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Momente

[One-Shots und Drabbles]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ja. Das ist Tsuki aus Eikyû, allerdings in einer neuen Version ;) Komplett anzeigen

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Das Mädchen am Straßenrand

Regen.

Regen prasselte vom Himmel hinab, prasselte auf Autodächer und Regenschirme, während die Straße in ständiger Bewegung zu sein schien. Wie ein eigener Organismus wand sie sich am Rand der Stadt entlang. Da waren Autos, die über die Fahrbahn rauschten. Da waren Fußgänger, die mit gesenkten Köpfen die Straße hinabeilten. Einige trugen Geschäftskleidung und hatten Aktentaschen bei sich; Geschäftsleute. Andere waren Jugendliche, die entweder von den Schulen kamen oder unterwegs waren, um sich zu amüsieren. Auch die ein oder andere Hausfrau, die noch einen Einkauf nach Hause schaffte, lief die Straße entlang.

Niemand beachtete die Frau, die unter einem altertümlich wirkenden Regenschirm am Rand der Straße stand und sie alle aus goldenen Augen beobachtete. Die Menschen waren zu beschäftigt mit sich selbst.

Manchmal fragte sie sich, ob sie überhaupt hierher gehörte. Doch die Wahrheit war, dass sie schon solange hier war und es gar keinen anderen Ort gab, an den sie würde gehen können. Sie war hier, als Avatar ihrer Göttin. Sie war hier als Sprecherin, als Dienerin ihres Gottes. Sie war schon lange hier, hatte gesehen, wie mehr und mehr Menschen hierher gekommen waren.

Menschen, die sie meistens nicht einmal zu sehen schienen. Meistens waren es nur Jugendliche oder Betrunkene, die ihr einen Blick zuwarfen oder sie vielleicht auf ihr ungewöhnlich rotes Haar ansprachen. Doch die meisten taten es nicht. Die meisten sahen sie nur an, starrten für einen Moment und senkten dann schuldbewusst den Blick.

Doch sie war anders. Sie beobachtete die Menschen, beobachtete sie genau. Sie schämte sich nicht zu starren, während sie sich fragte, was wohl die Geschichte von jenem jungen Paar war, das sich gemeinsam unter einem Regenschirm drängte, was für eine Geschichte ihr die alte Frau, die ein schwer beladendes Fahrrad vor sich her schob, ihr wohl erzählen könnte, und woher wohl jener blonde Tourist, der offenbar keinen Regenschirm hatte und so nun durch den Regen eilte, kam.

„Was machst du hier, Tsuki?“, fragte eine Stimme neben ihrem Ohr.

Sie lächelte und sah auf. Auch wenn sie niemanden sah, erkannte sie doch die grünliche Flamme, die nun in der Gasse neben ihr flackerte. Ein Zashiki-Warashi. Ein örtlicher Hausgeist. Masao.

„Ich beobachte sie“, erwiderte sie. „Schau sie dir an.“

„Ich sehe sie die ganze Zeit.“ Die Stimme Masaos klang gelangweilt und gleichzeitig ein wenig quengelig, ganz so, wie man es von einem Geist erwarten würde, der auf ewig ein Kind war.

Tsuki sah mit einem süffisanten Blick zu der Flamme, die unter ihrem Schirm Zuflucht vor dem Regen gesucht hatte. „Aber siehst du sie wirklich?“

„Ich bin ja nicht blind!“, erwiderte der Geist.

„Sicher nicht“, antwortete sie und lachte leise, als sie eine andere Bewegung sah.

Ein Fuchs, der in einer Gasse auf der anderen Seite der Straße erschienen war. Ein anderer Bote. Es war also Zeit.

Nun dann. Es wurde also soweit, dass auch die Menschen starren durften. Und während ein kleiner Transportwagen vor einem der kleinen Imbisse vorfuhr, nahm sie ihre wahre Gestalt an. Ihr silbernes Fell glänzte im Licht der Straßenlaternen. Es wies das Wasser ab, so dass die Regentropfen nur als Perlen über ihren schlanken Fuchskörper liefen.

Ihr Regenschirm war zu Boden gefallen.

Sie sprang gegen die Wand zu ihrer Rechten, stieß sich von dieser ab und landete dann auf dem Dach des kleinen Hauses, neben dem sie die ganze Zeit gestanden haben.

Schon ertönte ein Ruf.

„Was ist das?“

Moderne Fotohandys wurden gezuckt, während sie über die Dächer lief und dann dem Himmel entgegen sprang. Dann war sie für die Menschen, die mit ihren Handys da standen, die Regenschirme gesenkt hatten und auf den Punkt starrten, wo sie für sie gerade verschwunden war. Dann erhob sich ein Murmeln, während sie sich fragten, ob es nur eine optische Täuschung gewesen war.

Es war genug Ablenkung gewesen, als dass ihre Brüder Nahrung aus den Läden, aus Taschen und Wägen hatten klauen können.

Es sollte für die Woche reichen.



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