Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 213: Einen Schritt in sich ---------------------------------- Eines muss ich Isono zugutehalten: Er versucht gar nicht erst mir auf der Fahrt ein Gespräch aufzuzwingen. Dabei hätte er hier die besten Chancen mich mit Entschuldigungen und Erklärungen zu bombardieren. Immerhin kann ich mich ja nicht einfach aus dem fahrenden Fahrzeug stürzen. Nun ja, können könnt ich schon, aber das wäre hirnrissig. Doch Isono hat schon immer gewusst, wann er etwas sagen konnte und wann es besser war zu schweigen. Wusste, wann er etwas ansprechen konnte und welche Themen er besser ruhen lassen sollte. Ich kann mich nur an ein einziges Mal erinnern, als Isono ein Thema anschnitt, dass ich so offensichtlich vermeiden wollte. Damals war er mit so einem Kinderpsychologen in der Villa aufgetaucht und wollte, dass ich mit dem über Gozaburo spreche. Damals hab ich ihm mit Rauswurf gedroht, sollte er sich so etwas noch einmal wagen. War sein Gespräch mit Detective Nagasato 'so etwas'? Ich bin mir da nicht sicher. Katsuya hat in den letzten Tagen oft gesagt, dass Isono auch mal jemand zum Reden gebraucht hat. Tatsächlich hab ich mich nie gefragt, wie es wohl für ihn gewesen war all die Jahre mitzuerleben was Gozaburo und seine ... Lakaien mit Keizo und mir gemacht haben. Isono war eben immer da und hat sich um mich gekümmert, nachdem die anderen fertig mit mir waren. Das ihm das alles irgendwie auch betrifft ... ist immer noch ein komischer Gedanke. Außerdem: Selbst wenn ich ihn rauswerfen wollen würde, ginge das nicht mehr! Immerhin ist er seit Monaten Miteigentümer der Firma und seit ein paar Wochen Mokubas und mein Vormund. Noch zwei Bereiche, in denen ich die Kontrolle verloren habe ... auch wenn ich diese freiwillig abgegeben habe wird mir erst jetzt so richtig bewusst, was das bedeutet. Aber würde ich - selbst wenn Isono nicht Miteigentümer und Vormund geworden wäre - ihn wirklich rauswerfen? Mein halbes Leben lang ist er meine einzige, wohlwollende Bezugsperson in einer kalten, schmerzhaften Welt gewesen. Er hat an meinem Bett gesessen, wenn es mir nicht gut ging. Hat immer dafür gesorgt, dass ich etwas zu essen bekam, selbst als Gozaburo angeordnet hat, mir nichts zu geben. Hat meine Verletzungen versorgt. Ist niemals übergriffig geworden. Nein... ich könnte ihn nicht einfach so rauswerfen. Weil er für mich schon lange kein Angestellter mehr ist, auch wenn ich ihn noch bis letztes Jahr so behandelt habe, weil ich mir das alles nicht eingestehen wollte. Doch so ist es schon seit Jahren. Isono hat immer nur in meinem Wohl gehandelt, auch wenn ich manche Aktionen abgelehnt habe. Ihm war es immer nur um mich gegangen. Und doch lässt mich dieses Gefühl nicht los, dass er mir Kontrolle entrissen und über meinen Kopf hinweg etwas entschieden hat, was mich betrifft. Bislang hab ich bestimmt, wer von mir und den Sachen, die unter Gozaburo geschehen sind, erfahren hat. Klar, ich wollte Detective Nagasato ohnehin alles erzählen, bevor Kai meine Entschlusskraft einfach mal so untergraben hat, aber das wäre meine Entscheidung gewesen. Meine. Auch was ich ihr erzählt hätte. Wieso klammer ich mich so sehr an Kontrolle? Spätestens seit letzten Dezember ist mir doch klar, dass ich nie wirklich die Kontrolle hatte. Ich verstehe das alles nicht und ich hasse es, wenn ich etwas nicht verstehe. Gefühle sind so komplex und funktionieren einfach nicht nach bestimmten Parametern oder nach Logik. Ich hab meine Gefühle so lange hinter einer Wand verborgen, dass es mir immer noch wahnsinnig schwer fällt, mit ihnen umzugehen. Es ist nicht mehr so angsteinflößend, wie noch zum Jahresanfang, aber Gefühle sind einfach nicht berechenbar. Isono hat uns mittlerweile in die Stadt, am Zentrum vorbei und in das Familienviertel gefahren. Der Wagen wird immer langsamer, bis er vor dem letzten Haus in der Straße, hier am Waldrand, schließlich zum stehen kommt. Meine ehemals rechte Hand schaltet den Motor ab, zieht den Schlüssel aus dem Schloss und steigt aus. Nach einem Augenblick steig auch ich aus und höre hinter mir, wie die Zentralverriegelung sich schließt. Am Gartentor bleib ich noch einmal stehen und blicke auf das Haus, in dem ich meine frühe Kindheit verlebt habe. In dem meine Eltern und ich so glücklich waren. In dem meine Mutter mit ihrem Kugelbauch während Mokubas Schwangerschaft herum gewatschelt ist und dass früher so voller Lachen war. Da ist noch ein Gefühl, dass ich längst bewältigt glaubte: Trauer. Trauer über den Verlust meiner Eltern. Das quietschen des Gartentörchen holt mich wieder zurück in das Hier und Jetzt und ich sehe, wie Isono mir dieses aufhält. Also übertrete ich die Grundstücksschwelle und schiebe mich an meinem Vormund vorbei, bevor ich auf die Haustür zu halte und dort anklopfe. Mein Klopfen klingt ziemlich harsch, obwohl das nicht in meinem Sinn lag. Es dauert nur einen Augenblick da kommt Megumi mit Hoshi auf dem Arm an die Tür und öffnet diese. Überrascht blickt sie uns an und bittet uns dann herein. Hoshi strahlt Isono regelrecht an und möchte zu ihm auf den Arm. Zu meiner Überraschung nimmt er sie auch, als Megumi sie ihm reicht. Hoshi lacht glucksend und betastet sein Gesicht, während er auf eine Art und Weise lächelt, die ich bei ihm noch nie gesehen habe. Isono wäre vielleicht ein guter Vater, geht es mir durch den Kopf. Mokuba und mir war er jedenfalls einer. Aber wenn ich ihn so mit Hoshi sehe muss ich sagen, dass er vollkommen anders wirkt. All der Schwermut ist regelrecht von ihm abgefallen und er wirkt auf einmal so entspannt. Ob sich Isono jemals eine Frau suchen wird, mit der er dann eigene Kinder zeugt? Diese Frage überrascht mich selbst so sehr, dass ich für einen Moment völlig perplex dastehe und einen Anflug von Angst verspüre. Denn wenn Isono das tun würde, dann würde er uns verlassen. Megumi holt mich aus meinem Anflug von Angst raus und fragt, ob ich einen Kaffee möchte. Ich nicke, immer noch etwas neben mir stehend, und folge ihr in die Küche. Dort ist bereits alles für ein kleines Frühstück für sie und ihre Tochter gerichtet. Sie brüht Isono und mir Kaffee auf und wir setzen uns an den Tisch. Fragend blicke ich mich um und Megumi lächelt sanft. Sagt, dass Kei noch schläft und das wohl noch bis zum Mittag. Nachdem Isono einen Schluck seines Kaffees genommen hat fragt er Megumi, wie es Kei so geht. Ihr Lächeln mildert sich etwas und sie bekommt kurz einen traurigen Ausdruck. Doch dann flammt ihr Lächeln wieder auf. Sie meint, dass es gut ist, dass Kei diesen Schritt endlich gewagt hat und sie hofft, dass Detective Nagasato trotz aller Widrigkeiten etwas unternehmen wird. Warum sollte sie nicht? Sie hat eine mehrstündige Aussage, eine unterschriebene Anzeige, mehrere Beweismittel ... warum sollte sie nichts unternehmen? Megumi schaut mich kurz verwirrt an und fragt dann Isono, ob er mir noch nichts erzählt hat. Isono meint nur, dass sich die Gelegenheit bislang nicht eröffnet hat. Also erzählt mir Megumi, dass eine Anklageerhebung noch gar nicht gesichert ist. Keis Drogen- und Prostitutionsvergangenheit, die Kreise, in die die Anschuldigungen reichen, ... Ich bin zutiefst schockiert. Erkenne, dass es bei mir genauso gewesen wäre, wenn ich die Anzeige erstattet hätte. Entschlossenheit formt sich in mir. Irgendetwas muss sich ändern, damit eine Anklageerhebung niemals wieder bei solch erdrückenden Beweisen auch nur in Zweifel gezogen werde kann. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)