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Unter den Schwingen des Horusfalken

von

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Auf dem Weg in die Wüste


 

B

ereits kurz nach Sonnenaufgang öffneten sich die Tore des Palastes und der Zug des Herrn der beiden Länder begann. Zuerst kamen Wachen, die allzu Neugierige in die Schranken weisen sollten, dann ein Priester der Kronengöttinnen, der fortgesetzt rief: „Hüte dich, Erde, es naht der Gott!“ um Mensch und Tier vor der Annäherung des lebendigen Gottes kemets zu warnen, dann folgte das Horusgeleit, Standartenträger, deren göttliche Symbole der realen und magischen Welt dazu dienten, dem lebenden Horus jeden Weg zu öffnen: Horus, Seth, Upaut und andere, deren Namen kaum jemand wusste. Erst, wenn alles und jeder sich niedergeworfen hatte, erschien Horus Quahedjedt in seiner Sänfte, getragen von zwölf kräftigen Männern, begleitet von zwei Wedelträgern, die ihm Schatten spendeten. Jetzt war es noch nicht so notwendig, aber die Sonne stieg rasch höher. Hinter ihm wurden Menhekat als Thronfolger getragen, dann der tjati Sobeknacht, der Siegler Hekaptah. Alle anderen Höflinge gingen zu Fuß.

 

Rahotep war nie zuvor mit in dieser Prozession gegangen und er vermisste schon zu Beginn das sonst allgegenwärtige leise Rasseln des Sistren, die Gesänge der Frauen. Aber sie würden erst morgen beim Zug um die Mauern hinzukommen. So dachte er lieber nach.

Anchchepri war mit den Dienern bereits in der Nacht in die Wüste aufgebrochen. Zum einen mussten Unterstände in der Wüste für die Mittagspause Schatten bieten, zum anderen sollte der hochspezialisierte Arzt noch den Palast ausräuchern, ehe er Herr der beiden Länder dort einzog. So war sicher für die Obersten Höflinge nie einfach jeden Schritt ihres Herrn zu bewachen. Er war ein Gott, aber auch der Garant der Weltordnung. Mit seinem Tod erstarrte alles Leben und nur, wenn wieder eine Inkarnation des Horus auf dem Thron der Lebenden erschien, würde auch am nächsten Tag noch die Sonne aufgehen.

Was Merukas Theorie eigentlich so unwahrscheinlich machte. Wer sollte denn alle Thronfolger ausschalten wollen – zu welchem Zweck? Das mochte in Ugarit funktionieren oder diesen anderen seltsamen Städten, in denen Ptahnacht gewesen war. Aber die kannten ja auch keine Maat. Nur in kemet herrschte ein wahrer Gott, der eben auch seinen Nachfolger bestimmte, ja, dessen Wort sich in Wahrheit umwandelte, sobald es ausgesprochen wurde. Aber, genau das befürchtete sein Vorgesetzter: jemand plante etwas gegen die Thronfolger, um dem Horus die Auswahl fast nicht mehr zu ermöglichen. Nun, das wäre ein Narr. Soweit er wusste, und er stammte aus einer alten Beamtenfamilie, konnte ein Gott sich natürlich stets selbst sein neues Gefäß aussuchen – und wenn es, unwahrscheinlich, aber theoretisch möglich, der nächste Bauer war. Andererseits: jeder Mörder war ein Narr, denn er riskierte nicht nur das kurze irdische Leben, sondern das ewige.

Nun gut. Er sollte sich besser konzentrieren und seine medizinische Aufgaben erfüllen. Überdies hatte Meruka ja gewünscht, dass er auf die Königssöhne und Akenptah ein zusätzliches Auge halten sollte. Der kleine Menka ging einige Reihe vor ihm neben seinem Cousin und er bemerkte durchaus, dass sich Meruka, zwar den Hofrang beachtend, aber doch möglichst unauffällig, kurz hinter diese beiden begeben hatte. Ja, der passte auf, obwohl es hier auf dem Weg kaum notwendig war. Es waren so viele Männer, dazu die Wachen – hier konnte nichts passieren. Der Palast und der Tempel wurden jedoch heute auch bewacht. Gleich. Meruka besaß die Gabe sich selten zu irren. Und, das wusste der Arzt auch, der Tag des Festes, der Ablauf, waren stets gleich. Hier, in diesen Tagen, eine Falle zu legen mochte am Wahrscheinlichsten sein.

 

Meruka kannte den Ablauf des Festes. Schon seit Vater war hier mitgegangen, als hoher Höfling, später er mit ihm. Nach dessen Tod war das Auge des Herrn der beiden Länder gnädig auf ihn gefallen und er hatte sich von der Position als Vorsteher der Wüstenläufer in die direkte Umgebung des Hofes verbessern können. Dass sich mit Hekaptah der dritte Mann des Reiches in seine Mutter verliebt hatte, war seiner Karriere nur zuträglich gewesen. Aber er gab zu, dass diese Ehe glücklich war. Seltsamerweise schien der Siegler des Königs an seiner Mutter das Gleiche zu schätzen wie an ihm: Unterhaltung, Intelligenz. Aber gut, beide hatten bereits Kinder besessen. Meruka gab zu, er war froh gewesen, als seine Mutter wieder lächeln konnte. Vaters Tod hatte sie sehr mitgenommen. Gleich. Er sollte sich zusammennehmen. Er war hier nicht um in Erinnerungen zu schwelgen.

 

Hier auf dem Weg würde kaum etwas geschehen, nicht einmal in der Mittagspause, wo schattenspendende Unterstände inzwischen aufgebaut waren, das Essen dort serviert wurde. Der Palast selbst stand das Jahr über leer. Er war, wie alle Bauten in kemet, die nicht als Häuser für die Ewigkeit oder für Götter dienten sollten, aus getrockneten Lehmziegeln erbaut und besaß zwei Stockwerke, dazu hinten Nebengebäude für Vorräte und Küche. Im Erdgeschoss befand sich die Haupthalle, dahinter die Räume des Horus und wohl auch die seiner Söhne. Die restlichen Höflinge schliefen eng beisammen in den kleinen Kammern im ersten Stock. Bäder gab es, für den Herrn der beiden Länder und für die Höflinge, wenn auch nicht in ausreichender Zahl. Meruka gab zu, dass er sein Morgenritual, von Dienern mit Wasser durch eine durchlöcherte Kelle übergossen zu werden, während er in einer gefliesten Wanne stand, zu vermissen. Aber, das war eben so, und nicht zu ändern. Weiter nachdenken.

Der Palast war mit einer aus Lehmziegeln befestigten Prozessionsstraße mit dem Tempel des Sokar verbunden, der gut einen Kilometer entfernt lag. Beide Gebäude waren mit Sykomoren und Palmen umgeben, die mühsam aus dem Brunnen des eigentlichen kleinen Dorfes versorgt wurden. Darin, in der Abhaltung der Dienste für den Gott und der Instandhaltung des Palastes, bestand das Leben der Einwohner. Und dafür erhielten sie Lebensmittel und alles andere. Nebenbei hatte das abgeschlossene Leben den Effekt, dass sich gerade die, eigentlich wie alle nebenberuflichen, Priester des Sokar in der Bevölkerung von Ibenu-hedj gewisser Scheu erfreuten. Diese Tage zählten natürlich zu den Höhepunkten im Jahr, nicht nur in der Residenzstadt sondern auch und gerade für das Dorf.

Er bemerkte, dass ihn sein Nachbar angesprochen hatte und wandte den Kopf. Noch war es keine festliche Prozession sondern eher ein Spaziergang im Gefolge des Horus und so konnte man sich, wenngleich leise, miteinander unterhalten. Ah, das war doch Selketschepses, der Vorsteher der privaten Schreiber des tjati, einer der Männer, die mit auf der Reise in den Norden gewesen waren, als der unglückliche Sennefer wohl etwas zu viel hörte oder sah. Sehr gut. „Verzeih, Selketschepses,“ sagte er daher. „Ich war in Gedanken über das Barkenfest versunken. Erinnerungen.“ Dieser Mann stammte auch aus dem Kreis der Beamtensöhne, mit denen Sobeknacht und Hekaptah, sowie natürlich der Herr der beiden Länder, aufgewachsen waren. Sein eigener Vater war ja auch dabei gewesen.

Selketschepses lächelte auch. „Erinnerungen an deinen Vater? Ich wollte dich nicht stören.“ Immerhin war Meruka einer der privaten Schreiber des mächtigen Horus, nach den Kammerherren bestimmt einer der Männer, die den lebenden Gott am Häufigsten zu Gesicht bekamen.

„Natürlich. Aber, da uns die Götter hier nebeneinander geführt haben, darf ich dir eine Frage stellen?“

Der ranghohe Schreiber lächelte, strich aber unwillkürlich über die unterste Kette an seiner Brust, die das Zeichen der Seschat, der Schreibergöttin enthielt, ebenso, wie es Meruka trug. „Nun, nichts über meine Arbeit, aber das weißt du.“

„In der Tat. Was hältst du von der Schreiberschule in Iunu? Die für die Bauernsöhne?“ Wenn es nicht um die Thronfolge ging, ging es um diese Schule. Vielleicht konnte er so herausfinden, wie die Stimmung in der älteren Schreiberschaft gegenüber den Aufsteigern war.

„Soll jemand von dort etwas zu euch kommen?“ Da Meruka den Kopf schüttelte, fuhr Selketschepses fort: „Nun ja. Ich gebe ehrlich zu, dass ich erst meine Zweifel hatte, ob Bauerntölpel die Disziplin aufbringen. Vielleicht tun es nicht alle, aber die, die die Lehre abgeschlossen haben, benehmen sich auch gesittet. Erziehung ist doch ein großer Faktor und dieser Leiter der Schule, dessen Name mir nicht einfällt, vermag wohl vieles. Überdies, das muss ich zugeben, kemet benötigt mehr Steuereintreiber, mehr Schreiber. Momentan läuft ja alles über das Büro des tjati, und wenn ich bedenke, dass der gute alte Anchnefer im Augenblick fast allein ist, da die Ernten und Steuern berechnet werden müssen, die Bauten fertig werden sollen, alle Schreiber im Land unterwegs sind … Mehr Personal schadet gewiss nicht, um die Domänen und Dörfer besser zu kontrollieren.“

„Ja, das ist auch meine Meinung. Allein, wenn man bedenkt, wie viele Schreiber in den Steinbrüchen und Domänen nützlich wären ...“ Meruka wusste, dass man bei derartigen Gesprächen oft mehr hörte, wenn man dem Anderen recht gab. Überdies war er tatsächlich der Meinung. Je strikter eine Verwaltung auf den Herrn der beiden Länder ausgerichtet wurde, umso weniger Ärger würde es geben.

„Hast du schon jemanden kennengelernt aus dieser Schule?“ fragte der private Schreiber Sobeknachts.

„Nicht persönlich, gebe ich zu, aber ich hörte, dass Chnummose, immerhin einer der Großen, einen gewissen Menmire zu seinem Vermögensverwalter gemacht hat. Sie scheinen recht viel zu lernen.“

„Ja, auch wenn viele zum Bauleiter gehen, der ja auch in Iunu sitzt. Aber es wird doch auch viel gebaut in kemet.“ Selketschepses sah nach vorne zu den Sänften, ehe er ergänzte: „Ich würde mir fast wünschen, dass an möglichst vielen Tempeln solche Schulen eingerichtet werden. Bauernkinder hin oder her, wir benötigen mehr Leute, die lesen und schreiben können, als aus unseren Familien stammen. Zumindest auch als einfache Schreiber und Buchführer. Allein, wenn ich bedenke, dass der werte Sobeknacht, unser tjati, Männer aus seinem privaten Schreiberbüro in das seines Amtes einteilen musste, weil der Palastbau in Abu und das Haus der Ewigkeit des lebenden Horus und der Tempel der Bastet im Delta alle Schreiber beanspruchten …“

Der Ermittler verlor sein Ziel nicht aus den Augen. „Und dazu kommen noch die Reisen mit dem tjati. Ich vermute ja, wenn er auf seine eigenen Domänen reist, bist du auch dabei.“

„Ja, natürlich. Vor der Überschwemmung waren wir im Norden, eben auch in Iunu. Wir nahmen auch drei Schüler von dort mit, die der Herr dann einsetzte, einen selbst auf eine königliche Domäne im Delta. Dieser Junge war sogar mit auf unserem Schiff, er stammte ja von einer Domäne Sobeknachts. Und ich kann nicht behaupten, dass er sich tölpelhaft benommen hätte.“

Sennefer. Behutsam fragte Meruka nach. „Er war eher wissbegierig?“

„Ja, auch, wenn ich zugeben muss, dass es mir nicht gefiel, dass er so um Akenptah herumlief. Andererseits – Akenptah war noch immer schwach, er war ja lange krank, wie du vermutlich weißt, und die Gesellschaft eines Altersgenossen gefiel ihm.“

„Ja, sicher. Überdies, der Sohn des tjati kennt keine Staatsgeheimnisse, aber der junge Schreiber hofft wohl auf Empfehlung. Ehrgeiz ist nicht schlecht.“

„So vorgetragen … Nun ja. Ich hatte immer das Gefühl er schleiche um uns herum, wenn wir abends redeten, aber natürlich wollte er auch lernen. Er war nie bei Hofe oder in solcher Umgebung.“

Und dabei hatte Sennefer wohl zu viel gehört. Wusste Selketschepses davon oder nicht? Wenn der Vorsteher der privaten Schreiber Sobeknachts den Schützling seines Herrn umbringen ließ, würde er kaum etwas davon erzählen. Andererseits schien er offen zu sein. „Allein dabei sind schon viele Schreiber mit unterwegs, ja. Sozusagen die engsten Vertrauten des tjati. Bis auf Anchnefer, nicht wahr?“

„Ja, er ist nun einmal der Bürovorsteher und vertritt unseren Herrn in den Gerichtsdingen, die so anfallen und macht auch die Berichte fertig, die Hekaptah dann dem guten Gott morgens vorträgt. Da hat er eine schwere Verantwortung und kann unmöglich weg. Diese Tage ist es ja ebenso.“

„Wer vertritt dich denn?“ fragte Meruka in ehrlicher Neugier.

„Niemand. Meine Männer helfen fast alle Anchnefer. Nun gut, die Tage des Barkenfestes sind bald um und es kommen höchstens die Berichte über die neuen Feldausmessungen und die geplanten Ernten in Sobeknachts privaten Domänen. Das kann auch liegen bleiben.“

Aber das erklärte natürlich auch, warum Selketschepses auf neue Schreiber aus Iunu hoffte. Sobeknacht schien sein privates Büro dem staatlichen unterzuordnen, was die Personenzahlen betraf. Nichts, was man tadeln sollte. „Dann ist Anchnefer wahrlich allein, sobald der tjati auf Reisen geht, oder?“

„Nein, ein Stab bleibt natürlich in Ibenu-hedj. Die Berichte aus ganz kemet müssen ja weitergeleitet werden an den Herrn der beiden Länder. Eigentlich bleiben dann mehr Schreiber bei ihm als heute.“

„Das Fest dauert auch nur drei Tage. Und während des Umzugs um die Mauern wird niemand arbeiten in der gesamten Stadt.“

„Ja, natürlich.“

„Hm, lass mich doch einmal raten. Auf einer solchen Reise in den Norden bist du dabei, dann sicher ein Schreiber des Büros des tjati, der Hausvorsteher Sobeknachts, damit er sich um die private Domänen kümmern kann, einige Unterschreiber, so in etwa.“ Meruka kannte die Namen bereits, aber er wollte auch dezent überprüfen, wie sehr der alte Selketschepses die Wahrheit sprach.

„Ja, Thothhotep, natürlich, wir arbeiten ja viel zusammen. Oh, er ist der Hausvorsteher und war auch Betreuer des jungen Akenptah, jetzt braucht der ja keinen Erzieher mehr.Aber der tjati ist eben oft unterwegs, um seinen Pflichten nachzukommen.“

„Eine wichtige Person. Sag, war der nicht auch mit euch in der Schule?“

„Ja, genau. Mit deinem Vater. Ebenso wie Anchnefer und dessen Vertreter Meribast. Der war natürlich auch mit dabei, ist er doch der zweite Schreiber im Büro des tjati. Schon aus diesem Grund glaube ich nicht, dass Schüler aus Iunu oder anderen Schulen je einen hohen Beamten stellen können. Wir alle lernten ja gemeinsam, kennen uns, ja, kannten den Königssohn, ehe er zum Gott wurde. Das kann keine Schule außer der Palastschule vermitteln.“

„Natürlich.“ Also sah Selketschepses, sahen die hohen Beamten, die Beamtensöhne aus reichen und einflussreichen Familien waren, in den Bauernkindern keine Gefahr für ihre eigene Stellung. Denn es war wahr – jeder hielt sich lieber an die, die er bereits sein Leben lang kannte. Für die Schüler aus Iunu blieben die einfacheren Tätigkeiten. Erst, wenn diese sich wahrlich hochgearbeitet hatten, würden deren Söhne oder Enkel es leichter haben. Nun gut. Auf dem Schiff des tjati auf dieser für Sennefer offenbar fatal endenden Reise hatten sich Sobeknacht selbst befunden, sein Sohn Akenptah, sein ranghöchster Privatschreiber Selketschepses, der zweithöchste Beamte des staatlichen Büros Meribast, und Thothotep sein Hausvorsteher und damit Verwalter seines Privatvermögens, seiner Domänen. Dazu Ruderer und ein oder zwei Dienstboten, wenn überhaupt. Und ab Iunu war Sennefer in diesem illustren Kreis gewesen. Dies hatte er zuvor auch schon gewusst, aber es war einmal schön das bestätigt zu bekommen. Jetzt sollte er ablenken. „Was gab es denn im delta zu essen? Fische?“ Er klang spöttisch. Das Delta und seine Bewohner wurden von den Leuten aus dem Süden gern ein wenig als Kiebitze verspottet, deutlich primitiver.

„Nicht nur, ich war überrascht. Aber das liegt natürlich auch daran, dass diesmal Thothhotep selbst dabei war und die jeweiligen Domänenvorsteher vorher anschrieb. Es gab kleine Vögel aus den Sümpfen, aber auch Wild aus der Wüste, natürlich auch Brot und Wein, den aus den neuen Domänen, nicht den syrischen. - Mal sehen, was wir später bekommen. Mein Schwiegersohn gab sich Mühe.“

„Ah ja, er ist ja der Vorsteher der Scheunen der Wüste.“ Und damit verantwortlich für alle Lebensmittel des Palastes, die nicht im Fruchtland geerntet werden konnten. Selbst die gezüchteten Hyänen sowie Wildvögel gehörten zu seinem Aufgabenbereich. Das Thema wandte sich verschiedenen Speisen zu.

 

Trotz der Mittagspause im Schatten waren doch alle froh, als sie den Palast erreichten. Rechter Hand lag, ebenso wie der Palast von mühsam am Leben gehaltenen Bäumen beschattet, der Tempel des Sokar. Das kleine Dorf Ra-sentauj, dessen Name schon längst auch auf den Tempel übergegangen war, hatte der Zug bereits passiert.

Rahotep, der noch nie hier gewesen war, musterte neugierig die Bäume hier in der Wüste. Es musste einen ziemlichen Aufwand darstellen sie zu bewässern. Um ihren Fuß war auch ein fast kniehoher Wall gemauert worden, in den offensichtlich hineingegossen wurde, um das Wasser nahe an ihnen zu halten. Es waren Sykomoren und Dumdum-Palmen, die solcherart Schatten erzeugten, robust und schnellwüchsig, soweit er wusste. Zwar waren Pflanzenkenntnisse im Arztstudium enthalten, aber eher Früchte und Blätter, Wurzeln als direkte medizinische Verwendung, als die Tatsache ob und wie sie wuchsen.

Er sah zu seinem Lehrer, dem Vorsteher der Ärzte, als der Herr der beiden Länder in den Palast getragen wurde. „Was geschieht jetzt?“

„Der mächtige Horus wird in die Halle getragen zu seinem Thron. Dort wird er uns begrüßen und sich dann zurückziehen. Gleich hinter der Halle befinden sich seine privaten Räume. Der Haushofmeister, hier als Leiter der Sitzordnung, wird uns dann unseren Schlafplatz zuweisen. Ich denke, wir sind im ersten Stock, gemeinsam. Die Wachen und Diener werden in der Halle nächtigen. Aber zunächst einmal wird in der Halle gemeinsam gegessen, wie immer im Palast. Morgen früh geht es dann mit Sonnenaufgang los. Du und ich müssen nicht viel tun, nur dem lebenden Horus und Sokar zujubeln, während die höchsten Beamten dann die Barke ziehen. - Oh, das kannst du nicht wissen. Vor dem Essen gehen sie noch hinüber und bereiten mit den Sokar Priestern den Gott auf den Auszug morgen vor. Auch der Herr der beiden Länder, selbstverständlich. Aber wir haben da frei.“

 

Tatsächlich kam der Zug in der Halle zum Stehen und alle knieten nieder, legten sich flach auf den Boden vor dem lebenden Gott. Sobeknacht trat neben ihn, nachdem er sich erhoben hatte.

„In einer Stunde beginnt die feierliche Prozession hinüber zum Tempel. Im Gefolge des mächtigen Horus werden sich befinden ...“

Rahotep lauschte auf seinen Namen und war erleichtert, dass der nicht fiel. Meruka musste dagegen noch einmal mitgehen. Oder durfte, wie man das sehen mochte. Es war natürlich ehrenvoll, aber er war Arzt und weder Krieger noch ein Wüstenläufer und der Weg hier hinauf hatte ihn doch ermüdet. Es wäre besser Wasser zu trinken und im Schatten zu bleiben.

Sobald sich der Herr der beiden Länder zurückgezogen hatte und alle wieder standen, nahm der Vorsteher des Palastes und Leiter der Sitzordnung eine Papyrusrolle in die Hand. Streng nach den Hofrängen erklärte er jedem, wo er beim Abendessen zu sitzen habe und wo er schlafen könnte. Rahotep erfuhr so, dass er neben seinem Lehrer sitzen würde und sie beide, gemeinsam mit zwei anderen Männern, im ersten Stock in der vierten Kammer nächtigen sollten. Tjati und Siegler des Königs teilten sich das erste Zimmer im ersten Stock, von der Treppe aus gezählt, die vor der Halle hinaufführte. Darunter befanden sich zwei Bäder – wenig für diese Anzahl Personen, aber immerhin. Die beiden Königssöhne und Akenptah dagegen wurden in einem Raum untergebracht, der sich links neben der Halle befand, mehr oder weniger direkt neben dem Schlafzimmer de Königs, das direkt hinter dem Thron lag. Beides wurde im Unterschied zu den anderen Eingängen, außer natürlich dem Haupttor, mit hölzernen Türen verschlossen. Oben wurden die Kammern nur mit herunter gerollten Matten verhängt, wenngleich schön bunt gewebten. Auch Boden und Decken waren so geschmückt worden, sicher erst vor wenigen Tagen, denn die Farben waren frisch.

Rahotep merkte auf, als er an der Treppe einen lautstarken Streit vernahm – ungewöhnlich genug, dass nicht nur er sich scheinbar unauffällig der Treppe näherte. Nanu? Das war doch der Vorsteher der Sitzordnung? Und wer war der andere? Garantiert auch ein hoher Beamter, das zeigte der Schmuck. Er entdeckte seinen Kollegen Ptahnacht, der sich fast neben den beiden befand. Nun, so würde er auf diesem Weg erfahren, worum es ging. Er wollte sich schon umdrehen, als dem Palastvorsteher etwas ärgerlich entfuhr:

„Thothhotep! Jedes Jahr, das die Götter werden lassen, das Gleiche! Nein, Akenptah kann nicht bei dir schlafen und auch nicht bei seinem Vater. Er ist kein Kind mehr. Überdies erhielt ich eine direkte Anweisung des Herrn der beiden Länder!“

„Er wieder!“ hörte Rahotep seinen Lehrer flüstern und bemerkte das gewisse Lächeln in den Gesichtern um sich.

„Es ist schön, wenn man auch seine Pflegekinder liebt, aber er übertreibt wirklich. Akenptah ist von schwacher Gesundheit, aber das ist auch alles.“

 
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sanguisdeci
2017-09-28T06:43:03+00:00 28.09.2017 08:43
Ich bin gespannt, ob es auf dieser Prozession ruhig bleiben wird, oder ob die Anreise die Ruhe vor dem Sturm war.
Antwort von:  Hotepneith
28.09.2017 10:55
Danke für den Kommentar.
Du hast ja so Recht. Im nächsten Kapitel kommt etwas vor, das dich als Apothekerin interessieren dürfte. Es geht um die Heilkunde und Medizinen.

hotep


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