Follow your Heart von Linchen-86 ================================================================================ Kapitel 27: Familienrat ----------------------- 11.12.2010 Taichi ging noch nicht sofort nach Hause, wo er mit seiner Familie telefonieren sollte. Er war angespannt, das Gespräch mit Mimi im Eiscafe war nicht so gelaufen, wie er es gedacht hatte. Eigentlich wollte er nur einen ausgelassenen Nachmittag mit ihr verbringen, bevor die Stimmung wieder kippte, aber so einfach war das nicht. Eigentlich hatte er gedacht, dass ihr Wiedersehen ganz anders verlaufen würde, aber es waren auch andere Umstände. Taichi war froh, dass sie da war, aber die ständige Sorge in ihren Augen machte ihn wahnsinnig. Er wollte nicht, dass sie ihn so ansah und ständig versuchte mit ihm zu reden. Obwohl sie es nur gut meinte, aber Worte konnte ihm hier jetzt auch nicht mehr helfen. Es war mittlerweile spät abends als er die Wohnung betrat und Kari eine Nachricht schickte, dass er in ein paar Minuten anrufen würde, doch die junge Yagami schrieb schnell, dass sie jetzt schon im Bett war und sie morgen früh Bescheid geben würde. Der Braunhaarige schrieb Mimi noch eine Nachricht, dass er sich Morgen nach dem Gespräch wieder bei ihr melden würde. Sie antwortete zügig, dass dies kein Problem sei und sie sich selber geschafft ins Bett legte. So ganz konnte er nicht sagen was eigentlich los war. Es war als würde etwas zwischen ihnen stehen und er war sich ganz sicher, dass er die Schuld daran trug. Die Stimmung war angespannt, aber konnte er es verdenken? Nicht wirklich. Irgendwie fand er es seltsam ohne Mimi die Nacht zu verbringen, wenn er nicht so lange getrödelt hätte, wäre sie jetzt bei ihm und statt sie in den Armen zu halten, brummte sein Schädel, weil seine unzähligen Gedanken in nahezu auffraßen und ihn einfach nicht in Ruhe ließen, obwohl er es mit aller Macht versuchte. Am nächsten Morgen stand er relativ früh auf, da er sich sehr sicher war, dass Kari sich bald melden würde. Er ging in die Küche und bereitete sich einen frischen Kaffee aus der Kaffemaschiene zu, um sich für den Tag und das schwere Gespräch zu stärken. Er kam gar nicht weit, als sein Handy in seiner Hosentasche vibrierte. Er stellte die Kaffeetasse auf dem Esszimmertisch ab und fischte es heraus. Es war Kari, die schrieb, das sie lieber skypen wollte, da dabei auch Yuuko gleich alles mitbekommen würde. Mit Tasse und Handy ging Tai zurück in sein Zimmer und startete seinen Rechner. Es dauerte ungefähr zehn Minuten bis er ein Gespräch aufbauen konnte. Kari tauchte auf dem Bildschirm vor ihm auf, daneben saß Yuuko und im Hintergrund erkannte er das Foyer des Hotels. Takeru sah er nicht, er hielt sich bei diesem Gespräch wohl wie Mimi lieber zurück. Yuuko war die Erste die Taichi anlächelte und ihm einen guten Morgen wünschte. Taichi erwiderte die Geste und wieder lag eine gewisse Anspannung in der Luft. Sowohl Kari als auch Yuuko sahen wahnsinnig erschöpft aus, traurig und müde. „Und was hat der Anwalt gesagt?“, fragte Yuuko schließlich nach, „oder bist du nicht hingegangen?“ Taichi schüttelte den Kopf, die Annahme war wohl mehr als berechtigt, doch er wollte seiner Familie helfen und sie so gut unterstützen wie er konnte, daher war er auch zum Anwalt gegangen. Nur gestern war alles... etwas viel und er brauchte etwas Zeit für sich. „Ich war gestern da, aber ich bin nicht sicher, ob ihr das alles so gut finden werdet“, murmelte der Braunhaarige. Kari sah zu ihrem Bruder auf. „Warum das denn? Gab es keine genauen Angaben?“, fragte sie gleich irritiert nach. „Doch das schon, aber er wollte wohl ein anonymes Grab. Wartet, ich habe vom Anwalt eine Kopie vom Testament bekommen.“ Taichi schob seinen Stuhl zurück, ging zügig züruck ins Wohnzimmer und holte das Testament um daraus vorzulesen, wobei Kari und Yuuko aufmerksam zuhörten. Nachdem Taichi aus dem Testament vorgelesen hatte und ein paar Absätze wiederholen musste, damit Kari und Yuuko mitkamen, herrschte ein paar Minuten Schweigen. „Er wollte uns wohl nicht zur Last fallen“, murmelte Yuuko nachdenklich, was Kari mit einem Nicken bestätigte. „Mir gefällt der Gedanke nicht, dass er irgendwo liegen wird und wir nicht mal wissen wo“, murmelte das jüngste Familienmitglied nervös. „So etwas in der Art habe ich mir schon gedacht. Der Anwalt meinte, wir müssen uns nicht an alles halten. Es bleibt unsere Entscheidung, die Entscheidung der Hinterbliebenen“, murmelte der Sportstudent. „An sich können wir seine Wünsche erfüllen und berücksichtigen, was die Bestattung angeht, aber ich möchte nicht, dass er namenlos in der Erde verschwindet. Die Welt sollte wissen, dass er einst auf der Erde gelebt hat“, erwiderte Yuuko und sah dann abwechselnd zu ihren Kindern. „Seid ihr damit einverstanden?“, richtete sie erst an Taichi und dann an Kari, die neben ihr saß. Kari nickte gleich und auch Taichi stimmte dem zu. Er wollte sich sowieso daran halten, was seine Familie sich wünschte und er wusste schon vorher, dass sie so entscheiden würden. Dazu kannte er sie zu gut. „Das mit den ganzen Geldern, müssen wir das gleich entscheiden?“, fragte Yuuko leicht überfordert nach, denn auch sie hatte nicht mit so einer hohen Summe gerechnet. „Na ja... eigentlich schon. Das Konto wird wohl nach einer Woche aufgelöst und irgendwo muss das Geld dann hin“, erklärte der Braunhaarige. Yuuko nickte. „Ich bin dafür, dass jeder selber entscheidet was er mit seinen Anteilen machen möchte. Ich persönlich werde meinen Anteil spenden, an eine Klinik für Krebskranke“, erklärte Yuuko gleich. Auch damit hatte Taichi bereits gerechnet. Es war ihm einfach klar, dass seine Mutter das viele Geld nicht interessierte. Schon gar nicht das Geld weshalb sein Vater... „Kari, wir können dein Geld auch noch einfrieren bis du Volljährig bist, dann brauchst du dich nicht gleich zu entscheiden. Bei dir gibt es da wohl ein paar Sonderregelungen“, lächelte Yuuko ihre Tochter an. Diese nickte unsicher. „Ich gebe es auch ab, aber keine Ahnung an wen oder was“, murmelte Taichi. „Warum?“, fragte seine Mutter überrascht nach. Der Sportstudent hielt inne, warum fragte seine Mutter ihn das? Konnte sie sich das nicht denken? „Ich will das Geld nicht.“ „Du könntest dein Studienkredit damit gleich abbezahlen, hättest keinerlei Schulden mehr und müsstest nichts jahrelang abzahlen“, erklärte Yuuko sachlich. Die Sicherheit ihrer Kinder war auch ihr wichtig und ihr Mann hätte sicher gewollt, dass die Kinder abgesichert waren. Nur deswegen hatte er all das doch getan. „Schon, aber...“ „Sei nicht wieder zu stolz Tai, das stand dir schon mal im Weg“, erinnerte sie ihren Sohn abermals und Taichi widersprach nicht. Sie hatte Recht, aber dieses Geld... Es war doch aber seine Entscheidung und er wollte es nicht. „Ich würde es einfrieren und mir in Ruhe Gedanken machen, wenn das okay ist?“, nuschelte Kari und spielte am Saum ihres gelben Pullovers herum. „Natürlich ist das okay“, lächelte Yuuko einfühlsam. „Tai, etwas Zeit ist ja noch. Überlege es dir“, richtete sie anschließend an ihren Sohn. Taichi nickte nur betrübt und wusste nicht was er darauf erwidern sollte. „Es ist übrigens nicht möglich Sususmo in Tokio zu beerdigen. Sehr schade finde ich, aber er hatte es sich ja ohnehin gewünscht, also werden wir dem auch nachkommen und ihn hier bestatten“, sprach Yuuko weiter und versuchte die Fassung zu bewahren, obwohl Taichi deutlich die dunklen Schatten unter ihren Augen erkennen konnte. Es tat ihm so leid. „Kommst du runter?“, fragte die Ältere nach. „Zur Beerdigung meine ich?“ Taichi nickte langsam. „Natürlich. Ähm... wäre es okay, wenn Mimi mitkommt?“ „Mimi? Ist sie nicht in Amerika?“, fragte Kari verwirrt nach. Taichi schüttelte den Kopf „Sie ist seit zwei Tagen wieder hier“, erklärte er. „Das ist aber toll“, freute Yuuko sich ehrlich. „Und natürlich kannst du sie mitbringen.“ „Okay, dann schaue ich nachher wie schnell ich ein Ticket buchen kann. Kann ich von hier aus noch etwas erledigen?“ Yuuko und Kari sahen sich an, doch Yuuko schüttelte rasch ihren Kopf. „Den Rest können wir von hier machen. Ich würde dann heute zum Floristen gehen und die Einzelheiten klären“, fügte Yuuko noch hinzu. „Ich kann das auch übernehmen oder dich begleiten“, bot Kari gleich ihre Hilfe an. „Nein nein, ich habe auch schon früher mit eurem Vater über dieses Thema gesprochen und glaube, dass ich weiß, was er gut gefunden hätte. Macht euch keine Sorgen.“ „Aber...?“ „Wirklich...macht euch keine Sorgen, wenn ich wegen irgendwas unsicher bin, melde ich mich. Okay?“ „In Ordnung“, willigte Kari schließlich ein. Yuuko stand auf, gab Kari einen Kuss auf die Wange, sah zu Taichi in die Kamera und winkte ihm. Er erwiderte die Geste kurz. „Ich werde dann mal aufbrechen. Tai, wir sehen uns dann bald.“ Kari sah ihrer Mutter noch einen Moment hinterher, ehe sie sich wieder aufsetzte und zu ihrem Bruder in die Kamera des Computers sah. „Wie schlägt sie sich?“, fragte Taichi angespannt nach. „Ach... wie wir alle... Sie schlägt sich irgendwie durch. Sie versucht tapfer zu sein, aber ich finde es gelingt ihr nicht sonderlich gut.“ „Es tut mir leid, dass ich nicht gleich mit euch gefahren bin und euch damit alleine gelassen habe“, murmelte der Braunhaarige und schaffte es nicht, zu Kari zu sehen, sondern ließ seinen Blick über seinen Schreibtisch wandern. „Ach Tai...“, setzte Kari an, doch da redete Taichi bereits weiter. „Yolei freut sich sicher, wenn du dich bei ihr meldest. Ich habe sie gestern zufällig getroffen und sie weiß Bescheid“, erklärte Taichi ruhig weiter, Kari blickte überrascht zu ihrem Bruder und nickte. „Ja, ich habe es noch nicht geschafft alle Anderen zu benachrichtigen.“ Der Braunhaarige räusperte sich und wollte Kari gerade mitteilen, dass er jetzt ins Badezimmer gehen wollte um zu duschen, als Kari ihn aufhielt. Fragend sah er sie an. „Ich habe ihm noch alles von dir ausgerichtet“, murmelte sie verhalten. „Also, dass du kommen wolltest und das Geschenk von ihm geöffnet hast. Er hatte sich sehr darüber gefreut, er hatte sich auf dich gefreut und deinen Namen gesagt. Mehrmals. Es war glaube ich das Letzte was er gesagt hatte. Ich wollte nur, dass du das weißt.“ Zitternd stand Kari auf und lächelte zaghaft. „Grüß Mimi von mir.“ Kari beendete das Gespräch und in der nächsten Sekunde war die Verbindung unterbrochen. Taichi starrte noch eine Zeitlang auf den schwarzen Bildschrim und wusste nicht, was er denken, was er fühlen sollte. Warum? war alles was er dachte. Und wenn sein Vater sich darüber gefreut hatte, warum konnte das alles nicht noch einen Tag warten? Irgendwann erwachte er aus seiner Starre und ging ins Badezimmer. Nachdem Taichi mit dem Duschen fertig war, schrieb er Mimi eine Nachricht und machte sich kurz darauf auf den Weg zu ihrer Großmutter. Riku öffnete die Wohnungstür und ließ den jungen Mann mit einem Lächeln herein. Taichi begrüßte sie freundlich und ging, wie er es von früher gewohnt war, in das Gästezimmer. Mimi sah zur Türe und lief gleich auf den Älteren zu. Taichi legte seine Arme um sie und zog ihren Duft ein. Sie hatte ihm gefehlt. „Ich hab dich vermisst“, murmelte Mimi bereits, während sie ihren Kopf an seiner Brust bettete. „Ich dich auch“, erwiderte Taichi und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Mimi löste sich von ihrem Freund und sah ihn abwartend an. „Möchtest du dadrüber reden?“, murmelte sie leise. Taichi lächelte matt. „Da gibt es eigentlich nicht viel zu berichten. Das Gespräch ist so gelaufen wie ich es mir gedacht habe. Es wird wohl kein anonymes Grab und mit den Geldern... keine Ahnung soll jeder für sich entscheiden“, nuschelte der Brünette und ließ sich mit einem Seuzfer auf dem Bett nieder. „Du scheinst dadrüber nachzudenken es zu behalten oder?“, fragte Mimi und legte sich neben ihm. Taichi schielte zu ihr und lächelte erneut. „Ja... auch...“ „Was meinst du mit auch? Hast du noch etwas anderes auf dem Herzen“, fragte sie unruhig nach. Taichi nickte. „Kari hat mir eben noch gesagt, das sie Papa erzählt hat, dass ich kommen wollte und das Paket geöffnet habe und er wohl glücklich dadrüber war“, erklärte er und verzog seine Augenbrauen, während er zur Decke starrte. „Warum konnte er dann nicht noch einen blöden Tag warten?“, fragte Taichi sich wohl eher selbst, als Mimi. Sie konnte darauf schließlich auch keine Antwort geben, dennoch war er überrascht, als sie sich aufrecht hinsetze, sich langsam über ihn beugte, eine Hand an seiner Wange hielt und seinen Blick suchte. „Vielleicht hat er nicht mehr gebraucht“, hauchte Mimi. Taichi runzelte die Stirn. „Was?“ „Na ja... zu wissen, dass du bereit warst zu kommen und das, nachdem du sein Paket geöffnet hattest... vielleicht hat ihm schon alleine diese Tatsache genügt. Vielleicht brauchte er nur die Gewissheit, dass du bereit warst zu kommen. So konnte er damit abschließen, auf diese Weise wie er es wollte. Er konnte sich seiner Fantasie hingeben, dass es bedeutet, dass du ihm verzeihst – auch wenn es vielleicht gar nicht so war. Du konntest ihm so wenigstens seinen größten Wunsch erfüllen.“ Sprachlos sah Taichi zu seiner Freundin. „Wo nimmst du so etwas nur immer wieder her?“, lächelte er sie an. Er wusste nicht, ob Mimi recht hatte oder nicht. Es spielte auch keine Rolle, aber es fühlte sich gut an und er war froh, dass sie bei ihm war und er sich auf sie verlassen konnte. Er zog sie in seine Arme und hielt sie fest. Mimi hob ihren Kopf wieder leicht an um den Brünetten in die Augen sehen zu können. „Ich denke eben, dass alles im Leben einen Grund hat, auch wenn wir ihn nicht immer gleich verstehen können.“ Sie lehnte sich an ihm an und griff nach seiner Hand, als Taichi den Druck um ihre Hand erhöhte. „Achso, sein Wunsch war es, dass er in Aoshima beigesetzt wird, also werden wir doch nochmal nach unten reisen. Ich... ähm... also würdest du mitkommen? Meine Mutter ist einverstanden.“ Unsicher sah Taichi zu Mimi, vielleicht wollte sie auch gar nicht. „Was für eine Frage? Natürlich begleite ich dich. Es freut mich sogar, dass du mich dabei haben willst“, lächelte sie, beugte sich zu ihm hinunter um ihm einen sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen. Der Sportstudent ließ es jedoch nicht zu, dass Mimi sich allzu schnell wieder entfernte, hielt seine Hand an ihren Hinterkopf und drückte seine Lippen erneut auf ihre. Doch irgendwann musste er sich wieder von ihr lösen. „Okay, du solltest noch wissen, dass es morgen schon los geht. Gut, dass du deinen Koffer noch nicht ausgepackt hast aber genug für heute.“ Er drehte sie herum und beugte sich nun über sie. „Ich glaube, ich will nicht mehr darüber reden. Immerhin bist du hier, du hast mir gefehlt und jetzt will ich Zeit mit meiner Freundin verbringen. Wäre es okay, wenn wir jetzt einfach nur hier liegen, kuscheln und Fernseher schauen oder so?“ Mimi nickte. „Natürlich, alles was du willst.“ Er lehnte seine Stirn an ihre und war froh, dass Mimi ihn zunächst nicht mehr mit Fragen löcherte, auch wenn er genau sehen konnte, wie ihr Kopf geradezu qualmte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)