Yu-Gi-Oh! The Last Asylum von -Aska- ================================================================================ Kapitel 36: Turn 36 - The End Of The Dream ------------------------------------------ Turn 36 – The End Of The Dream     Als der Turm von Neo Babylon vor unseren Augen in die Luft ging, war es wie ein Feuerwerk. Der Albtraum war vorbei, nach so langer Zeit. Und ich, ich war am Leben, obwohl alle Hoffnung zuvor als verloren galt. An diesem Tag habe ich vieles gelernt. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Levrier sich für mich geopfert hat, damit ich den Sonnenaufgang erleben durfte. Ich habe jetzt Freunde. Viele. Manche mögen mich mehr, manche weniger. Manche haben mir den Verrat selbst jetzt, über ein halbes Jahr später, immer noch nicht richtig verziehen. Ja, ich meine das Pennerkind und die Narbenfresse. Aber wenn sie sich mit mir anlegen wollen, nur zu, ich warte. Hier in Livington. Die Stadt hat sich verändert. Ich hätte nie gedacht, das noch zu erleben, aber ja, das Erscheinen des Turms hat letztlich dafür gesorgt, dass unser ruhiges, verschlafenes Städtchen nun zu einer Touristenattraktion geworden ist. Natürlich hat die Regierung eine Erklärung für alles finden können, aber unter vorgehaltener Hand sind Aliens an allem Schuld. Ja, klar … Idioten. Das Schulgelände wurde in der Zwischenzeit in eine Art Ausgrabungsstätte umfunktioniert, aber die wirklich interessanten Sachen werden diese Langweiler nicht finden. Das Tor Eden ist zerstört, daran gibt es nichts zu rütteln. Und das ist auch gut so.   Aber nicht nur Livington hat sich verändert. Auch seine Bewohner. … was rede ich da, die sind immer noch genauso nervig wie eh und je. Man muss sich doch nur Redfield ansehen. Oh ja, unsere kleine Schwanenprinzessin hat es tatsächlich geschafft, die beste unseres Jahrgangs zu werden. Soll sie sich drüber freuen, solange sie noch kann. Wenn sie erst mein Geschenk bekommt – gefakte Nacktfotos von ihr – dann wird sie schon sehen, was sie davon hat, Abby um ihren Ruhm gebracht zu haben! Hab ich übrigens erwähnt, dass sie und Marc vor einiger Zeit ihre Verlobung offiziell bekannt gegeben haben? Zufällig dann, als Redfield drohte, nicht mehr im Mittelpunkt zu stehen? Pah! Die Hochzeit soll irgendwann später in diesem Jahr stattfinden, aber ich werde garantiert nicht kommen! Was Masters wiederum angeht, was soll man zu der auch noch sagen? Ich glaube, selbst wenn der Dritte Weltkrieg ausbricht, wird sie trotzdem noch auf Friedensdemonstrationen gehen und im Kreis mit anderen Hippies Gitarre spielen. Nicht, dass ich was dagegen hätte, Abby kann so bleiben, wie sie ist. Anders als Nick … hat dieser Depp es doch tatsächlich geschafft, durch sämtliche Abschlussprüfungen zu fliegen!? Und die Schule deswegen abgebrochen!? Was Grund genug war für mich, ihm mal ordentlich die Meinung einzudreschen. Hmpf. Schade, dass das Dämonenjäger-Duo nicht mehr da war, um das zu sehen. Ich hätte gerne ein paar Tricks von den beiden gelernt, aber sie sind bereits einige Tage nach den Geschehnissen abgereist. Ich stehe zwar noch per Mail mit ihnen in Kontakt, aber ganz ehrlich: für die nächsten hundert Jahre hab ich doch irgendwie genug von den beiden. So schnell vergesse ich nicht, dass die Narbenfresse der Auslöser für alles war! Auch die Schnöselkinder sind nicht mehr in der Stadt, sondern letztlich nachhause zurückgekehrt. Bah, wie ätzend das war! Tagelang waren die Zeitungen gefüllt von der Rückkehr der beiden vermissten Kotzbrocken. Zu schade, dass ihnen bei der Explosion kein Steinbrocken auf den Kopf gefallen ist … aber ich denke, ohne die beiden hätte ich es nicht geschafft. Also lass ich es ihnen diesmal durchgehen. Und ich? Ach … alles so wie immer. Eine Anya Bauer verändert sich nie. Warum auch? Ich bin perfekt so wie ich bin.   „God dammit!“, fauchte Anya und presste wie wild geworden auf die Knöpfe ihres Controllers ein. Doch der Game Over-Bildschirm huschte bereits über ihren neuen Flachbildfernseher und verkündete ihr, dass sie immer noch nicht geschickt genug war, Rambo VS Terminator auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad durchzuspielen. „Anya! Beeil' dich, wir müssen los!“, drang es von ihrer Mutter dumpf durch die Tür. Frustriert warf das Mädchen den Controller in die Ecke und sprang auf, schritt gemächlich zu ihrem Schreibtisch. Sie griff nach ihrem Deck und schob es in den Gürtel an ihrer Jeans. Ihr Blick gewann einen gewissen Zorn. Sie waren weg. Das Deck samt der Duel Disk, die sie von Marc bekommen hatte, Isfanels letzte Überreste. Eines Tages hatten sie einfach nicht mehr in ihrer Schublade gelegen. Zunächst hatte Anya Nick verdächtigt, sie gestohlen zu haben, aber die Schublade war abgeschlossen und niemand außer ihr kannte das Versteck des Schlüssels. Abby hatte gemeint, dass Deck und Duel Disk vermutlich verschwunden waren, weil Isfanel nicht mehr existierte, aber Anya war sich da nicht so sicher. Denn wenn dem so wäre, müssten sie doch in dem Moment verschwunden sein, als Isfanel gestorben war. Stattdessen sind sie erst wesentlich später nicht mehr da gewesen. Und jemand war an ihrer Schublade gewesen, das wusste Anya. Denn in derselbigen hatte auch der Abschiedsbrief gelegen, den sie kurz vor Erscheinen des Turms geschrieben hatte. Jenen fand sie am selben Tag, an dem die Duel Disk verschwunden war, zerrissen in ihrem Papierkorb – nur, dass sie diesen Brief seither nicht angerührt hatte! Jedoch hatte sie im Endeffekt nie herausfinden können, wer dafür verantwortlich war. Aber sollte sie eines Tages auf das Celestial Gear-Deck stoßen, würde sie ihre Antwort finden. Und Anya hatte alle Zeit der Welt dafür!   „Nun mach schon“, drängte ihre Mutter von unterhalb der Treppe. Das Mädchen stampfte eilig ebenjene hinunter und zog sich dabei ihre schwarze Lederjacke über, während Sheryl sie mit taxierendem Blick in Empfang nahm. „So willst du zum Abschlussball? Anya, das geht nicht!“ „Klar geht das“, widersprach Anya und zischte an ihrer Mutter vorbei zur Haustür. Sie drehte sich um und grinste verschlagen. „Das Thema des Abschlussballs ist 'Freedom'. Bedank' dich bei Redfield, die hat das vorgeschlagen!“ Die dunkelblonde Frau im Fellmantel fasste sich an die Stirn und schüttelte den Kopf. „Teenager …“ „Mum, ich bin 20!“ „Schon gut, du hast recht.“ Die Mimik der Frau hellte sich auf. „Heute ist dein großer Tag.“ Anya nickte heftig. „Ganz genau. Mum, darf ich fahren?“ „Nein!“ „Wieso nicht!?“ „Dein Fahrstil ist … radikal und gefährlich! Es ist ein Wunder, dass du den Führerschein überhaupt besitzt, nachdem du Fahrlehrer plus Prüfer gleichermaßen erpresst hast!“ Und es war ein Wunder, so dachte sich Sheryl, dass sie jahrelang hatte verhindern können, dass Anya sich überhaupt um einen Führerschein kümmerte. Leider hatte diese sich das am Jahresanfang in den Kopf gesetzt und letztlich auch durchgezogen. Keck grinste das Mädchen sie an und riss die Tür auf. „Wieso, hat doch funktioniert!“ „Deswegen fahre trotzdem ich!“, entschied Sheryl und stampfte an Anya vorbei, die laut aufstöhnte und ihr zum neuen, roten Sportwagen folgte, der vor der Garage der Familie Bauer stand. Allerdings war Anya ihrer Mutter nicht wirklich böse. Das Wichtigste war, dass sie noch lebte, nachdem Anya schon glaubte, sie verloren zu haben, als der Turm damals erschienen war.   ~-~-~   Nachdem Sheryl den Wagen vor der Villa der Familie Redfield geparkt hatte, sah sie auf ihre Armbanduhr. „Um 18 Uhr soll es anfangen? Dann sind wir ja pünktlich auf die Minute.“ „Tch. Eigentlich wollte ich gar nicht kommen …“ Anya sah wütend aus dem Fenster des Wagens und nahm das Gebäude samt prächtigem Garten ins Visier, das sich vor ihnen erstreckte.   Da die Livington High nicht länger als Austragungsort benutzt werden konnte, hatte das Komitee sich dazu entschieden, stattdessen Valeries Vorschlag anzunehmen und die Feier bei ihr auszurichten. Anya hätte sich keinen schlimmeren Ort dafür vorstellen können als dieses pseudo-Weiße Haus. Es war ätzend gewesen, für den Rest des Schuljahres in den nächstgelegenen Ort fahren zu müssen, um dort zur Schule zu gehen. Aber die Bauarbeiten für eine neue Schule am Stadtrand hatten noch nicht einmal begonnen. Aber Anya hatte es ohnehin hinter sich. Nur noch heute und sie würde nie wieder die Schulbank drücken müssen! Ihr Blick verdüsterte sich bei dem Gedanken. Denn das bedeutete auch, dass … sie bald niemanden der anderen mehr sehen können würde. Abby hatte ein Stipendium für die Oxford-Universität erhalten und würde demnach bald nach England ziehen. Ähnlich ging es auch Valerie und Marc. Die beiden würden irgendwo in Florida studieren, natürlich auch mit Stipendien. Anya ärgerte es zutiefst, dass jene neuerdings wie Werbegeschenke verteilt wurden. Und da spielte gewiss kein Neid mit, weil ihre Noten gerade mal gut genug für ein Abgangszeugnis waren! Deren Verleihung war bereits letzte Woche gewesen, heute ging es nur um die Feierlichkeiten. Aber Anya war nicht in Stimmung dazu. Alle würden ihren Weg gehen und Livington verlassen, nur sie nicht. Dass Nick ebenfalls bleiben würde, tröstete sie nur wenig.   „Okay, bringen wir es hinter uns“, brummte sie und stieg schließlich aus dem Wagen. „Es gibt da sowieso noch was, was ich regeln muss!“   ~-~-~   Kaum hatte Mr. Redfield die beiden Bauerdamen empfangen, sah Anya sich im mit dunklem Palisanderholz verkleideten Flur nach dem Weg zum Wohnzimmer um. Von dort drang bereits laute Musik zu ihnen – dummerweise mal wieder kein finnischer Death Metal, sondern irgendwelches Pop-Gewäsch. Während ihre Mutter sich den sündhaft teuren Fellmantel von Mr. Redfield abnehmen ließ, lauschte Anya mit gespitzten Ohren dem Gespräch, das die beiden führten. „Mrs. Bauer, Sie sehen hervorragend aus“, lobte der an den Schläfen bereits ergraute, schwarzhaarige Gastgeber. „Ganz bezaubernd. Valerie sollte sich in Acht nehmen. Nicht, dass Sie am Ende noch zur Ballkönigin ernannt werden.“ Sheryl lachte herzhaft und machte einen Knicks vor ihm in ihrem roten Abendkleid. „Sie alter Charmeur. Aber trotzdem danke.“ Sofort schob sich Anya, bei der bereits alle Alarmsirenen schrillten, zwischen die beiden und packte ihre Mutter am Handgelenk. „Sorry, Mr. Redfield, aber Mum ist bereits vergeben!“ „An wen?“, verlangte Sheryl zu wissen und wehrte sich dagegen, von Anya weg gezerrt zu werden. „An mich, wenn's sein muss!“ „Anya Bauer, ist es zu viel verlangt, mich einmal nicht zu blamieren in aller Öffentlichkeit!?“   Als Anya darauf etwas sehr Unfreundliches antworten wollte, erklang hinter ihr wildes Gekicher. Das Mädchen drehte ihren Kopf mit einem Ruck zur Seite und nahm die Ursache ins Visier: der schlaksige Ernie Winter und die blondgelockte Willow Taub hatten alles mit angesehen. Mittlerweile gingen die beiden miteinander, was aber niemanden interessierte – schon gar nicht eine Anya Bauer. „Wollt ihr Ärger!?“, faucht sie und ließ von ihrer Mutter ab, stampfte auf die beiden zu. Sofort schaltete sich Sheryl an. „Anya!“ „Ja, Anya!“, grinste Ernie breit und ließ eine Zahnspange aufblitzen, für die er eigentlich schon viel, viel zu alt war. „Benimm- AHHH!“ „Ernie!“, kreischte Willow und wich zurück. Mit einem Arm hatte Anya ihn am Kragen des Sakkos gepackt und in die Höhe gerissen. Dabei grinste sie diabolisch. „Was denn? Hast du dir Mut angesoffen, oder was? Wenn du spielen möchtest, hättest du das vorher sagen sollen, dann hätte ich Barbie mitgebracht.“ „Anya, lass ihn los!“ Und während Sheryl zu zetern begann, fasste sich Mr. Redfield nur peinlich berührt an die Stirn und lachte bitter beim Gedanken, wie diese Party mit Anya ausgehen würde.   Allerdings wurde der Szene ein jähes, unblutiges Ende bereitet, als Abby dazu kam und Anya kurzerhand in das Wohnzimmer entführte. Das war von nicht zu verachtender Größe, auch wenn es zu einem Partysaal samt Buffet, Stereoanlage und Lounge umgewandelt worden war. Letztere bestand aus einer halbmondförmigen Couch und mehreren Barhöckern, die jeweils zu zweit an einem hohen, kleinen Tisch standen. Letztlich verriet nur der rote Teppich, wozu dieser Raum normalerweise genutzt wurde.   „Anya, keine Szene so früh am Abend!“, klagte Abby empört und schleifte Anya in eine Ecke neben dem Buffet, für das extra arrangiertes Personal zuständig war. Nur die erlesensten Kostbarkeiten wurden angeboten, Kavier, frischer Salat, diverse Fleisch- und Geflügelsorten – alles was das Herz einer Society-Schickse begehrte. Obwohl Anya aus genau diesem Grund nichts davon probieren wollte, lugte sie doch immer wieder mit gierigen Blicken herüber. Und hörte Abby kaum bei ihrer Moralpredigt zu. „… nicht mal ein Kleid hast du angezogen. Anya, das Motto lautete Freiheit, weil wir so frei sein sollten, mal aus unseren Rollen herauszuschlüpfen. Für einen Abend können wir die sein, die wir wollen. Schau, die meisten Jungs tragen Anzüge wie James Bond. Nancy Steward geht glatt als Marylin Monroe durch!“ „Häh?“ Anya drehte sich zu Abby um und blinzelte verdutzt. „Ich dachte, die wäre tot? Also Nancy mein ich, denn ich habe ihr mal-“ Allerdings brach sie ab und machte noch viel größere Augen, als sie sah, wer da vor ihr stand. „Sorry, muss dich verwechselt haben, dachte du wärst Abby.“ „Ich bin Abby!“, klagte jene beleidigt und hielt Anya am Arm fest, ehe die nach dem vermeintlichen Original suchen konnte. Die Blondine lachte höhnisch auf. „Nie im Leben würde meine Abby sich wie eine Märchenprinzessin anziehen! Schau dir doch nur den Glitzerhaarreif und das Kleid an, das würde sie, oh Crap, du -bist- Abby!“ „Ja“, knirschte die schon mit den Zähnen.   Tatsächlich war sie wie ausgewechselt, trug eine dezente, quadratische Brille, ein weißes Ballkleid und sogar gleichfarbige Stiefel. Kurzum: sie war wirklich hübsch, wenn auch etwas blass um die Nase. „N-nettes Outfit. Steht dir“, log Anya, um ihre Freundin nicht noch weiter zu kränken. „Ich hatte keine Ahnung, dass du'n Faible für Cinderella hast.“ „Hab ich auch nicht!“, rümpfte Abby die Nase und verschränkte wütend die Arme. „Das Kleid habe ich mal in einem Theaterstück gesehen und wollte es schon immer mal tragen. Und lieber das hier, als gar nichts! Meine Mum wollte nämlich, dass ich nackt hierher komme, um gegen Kinderarbeit in-“   „Getränke?“ Die beiden drehten sich um, als Marc ihnen jeweils ein Sektglas reichte. Auch er war für die Abschlussfeier herausgeputzt wie ein Filmdarsteller. Sein schwarzer Anzug, die Krawatte, alles saß straff und betonte sein breites Kreuz. Während Abby ihm dankend das Glas abnahm, riss Anya es ihm förmlich aus der Hand und leerte es in einem Schluck, ehe sie es am Rand des Buffets abstellte. „Butcher, das Thema heißt Freiheit! Wo ist deine verdammte Football-Uniform!?“ Sich an der Wange kratzend, lachte Marc auf. „Valerie hat mir verboten, in was anderem als einem Anzug zu kommen. Ich hasse dieses Teil, ich komme mir vor wie in einem Sarg.“ „Na mit Särgen kennst du dich ja aus“, gab Anya gallig zum Besten und stampfte an beiden vorbei, völlig ignorant gegenüber der Tatsache, wie pietätlos ihre Aussage war. Aber Marc nahm es scheinbar gelassen und vertiefte sich in ein Gespräch mit Abby.   „Kann mal jemand ordentliche Musik spielen!?“, schrie Anya in der Mitte des Raumes und erregte damit die Aufmerksamkeit der überall um sie herum tummelnden Gäste. „Oder wenigstens die Lautstärke hochdrehen? Scheiße, das ist ja ein verdammter Kindergeburtstag hier! Und wo ist der Alkohol, ihr könnt mir doch nicht erzählen, dass-“ „Na, haben wir Spaß?“ Anya wirbelte herum und verengte ihre Augen derart zu Schlitzen, dass nicht einmal mehr eine Rasierklinge zwischen die Lider passte. „Nein, spätestens jetzt nicht mehr, Redfield.“ „Ich habe auch einen Vornamen, Anya“, belehrte die Gastgeberin die Blondine unterkühlt, „und wenn dir die Feier nicht gefällt, kannst du gerne gehen.“ „Das hättest du wohl gern!“ „Man wird doch wohl noch träumen dürfen?“ „Wie siehst du überhaupt aus, Redfield!? Willst du dich beim Playboy bewerben!?“ Damit spielte sie auf Valeries enge Hotpants, das knappe, weiße Tanktop und den Cowboyhut an, den das Mädchen auf ihrem offenen, langen schwarzen Haar trug. „Die zahlen zu wenig“, kommentierte Valerie das mit einem verschmitzten Grinsen. „Du dachtest wohl, ich würde im Ballkleid kommen, wie alle anderen? Anfangs wollte ich mich als du verkleiden, aber da ich dich unmöglich deiner Existenzgrundlage berauben kann, habe ich mir etwas anderes überlegt. Daher dieses Outfit.“ Anyas Augen drohten aus ihren Höhlen zu schießen wie Gewehrkugeln. Sie beugte sich vor die etwas größere Valerie und fletschte mit den Zähnen. „Willst du mich ärgern, Redfield!?“ „Natürlich. Sonst wäre die Party doch nur halb so spaßig“, gab jene offen zu und legte ihre Stirn an die von Anya. „Du weißt, ich muss doch immer im Mittelpunkt stehen!“ „Na wie praktisch, Redfield, denn der hat sich gerade zum Friedhof verlagert! Und wo steht man schon mehr im Mittelpunkt als auf der eigenen Beerdigung!?“ Vor Wut flog bei Anya schon der Speichel durch die Luft. Die anderen Partygäste, selbst die geladenen Lehrer, lachten herzhaft über den Zickenkrieg der beiden. Abby stand am Rand und kam nicht umher, peinlich berührt den Kopf zu schütteln. „Die scheinen das ja richtig zu genießen …“ Marc neben ihr lachte. „Ich wette, Valerie hat sich den ganzen Abend darauf gefreut.“ „Ich bin ein Indianer!“, gluckste Nick und drängte sich mit nacktem Oberkörper, Kriegsbemalung und Federhaube zwischen die beiden. „Nein, bist du nicht“, murmelte Abby und warf ihm einen giftigen Blick zu. „Du bist mein Prom-Date, also benimm' dich entsprechend!“ „Aber nur, weil alle anderen dich nicht wollten, hehe.“ „Anya“, schrie Abby durch den Saal, „verprügelst du bitte Nick für mich!?“ Doch die hörte gar nicht zu, sondern lieferte sich mit Valerie ein Wortgefecht, welches sie unmöglich gewinnen konnte.   „Haha, die sind echt eine dolle Gruppe“, lachte jemand bärbeißig an einem der Tische und nahm einen Schluck aus seinem Sektglas. Der Mann im orangefarbenen Poncho leerte es und seufzte glücklich. „Wie schön, dass alles ein gutes Ende genommen hat.“ „In der Tat“, erwiderte sein Gegenüber mit britischem Akzent, doch sein desinteressierter Tonfall strafte seiner Worte Lügen. „Ich hatte nicht erwartet, dass alles so glimpflich ausgeht für sie.“ „Du weißt, Strife“, erwiderte Drazen und beugte sich näher zu seinem Gesprächspartner, „dass es im Endeffekt alles auf deine Kappe geht. Was hättest du getan, wenn Eden geöffnet worden wäre?“ Der rothaarige Brite im schwarzen Anzug hatte ein Bein übers Knie geschlagen und verfolgte die Streitereien der Fünfergruppe gelangweilt. Aus den Augenwinkeln starrte er herüber zu dem alten Mann, der sein weißes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Es war ein abfälliger Blick, gleichgültig. „Die Frage ist: was hättest du getan? Freund?“ „Du weißt, warum entschieden wurde, dass das Tor verschlossen bleibt, nachdem wir diese Welt verlassen hatten.“ „Was dein Volk beschließt ist seine Sache, nicht meine. Ich bin nicht daran gebunden, auf euch zu hören. Und auch niemand sonst.“ Drazen kniff die Augen hinter seiner kreisrunden Brille eng zusammen. „Aber etwas Vernunft schadet niemandem. Ich weiß genau, was du vorhattest. Freund.“ „Du weißt gar nichts.“ Der Sammler nahm das eigene Sektglas vom Tisch und betrachtete darin sein Spiegelbild. „Das war nichts weiter als ein Spiel für mich. Irgendwie unterhaltsam, aber letztlich nichts weiter als ein Zeitvertreib. Wer so alt ist wie wir, weiß jedes bisschen Abwechslung zu schätzen.“ Daraufhin lachte Drazen laut auf und schlug gut gelaunt mit der Faust auf den Tisch. „Haha, da sagst du was!“ Plötzlich beugte er sich noch weiter vor und nahm den Rothaarigen mit ernstem Blick ins Visier. „Aber dabei sollte man es auch belassen.“ „Natürlich“, erwiderte ihm jener hochnäsig und nahm einen Schluck aus dem Glas. „Oder was meinst du, Orion?“ Der kleine Schattengeist lehnte am Stuhlbein von Strifes Sitzgelegenheit und gaffte mit sabberndem Maul zu Valerie herüber, die Anya zur Weißglut trieb. „Hotpants!“ „Haha, er weiß die Vorzüge einer Frau wirklich zu schätzen!“ Drazen grinste. „Aber bei einem so drallen Weib wäre alles andere auch eine Todsünde! Hey, Strife, warum suchst du dir nicht eine Freundin als Zeitvertreib?“ Der Sammler verschütte fast sein Glas, als er einen heftigen Schlag auf den Rücken bekam. Pikiert erwiderte er daraufhin: „Ich denke, das ist meine Angelegenheit.“ „Langweiler.“ Seufzend ließ Drazen den Kopf hängen und schwenkte das leere Glas in seiner Hand hin und her. „Aber es ist zum Heulen. Selbst wenn ich wollte, könnte ich jetzt nicht mehr nachhause.“ „Warum solltest du zurück wollen?“ Der Sammler sah nachforschend zu seinem Freund herüber. „Jener Ort wurde von der Zeit vergessen, die ihr selbst angehalten habt. Außerdem gehörst du in diese Welt. Du weißt warum.“ Ächzend legte der Weißhaarige sein Kinn auf die Handflächen und schmollte weiter. „Trotzdem gefällt mir der Gedanke nicht. Es ist nie gut, nicht mehr zurück nachhause zu können.“ Strifes Blick fiel bei diesen Worten auf Orion, der begeistert nach einem Stripduell zwischen Anya und Valerie verlangte. „... in der Tat.“   Und während die beiden von niemandem sonst überhaupt wahrgenommen wurden, stritt sich die illustre Runde um Anya, Abby, Nick, Marc und Valerie munter weiter. „Anya, hast du überhaupt eine andere Jacke außer diese?“, stichelte Valerie und deutete auf die Lederjacke, die Anya nicht im Traum gedachte, an irgendjemanden aus diesem Haushalt bei der Garderobe abzugeben. „Ich glaube nicht. Wenn ich mal mit ihr einkaufen gehe, nörgelt sie immer an allem 'rum“, klagte Abby. „Auf welcher Seite bist du eigentlich, Masters!?“ „Auf der des guten Geschmacks. Sieh den Tatsachen ins Auge, Anya, wir sind Todfeinde.“ „Das hätte von mir stammen können!“, kicherte Valerie ausgelassen und schlug mit Abby freudestrahlend ab. Nun waren Anyas Augen wirklich bedrohlich nahe daran, ihr Zuhause zu verlieren. Etwa so weit, wie zwei junge Frauen ihr Leben. „Ich werde euch-!“   Allerdings wurde Anya in ihrem Unterfangen, Abbys Hals um ein paar Blessuren zu verschönern, unterbrochen, als der rundliche Mr. Bitterfield in Begleitung von Mr. Redfield das Wohnzimmer betrat und sich räusperte. Letzterer hielt eine große Pappschachtel in den Händen. „Ich habe gerade die Gästeliste überprüft und durfte feststellen, dass alle gekommen sind. Wie schön. Ich hoffe, ihr genießt diese Feier, die nur dank unseres lieben Bürgermeisters hier im schönen Livington stattfinden kann.“ Viele der Schüler und Lehrer klatschten aufgeregt in die Hände. „Natürlich“, sprach der Direktor hochoffiziell weiter, „darf bei einem Abschlussball auch die Wahl der Ballkönigin nicht außer Acht gelassen werden.“ Das Geklatsche verstummte, stattdessen wurde nun wild gemurmelt. Mr. Redfield schaltete sich nun ein. „Da ja die ursprünglichen Pläne eures Direktors durch die unverhofften Ereignisse von damals komplett über den Haufen geworfen worden sind, hat das Abschlusskomitee sich beraten und ist zu dem Schluss gekommen-“ „Dass Valerie Redfield“, schnitt ihm Mr. Bitterfield da grinsend das Wort ab, „aufgrund ihrer perfekten schulischen Leistungen, ihrer harten Arbeit in Zeiten der Not und ihrem vorbildlichen Verhalten zur Ballkönigin ernannt wird.“ Das Gemurmel verwandelte sich in lauten Jubel, der Valerie galt. Allerdings schien ihr Vater, wie auch sie selbst, gar nicht damit gerechnet zu haben. „Direktor, wir hatten doch vereinbart-“ Jedoch winkte Mr. Bitterfield ab und zwinkerte seinem alten Freund zu. „Das geht schon in Ordnung so.“   Gleichzeitig wurde Valerie von ihren Mitschülern regelrecht belagert. Unsicher, wie sie mit der Situation umgehen sollte, hob sie die Arme auf Brusthöhe. „D-danke für eure Glückwünsche, aber-“ Doch Ernie Winter, Lily McDonald, Willow Taub und all die anderen ließen nicht von ihr ab. Nur eine war alles andere als begeistert von der Vorstellung, dass auf Valerie Redfield Haupt gleich die silberne Krone liegen würde, die Mr. Bitterfield aus der Schachtel des verdutzten Mr. Redfields hervor holte. „Beiseite, Kinder. Ich möchte unsere Ballkönigin krönen“, gluckste der rundliche Mann dabei vergnügt und versuchte sich an den Schülern vorbei zu zwängen, die sich um Valerie tummelten. Jedoch stellte sich ihm die Eine, die das niemals zulassen würde, augenblicklich in den Weg.   „Ich glaub, es hackt wohl!?“, herrschte Anya ihren Direktor an, der ihr gerade einmal bis zum Kinn ging. „Das ist Betrug! Redfield selbst ist im Abschlusskomitee!“ Der Mann mit der Halbglatze kniff böse die Augen zusammen. „Aus dem Weg, Mrs. Bauer.“ „Anya, lass es!“, rügte Abby ihre Freundin von der Seite und zerrte an ihrem Arm, doch die Blondine rührte sich keinen Millimeter von der Stelle. „Habt ihr die Krone einfach so zugeschoben, was!?“, raunte diese jedoch weiter und stampfte wütend auf. „Aber nicht mit mir! ICH habe genauso ein Recht auf dieses beschissene Teil!“ „Du interessiert dich doch gar nicht für sowas!“, platzte es aus Abby heraus. Anya rückte ihren Kopf so schnell zur Seite, dass ihr Gegenüber vor Schreck quietschte. Vornehmlich deshalb, weil der Gesichtsausdruck des Mädchens finsterer als die Nacht war. „Jetzt schon, Masters!“ Sich wieder an Mr. Bitterfield richtend, stemmte Anya die Hände in die Hüften. „Ich verlange ein faires Auswahlsystem! Jetzt!“ Valerie trat plötzlich an Anyas Seite. „Ich auch! Was denkt ihr euch dabei, einfach über meinen Kopf hinweg zu entscheiden?“ Ihr Vater stellte sich neben Mr. Bitterfield und lächelte vergnügt. „So kenne ich meine Tochter.“ Diese fasste sich stöhnend an den Kopf. „Ich danke euch, dass ihr mich für würdig erachtet. Aber der eigentliche Plan sah vor, dass wir zum Abschluss ein Duel Monsters-Turnier um den Titel des Abschlusspaares veranstalten. Wer die Krone gewinnt, wählt seinen Partner, so hatten wir es vereinbart.“ „Aber, aber … Valerie!“, klagte der Direktor enttäuscht. „Wer hätte es mehr verdient als du?“ „Jemand, der mich schlagen kann“, zwinkerte das Mädchen und stieß dabei Anya mit dem Ellbogen in die Seite. Diese zischte. „Richtig!“ Dann schnappte sie sich den Arm ihrer ewigen Rivalin und zerrte sie Richtung Hinterhof davon, direkt über die Terrasse, die an das Wohnzimmer grenzte. „Mitkommen, Redfield!“   Plötzlich griff sich auch Abby jemanden und zwar niemand Geringeres als Nick. „Wenn das so ist, habe ich eine Chance auf den Titel! Komm!“ Verwirrt stolperte der hoch gewachsene, halbnackte junge Mann an den anderen vorbei, wehrte sich jedoch nicht. „Was soll das?“ Aus den Augenwinkeln warf Abby ihm einen eisigen Blick zu, als sie ihn durch den Flur führte. „Jetzt gibt es 'ne Revanche für damals auf dem Spielplatz! Und gib alles, was du hast! Nochmal lasse ich dich nicht absichtlich verlieren!“ Woraufhin ihr Freund kurz mit dem Mundwinkel zuckte. Sie hatte es also herausgefunden. „Wie du willst. Dann auf dem Dachboden, wo uns keiner sieht!“   „Das gibt’s doch nicht!“, beklagte sich Mr. Bitterfield mit der Krone in der Hand, als sich nach und nach alle Schüler ihre gewählten Gegner schnappten und sich im Haus und auf dem Grundstück der Redfields zu verteilen begannen. Beruhigend legte Mr. Redfield ihm eine Hand auf die Schulter. „Ihre Geste war gut gemeint, aber ich stimme Valerie zu. Wir hatten ausgemacht, die Schüler für das verhunzte Tag Turnier zu entschädigen.“ Der Direktor seufzte. „Wenn es sein muss …“ „Ja, muss es.“ Überrascht schauten die beiden auf. Marc stand vor ihnen und legte sich seine Duel Disk an. Dabei lächelte er glücklich. „Das ist meine Chance, meinen Ruf endgültig reinzuwaschen. Mal sehen, wer mutig genug ist, sich mit mir anzulegen! Danke für ihr Verständnis, Mr. Bitterfield!“ Schon rauschte er an den beiden vorbei, auf der Suche nach einem geeigneten Gegner. „Diese Jugend“, lachte Mr. Redfield zufrieden, „das Wichtigste ist, sie haben Spaß. Und das wissen sie auch, warum sonst haben sie alle ihre Duel Disks mitgebracht? Im Grunde kämpft niemand um eine bedeutungslose Auszeichnung wie diese Krone.“ Jedoch seufzte der Direktor nur, während er das dezente, aber prachtvolle Stück ansah. „Warum muss scheinbar alles in dieser Welt mit einem dämlichen Kartenspiel entschieden werden?“ „Wir beide könnten uns doch auch duellieren“, schlug Valeries Vater glucksend vor. „Das ist nicht witzig!“   ~-~-~   „Das ist es“, murmelte Anya leise. Valeries Augen blitzen auf. „Die Revanche.“ „Mach dich auf was gefasst, Redfield! Die Krone gehört mir!“ „Die Idee mit dem Turnier kommt von mir. Und ich habe den Vorschlag nur gemacht, weil ich wusste, dass es hierauf hinauslaufen würde“, erklärte Valerie herausfordernd. „Nur deswegen, um genau zu sein. Ich will endgültig wissen, wer die Bessere von uns beiden ist.“ Anya rümpfte die Nase. „Das wirst du gleich sehen, Redfield.“ „Allerdings. Aber“, murmelte jene und sah an sich herab, „wieso müssen wir uns ausgerechnet hier duellieren!?“   Die beiden befanden sich nämlich jeweils an einem Ende des großen Pools auf dem Hinterhof der Redfields. Genauer gesagt auf je einem der beiden Sprungbretter der beiden Seiten, die direkt in das kalte, klare Nass führten. Um sie herum fanden noch ein paar andere Duelle statt, doch keines direkt am Swimmingpool. „Ganz einfach“, erklärte Anya dies und hob besserwisserisch den Zeigefinger. „Der Loser wird nicht nur die Krone verlieren, sondern auch ins Wasser springen müssen.“ „Wie albern“, kommentierte Valerie dies gelangweilt. Grinste dann aber doch. „Als ob ich dich nicht durchschauen würde. Du willst den Titel doch nur, damit ich ihn nicht haben kann. Du willst mich nach allen Regeln der Kunst blamieren.“ „Bingo“, zischte Anya und kniff böswillig die Augen zusammen. Valerie tat das Gleiche. „Aber ich sage dir Eines: damit wirst du …“ „Ja?“ „... baden gehen.“ „Was!? Das glaubst doch nur- Ahhh!“ Wütend stampfte Anya auf und sorgte so am Ende fast dafür, dass sie vom schwankenden Sprungbrett ins Wasser fiel. Ihre Gegnerin brach dabei in einem lauten Lachanfall aus. „Das gibt Rache, Redfield!“ „Dann zeig, was du in den letzten Monaten gelernt hast!“   „Duell!“, riefen die beiden jungen Frauen schließlich voller Eifer und ließen ihre Duel Disks ausfahren. Kurz darauf murmelte Anya mit einem verspielten Grinsen: „Also gut, auf geht’s, Partner.“ Dafür erntete sie von den um sie herum duellierenden Schülern verwunderte Blick. Valerie blinzelte verdutzt, da sie keine Ahnung hatte, wen ihre Gegnerin damit meinte.   [Anya: 4000LP / Valerie: 4000LP]   Beide lieferten sich regelrecht einen Wettkampf, wer zuerst sein Startblatt aufgezogen hatte. „Ungeschriebenes Gesetz: ich beginn-“ Valerie zog jedoch blitzschnell ihre sechste Karte nach und lächelte zufrieden, das seltsame Verhalten ihrer Konkurrentin vergessend. „Diesmal nicht, Anya. Ich mache den ersten Zug!“ Umgehend knallte sie ein Monster auf ihre blaue Duel Disk. „Mit diesem gesetzten Monster beende ich meinen Zug!“ Die horizontal liegende Karte tauchte mit dem Rücken nach oben über dem Poolwasser vor Valerie auf. „Mehr nicht?“, raunte Anya beinahe enttäuscht. „Mach es mir nicht zu leicht, Redfield! Draw!“ Die Schwarzhaarige schmunzelte, während Anya nachzog. „Mitnichten …“ Mit nicht weniger Ehrgeiz legte auch jene ihr Monster auf den Apparat an ihrem Arm. „Erscheine, [Gem-Knight Garnet] und greif gleich mal an!“   Gem-Knight Garnet [ATK/1900 DEF/0 (4)]   Kaum war der Ritter des Granats in der bronzenen Rüstung erschienen, schleuderte er schon einen Feuerball aus seinen Handflächen auf Valeries gesetzte Karte. Diese schmunzelte wieder. „Immer mit dem Kopf durch die Wand, was? Arme [Gishki Ariel].“ Jene, ein blauhaariges Mädchen in dunkler Priesterrobe, sprang nun aus Valeries Karte hervor und schützte sich mit ihrem Zauberstab vor der Flamme – vergebens. In einer Explosion ging sie unter.   Gishki Ariel [ATK/1000 DEF/1800 (4)]   „Flippeffekt von Ariel aktivieren! Wenn sie aufgedeckt wird, erhalte ich ein Gishki-Monster von meinem Deck. Und dessen Name ist [Gishki Shadow]!“ Kaum war dieser genannt, schnellte aus der Mitte von Valeries Deck eine einzelne Karte hervor, die sie vorzeigte und dann in ihr Blatt nahm. Automatisch wurde ihr Kartenstapel anschließend gemischt. „Schön für dich, Redfield“, giftete Anya und schob dabei eine Falle in den dazugehörigen Slot unter Garnets Karte. „Die da verdeckt. Zug beendet!“ Schon tauchte die gesetzte Karte vor ihren Füßen auf.   Valerie fuhr sich erst lässig durchs Haar und genoss dabei Anyas wütende Blicke, da sie genau wusste, wie sehr diese Geste sie provozierte, ehe sie zog. Sie wollte wissen, ob ihre Gegnerin ihr Temperament mittlerweile so zügeln konnte, dass es ihren Duellfertigkeiten nicht mehr im Weg war. „Ist es auch“, ging sie auf Anyas Satz ein und zückte eine Zauberkarte aus ihrem Blatt. „Denn dadurch kann ich endlich [Gishki Aquamirror] aktivieren. Du dürftest nach all unseren Duellen mittlerweile wissen, was er bewirkt.“ Anya verschränkte missbilligend die Arme. „Eine Ritualbeschwörung …“ In dem Moment tauchte aus dem Wasser des Pools ein in goldener Verzierung eingefasster Spiegel auf und erhob sich daraus bis etwa zur Höhe von Valeries Kopf. „Genau! Und ich opfere dafür [Gishki Shadow]! Damit kann ich nun [Evigishki Levianima] beschwören!“ Valerie legte das blau umrandete Ritualmonster freudestrahlend auf die Duel Disk. Kurz spiegelte sich in dem Objekt ein amphibisches Wesen in Robe wieder, als- „Hey! Das ist Betrug! Dieses Levianidingens ist Stufe 8, dein Opfer nur Stufe 4! Da fehlen noch-“ Doch schon hatte sich Valerie stöhnend die Hand vor den Kopf geschlagen. Anscheinend stand Anyas Temperament ihr immer noch im Weg! Oder eher ihr schlechtes Gedächtnis. „Anya! Wie oft habe ich dir schon erklärt, dass [Gishki Shadow] alle Kosten für die Ritualbeschwörung eines Wasser-Monsters übernimmt!?“ Ihre Gegnerin zuckte provokativ mit den Schultern. „Erinnere mich nicht …“ „Dann merk es dir endlich!“ Das gesagt, zersprang Valeries Spiegel. Und aus dem Wasser entstieg augenblicklich eine amphibische, drachenähnliche Gestalt, die mit einem Schwert bewaffnet war. Die dunkelblaue Haut schimmerte regelrecht, doch wirklich ungewöhnlich waren die blassgrauen Haare und die Kleidung, die dieses Wesen trug – fast, als wäre es einmal ein Mensch gewesen.   Evigishki Levianima [ATK/2700 DEF/1500 (8)]   „Zumindest ist das Ding mal was Neues“, brummte Anya und fixierte das Monster mit zusammengekniffenen Augen. Sollte es ruhig kommen! Valerie indes war bereits dabei, die nächste Zauberkarte in ihre Duel Disk einzulegen. „Ich aktiviere jetzt [Contact With The Aquamirror], was nur geht, wenn ich im Besitz eines Wasser-Monsters bin! Damit kann ich entweder deine verdeckten Karten checken oder die obersten zwei Karten von einem unserer Decks ansehen und neu anordnen, wenn ich möchte.“ Anya wurde hellhörig. „Und was wählst du?“ „Beides …“ „Du hast doch grad gesagt-!“ „... weil ich ein Wasser-Ritualmonster kontrolliere und somit beide Effekte auslösen kann“, beendete Valerie ihren Satz unbekümmert. Schon zog sie zwei Karten, [Salvage] und [Gishki Vision], lächelte wissend und legte sie in verdrehter Reihenfolge auf ihr Deck. Dann zeigte sie auf Anyas gesetzte Karte, die aufsprang und sich als violett umrandete Falle [Justi-Break] entpuppte. „Verstehe. Wie ich mir dachte“, taktierte Valerie zufrieden, „wenn ich ein normales Monster angreife, so wie Garnet eines ist, zerstörst du meine Monster damit. Ich wäre fast drauf hereingefallen. Aber weißt du was?“ Ihre Gegnerin, die langsam Probleme mit der Selbstkontrolle bekam ob der offenkundigen Überlegenheit ihrer Erzrivalin, schnaubte wütend. „Was denn, Redfield!? Dass deine Hupen gemacht sind!? Nichts Neues!“ Valerie lächelte heimtückisch. „Nein. Deine Falle ist nichts, was ein kleiner [Mystical Space Typhoon] nicht in den Griff bekommt! Mein Zauber wird deine Karte einfach zerstören!“ Schon zischte ein Wirbelsturm über das Feld, der Anyas [Justi-Break] mit sich riss, ehe er verschwand. Jene schäumte regelrecht vor Wut. „Du-!“ „Ich? Ich werde dich jetzt angreifen“, gluckste Valerie vergnügt beim Anblick ihrer fuchsteufelswilden Gegnerin, die es nicht ertragen konnte, so leicht durchschaut worden zu sein. „Levianima! Soul Crasher!“ Schon schoss ihr Seeschlangen-Drachen-Hybrid auf Anyas Ritter zu und verpasste ihm einen deftigen Schwerthieb, der ihn dazu brachte, in tausend Stücke zu zerspringen. Dessen Besitzerin schrie vor Wut auf.   [Anya: 4000LP → 3200LP / Valerie: 4000LP]   „Effekt von Levianima!“, rief Valerie da und riss eine Karte von ihrem Deck. „Wenn er angreift, darf ich eine Karte ziehen. Diese zeige ich vor und sollte es dabei ein Gishki-Monster sein, musst du mir eine zufällig gewählte deiner Handkarten zeigen.“ In den Fingern drehte sie die gezogene Karte um und präsentierte [Gishki Vision]. „Tch!“ Mehr brachte Anya nicht hervor, als vor ihr das Abbild der Karte von [Gem-Knight Alexandrite] auftauchte. Das lief alles wie am Schnürchen, dachte Valerie stolz und zog eine weitere Zauberkarte aus ihrem Blatt. „Prima! Dann aktiviere ich jetzt [D.D. Designator]. Ich sage, dass sich [Gem-Knight Alexandrite] auf deiner Hand befindet.“ Erschrocken stellte Anya fest, dass ihrer Gegnerin auf einmal alle Handkarten von ihr gezeigt wurden. Und da sie den Effekt jener Zauberkarte schon einmal am eigenen Leib erlebt hatte, überraschte es sie nicht mehr, dass Alexandrite aus der Aufzählung verschwand. Er wurde einfach von der Hand verbannt. „Mieses Stück“, brummte Anya und schob ihren Ritter in die hintere Hosentasche, „dafür wirst du zahlen.“ „Ich warte“, lächelte Valerie etwas überheblicher, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte. „Dein Zug, Anya“, gab sie den ihren mit zwei verbliebenen Handkarten und ihrem Ritualmonster ab, während ihre Gegnerin drei Handkarten und kein Feld besaß.   Was sich schleunigst ändern sollte, schwor Anya sich, als sie ausholend zog. „Draw!“ „Jetzt wirst du dein blaues Wunder erleben, Redfield“, schrie sie förmlich. Sie griff nach ihrem Friedhof und holte Garnets Karte von dort hervor, hielt sie zusammen mit zwei Zauberkarten und [Gem-Knight Lazuli] in die Höhe. „Ich aktiviere erst [Silent Doom], um ein normales Monster wie [Gem-Knight Garnet] vom Friedhof in Verteidigung zu reanimieren!“ „Eine Fusion …“, schloss Valerie bereits mit Blick auf die anderen Karten. „Verdammt richtig! Ich verschmelze ihn gleich darauf mit [Gem-Knight Lazuli] dank meiner Lieblingskarte [Gem-Knight Fusion]! Garnet, du bist das Herz, [Gem-Knight Lazuli], du die Rüstung! Vereint euch!“ Gerade erst war ihr Ritter vor dem Mädchen erschienen, da wurde er auch schon in einen Wirbel aus Edelsteinen über Anya gezogen, zusammen mit einer weiblichen Ritterin. Ein Blitz schoss daraus hervor, welchem ein edler Krieger in roter Rüstung folgte. „Erscheine, [Gem-Knight Ruby]!“, donnerte Anya und legte dessen Karte auf die Duel Disk. Über dem Wasser schwebend, bezog der Ritter mit wehendem, blauem Umhang und gezückter Lanze Stellung.   Gem-Knight Ruby [ATK/2500 DEF/1300 (6)]   „Aber das ist nicht alles!“, erklärte Anya weiter mit ihrem lauten Organ und zückte Garnets Karte abermals vom Friedhof. „Wenn Lazuli durch einen Karteneffekt, sagen wir zum Beispiel eine Fusion, auf den Friedhof gelegt wird, erhalte ich von dort ein normales Monster auf die Hand!“ Zwischen Mittel- und Zeigefinger hielt die Blondine die Karte ihres Gem-Knights ganz nah an ihrem Gesicht und warf aus den Augenwinkeln einen Blick darauf. Grinsend ließ sie die Hand aber sinken und steckte den Ritter zu ihrer anderen Handkarte. Letztere zückte sie stattdessen und legte sie in die Duel Disk ein. „Pass schön auf, Redfield! Ich aktiviere [Fusion Weapon]! Damit rüste ich ein Fusionsmonster der Stufe 6 oder weniger aus und erhöhe seine Werte um 1500!“ Valerie weitete die Augen vor Schreck. Sie hatte damit gerechnet, dass Anya ihren Krieger stärken würde – aber so sehr!? An einem von dessen Armen erschien ein Elektroschocker.   Gem-Knight Ruby [ATK/2500 → 4000 DEF/1300 → 2800 (6)]   „Don't fuck with me, Redfield!“, tönte Anya und schwang den Arm aus. „Los, Ruby! Attackiere diesen Nessie-Verschnitt! Sparkling Lance Thrust!“ Ihr Krieger ließ dessen Lanze erst etwas über sein Haupt wirbeln, ehe er sie ausholend auf Valeries Levianima warf. Dieser wurde in der Brust getroffen und explodierte umgehend.   [Anya: 3200LP / Valerie: 4000LP → 2700LP]   Als der Rauch sich verzog, befand sich die Lanze bereits wieder auf mirakulöse Weise in Rubys Besitz. Valerie blinzelte verblüfft. „Nicht schlecht, Anya.“ „Tch, spar' dir das! Ich setze ein Monster zu meinem Schutz in den Verteidigungsmodus und beende diesen Zug! Das war erst der Anfang, Redfield!“ Neben [Gem-Knight Ruby] tauchte die gesetzte Karte auf. Damit besaß Anya nun keine Handkarten mehr.   Während Valerie irritiert zog, grübelte sie über Anyas ungewohntes Verhalten. Denn die gesetzte Karte dort war eindeutig [Gem-Knight Garnet], welcher 0 Verteidigungspunkte besaß. Es ergab keinen Sinn, ihn defensiv zu spielen, zumal Anya mit ihm noch mehr Schaden hätte anrichten können! Was sollte das? Hielt sie sich absichtlich zurück? Oder fürchtete sie sich so sehr vor dem Gegenschlag, dass sie in ihm ein Risiko sah? „Du willst es wohl in die Länge ziehen?“, erkannte sie jedoch leise für sich selbst und atmete glücklich auf. „Es noch etwas auskosten, was?“ Wie Anya auf dem Sprungbrett stand, so tapfer und entschlossen zu gewinnen, musste Valerie grinsen. Es war ihr letztes Duell als Schülerinnen der Livington High. Und vielleicht das letzte in einem sehr langen Zeitraum. Wenn sie und Marc erst in Florida studierten, würde es so schnell keine Gelegenheit mehr für ein Duell geben. Natürlich wäre es also schade, wenn dieser Kampf zu schnell vorbei wäre.   „Go, Valerie!“ „Anya, du schaffst das!“ „Wenn Bauer nicht gewinnt, wird sie uns das Fest ruinieren!“ „Valerie hat die Krone verdient, niemand sonst!“ Überrascht sah Valerie sich um und bemerkte, dass all die anderen Duelle um sie herum längst geendet hatten. Stattdessen standen nun scheinbar ausnahmslos alle Schüler und Lehrer, ja selbst ihr Vater, Mrs. Bauer und Mr. Bitterfield um den Pool und wohnten gespannt ihrem Duell bei. Abby, die sich offensichtlich nicht entscheiden konnte, wen sie anfeuern sollte. Nick, der das Mädchen dabei komischerweise stolz ansah. Und Marc, der ihr, als er ihren Blick bemerkte, den Daumen nach oben zeigte. Auf irgendeine Art und Weise schienen sie sich alle darauf geeinigt zu haben, dass die Ballkönigin nur in diesem einen Kampf gewählt werden konnte. Warum? Lily, Willow, Ernie. Sie alle schienen damit einverstanden, dass entweder sie oder Anya die Krone am Ende tragen würde. Was Valerie nur noch mehr anspornte.   „Dann werden wir ihnen eine Show liefern, die sie nie vergessen werden“, sprach Valerie wieder zu sich und schob dabei eine ihrer Monsterkarten in den Friedhofsschlitz. „Effekt von [Gishki Vision]! Ich werfe es ab, und erhalte dafür ein Gishki-Ritualmonster von meinem Deck.“ Stolz zeigte sie [Gishki Zielgigas] anschließend vor – ihre mächtigste Kreatur! Aber selbst sie war zu schwach, es mit Ruby aufzunehmen. Zwar wäre [Evigishki Soul Ogre] die bessere Wahl gewesen, doch den hatte sie kurzfristig für Levianima ausgewechselt, um die Spielstärke von Letzterem zu erproben – ein Fehler, wie sie jetzt zugeben musste. „Ich aktiviere anschließend den Zauber [Salvage], mit dem ich zwei Wasser-Monster von meinem Friedhof mit maximal 1500 Angriffspunkten zurückerhalte!“ Das gesagt, schnappte sie sich [Gishki Shadow] und [Gishki Vision] und zeigte sie ebenfalls vor. Damit könnte sie Zielgigas nun jederzeit beschwören. Aber etwas hielt sie davon ab. Denn auch wenn dieses Monster einen mächtigen Effekt besaß, der besagte, dass sie einmal pro Zug für 1000 Lebenspunkte eine Karte ziehen und – sofern die gezogene Karte ein Gishki-Monster war – eine Karte auf dem Feld ins Deck zurückschicken würde, konnte sie sich nicht darauf verlassen. Was, wenn sie etwas Falsches zog? Dann wäre sie Anya ausgeliefert. Und es war auch nicht ihr Stil, sich auf das Glück zu verlassen, wenn es auch Alternativen gab. Sich mit dem Schicksal anlegen war eher Anyas Fachgebiet. „Sorry Zielgigas, ich habe es mir anders überlegt, nicht heute“, murmelte sie und zückte eine weitere Zauberkarte. „Ich aktiviere [Moray Of Greed]! Ich mische zwei Wasser-Monster von meinem Blatt in mein Deck zurück und ziehe drei Karten!“ Mal sehen, wie die Antwort ihres Decks aussehen würde! Valerie ließ von ihrer Duel Disk [Gishki Zielgigas] und [Gishki Vision] einziehen, das Deck durchmischen und zog anschließend drei neue Karten, womit sie wieder auf vier kam. Und was sie da sah, entlockte ihr einen freudigen Seufzer. „Perfekt“, richtete sie ihr Wort an Anya. „Das war die richtige Entscheidung!“ „Ach ja? Na dann zeig's mir doch!“, giftete die zurück. „Gerne doch! Wieder eine Zauberkarte, diesmal [Preparation Of Rites], mit der ich eine Ritualzauberkarte von meinem Friedhof und ein Ritualmonster mit maximal Stufe 7 von meinem Deck erhalte!“ Schon zeigte Valerie ihren [Gishki Aquamirror] vom Ablagestapel und, viel wichtiger, [Evigishki Tetrogre] vor. „Und soll ich dir was sagen? Ich führe das Ritual auch gleich durch! Dafür opfere ich [Gishki Shadow], der – wie du jetzt hoffentlich weißt – sämtliche Kosten trägt! Erscheine aus dem ewigen Strudel, [Evigishki Tetrogre]!“ Wie schon bei Levianima, tauchte aus dem Pool unter dem Jubel der Zuschauer der Ritualspiegel auf, welcher sogleich zersprang. Anschließend begann sich ein Strudel im Wasser zu bilden, welcher Hort einer reptilienartigen Meereskreatur auf zwei Beinen war, welche nun daraus empor sprang.   Evigishki Tetrogre [ATK/2600 DEF/2100 (6)]   „Da musst du dir schon was Besseres einfallen lassen, Redfield!“, tönte Anya von sich selbst überzeugt. „Darf ich auf das antworten, was du eben zu mir gesagt hast, Anya?“, fragte deren Kontrahentin plötzlich und zeigte eine Ausrüstungszauberkarte vor. Die Blondine blinzelte verdutzt. „Huh?“ „Ich aktiviere [Ritual Weapon] – sie bewirkt dasselbe für Ritualmonster, was deine [Fusion Weapon] für Fusionen bewirkt!“ Am Arm von Valeries Monster tauchte eine goldene Armbrust auf.   Evigishki Tetrogre [ATK/2600 → 4100 DEF/2100 → 3600 (6)]   „Huh!? Ach du-!?“ „Anya“, sagte Valerie mit zufriedener Miene, ehe sie laut ausrief: „Don't fuck with me either! Tetrogre, greife Ruby an! Golden Shot!“ Ehe Anya auch nur reagieren konnte, schoss der Reptilienmann einen Pfeil von der Armbrust, welcher ihren Ritter direkt ins Herz traf. Das Mädchen wich auf dem sehr schmalen Sprungbrett zurück, als dieser in einer Explosion unterging.   [Anya: 3200LP → 3100LP / Valerie: 2700LP]   „Das gibt’s doch nicht!“ Anyas Augen standen sperrangelweit offen. „Mach mich nicht nach, Redfield!“ „Ich mache dich nicht nach“, erwiderte die belustigt und setze nebenbei ihre letzte Handkarte mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck. „Ich bin einfach einen Ticken besser. In dem Fall ganze 100 Punkte sogar.“ „Das glaubst aber auch nur du!“ Während die gesetzte Falle vor Valeries Füßen auftauchte, richtete die wieder ihr Augenmerk auf Anya und zeigte auf [Evigishki Tetrogre]. „Bevor ich meinen Zug beende, werde ich noch den Effekt meines Monsters aktivieren. Ich bestimme einen Kartentyp, von dem wir dann jeweils eine Karte vom Deck auf den Friedhof senden. Du könntest das durch das Abwerfen einer Handkarte natürlich verhindern, aber du hast ja keine. Also sage ich: Monster!“ Denn für das, was Valerie vorschwebte, würde sie jedes mögliche Monster in ihrem Friedhof brauchen! Man wusste schließlich nie, wann man die noch brauchen könnte. Also schickte sie [Gishki Marker] auf den Ablagestapel, während Anya dasselbe mit einem ihrer Monster tat. „Zug beendet!“   „Draw!“, fauchte Anya ihr da schon entgegen, noch bevor sie überhaupt mit den Fingern die oberste Karte ihres Decks berührt hatte. Es musste jetzt etwas Gutes kommen, oder sie war im Eimer! Wie hätte sie auch ahnen können, dass Valerie derart heftig zurückschlagen würde!? Andererseits war das so typisch für sie! Dabei hatte Anya doch eigentlich gehofft, Garnet als Köder zu benutzen, damit ihre Rivalin für einen Angriff offen stehen würde. Stattdessen hatte sie jetzt selbst nichts mehr zum Angreifen! Für einen Moment wünschte sich Anya Levriers Fähigkeit, dem Schicksal eine neue Wendung zu verleihen, zurück. Aber … nein. Hier wäre das einfach fehl am Platz, selbst Anya wusste das. „Ich krieg's auch so hin!“, spornte sie sich dennoch selbst an und zog schließlich. „Lass es bloß was Vernünftiges sein!“ Als sie die Karte in ihrer Hand umdrehte, atmete sie durch. Nicht viel, aber etwas. Eine neue Chance! „Flipp! Ich decke [Gem-Knight Garnet] in den Angriffsmodus auf!“, rief sie und drehte ihr Monster von der verdeckten, horizontalen Lage auf der Duel Disk in die vertikale. Sofort sprang ihr Bronzeritter aus der Karte und bündelte in seiner Hand eine Flamme.   Gem-Knight Garnet [ATK/1900 DEF/0 (4)]   Valerie kommentierte dies milde beeindruckt: „Interessant.“ „Ich aktiviere [White Elephant's Gift]!“, erklärte das Mädchen diese Aktion und hielt die Zauberkarte in die Höhe. „Damit opfere ich ein normales Monster, um zwei Karten zu ziehen!“ Ihr Ritter löste sich in weißen Lichtkügelchen auf und hinterließ einen gleichfarbigen, großen Knochen. Als Anya zweimal gezogen hatte, verschwand auch dieser. „Hmm“, brummte das Mädchen ärgerlich. Nicht gerade das, was sie sich erhofft hatte. „Ich setze ein Monster und eine verdeckte Karte. Viel Spaß mit deinem Zug, Redfield!“ Schon tauchten die beiden Karten vor Anya auf.   „Scheinbar reicht dein Glück nicht aus, um das Spiel zu wenden?“ Valerie zuckte seufzend mit den Schultern. „Schade eigentlich, dich so defensiv spielen zu sehen.“ „Machst du dich über mich lustig, Redfield!?“ „Ein bisschen“, antwortete die und zwinkerte verspielt. „Sieh es als Rache für den Beutel Hunde-AA an, den du letzte Woche in unseren Briefkasten gesteckt hast.“ Die umstehenden Schüler lachten heiter, doch Anya protestierte: „Das war ich nicht! Nick war's!“ „Ich hab ihr nur beim Sammeln geholfen!“, verteidigte der sich panisch mit erhobenen Händen. „Sie hat mich gezwungen! Bitte hau mich nicht, Valerie!“ Die lächelte jedoch beschwichtigend. „Keine Sorge. Anya kriegt dafür die Abreibung, die sie verdient hat, nicht du.“ Wieder lachten die Schüler, woraufhin die Verunglimpfte beinahe vor wütendem Herumgefuchtel mit den Händen ins Wasser gefallen wäre. „Das werden wir erst noch sehen, Redfield!“ „Wie oft hast du das jetzt gesagt? Egal … mein Zug, Draw!“, gab Valerie sich bewusst gelangweilt und nahm ihre Karte auf. Strahlend präsentierte sie diese Anya anschließend. „Oh, ich hab gut gezogen! Ich beschwöre [Gishki Beast]! Und wenn es gerufen wird, holt es ein Gishki-Monster mit maximal Stufe 4 aus dem Friedhof aufs Feld! Also erscheint, [Gishki Beast] und [Gishki Shadow]!“ Vor dem Mädchen tauchten eine amphibische Gestalt, halb Seeungeheuer, halb Echse und ein alter Fischmann, gekleidet in einer schwarzen Robe, auf.   Gishki Beast [ATK/1500 DEF/1300 (4)] Gishki Shadow [ATK/1200 DEF/1000 (4)]   „Du weißt doch, was das bedeutet, oder?“, fragte Valerie ihre Gegnerin verspielt. Die stöhnte genervt auf. „Ach geh doch sterben, Redfield!“ „Pardon, heute nicht“, erwiderte die und streckte den Arm in die Höhe. Begeistertes Raunen ging durch die Zuschauermenge, als sie rief: „Ich erschaffe das Overlay Network! Aus meinen beiden Stufe 4-Monstern wird nun ein Rang 4-Monster!“ Mitten über dem riesigen Pool tat sich ein schwarzes Loch auf, welches Valeries eben beschworene Monster in zwei blauen Lichtstrahlen absorbierte. „Xyz-Summon! Höre meinen Ruf, oh Wesen aus tausend Legenden! Zeige dich, [Evigishki Merrowgeist]!“ „... und geh anschließend sterben!“, fügte Anya verärgert hinzu, als aus dem Wirbel Valeries Kreatur erschien. Die wunderschöne Meerjungfrau mit dem roten, welligen Haar schwebte wie ein Geist um das Spielfeld und machte vor Valerie schließlich Halt, direkt neben dem Seeungeheuer. In der Hand hielt sie einen mächtigen Zauberstab, um den ihre beiden Xyz-Materialien in Form von zwei Lichtkugeln kreisten.   Evigishki Merrowgeist [ATK/2100 DEF/1600 {4}]   Siegessicher streckte Valerie den Arm aus. Anyas Monster würde wohl kaum genug Verteidigungspunkte haben, um einem Angriff von Merrowgeist zu trotzen. Sie konnte dieses Spiel also noch in diesem Zug gewinnen, vorausgesetzt, Anyas Falle war ein Bluff. Aber das würde sie gleich herausfinden! „[Evigishki Merrowgeist], greife ihr gesetztes Monster auf gut Glück an! Sceptre Of Foresight!“ Ihre Meerjungfrau stieß einen verständigen Laut aus, ehe sie ihr Zepter in die Luft hielt, es dann auf Anyas Monster richtete und daraus eine Salve von riesigen Seifenblasen abschoss. Aus deren gesetzter Karte sprang ein Ritter in saphirblauer Rüstung, welcher mit einem Schwenk seiner Hand einen Eiswall zwischen sich und den Blasen schaffte. Jene zerschellten daran, ohne weiteren Schaden anzurichten. „Da hast du dich wohl verschätzt, Redfield“, flötete Anya und zeigte auf ihren Ritter. „[Gem-Knight Sapphire] hat genauso viele Verteidigungspunkte wie dein Monster Angriffspunkte hat! Sich aufs Glück zu verlassen funktioniert nur bei mir. Sorry, du musst dir was anderes suchen!“   Gem-Knight Sapphire [ATK/0 DEF/2100 (4)]   „Da hast du wohl recht“, stimmte Valerie ihr zu und lachte heiter. Auch nicht schlecht, dachte sie dabei insgeheim zufrieden. Es wäre doch schade, wenn Anya nicht wenigstens eines ihrer wirklich großen Geschütze auspacken würde. Nun hatte sie einen Zug mehr, um das zu bewerkstelligen. „Das reicht aber dennoch nicht, um [Evigishki Tetroge] aufzuhalten! Los, Golden Shot!“ Schon schoss ihr 4100 Punkte starker Amphibienmann einen goldenen Pfeil von der Armbrust ab, der sich durch den Eiswall direkt in Sapphires Brustmitte bohrte. Dieser zerplatzte mit einem lauten Schrei. „Tch!“ „Bevor ich meinen Zug beende“, erklärte Valerie, „nutze ich den Effekt von Tetrogre erneut, und lasse uns beide ein Monster vom Deck auf den Friedhof schicken.“ So geschah es, dass sie sich von [Gishki Vanity] trennte, wohingegen Anya auf [Gem-Knight Crystal] verzichtete, welchen sie nur ungern aufziehen wollte. „Das wäre alles“, meinte die Schwarzhaarige abschließend ohne weiteren Handkarten. Aber sie hatte zwei Monster, die Anya das Leben zur Hölle machen würden. Mehr brauchte sie nicht.   Indes brauchte Anya dringend etwas. Ein Wunder zum Beispiel. „So schnell geb' ich nicht auf“, raunte sie mürrisch, „Draw!“ Kaum hatte sie ihre Karte gezogen, betrachtete sie diese und kniff kurz darauf wütend die Augen zusammen. „In einer Situation wie dieser ziehe ich das!?“ Mit 'das' meinte sie [Gem-Knight Emerald]. „Hat das Glück dich verlassen?“, stichelte Valerie amüsiert unter dem Gekicher einiger Zuschauer. Und erntete dafür eine doppelte Dosis von Anyas Mittelfingern, nachdem diese ihr Monster auf die Duel Disk geknallt hatte. „Davon träumst du!“ Schon tauchte der in eine blassgrüne Rüstung gekleidete Ritter des Smaragds vor ihr auf und hob den Rundschild an seinem Arm.   Gem-Knight Emerald [ATK/1800 DEF/800 (4)]   „Ich habe gewonnen, Redfield“, erklärte Anya plötzlich mit einem geheimnisvollen Lächeln und schwang den Arm aus. „Falle aktivieren! [Fragment Fusion]!“ Überrascht sah Valerie zu, wie die Karte vor ihrer Gegnerin aufklappte. Jene erklärte: „Mit [Fragment Fusion] verbanne ich Fusionsmaterialien einer Gem-Knight-Fusion und rufe dieses Monster dann aufs Feld. Allerdings stirbt es in der End Phase wieder!“ Überall um Anya herum erschienen die verschiedensten Edelsteine. Aus jedem von ihnen schossen dutzende Lichtstrahlen, die ihn mit den übrigen verbanden. Wie ein Spiegel brach das Lichtgebilde plötzlich in sich zusammen und gab ein Schwert preis, welches vor Anya in der Luft schwebte. Diese hielt drei Monster in der Hand. „Indem ich [Gem-Knight Garnet], [Gem-Knight Lazuli] und [Gem-Knight Sapphire] verbanne, lasse ich -ihn- erscheinen!“ Die sieben regenbogenfarbenen Edelsteine in der Klinge leuchteten auf. „Drei Lichter kreuzen den Weg des Lichts! Körper, Seele und Herz verschmelzen und werden zu der Macht, die in ihrer Reinheit einem Diamanten gleicht!“ Anya stieß den Arm mit den Monstern in der Hand weit in die Luft. „Werdet eins! Werdet [Gem-Knight Master Diamond]!“ Und schon ging ein wirbelnder Sturm aus funkelnden Partikeln um das Spielfeld und formte sich vor dem Schwert zu einem Krieger in silberner Rüstung und wehendem, rotem Umhang, welcher stolz die Klinge an sich nahm. Gleichzeitig ging Anyas rechte Hand in einer violetten Flamme auf.   Gem-Knight Master Diamond [ATK/2900 DEF/2500 (9)]   „Ah, was ist das für ein Monster!?“ „Cool!“ „Wieso brennt ihre Hand auf einmal!? Ist das irgendein Trick?“ Die Blondine warf mit zusammengekniffenen Augen einen Blick in die Menge ihrer Mitschüler, die alle entweder sie oder ihren Ritter verwundert angafften. „Das ist nicht gut“, murrte sie leise, „mir ist heute nicht danach, Redfield zu massakrieren. Was meinst du?“ Sie richtete den Blick dabei auf ihre Duel Disk. „Wenn's sein muss …“ Schon verpuffte die violette Flamme an ihrer Hand.   „Mit wem redet sie da?“, fragte Abby irritiert Nick, der zusammen mit ihr in einer der hinteren Reihen stand. „Mit Diamond, wem sonst?“ Nick seufzte schwer und zuckte mit den Schultern. „Schon vergessen? Das ist das Monster, das sie sich vom Jinn gewünscht hat. Es hat besondere Kräfte, fast, als wäre es eine Verkörperung ihres Willens. Er kann realen Schaden anrichten, aber das wäre hier keine gute Idee.“ „Natürlich, das weiß ich.“ Abby drehte sich zu ihm um und sah ihn skeptisch an. „Aber wieso spricht sie dann mit ihrer Duel Disk?“ „Vielleicht“, begann Nick, brach dann aber seinen Gedanken ab. „Ach vergiss es. Sie ist manchmal eben etwas … komisch.“ „Das sagt genau der Richtige“, stichelte Abby und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Duell. „Aber wahrscheinlich hast du recht.“   Derweil war auch Valerie schwer begeistert von [Gem-Knight Master Diamond], hatte sie ihn schließlich damals nicht mehr in Aktion sehen können. „Großartig! Endlich hast du deine stärkste Karte aufs Feld gebracht, Anya. Das wird spannend!“ Die Blondine schnalzte nur genervt mit der Zunge. „Das sagst du jetzt. Übrigens solltest du wissen, dass Diamond für jeden Gem-Knight auf meinem Friedhof 100 Angriffspunkte bekommt.“ Sie holte [Gem-Knight Ruby], den einzig dort verbliebenen, aus dem Friedhof hervor und zeigte ihn demonstrativ. „Das ist zu wenig“, kommentierte Valerie, wobei Enttäuschung in ihrer Stimme mitschwang. „Wer sagt denn, dass er dort bleibt?“ Anya verzog ihre Augen zu schmalen Schlitzen. „Ich werde jetzt das nachholen, was ich damals im Turm nicht tun konnte …“ „Wovon redest du?“ „Ich aktiviere [Gem-Knight Master Diamonds] Effekt! Ich kann damit ein Gem-Knight-Fusionsmonster vom Friedhof verbannen, damit Diamond bis zum Ende des Zuges dessen Effekt übernimmt!“ Mit fest entschlossenem Blick schob sie ihren [Gem-Knight Ruby] in die Hosentasche. Daraufhin hob Diamond sein Schwert mit beiden Händen an und absorbierte mit dem Rubin, welcher ganz oben an der Klinge befestigt war, einen Lichtstrahl, welcher aus Anyas Friedhofsschacht geschossen kam. Anschließend begann der stolze Ritter in einer roten Aura zu glühen. „Das ist-!“, erkannte Valerie geschockt, als sie verstand, was Anya damit beabsichtigte. „Dein Ende! Denn Ruby kann andere Gem-Knights opfern, um sich selbst zu stärken! Los, absorbiere Emerald! Und durch Diamonds ersten Effekt bekommt er noch 100 Angriffspunkte zusätzlich, weil Emerald auf dem Friedhof landet!“ Auch Anyas anderer Ritter löste sich in einen grünen Lichtstrahl auf, welcher mit dem Smaragd am Schwert des Gem-Knight Meisters absorbiert wurde.   Gem-Knight Master Diamond [ATK/2900 → 4800 DEF/2500 (9)]   „Ah!“ Valerie wich überrumpelt zurück, als sie sah, wie stark Anyas Ritter plötzlich war. „Ganz recht, Redfield!“, donnerte Anya mit ausgestrecktem, auf sie gerichtetem Zeigefinger. „Deine hübsche Meeresprinzessin hat 2100 Angriffspunkte, du noch 2700 Leben. Schon fertig gerechnet, huh!?“ Jedoch kam aus Valeries Kehle kein Laut, anders als bei den nicht weniger überrumpelten Schülern. Sie war einfach nur beeindruckt, wie gut Anya in den letzten Monaten geworden war. Und das ohne besondere Kräfte eines Paktdämons. Zufrieden schloss das Mädchen die Augen. „Ich denke, jetzt habe ich alles gesehen …“ „Du siehst jetzt Sterne und anschließend Poolwasser, Redfield!“, schrie Anya lauthals. Wissend, dass die Inkarnationen fort waren und sich ihr nicht mehr in den Weg stellen würden – und selbst wenn sie es täten, konnte Diamond dank Rubys zweiter Fähigkeit immer noch Durchschlagschaden zufügen – befahl sie: „Angriff, Diamond! Shining Wave Breaker!“ Ihr Ritter hob die Klinge mit beiden Händen an und schwang sie in einer horizontalen Linie aus. Von ihr löste sich Kristallstaub, der sich in eine gleißende Schockwelle verwandelte, die direkt auf [Evigishki Merrowgeist] zu raste. Valeries Mundwinkel zuckten. „Gut gespielt, Anya … aber nicht gut genug!“ „Huh!?“ „So leicht kriegst du mich nicht klein! Ich aktiviere meine Falle! [Aquamirror Cycle]!“ Die gesetzte Karte sprang vor dem schwarzhaarigen Mädchen in der knappen Bekleidung und dem Cowboyhut auf dem Kopf auf. Jener stand der Schweiß auf der Stirn. „Mit ihr schicke ich ein Wasser-Monster in mein Deck zurück und erhalte dafür zwei Wasser-Monster von meinem Friedhof!“ Unter einem erschrockenem Schrei sah Anya mit an, wie sich Merrowgeist in weiße Partikel auflöste. Diamonds Angriff ging daneben, machte einen Bogen um Valerie und traft nun stattdessen den 4100 Angriffspunkte starken [Evigishki Tetrogre] in den Rücken. Welcher laut kreischend explodierte.   [Anya: 3100LP / Valerie: 2700LP → 2000LP]   Valerie indes zeigte die beiden Monster vor, die sie sich vom Friedhof ausgesucht hatte. Es waren [Gishki Beast], welches auf den Friedhof zurückgelegt wurde, als sie [Evigishki Merrowgeist] ins Extradeck geschickt hatte und [Gishki Marker]. Dank Tetrogres Effekt war es ihr möglich gewesen, für [Aquamirror Cycle] Vorarbeit zu leisten, um die verschiedensten Optionen auskosten zu können, falls Anya sie zu überrumpeln versucht. Sie hatte das alles in etwa vorhergesehen, dachte Valerie zufrieden. Ihre Gegnerin indes war regelrecht zur Salzsäule erstarrt vor Schreck. „Hat's dir die Sprache verschlagen, weil du das falsche Monster erwischt hast?“, hakte Valerie stichelnd nach. „Kopf hoch, das war trotzdem ein großartiger Move!“ „Halt die Klappe, Redfield! Warum kannst du nicht einfach ster- ich meine verlieren!?“ „Ich bin halt“, grinste ihre Rivalin und hob provozierend den Daumen und zeigte damit auf ihre Brust, „einfach gut.“ „Das sind mein Spruch und meine Geste!“ „Eher deine End Phase. Und aufgrund des Effekts von [Fragment Fusion] wird dein [Gem-Knight Master Diamond] jetzt verschwinden!“ Anyas Augen weiteten sich, als sie erkannte, dass das stimmte. Ihr mächtigster Ritter zersprang in tausend Teile und hinterließ sie mit einem völlig leeren Feld und ohne Handkarten. Sie war komplett aufgeschmissen! Die Zuschauer murmelten wild und schlossen bereits Wetten ab, dass Anya den nächsten Zug nicht überstehen würde.   „Mein Zug! Draw!“, rief Valerie und zog ausholend. Ihre gezogene Zauberkarte betrachtend, nahm sie anschließend eine andere Karte zufrieden aus ihrem Blatt und legte sie auf die Duel Disk. „Monsterbeschwörung! Ich rufe [Gishki Beast]!“ „Nicht das schon wieder!“ „Doch! Und es ruft abermals [Gishki Shadow] im Verteidigungsmodus vom Friedhof!“ Wie schon in Valeries letztem Zug tauchten die Amphibienkreatur und der Fischmann in der schwarzen Robe vor Valerie auf.   Gishki Beast [ATK/1500 DEF/1300 (4)] Gishki Shadow [ATK/1200 DEF/1000 (4)]   „Sorry Anya, meine kleine Merrowgeist hat noch nicht genug gespielt!“ Valerie streckte den Arm mit ihren Monstern zwischen den Fingern weit in die Höhe. „Ich erschaffe das Overlay Network!“ „Hab ich ein beschissenes Déjà-vu oder was!?“ „Ein bisschen“, antwortete Valerie zwinkernd, als sich ihre beiden Monster in blaue Lichtstrahlen verwandelten und vom Überlagerungsnetzwerk, welches sich vor ihnen als schwarzer Wirbel auftat, aufgesogen wurden. „Aus meinen beiden Stufe 4-Monstern wird ein Rang 4-Monster! Kehre zurück, [Evigishki Merrowgeist]!“ Ein feierliches Lied in einer unbekannten Sprache singend, erhob sich die rothaarige Meerjungfrau mit ihrem langen Leib und den flügelartigen Flossen aus dem Strom und gesellte sich mit gezücktem Zauberstab vor Valerie. Zwei Lichtkugeln tanzten um sie.   Evigishki Merrowgeist [ATK/2100 DEF/1600 {4}]   „Jetzt aktiviere ich den Effekt meines [Gishki Aquamirrors] auf dem Friedhof!“, tönte Valerie selbstbewusst und zeigte den Ritualzauber vor. „Ich mische ihn ins Deck zurück, um ein verlorenes Gishki-Ritualmonster auf die Hand zu bekommen!“ Kaum hatte ihre Duel Disk den Zauber von selbst ins Deck eingezogen und jenes durchgemischt, hielt Valerie schon [Evigishki Tetrogre] in der Hand. „Was wird das, wenn's fertig ist?“, wollte Anya irritiert wissen. „Ach, ich sammle nur etwas Abwurfmaterial … für diese Karte! [Card Destruction]!“ Ihre Rivalin rammte die Zauberkarte regelrecht in den dazugehörigen Slot der Duel Disk. Jene Magie tauchte in vergrößerter Form vor ihr auf und zeigte eine dämonische Hand, die nach Karten reichte, welche sich von ihr entfernten. „Durch sie werfen wir beide unser Blatt ab und ziehen dieselbe Zahl an entsorgten Karten wieder auf. Da du keine Hand hast und meine zwei Karten umfasst, ziehe ich also zweimal!“ Valerie schob ihre beiden Monster, [Gishki Marker] und [Evigishki Tetrogre], in den Friedhofsschlitz und zog anschließend zweimal hastig auf. Sie wollte es beenden, jetzt! Und zwar als Siegerin! Und als sie ihre Karten betrachtete, wusste sie, dass sie dieses Ziel auch umsetzen konnte. „Das war ein guter Kampf, Anya. Vielleicht der beste, den ich je hatte“, meinte sie stolz. „Er ist noch nicht vorbei!“ „Leider schon! Ich aktiviere von meiner Hand eine letzte Zauberkarte! [Aqua Jet]! Sie erhöht die Angriffskraft eines meiner Aqua-, Seeschlange- oder Fisch-Monster um 1000 und das dauerhaft!“ Anya klappte die Kinnlade herunter. „Eh!?“ Doch schon erschienen an den Flossen von Valeries Meerjungfrau zwei mächtige Jetdüsen.   Evigishki Merrowgeist [ATK/2100 → 3100 DEF/1600 {4}]   Valerie verschränkte die Arme. „Das reicht genau aus, um deine restlichen Lebenspunkte auszulöschen!“ Jubel drang von den Zuschauerreihen zu ihnen. Nicht wenige freuten sich darüber, dass Anya jeden Moment eine kalte Dusche bekommen würde, wenn sie ihre eigene Wette verlor und ins Wasser springen musste. Jedoch dachte jene im Moment gar nicht an das, was sie vor dem Duell bestimmt hatte. „Wie machst du das nur!? Wie kannst du jedes Mal, wenn ich einen guten Zug hinlege, mit einem noch besseren kontern!? Das ist nicht fair!“ „Hör auf zu schmollen, Anya. Es ist einfach nur ein Spiel. Hab Spaß daran!“ „Wo macht verlieren bitte Spaß!?“ Valerie grinste sie frech an. „Mir wird es auf jeden Fall Spaß machen, dich gleich pitschnass zu sehen! Wenn du nicht möchtest, dass deine Kleidung nass wird, kannst du sie natürlich vorher ablegen … wenn du die Figur dazu hast.“ „Redfield, du miese-!?“   Jedoch lachte die köstlich amüsiert über die Empörung ihrer Gegnerin. „Ich mach doch bloß Witze, von mir aus musst du nicht ins Wasser springen. Aber verlieren wirst du dennoch! Los, [Evigishki Merrowgeist], greife ihre Lebenspunkte direkt an! Sceptre Of Foresight!“ Die Meerjungfrau hob ihren Zauberstab und hielt ihn hoch in die Luft. Aus seinem Kernstück an der Spitze schoss mit einem Schlag ein ganzes Geschwader an Seifenblasen, die auf Anya zielten. Und sie spiegelten sich in den weit aufgerissenen Augen des Mädchens wieder, als sie ihm entgegen kamen. Das hieß, bis sie jene fast bis zum Anschlag zusammenkniff. „Vergiss es, Redfield!“ Mit einem lauten, inbrünstigen Kampfschrei streckte sie den Arm mit der Duel Disk vor. Aus dem Friedhofsschacht zwängte sich urplötzlich ein kugelrundes, braunes Fellknäuel, nicht größer als Anyas Kopf, und stellte sich dem Angriff mutig in den Weg. Sein kleiner, grauer Umhang und die schwarze Sonnenbrille gaben unschwer zu erkennen, dass es sich nur um ein Monster handeln konnte. „[Kuriboss]! Erinnerst du dich, Redfield!? Dein dämlicher Oger hat mich gezwungen, Monster von meinem Deck abzuwerfen und das erste von beiden war er! Und indem ich ihn vom Friedhof verbanne, annulliere ich den Kampfschaden!“ „Kuri!“, rief der Boss der Kuriboh-Familie stolz und ließ sich mit ausgebreiteten Pfötchen von den Blasen treffen, ehe die letzte ihn mit ins Unglück riss. „Kuriiii!“ Zusammen mit ihr verpuffte das Fellknäuel. „Da ich meinen Kampfschaden annulliert habe, darf ich dummerweise keine Karte durch [Kuriboss'] anderen Effekt ziehen“, gab Anya gallig von sich. „Aber du hast versagt, Redfield! Mal wieder …“ Valerie indes schlug sich fassungslos an die Stirn. Dieses Mädchen war so hartnäckig wie kein anderer Gegner, gegen den sie sich jemals duelliert hat. Und genau das machte das Duell so spannend. „Du magst ja meinen Angriff abgewehrt haben, aber an deiner Situation ändert sich dadurch nichts! Ich setze diese Karte verdeckt und beende den Zug“, rief Valerie entschlossen. Die Falle materialisierte sich vor ihren Füßen. „Ich lasse dich nicht gewinnen, Anya!“ Wofür sie von den meisten Schülern lauten Zuspruch erhielt. Aber längst nicht von allen, denn manche waren regelrecht begeistert davon, wie gut sich Anya gegen Valerie behauptete.   Tief durchatmend schloss das blonde Mädchen die Augen. Irgendwie war dieses Duell das beste, das sie seit langer Zeit hatte. Natürlich kam es vom Nervenkitzel her nicht an das gegen Isfanel heran, aber nur sie und Redfield, das war die letzte Hürde. Wenn sie die besiegen konnte, hatte sie alles erreicht. Erst danach würde sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Ersatz als Erzrivalin machen können. Und deswegen musste die nächste Karte die beste sein, die sie jemals gezogen hatte. „Ich brauche deine Hilfe, Partner“, murmelte sie leise und fasste mit noch immer geschlossenen Lidern nach ihrem Deck. „... ich weiß. Aber du verstehst, was ich meine.“ Dann griff sie die Karte, öffnete die Augen und riss sie mit vollem Schwung vom Deck. „Draw!“ Valerie glaubte für eine Sekunde, einen Stich in ihrer Brust gefühlt zu haben, aber er verging so schnell, dass sie nicht wusste, ob er überhaupt real gewesen war. „Das ist es“, murmelte Anya und betrachtete ehrfürchtig ihre gezogene Karte. „Hast du … ? Ich!? Unmöglich, das kann ich schon lange nicht mehr!“ „Mit wem redest du da, Anya?“, fragte Valerie äußerst verwirrt. Ihre Gegnerin wurde aus ihrem merkwürdigen Selbstgespräch gerissen und erwiderte gallig: „Das geht dich gar nichts an, Redfield! Aber wenn du schon deine operierte Nase in meine Angelegenheiten stecken willst, warum nimmst du dann nicht einfach eine Kostprobe!?“ Wütend knallte sie die Karte auf ihre alte Battle City-Duel Disk. „Ich beschwöre [Gem-Knight Turquoise]!“ Die letzte der fünf Karten des Jinns! Und eine der besten in ihrem ganzen Deck! Vor dem Mädchen materialisierte sich ein Ritter in hellblauer Rüstung. In sie eingelassen waren an Armen und Beinen feingeschliffene Türkise. Als Waffe benutze er einen Bogen.   Gem-Knight Turquoise [ATK/1400 DEF/2000 (4)]   „Egal woher er kommt“, murmelte Anya, „ich nehme ihn dankend an! Ich verbanne [Gem-Knight Emerald] von meinem Friedhof und erhalte so [Gem-Knight Fusion] von dort zurück auf meine Hand!“ Zwischen Mittel- und Zeigefinger zeigte das Mädchen den Zauber vor. „Du willst wieder fusionieren?“, wunderte sich Valerie. „Mit einem Monster geht das nicht! Und du besitzt außer Turquoise weder auf der Hand noch auf dem Feld andere Monster!“ „Vielleicht will ich was anderes damit anstellen?“, entgegnete Anya mit herausgestreckter Zunge. „Effekt von Turquoise aktivieren! Indem ich [Gem-Knight Fusion], und zwar nur die, abwerfe, beschwört er einen verbannten Gem-Knight auf mein Feld. Erscheine, Garnet!“ Neben Anyas Ritter tauchte aus einer Stichflamme sein Kamerad in bronzener Rüstung wieder auf.   Gem-Knight Garnet [ATK/1900 DEF/0 (4)]   „Also doch eine Fusion“, mutmaßte Valerie nachdenklich. „Aber was könnte … ?“ „Falsch!“ Anya nahm ihre beiden Monster von der Duel Disk und legte sie übereinander gestapelt wieder drauf. „Ich erschaffe das Overlay Network! Die zwei Stufe 4-Monster …“ Welche sich in braune Lichtstrahlen verwandelten und von einem schwarzen Galaxienwirbel absorbiert wurden, der sich mitten über dem Pool auftat. „...werden zu einem Rang 4-Monster! Gib alles, Partner! [Gem-Knight Pearl]!“ Aus dem Wirbel entstieg ein schlichter, weißer Ritter mit verschränkten Armen. Um ihn herum kreisten sowohl sieben überdimensional große Perlen, als auch zwei Lichtsphären. Stolz gesellte er sich an Anyas Seite.   Gem-Knight Pearl [ATK/2600 DEF/1900 {4}]   Valerie blinzelte verdattert. „Aber Pearl hat keinen Effekt, oder!? Anya, du hättest besser eine Fusion machen sollen, nicht-!“ „Tch“, zischte Anya und drehte hochnäsig den Kopf zur Seite. Aus den Augenwinkeln warf sie jedoch einen bitterbösen Blick auf ihre Rivalin. „Denkst du, ich weiß nicht, wie ich mein Deck spielen muss?“ „Dann klär mich auf!“ „Gerne doch.“ Anya griff unter Pearls Karte und zog die beiden Xyz-Materialen hervor, die sie Valerie stolz präsentierte. „Ich aktiviere den Effekt …“ „Von Pearl!? Unmöglich, er hat-!?“ „... von [Gem-Knight Turquoise]! Wenn ich ihn und ein anderes Gem-Knight Xyz-Material von einem Xyz-Monster abhänge, verdopple ich die Angriffskraft meines Pearls temporär!“ Valerie fiel aus allen Wolken. „Verdoppeln!?“ Pearl streckte plötzlich seine Glieder so weit es ging durch und begann in blauer Aura aufzuleuchten. Aus seiner Brust wuchs ein Pfeil, der die beiden um ihn kreisenden Sphären absorbierte und dann wieder in dem Krieger verschwand. Dabei schwebte er höher und höher über Anya hinaus.   Gem-Knight Pearl [ATK/2600 → 5200 DEF/1900 {4}]   „Rechne, Redfield“, gurrte Anya genüsslich und wandte sich ihrer Gegnerin wieder zu, „rechne gut!“   [Anya: 3100LP / Valerie: 2000LP]   Valeries Augen weiteten sich. [Evigishki Merrowgeist] besaß dank [Aqua Jet] 3100 Angriffspunkte, was nicht ausreichte, um sie vor einem Angriff Pearls zu schützen! „Wie machst du das!? Wie findest du immer wieder ins Spiel zurück!?“ Die Schwarzhaarige war beeindruckt von so viel Hartnäckigkeit. „Und da beschwerst du dich über mich, Anya?“ Anya zuckte unbedarft mit den Schultern. „Ich bin halt besser geworden. Dank ein bisschen Hilfe von gewissen Leuten …“ Ihre Gegnerin stöhnte resignierend. „Wen du damit wohl meinst …“ „Ist auch egal, Redfield. Da das nun geklärt ist“, murmelte Anya und sah hinauf zu ihrem Pearl, „blow her to bits, Levrier! Blessed Spheres Of Purity!“ „Levrier!?“, schoss es aus der verdutzten Valerie heraus.   Wenn es unbedingt sein muss.   Die Perlen rund um Anyas Ritter begannen nach und nach aufzuleuchten, ehe sie wie Kanonenkugeln auf Valeries Meerjungfrau abgefeuert wurden. Doch sie wich ihnen nach und nach aus, stieg dabei immer höher mit ihren Jetantrieben durch die Luft. Allerdings verfolgten sie die Lichtsphären dabei gnadenlos. „Levrier“, murmelte Valerie. Plötzlich huschte ein glückliches Lächeln über ihr Gesicht. „Ihr seid also immer noch Partner? Aber ich dachte, er wäre fort?“ „Er ist jetzt 'ne Karte“, brummte Anya und rümpfte die Nase. „Das letzte Krümelchen, was von ihm übrig geblieben ist, steckt jetzt in seiner nutzlosen Paktkarte. Und ich dachte schon, ich wäre ihn endlich los …“ „Dann ist er jetzt wie ein Duellgeist aus den Fernsehserien? Wie schön.“ Verärgert ballte Anya eine Faust und keifte Valerie an. „Daran ist nichts schön, gar nichts! Dauernd taucht er auf und geht mir auf die Nerven! Nicht mal schlagen kann ich ihn, weil er immer noch keine physische Gestalt hat!“ Die Schwarzhaarige schmunzelte vergnügt. „Ist das so? Dann greife ich dir mal etwas unter die Arme, was das angeht!“ „Huh? Was meinst-!?“ Doch vor Valerie sprang bereits die gesetzte Fallenkarte auf. „Ich aktiviere [C-]“   Anya Bauer! Warum hast du nicht daran gedacht, mich zu schützen!?   [Gem-Knight Pearl] drehte sich zu Anya, änderte aber trotz vorwurfsvollem Tonfall nicht seine stolze Körperhaltung. „Hey! Ist doch nicht meine Schuld, dass sie da noch was liegen hatte! Was hätte ich sonst tun sollen!?“ „Anya, der Effekt meiner Falle!“ „Schnauze, Redfield! Wenn die Kekse reden, haben die Krümel still zu sein!“   Wir müssen ein ernstes Wort darüber reden, wie du mich richtig einzusetzen hast! Denk daran, dass-   „Schnauze, Levrier!“ „Meine Falle, Anya! Passt du bitte auf!?“ „Ich sagte, du sollst warten, Redfield!“ Anya raufte sich schon vor Wut durch die Haare, weil sie sich nicht um beide gleichzeitig kümmern konnte.   „Wovon reden die da?“ „Pakt?“ „Duellgeist?“ Abby seufzte ob der Ahnungslosigkeit ihrer Noch-Mitschüler. „Musste Anya das jetzt so hinausposaunen?“ Überrascht beugte sich Nick mit dem Kopf über ihre Schulter. „Du wusstest davon?“ „Nein, aber irgendwie habe ich es gefühlt. Und jetzt, wo er auf dem Feld ist, höre ich ihn, zumindest schwach. Du nicht?“ Nick lachte kurz auf. „Nein, in mir fließt eben kein Dämonenblut. Sofern es daran liegt. Schade … dass Anya uns das nicht erzählt hat.“ „Das kommt noch. Irgendwann, wenn sie über dich die Wahrheit weiß und mir mehr zutraut, als ihre Hausaufgaben zu machen. Bis dahin sollten wir froh sein, dass jemand ein Auge auf sie wirft, wenn wir mal verhindert sind.“ Die beiden sahen sich kurz an, ehe sie stumm und freudestrahlend nickten.   ~-~-~   „... Ernie Winter!“ Stolz trat der schmächtige, weißblonde junge Kerl vor Mr. Bitterfield und nahm seine Urkunde entgegen. Und das völlig unverletzt, wo er sich doch nach dem Ausgang des Duells über Anya lustig gemacht hatte. „Herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichen Teilnahme am Livington High Duel Cup. Du hast dein Bestes gegeben.“ „Danke, Mr. Bitterfield“, piepste Ernie und schüttelte die Hand des rundlichen Mannes zaghaft. „Damit sind wir durch“, meinte Mr. Redfield, der zusammen mit dem Direktor diese kleine Überraschung an die Schüler verteilte. „Mit diesem Zeugnis könnt ihr euch um einen Platz an einer der Duel Akademien für Erwachsene bewerben.“ Die Schülerschaft, die im Raum verteilt stand, klatschte begeistert. Daraufhin setzte fetzige Punkmusik ein und die Schüler begannen ausgelassen zu tanzen. „Das ist wirklich nett von ihnen“, schwärmte Abby, „uns noch eine kleine Hilfestellung auf den Weg zu geben …“ Anya pfiff verächtlich. „Ja, unglaublich toll.“ „... für diejenigen von uns, die nicht ganz so gute Zeugnisse haben, Anya!“, setzte ihre Freundin mit düsterem Tonfall hinterher. „Sei dankbar!“ Die Blondine hielt ihre Urkunde, die eigens für den heutigen Tag angefertigt worden war, in beiden Händen und warf einen missbilligenden Blick darauf. „Was für'n Scheiß! Die Hälfte derer, die eine bekommen haben, hat verloren! So, wie das hier auf dem Wisch draufsteht, hat es sich doch gar nicht abgespielt! Vorgedruckter Dreckskack!“ „Es geht nicht um Sieg oder Niederlage“, antwortete Abby altklug, während sie ihre mit einer Hand hinter dem Rücken verbarg, „sondern um die Geste. Sie haben sich das extra für uns ausgedacht. Ist doch egal, ob vielleicht nicht alles stimmt, was da drin steht.“ „Seit wann duldest du denn kleine Flunkereien?“, fragte Anya stutzig und legte dabei ihren Rucksack vor sich ab, um die Urkunde zu verstauen. Abby seufzte verträumt. „Heute ist es okay, schätze ich.“ „Gegen wen hast du überhaupt gekämpft?“ „Nicht so wichtig“, gluckste ihre Freundin vergnügt, „unser Duell hat zwar nicht solange gedauert wie deines, aber es war sehr … unterhaltsam, hihi.“ „Erinnere mich nicht daran!“, fauchte Anya und schulterte ihren Rucksack. „Wie dem auch sei, ich gehe jetzt! Wir sehen uns, Masters!“ „Jetzt schon!? W-warte!“   Anya zog bereits an den Schülern vorbei, die sich überrascht umdrehten, weil das Mädchen die Party als Erste verließ. Der eigens bestellte DJ, welcher in der Ecke des Zimmers sein Zeug aufgebaut hatte, ließ sogar die Musik verstummen. Abby folgte ihr hastig, blieb dann aber stehen. „Das war ein tolles Duell!“, rief sie Anya hinterher, da diese sie scheinbar ignorierte. „M-machs gut!“ „Ja, super, Anya!“ „Ich wusste gar nicht, dass du so gut bist!“ „Wiederholt das doch mal!“ „Ja, ein Stripduell!“ Anya wirbelte mit vor Wut geweiteten Augen ob des letzten Ausrufs um und erkannte, dass alle sie anstrahlten. Manche vielleicht aus Furcht vor ihr etwas gekünstelt, aber egal. Selbst Redfield, die gerade in ein Gespräch mit ihrem Vater verwickelt war, winkte Anya zwinkernd zum Abschied zu. „Man bin ich froh, nie wieder eure Fratzen sehen zu müssen“, giftete Anya und drehte sich wieder um. Ohne lästige Verfolger durchschritt sie den Flur und war gerade an der Haustür angelangt, da legte sich eine Hand auf ihre Schulter. „Willst du schon gehen, Schatz?“, fragte Sheryl enttäuscht. „Ist okay, Mum“, erwiderte Anya, ohne sich umzudrehen, „sowas ist eh nicht mein Ding. Ich gehe zu Fuß nachhause.“ „Wie du meinst“, antwortete ihre Mutter mit dem Wissen, dass sie ihre sture Tochter ohnehin nicht zum Bleiben überreden können würde. „Ich bring dir etwas vom Buffet mit, wenn ich wiederkomme.“ „Danke. Dann bis später.“ „Ja. Pass auf dich auf, Schätzchen.“ Sheryl ließ ihre Tochter los und ging zögerlich zurück ins Wohnzimmer, aus dem jetzt wieder laute Musik drang. Dabei murmelte sie noch: „Diese Anya …“   Warum willst du schon gehen?   Pearls durchsichtiges Abbild erschien neben Anya mit verschränkten Armen. „Klappe, Levrier … ist besser so. Ich hab bekommen, was ich wollte.“ Das Mädchen zog aus der Innentasche ihrer Lederjacke ein Foto, auf dem sie, Abby, Nick, Redfield, Marc und all die anderen abgebildet waren. Es war nach dem Duell geschossen worden. Und außer ihr lächelten alle darauf fröhlich. „Hmpf!“ Sie steckte es wieder zurück in die Tasche. Nachdem sie sich sicher war, dass niemand mehr in ihre Richtung blickte, sah Anya doch noch einmal über die Schulter. Und lächelte glücklich.   Wie man sieht, ist alles anders und doch so wie immer. Die Zeiger der Zeit drehen sich für mich weiter, obwohl ich diesen Tag nicht hätte erleben dürfen. Auch wenn ich es nicht gerne zugebe, werde ich die Schule ein bisschen vermissen. Eishockey, nervige Knirpse, unmöglich schwere Geschichtstests und vielleicht sogar ein kleines Bisschen Redfield. … nein, nie im Leben, streicht das Letzte! Die blöde Ziege kann von mir aus ruhig nach Florida auswandern, mir doch egal! Aber dass mein Leben weiter geht, habe ich nur ihnen zu verdanken. Meinen Freunden. Danke, ihr alle. Damit drehte sie sich um und verschwand endgültig aus der Haustür. Um den ersten Schritt Richtung Zukunft zu gehen, denn ihr hatte sich ein vollkommen neuer Pfad eröffnet …     [SEASON 1: THE END] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)