Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 23: Einen Schritt, der Vertrauen schafft ------------------------------------------------ Ich schau aus dem Fenster und sehe wie mein Drachen in sein Auto einsteigt. Isono zögert noch kurz, folgt ihm dann und fährt dann weg. Besser ist das in diesem Moment! Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn er nicht gegangen wäre. Wahrscheinlich hätte ich die Kontrolle verloren. Zum ersten Mal seit Jahren. Eigentlich hab ich gedacht, dass ich solche Sprüche und Bezeichnungen endlich soweit hinter mir gelassen habe, dass sie mich nicht mehr berühren. Aber meinen Dad als Totalversager zu bezeichnen... es hat mir alles abverlangt ihm dafür keine zu scheuern. Wie kann er es wagen über meinen Vater zu urteilen, wo er ihn doch gar nicht kennt. Klar, mein Dad hat heute keinen guten Eindruck gemacht. Aber jeder hat mal einen schlechten Tag. Wenn das einer wissen müsste, dann doch mein Drachen! Ich spüre die Wut in mir toben. Muss meine Wut in etwas lenken, um sie abzubauen. Sonst platz ich. Also geh ich zur Anrichte und fang an die Bentō-Boxen für meinen Vater für die kommende Woche vorzubereiten. Kochen hat mir schon immer geholfen mit meiner Wut und der daraus resultierenden, überschüssigen Energie klar zu kommen. Wie soll ich meinem Drachen später erklären, was los war? Wieso ich so reagiert habe, wie ich es getan habe. Ich könnte mich selbst ohrfeigen! Dafür, dass ich fast die Beherrschung verloren habe und den Brünetten wegschicken musste. Aber besser, als die Hand gegen ihn zu erheben. Aber nicht viel besser. Vielleicht hab ich das Vertrauen, was er so mühevoll zu mir aufgebaut hat, damit zerstört. Ich will es nicht hoffen, doch die Angst keimt in mir. Dann spür ich eine Hand auf meiner Schulter und werde sanft von der Anrichte weggedreht. Mein Vater schaut mich besorgt an. Das Pflaster über seinem Auge hat sich rot verfärbt. Sunnyboy, so nennt er mich immer. Weil ich für gewöhnlich immer versuche zu lachen und gut drauf zu sein, wenn er in der Nähe ist. Er schaut sich meine Wange an, die wie wild pocht und sicherlich blau geworden ist, und dann mein halb zugeschwollenes Auge. Schließlich seufzt er, als er mir seine Hand an die nichtlädierte Wange legt und mir in die Augen schaut. Dann nimmt er mich in den Arm. Fest. Lang. Und ich erwidere die Umarmung. Rieche den Alkohol, den Tabak und das er zwei Tage nicht geduscht hat. Aber das alles ist mir egal. Ich lieb meinen Dad! Auch wenn ich mich manchmal über ihn ärgere und ihn vor meinen Freunden nicht einmal erwähne. Ich liebe ihn! Als er sich löst blickt er mir ernst in die Augen. Er fragt mich, ob ich weiß, wie meine Worte vorhin auf Seto gewirkt haben müssen. Verwirrt blick ich ihn nur an. Was meint er? Sunnyboy, sagt er wieder. Wie kann jemand, der so klug ist, nur so dumm sein? Er schlägt mir sanft an den Hinterkopf. Dann stellt er sich mit dem Rücken an die Anrichte und zupft ein Päckchen Kippen aus der Hosentasche. Suchend klopft er sich nach einem Feuerzeug ab. Ob mir klar wäre, dass meine Reaktion vorhin durchaus wie ein Schlussmachen gewirkt hat. Schlussmachen? Ich reiß überrascht die Augen auf. Mein Vater glaubt ich bin mit Seto zusammen? Ich wink ab, mein, dass wir 'nur' befreundet wären. Er schüttelt zweifelnd den Kopf. Nein, meint er nur zu mir! Er hat gesehen, wie ich Seto angeschaut habe, wie ich mit ihm umgehe und wie ich den Brünetten beschützt habe, als die Schläger da waren. Vielleicht wäre mir das noch nicht bewusst, aber er - als mein Vater - kennt mich und hat erkannt, dass ich Seto liebe! Meine Wangen röten sich ein wenig und ich wende mich wieder dem Essen zu. Was soll ich darauf erwidern. Dann ... halte ich wieder inne. Hat es wirklich wie ein Schlussmachen gewirkt? Mein Vater grinst mich sanft an. Ich soll meine Zeit nicht damit verschwenden mich um ihn zu sorgen, sondern mich schleunigst auf den Weg zu meinem Freund machen, bevor der noch etwas Dummes tut! Ich räum fix die Bentō-Boxen in den Kühlschrank, laufe in mein Zimmer, um meine Tasche zu holen und schultere sie. Als ich an der Wohnungstür ankomme steht mein Vater schon da und hält mir meinen Parka hin. Bevor ich gehe sagt mir mein Dad noch, dass er sehr stolz auf mich ist und mich liebt. Ich umarm ihn noch einmal und drück ihn ganz fest an mich. Verspreche ihm beim Verlassen der Wohnung, dass ich nächste Woche auf jeden Fall vorbei kommen werde. Ich soll nicht nerven, kommt von ihm mit einem Grinsen auf dem Gesicht, bevor er die Tür hinter mir zuschlägt. Den gesamten Weg zum Anwesen bin ich gerannt. Leise betrete ich das Haus. Mokuba hat mir mal gezeigt, wo ein Notschlüssel versteckt liegt. Schon merkwürdig, dass man einen Notschlüssel für so ein Haus außerhalb versteckt, vor allem in Anbetracht der Bediensteten, die sonst immer zur Stelle sind und die Tür aufmachen. Ich ziehe meine Schuhe aus und hänge meinen Parka an die Garderobe, dann leg ich die Tasche am Fuß der Treppe ab und geh zum Wohnzimmer, wo ich noch den Fernseher höre. Als ich reinkomme springt mir Mokuba in die Arme. Er scheint ehrlich überrascht zu sein mich zu sehen. Fest drückt er sich gegen mich und ich umarm ihn inniglich. Dann frag ich, was denn los sei? Er blickt mich aus seinen grau-blauen Augen besorgt an und meinte, dass ich vielleicht schleunigst zu Seto gehen sollte. Sein großer Bruder habe vorhin, als er nach Hause gekommen ist, gar nicht gut ausgesehen. Ich nicke und eile zurück in die Halle, nehme die Tasche und steige immer zwei oder drei Stufen auf einmal nehmend die Treppe nach oben. Oben lauf ich eilig, fast laufend den Gang entlang und kann schon beim Näherkommen das verzweifelte Schluchzen meines Drachens hören. Als ich die Tür öffne sehe ich ihn auf der Bettkante sitzen. Mit dem Rücken zur Tür. Schnell schlüpf ich rein, lass meine Tasche neben der Tür auf den Boden gleiten, laufe zum Bett, krabbele über die Liegefläche und knie mich vorsichtig hinter ihn, bevor ich meine Arme um ihn schlinge. Er schreckt zusammen und fast sofort versiegten seine Tränen. Sanft frag ich ihn, was mein Drachen denn hat. Da wirbelt er herum und umarmt mich, als ob es kein Morgen geben würde. Ich kippe nach hinten um, bis ich auf meinem Rücken zum Liegen komme. Auch ich schließe meine Arme eng um den Brünetten, dem bereits wieder einige Träne über das Gesicht laufen, er aber gleichzeitig irgendwie glücklich und erleichtert wirkt. Nach einer Weile setzen wir uns wieder auf, so dass wir uns gegenüber knien. Ich nestle an meinen Finger herum. In mir ist eine gewisse Nervosität. Ich muss... nein... will Seto erklären, warum ich vorhin so reagiert habe, wie ich es getan habe. Doch dafür muss ich ihm etwas erzählen, was ich bislang noch nie jemanden aus meinem Freundeskreis erzählt habe. Ich möchte ihm damit zeigen, dass ich ihm vertraue. Hoffe, dass ich ihn so dazu bringen kann, auch sein Schweigen zu brechen. Sanft greift mein Drache nach meinen Händen. Er spürt meine Nervosität. Ich blicke zu ihm auf, in seine azurblauen Augen, die mich fragend anblicken. Ich lächle ihn sanft an. Wie ich es immer tu, wenn ich ihn sehe, einfach weil es mich glücklich macht, bei ihm sein zu dürfen. Mittlerweile erwidert er das Lächeln sogar. Gibt mir so das letzte bisschen an Kraft, das ich brauche um mich endlich zu überwinden. Also hole ich tief Luft und beginne zu erzählen. Mein Vater war einmal ein sehr talentierter Koch! Er arbeitete in einem Restaurant, dessen Spezialitäten traditionelle japanische Küche war. Die Mitarbeiter dieses Restaurant waren wie eine Familie zueinander. Und die Familien der Mitarbeiter waren immer gern gesehen. Nachdem ich eingeschult worden bin, war ich fast jeden Tag in dem Restaurant. Hatte meinen eigenen Platz in der Ecke, nahe der Küche. Dort hab ich meine Hausaufgaben gemacht und gelernt. Wenn ich keine auf hatte war ich in der Küche und hab meinem Vater beim Arbeiten zugeschaut. Manchmal, wenn wenig los war, dann zeigte er mir einige Handgriffe oder erklärte mir, wie man etwas warum tat. Das Restaurant wurde immer beliebter und der Ansturm größer, so dass mein Platz zum Aufgaben machen und Lernen auch gebraucht wurde. Die Arbeit in der Küche wurde hektischer, so dass ich dort mehr im Weg stand, als das ich helfen konnte. Also nahm mich der Restaurantbesitzer mit in seine Wohnung, die genau über dem Restaurant lag. Weder ich, noch mein Vater dachten uns dabei etwas. Der Mann war für mich, wie ein Großvater. Bevor ich weiter erzählen kann, muss ich schlucken. Sanft streich ich mit meinen Daumen über die Handrücken meines Drachens. Mein Lächeln ist längst aus meinem Gesicht verschwunden, das weiß ich. Seine Augen blicken suchend in meine. Ich muss es jetzt sagen, bevor mich der Mut verlässt! Also räuspere ich mich und setze neu an. Der 'nette' alte Restaurantbesitzer... hat mich missbraucht! Nach dem Satz herrscht eine erdrückende Stille und ich spüre, wie sein Griff um meine Hände fester wird. Sehe wie mein Drache schluckt, wiederholt, schwer. Er weiß nicht, wie er reagieren soll. Das ist in Ordnung! Ich... fühl mich irgendwie erleichtert! Es ist, als ob der Korken endlich aus der Flasche wäre. Dann fahr ich fort mit meiner Erzählung. Fast ein Jahr lang hat sich dieser Perverse an mir vergriffen! Hat mein Herz mit Angst und Scham vergiftet. Hat mir die Schuld an den Übergriffen gegeben. Meinte immer wieder, ich habe ihn verführt. Hat mir immer wieder eingebläut, dass wenn ich jemanden davon erzählen würde, mich meine Eltern weggeben werden und ich sie niemals wieder sehen werde. Ich hab mich in der Zeit sehr verändert. In der Schule bin ich aggressiv und aufsässig geworden. Zuhause war ich dagegen still und hab kaum noch etwas gegessen. Der Drecksack verfolgte mich bis in meine Träume. Ich fing an wieder ins Bett zu machen. Meine Eltern waren ratlos. Sie verstanden das alles nicht. Meine Mutter hat mich jedes Mal ausgeschimpft, wenn sie mein Bett frisch beziehen musste. Irgendwann begann ich dann, es zu verstecken. Der Perverse war im Restaurant ständig hinter mir her. Je länger es ging, desto selbstsicherer wurde er. Er beschränkte sich nicht mehr nur auf seine Wohnung, um mich zu benutzen. Ich versuchte mich ihm zu entziehen, indem ich mich irgendwo versteckte. Doch er fand mich. Immer! Und jedes Mal war er wütend darüber, dass ich es ihm schwerer machte. Eines Tages fand er mich im Keller neben der Gefriertruhe und vergriff sich dort an mir. Mein Vater wollte etwas aus der Truhe holen und erwischte ihn auf frischer Tat. Er hat ihn umgehauen, sich mich geschnappt und ist raus. Ich weinte schrecklich. Weniger aus Erleichterung, dass er mich gerettet hatte, sondern vielmehr aus Angst. Aus Angst, dass er mich nun weggeben würde. Ich flehte ihn an mir zu verzeihen. Mich nicht wegzuschicken. Es nicht meiner Mutter zu erzählen. Er brachte mich ins Krankenhaus! Ich konnte niemanden an mich ran lassen. Ich klammerte mich in Panik an meinen Vater. Wollte ihm keine Gelegenheit geben wegzugehen. Dann gab mir ein Arzt ein Beruhigungsmittel und ich bin sofort weggewesen. Als ich wieder wach wurde, saß meine Mutter auf meinem Bett, hielt mich im Arm. Ich hab mich so geschämt! Hab mir die Decke über den Kopf gezogen und wollte nicht mit ihr reden. Wollte nicht, dass sie mich anblickt. Ich fühlte mich so schmutzig und schuldig. Hatte Angst vor dem Ausdruck in den Augen meiner Mutter. Was, wenn sie mir wirklich die Schuld an all dem geben würde? Immer wieder rief ich nach meinem Vater. Doch... er kam nicht... konnte nicht kommen! Mein Vater hatte von den Ärzten erfahren, dass es nicht der erste Übergriff war. Daraufhin war er zurück ins Restaurant gegangen und hat... er hat diesen Mistkerl mit einem Küchenmesser erst kastriert und dann erstochen! Ich muss den Blick auf die Bettdecke richten und spüre, wie mir eine Träne über die Wange läuft. Vorsichtig streicht mein Drachen sie mir aus dem Gesicht. Dann heb ich meinen Blick wieder. Mein Vater hat mir Gerechtigkeit verschafft! Er ist dafür ins Gefängnis gegangen. Hat seine Karriere ohne Zögern aufgegeben. Damit ich nicht in Angst leben muss! Meine Mutter wollte das alles tot schweigen! Aus dem Gefängnis heraus hat mein Vater mir geholfen und mir einen Therapieplatz bei einem der besten Kinderpsychologen besorgt. Dank einem verdammt guten Anwalt kam er nach drei Jahren wieder raus. Doch die Zeit im Gefängnis war nicht einfach. Im Gefängnis hatte man ihm mehrfach die Hände gebrochen und er kann seitdem nichts mehr länger fest halten ohne einen Tremor zu bekommen. Daher kann er auch nicht mehr als Koch arbeiten. Also fing er an jeden erdenklichen Aushilfsjob anzunehmen. Doch er konnte keinen länger behalten, weil er seine Hände einfach nicht mehr richtig gebrauchen kann. Irgendwann begann er seinen Frust in Alkohol zu ersäufen. Dann kam das Spielen dazu. Immer wieder verspielte er Unsummen und meine Mutter hatte ihre Mühe damit, dass mit ihrem Gehalt auszugleichen. In der Anfangszeit hat sie noch versucht Verständnis aufzubringen. Doch nach ein paar Monaten hat sie die gesamte Situation nicht mehr ertragen, hat meine Schwester genommen und ist gegangen. Einige Wochen später hat sie die Scheidung eingereicht. Mein Vater ist kein Totalversager! Er hat alles für mich geopfert! Seine Zukunft, seine Freiheit und seine Familie! Wenn ich also drei Jobs brauche, um seine Schulden abzubezahlen und die Miete ranzuschaffen, dann ist das halt so. Das mag nicht immer schön sein und mich gelegentlich schlauchen, aber das bin ich ihm schuldig! Weil ich ihn liebe und ihm so viel verdanke! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)