Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 344: Einen Schritt des Ausloten --------------------------------------- Ich denke, jetzt hab ich es endlich. Schon seit einigen Wochen sitz ich an der Überarbeitung der Duell Disk, um die Abhängigkeit von diesem einen Bauteil zu lösen. Dem Bauteil, dass Daimon Kogoro nutzen wollte, um sich wieder in mein Leben zu drängen und wodurch ich den Posten des CEO der Kaiba Corp an Akito abgetreten habe. So kann ich mich dem widmen, dass mir wirklich Spaß macht: Die Neu- und Weiterentwicklung von Produkten. In diesem Fall der Duell Disk Version V. Nicht länger abhängig von patentierten Einzelteilen, deren Patent nicht bei der Kaiba Corp liegen und uns erpressbar machen. Natürlich muss die neue Duell Disk Version V noch ausgiebig getestet und optimiert werden, aber ich hab die weltbesten Spieler in meinem ... ich halte kurz inne und schau auf die Treppe, die nach oben ins Erdgeschoss führt, bevor ich meinen Gedanken vollende: ... in meinem Freundeskreis. Ein warmes Gefühl breitet sich in mir aus. Wie immer, wenn mir bewusst wird, dass ich nach all den Jahren Freunde gefunden habe. Menschen, die sich nicht für meine Firma oder mein Geld interessieren. Denen ich wichtig bin. Die sich über meine Schwächen und Ängste nicht lustig gemacht haben oder sie ausnutzen, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Noch letztes Jahr, hab ich alles getan, um sie von mir fern zu halten. Doch dann durchbrach erst mein Streuner meine Abwehr und schaffte es hinter meine Maske zu schauen. Danach hat er mich meinem eigenen Bruder näher gebracht, indem er mich überzeugte, dass er mir eine Stütze sein kann. Als nächstes hat es Honda in meinen inneren Kreis geschafft und ihm folgte Otogi. Otogi... merkwürdig, dass er heute das ist, was ich einen sehr guten Freund nennen würde. Vielleicht sogar... meinen besten Freund? Wir beide sind seit unserer Jugend - ich klinge wie ein alter Mann - in der Geschäftswelt aktiv, haben Firmen geführt, litten unter Vätern, die keine waren und kämpfen heute noch mit unseren Dämonen. Es mag ja sein, dass die Gewalt, die wir erlebt haben, sich unterschied, aber dennoch bleibt es Gewalt. Da sehe ich durch die verglaste Wand, die meine Werkstatt von dem Flur trennt, wie Otogi just in diesem Moment die Treppe herunter gestiegen kommt. Er sieht nicht gut aus. Sicherlich hat er heute Nacht wieder keine Ruhe und damit wenig Schlaf gefunden. Wenn überhaupt. Auch das kann ich gut nachvollziehen, geht es mir doch auch so, wenn ich mit meinen noch lebenden Dämonen konfrontiert werde. Als er zu mir schaut wink ich ihm kurz und geb ihm zu verstehen, dass er ruhig rein kommen soll. Das tut er auch und tritt von der anderen Seite an die Arbeitsfläche heran. Beschaut sich die neue Duell Disk und fragt, wie es läuft. Ich grinse zufrieden und meine, dass sie soweit wäre, dass man sie testen kann. Erstaunt blickt er mich an und meint, dass ich doch noch gar nicht so lange an der Überarbeitung sitze. Mein Grinsen wird breiter und mit einer mir fremd gewordenen Selbstsicherheit erwidere ich, dass ich eben gut in dem sei, was ich tu. Das ringt nun auch Otogi ein Grinsen ab und er stimmt dem zu. Meint, dass es mindestens ein Duellant oben gäbe, der sofort zur Verfügung stünde, um sie zu testen. Ja, das weiß ich. Und ich brenne darauf, einen zweiten Prototyp fertig zu kriegen, damit ich mich mit diesen Duellanten messen kann. Natürlich nur, um die überarbeitete Duell Disk ausgiebig zu testen und zu erproben. Otogis Grinsen wird breiter. Mit Sarkasmus in der Stimme wiederholt er, dass es natürlich nur ums Austesten der Duell Disk ginge. Das lässt auch mein Grinsen noch etwas breiter werden. Dann blick ich ihn an und frag ihn, wie es ihm geht. Sein Grinsen weicht augenblicklich aus seinem Gesicht. Er hat auf einmal großes Interesse an einem Schraubendreher, den er von der Arbeitsfläche nimmt. Zuckt nichtssagend mit den Schultern. So schlimm also? Er nickt nur im Ansatz. Kurz zieht Stille in meine Werkstatt. Was nun? Soll ich zu ihm gehen und ihm eine Hand auf die Schulter legen? Oder wäre das zu vertraulich? Zu vertraulich? Ich glaube, unsere Freundschaft hat im Eiltempo ein Level erreicht, indem es ein 'zu vertraulich' nicht mehr gibt. Also geh ich zu ihm und lege ihm die Hand auf die Schulter. Er blickt zu mir auf und lächelt mich kurz dankbar an. Ich nicke zur Eckcouch und er nickt. Also gehen wir uns setzen. Plötzlich fragt mich Otogi, wie es denn so mit meiner Therapie läuft. Über diesen abrupten Themenwechsel erstaunt, kann ich nur stumm nicken. Antworte dann, dass es läuft. Ohne Wertung. Kein 'gut', kein 'schlecht'. Tatsächlich kann ich selbst nicht wirklich beurteilen, ob meine Therapie bei Kai gut oder schlecht läuft. Es gibt Sitzungen, die sind so anstrengend, dass ich mich völlig zerschlagen fühle. Dann gibt es aber auch Gespräche, da fühl ich mich hinterher besser. Leichter. Aber ich bin ehrlich: Die meisten Fortschritte mach ich nur, wenn Katsuya bei mir ist und mir seine Kraft leiht. Ohne meinen Streuner hätte ich mich nie überwunden mit Kai zu sprechen. Dazu kommt die unaufdringliche Art von Kai, der so anders ist, als ich mir Therapeuten immer vorgestellt hat. Diese Aussage scheint Otogi zu überraschen und er fragt nach, inwiefern Kai anders sei oder was ich erwartet hätte. Also gestehe ich ihm, dass ich immer dachte, dass Therapeuten sehr zielorientiert wären, unangenehme Fragen stellen würden und sich sofort an den schmerzhaften Themen festbeißen. Doch Kai... er ist geduldig, passt sich an mein Tempo oder meine Stimmung an. Die ersten Sitzungen, in denen ich überhaupt den Mund aufgemacht habe, haben wir nur Smalltalk betrieben. Als ich dann soweit war mit ihm vertraulich zu sprechen, hat er mir die Themenwahl überlassen. Wir haben lange über den Tod von Mokubas und meinen Eltern gesprochen. Darüber, wie wir von Verwandten zwei Monate rumgereicht wurden, bevor wir ins Heim kamen. Wie es zur Adoption durch Gozaburo kam. Otogi schaut mich erstaunt an. Da wird mir bewusst, dass das bislang außer Katsuya niemand vom Kindergarten gewusst hat. Aber nun gut, Otogi ist ja nicht irgendwer. Er ist ... mein bester Freund. Als ich ihm das sage, steigert sich sein Erstaunen. Dann lächelt er wieder und nickt. Meint, dass auch er in mir seit langer Zeit endlich wieder einen besten Freund sieht. Irgendwie macht mich das stolz. Doch ich schätze, dass Otogi nicht einfach aus Jux nach meiner Therapie gefragt hat. Also wage ich einen weiteren Vorstoß, von dem ich mir nicht sicher bin, ob ich mir das erlauben darf: Ich frag ihn, ob er nach meinem Gespräch mit Kai mal ganz unverfänglich Kai kennenlernen und mit ihm sprechen möchte. Mit großen Augen blickt mich Otogi an und beißt sich unsicher auf die Unterlippe. Ich erkenne, wie er innerlich gerade mit sich ringt. Sicherlich wollte er ausloten, was Kai für ein Therapeut ist, aber scheinbar gefällt ihm der Gedanke noch nicht so recht. Zu meiner Überraschung nickt er aber dann doch. Ich schenk ihm ein beruhigendes Lächeln und sag ihm, dass er auch gerne Honda mitbringen darf, wenn ihm das Mut oder Kraft gibt. Davon kann man schließlich nie genug haben. Noch ehe Otogi was erwidern kann klingelt ein kleiner Funkwecker und signalisiert mir, dass meine Zeit hier unten zu Ende ist und Mokuba in zehn Minuten mit seinem Gespräch mit Kai fertig sein wird. Also steh ich auf und lasse den Wecker verstummen, bevor ich mit Otogi wieder nach oben gehe. Oben warten Katsuya und Honda auf uns und empfangen uns mit einem Lächeln, bevor sich unsere Wege trennen. . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)