Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 282: Einen Schritt, den man sofort bereut ------------------------------------------------- Ich steh auf dem Parkplatz des Gefängnisses, dass ich in den letzten Jahren stets gemieden habe. Meinen Erzeuger hier zu besuchen kam für mich nie in Frage. Warum auch? Für mich war er ein sadistischer Soziopath, der ohne Rücksicht auf Verluste seine eigenen Ziele verfolgte, ungeachtet der daraus resultierenden Konsequenzen. Unbewusst führe ich meine Finger an den Mund und beginne an den Nägeln zu knabbern, als die extreme Schärfe meine Zunge schmerzen lässt. Ruckartig zieh ich meine Finger vom Mund weg und blicke schockiert auf die angefressenen Fingernägel. Ein lapidares 'Tut's weh' dringt an mein Ohr, in dem ein wenig das süffisante Grinsen des früheren Kaiba mitschwingt. Als ich zu ihm schau seh ich, dass Seto tatsächlich schief grinst und er wie früher wirkt. Doch dann löst sich die Arroganz und der Spott, den ich hinein interpretiere, und sein Blick wird mitfühlender. Ich nicke nur und erwidere, dass das Chili auf den Fingernägel gut hilft. Gedanklich füg ich hinzu, dass ich nach dieser Sache zur Maniküre muss. Dort lass ich mir dann Fingernägel aufkleben und frisch, schwarz lackieren. Vielleicht, so schießt es mir durch den Kopf, geh ich dann auch zu meinem Coiffeur. Zum Dank für seinen Beistand nehm ich Seto gleich mit. Er scheint nicht gemerkt zu haben, wie lang seine Wischmoppfrisur in den letzten sieben Monaten geworden ist. Wobei ich auch schwören könnte, dass er schon zwei, drei Monate vorher aufgehört hat sich die Haare zu schneiden. Egal - ein gepflegter Schnitt wird er schon nicht ablehnen. Schon gar nicht, wenn er nichts dafür löhnen muss. Seto fragt mich auf einmal, ob ich noch einmal hinters Gebüsch muss. Etwas entgeistert schau ich ihn an. Immerhin stellt man so eine Frage nicht. Egal, ob sie berechtig ist oder nicht. Ich horche kurz in mich rein, entscheide dann aber, dass ich mich nicht noch einmal übergeben muss. Also schüttle ich den Kopf und schau auf meine Thomas Sabo Rebel Icon Armbanduhr, die sich mit dem breiten Lederband um mein Handgelenk schmiegt. In zwanzig Minuten beginnt die Bewährungsanhörung meines Erzeugers und diese Erkenntnis lässt die Übelkeit in mir hochschlagen. Also verschwind ich doch noch einmal hinter dem Busch und kehre mein Inneres nach außen. Warum hab ich mich gleich noch einmal dazu bequatschen lassen? Soll er doch entlassen werden, Seto und ich haben meine Firma und meinen Besitz abgesichert. Zur Not kann ich noch eine Verfügung beantragen, die ihn zwingt einen Mindestabstand zu mir einzuhalten. Langsam komm ich wieder in einen geraden Stand und säubere mir meine Mundwinkel mit einem schwarzen Taschentuch, als Seto mir wortlos die angebrochene Wasserflasche reicht. Ich spül meinen Mund kurz aus und nehm dann einen kleinen Schluck. Dann geht Seto vor, auf den Besuchereingang des Gefängnisses zu. Ich selbst zögere kurz, doch dann folge ich ihm. Da wir schon Anfang Juli haben ist es recht heiß in diesem Teil des Landes und ich habe das Gefühl in meinem eigenen Schweiß ertrinken zu können. Doch kaum betreten wir das Haus umfängt uns die klimatisierte, angenehm temperierte Luft. Wir gehen zur Anmeldung, tragen uns dort ein und geben den Grund unseres Besuchs an. Der Wärter, der dort sitzt, schaut auf unseren Eintrag, händigt uns zwei Besucherausweise aus und deutet auf eine Tür weiter hinten. Wir sollen dem Gang folgen, er führe zum Vorzimmer der Anhörungssäle. Dort können wir erfragen, in welchen Raum wir müssen. Wieder tritt mein Wunsch, diesen Ort umgehend zu verlassen, wieder in den Vordergrund. Doch wieder geht Seto voraus und ich kann ihn hier nicht einfach zurücklassen. Da würde mir Jonouchi wieder aufs Dach steigen. Schon vor der Golden Week hat er demonstriert, dass er in Bezug auf Seto keinen Spaß versteht und ich mich an Absprachen zu halten habe. Wie würde der wohl erst reagieren, wenn ich Seto einfach hier im Gefängnis stehen lassen würde? Ich bin mir sicher, er würde mich killen und es wie ein Unfall aussehen lassen. Wir kommen in den Vorraum, in denen einige Dutzend Menschen sind. Seto versucht souverän zu bleiben und sich nicht anmerken zu lassen, dass diese neue Situation ihm Schwierigkeiten bereitet. Dann sieht er mich an und auf einmal scheinen seine Angst und sein Unwohlsein wie weggeblasen. Wir erkundigen uns, in welchen Raum wir müssen und betreten diesen dann. In diesem stehen einige Sitzbänke hintereinander. Vorne ist ein länglicher Tisch an dem sieben Personen sitzen. Davor ist ein sehr schmaler, hoher Tisch, der wohl als Rednerpult fungiert. Zu meiner Erleichterung nimmt Seto mit mir in der letzten Bank, nahe dem Ausgang Platz. Der Sprecher des Bewährungsausschusses kündigt an, dass es nun um meinen Vater gehen wird und fragt, ob jemand anwesend ist, der zuvor etwas sagen möchte. Ich... reagiere nicht. Der Mann möchte schon mit dem Prozedere weitermachen, als Seto mich in die Seite stößt und ich dann aufstehe. Überrascht mustert mich der Mann. Nur langsam geh ich an den anderen Bänken vorbei, auf denen verteilt vielleicht vier andere Personen sitzen. Ich bin nicht mal sicher, ob die wirklich hier sind, wegen der Anhörung meines Vaters oder ob sie auf die Anhörung eines anderen Verurteilten warten. Ich trete an das 'Rednerpult' und nenne meinen Namen und die Beziehung, in der ich zum Betroffenen stehe. Noch einmal sammle ich mich innerlich und lege dann dem Ausschuss dar, was es für mich persönlich bedeuten würde, wenn sie meinen Erzeuger vorzeitig aus der Haft entlassen würden. Das er dann höchstwahrscheinlich versuchen würde, mir die Firma und mein Eigentum wegzunehmen, mich wieder für seine Zwecke zu instrumentalisieren oder seine unbändige Wut an mir auszulassen. Die Damen und Herren vor mir mustern mich zweifelnd, werfen einen Blick in die Akte vor ihnen. Vermutlich hat sich mein Vater hier drin von seiner besten Seite gezeigt, um eine Haftverkürzung zu erreichen. Wieso sollten sie da mir, einem achtzehnjährigen Oberschüler, schon Glauben schenken. Ich greife in meine Jackentasche, zieh ein weißes Taschentuch hervor und entferne den Kajal-Strich, mit dem ich meine Narbe im Gesicht zu übermalen pflege. Scheinbar haben die Mitglieder des Ausschusses das nicht erwartet. Ein Herr, der am Rand des Tisches sitzt, scheint schockiert von der Narbe, die sich nun deutlich rötlich absetzt. Mein Vater ist ein Meister darin andere glauben zu machen, er wäre jemand anderes. Doch ihm fehlt die Fähigkeit oder die Bereitschaft, sich in andere hineinzuversetzen und Mitgefühl zu empfinden. Seiner geringen Frustrationstoleranz und seiner Neigung zu aggressivem und gewalttätigem Verhalten hab ich diese Narbe zu verdanken. Denn einmal hatte ich den Mut mich gegen seine Ziele aufzulehnen und sie abzulehnen. Er schlug mich so hart ins Gesicht, dass ich zu Boden ging. Ohne Angst mich schwerer verletzen zu können trat er nach und traf dabei meinen Kiefer, der brach. Dann kniete er sich über mich, so dass seine Unterschenkel meine Hände fixierten, beugte sich über mich und meinte, dass wenn ich sein Ziel nicht sehen könne ich meine Augen nicht mehr brauchen würde. Er zog ein Klappmesser und begann es von der Wange zum Auge zu führen. Ich schrie aus Angst, Schmerz und Panik. Der Versuch mich zu befreien scheiterte daran, dass ich nicht genügend Kraft hatte, ihn von mir zu werfen. Gleichzeitig versprach ich ihm alles, was er wollte, wenn er nur aufhöre. Er musterte mich lange, spuckte mir ins Gesicht und stand dann auf. Sorgfältig reinigte er sein Messer mit einem Taschentuch, klappte es zusammen und meinte zu mir, dass er es hasse, dass ich ihn zu solchen Methoden treiben würde. Dass, wenn ich ihn als Vater aufrichtig lieben würde, ihn nicht so provozieren und zu solchen Taten zwingen würde. Dann ging er einfach weg und ließ mich liegen. Stunden später fand mich der Butler und rief unser Hausarzt. Dieser brachte mich dann in eine Klinik, wo ich operiert wurde, um einerseits den Schnitt unter dem Auge zu nähen, andererseits meinen Kiefer zu richten und zu fixieren. Sechs Wochen lang war mein Mund verdrahtet und ich konnte mich nur flüssig ernähren. Damals war ich gerade in die Mittelschule gekommen und war 13 Jahre alt gewesen. Stille kehrte ein und langsam dreh ich mich von dem Ausschuss weg. Meine Hände zu Fäusten geballt, dass Stofftaschentuch mit den Resten des Kajal total zusammengepresst. Das habe ich noch nie jemanden erzählt und ich spüre, wie die Scham beginnt in mir hoch zu krabbeln. Ich weiß, dass ich an all dem keine Schuld hatte und dennoch legt sich die Scham um mich. Als ich aufsehe, um den Weg zurück zu Seto zu finden bleib ich geschockt stehen und meine Augen weiteten sich. Hiroto sitzt neben Seto. Sein Gesicht hat alle Farbe verloren und er schaut mich genau auf die Art und Weise an, die ich nicht will... nicht ertragen kann. Also geh ich an den beiden vorbei und verlasse den Raum der Anhörung. Hinter mir hör ich nur, wie einer der Männer des Ausschusses bittet, dass mein Erzeuger reingebracht werden soll. Ich stürme an all den Fremden vorbei, den Gang entlang, werfe im ersten Raum dem Wächter den Besucherausweis auf den Tisch und eile ins Freie. Kurz bevor ich mein Auto erreiche packt mich eine Hand am Unterarm. Ich wirbel herum und funkel Hiroto wütend an. Habe ich ihn nicht gebeten von dieser Anhörung fern zu bleiben? Genau aus diesem Grund habe ich Hiroto die letzten Wochen im Ungewissen gelassen und ihm nicht erzählt, dass es diesen Termin gibt. Bis gestern Abend, als Seto mich bat, zu mir nach Hause zurück zu kommen und mir dann versichert, dass es mir besser gehen werde, wenn ich Hiroto in alles mit einbeziehe. Jetzt hat er etwas gehört, was er niemals wieder aus seinem Gedächtnis streichen können wird. Das Resultat dessen ist, dass er mich in Zukunft mit diesem mitleidigen Blick anschauen wird. Wie soll mich Hiroto jemals wieder ernst nehmen? Jetzt, wo er erfahren hat, was für ein Schwächling ich war und vermutlich immer noch bin. Zum Teufel mit ihm. Ich reis mich los, steig in mein Auto und fahr davon. . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)