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Yu-Gi-Oh! The Last Asylum

von

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The Last Asylum Movie "Second Coming" - Part IV

Yu-Gi-Oh! The Last Asylum – The Movie Part IV

 

 

Matt drehte sich um. Wandte sich ab von Anyas leblosen Körper, der vor ihm lag. Einsam rann eine einzelne Träne über seine Wange, die im starken Kontrast zu der finsteren Aura stand, die ihn umgab. Eine eisige Brise zog über die ansonsten menschen- und dämonenleere Straße hinweg.

Sein Ziel war jetzt, zurück zu Mutter zu kehren, um ihr bei dem Ritual zur Öffnung des Tores von Eden zu helfen.

 

Er zog das Tempo ein wenig an und lief eiligen Schritts den Bürgersteig entlang. Plötzlich hielt er inne. Etwas stimmte nicht.

Sich umdrehend, sah er nur noch die Faust auf sich zufliegen, die ihn bei Kontakt glatt von den Füßen riss. Und das, obwohl sie ihm vor wenigen Minuten nicht einmal ein Haar krümmen konnte.

Mit voller Wucht landete Matt auf dem Rücken und sah sich einer keuchenden und hustenden Anya gegenüber, die sich mit der anderen Hand den Hals hielt, welcher deutliche Abdrücke seiner Finger aufwies.

„Du … irrer Bastard … einfach so wieder einen auf besessen machen …“, würgte sie hervor, immer noch blau im Gesicht.

 

Matt weitete die Augen. Was hatte er da getan!? Wie hatte er wieder …!

„D-du lebst-!“, stammelte er fassungslos.

Seine Wange brannte wie Feuer, mehr noch, kribbelte furchtbar unangenehm. Er fasste mit der Hand an die schmerzende Stelle, doch weder er, noch Anya bemerkten das leichte, weiße Leuchten dort, das mit der Berührung verschwand.

Anya war zu sehr fixiert auf ihre immer noch geballte Faust, die zitterte wie Espenlaub. „Ja, aber grad' noch so! Wie gut, dass ich solche Situationen schon seit ich sechs war übe! Ich kann meine Luft länger als jeder andere anhalten, musst du wissen!“

Matt starrte sie nur an, als wäre sie das achte Weltwunder. Er hatte sie mehrere Minuten gewürgt, sie konnte gar nicht mehr am Leben sein! Ihr Herz hatte aufgehört zu schlagen, so etwas konnte man nicht üben oder nachstellen. Was … war sie!?

 

„Also was jetzt“, keifte sie ihn an, „muss ich mich jetzt mit dir duellieren, dass du wieder normal wirst!? Ich hab verdammt schlechte Laune, also überleg' dir gut, was du antwortest!“

In diesem Moment nahm der Dämonenjäger erst wirklich wahr, dass er wieder die Kontrolle über seinen Körper besaß. Nicht weniger zittrig als sie stand er langsam unter ihrem wachsamen Blick auf, hob als besänftigende Geste die Hände.

„Ich bin es, nicht der Dämon“, sagte er vorsichtig. „Keine Ahnung wie, aber dein Faustschlag hat mich zurückgeholt.“

Anya spuckte verächtlich zur Seite. „Oh wie toll, die Narbenfresse braucht eine Ewigkeit, ich ein paar Sekunden. Das spricht Bände! Sofern ich dir trauen kann, natürlich!“

„Es tut mir leid, Anya. Ich-ich hab versucht mich zu wehren, aber-!“
 

Wie konnte sich das Wesen in ihm so schnell erholt haben, fragte er sich nebenbei erschrocken. Alastair hatte alle Register gezogen!

Matt erschauerte beim Gedanken, wie mächtig diese Kreatur und seine Mutter sein mussten, wenn das Ding einen Exorzismus so gut verkraftete. Zugegeben einen halben nur, aber dennoch! Er würde erst frei sein, wenn Urila tot war. Was im Umkehrschluss hieß, dass er verdammt gefährlich war. Eine tickende Zeitbombe.
 

„Ahja? Und wie willst du mir das beweisen, Idiot?“ Anya sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. „Ich bin ja vieles, aber nicht bescheuert!“

„Gar nicht“, murmelte er und sah getroffen weg, „ich hoffe, du kennst … den richtigen Matt gut genug um zu wissen, dass er nie versuchen würde-!“

Die Blondine fiel ihm rüde ins Wort. „Was du nicht sagst, Einstein, natürlich kenn' ich den Trottel gut genug! Nur leider hat der offenbar 'ne Psychofrischzellenkur erhalten! Woher soll ich wissen, ob du es bist oder dieses irre Mistvieh!?“

„Das merkst du, sobald ich wieder aufdringlich werde“, versuchte Matt hilflos zu scherzen.

Was bei Anya nur bedingt ankam. Die verschränkte immer noch wütend die Arme. „Dann ist es zu spät, Matschbirne.“

Matt nickte. „Natürlich.“

Er machte eine kurze Pause, um kurz seine Gedanken zu ordnen. Die waren alles andere als berauschend, aber ihm wurde klar, dass er etwas unternehmen musste, um Anya vor sich zu schützen.
 

„Du solltest ohne mich weiter“, schlug er kurzerhand vor und sah sie abwartend an. „So kann ich dich zumindest nicht nochmal angreifen.“

Anya, die ob ihrer knappen Bekleidung in Form eines schwarzen Shirts und Boxershorts nebenbei leicht fröstelte, blinzelte zweimal. Dann räusperte sie sich, begann in einem für ihre Verhältnisse erstaunlich gut gestellten sarkastischen Tonfall zu reden. „Gute Idee. Und wenn ich dann bei Urila bin, schmeiße ich mit Steinen nach ihr, weil ich die Macht habe, sie damit ins Wunderland zu schicken.“

„Anya-“

„Oh ja, du hast ja nicht dran gedacht, dass ich nur ein ganz normaler, verfickter Mensch bin“, ereiferte sie sich nun mit kratziger Stimme, „sorry Summers, hättest du zwei Wochen früher gefragt, hätte ich den Job noch alleine durchgezogen! Knalltüte!“

Matt rieb sich schuldbewusst den Hinterkopf. „Daran habe ich nicht mehr gedacht, tut mir leid.“

„Das ist mir aufgefallen!“, brüllte sie ihn nun an. „Alter, du bist hier der Dämonenjäger, benimm' dich endlich wie einer!“

Schnaubend stampfte sie auf ihn zu und packte ihn am Arm, zerrte ihn mit sich.

„Hey!“

„Du kommst schön mit. Und wenn du wieder Faxen machst, lernst du den Roundhouse Anya kennen, damit das klar ist!“, meckerte sie haltlos drauf los. „Dieser ganze Saftladen scheint ohne mich ja nicht zu laufen! Die sollten mich gleich zur Bürgermeisterin ernennen, dann würde so'n Gesocks wie diese Urila gar nicht erst auftauchen!“

Matt stemmte sich gegen sie, doch in Rage war das Mädchen nicht zu stoppen und vermochte sogar einen kräftigen, jungen Mann wie ihn mit sich zu schleifen.

„Das ist zu riskant! Diesmal hattest du Glück, aber stell dir vor was passiert, wenn Urila-“

„Die kann mich mal!“, war Anyas einfallsreiche Begründung, ihn trotzdem mitzunehmen.

 

Ihr Begleiter seufzte resignierend und ergab sich schließlich seinem Schicksal, wenn man so wollte. Zumindest schien sie ihm den Mordversuch nicht allzu übel zu nehmen. Dass er noch in einem Stück war, war der beste Beweis dafür.

Trotzdem, auch wenn sie es sich gar nicht erlauben konnten, noch weiter zu diskutieren, suchte er nach Alternativen. Der Gedanke, wieder befallen zu werden und Anya zu gefährden, war fürchterlich. Wenn ihr etwas geschah, während er unter Urilas Kontrolle stand, wer würde dann Tara retten!? Und wer würde Anya retten?

Es war so plötzlich gekommen … und genauso schnell wieder verschwunden …

 

„Hast du 'ne Ahnung, was Urila in der 13ten Straße wollen könnte?“, fragte er schließlich, während sie ihn immer noch hinter sich her zerrte.

Anya schnaubte. „Ne, aber ich kenne nur einen Ort, der die Straße von anderen abhebt.“

„Welchen?“

Mit einem Schlag blieb sie stehen. Den Kopf zu Matt drehend, verdunkelte sich ihr Ausdruck. „Das Bestattungsunternehmen.“

„... solche Orte sind von der Aura des Todes umgeben“, murmelte Matt und hielt sich nachdenklich das Kinn, „vermutlich braucht sie das für den Opferungszauber.“

„Keine Ahnung, aber was ich weiß ist, dass es da bestimmt nur so von Untoten und anderem Unrat wimmeln wird“, raunte sie gallig, „und ich habe echt keine Lust, mich auf den letzten Metern noch mit den kleinen Fischen rumärgern zu müssen!“

„Ob wir das müssen, finden wir nur heraus, wenn wir dort hingehen“, erwiderte Matt, „außerdem haben wir kaum eine andere Wahl.“

Anya ließ genervt die Zunge heraushängen, es war offensichtlich, dass sie bei ihren Feinden den Weg des geringsten Widerstands erwartete. Da dieser aber in Urilas Fall nicht im Skript stand, mussten die beiden die Beine in die Hand nehmen, um den finalen Akt nicht zu verpassen.

 

~-~-~

 

Da standen sie, unmittelbar vor dem kleinen Gebäude. Im Schaufenster wurden verschiedene Bücher, Bilderrahmen, Urnen und andere Gegenstände ausgestellt. Anya bemühte sich redlich, sich Matt nicht in einem der Gefäße als Asche vorzustellen. Zwar wollte sie es nicht zeigen, nachdem sie sich gerade erst entschuldigt hatte, aber in ihrem Bauch brodelte eine Heidenwut auf ihn. Natürlich konnte er nicht wirklich etwas dafür, sie fast erwürgt zu haben, aber was sollten seine Worte bedeuten!?

Es ging nicht immer nur um sie! Sie hatte eigentlich gar nichts mit dieser Sache am Hut!

 

„Lass uns reingehen“, meinte der Schwarzhaarige versteift.

Die Tür war nicht aufgebrochen, nein einfach aus den Angeln gehoben worden. Vorsichtig schob sich Matt ins Innere des dunklen Gebäudes. Aus den Augenwinkeln bemerkte er zu seiner Rechten eine ganze Reihe an Särgen. Einige standen auf dem Boden, andere waren demonstrativ an die Wand gelehnt. Und selbst in der Dunkelheit sah er die Silhouetten, die ganz sicher nicht dort hingehörten.

„Wir sind nicht allein“, flüsterte er Anya zu, die ihm nicht weniger achtsam folgte.

„Sag mir was, das ich noch nicht weiß, Summers“, murrte sie leise, „um was handelt es sich?“

„Sieht mir nach Mumien aus.“

„Dann schuldest du mir zehn Dollar.“

Matt lachte auf. „Ich schulde dir gar nichts, wir haben keine Wetten abgeschlossen.“

„Hätte ja klappen können. Bei Nick funktioniert das immer“, resignierte Anya, „du kannst mir trotzdem ein bisschen was lei-“

„Shhh!“

 

Doch die Warnung kam zu spät! Leise drang Gestöhne von den Särgen zu ihnen, aber nicht nur das. Aus den Urnen im Schaufenster und in den Regalen stiegen gelbliche Funken auf. Anya wirbelte um, stieß gegen Matts Rücken.

„Leuchtspackos auf 6 Uhr! Was sind die!?“

„Irrlichter. Harmlos, aber nervig, lass sie nicht zu nah heran, sonst kannst du erblinden.“

„Das nennst du harmlos!?“

Matt schnappte sauer: „Schrei nicht so rum!“

„Du schreist doch, Volltrottel!“

Es knarzte und knackte, was die beiden abrupt verstummen ließ. Scheinbar waren die Mumien nun endgültig aus ihrem Schlummer erwacht. Gleich ein halbes Dutzend kam aus der Dunkelheit auf Matt mit erhobenen Armen zu gestürmt, wohin gegen Anya sich „den Funkeldingern“ gegenüber sah.

Irgendetwas stimmte da nicht, dachte der Dämonenjäger beim Anblick des feindlichen Leichengeschwaders. Die Mumien glichen sich bis auf die letzte Binde. Fast als wären sie …

„Anya, unsere Angreifer sind keine Livingtoner! Die muss Urila selbst erschaffen haben.“

Die Blondine drehte den Kopf nervös Matt zu. „Umso besser, können wir sie gnadenlos platt machen! Und was kann ich gegen diese Glühwürmchen tun, wenn wir schon dabei sind?“

„Lichtquellen halten sie fern.“

„Was, was wehtut, meinte ich!“

„Keine Zeit, denk dir was aus!“

Dies gesagt, pfefferte Matt mit einem wuchtigen Kick den Kopf einer Mumie weg, während der Körper zwangsenthauptet zusammensackte. Die Überzahl der Untoten trieb den jungen Mann jedoch von Anya weg, die ihrerseits zur Seite flüchtete. Mit den Händen wedelnd versuchte sie, die Irrlichter zu vertreiben, was aber vergebene Liebesmüh war. Um nicht geblendet zu werden, kniff sie dabei die Augen zu. Immer weiter zurück getrieben, stieß sie gegen ein Regal.

„Geht weg, ihr Mistviecher! Summers, tu verdammt nochmal was!“

„Bin beschäftigt!“, rief der ihr zu, während er sich mit dem Ellbogen eine Mumie, die ihn angefallen hatte, gerade so vom Leib hielt.

Anya kam die Idee. „Nimm doch deine verdammten Zauberkarten da!“

„Hab keine mehr! Und jetzt nerv' mich nicht, ich muss mich konzentrieren!“ Die Mumie schnappte mit ihrem stinkenden Maul nach ihm, doch Matt gelang es, sie von sich zu stoßen.
 

„Kch, nutzloser Idiot!“, zischte Anya, um die ein ganzer Schwarm Irrlichter schwirrte. Mit einem halb geöffneten Auge schielte sie in das Regal, aber außer Bilderrahmen war dort nichts zu finden.

Doch da! Ein Regal weiter war etwas, das ihr helfen könnte!

Blindlings stolperte sie auf das Regal zu, stieß benommen gegen es. Scheinbar hatte dieser Nichtsnutz von Dämonenjäger ihr etwas verschwiegen. Nämlich dass diese Dinger ihr langsam das Bewusstsein raubten, ihr war schon ganz schwindelig!

Trotzdem hielt sie das nicht davon ab, ihre Hand auf die Glaskugel zu legen, die direkt vor ihrer Nase im Regal stand. Welcher Trottel auch immer der Meinung war, dass solche Leuchtfunzeldinger eine nette Deko für Gräber abgaben, Anya würde ihm eine auf das seine legen, wenn die Zeit gekommen war. Sie musste das Ding nur anknipsen und schon würden die Viecher sie in Ruhe lassen!

 

Dazu kam es aber nicht, als sich ohne Vorwarnung eine vermoderte Hand Anyas Gelenk griff. Das Mädchen riss die Augen auf und fand sich einer verirrten Mumie gegenüber.

„Fuck off!“, sprachs und pfefferte dem Ding so hart die Faust ins Gesicht, dass der Kopf vom Hals brach und ekelhaft platschend auf den Boden fiel. Die Mumie sackte in sich zusammen.

Angewidert schüttelte Anya ihre jetzt seltsam schleimige Hand. Allerdings war da immer noch das Problem mit den Irrlichtern, die ihr den Kopf verdrehen wollten. Eilig legte sie den kleinen Schalter am unteren Bereich der Wunderkugel um, um sie einzuschalten. Man hätte sie allerdings darauf hinweisen sollen, dass das bunte Leuchten, das aus dem Inneren der Glassphäre nun aufblitzte, alles andere als eine starke Lichtquelle abgab. So wichen die 'Funzeldinger' zwar ein wenig vor Anya zurück, aber das konnte auch daran liegen, weil sie wie eine Irre mit der Kugel in ihrer Hand herumfuchtelte.

„Das wirkt nicht!“, beschwerte sie sich mit zusammengekniffenen Augen bei Matt.

Kurzerhand entschied sie sich, die Viecher zu ihm zu locken. Sollte der doch damit fertig werden, immerhin schuldete er ihr noch fünf Minuten Sauerstoff! So huschte das Mädchen halb blind durch das Bestattungsunternehmen. Zu blöd, dass kurz vor ihrem Ziel – Matt, der mit zwei Mumien auf einmal rang – ihr doch tatsächlich ein Zombie den Weg versperrte. Warum ein Zombie? Nun, Anya erkannte ihn sofort an dem Anzug, den er trug. Welcher so viel modischer war als ein paar lose Bandagen.

„Willst du das?“, fragte sie und guckte auf die Glaskugel. Der Zombie stöhnte. Bejahend?

„Willst du das wirklich?“, fragte sie erneut, als er schon seine Arme anhob, um ihr eine 'freundschaftliche Umarmung' zu schenken.

„'kay, bin ja nicht so.“

Keine Sekunde später zertrümmerte sie ihm mit der Wunderkugel die Schädeldecke wie ein Presslufthammer. Einer Nuss nicht unähnlich, knackte sie seinen Schädel, bis das gammelige Hirn austrat, auf das jemand wie Anya gewiss keine Rücksicht nehmen würde. Platsch.

 

Nur wenige Augenblicke später lag der Zombie wie ein kleines, heulendes Kind vor ihr am Boden. Mit dem Unterschied, dass er jetzt tot war. Also … nochmal tot, weswegen Anya sich auch keine Sorgen um den potentiellen Livingtoner machte, der in ihm steckte. Die Aktion beeindruckte scheinbar sogar die Irrlichter, die auf einmal schleunigst vor Anya die Biege machten. Die hielt die Kugel fest in der Hand, welche sich als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen hatte.

„Ja, rennt nur, ihr Pissflitschen! Nächstes Mal komme ich mit der Taschenlampe und dann werdet ihr wissen, warum sie mich 'Anya Underbauer' nennen!“

 

„Hör auf so zu schreien!“, raunte Matt genervt.

Anya drehte sich um und sah ihn auf sich zukommen. Dabei stieg er über die 'Leichen' der Mumien, die er fertig gemacht hatte und welche jetzt schöne, neue Messer im Halse stecken hatten.

„Ich glaub, das waren alle“, meinte er.

Anya sah sich noch einmal in dem kleinen Geschäft um. „Für die Wache des Endbosses war das aber ziemlich mager. Pfah!“

„Wo könnte Urila sein?“

„Bestimmt auf dem Innenhof“, vermutete Anya und deutete geradeaus auf den Hinterausgang, „dort haben sie Grabsteine und sowas.“

Langsamen Schrittes bewegten sie sich auf besagte Tür zu, die sie nach draußen führen sollte. Vor ihr angekommen, machten sie Halt. Matt umfasste die Klinke, aber hielt inne. „Was denkst du, wird uns dort erwarten?“

„Bestimmt kein Kindergeburtstag“, murrte sie, „bestimmt noch mehr Gesocks. Das kann nicht alles gewesen sein.“

„Anya“, begann Matt plötzlich niedergeschlagen, „wenn ich nicht überleben sollte, dann renn' weg. Alleine hast du keine Chance. Dasselbe gilt, wenn ich … wieder die Kontrolle verliere.“

Die Blondine sah ihn verständnislos an, warf nebenbei die Glaskugel weg. „Was? Hab grad' nicht zugehört.“

Damit legte sie ihre Hand auf seine und drückte die Klinke hinunter.

 

„Partytime, ihr Penner!“, brüllte sie sofort los, als sie als Erste an Matt vorbei auf den Innenhof stürmte.

Allerdings sollte sich ihre Annahme als falsch erweisen. Von Party konnte keine Rede sein. Nicht ein Monster befand sich auf dem kleinen, quadratisch angelegten Hof. Auf diesem waren reihenweise Grabsteine ausgestellt, wie Anya es Matt erklärt hatte. Im hinteren Bereich gab es jedoch eine kleine, freie Fläche. Mit einem einzelnen Grabstein.

„Tara … nein, Urila“, murmelte Matt, der sich neben Anya stellte.

Genau auf diesem einen saß die Drahtzieherin des allen. Umringt von unzählbar vielen, aufgestellten Kerzen. Auch die Grabsteine waren mit ihnen geschmückt, sodass neben dem Mondlicht ebenso der Kerzenschein die düstere Atmosphäre begünstigte.

„Sieh an, wenn das nicht die armen Narren sind, die das Haar in meiner Monstersuppe sein wollen“, scherzte Urila und räkelte sich auf ihrem einzelnen Grabstein am anderen Ende des Innenhofs, „ich hab mein Ritual extra noch nicht angefangen wegen euch. Unnötig zu erwähnen, dass ich deswegen in meinem Zeitplan hinterher hinke. Habt ihr mir wenigstens etwas zur Wiedergutmachung mitgebracht?“

„Wie wär's mit 'ner Tracht Prügel!?“, bot Anya großzügig an.

Matt aber fiel etwas auf. Unter dem Kerzenschein wirkten Taras Augen so leer. Nein, milchig, fast als wäre sie-! Unmöglich, das musste am Licht liegen! Oder an ihrer Besessenheit!

„Ich stehe auf Schmerzen, aber dafür brauche ich dich nicht“, winkte Urila desinteressiert ab und machte einen Satz nach vorn. Aufrecht landend, begann sie auf die beiden zuzugehen, die es ihr im Gegenzug gleich taten. „Warum ich hier bin, dürfte die Petze ja schon verraten haben.“
 

Die besessene Tara machte Halt, verschränkte die Arme. „Also? Wie wollen wir das über die Bühne bringen? Ein Mensch, ein Dämonenjäger, eine Immaterielle. Ich würde sagen: ihr seid im Nachteil.“

„Zähle deine Zähne vorher und zähl sie, wenn wir fertig sind“, giftete Anya, „dann sag das nochmal! Eden hat heute geschlossen, 'Darling'!“

„Wollen wir das Ganze nicht zivilisiert regeln? Du verlässt Tara und wir sehen davon ab, dich zu verfolgen.“

„Wie gnädig, aber ich lehne ab“, reagierte Urila belustigt auf Matts Angebot, „wir wissen doch beide, dass das gelogen ist. Den Pakt werde ich nicht aufheben.“

Matt verengte die Augen zu Schlitzen. „Du bist nicht in der Position zu verhandeln. Und das weißt du.“

„Ach ist sie?“, war Anya mal wieder unwissend.

„Natürlich“, erwiderte Matt, ohne sich seiner Begleiterin zuzuwenden. Sein Blick war starr auf Urila gerichtet. „Wenn sie jetzt ihre Kräfte an uns verschwendet, hat sie am Ende nicht mehr genug, um ihr Ritual durchzuführen. Ist doch so, oder? Der Zauber um Livington wird nicht ewig andauern. Bei einer solchen Größenordnung musst selbst du dich beeilen, wenn du es noch rechtzeitig schaffen willst.“

Ein süßliches Lächeln schlug ihm entgegen. Das Mädchen mit dem schulterlangen, blonden Haar in ihrem weiß-schwarzen Kleid gluckste. „Wer weiß?“

„Also können wir ihr die Fresse polieren?“, wollte Anya hoffnungsfroh wissen.

„Nein, wir regeln das in einem Duell.“ Nun drehte er sich seiner Partnerin zu. „Ich habe einen Plan.“

Zuerst wollte Anya protestieren, doch gab es nach kurzer Überlegung auf. Es war immer das Gleiche, eine göttliche Fügung sorgte dafür, dass sie ihre Duel Disk mitnahm und schwupp: ein Duell um das Überleben der Menschheit. So war es immer und würde es auch immer sein, warum auch nicht?

„Wenn's sein muss. Aber wehe, der Plan stinkt!“

„Ein Duell? Das klingt interessant. Ist auch so viel angenehmer, als nach Schweiß und Blut stinkend seine eigenen Eingeweide zusammen zu kratzen“, trällerte Urila überzeugt, „das erspart mir unnötige Mühen. Und ihr könnt euch dann formschön in die Särge legen, die ich für euch ausgesucht habe.“

„Warst wohl schon mal probeliegen, huh?“, raunte Anya gallig und sah sich noch einmal auf dem Innenhof um, ehe sie wieder Urila ins Visier nahm und mit dem Finger auf sie zeigte. „Ich hoffe du hast dir selbst auch schon einen ausgesucht, denn wenn ich mit dir fertig bin wirst du ihn brauchen, Miststück!“

Matt schlug ihren Arm jedoch wütend beiseite. „Hey, das ist meine Freundin.“

„Erspart mir eure Streitereien und fangt endlich an, Zeitplan und so“, forderte Urila verstimmt und hob den Arm mit ihrer Duel Disk. Diese fuhr klackend aus.

Die anderen beiden taten es ihr gleich und so hallte es synchron: „Duell!“

 

[Anya: 4000LP Matt: 4000LP ///// Tara: 4000LP]

 

Unter grollendem, wolkenverhangenem Himmel muteten die Kerzen, die Urila um die Grabsteine aufgestellt hatte, nur umso gruseliger an. Das schwache Kerzenlicht legte die Hälfte ihres Gesichts in Schatten. So entschied sie: „Da ihr zu zweit seit, fange ich an. Angegriffen wird erst, wenn jeder einmal dran war.“

„Langweilig“, schnaubte Anya und zog ihr Startblatt. Dabei nahm sie etwas Abstand von Matt, damit sie sich nicht gegenseitig im Wege waren.

„Denk dran, dass das immer noch Tara ist“, mahnte Matt seine Partnerin ernst, „wir dürfen sie nicht verletzen.“

Was die Blondine aber alles andere als gut aufnahm. Wild gestikulierte sie mit den Händen, als sie widersprach: „Und wie stellst du dir das vor, Einstein!? Muss ich dich daran erinnern, wie schwer es war, Another und Isfanel loszuwerden? Da hatten wir alle Hände voll zu tun, uns selbst zu retten. Dass die Narbenfresse und Marc heil rausgekommen sind, war Glück und in Marcs Fall Isfanels gutem Willen zu verdanken! Jetzt die Samthandschuhe auszupacken is' beschissener Selbstmord!“

„Ich habe einen Plan, klar!? Wage es nicht, ihr ein Haar zu krümmen, Anya!“

Als er zu ihr mit eisiger Miene herüber sah, zuckte das Mädchen zusammen. So hart hatte sie ihn noch nie erlebt. Um ihn nicht noch weiter zu verärgern, nickte sie. „Tch, fein! Ich werd' mir Mühe geben. Hab eh nicht die passenden Mittel, Blödie!“

„Seid ihr bald fertig, oder habe ich noch Zeit für eine Maniküre?“, platzte Urila dazwischen, die längst ihre Starthand plus eins gezogen hatte und gelangweilt ihre Fingernägel betrachtete. „Das hat mich schon bei eurem Kampf im Turm so genervt, das elende Geplappere. Naja, Another ist ja auch nicht gerade auf den Mund gefallen. Egal, mein Zug.“

 

Voller diabolischer Vorfreude nahm sie ein Monster aus ihrer Hand und legte es auf die Duel Disk. „Komm und spiele mit uns, [Madolche Mewfeuille]!“

Auf einer schwebenden, puzzlestückförmigen Pastete tauchte eine sitzende, rosapinke Katze auf, die sich schon das Mäulchen nach der Leckerei unter ihr leckte.

 

Madolche Mewfeuille [ATK/500 DEF/300 (3)]

 

Anya blinzelte zweimal ungläubig. „Eine … Katze? Du willst mir erzählen, dass eine der mächtigsten Immateriellen das Duell mit einer niedlichen, süßen Plüschkatze anfängt? Oh Gott, diese Welt geht langsam zugrunde …“

„Unterschätze sie nicht, nur weil sie keine bestialischen Ungeheuer benutzt“, mahnte Matt.

Seine Partnerin zeigte auf Urilas Monster und protestierte. „A-aber, aber-! Ne Katze! Ne' fucking Katze!“

„Diese heiße Mieze hat's drauf“, zwinkerte Urila ihr zu, „sie lässt mich nämlich ein weiteres Madolche-Monster von der Hand beschwören. Und zwar [Madolche Messengelato]!“

An Anya und Matt rannte ein blauhaariger Botenjunge vorbei, der sein Puzzlestück, bestehend aus Waffel und Eiscreme, über den Kopf hielt. Bei Urila angekommen, klemmte er sich das Süßzeug unter die Achsel, überreichte seiner Herrin den Brief, den er weitergeben sollte und sprang dann in die Luft, wo er das Puzzlestück fallen ließ, um darauf schließlich zu schweben.

 

Madolche Messengelato [ATK/1600 DEF/1000 (4)]

 

Urila indes öffnete den Brief und räusperte sich. „Hier steht, dass wenn Messengelato in Anwesenheit eines Madolche-Monsters vom Typ Ungeheuer beschworen wird, er mir diese Nachricht überbringen soll. In ihr ist eine Karte enthalten, besser gesagt eine Madolche-Zauber- oder Fallenkarte, je nach meiner Wahl.“

Sie holte aus dem Umschlag einen permanenten Zauber namens [Madolche Ticket] hervor und aktivierte diesen sogleich. Zusätzlich zog sie noch zwei Fallen aus ihrem Blatt hervor und setzte diese je links und rechts neben die vor ihr erscheinende Zauberkarte, womit ihr Blatt nur noch aus zwei Karten bestand.

„Damit ist mein Zug beendet“, gluckste Urila.

 

„Mein Zug“, bellte Anya und riss schwungvoll eine Karte von ihrem Deck, „Draw!“

Jedoch war auch diese nicht die erhoffte [Gem-Knight Fusion], die heute durch Abwesenheit glänzte. Ganz zu Anyas Ärgernis, die ihre ganze Strategie dadurch den Bach runtergehen sah.

„[Gem-Knight Garnet]!“

Vor Wut knallte sie ihren Ritter etwas fester auf die alte Battle City-Duel Disk als nötig gewesen wäre. Der Bronzeritter erschien dennoch vor ihr und ließ sogleich eine lodernde Flamme zwischen seinen Handflächen entstehen.

 

Gem-Knight Garnet [ATK/1900 DEF/0 (4)]

 

„Die verdeckt, Zug beendet“, schnaubte die Blondine wütend und schob hinter Garnet eine Falle, die sich vor ihren Füßen materialisierte. „Blödes Kackspiel!“

 

Matt ignorierte das Gezeter. Alles was er wollte war seine Freundin zu retten. Tara … was ist passiert, dass sie mit einem Dämon paktiert? Obwohl er es nicht wusste, gab er sich die Schuld dafür.

„Ich werde dich befreien, versprochen!“, sagte er und griff nach seinem Deck. Und in diesem Augenblick durchfuhr ihn ein heftiger Schmerz, Schatten krochen von dem D-Pad seinen Arm entlang.

„Auch wenn dein Freund einen halben Exorzismus an dir durchgeführt hat, bist du trotzdem noch mir ergeben“, säuselte Urila und grinste heimtückisch, „dieses Deck, die Evilswarm, sind der Beweis. Du wirst mir gehorchen und dich gegen Anya Bauer stellen. Verstanden?“

Die Blondine zuckte zusammen, als Matt sich halb zu ihr umwandte und aus den Augenwinkeln böse anfunkelte.

„Mach keinen Scheiß, Summers!“, raunte die nervös.

„Draw!“, schrie der aber schon und riss in einer halbmondartigen Bewegung, in der die Schatten nur so um ihn herum loderten, seine neue Karte. Mit gesenktem Kopf murmelte er: „Da mein Gegner ein Monster mehr als ich kontrolliert, kann ich [Evilswarm Mandragora] spezialbeschwören.“

Aus der Erde vor ihm wuchs eine hüfthohe, braune Pflanze. Ihr blondes Haar stand im Kontrast zu den dunklen Augenringen und den grünen Blätterarmen.

 

Evilswarm Mandragora [ATK/1550 DEF/1450 (4)]

 

„Danach rufe ich als Normalbeschwörung [Evilswarm Castor]. Dessen Effekt gewährt mir eine zusätzliche Normalbeschwörung im Rahmen seiner Spezies, sodass ich [Evilswarm Heliotrope] ebenfalls beschwören kann.“

Erschrocken stellte Anya fest, dass neben dem halb schwarzen, halb weißen Krieger auch noch ein Monster auftauchte, das sie sehr gut kannte: [Gem-Knight Emerald]. Aber anders als bei jenem, war die Rüstung dieses Ritters dunkelgrün und generell von einer finsteren Aura umgeben. Zumal das dunkle Gegenstück ihres Kriegers ein Schwert und nicht etwa einen Schild mit sich führte.

 

Evilswarm Castor [ATK/1750 DEF/550 (4)]

Evilswarm Heliotrope [ATK/1950 DEF/650 (4)]

 

Gerade wollte Anya Matt darauf ansprechen, da bemerkte sie, dass auch Mandragora Ähnlichkeit mit einem ihr bekannten Monster hatte. Ein wenig wirkte es wie eine ausgewachsene Form von [Naturia Cosmobeet], einem von Abbys Monstern.

„Sag mal, klaust du dir jetzt schon von uns dein Deck zusammen oder was!?“, fauchte sie, als die Erkenntnis wie ein Blitz einschlug.

Bekam aber keine Antwort. Stattdessen hob Matt den Arm in die Höhe. Seine drei Monster schossen als violette Lichtstrahlen in die Mitte des Feldes, wo sich ein schwarzes Loch auftat.

„Aus meinen drei Stufe 4-Monstern wird ein Rang 4-Monster. Erscheine, [Evilswarm Ouroboros]!“

Dem Mädchen verschlug es glatt die Sprache. Erst einer, dann ein zweiter und schließlich noch ein dritter, schwarzer Drachenkopf erhob sich aus dem Galaxienwirbel, welcher sich vor Matt auftat. Neben der riesigen Bestie entstieg ihm auch ein dunkler Nebel, der Matts ganze Spielfeldseite einzuhüllen begann. Selbst Anya musste dem Ungetüm, nachdem es sich über Matt positioniert und ohrenbetäubend gebrüllt hatte, insgeheim Respekt für sein furchteinflößendes, finsteres Äußeres zollen – was bei ihr selten genug vorkam.
 

Evilswarm Ouroboros [ATK/2750 DEF/1950 {4}]

 

Plötzlich richtete sich Matt mit finsterem Gesichtsausdruck an Anya, den Nebel nebenbei inhalierend. „Das ist das mächtigste Monster in meinem neuen Deck. Im Angesicht Ouroboros' kann selbst ein Monster vom Kaliber deines [Gem-Knight Master Diamonds] nicht bestehen.“

Die herablassende Art, mit der er diese Worte von sich gab, bescherte Anya eine Gänsehaut. „H-hey, Summers, was soll das heißen? Sag nicht, du-!“

Aber natürlich war er … Dass er dieses Zeug um ihn herum restlos in sich aufnahm war doch genug Beweis!

„Du bist echt langsam, weißt du das?“, lachte Urila vergnügt. „Natürlich steht er jetzt auf meiner Seite, nicht wahr, mein Kleiner?“

„Natürlich, Mutter.“

„Sieht so aus, als ob du alleine dastehst. Zeig ihr doch gleich, weshalb man Ouroboros fürchten sollte.“

Matt nickte, wobei Anya die Kinnlade hinunter klappte. Dieser Idiot, was hatte diese blöde Hexe mit ihm angestellt!? Eben wollte er noch diese doofe Tara retten, jetzt gehorchte er auf einmal widerstandslos, nur weil er ein bisschen Rauch eingeatmet hatte!?

Der Dämonenjäger streckte den Arm in die Höhe, hielt dabei eines der Xyz-Materialien von [Evilswarm Ouroboros] in der Hand. „Erster Effekt! Ich kann eine Karte meines Gegners vom Feld zurück auf die Hand schicken!“

Gierig schnappte der mittlere Kopf des massiven Drachens nach der violetten Lichtsphäre, die um ihn kreisten und schluckte sie hinunter. Danach brüllte er auf, öffnete das Maul. Geradezu schwungvoll bewegte Matt seinen Arm und zeigte auf Anyas [Gem-Knight Garnet]. „Ich werde nicht zulassen, dass du mit ihm eine Xyz-Beschwörung durchführst … Urila!“

Sein Finger schwenkte herüber zu [Madolche Messengelato], der erschrocken zusammenzuckte. Dessen Besitzerin aber grinste nur vergnügt. „Langweiler. Sei doch nicht so verkrampft, ich meins doch nur gut mit euch.“

Umgeben von den Schatten, die nun aus seiner Brust stiegen, ging Matt zwar in die Knie, sah aber dennoch kämpferisch auf. „Solange du in Tara steckst, werde ich dich bis ans Ende der Welt verfolgen, wenn es sein muss! Bis dahin kannst du mich nicht kontrollieren, egal wie sehr du versuchst meine innere Finsternis oder was auch immer zu wecken!“

Er sah ruckartig hoch zu seinem schwarzen, dreiköpfigen Drachen. „[Evilswarm Ouroboros], los! Infestation's Viciousness!“

Der mittlere der drei Köpfe des Drachens hob das Haupt an, dann feuerte er einen pechschwarzen, aus vielen kleinen Partikeln bestehenden Energiestrahl auf Urilas Monster ab. Die schnippte nur einmal mit dem Finger, da sprang eine ihrer Fallen auf. Und schlagartig wurden ihre beiden Kreaturen zu Plüschfiguren. Der Strahl seinerseits verwandelte sich in eine Sternenschnuppe, die über die Puppen hinweg zischte und hinter Urila unter bunten Funken in der Mauer einschlug.

„Liegen keine Monster auf meinem Friedhof, kann [Madolche Nights] den Effekt eines deiner Monster annullieren“, erklärte sie und grinste übers ganze Gesicht, „Fail!“

Matt schnaubte und schob eine seiner drei verbliebenen Handkarten in eine Zauber- und Fallenkartenzone. „Die setze ich und beende.“

Verdammt, dachte er dabei frustriert. Da Ouroboros jeden seiner drei Effekt nur einmal aktivieren konnte, hatte er diesen soeben für Nichts verschwendet!

Ein Stich in seiner Brust ließ ihn verkrampfen, diese heimtückischen Stimmen, eine Begleiterscheinung dieser Besessenheit, sie wurden lauter! Das Duell musste schnell beendet werden, ehe er es nicht mehr aushielt und Anya …!

 

Auch die Blondine bemerkte, wie sich ihr Partner quälte und die Hände gegen seine Schläfen presste. Der Schweiß auf ihrer Stirn zeugte davon, dass sie nicht wissen wollte, was geschah, wenn er den inneren Kampf verlor. Matt war eine tickende Zeitbombe! Und so ungern sie es zugab, gegen zwei Irre hatte sie schlechte Karten, also durfte sie es nicht soweit kommen lassen!

 

Urila indes zog und seufzte: „Diese Welt ist so nervig, meint ihr nicht? Laut, stinkend und kaputt. Ich kann verstehen, warum -sie- sie loswerden wollen. Müssen, um genau zu sein. Draw!“

Irritiert sahen ihre beiden Gegner die blonde Frau an, wie sie schwungvoll zog. Matt stieß einen erschrockenen Schrei aus, als mitten in der Bewegung ein kleines Stück von Taras Haut an der Wange einfach hinab fiel. Mit der neuen Karte in der Hand die Stelle berührend, stöhnte Urila. „Fängt es etwa schon an? Dieser Körper zerfällt. Wieso passiert das immer mir?“

„Was ist das!? Was geschieht mit Tara!?“, wollte Matt mit bebender Stimme wissen.

Seine Gegnerin zuckte mit den Schultern. Schmollend erklärte sie: „Ich bin eben Gift für Menschen. Immer wenn ich einen Pakt eingehe, sterben sie mir binnen weniger Stunden weg. Zu viel Macht, bla bla.“

„Anya!“, richtete sich Matt an ebenjene.

„Schon kapiert. Ist ja nicht so, als ob wir vorher trödeln wollten oder so.“

„Wenn ihr noch dazu kommt!“, rief Urila und legte ein Monster auf ihre Duel Disk. „Ich beschwöre [Madolche Cruffsant] und benutze seinen Effekt, der [Madolche Mewfeuille] zurück auf meine Hand gibt, während Doggie dadurch ein Level-Up erhält!“

Auf einer puzzleförmigen Toastscheibe erschien ein kleiner Hund mit Hut auf dem Kopf, der durch sein aufgeregtes Gebell die Katze Mewfeuille vertrieb. Urila nahm deren Karte zurück auf ihr Blatt, woraufhin Cruffsant in blauer Aura aufleuchtete.

 

Madolche Cruffsant [ATK/1500 → 1800 DEF/1200 (3 → 4)]

 

„Der Effekt von [Madolche Ticket] entfaltet sich jetzt“, rief Urila anschließend und zeigte auf ihre offen stehende Zauberkarte, „da meine Süßigkeit auf meine Hand zurückgekehrt ist, kann ich eine weitere von meinem Deck meiner Hand hinzuzufügen. Ich wähle [Madolche Potpourrince]!“

Ihr Deck spuckte die Karte förmlich aus, die die Blondine kurz vorzeigte, ehe sie sie ihrer Hand hinzufügte.

„Und jetzt bin ich dran, das Overlay Network zu errichten!“

„Ich wusste es!“, murmelte Matt. Genau das, was er ursprünglich verhindern wollte, sollte jetzt eintreten.

Als braune Lichtstrahlen wurden Urilas Monster in den schwarzen Galaxienwirbel gezogen, der sich inmitten des Feldes auftat. „Aus meinen zwei Stufe 4-Madolche-Monstern wird ein Rang 4-Monster königlichen Geblüts! Xyz-Summon! Zeit für deine Audienz, [Madolche Queen Tiaramisu]!“

Besagte Königin kam aus dem Strom hervor, sitzend auf einem Thron, der an dem riesigen Tiramisu-Puzzlestück befestigt war, welches ihre Hoheit durch die Luft transportierte. Zwei Lichtkugeln kreisten um die Herrscherin der Madolches.

 

Madolche Queen Tiaramisu [ATK/2200 DEF/2100 {4}]

 

„Falle aktivieren!“, rief Matt urplötzlich und erhob sich mit ebenjener. „So leicht lasse ich dich nicht gewähren! [Infestation Terminus]! Zwar muss ich Ouroboros dafür verbannen, kann aber zwei deiner Karten auf die Hand zurückgeben!“

Langsam löste sich sein Drache in schwarze Partikel auf – nur um sich wieder zusammenzusetzen.

„[Madolche Tea Break] sagt nein“, kicherte Urila, als ihre zweite Falle aufsprang, „mit ihr annulliere ich deine Falle und gebe sie dir auf die Hand zurück.“

Die Königin auf ihrem Thron schwang ihr goldenes Zepter, sodass [Infestation Terminus] aus Matts D-Pad geschossen kam. Dessen Besitzer hob die Karte zähneknirschend auf.

„Die hat aber auch auf alles 'ne beschissene Antwort!“, stellte Anya wütend fest. „Gott, wie ich sowas hasse!“

„Es wird nur noch schlimmer werden“, wusste Matt. Auch wenn er das letzte Mal vor vielen Jahren gegen Tara gekämpft hatte, an das zerstörerische Potential ihres Decks erinnerte er sich noch ganz genau.

„Korrekt! Wir brauchen aber erstmal einen Kulissenwechsel, weshalb ich den Spielfeldzauber [Madolche Chateau] aktiviere!“

Urila hielt den Zauber in die Höhe. Hinter ihr erhob sich prompt ein Schloss, gemacht aus allerlei süßen Sachen.

 

Madolche Queen Tiaramisu [ATK/2200 → 2700 DEF/2100 → 2600 {4}]

 

„Ugh, na toll!“, beklagte sich Anya lauthals. „Meine Fresse, sind wir hier bei der Neuverfilmung von Hänsel und Gretel!?“

„Klar, und ihr spielt die Hauptrollen.“

Die Terrorblondine in Boxershorts und T-Shirt zischte, während Matt gar nicht reagierte: „Zu blöd, dass die böse Hexe am Ende ins Gras beißt.“

„Tja, ihr kennt das ja, manche Remakes wollen sich einfach nicht ans Original halten“, zwinkerte Urila vergnügt, „ich glaube, das hier ist so eins.“

„Ich nicht!“, erwiderte Anya und rümpfte selbstbewusst die Nase.

„Du bist kein Maßstab. Aber zurück zum Eigentlichen. Wie ihr seht, werden meine Madolche-Monster nicht nur stärker, nein. Sollten sie in mein Deck zurückkehren müssen, kann ich sie stattdessen auf die Hand nehmen. Wollen wir das gleich mal ausprobieren? Ich zeig's euch!“ Sofort griff Urila unter die Karte ihrer Königin und riss [Madolche Cruffsant] von dort hervor. „Jetzt kann ich endlich [Madolche Queen Tiaramisus] Effekt aktivieren!“

Die Königin erhob sich von ihrem Thron und streckte ihr Zepter in die Höhe, welches eine der beiden Lichtsphären absorbierte. Urila erklärte dazu: „Indem ich ein Xyz-Material abhänge, kann ich bis zu zwei Madolche-Karten in meinem Friedhof meinem Deck hinzufügen.“

Sie präsentierte den beiden [Madolche Cruffsant] und [Madolche Tea Break]. Während letztere ins Deck zurück gemischt wurde, gesellte sich Cruffsant aufgrund des Effekts des Schlosses zu den anderen Monstern auf Urilas Blatt.

Unverhofft zeigte Tiaramisu aber plötzlich auf Matts [Evilswarm Ouroboros] – welcher sich prompt in Luft auflöste. Danach schwenkte sie herüber zu Anyas gesetzter Karte. Die temperamentvolle Blondine wollte nicht glauben, was sie da sah: „Hey, was hat dieses Miststück-!?“

„Ganz einfach, Liebes“, kicherte Urila mit vor dem Mund gehaltener Hand, „meine Königin schickt genauso viele Karten von eurer Spielfeldseite ins Deck, wie sie zuvor in meines geschickt hatte.“

„Das heißt, meine Falle-!?“

„Sie wird verschwinden, genau. Bye bye!“

Anya sah irritiert herüber zu Matt. Der schüttelte nur stumm den Kopf, wirkte nicht überrascht ob des Verlustes seines mächtigen Drachens.

„Das nehme ich nicht hin!“, wandte sich Anya daraufhin an ihre Gegnerin. „Ehe ich sie mir vor dir nehmen lasse, aktiviere ich sie lieber, auch wenn es sinnlos ist! [Inverse Universe]! Sie verdreht die Werte aller Effektmonster auf dem Feld.“

Nur ganz marginal schrumpfte Tiaramisu, als Anyas Falle aufsprang.

 

Madolche Queen Tiaramisu [ATK/2700 → 2600 DEF/2600 → 2700 {4}]

 

„Wie putzig“, amüsierte sich Urila über Anyas Trotzreaktion, „das ändert nichts daran, dass ich deinen [Gem-Knight Garnet], der als normales Monster nicht davon betroffen war, nun vernichten werde! Los, Tiaramisu!“

In schneller Reihenfolge schoss die Königin mit ihrem Zepter eine Salve von Zuckersternen auf den Ritter, der dem Hagel nicht standhalten konnte. Auch Anya wurde von den übergroßen Geschossen getroffen.

„Urgh!“, schrie sie, da die Sterne bei Kontakt explodierten, was sie letztlich auch nach hinten auf den Boden warf. „Dahhh! Miststück, das büßt du mir!“

 

[Anya: 4000LP → 3300LP Matt: 4000LP ///// Tara: 4000LP]

 

Damit waren die Felder des Duos nun komplett geleert, wohingegen Urila dank Tiaramisu und ihren beiden Zauberkarten die Oberhand hatte.

„Zug beendet“, hauchte sie genüsslich und ergötzte sich still an Anyas Leid.

Die wäre aber nicht Anya, wenn sie sich von so etwas einschüchtern lassen würde. Schnell kam sie wieder auf die Beine, wenn auch unter dem Schmerz nur halb so elegant wie geplant. Torkelnd reihte sie sich wieder zu Matt.

„Sie hat die perfekte Kombination auf dem Feld. Mit Tiaramisu und dem Schloss kann sie ihre Karten recyceln und mit [Madolche Ticket] sogar noch neue Monster aufs Feld bringen.“

Matts Erklärung quittierte Anya mit einem unbeeindruckten Pfeifen. „Ach ja? Wenn ich mit ihr fertig bin, wird davon nicht mehr viel übrig sein!“

 

Das Mädchen schloss die Augen und griff nach ihrem Deck. Sie wusste genau was sie ziehen wollte. Eine nette Zauberkarte namens [Gem-Knight Fusion]. Mit ihr würde sie diesem Miststück eine Lektion erteilen, die sich gewaschen hat. Und auch wenn Anya wusste, dass Levriers Kräfte längst der Vergangenheit angehörten, war da ein Funke Hoffnung. Er mochte tot sein, aber wie sie so dastand, war es für einen kurzen Augenblick so, als wäre er wieder da und würde mit ihr kämpfen.

„Geronimo!“, schrie sie und versuchte sich das Labyrinth aus möglichen Pfaden vorzustellen, das ihr immer aus der Klemme geholfen hatte, wenn sie etwas Gutes ziehen musste. „Draw!“

Schon während sie zog, konnte sie den grünen Rand der Karte erkennen! Eine Zauberkart-

„Was!?“, kam aber schnell die Ernüchterung, als sie feststellen durfte, dass Vorstellung allein Levrier nicht zurück brachte. Und schon gar nicht seine Kräfte. „Das war so nicht abgemacht! Verdammter Kackmist, warum jetzt!?“

„Anya, wir haben keine Zeit für sowas! Beeil' dich mit deinem Zug!“, drängte Matt, besorgt um das Wohl von Tara und der Bewohner Livingtons.

„Hetz' mich nicht!“, fauchte die und steckte die Karte in ihr Blatt, um einen anderen Zauber zu zücken. „Das war's dann wohl mit Diamonds glorreichem Auftritt.“

Ohne ihr Assmonster [Gem-Knight Master Diamond], welches ihr einst der Jinn gegeben hatte, konnte sie Urila unmöglich realen Schaden zufügen! Es wäre die einzige Möglichkeit gewesen, ihr zu schaden! Verdammte Scheiße!

„Also muss ich mal wieder die billige Übergangslösung benutzen!“, raunte Anya und legte den Zauber in ihre Duel Disk ein. „[Silent Doom]! Er ruft einen Vanilla in Verteidigung vom Friedhof auf mein Feld! Erscheine, Garnet!“

Aus einer Stichflamme tauchte der kniende Ritter vor ihr wieder auf.

 

Gem-Knight Garnet [ATK/1900 DEF/0 (4)]

 

„Und als Normalbeschwörung hinterher schicke ich [Gem-Knight Tourmaline]!“

Neben seinem Mitstreiter tauchte ein Ritter in goldener Rüstung auf, welcher zwischen seinen Händen elektrische Entladungen entstehen ließ.

 

Gem-Knight Tourmaline [ATK/1600 DEF/1800 (4)]

 

Ihr Blatt betrachtend, wusste Anya, dass sie nur eine Option hatte. Welche gemischte Gefühle in ihr auslöste, wenn man bedachte, was oder besser gesagt wen sie da beschwören wollte.

„Levrier“, murmelte sie, „du warst er, bevor du dich für mich geopfert hast … Idiot! Warum ist er immer noch so schwach!?“

Matt betrachtete das Mädchen unsicher, wie sie den Arm in die Höhe streckte.

„Ich erschaffe das Overlay Network! Aus meinen zwei Stufe 4-Monstern wird ein Rang 4-Monster! Immer noch so scheiße wie vor drei Monaten! Xyz-Summon!“

Die beiden Ritter wurden als braune Lichtstrahlen in das schwarze Loch des Overlay Networks gezogen, welches sich vor ihr auftat. Aus ihm trat langsam eine weiße Gestalt hervor.

„[Gem-Knight Pearl]!“, rief Anya und knallte dessen Karte auf ihre Duel Disk.

Nun ruckartig dem Wirbel entfliehend, gesellte sich der weiße Ritter vor seine Besitzerin. Stolz verschränkte er die Arme, während seine sieben riesigen, rosafarbenen Perlen um ihn kreisten. Seine roten Augen waren auf Urila gerichtet, der mit einem Schlag das Lächeln abhanden gekommen war.

 

Gem-Knight Pearl [ATK/2600 DEF/1900 {4}]

 

Zwei Lichtkugeln kreisten neben den Perlen um Anyas ehemaliges Paktmonster, was dem nur nichts nützte, da es keinen Effekt besaß, um von ihnen Gebrauch zu machen.

„Er“, knurrte Urila plötzlich wütend, „er ist derjenige, der Isfanel getötet hat.“

„Wieso so verbittert?“, wollte Anya grimmig wissen. „Isfanel war derjenige, der den Turm, also dich, bewacht hat. Solltest du nicht froh sein?“

„Machst du Witze? Isfanel zu töten war mein Recht!“

Anya zuckte gehässig grinsend mit den Schultern. „Pech für dich, wir waren schneller! Und soll ich dir was sagen? Pearl wird dir nicht zum letzten Mal die Tour vermasseln!“

„Unsere beiden Monster sind gleichstark, also wenn du angreifst, musst du ihn opfern.“ Ganz überzeugt klang Urila von dieser These aber nicht.

Zu recht, wie Anya bewies, als sie die eben gezogene Karte aus dem Blatt nahm und mit dem Rücken auf Urila gerichtet zeigte. Langsam drehte sie die Karte zwischen Mittel- und Zeigefinger. „Weißt du, ich hab zwar nicht bekommen was ich wollte, aber immer noch ist's noch gut genug, um dir in den Arsch zu treten. Warum? Weil diese Karte den Gleichstand aufheben wird!“

Als die Karte ganz zu Urila umgedreht war, konnte die nur mit wütendem Schnaufen feststellen, dass Anya einen [Mystical Space Typhoon] gezogen hatte. Jener erschien auf dem Feld in Form eines gewaltigen Wirbelsturms, der ohne Umschweife auf Urilas Süßigkeitenschloss zusteuerte und es im Handumdrehen so sehr verwüstete, dass Pudding, Kekskrümel, Smarties und andere Leckereien nur so durch die Gegend flogen.

„Am Ende des Tages lohnt es sich doch immer wieder, einfach eine Zauber- oder Fallenkarte deines Gegners zerstören zu können“, schloss Anya den Akt ab, „denn da [Madolche Chateau] nun Geschichte ist, verliert deine Wannabe-Königin ihren Punktebonus!“

 

Madolche Queen Tiaramisu [ATK/2600 → 2100 DEF/2700 → 2200 {4}]

 

„Und jetzt“, gurrte Anya, kniff ihre Augen zu kleinen, blauen Perlen zusammen und hob den Arm geradezu in Zeitlupe an, zeigte auf [Madolche Queen Tiaramisu], „gibt's Prügel. Mein Angebot mit dem Sarg steht übrigens noch. [Gem-Knight Pearl], Blessed Spheres of Purity! Zeig dem Miststück, dass sein Verfallsdatum abgelaufen ist!“

Pearl streckte beide Arme vor sich aus und begann die sieben riesigen Perlen, die um ihn herum schwebten, in gefährliche Geschosse umzufunktionieren. Diese pfefferten mit wahnwitziger Geschwindigkeit auf die Madolchekönigin zu und zerfetzten sie binnen Sekunden. Urila verzog eine hasserfüllte Fratze, schlugen einige der Perlen neben ihr in die Erde ein und lösten so Explosionen aus.

 

[Anya: 3300LP Matt: 4000LP ///// Tara: 4000LP → 3500LP]

 

„Revenge menge, baby!“, jubelte Anya und verschränkte stolz die Arme. „Damit ist's fürs Erste gut, Zug beendet!“

Mit zwei Handkarten gab sie damit an Matt ab.

„Das ist die Gelegenheit, sie fertig zu machen!“, rief sie ihm zu. „Zeig ihr, dass sie einen Fehler gemacht hat, dir dieses überkrasse Deck zu geben!“

 

Matt aber zögerte, der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Seine Finger verweilten über der obersten Karte seines Decks, bereit, sie zu ziehen. Doch er tat es nicht.

„Was ist los?“, wollte Anya wissen.

„Siehst du … siehst du das?“, stammelte er heiser. „Taras Wange …!“

„Was ist damit- oh fuck!“

Anya sah es selbst. Ein nicht gerade kleines Stück Haut hing nur noch lose an der linken Backe hinab, offenbarte das Fleisch, das darunter lag – und sogar einen Teil des Wangenknochens. Es wurde schlimmer!

„Lasst euch davon nicht ablenken“, meinte Urila salopp und versuchte, die Haut wieder in ihren angestammten Platz zu drücken. Was nur dafür sorgte, dass sie sich gänzlich löste und mit einem ungesunden Platschen vor ihre Füße fiel. „Hoppla!“

Matt stieß einen entgeisterten Schrei aus.

Urila kicherte. „Ups, es ist wieder passiert. Das ist nun mal mein kleines Handicap, wo andere Immaterielle ihre Gefäße heilen, da bin ich der Elefant im Porzellanladen.“

„Das ist nicht wahr!“, keuchte Matt. „Tara! Wenn das so weiter geht-!“

„Mal gewinnt man, mal verliert man … in ihrem Fall ist's das Leben.“ Urila zuckte unbedarft mit den Schultern. „Deswegen wäre ich euch wirklich dankbar, wenn ihr mich das Ritual durchführen lassen könntet, bevor die Kleine nur noch eine matschige Pampe ist. Seid ihr so nett?“

Anya blinzelte zweimal, ehe sie trocken antwortete: „Nein.“

„Wär' ja auch zu schön gewesen.“

„Wie kannst du ihr das antun!?“, brüllte Matt, der langsam wieder zu Sinnen kam. „Verlasse sofort ihren Körper, du Schlampe!“

„Wow, werden wir jetzt vulgär, ja? Wie sagte deine Freundin eben so treffend? Nein!“ Urila ergötzte sich regelrecht daran, wie er hilflos schnaubte wie eine Dampflok.

„Sie hat Recht, Summers. Wenn du fluchst klingt das lächerlich, lass mich das machen.“ Anya trat einen Schritt vor, neigte sich vorneüber und begann wie ein Rohrspatz zu schimpfen. „Hey du blödes Miststück, an deiner Stelle würde ich meinen schleimigen, nicht existierenden Kadaver aber ganz schnell aus der dummen Trulla bewegen, ehe ich dabei mithelfe, sie wie eine Zwiebel zu schälen! Denn falls dein kleines Erbsenhirn es noch nicht geschnallt hat: wir sind die verfickten Helden und weißt du was? Die sind diejenigen, die am Ende die beschissenen Leichen zählen! Also raus mit dir, such dir 'nen anderen Idioten! Am besten jemanden von meiner schwarzen Liste, die können ruhig von innen heraus verrotten!“

Urila räusperte sich. „Nein.“

Seufzend nahm Anya ihre alte Position wieder an, zuckte mit den Schultern. „Sorry Summers, ich glaub' Worte ziehen bei der nicht.“
 

Dieser funkelte jedoch die besessene Tara an, ehe er seine Hand auf sein Deck legte. „Ich weiß. Allerdings kenne ich genau das richtige Mittel, sie zum Nachdenken anzuregen! Draw!“

Voller Wut im Bauch riss er die Karte von seinem Deck, doch stockte mitten in der Bewegung. Ein fieser Stich in seiner Brust, der sich wie ein Feuerschwall in ihm ausbreitete. Urila lächelte zuckersüß.

Matts Augen weiteten sich, dann krampfte er zusammen und sank auf die Knie. Die Schatten schlugen geradezu um ihn, wollten ihn verschlingen.

„Oh shit!“ Anya schlug sich die Hand vor die Stirn. „Wieder diese abgefuckte Nummer!“

Sich den Kopf halten, schrie er, als würde dies die Finsternis vertreiben, die aus seiner Brust stieg. Er hatte die Kontrolle verloren ob Urilas bewusster Provokation. Die beobachtete alles gespannt.

Aber er würde ihr diesen Triumph nicht gönnen! Jede Sekunde, die er verschwendete, schadete Tara nur umso mehr! Je schneller das endete, desto weniger würde sie leiden müssen! Und er würde dafür sorgen, dass nicht eine Narbe ihr Antlitz entstellen würde, sobald das vorbei war! Egal wie und zu welchem Preis!

Unter einem Kampfschrei knallte er ein Monster von seiner Hand auf die Duel Disk. Ein riesiger schwarzer Vogel tauchte vor ihm auf, fünf dornige Tentakel erstreckten sich in alle Himmelsrichtungen von seinem Haupt. Was einst der elegante [Mist Valley Apex Avian] gewesen war, wurde nun bis ins Unkenntliche pervertiert.

„[Evilswarm Thunderbird], ja? Süß!“, gurrte Urila beim Anblick des Monsters. „Bei dem hab ich mir viel Mühe gegeben. Der ist echt gut, jaha!“

 

Evilswarm Thunderbird [ATK/1650 DEF/1050 (4)]

 

„Er wird noch besser“, knurrte Matt und versuchte sein Bestes, die Schatten, die ihn umtanzten, kitzelten, verführerisch zuflüsterten zu ignorieren. Stattdessen griff er in sein Blatt und zog eine Zauberkarte daraus hervor, die er prompt aktivierte. „[Mutual Infestation]! Thunderbirds Angriffskraft wird verdoppelt, dafür darf nur er diese Runde angreifen und wird in der End Phase in Verteidigung geswitcht!“

Eine pechschwarze Aura, nahezu identisch mit Matts, begann nun auch von dem leicht übergewichtigen Vogel zu brennen.

 

Evilswarm Thunderbird [ATK/1650 → 3300 DEF/1050 (4)]

 

„Hell yeah, Summers! Jetzt nochmal einen Boost und das Miststück geht schneller down als Nick nach einem Anya Punch!“

Damit spielte Anya auf Urilas Feld an, das abgesehen von der Zauberkarte [Madolche Ticket] leer war.

Matt aber zog eine hasserfüllte Grimasse, als er sich aufraffte. „Nichts dergleichen, dafür ist es noch zu früh! Thunderbird, direkt-!“

Urila schwang mahnend den Zeigefinger. „Stopp! Willst du das wirklich? Denk daran, diese Karten sind von großer Macht erfüllt. Nicht auszudenken, was dem Püppchen passiert, wenn diese sich gegen sie-“

„Schnauze! Thunderbird, direkter Angriff!“

Dass ihr Versuch, Matt mit Gedankenspielchen vom Angriff abzuhalten so kalt abgeschmettert worden war, ließ Urila glatt verstummen. Dann presste sie wütend die Lippen zusammen, streckte weit die Arme aus. „Fein! Dann nur zu!“

Ihre milchigen Augen leuchteten rot auf. Der Donnervogel schrie in die Nacht hinein, ehe von den roten Kugeln, die in einer geraden Linie von seinem Bauchansatz bis zur Brust hinauf verliefen, Blitze zu flackern begannen. Diese entlud die Kreatur gnadenlos Richtung Urila, die hysterisch gackernd die Stromstöße entgegen nahm. Sie versengten ihre Haut, zerfetzte die Kleidung, bis das Mädchen regelrecht dampfte.

„Nein!“, quiekte Matt panisch, der das so nicht beabsichtigt hatte.

„Das Miststück steuert doch die Macht dieser Karten, oder nicht!? Immerhin sind es ihre! Die macht das mit Absicht!“, erkannte Anya.

„Ein lichter Moment unter so viel geistiger Umnachtung!“, spottete Urila, die das Bad im Blitzgewitter regelrecht genoss. „Jah, das süße Kribbeln von Elektrizität, es überdeckt sogar die Schmerzen meines Gefäßes. Uh!“

Schließlich war es vorbei, die fremdgesteuerte Tara fiel auf die Knie, obschon immer noch Ladungen um sie schlugen.

 

[Anya: 3300LP Matt: 4000LP ///// Tara: 3500LP → 200LP]

 

Matt stand der Mund offen. Was hatte er da getan!?

Seine Freundin, da war sie, verkohlt, dampfend, nur mehr ein Schatten ihrer selbst. Und er war schuld, er-!

Die Schmerzen in seiner Brust wurden stärker, keuchend beugte er sich vor. Ein Rinnsal Speichel tropfte dabei aus seinem Mund.

Urila, die ihren Kopf zuvor gen Himmel gerichtet hatte, neigte diesen nun nach vorn und betrachtete vergnügt aus ihren milchigen Augen den mit sich selbst kämpfenden, jungen Mann.

„Lass dich nicht von ihr provozieren“, riet Anya ihm derweil. „Diese Tara kriegen wir schon wieder geflickt. Sie will damit nur erreichen, dass du Skrupel zeigst, weil sie in deiner Freundin steckt.“

Obschon Matt die Schatten kaum bändigen konnte, sah er zu seiner Partnerin herüber. „Denkst du, das weiß ich nicht!? Aber wie-“

„Dafür hast du mich doch im Schlepptau, du Trottel! Aber lass dir nicht einfallen, jetzt wegen ein paar Psychospielchen zu ihrer Marionette zu werden. Dann kann nämlich niemand mehr Blondielocks retten!“

Sich langsam aufrichtend, nickte er. „Du hast recht … ich muss einen kühlen Kopf bewahren …!“

Trotzdem kam er nicht umher, sich den erdrückenden Schuldgefühlen auszusetzen. Aber Anya hatte Recht, all das war nur ein Versuch, seine Entschlossenheit ins Wanken zu bringen. Urila war fast am Ende, noch ein Schlag und es war vorbei. Natürlich würde sie alles versuchen, den abzuwenden, auch wenn sie noch gar nicht ahnte, dass Matt diesen zunächst vorhatte hinauszuzögern!

Zögerlich nahm der junge Mann eine Fallenkarte aus seinem Blatt und schob sie in das D-Pad. Während sie sich vor seinen Füßen materialisierte, kündigte er an: „Mein Zug ist beendet, womit [Evilswarm Thunderbird] aufgrund des Nebeneffekts von [Mutual Infestation] den Modus wechselt.“

Seine gewaltigen Schwingen schützend vor den Körper haltend, gurrte der düstere Vogel mit schnarrender Stimme.

 

Evilswarm Thunderbird [ATK/3300 → 1650 DEF/1050 (4)]

 

Urila stand derweil seufzend auf. „Mit euch macht das keinen Spaß, wisst ihr? Eiskalte Biester, überall. Ihr habt die Zerstörung wirklich verdient, die der 'wahre Feind' euch bringen wird.“

„Fang mir nicht mit dem Bullshit an, dämliche Pisskuh!“, polterte Anya. „Wenn du im Turm warst, kennst du unsere Haltung dazu!“

„Warum willst du überhaupt so weit gehen?“ Matt schüttelte ungläubig den Kopf. „Was ist der 'wahre Feind'? Du kennst ihn, ich weiß es!“

„Ich bin ihm sogar begegnet“, erklärte Urila ganz salopp, „aber um zu verstehen, was er tut, musst du schon selbst dabei sein. Naja, die Gelegenheit ergibt sich ja bald für euch, dann könnt ihr eure Fragen stellen. Sofern ihr dann noch lebt, hihi.“

 

Plötzlich griff sie nach ihrem Deck, welches in schwarzen Flammen aufging. „Nur, was das angeht, sind die Chancen dann doch eher gering. Aber ich werde ihnen liebe Grüße bestellen. Mein Zug, Draw!“

In einer halbkreisartigen Bewegung zog die besessene Tara die nächste Karte, die ebenso in der schwarzen Flamme aufgegangen war wie der Rest ihres Decks. Matt und Anya gingen ob des Drucks, der ihren ganzen Körper dabei schlagartig heimsuchte, machtlos in die Knie.

„Cheatdraw!“, stellte Anya ärgerlich fest.

Matt stöhnte, da er immer noch damit zu kämpfen hatte, nicht unter Urilas Kontrolle zu fallen. „Was hast du anderes erwartet?“

„Eben. Don't like, don't fight“, stimmte Urila mit abgewandeltem Fanficschreiber-Jargon zu, war ihr Gefäß schließlich begnadete Hobbyautorin.

Plötzlich strahlte sie. „Ich finde es ja ganz witzig, wie du mir mit [Infestation Terminus] eine Falle stellen willst, aber heute weht leider eine steife Brise von Westen, nicht wahr, Anya Bauer? [Mystical Space Typhoon]!“

Matt klappte die Kinnlade herunter. Diese Sicherheit, dass es sich gerade um diese Falle handelte-!

Urila legte ihre ermogelte Zauberkarte in den passenden Schlitz der Duel Disk ein und genoss den Anblick des entgeisterten Dämonenjägers, der mit ansehen musste, wie seine gesetzte Karte von einem aus dem Nichts aufgetauchten Zyklon mitgerissen wurde.

Da Urila nur [Madolche Ticket] kontrollierte, ergab es keinen Sinn für Matt, seine Falle anzuketten, mit der er einen aktiven Schwärmer verbannen konnte, um zwei Karten des Gegners auf dessen Hand zurückzugeben.

„Tch, scheinbar kann sie mehr, als nur ein paar Gedankenspielchen“, knurrte Anya wütend, „die Bitch weiß bestens Bescheid über dein Spiel, Summers. Gut, sie hat die Karte schon gesehen, aber überleg mal! Sie hat das Deck gemacht, es würde mich nicht wundern, wenn sie dich heimlich ausspioniert oder so!“

Urila kicherte. „Natürlich tue ich das, Liebchen! Schon die ganze Zeit, haha! Also weiß ich auch, auf welche Weise du gewinnen willst, Dämonenboy.“

„Ich wusste, es war ein Fehler mitzukommen“, klagte Matt sofort und schlug mit der Faust in die weiche Erde, „damit habe ich ihr nur in die Hände gespielt!“

Anya pfiff verächtlich. „Mach mal halblang, ich bin auch noch da. Und mich kann sie nicht so leicht durchschauen. Vielleicht lügt sie auch nur.“

„Aber ich kann dich auslöschen und zwar, indem ich mit [Madolche Mewfeuilles] Normalbeschwörung beginne!“ Urila gurrte dabei regelrecht, als sie die Karte ausspielte. Wie schon im ersten Zug, tauchte auf einem schwebenden Puzzlestück eine kleine, vernaschte rosa Katze auf.

 

Madolche Mewfeuille [ATK/500 DEF/300 (3)]

 

„Mit Mewfeuilles Effekt kann ich eine Leckerei von meiner Hand spezialbeschwören. [Madolche Potpourrince]!“

Ein in cremefarbigem Anzug plus Umhang gehüllter Prinz auf einem Puzzlestück stehend tauchte neben der Naschkatze auf. Um ihn schwirrten verschiedenste Pralinen, Kuchen, Smarties und anderer Süßkram.

 

Madolche Potpourrince [ATK/1500 DEF/1000 (5)]

 

„Ich mag nicht, worauf das hinausläuft“, knurrte Anya wütend.

Matt sah zu ihr herüber. Dem gab es nichts hinzuzufügen.

„Monstereffekt von Potpourrince! Was wäre ein Prinz ohne seine Prinzessin?“, fragte Urila amüsiert nach und zeigte eine ihrer Handkarten vor, die andere zwischen Mittel- und Ringfinger geklemmt. „Indem ich eine Madolche-Nicht-Monsterkarte wie [Madolche Ticket] von meiner Spielfeldseite oder auch meiner Hand auf den Friedhof schicke, kann ich [Madolche Puddingcess] aufs Spielfeld bringen. Damit eröffne ich den Madolche Ball!“

Während Urilas Zauberkarte also vom Spielfeld verschwand und sie die Karte von [Madolche Puddingcess] auf die Duel Disk legte, tauchte diese bereits zwischen Mewfeuille und ihrem Prinzen auf. Die Kirsche perfekt sitzend im Haar, das Puddingpuzzlestück als Tanzfläche, machte sie vergnügt eine Umdrehung und verneigte sich.

 

Madolche Puddingcess [ATK/1000 DEF/1000 (5)]
 

Matt weitete die Augen. Jetzt wurde ihm einiges klar! Dementsprechend schwang er den Arm aus. „Effekt von [Evilswarm Thunderbird] aktivieren! Wenn du einen Karteneffekt aktivierst, kann ich ihn bis zu meiner Standby Phase verbannen!“

Unter einem Schrei verzerrte sich das Erscheinungsbild des dunklen Vogels kurz, ehe dieser einfach verschwunden war. Urila schürzte die Lippen, Matts Feld war jetzt vollkommen leer.

„Nun wechsle ich in meine Battle Phase“, kündigte sie geheimnisvoll an. „Und mein Angriffsziel wird der Bauerntölpel sein.“

„Verdammt!“, stieß Matt es hervor. Hatte er es doch gewusst!

„Was soll der Schwachsinn, Blondie?“, fauchte deren, man war geneigt zu sagen 'böser Zwilling', wütend zurück. „Ich hab'n Monster auf dem Feld, das mal eben ein bisschen stärker ist als deine. Viel stärker!“

Ihr Partner aber sah sie nur aufgeregt an. Es hatte nichts gebracht, Urilas Aufmerksamkeit auf sich ziehen zu wollen. Wie auch, vermutlich wusste sie ohnehin, warum er das getan hatte.

Die Immaterielle lachte spöttisch. „Nicht jeder Kampf wird durch pure Muskelkraft entschieden, Teuerste. Ein bisschen Köpfchen gehört auch dazu. Und das ist, was [Madolche Potpourrince] mit sich bringt!“

Plötzlich zog der Blaublüter das Spielzeugrapier an seinem Waffenrock und schwang es in einer halbmondartigen Bewegung aus. Sofort entbrannten um ihn, [Madolche Puddingcess] und [Madolche Mewfeuille] blaue Auren.

„Das ist-!?“ Anya wich nervös zurück.

„Sie will dich mit ihren Monstern direkt angreifen!“, donnerte Matt nun endlich.

„Gewiss. Zwar muss ich während meiner Battle Phase auf die Effekte der Süßigkeiten verzichten, dafür dürfen sie unter Potpourrinces Anleitung allesamt deine Monster umgehen! Los!“, rief Urila und streckte den Arm aus, zeigte auf Anya.

Die weitete die Augen. Wie Pfeile schossen die drei Monster auf ihren Puzzleteilen an ihrem [Gem-Knight Pearl] vorbei, direkt auf sie zu. Im Reflex hob Anya die Arme zum Schutz über den Kopf. Rechtzeitig genug, um zu verhindern, dass Mewfeuille ihr das Gesicht zerkratzte. Auch wehrte sie damit die Kirsche ab, die Puddingcess aus ihrem Haar nahm und auf sie warf. Welche nebenbei bemerkt eine Tonne zu wiegen schien, spürte Anya doch, wie ihre Knochen unter der Wucht des Aufpralls nachgaben.

„Gyaaaaaahhhhhhhhh“, schrie sie und stolperte zurück, wobei sie ihre Handkarten fallen ließ.

„Anya!“, rief Matt erschrocken und streckte die Hand nach ihr aus.

Beide sahen aus den Augenwinkeln das Rapier, das direkt auf das Herz des Mädchens abzielte. Ohne nachzudenken holte Anya mit ihrem gesunden, linken Arm aus und schaffte es tatsächlich, den Angriff des Prinzen mit Mittel- und Zeigefinger abzufangen. Dieser war geradezu verblüfft über das, was dem Mädchen gelungen war.

„Dafür blutest du, Mistvieh!“, fauchte sie ihn an.

Doch der Prinz riss sein Rapier zurück, und ehe Anya sich versah, versetzte er ihr einen diagonalen Schlag, der ihr einen blutigen Striemen über den ganzen Oberkörper verpasste.

„Ahhhhhhhhhh!“

„So ist es gut. Schrei! Schrei an seiner Stelle!“, feixte Urila.

 

[Anya: 3300LP → 300LP Matt: 4000LP ///// Tara: 200LP]

 

Anya torkelte benommen zurück, hielt sich die klaffende Wunde. Zitternd betrachtete sie das Blut an ihrer Hand, während sich Urilas Monster zurückzogen. Leblos baumelte der rechte Arm des Mädchens hinab. Dann blickte sie auf. Hasserfüllt, widerspenstig, unbeugsam.

„Wenn du denkst, dass ich wegen 'nem verfickten gebrochenem Arm aufgebe, hast du dich geirrt! Und wenn ich meine Karten mit den Zähnen ausspielen muss!“, keifte Anya vor Wut, als sie mitbekam, wie frohlockend Urila ihr Werk betrachtete.

Das Grinsen aus deren Mundwinkeln verflog, wurde zu einer eisernen Maske. „Wer sagt, dass ich schon mit dir fertig bin?“

„Huh?“

„N-noch mehr!?“, stammelte Matt ebenso überrascht.

Ruckartig streckte Urila den Arm mit der Handfläche nach oben aus, als würde sie Matt dazu anleiten wollen, mit ihm zu kommen. „Es wird erst genug sein, wenn alles vorbei ist. Eher ruhe ich nicht!“

Langsam schloss sie die Finger zusammen, ballte eine Faust. Ihr Blick verdunkelte sich. Und unter dem Ärmel ihres Kleides drang ein silbernes Leuchten hervor. „Ich erschaffe das Overlay Network! Aus meinen zwei Stufe 5-Süßigkeiten wird ein Monster vom Rang 5!“

Ihre Gegner horchten erschrocken auf, wussten sie schließlich aus Erfahrung, was dies bedeutete. In der Mitte des Spielfelds öffnete sich ein schwarzes Loch, welches das Prinzenpaar als braune Lichtstrahlen absorbierte.

„Steige aus den sengenden Tiefen des Backofens hervor …“

Anya glaubte, sich verhört zu haben. „Backofen!?“

„... und lass das süße Gift in unsere Venen ein! Auf den Tisch mit dir!“

Ihre Gegnerin kam nicht umher, in bellendes Gelächter ob jenes ziemlich dämlichen Beschwörungsspruches auszubrechen. Das Ganze wurde sogar noch schlimmer, als sie zuerst die langen, schwarzen Barthaare sah, die dort aus dem Overlay Network aufstiegen. Die dunkelgrüne Haut, der übergewichtige Körper, die Miniflügel – und der zermanschte Kuchen, auf dem der übergewichtige Drache saß.

„[Madolche Unhappy Dragon – Poisouffle]!“

Da war er nun, der riesige, unförmige Drache auf dem Puzzlestück, um welchen zwei Lichtsphären kreisten. Trotz der Schmerzen konnte Anya nicht aufhören zu lachen. „Nein! Nein …! Das ist ihre Paktkarte!? Ich bepiss mich …“

 

Madolche Unhappy Dragon – Poisouffle [ATK/1900 DEF/2500 {5}]

 

Matt sah dem Ungetüm, welches sein Gesicht vor Scham in die Patschehände vergrub, mit deutlich weniger Sorglosigkeit entgegen. Weil er es nicht kannte. Tara besaß kein Monster mit diesem Namen, wonach Anya Recht hatte – das war Urilas Paktkarte.

„Anya, beurteile ihn nicht nach dem Aussehen!“

„Aber“, prustete sie und bekam kaum Luft, „sieh ihn dir doch an! Das is'n Witz!“

„Monstereffekt“, unterbrach Urila die beiden jedoch mit eisiger Stimme. „Bei seiner Beschwörung fügt Poisouffle allen Spielern 1000 Punkte Schaden zu.“

Was Anya schließlich dazu brachte, leisere Töne anzuschlagen. „Huh!?“

Die beiden dicken Barthaare des Drachen zwirbelten sich wie von Geisterhand auf und wurden zu dünnen Spitzen. Endlos langen Spitzen, die zunächst in die Luft aufstiegen, ehe sie wie Speere auf die Drei zurück schnellten. Matt weitete die Augen, Urila hingegen streckte begrüßend die Arme entgegen.

Ein undefinierbares Geräusch drang durch die Nacht. Blut floss. Matt wurde zu Boden geworfen, einige der Haare hatten ihn in die Schulter getroffen. Er blickte zur Seite und sah Anya. Wie ein Schatten hing sie da, die Barthaare des Drachen zogen sich schon zu ihm zurück. Dann brach sie zusammen.

Panisch schwenkte er herüber zu Urila, die immer noch mitten in der Brust durchbohrt wurde. Sie lächelte.

 

[Anya: 300LP → 0LP Matt: 4000LP → 3000LP ///// Tara: 200LP → 0LP]

 

„Nein ...“, stammelte Matt fassungslos. „Nein! Tara!? Anya!?“

Mit blutender Schulter rappelte er sich auf, sah wieder zu Anya, die regungslos am Boden lag. Da war nur [Gem-Knight Pearl], aber der bewegte sich auch nicht!

„Der wahre Spaß“, hörte er Urila im Hintergrund, „fängt jetzt erst an.“

Damit zog Poisouffle seine Haare auch aus ihrem Körper, Blut spritzte durch die Luft. Das Weiße in ihrem Kleid wurde rot.

„Game over“, hauchte Urila.

 

 

[Part IV – Ende]



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fubukiuchiha
2017-06-18T21:01:14+00:00 18.06.2017 23:01
Hi
Wieder ein super Kapitel, oh man immer diese Gegner mit der Gedankenkontrolle, echt ätzend. Als wäre Urila nicht schon schlimm genug muss Matt sich jetzt auch noch mit der Gehirnwäsche rumschlagen.
Okay, den Ausgang im Duell hab ich jetzt nicht erwartet... aber noch ist der Mist nicht vorbei.
Bin gespannt wie das weiter geht.
Lg fubukiuchiha
Antwort von:  -Aska-
20.06.2017 08:25
Hey,
Gedankenkontrolle ist doch was Feines, solange man nicht selbst davon betroffen ist. Dadurch wird der Mist erst richtig unterhaltsam. Und nein, er ist noch nicht vorbei. Aber bald. ;-)

LG,
-Aska-


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