hier ankommen wird. Der Song ist für eine ganz besondere Frau.“ Während die Mädchen wieder wie wild kreischten, ging der Blick des Yagamis gleich zum Tisch seiner Freunde. Schließlich konnte Yamato nur ein Mädchen meinen. Sora. Diese blickte angespannt zur Bühne, die Lippen hatte sie aufeinander gepresst, das konnte der Yagami sogar aus der kleinen Entfernung erkennen. Ein sanftes Klavierspiel begann, ehe Yamato ans Mikrofon trat und die ersten Zeilen sang. Die Augen fest verschlossen, die Hände um das Mikrofon gelegt. You only need the light when it's burning low Only miss the sun when it starts to snow Only know you love her when you let her go Only know you've been high when you're feeling low Only hate the road when you're missing home Only know you love her when you let her go – And you let her go Kazuki begann mit dem Schlagzeug und Kisho begleitete ihn mit seiner Gitatte. Yamato nahm die Hände vom Mikrofon und legte sie um seinen Bass, während er die Augen halb geöffnet hatte und weiter – wie Taichi fand – ins Mikrofon säuselte. Staring at the bottom of your glass Hoping one day you'll make a dream last But dreams come slow, and they go so fast You see her when you close your eyes Maybe one day you'll understand why Everything you touch surely dies Der Refrain wiederholte sich und während Taichi den Worten lauschte die sein bester Freund für seine beste Freundin zum besten gab, die wiederum mit den Tränen kämpfte, konnte er nicht anders, als die Worte sehr genau auf seine eigene Beziehung zu lenken. Noch bevor die zweite Strophe erklang, entfernte sich Sora entschuldigend von der Gruppe und schritt Richtung Ausgang, während die erste Träne über ihre Wange lief. Auch Yamato blieb dies nicht verborgen, verfolgte er mit seinem Blick ihr Handeln. Leicht zitternd begann er die zweite Strophe in der Hoffnung, dass auch diese Worte die Rothaarige noch erreichte. Staring at the ceiling in the dark Same old empty feeling in your heart 'Cause love comes slow, and it goes so fast Well, you see her when you fall asleep But never to touch and never to keep 'Cause you loved her too much, and you dived too deep Der Refrain erklang zum dritten Mal, während Yamato sich wieder gefangen zu haben schien und sicherer sang, bemerkte der Yagami wie ihre Freunde besorgte Blicke austauschten. Sein Blick wanderte weiter durch den Club, als er Mimi alleine an einer Wand stehen sah. Als hätte sie gespürt, dass der Braunhaarige gerade zu ihr sah, erwiderte sie seinen Blick. Mimi wischte sich ebenfalls über ihre feuchte Augenpartie und verließ als nächste den Club. Taichi sah erneut zur Bühne. Yamato wiederholte gerade den Refrain ein letztes Mal. Das Schlagzeug und die Gitarre verstummte, sodass nur noch das Klavier sowie Yamatos Stimme zu hören war. Only know you've been high when you're feeling low Only hate the road when you're missing home Only know you love her when you let her go Taichi erhob sich währenddessen von seinem Barhockerstuhl am Tresen und ging ebenfalls zum Ausgang, er legte noch einmal seinen Kopf zurück, als die letzten Töne erklangen, ehe das Lied beendet war. And you let her go! Dann verließ Taichi den Club, verabschiedete sich von keinem seiner Freunde und brauchte nur noch eines. Ruhe! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)