Ein nächtlicher Überfall von Annoia (Mello, ich und sein bestes Stück) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Ich spüre, wie er sich hart gegen mich drückt, mich dadurch zwingt erschrocken aufzukeuchen, während ich gegen die kalte Mauer gepresst werde. Klingt doch ganz nett, oder? Spannend sogar? Ist es aber eigentlich nicht so wirklich. Das, was sich da hart gegen meinen Rücken drängt, hat nämlich vor knapp einer Sekunde ziemlich energisch geklickt. Außerdem fühlt sich das Teil durch mein schwarzes Shirt hindurch echt kalt an. Muss wohl eine Waffe sein. War ja klar, dass dieser Typ eine hat. So sieht der nämlich schon aus. Verwegen nennt man das wohl. Beinahe sexy. Aber halt nur beinahe. Ich hatte den Typen schon seit einer Stunde beobachtet, wie er da so lässig an der Wand des Nachtclubs gelehnt stand. Mit seinen engen Lederklamotten, den blonden schulterlangen Haaren und einer Narbe im Gesicht. So einer von der harten Sorte halt. Dachte ich... dann hatte er eine Tafel Schokolade, wie aus dem Nichts, hervorgezogen und darauf wie ein Besessener herum gebissen. Ich meine: Echt jetzt? In einem Nachtclub? Ist Schokolade jetzt die neue Partydroge? Wenn ja, scheint sie jedenfalls nicht sonderlich glücklich zu machen, so wütend wie der Kerl mir seine Knarre gegen den Rücken presst. Vielleicht sollte ich ihn mal darauf hinweisen, dass man so mit keiner Dame umgeht? "Du hast da was, das mir gehört", zischt der mir jetzt auch noch ans Ohr. Ich vermute mal, dass das einschüchternd klingen soll, oder so. Ich würde ihn ja fragen, wenn er mich nicht so hart an diese verdammte Wand pressen würde und ich nicht annehmen müsste, dass ich mir den restlichen Sauerstoff in meinen Lungen so langsam mal einteilen muss. Meine Güte, Manieren hat der Kerl echt nicht. Man bedroht keine Frauen mit Waffen und, verdammt noch mal, man rammt sie sicher auch nicht so gegen kalte Wände in dunklen Seitenstraßen! Zumindest nicht ohne erotische Hintergedanken. Hups, da hab ich wohl gerade gekichert. Aber anscheinend findet Blondie das nicht ganz so witzig, denn schon komme ich der bekannten Wand noch ein Stückchen näher. Wenn der so weiter macht, steh ich gleich wieder auf der Tanzfläche des Clubs. Ein bisschen geriffelt, weil ich mich wohl oder übel durch die Fugen der Mauer quälen müsste. "Hast du mich nicht verstanden?" Ah, wir können also nicht nur zischen, sondern auch brüllen? Das hat ja beinahe wieder was. Ich frage mich, wozu der Hübsche noch so in der Lage ist? "Au!" Das war ich. Und wie es scheint, kann ich schmerzerfüllt schreien, wenn man mich ruckartig umdreht und dabei ordentlich mit dem Rücken gegen das Gebäude wirbelt. Sowas aber auch. Der Typ hat nur Glück, dass ich nicht auch noch mit dem Schädel gegen die Steine gescheppert bin. Das hätte sicherlich ordentliche Kopfschmerzen gegeben. Ich hasse Kopfschmerzen. Und noch mehr hasse ich es, wenn ich keine Aspirin nehmen kann. Soviel wie ich heute Abend getrunken hab, käme das nämlich eher nicht so gut. Mal abgesehen davon: Hab ich überhaupt Aspirin dabei? Ob der hübsche Ledertyp welches dabei hat? In seinem Portmonee vielleicht? Ich könnte ja mal nachsehen, aber da das Teil in meiner Gesäßtasche steckt und der Kerl mich nun mit dem Hintern gegen die Wand presst, komme ich wohl vorläufig nicht dran. Dumm für mich. Und dumm für ihn. Er hätte mir seine Geldbörse ja auch einfach aus der Tasche ziehen können. Dann hätten wir uns dieses Waffengeprahle wenigstens ersparen können. Ach, Blondie kann auch noch Gedanken lesen? Denn so aufgeregt wie er jetzt mit dem Lauf vor meiner Nase herumfuchtelt, nehme ich mal an, dass er schon ein bisschen prahlt, oder? Scheint ja richtig stolz auf diese polierte Penisverlängerung zu sein. Klar, drück mir das Metall doch so richtig gegen die Stirn, Mistkerl. Ist ja nicht so, dass es nicht eh schon kalt genug hier draußen ist. Mitten im Herbst. In der Nacht. Blödmann. Dem muss ich wirklich noch erklären wie man mit Frauen umgeht. Man(n) bietet uns zartem Geschlecht eine Jacke an und keinen verdammten Pistolenlauf! "Hörst du mir überhaupt zu?" Jetzt bebt seine Stimme auch noch. Gott, das wird ja immer besser! Ich glaube ja, dass es ihn ein bisschen nervt, dass ich bisher noch nicht auf seine Avancen reagiert habe. Vielleicht sollte ich mal langsam mit ihm reden? Ach nein, soll er ruhig noch etwas zappeln. So wie seine ausgestreckte Hand, die die Knarre gegen meine Stirn drückt. Wird wohl schwer dein bestes Stück, hm? "Grins nicht so!" Oh und wie ich grinse. Um ehrlich zu sein, grinse ich schon seitdem ich den Kerl in dem Club gesehen hab. Mister Obercool mit seiner Schokolade. Ernsthaft, wie albern ist das denn bitte? Nicht die Sache mit der Schokolade. Wenn man Bock drauf hat... Nein, was mich echt amüsiert, ist die Tatsache, dass der Kerl in dem Club war, ohne anscheinend überhaupt Lust darauf gehabt zu haben. So grimmig wie er in die Menschenmenge gestarrt hatte, hatte der garantiert nicht wirklich das Bedürfnis sich ins Nachtleben zu stürzen. Bestimmt war er nur da drin, weil er sich von irgendeinem Scheiß ablenken wollte. Stress mit der Freundin? Hosen zu eng gekauft? Nichts im Kühlschrank, außer Schokolade? Sowas halt. Probleme, die die Welt nicht braucht. Wenn ich nett wäre, könnte ich ihm bei allen dreien behilflich sein. Als erstes würde ich mich um die Hose kümmern. "Lass das scheiß Gekicher!" Verdammt, ist der süß, wenn er rot wird! Vor Wut natürlich. Es sei denn, er kann doch Gedanken lesen. Probieren wir es doch mal: Er und ich. Hier in der dunklen Gasse. Der Bass, der durch die Mauern prescht, gibt den Takt an, wenn wir... "Jetzt sei doch mal nicht so grob, du Arschloch!" Ernsthaft. Wenn der die Knarre noch stärker gegen meine Stirn presst, kann er sich die Kugel gleich sparen. Mein Hirn hat er dann nämlich auch so schon zermatscht. Ja toll, guck jetzt noch überrascht! Dachtest wohl ich bin zu ängstlich, um was zu sagen, hm? Wegen deiner schicken Pistole. Wenn du wüsstest, Freundchen. Ich habe keine Angst. Nicht vor dir. Nicht vor deiner Waffe. Nicht vor dem Schuss, der meinen grauen Klops fröhlich durch die Luft segeln lassen würde. Das ist mir alles sowas von egal. Wenn ich heute sterbe, sterbe ich halt. Mich stört es nicht. Und ich wüsste auch niemand anderen, den das irgendwie jucken könnte. Es gibt halt Keinen, den mein Tod interessieren würde. Keine Familie, keine Freunde und die paar Bekannte, die ich habe, würden mir noch nicht mal nachheulen, wenn ich diese dämliche Gans wäre, die goldene Eier legt. Weil die nämlich wüssten, dass ich diese Eier nicht teilen würde. Ganz im Gegenteil. Ich würde denen trotzdem noch ihre eigene Kohle abnehmen. Sowas machen geldgeile Betrüger, wie ich, nämlich. Steht sogar in meinem Lebenslauf. Das könnte ich dir natürlich alles erklären, Blondie, aber ich rede einfach nicht gern. Zumindest nicht mit anderen Menschen. Mit mir selbst schon. Ich mag mich. Wenigstens einer. "Gib mir mein Portmonee zurück, Schlampe, oder..." Jetzt wird der auch noch beleidigend! "Oder was?", wage ich ein bisschen lachend zu fragen. Da jetzt auch noch eines seiner hübschen blauen Augen zuckt, nehme ich mal an, dass er mit meiner Stimmlage nicht so ganz klar kommt. Vielleicht hätte ich ein bisschen ängstlich klingen sollen, damit er sich auch schön bedrohlich und überlegen fühlen kann? Oder lieber sexy schnurren? Wer weiß ob er nicht drauf eingestiegen wäre? Ach verdammt, einen Versuch wäre es Wert gewesen. "Oder ich knall dich ab!", faucht er mich an. Er faucht! Echt! Wie so eine kleine Wildkatze. Eine Wildkatze in Lederhosen. "Nein, bitte erschieß mich nicht!" Ob das zu dramatisch klang? Na, mal sehen. "Dann rück jetzt endlich meine Brieftasche raus!" Wenn das Auge des Hübschen noch schneller zuckt, kann ich mich gleich nicht mehr beherrschen. Dann lache ich. Herzhaft. Und ich glaube, dass er mir dann die Rolle des ängstlichen Mädchens nicht mehr abnimmt. Schade wäre es, denn ich spiele sie gerade wirklich gern. "Okay", antworte ich ganz ganz leise. Ein bisschen weinerlich. Meine Äuglein werden sogar feucht. Nicht aus Angst, aber das weiß Mr. Sexy natürlich nicht. Nein, es ist nur echt verdammt kalt hier draußen und der eisige Wind bläst mir ziemlich heftig ins Gesicht. Aber ich beschwere mich mal lieber nicht. Immerhin hilft mir das ja auch dabei mich hier so richtig schön eingeschüchtert zu präsentieren. Wie ein kleines, scheues Reh guck ich ihm erst mal entgegen, lasse meine nassen Wimpern klimpern, um mir von ihm etwas Nachsicht zu erbetteln. Aber - und eigentlich überrascht es mich bei diesem Kerl nicht wirklich - es lässt ihn kalt. Der Lauf seiner Waffe presst sich noch immer stark gegen meine Haut und so langsam wird mir klar... ich bekomme einen Pickel. Ich fühle es jetzt schon. Gut, knall mich ab, denn auf Pickel habe ich jetzt wirklich so gar keine Lust. "So langsam bekommst du doch Angst, was? Und nun gib mir endlich mein Portmonee!" "J...Ja" Stottern ist immer überzeugend. Langsam greife ich in meine rechte Gesäßtasche und ziehe sein Objekt der Begierde hervor. Noch ein leichtes Zittern der Hand, mit der ich ihm die Geldbörse entgegenhalte, dann... lasse ich sie doch einfach fallen. Wie ungeschickt aber auch. "Heb das auf!", zischt er wieder. Och man, das hatten wir doch schon. So elegant wie ein hilfloses Opfer beuge ich mich seinem Willen und gehe in die Knie. Um ehrlich zu sein war mein Missgeschick natürlich Absicht. Ich nutze diese Gelegenheit und betrachte mir den jungen Mann von unten bis oben. Zugegeben: mir gefällt wirklich was ich sehe! Lange Beine, die sich hinter dem enganliegenden Leder verstecken. Beckenknochen, die sich über dem Bund seiner Hose abzeichnen. Etwas nackte Haut, auf der sich eine leichte Gänsepelle erkennbar macht. Anscheinend bin ich nicht die Einzige, die es hier zu kalt findet. Und dann diese schwarze Lederjacke, die er bis unters Kinn zugezogen hat! Nicht schlecht, Herr Specht! Geschmack hat er ja. Auch wenn ich weiß, dass ich jetzt aus meiner Rolle falle, kann ich nicht anders. Ich muss grinsen. So sehr, dass es beinahe weh tut. Anscheinend sieht es dazu auch noch dämlich aus, denn jetzt guckt mich der Süße doch ziemlich irritiert an. Na gut, dann sollte ich diese Chance wohl nutzen, nicht war? Mein Körper weiß was zu tun ist, lässt meinen Arm nach vorn schnellen und versucht ihm die Waffe aus der Hand zu schlagen. Doch sein Körper scheint irgendwie damit gerechnet zu haben, denn auch wenn die Pistole nun nicht mehr an meiner Stirn klebt, so hat er sie dennoch nicht aus seinem Griff entlassen. "Du bist gut, Blondie!", entweicht es mir amüsiert. Wirklich, dieser Mann macht mir Freude. Allein schon dieser eisige Blick, der mich wohl am liebsten tausend Tode sterben lassen wollen würde. Na, zur Not kann er ja noch schießen. Dessen ist er sich anscheinend bewusst, denn nun drückt sich der Lauf seiner Waffe auch schon unterhalb meines Kinns an meine Haut. Ihn an meine Stirn zu setzen, würde dem Fremden sicher besser gefallen, aber da ich mich gerade so schön an dem Kragen seiner Jacke festkralle, fehlt ihm wohl ein bisschen Bewegungsfreiheit. Pech für ihn. "Hier." Ich kann es mir einfach nicht verkneifen. Mit seinem Portmonee in meiner Hand, stupse ich ihm gegen die Nasenspitze, zeige ihm somit aus nächster Nähe den Gegenstand, den er sich hier so tapfer zurück erkämpft. Seine blauen Augen senken sich, starren auf die Geldbörse und dann etwas skeptisch auf mich, was mich beinahe zwinkt ihm entgegen zu lächeln. "Bevor du mich jetzt erschießt..." Das will er, daran zweifle ich überhaupt nicht. Und es würde mir auch noch immer nichts ausmachen. Nur jetzt, in diesem Moment, gibt es etwas, das ich zuvor gern noch erledigen möchte. Dieser schöne Mann ist zu nah vor mir, als dass ich diese Gelegenheit verstreichen lassen könnte. Noch während ich das entsichernde Klicken seiner Waffe höre, beuge ich mich ihm entgegen und lege meine Lippen auf seine. Sie sind unerwartet weich, schmecken ein wenig nach Schokolade, was mich in den Kuss hineinlächeln lässt. Während sich der kalte Lauf gegen meine Haut presst, presse ich meinen Mund noch intensiver auf seinen. Ich öffne ihn ein wenig, nehme somit seine Oberlippe gefangen und sauge kurz daran. Das schokoladige Aroma legt sich auf meine Geschmacksknospen, doch dann verschwindet es auch schon wieder. Ich löse mich von dem wahrlich Süßen, der offensichtlich gerade nicht so wirklich weiß wie ihm geschieht. Verwirrt sieht er auf mich hinab, starrt auf meine Lippen, die ich kurz mit meiner Zunge benetze, um seinen Geschmack noch einmal zu kosten. Schokolade scheint wohl doch so etwas wie eine Droge zu sein, denn ich merke jetzt schon, dass ich gern mehr davon gehabt hätte. "War schön mit dir", grinse ich dem erstarrten Mann entgegen, drücke ihm sein Portmonee in die unbewaffnete Hand und löse mich schließlich endgültig von ihm. Er reagiert nicht. Kein bisschen, was ich beinahe etwas schade finde. Aber was soll's. Also schlendere ich halt davon. Wenn er mich gleich von hinten erschießt, dann soll es wohl so sein. Es würde mich noch immer nicht stören, denn immerhin habe ich bekommen, was ich wollte. Einen wunderbar süßen Kuss. Und das Geld aus seinem Portmonee. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)