Yu-Gi-Oh! The Last Asylum von -Aska- ================================================================================ Kapitel 4: Turn 04 - Path To Decay ---------------------------------- Turn 04 – Path To Decay     Erschrocken wich Anya zurück. Sie hatte ja mit etwas Großem gerechnet, aber das hier übertraf ihre kühnsten Vorstellungen. [Vylon Ultima] machte seinem Namen alle Ehre. Denn aufgrund seines gigantischen Körpers war die ohnehin schon hohe Decke der Aula einfach eingestürzt. Überall um den schwarzen Feuerzirkel lagen Trümmer, in seinem Innersten hingegen nicht ein Krümel, ganz als hätte er die beiden Duellanten sowie Nick und Abby geschützt. Anya musste den Kopf in den Nacken legen, um die ganze Größe dieses Monsters zu erfassen. Sechs mechanische Schwingen aus Gold besaß es. Sie gingen aus einem riesigen Kreuz hervor, dem Körper des Wesens, von dem zwei riesige Arme herunter hingen. An der Spitze jenes Kreuzes prangerte der kugelrunde Kopf mit einem roten Auge. Ein goldenes Geflecht aus Stangen um sein Haupt bildete eine Art Kragen, der ihn wie einen Richter aussehen ließ.   Vylon Ultima [ATK/3900 DEF/3500 (10)] „Alter Falter …“, murmelte Anya. Der schwarzhaarige Alastair, welcher samt Anyas Freunden nun von seinem Monster verdeckt wurde, lachte selbstherrlich. „Siehst du jetzt, mit wem du dich hier angelegt hast, Dämon? Du bist nur einer von vielen, die ich in den letzten Jahren vernichtet habe! Ich habe mir geschworen, jeden einzelnen von euch dem Erdboden gleichzumachen!“ Das Mädchen hörte jedoch gar nicht hin. Eher beschäftigte sie, wie sie dieses Unding aus dem Weg räumen konnte. Ihr [Gem-Knight Ruby] war kein Gegner für dieses Monstrum.   Gem-Knight Ruby [ATK/2500 DEF/1300 (6)]   Ganz zu schweigen davon, dass ihre Lebenspunkte knapp bemessen waren.   [Anya: 1300LP / Alastair: 3500LP]   „Die Euren sind vernichtungswürdig! Ihr existiert nur, um andere ins Unglück zu ziehen“, zischte Alastair voller Verachtung. „Euch ist der Weg ins Paradies Gottes auf ewig verschlossen. Selbst der Engel Refiel kennt für euch keine Gnade. Das Mädchen werde ich retten, doch du wirst in der Hölle schmoren!“ Anya verschränkte missmutig die Arme. „Wieso kommt neuerdings jeder dahergelaufene Spinner auf die Idee, dass mich das interessiert? Alter, du hast meine Freunde gefangen genommen! Wenn hier jemand 'n bisschen Gnade nötig hat, dann wohl eher du!“ Nicht, dass sie ihm die gewähren würde. „Tch. Rede mit falschen Zungen, solange du noch kannst!“ Er lachte. „Führen wir das hier fort! Ich aktiviere den Effekt von [Vylon Cube], da es für die Synchrobeschwörung eines Licht-Monsters eingesetzt wurde. So kann ich eine Ausrüstungsmagie von meinem Deck meinem Blatt hinzufügen. Wählen tue ich [Vylon Component]!“ Anya konnte zwar nicht sehen, was er da tat, aber wenn er auch nur daran dachte, sie zu betrügen, würde das mit gebrochenen Rippen vergolten werden. „Und jetzt wirst du deinen schlimmsten Albtraum erleben, dämonische Brut“, tönte Alastair plötzlich majestätisch. „Ich aktiviere drei Ausrüstungsmagien, welche [Vylon Ultima] noch mächtiger machen werden! [Vylon Material], [Vylon Component] und [Vylon Filament]!“ Dreimal leuchtete das riesige Ungetüm in gleißend hellem Licht auf. Anya hatte keine Ahnung, wie sich diese Karten auf das ohnehin schon viel zu starke Wesen auswirken würden. Aber dass auf einmal der oberste rechte, der mittlere rechte und der unterste linke Flügel rot strahlte, konnte kaum etwas Gutes bedeuten.   Vylon Ultima [ATK/3900 → 4500 DEF/3500 (10)]   „Na toll“, brummte Anya genervt. Jetzt war es noch stärker. „Ist es die hohe Offensive, die dir Furcht bereitet?“, fragte Alastair höhnisch. „Das sollte sie, aber noch viel mehr solltest du dich vor dem fürchten, was durch das Ausrüsten von Magiekarten an [Vylon Ultima] ausgelöst wurde! Denn für jede von ihnen kann ich eine Beschwörungsart versiegeln, die fortan von keinem Spieler mehr angewendet werden kann.“ Das klang überhaupt nicht gut, dachte Anya. „Und überlegen wir mal, was dich am härtesten treffen würde? Ich weiß … Fusionsbeschwörung für [Vylon Material]. Damit du nicht trotzdem auf die Idee kommst, starke Monster zu rufen, wähle ich dazu noch für [Vylon Component] Tributbeschwörung und für den unwahrscheinlichen Fall, dass du sie besitzt, dank [Vylon Filament] die Beschwörung von Synchromonstern.“ Anya glaubte sich verhört zu haben. Hatte dieser Spinner gerade alle Beschwörungsarten versiegelt, die für sie relevant waren? Wie sollte sie unter diesen Umständen etwas beschwören, das stark genug war, um [Vylon Ultima] zu besiegen!? „Es ist ausweglos, Dämon. Und selbst wenn es dir gelänge, [Vylon Ultima] zu zerstören, würden beim ersten Versuch nur sämtliche Ausrüstungsmagien verloren gehen. Damit du aber gar nicht auf diesen Gedanken kommst, spiele ich meine letzte Karte aus, die dauerhafte Magie [Vylon Element]. Sollten Vylon-Ausrüstungsmagien zerstört werden, kann ich für jede von ihnen ein Vylon-Empfänger-Monster von meinem Deck rufen. Du hast dein Leben in dem Moment verwirkt, als du dich auf den Dämon in dir eingelassen hast! Da ich meine Battle Phase bereits durchgeführt habe, ist mein Zug jetzt beendet!“   Großartig, dachte Anya grimmig. Dieser Kerl war nicht nur vollkommen durchgedreht, sondern auch noch stark. Ein wenig zu stark für ihren Geschmack. Sie sah ihre verbliebene Handkarte an, dann [Vylon Ultima]. Selbst wenn sie [Gem-Knight Rubys] Angriffspunkte erhöhen und diesen seltsamen Maschinenengel zerstören könnte, wäre im Grunde nichts gewonnen. Erstens wäre er nicht endgültig besiegt und zweitens hätte sie dann durch [Vylon Element] nur noch mehr Probleme an der Backe. Ihre Situation war aussichtslos. Aber das musste der ja nicht wissen! „So, Narbengesicht, mach dich auf was gefasst! Draw!“ Doch entgegen ihrer Hoffnung hatte sie nichts gezogen, was ihr in ihrer Lage wirklich weiterhalf. Es blieb ihr keine andere Wahl. „Ich wechsle Ruby in die Verteidigung“, rief sie und drehte ihr Fusionsmonster auf der schwarzen Marmorplatte in die Horizontale. „Dann setzte ich sowohl ein Monster, als auch eine weitere Karte verdeckt. Zug beendet!“   Gem-Knight Ruby [ATK/2500 DEF/1300 (6)] Sie hörte Alastair lachen. „Mehr habe ich auch nicht erwartet. Mein Zug! Und ich beschwöre [Vylon Soldier]!“ Vor der riesigen Gestalt Ultimas erschien eine geradezu mickrige im Vergleich. Neben einem Körper aus Stahl besaß das Wesen zwei kräftige Arme aus purem Gold.   Vylon Soldier [ATK/1700 DEF/1000 (4)] „Und jetzt … vergehe, Dämonenbrut!“, donnerte Alastair aufgebracht. „[Vylon Ultima], werde das Schwert des Herren und vernichte dieses Ausgeburt der Hölle! Angriff auf [Gem-Knight Ruby] … “ Anya Bauer!   „Was?“ Anya horchte auf. Das war doch-! Aktiviere deine Falle! Schnell, bevor der Angriff stattfindet! „Nen Teufel werd' ich-“ Tu es, oder du wirst dein Leben verlieren!   Was für ein Schwachsinn! Anya starrte auf ihren Spielplan. Warum konnte dieses Hirngespinst sie nicht einfach in Ruhe lassen!? Dennoch waren da gewisse Zweifel. Hatte Levrier recht? Vielleicht war es wirklich besser, ihre gesetzte Karte zu aktivieren? Levrier war ein Produkt ihrer Fantasie, also praktisch so etwas wie eine innere Stimme – eine lästige wohlgemerkt – aber sie würde sich wohl kaum selbst schaden wollen, dachte Anya. Trotzdem war es merkwürdig. Aber was hatte sie schon zu verlieren? „Verdeckte Falle! [Inverse Universe]! Sie vertauscht die Angriffs- und Verteidigungswerte aller Effektmonster auf dem Spielfeld!“ Vylon Ultima [ATK/4500 → 3500 DEF/3500 → 4500 (10)] Vylon Soldier [ATK/1700 → 1000 DEF/1000 → 1700 (4)] Gem-Knight Ruby [ATK/2500 → 1300 DEF/1300 → 2500 (6)]   „Holy Extermination Beam!“, brüllte Alastair. Inmitten des Kreuzes von [Vylon Ultima] strahlte ein rotes Licht, welches augenblicklich einen gewaltigen Laserstrahl auf Anyas Monster abfeuerte. Dieses ging in einer so schweren Explosion unter, wodurch Anya nun schon zum zweiten Mal während des Duells von den Füßen gerissen und weg geschleudert wurde. Und dieses Mal war der Aufprall so hart, dass sie aufschrie.   [Anya: 1300LP → 300LP / Alastair: 3500LP]   Unter Schmerz erhob sich Anya und wieder stieg ihr der Geruch von Verwesung in die Nase, welcher von den Flammen um sie herum ausging. Sie humpelte zur schwebenden Marmorplatte zurück, hielt sich dabei den rechten Oberarm, der am meisten abbekommen hatte. „Verdammter Kackmist, was war das denn!?“ „Ein fehlgeschlagener Versuch, dich zu vernichten“, zischte Alastair wütend. „Woher wusstest du, dass [Vylon Filament] die Aktivierung von Zauber- und Fallenkarten verhindert, sobald [Vylon Ultima] angreift? Das hat dir das Leben gerettet, denn andernfalls hätte der Durchschlagschaden von [Vylon Component] deine restlichen Lebenspunkte ausgelöscht!“ „Ich bin eben gut“, tönte Anya und grinste. Nur fühlte sie sich eher wie jemand, der gerade von einem Laster überrollt worden war. Und dann war da noch Levrier. Hätte er sie nicht darauf hingewiesen, wäre sie jetzt vielleicht schon tot! Aber woher hatte er, sprich sie, das gewusst? … sie war eben wirklich verdammt gut! „Aber ich bin noch nicht fertig“, rief Alastair, „denn [Vylon Soldier] greift dein verdecktes Monster an!“ Der mechanische Engel kam wie ein Pfeil auf Anyas unbekanntes Monster zugeschossen, welches jetzt aus seiner Karte sprang. Es war ein grauer Tonkrug mit einem einäugigen, grinsenden Gesicht im Inneren.   Morphing Jar [ATK/700 DEF/600 (2)]   Von der gewaltigen Faust des Soldaten wurde er in tausend Stücke geschlagen. „Flipp-Effekt!“, rief Anya. „Wenn [Morphing Jar] aufgedeckt wird, werfen wir unsere Hand ab und ziehen fünf neue Karten!“ „Ich habe keine Karten auf meiner Hand.“ „Ich ebenfalls nicht.“ Und so zog Anya ein brandneues Blatt, in der Hoffnung, einen Ausweg aus ihrer misslichen Lage zu finden. Doch was sie sah, überzeugte sie nur bedingt. „Bevor ich meinen Zug beende, setze ich noch eine Karte“, rief Alastair. „Dabei belasse ich es vorerst.“   Wortlos zog Anya ihre Karte und erstarrte. [Gem-Knight Fusion]! Aber die war nutzlos, solange [Vylon Ultima] sämtliche Fusionsbeschwörungen versiegelte. Was für ein Scheißdreck! Dennoch würde sie nicht kuschen, sondern in die Vollen gehen. Irgendwie würde sie dieses Mistvieh schon kleinkriegen! „Zauberkarte aktivieren! [Monster Reborn]! Damit kann ich ein x-beliebiges Monster von unseren Friedhöfen reanimieren und ich entscheide mich für [Gem-Knight Crystal]! Und damit das Ganze umso cooler wirkt, rüste ich ihn noch mit [Megamorph] aus, was seine ATK verdoppelt, da ich weniger Lebenspunkte besitze als du, Frankenstein!“ In weißer Rüstung erhob sich der Kristallritter vor Anya und stemmte stolz seine Hände in die Hüften. Die durchsichtigen Kristalle an seinen Schulterplatten wuchsen dank Anyas Zauberkarte so stark an, dass sie wie endlos lange Dornen wirkten.   Gem-Knight Crystal [ATK/2450 → 4900 DEF/1950 (7)]   „So macht man das richtig! Und jetzt zermalme [Vylon Ultima]! Clear Punishment!“ Mit erhobener Faust flog ihr Krieger auf die riesige Maschine zu und holte aus. „Nicht so hastig, denn du hast meine Falle ausgelöst! [Mirror Force]! Damit werden bei einem Angriff all deine Monster in der Offensive zerstört!“ Crystal schlug zu, doch traf nur auf eine spiegelnde Mauer und zerstörte seine Reflexion. Als diese zersprang, explodierte auch Anyas Ritter. „Oh verdammter Mist!“ „Du musst dir schon etwas Besseres einfallen lassen als das“, höhnte Alastair verächtlich. Anyas Kiefer mahlten. Dieser Kerl war ja fast noch krasser drauf als Valerie Redfield. Allein wenn sie an die dachte, kochte die Wut in ihr umso schlimmer, was ihr neuen Auftrieb gab. Egal, sagte sie sich sauer. Dann würde sie eben nächste Runde zuschlagen. Und bis dahin … „Ich aktiviere [Swords Of Revealing Light]! Damit kannst du drei Runden nicht angreifen, Drecksack! Und da ich noch kein Monster als Normalbeschwörung beschworen habe, setze ich jetzt eines in Verteidigungsposition! Dein Zug!“ Drei grüne Lichtschwerter schossen aus dem Himmel um die beiden Vylons von Alastair. Die traurige Wahrheit jedoch war, dass Anya momentan keine Ahnung hatte -wie- sie zuschlagen sollte. Ihre letzten beiden Handkarten waren keine große Hilfe. „Versteck dich nur, das wird dir auch nichts nützen. Ich setze ebenfalls ein Monster und wechsle [Vylon Soldier] in die Defensive. Mehr kann ich momentan nicht tun, also passe ich!“ Seine Kreatur hob die Arme über Kreuz, um sich zu schützen.   Vylon Soldier [ATK/1000 DEF/1700 (4)]   Anya Bauer!   Wieder Levriers Stimme. Anya sah sich um, doch innerhalb der Aula waren nur sie und Alastairs Monster. Was hinter denen gerade vor sich ging, konnte sie aufgrund von [Vylon Ultimas] massiven Leib nicht sehen. „Was ist denn? Sei endlich still, du gehst mir auf die Eierstöcke“, flüsterte sie. Hoffentlich hörte es keiner, denn sonst konnte sie sich gleich den nächsten Vortrag über Dämonen und Engel und den ganzen Bockmist anhören!   Etwas geht vor sich mit deinem Gegner! In seinem Körper sammelt sich eine mächtige Präsenz! Stark genug, um dem Schicksal eine neue Wendung, einen neuen Pfad zu verleihen!   Anya blinzelte verwirrt. „Und jetzt nochmal so, dass ich es auch verstehe!“, zischte sie.   Verzeih. Ich habe deine unterentwickelten geistigen Fähigkeiten vergessen. Was ich mit meinen Worten ausdrücken wollte ist, dass er nächste Runde sein Deck ganz nach Belieben manipulieren kann. Sprich: er wird eine Karte ziehen, die deinen Untergang besiegeln wird.   „Heißt das, er schummelt?“ Wenn du es so nennen willst? Ja. Aber es ist mehr als das. Es ist eine Gabe, vermutlich verliehen von diesem Engel Refiel, den er mehrmals erwähnt hat. Zumindest wirkt es auf mich so.   „Ihr seid doch alle durchgeknallt hoch zehn!“ Aber im Grunde hatte Levrier gar nicht so unrecht. Jetzt, da sie seine Bewegungen nicht sehen konnte, war es für Alastair ein Leichtes, sie nach Strich und Faden zu verarschen. „Dem werd' ich-!“ Aber solange sie nicht an den Vylons vorbeikam, konnte sie ihm nicht sämtliche Knochen brechen. Sie gab einen Wutschrei von sich, ehe sie „Draw!“ rief. Sie starrte ihre Hand an. Neben [Gem-Knight Fusion] und [Gem-Knight Emerald] hatte sie nun auch [Pot of Avarice] gezogen. Genau was sie brauchte! Anya überlegte. Wenn sie Emerald beschwor, konnte sie ihn und ihren verdeckten [Gem-Knight Tourmaline] aus dem Spiel verbannen, um Ruby zurückzuholen. Aber dann hätte sie nur noch vier Monster auf ihrem Friedhof und könnte ihre Zauberkarte nicht mehr ausspielen. Und Ruby allein brachte ihr gar nichts. „Zauberkarte!“, rief sie schweren Herzens. „[Pot of Avarice]! Damit mische ich [Gem-Merchant], Garnet, Ruby, Crystal und [Morphing Jar] in mein Deck zurück und ziehe zwei Karten!“ Sie legte besagte Monster auf ihr Deck zurück und mischte es. Wenn Levrier – ihre weibliche Intuition – wirklich recht hatte, war das womöglich ihre letzte Chance. Mit zitternder Hand – was natürlich ausschließlich an der Vorfreude auf Alastairs Verderben lag – legte sie das Deck zurück auf die schwarze Marmorplatte und begann zu ziehen. Was würde mit ihr geschehen, wenn sie jetzt verlor? Würde sie wie Jonathan enden? Zu sterben wäre scheiße, deswegen entschied Anya sich kurzerhand, dass das noch Zeit haben musste, bis mindestens ein Bundesstaat nach ihr umbenannt wurde. Hastig zog sie die zwei Karten und war überrascht und gleichzeitig enttäuscht von dem Ergebnis. Sie hatte versagt … es war vorbei!   Noch nicht ganz.   Anya wurde ohne Vorwarnung schwarz vor Augen. Sie spürte, wie ihr Körper schlapp machte und sie umkippte. Doch den Aufschlag fühlte sie schon gar nicht mehr.   Sie stand hier, inmitten der Finsternis, auf dem Mosaik der Erde. Es war nicht mehr beschädigt von dem Duell mit Levrier und Anya sah, dass aus dem Nichts eine Gestalt auf sie zukam. Es war ihr Ebenbild … nein, Levrier! Also doch sie! „Argh!“ „Ich biete dir eine Möglichkeit, deinem Tod zu entkommen“, kam dieser sogleich mit seiner unmenschlichen Stimme auf den Punkt. Aus Anyas blauen Augen sah er das Mädchen fordernd an. „Die wäre?“, hakte die trotzig nach. Sie war geneigt, darüber nach zu grübeln, warum sie jetzt schon wieder träumte, aber nachdenken war scheiße, deswegen ließ sie es bleiben. Ihr Kopf rauchte ohnehin schon genug. „Ich gebe dir eine Karte, die dich vielleicht retten könnte. Doch sei gewarnt, selbst mit ihr wirst du deinen übermächtigen Feind nicht in die Knie zwingen können. Dazu braucht es mehr als das und ich bin mir nicht sicher, ob du über die nötigen Geschicke verfügst. Deine Chance ist schwindend gering, aus dieser Sache herauszukommen.“ Anya rümpfte die Nase. „Und was muss ich dafür tun?“ Dass Levrier ganz ruhig blieb und man seine Gefühle anhand der Stimme nicht abschätzen konnte, machte die Blondine nervös. „Du musst einen Pakt mit mir eingehen. Das Versprechen, dass wir zusammen Eden werden.“ „Du spinnst wohl! Ich hatte schon mal gesagt, dass-“ „Bedenke deine Worte“, mahnte Levrier sie streng und hob zur Verdeutlichung den Zeigefinger. „Du bist nicht in einer Position, in der du dir Fehler erlauben kannst. Dein Gegner kämpft mit sagenhaften Kräften und hat einen Engel an seiner Seite. Dein Tod ist unausweichlich, solltest du mein Angebot jetzt ausschlagen.“ Anya ballte die Fäuste und biss sich auf die Lippen. Sie sprach hier mit ihrem Hirngespinst über Engel und Zauberkräfte! Jetzt war es offiziell, sie lief nicht mehr ganz rund im Oberstübchen! Vielleicht hätte sie doch zu dieser Polizeipsychologin gehen sollen? … nah, eher würde sie eine Woche lang n-e-t-t sein! „Ich warte auf deine Antwort.“ Levrier starrte sie aus kalten, blauen Augen an. „Ein Wort von dir und ich verschwinde auf ewig aus deinem Geist. Doch dann bist du verloren.“ „Und was passiert, wenn ich zustimme?“ „Dann werde ich dir einen Weg aus deiner Lage weisen. Dazu musst du genau tun, was ich dir sage. Aber selbst dann ist die Aussicht auf Erfolg schwindend gering.“ Anya legte ihre Hand an die Wange und überlegte. Es stimmte schon, sie saß ganz schön in der Patsche. Jede Hilfe wäre ihr im Grunde recht. Aber Levrier erschien ihr alles andere als vertrauenerweckend und außerdem war er nur ihrer grenzenlosen, durchgeknallten Fantasie entsprungen. Was konnte er da schon ausrichten? Aber hatte sie überhaupt eine andere Wahl? Jeder kleine Hoffnungsschimmer war besser als nichts und schlimmstenfalls geschah auch 'nichts'. Levrier war sowieso nicht real. Also was hatte sie schon zu verlieren? Ohne weiter darüber nachdenken zu wollen, streckte Anya gönnerhaft ihren Arm aus. „Deal.“ „So sei es.“ Die falsche Anya nahm die Hand des Originals und lächelte geheimnisvoll. Plötzlich schien es dem Mädchen, als würde ihr Arm verbrennen. Sie ging ächzend in die Knie, hielt dabei noch immer Levriers Hand, welcher sie nicht losließ. „Was soll das jetzt?“, stöhnte sie, wollte sich losreißen. Aber sein Griff um ihre Hand war eisern. „Das ist die Erinnerung an unser Versprechen, Anya Bauer. Es wird dir große Kraft verleihen, aber sei gewarnt. Wenn du unser Bündnis brichst, wird dir ein schlimmeres Schicksal als der Tod zuteil.“ Mit diesen Worten ließ Levrier sie los. Anya starrte ungläubig auf ihren rechten Unterarm. Auf dem prangerte ein pechschwarzes Zeichen. Ein schwarzes Kreuz mit einem stacheligen Kreis, welcher durch die vier Seiten des Kreuzes verlief. Ein leichter bräunlicher Schimmer lag unter ihrer Haut, doch er verging. Sprachlos starrte sie das Bildnis an, welches sie an ein Brandmal erinnerte. Dann brach das Mosaik unter ihren Füßen auseinander und sie begann wieder zu fallen. Und während die Splitter um sie herum in den verschiedensten Farben tanzten, glaubte Anya, in der Ferne einen Lichtschimmer inmitten der Finsternis zu sehen. Im Zentrum dieses Lichts meinte sie, kurz die Silhouette eines riesigen, hohen Gebildes erkannt zu haben. Aber bevor sie nur mit den Augen blinzeln und sie näher erfassen konnte, verlor sie das Bewusstsein und wurde ins Nichts davon getrieben.   Nur um gleich darauf wieder aufzuwachen. In der Aula, gefangen im Kreis des schwarzen Feuers. Sie lag da und hielt etwas in ihrer Hand … eine Karte! Anya erhob sich erschrocken und sah sie an. Bild und Text waren auf befremdliche Art verschwommen, doch schienen mit der Zeit immer klarer zu werden. Das konnte unmöglich sein, die gehörte ihr nicht! Und … das Mal, es war auf ihrem Arm! „Was zum Geier?“, fluchte Anya und sprang auf. Sie legte ihre neue Errungenschaft abgelenkt auf ihr Extradeck und rubbelte dann mit dem Daumennagel über das Kreuz. Aber egal wie sehr sie es versuchte, sie kratzte sich nur die Haut wund. Das Mal hingegen blieb. „Oh kacke! Meine Mutter wird mich umbringen, wenn sie das sieht!“ „Was hast du getan ...“, hörte sie plötzlich Alastairs Stimme murmeln. „Du dummes Kind, bist du dir im Klaren, was du gerade angerichtet hast!? Du hast deine Seele verkauft! Jetzt kann selbst ich sie nicht mehr retten!“ „Ach, halt die Klappe!“, herrschte Anya ihn an und starrte weiter auf ihren neuen Körperschmuck. „Nun steckt er wahrhaft in dir, Mädchen“, raunte Alastair. „Wie lautet sein Name?“ „Was geht-“ „Wie lautet er!?“, donnerte der Mann aufgebracht. „Ist er es? Ist er es!? Der, den ich so lange gesucht habe!? Ist es 'Another'!?“ Plötzlich war er wieder ruhig und murmelte. „Was sagst du, Refiel? Er ist es nicht? … verdammt! Aber er muss dennoch vernichtet werden!“ Anya indes kratzte sich am Kopf. Hörte es sich auch so an, wenn sie solche Selbstgespräche führte? Wenn ja, sollte sie wirklich mal zum Arzt gehen. So krass wie der wollte sie nicht drauf sein.   Er spricht zu dem Engel. Sei vorsichtig Anya Bauer, ich weiß nichts über dieses Wesen an seiner Seite. Ich kann seine Präsenz fühlen, doch sie entzieht sich meinem Verständnis. Aber sie ist gefährlich und ich möchte sagen, stärker als ich. Du musst die Karte benutzen, die ich dir gegeben habe!   Da war er wieder, dachte das Mädchen verärgert. Konnte sie endlich aus diesem beschissenen Traum aufwachen? Etwas anderes konnte dieser ganze Quatsch gar nicht sein! Rosafarbene Himmelbarrierendinger, die das Schulgelände von der Außenwelt abschnitten, ein irrer Dämonenjäger, der ihre Freunde und sie umbringen wollte und ein Geisterwesen, welches ihr Karten schenkte. Noch beknackter konnte dieser Traum wirklich nur werden, wenn Valerie Redfield in einem rosa Tutu hereingeplatzt käme und dabei „We Are The Champions“ sang. Anya warf einen verstohlenen Blick über die Schulter, darauf wartend, dass sie durch das pechschwarze Feuer die Tür aufspringen sah. Aber das blieb zum Glück aus.   Konzentriere dich! Wir haben keine Zeit für Tagträumereien!   „Halt endlich die Klappe, du gehst mir so was von auf den Keks mit deinem ständigen Rumgelaber! Ich komm auch alleine klar, kapiert!?“ Sie hatte sich nicht länger beherrschen können und schimpfte so laut, dass Alastair es gewiss hörte. „Anstatt deine beschissene Nase in meine Angelegenheiten zu stecken, geh lieber sterben oder tu was für den Weltfrieden oder so! Nervensäge!“ Aber in einem hatte Levrier trotz allem recht: sie sollten endlich mit dem Spiel weitermachen. Sie checkte ihr Spielfeld, aber an der Situation hatte sich nichts verändert. Sollte sie es wagen und -die- Karte ausspielen? Aber selbst sie wäre nicht stark genug, um [Vylon Ultima] entgegen zu treten, so hatte Levrier gesagt. Benutze deine Zauberkarte und stärke dein Monster. Dann hast du den ersten Schritt getan.   „Bist du bekloppt? Wenn ich das mache, krepiere ich nächste Runde, selbst wenn mein Monster stärker ist als seines!“   Du wirst keinen nächsten Zug mehr erleben. Es geht mir nicht darum, das stärkste Monster zu besitzen, Anya Bauer. Es geht darum, den Gegner so zu manipulieren, dass er genau das tut, was wir wollen. Aber dafür müssen wir zunächst die Ausrüstungszauberkarten zerstören, die Alastair aktiviert hat. Und das geht nur, wenn du tust, was ich dir vorgeschlagen habe!   Anya verzog den Mund so schief, dass ihre Lippen richtig spannten. Niemand sagte ihr, wie sie zu spielen hatte … aber wenn sie sowieso keinen Plan hatte, was sie machen sollte, konnte sie genauso gut ausprobieren, was Levrier ihr geraten hatte. Natürlich wäre sie irgendwann sowieso selbst darauf gekommen! Nein, sie war sogar schon darauf gekommen, war -sie- schließlich Levrier. … Gott, war das kompliziert! „Ich beschwöre [Gem-Knight Emerald] von meiner Hand und switche mein verdecktes Monster, [Gem-Knight Tourmaline], in den Angriffsmodus!“ Aus ihrer gesetzten Karte sprang der Ritter in goldener Rüstung, welcher zwischen seinen Handflächen einen Blitz erzeugte. Seine Rüstung war mit gelben Edelsteinen, dem Turmalin, besetzt. Neben ihm erschien Emerald, an dessen Arm ein Schild angebracht war. In seine blassgrüne Rüstung war auf Brusthöhe ein Smaragd eingesetzt.   Gem-Knight Emerald [ATK/1800 DEF/800 (4)] Gem-Knight Tourmaline [ATK/1600 DEF/1800 (4)]   Sollte sie das wirklich tun, fragte Anya sich? Sich auf ihre innere Stimme einlassen? Zu ihrer Schande musste sie sich eingestehen, keinen eigenen Ausweg aus ihrer Lage gefunden zu haben. Ihr imaginärer Helfer hingegen schien einen Plan zu haben, auch wenn sie diesem nicht folgen konnte. Aber wenn sie dadurch wirklich gewinnen würde, war ihr das nur recht. Lieber mit Unterstützung gewinnen, als ohne zu scheitern. Alles war besser als verlieren, sie hasste es, zu verlieren! Und da dies in dem Fall sogar den Tod bedeutete, gab es keine zwei Meinungen dazu! „Okay, ich mach's!“, beschloss sie laut und nahm ihre beiden Ritter, legte sie übereinander auf das Spielfeld. Dann griff sie zu ihrem Extradeck. „Jetzt gilt's! Aus meinen zwei Stufe 4 Monstern wird ein Rang 4 Xyz-Monster! Ich erschaffe das Overlay Network!“ Dann legte sie ihre neue Karte auf die beiden Karten der Ritter. „Komm herbei, [Gem-Knight Pearl]!“ Ein dunkler Sternenwirbel öffnete sich inmitten des Spielfelds. Ihre Ritter wurden als braune Lichter in ihn hineingezogen, bis schließlich ein neuer Krieger aus der Mitte des schwarzen Lochs empor stieg. Stolz verschränkte er die Arme voreinander, während ein Ring aus großen, rosafarbenen Perlen um seinen Körper tanzte. Dabei wirkte sein Erscheinungsbild eher schlicht, waren weder Helm noch die weiße Rüstung aufwendig verziert. Nicht einmal einen Umhang trug dieses ehrwürdige Monster.   Gem-Knight Pearl [ATK/2600 DEF/1900 {4}]   „Was zum Geier!?“, polterte Anya, als sie sich ihr neues Monster genauer ansah. Auf seiner Karte war „Kein Effekt!?“ abgedruckt. „Unter allen Karten, die du mir hättest schenken können, musste es ausgerechnet so eine sein!?“, beklagte sich Anya lauthals.   Verstehe. Du hast mich nicht darum gebeten, eine Karte nach deinen Wünschen zu formen.   „Dann mach 'ne neue, verdammt!“   Unmöglich. Unser Pakt ist bereits besiegelt.   „Willst du mich verarschen!?“, brüllte Anya und es war ihr mittlerweile völlig egal, ob irgendjemand hörte, wie sie mit ihren Hirngespinsten sprach. „Mach gefälligst 'ne neue, klar!?“ Ich sagte bereits, das geht nicht. Aber das ist auch nicht weiter von Belang, denn dieses neue Monster reicht aus, um den Plan voran zu treiben. Benutze deine Zauberkarte.   Wutentbrannt starrte das Mädchen auf ihr Blatt. [Gem-Knight Fusion] konnte er nicht meinen, die war völlig nutzlos. Also doch -diese-. Was soll's, dachte sich Anya ärgerlich. Schlimmer konnte es sowieso nicht mehr kommen! Also zückte sie den Zauber. „Ich aktiviere [Axe of Fools]! Damit erhöht sie die ATK meines Monsters um 1000 Punkte, auch wenn sein 'nicht existierender' Effekt dadurch verloren geht.“ Sag ihm nichts über den zweiten Nachteil deiner Karte, sonst bist du verloren.   Hatte sie sowieso nicht vor, dachte Anya sauer. Sie musste Alastair nicht unter die Nase reiben, dass die Axt während jeder ihrer Standby Phasen demjenigen 500 Lebenspunkte Schaden zufügte, welcher über das ausgerüstete Monster verfügte. Und sie hatte nur noch 300 übrig. In Pearls Hand erschien eine große, silberne Axt. Auf dem Axtblatt war ein grinsendes Gesicht in einer Goldfassung zu sehen, welches dumm vor sich hin gackerte.   Gem-Knight Pearl [ATK/2600 → 3600 DEF/1900 {4}]   „Dein Dämon scheint ja wirklich schwach zu sein, wenn er dir nicht besser dienen kann“, zischte Alastair spöttisch. „Verzeih, mein Irrtum, du dienst ja ihm. Ihr passt wahrlich gut zueinander.“ Der sollte die Klappe halten und sich vorsehen, dachte Anya gereizt. Greife nun [Vylon Ultima] an, Anya Bauer. Was danach geschieht, gehört zu meinen Absichten, deswegen erschrecke dich nicht. Es wird eine Zeit kommen, in der nur du noch dein Unheil abwenden kannst.   „Ja, ja, ja, ist ja gut! Was anderes hatte ich sowieso nicht vor! Los Pearl, Attacke! Funny Axe Strike!“ Sie hasste den Namen von Angriffen, die durch diese verrückte Axt durchgeführt wurden. Wieso hatte sie die doch gleich im Deck? Ach ja, weil sie funkelte und zu Edelsteinen passte. Pearl flog hoch in die Luft, gefolgt von seinen Perlen und hob die Axt über seinen Kopf. Weit über seinem Gegner ließ er sich plötzlich fallen und zerteilte das Engelswesen mit einem Schlag seiner Axt, welche dabei hysterisch lachte.   [Anya: 300LP / Alastair: 3500LP → 3400LP]   Doch [Vylon Ultima] wuchs an den Stellen, die durch den Hieb auseinander geschlagen worden waren, einfach wieder zusammen. „Habe ich es dir nicht gesagt?“, tönte Alastairs Stimme selbstverliebt. „Ehe du meiner Kreatur Schaden zufügen kannst, gehen zunächst alle verwendeten Ausrüstungsmagien verloren! Und weißt du was passiert, wenn die auf dem Friedhof landen? Nicht nur kann ich mir für jede von ihnen durch ihre eigenen Effekte Vylon-Magiekarten vom Deck aufs Blatt nehmen, nein, durch [Vylon Element] kann ich auch für jede verlorene Ausrüstungsmagie einen Vylon-Empfänger beschwören!“ Anya schluckte. Was hatte Levrier doch gleich gesagt? Das gehöre zu seinem Plan? „Und ich wähle zweimal [Vylon Material] als Ausrüstung und beschwöre ein Empfängermonster, [Vylon Prism]! Mehr werde ich gar nicht brauchen!“ Zwischen Alastairs gesetztem Monster und [Vylon Soldier] tauchte nun ein großer, langer Schild auf, ähnlich einem Prisma. Wie alle Vylons hatte auch er Arme und ein abstraktes Gesicht, was direkt aus der Platte herausragte.   Vylon Prism [ATK/1500 DEF/1500 (4)]   „Das ist wie 'ne Medusa. Du schlägst einen Kopf ab und zwei neue tauchen auf“, ärgerte sich Anya. Was du meinst ist eine Hydra. Die Medusa gibt es nicht.   „Oder so, was auch immer.“ Sie nahm ihre letzten beiden Handkarten und wollte sie auf den Spielplan legen. [Gem-Knight Fusion] würde zumindest als Bluff dienen können. „Egal, ich setze jetzt zwei-“ Nein, nur eine! Setze nur die Falle, denn wenn du beide Karten setzt, ist die Gefahr zu groß, dass du seiner Fähigkeit Nährboden gibst und sie noch verstärkst! Und dann- „Bin ich verloren? Mal was ganz Neues. Ich setze eine Karte verdeckt und beende.“ Dann flüsterte sie missmutig: „Und wehe das klappt nicht! Normalerweise habe ich es gar nicht nötig, mir von irgendwem helfen zu lassen.“ Wäre dem so, wärst du jetzt nicht in dieser Lage. „Schnauze!“ Traurigerweise hatte Levrier nicht ganz Unrecht damit.   Jetzt kommt der komplizierte Teil, Anya Bauer. Ab hier bist du auf dich gestellt. Wenn ich richtig liege und du genug Geschick beweist, wirst du nicht durch deine [Axe of Fool] oder Alastairs Angriffen verlieren. Aber höre jetzt gut zu …   Als Levrier seine Ausführungen beendet hatte, musste sogar eine Anya Bauer anerkennend pfeifen. DAS war so genial, dass es gar nicht funktionieren konnte! Zumal sich alles um Alastairs Denkweise drehte. Und um diesen geheimnisvollen Engel Refiel, von dem diese ominöse Kraft ausging. Aber es war einen Versuch wert.   „Jetzt werde ich dich vernichten, Dämon!“, brüllte Alastair aufgebracht. Der wiederholte sich zu oft für Anyas Geschmack. Aber solle er nur in dem Glauben bleiben. „Draw!“ Plötzlich spürte sie etwas. Es war wie ein innerer Druck, der nur für einen kurzen Moment die Zeit hatte stehen lassen. Irgendetwas war geschehen. Er hat es getan, wie ich es vorhergesehen hatte.   „Sieh an“, lachte Alastair bitterböse. „Das Glück scheint auf meiner Seite zu stehen. Ich aktiviere die Schnellmagie [Mystical Space Typhoon] und zerstöre deine Lichtschwerter. Damit kannst du dich nicht länger hinter ihnen verstecken!“ Die grünen Schwerter rund um seine Monster zersprangen, als ein wilder Wirbelsturm um das Spielfeld fegte. Das war nicht die Karte, die er hätte ziehen müssen. Dahinter steckt das Einwirken von Refiels Kräften!   „Wer oder was ist dieses Refielding überhaupt? Es gibt keine Engel, oder?“ Ich weiß es nicht, ich bin noch nie einem begegnet. Was auch immer es ist, es ist mächtiger als ich es bin. Sei vorsichtig. Und nun tue, was ich dir gesagt habe!   Anya schluckte. Eigentlich sollte ihr das sehr leicht fallen, tat sie es doch andauernd. Aber auf Kommando war es etwas völlig anderes. So was musste Spaß machen, wenn man es tat. Sie schüttelte den Kopf. Nicht nachdenken, einfach machen! „Nun rüste ich [Vylon Material] an-“   Beeile dich!   „Hey Alastair“, rief sie dem Dämonenjäger verschwörerisch zu. „Soll es das etwa gewesen sein? Willst du mich jetzt mit [Vylon Ultima] zur Strecke bringen?“ „Genau das!“ Sie lachte laut, klang dabei aber ungewollt heiser. „Ich geb's zu, ich habe es verkackt. Aber das Tattoo an meinem Arm war es allemal wert. So etwas wirst du nie haben!“ Er schwieg einen Augenblick. „... nein. Allerdings nicht.“ „Mir hat der Dämon ein schönes Geschenk gemacht, weißt du? Schade, dass es letztlich so nutzlos war, aber hey, man kann eben nicht alles haben! Ich wette, dein Engel hat dir nicht so etwas Tolles gegeben!“ „Rede nicht so über den heiligen Refiel!“ „Heilig?“ Anya lachte spitz. „Guter Witz, Kumpel! Dein [Vylon Ultima] ist ja ganz nett und so, aber nichts Besonderes. Das Ding kriegt man doch an jeder Straßenecke hinterher geworfen! Du tust mir echt leid, weißt du? Hast 'nen Engel an deiner Seite, der dir nicht mal etwas zur Seite stellt, um uns bööööse böse Dämonen kalt zu machen.“ „Ich sagte, du sollst nicht so über Refiel reden!“, polterte Alastair außer sich vor Wut. „Ach? Was willst du schon dagegen tun, du armseliger Speichellecker? Woher soll ich wissen, dass es deinen Engel überhaupt gibt? Am Ende bist du doch nur ein Hochstapler mit ein paar Zaubertricks im Ärmel! Ich aber bin ein echter Dämon! Wenn dein toller Refiel existiert, dann beweise es!“ „… ungläubige Seele. Du willst einen Beweis? Den sollst du haben!“   Anya lachte innerlich in sich hinein. Himmel, war dieser Trottel doof! Levrier hatte tatsächlich recht mit seiner Annahme behalten. Dennoch wusste das Mädchen nicht, was sie jetzt erwarten würde. Es konnte immer noch genug schief gehen. Aber nein, das würde es nicht! Jemand wie sie verlor nicht einfach gegen so eine Knalltüte von Dämonenjäger!   „Ich flippe mein verdecktes Monster!“, sprach Alastair ungewöhnlich leise. „[Vylon Charger].“ Eine lange, metallische Säule mit Armen und goldenen Ringen entstieg der gesetzten Karte von Alastair und gestellte sich zu den zwei kleineren Vylons. Vylon Charger [ATK/1000 DEF/1000 (4)]   „Du willst einen Beweis für Refiels Existenz? Dann sollst du ihn haben! Spüre Gottes Zorn! Die Level 4 [Vylon Soldier], [Vylon Prism] und [Vylon Charger] werden zu einem Rang 4 Xyz-Monster! Ich erschaffe das Overlay Network!“ „Gleich drei!?“, sprudelte es aus Anya heraus, als drei goldgelbe Strahlen von demselben schwarzen Wirbel absorbiert wurden, der zuvor schon ihren Pearl hervor gebracht hatte. „Werde Zeuge der göttlichen Kraft, die Refiel mir verliehen hat! Steige empor, [Vylon Disigma]!“ Und was nun aus der Raumverzerrung trat, konnte Anya nur als das hässlichste aller Vylon-Monster bezeichnen. Obwohl es von selber Struktur war, wirkte vollkommen anders als die anderen. Eine abscheuliche, grimmige Fratze zierte den schwarzen Körper des Wesens. Lange goldene Arme mit immer länger werdenden, schwarzen Klingen erstreckten sich von beiden Seiten bis zu den schwarzen Flammen. Drei weiße Sphären kreisten um die morbide Kreatur.   Vylon Disigma [ATK/2500 DEF/2100 {4}]   „Ewwww“, tönte Anya angewidert. „Das ist das Geschenk deines Engels? Alter, den würd' ich auf Schadensersatz verklagen! Da wird man ja blind!“ „Spotte nur, heuchlerische Kreatur! Sieh her, wie [Vylon Disigma] das diabolische Geschenk deines Dämons vertilgt! Ich hänge ein Xyz-Material ab und aktiviere Disigmas Effekt! Absorbiere [Gem-Knight Pearl]!“ „Oh verdammte-!“ Das Maul der schwarzen Engelsmaschine öffnete sich und sog Anyas Ritter ein, als wäre er nichts weiter als Luft. Kaum war er verschwunden, leuchtete eine der Sphären um Disigma schwarz auf. „Nun stehst du völlig schutzlos da, niedere Kreatur des Bösen!“, feixte Alastair hysterisch. „Das geschieht, wenn man Gott und seine Diener verspottet!“ Der hat sie doch nicht mehr alle, dachte Anya. Aber ohne Monster sah es schlecht für sie aus. Zwar war die blöde Axt nun fort, doch ein einziger direkter Angriff würde genügen, um sie außer Gefecht zu setzen. Und dieser durfte nicht durch Disigma erfolgen, nicht in seiner jetzigen Form! „Wie ich sehe kann dieses hässliche Mistvieh doch was! Aber ehrlich gesagt ist es einfach nur schwach! [Vylon Ultima] hatte wenigstens hohe Angriffspunkte, aber dieses Ding? Ne, sorry, ich weigere mich, gegen so etwas zu verlieren! Wart nur ab!“ „Spottest du immer noch, Dämon? Bist du plötzlich so versessen darauf, vernichtet zu werden?“ „Na logo, die ganze Zeit schon!“ Sie stimmte nun einen ruhigen, versöhnlichen Tonfall an. Alles so, wie Levrier es wollte. „Im Ernst, ich weiß nicht, wie lange ich noch ich selbst bin. Mach dem ein Ende, okay? Der Dämon hat mich hereingelegt und in einen Vertrag gelockt! Bitte, du musst ihn vernichten!“ Sie flehte jetzt regelrecht. „Mit aller Kraft! Ich bitte dich, zerstöre uns beide! Aber lass zumindest meine Freunde gehen, die sind unschuldig! Der Dämon wollte nur mich!“ „Was sagst du da?“ Alastair klang skeptisch. „Willst du mich reinlegen, Dämon? Vergiss es!“ „Bitte! Ich … ich kann ihn nicht mehr lange zurückhalten! Meine letzteren Erinnerung ans Leben sollen die eines Menschen sein! Vernichte mich, schnell!“ „Bist du … wirklich du selbst?“ Immer noch hörte man seine Zweifel deutlich. „Nein, ich glaube dir nicht!“ „Du irrst dich! Ich bin ich, Anya Bauer! Aber … aber er wird stärker! Hilf mir! Rette mich … rette mich vor 'Another'!“ Plötzlich donnerte Alastairs Stimme aufgebracht: „Another? Ist- Ist er dort in dir?“ „Ja!“ Alastair atmete tief durch. „… Refiel hat sich geirrt. Er ist in dir … der, der meine Familie ausgelöscht und mich zu dieser grässlichen Abscheulichkeit gemacht hat! Ich werde ihn …“ „Hilf mir! Er spricht zu mir! Er will, dass ich dich töte! Du bist sein geschworener Erzfeind!“ „Ich werde ihn töten!“, schrie Alastair voller Inbrunst. „Er wird dafür bezahlen, was er uns angetan hat! Mit aller Kraft werde ich dich aus diesem Mädchen treiben und vernichten! Hörst du, Another? Du wirst sterben, nichts soll von dir übrig bleiben! Ich aktiviere meine beiden Ausrüstungsmagien, [Vylon Material]. Sie stärken Disigma um je 600 Angriffspunkte!“   Vylon Disigma [ATK/2500 → 3700 DEF/2100 {4}]   Aus den Armen des schwarzen Engels wuchsen zwei weitere Klingen, jedoch in goldener Fassung, aus weißem Metall. „Endlich ist der Augenblick gekommen, von dem ich so lange geträumt habe! Another … ich hasse dich! Spüre den ganzen Zorn der Engel und des allmächtigen Herren! [Vylon Disigma], rette dieses Mädchen und vernichte den Teufel in ihr! Sacred Black Obliteration!“ Das war es, dachte Anya erschrocken, als das unheimliche Wesen die Hände aufeinanderlegte und dann einen schwarzen Energiespeer aus der Fläche seiner linken zog. Wie in Zeitlupe beobachtete die Blondine, wie Disigma den Speer anhob und auf sie warf. In ihren blauen Augen spiegelte er sich, wie er immer näher kam. Dann folgte eine düstere Explosion, die Anyas gesamte Spielfeldseite erschütterte.   Aus genau dieser Explosion schoss wenige Augenblicke später ebenjener schwarze Pfeil, durchdrang erst Disigma und dann Ultima, ehe er hinter ihnen eine noch gewaltigere Explosion auslöste. Alastair schrie vor Schmerz auf. Die Rauchwolke um Anya verging, welche unversehrt da stand und eine Fallenkarte zwischen ihren Fingern hielt. „Trottel! Jeder Idiot hätte dieses Schmierentheater durchschaut. Blöd wie du warst, bist du genau in meine Falle gelaufen: [Dimension Wall]! Damit konnte ich deinen Angriff auf dich zurückwerfen. Und hättest du [Vylon Disigma] nicht vorher noch gestärkt und dazu Pearl aus dem Weg geräumt, hätte die Falle mich niemals retten können. Ich würde sagen: ausgelacht, Kumpel!“   [Anya: 300LP / Alastair: 3400LP → 0LP]   Die Trugbilder der Monster verschwanden. Doch während Ultima einfach nur weg war, löste Disigma sich in schwarzen Partikeln auf. Anya schenkte dem aber keine Beachtung. Sie nahm ihre Karten von der schwebenden Marmorplatte, die einen Moment später krachend auf den Boden fiel und dort zerschellte.   Die Kraft, die darin steckte, ist aufgebraucht. Anscheinend besteht zwischen diesen Apparaturen und Alastair eine Verbindung. Ich lag also richtig. Er war es, den ich an dem Tag gesehen habe, als ich dich zur Leiche dieses Jungen geführt habe.   Anya runzelte die Stirn. Sie hatte jetzt keinen Nerv für Levriers Gelaber. Noch immer brannte das schwarze Feuer um sie herum. Langsam durchschritt sie den Zirkel und hielt auf die Bühne zu. Dort lag Alastair am Boden, sein roter Ledermantel war an einigen Stellen zerfetzt und generell schien der Dämonenjäger nicht gerade in bester Verfassung zu sein. Anders als Abby und Nick, die noch immer bewusstlos an den Kreuzen hingen. Sie hatten alles scheinbar unbeschadet überstanden, abgesehen von Nicks Stichwunde am Oberschenkel. „Du verachtenswerte Kreatur“, presste er hustend hervor, als Anya vor ihm stand. Mit voller Wucht rammte sie ihm ihren Schuh in den Nacken. „Sagt genau der Richtige, du miese Made.“ Sie drückte fester zu, sodass er aufschrie. Dabei huschte ein bösartiges Grinsen über ihre Züge. „Und jetzt werden wir beide ganz viel Spaß haben. Es gibt da noch ein paar Dinge, die wir -ausdiskutieren- müssen, Freundchen.“ „Bedaure“, krächzte er. „Du hast Glück, dass ich nach einem Exorzismus, ob nun gelungen oder nicht, nicht mehr genug Kraft habe, um weiterzukämpfen. Aber ich schwöre dir, wir sehen uns wieder und dann wirst du teuer für das bezahlen, was du heute gesagt hast, Schlangenzunge.“ Unter seiner Handfläche schob er eine weiße Karte hervor, auf der nur ein sechskantiger, goldener Stern abgebildet war. Von diesem ging ein greller Lichtblitz aus, welcher Anya dazu brachte, sich abzuwenden. Und ehe sie sich versah, fiel ihr Fuß ins Leere. Alastair war verschwunden.   Er hat eine Teleportationstechnik angewandt. Mir scheint, als würde er seine Kräfte in Karten einschließen, die er je nach Bedarf abrufen kann. Vermutlich, weil er sie sonst nicht kontrollieren könnte.   „Das ist mir so was von Schnuppe! Wo ist der Kerl? Den-“ Abbys und Nicks Körper fielen dumpf polternd auf den Boden. Die Kreuze, die sie die ganze Zeit über festgehalten hatten, waren verschwunden. Und der Himmel, welchen man von dem riesigen, klaffenden Loch in der Decke sehen konnte, war wieder blau.   Sein Bannkreis hat sich aufgelöst. Aber wie es aussieht, sind alle äußeren Schäden, die innerhalb seines Gebietes zugefügt worden sind, nicht verschwunden. Wie ungewöhnlich, sind Bannkreise doch dazu gedacht, genau dies zu verhindern …   Anya hingegen interessierte sich nicht im Geringsten dafür, dass die halbe Aula in Trümmern lag. Sie kniete vor Abby und schüttelte sie unsanft. „Aufwachen, Masters! Penn hier nicht 'rum!“ Blinzelnd öffnete das Hippiemädchen die Augen. Ihre getönte Brille war verrutscht, sodass man in schöne, graue Augen sehen konnte. „Anya?“ „Na wer denn sonst? George W. Bush vielleicht?“ Immerhin verwechselte Abby sie nicht mit Xena. „Wo bin ich?“ Langsam rappelte sich die Brünette auf. „In der Aula? Oh, ohhhh! Was ist hier geschehen!? Das ist ja ein richtiges Schlachtfeld!“ „Lange Geschichte! Beknackter Dämonenjäger will mich umbringen, Geisterwesen hilft mir, Dämonenjäger scheitert und haut ab.“ „Dä- Dämonenjäger?“ Anya hielt sich vor Schreck die Hand vor den Mund. Was zur Hölle erzählte sie da überhaupt? Sie konnte Abby doch nichts von allem erzählen! Die würde sie glatt für verrückt halten … auch wenn es nur ein Traum war. Aber es ging ums Prinzip! „I-ich weiß nicht, wovon du sprichst, Anya?“ „Ich … auch nicht. Mein Fehler.“ „Erinnern tu ich mich nur noch daran, dass Nick weg war, als ich zurück zur Krankenstation gegangen bin. Und dann war da dieser Mann mit schwarzem Haar, der wollte mir suchen helfen. Danach … war ich hier.“ Anya klatschte sich die Hand gegen die Stirn. „Man Masters, bist du blöd? Jedes Kind weiß, dass man nicht mit vernarbten Fusselbirnen mitgeht!“ „Aber er hatte doch gar keine Narben?“ „Dann putze mal deine Brille! Der sah aus wie durchgekaut, ausgespuckt und liegen gelassen! … ist ja auch egal. Was ist mit dem hier?“ Sie deutete auf Nick, der bewusstlos neben ihnen lag. „Er blutet ja!“ „Das war Alastair. Hat ihm ein Messer in den Oberschenkel gerammt.“ Ungläubig runzelte Abby die Stirn. Dann sagte sie in aller Strenge: „Anya Bauer, du wirst mir jetzt genau erklären, was hier überhaupt los ist! Und wehe, du redest dich raus! Was ist mit dieser Dämonenjägergeschichte!?“ Anya schluckte. DAS würde übel für sie ausgehen …   ~-~-~   „Oooooooooh, icccccccch wusste es! Ich wusste, dass hier irgendwas faul ist. Die ganzen Vorfälle, dass Nick krank ist … Das ist das Werk von Dämonen!“ „Uh-huh“, gab Anya mechanisch von sich. Sie beide saßen am runden Esstisch der Familie Bauer. Anya hatte Abby nach und nach alles erzählt, nachdem diese sie aufs Schärfste genötigt und damit gedroht hatte, sie nie wieder die Hausaufgaben abschreiben zu lassen. „Und wie sieht dein Retter wirklich aus? Levrier?“ Dieser schwärmende Unterton missfiel Anya aufs Äußerste. „Keine Ahnung“, brummte sie. Konnte sie dann bitte auch mal aufwachen? Das war einfach zu demütigend. „Nenn ihn nicht Retter, klar? Er hat ein paar gute Tipps gegeben, mehr nicht. Ich hätte mich da auch so irgendwie herausgewunden!“ „Für mich klang das eher so, als ob du keine Ahnung hattest, was du da überhaupt getan hast“, erwiderte Abby spitz. „Aber … danke. Der hätte uns wirklich umgebracht, wenn du nicht gewesen wärst. Allein der Gedanke, dass sich jemand wie der in Livington herumtreibt … beängstigend … Wir sollten alles der Polizei schildern, allein wegen dem Mord an Jonathan!“ „Ja ja ja, mach was du willst. War sowieso ein Kinderspiel … Schade, dass er entkommen ist! Dem-“ Abby hielt ihr die flache Hand vors Gesicht. „Stopp! Du hast mir schon lang und breit erklärt, was du alles mit ihm gemacht hättest! Aber diese Karte …“ Sie deutete auf [Gem-Knight Pearl], welcher vor ihnen auf dem Tisch lag. „Bist du wirklich sicher, dass du die vorher nicht gehabt hast?“ Anya schüttelte vehement den Kopf. „Es gibt keinen [Gem-Knight Pearl], Masters! Das hätte ich gewusst!“ „Also ist das der Beweis, dass alles was Levrier gesagt hat stimmt. Unheimlich …“ „Ach so'n Quatsch! Bestimmt hat sich da nur jemand 'nen Scherz mit mir erlaubt.“ Wütend haute Abby auf den Tisch. „Sei doch nicht immer so ignorant, Anya! Hier gehen Dinge vor sich, die unseren Verstand überschreiten! Das muss doch selbst dir aufgefallen sein!“ Doch die Blondine zuckte nur desinteressiert mit den Schultern. „Wenn du meinst …“ „Ich finde, wir sollten versuchen, mehr über das alles herauszufinden.“ „Ohne mich!“, polterte Anya. Abby erwiderte genauso hitzig: „Wieso denn nicht?“ „Alter, Masters, wir wären beinahe krepiert. Und sterben ist scheiße, ich bin doch nicht lebensmüde! Am Ende haben wir es mit noch mehr Bekloppten zu tun!“ „Das kann genauso gut passieren, wenn wir nichts tun. Du hast doch selbst gesagt, dass dieser Alastair hinter dir her war! Und was, wenn er wiederkommt? Ich wäre an deiner Stelle gerne vorbereitet!“ Anya knirschte mit den Zähnen. Wie sie es hasste, wenn die beiden zu diskutieren anfingen. Immer zog sie dabei den Kürzeren. Deshalb schlug sie wütend mit den Fäusten auf den Tisch. „Nein, Schluss, Aus!“ „Warum!?“ „Weil ich das so sage, deshalb! Wenn du Nachforschungen anstellen willst, von mir aus! Aber ich halte mich da schön raus!“ Abby sprang auf. „Also manchmal bist du so … so … so! Argh! Schönen Tag noch, Anya!“ Wie ein Sommergewitter zog das sonst so ruhige Mädchen durch die Küche und schlug schließlich die Haustür hinter sich zu. Anya starrte ihr mindestens genauso wütend hinterher. Deine sozialen Fähigkeiten lassen zu wünschen übrig. Das Mädchen hat wahre Worte gesprochen und du verschließt dich vor ihnen.   „Ach halt doch den Mund, du … Geisterspacko!“ Anya stampfte durch die Küche zum Flur, nahm die Treppe und schloss sich anschließend in ihrem Zimmer ein. Frustriert von all den Vorkommnissen warf sie sich aufs Bett und wartete darauf, endlich aus diesem Albtraum zu erwachen. Und wartete … und wartete …     Turn 05 – Lessons Anya, Abby und Nick, welcher wieder völlig genesen ist, besuchen zusammen die Stadtbibliothek Livingtons. Doch ihre Nachforschungen bezüglich „Eden“ und Levrier bleiben ergebnislos. Als die Drei die Bibliothek verlassen, stellt sich ihnen ein junger Mann namens Henry in den Weg. Er provoziert die ohnehin schlecht gelaunte Anya so sehr, dass sie sich schließlich mit ihm duelliert. Umso hämischer geht sie mit ihm um, als er Karten einsetzt, die von der Allgemeinheit für gewöhnlich verspottet werden. Doch sie soll sich schnell irren, als er bereits in seinem zweiten Zug zwei mächtige Xyz-Monster beschwört … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)