Unter den Schwingen des Horusfalken von Hotepneith ================================================================================ Kapitel 15: Festvorbereitungen ------------------------------ Nefer saß im vor der Küche des Hauses und fädelte mit einer anderen Dienerin Zwiebeln zu einem schönen Kranz auf, immer zwei Größen für den Kopf und den Hals. Es stünde das Zwiebelfest bevor, hatte ihr die andere Frau stolz erklärt. Nun ja, dachte die Ermittlerin, sie lebte schon fünf Jahre in Ibenu-hedj und wusste natürlich, dass das nur ein Name eines der wichtigsten Königsfeste des Jahres in der Residenzstadt war. Allerdings lautete der offizielle Name Barkenfest des Sokar, aber Zwiebelfest stimmte, wenn man sich die geradezu Unmengen hier ansah, auch. Meruka hatte sie heute Morgen noch im Schutz der Dämmerung aufsuchen können und ihr geraten sich auf Akenptah und Bilsenkraut, sowie Thothotep erst einmal zu konzentrieren. Das war nur leichter gesagt als getan. Der junge Herr, wie er hier im Haus genannt wurde, war vorgestern Abend samt dem Königlichen Bauleiter und dem Königssohn Menhekat wieder in der Stadt eingetroffen, aber alle drei hatten sich selbstverständlich erst im Palast vorgestellt. Als der tjati und sein Sohn spät Abends nach Hause gekommen waren, hatten sie sich sofort in ihre Zimmer zurückgezogen. Gestern früh hatten sie gemeinsam gefrühstückt, ehe sie zum Palast aufgebrochen waren, um dort, was wusste sie, zu arbeiten. Was sollte es. Sie musste Informationen beschaffen. Und immerhin würde Akenptah doch im Palast nichts zustoßen, wie Meruka ja offenkundig befürchtete.   „Zwiebelfest, ja. Mich wundert es nur, dass es so viele Ketten sind. Wer nimmt denn alles daran teil?“ Sie sollte ja eine ältere, harmlosere Bäuerin aus Abu spielen, die sicher in ihrem Leben noch nichts vom Sokarfest gehört hatte. „Sei nicht so töricht,“ entfuhr es der anderen Dienerin, ehe sie ergänzte: „Ach, du hast es ja noch nie mitgemacht.“ Sie ließ ihre Zwiebelkette in den Schoss sinken.   „Arbeitet weiter,“ befahl Sat-Sachmet, die in ihrer Eigenschaft als Hausvorsteherin soeben aus der Küche kam. „Nefer, der Herr und der junge Herr tragen diese Ketten, aber nicht nur, sie werden auch an Schreiber des Büros, oder auch hier, an Thothhotep und andere vergeben, wenn sie bei dem Umzug mitmachen. - Den Gott Sokar kennst du auch nicht? Er hat sein Haus oben am Rand der Wüste, wo die Häuser der Ewigkeit der Könige und Beamten liegen.“ Sie deutete vage auf das Hochufer. „Dahinter, in der Wüste liegt ein Ort namens Ra-setjau. Dort hat er sein Heiligtum. Er schützt die Handwerker, die die Gräber bauen, und wohl auch die Gräber selbst. Er reist immer auf einer Barke. Einmal im Jahr, immer in den letzten Tagen der Jahreszeit der Überschwemmung findet ein großes Fest zu seinen Ehren statt. Genauer, es beginnt am Tag sechsundzwanzig und endet am Tage dreißig des letzten Monats Achet. Aber es findet eben an seinem Heiligtum statt, und der Herr der beiden Länder, er lebe, sei heil und gesund, sogar nimmt daran in Person teil. Alle Sterblichen, die daran mitwirken dürfen, tragen diese Zwiebelketten. Was draußen am Heiligtum selbst geschieht, weiß ich natürlich nicht, aber es werden Riten stattfinden, um den Gott auf das Fest vorzubereiten und seine Barke mit einer Statue wird auf einen Schlitten gesetzt. Dieser Schlitten wird von vornehmen Herren und Priestern gezogen, bis hier herunter nach Ibenu-hedj. Am zweiten Tag werden die Mauern unserer Stadt umkreist, wobei selten genug der Herr der beiden Länder höchstselbst die Barke zieht, und wer kann, folgt der Prozession, mit Zwiebeln geschmückt. Dann ziehen sie, nach einem Opfer, wieder hinauf zu dem Heiligtum. Ich hörte, am letzten Tag der Überschwemmungsjahreszeit dauern die Riten von frühmorgens bis zum nächsten Sonnenaufgang, dem ersten Tag des ersten Monats der Peret, und es werden Pfeiler durch den König höchstselbst aufgestellt. Der Herr ist danach immer sehr müde und versucht einen Tag lang zu schlafen. Mach also schöne Ketten, denn der Herr wird sie tragen, auch welche verschenken – und sie alle werden vom Horus selbst und Sokar gesehen!“ „Solch ein großes Fest,“ staunte Nefer. „Ich werde mir Mühe geben. Vielleicht gelingt es mir einen Blick auf den Herrn der beiden Länder, er lebe, sei heil und gesund, zu erhaschen!“ Hm. Das hieß ja wohl, dass auch Akenptah an diesem Fest teilnehmen würde und sich einige Tage außerhalb der Stadt aufhalten würde, oder? In Gegenwart des Königs sollte er sicher sein, aber es war ja nicht gesagt, dass er daran mitwirken würde.   So erkundigte sie sich später danach. Sat-Sachmet war zwar so freundlich gewesen ihr den Festablauf zu erklären, aber die Haushälterin hatte viel um die Ohren und war nicht immer nur freundlich. Sie schien ihr durchaus gewogen, aber man sollte nicht übertreiben. Allerdings war es im Haushalt Sobeknachts nicht schwer Frauen dazu zu bewegen über seinen Sohn zu sprechen, den sie alle, ob alt oder jung, einfach nett und reizend, und einen armen Kerl fanden. Ja, er würde am Fest teilnehmen, obwohl er doch erst solch eine lange Reise hinter sich hatte, aber natürlich war das auch eine Gelegenheit sich dem guten Gott höchstselbst in Erinnerung zu bringen, vielleicht schon zum Nachfolger seines Vaters bestimmt zu werden, was ihm alle gönnten. Er sei so ein nettes Kind gewesen und das schreckliche Unglück … Nefer, die von Natur aus und durch ihre Erlebnisse, recht nüchtern war, fand das ein wenig übertrieben. Aber, was sollte es. Sie würde den jungen Herrn bestimmt sehen, wenn sie sich heute Abend zum Essensdienst eintragen ließ, danach musste sie eben zusehen, dass sie in den Palast zur Besprechung kam. Schon morgen früh würden der tjati und sein Sohn mit dem mächtigen Horus selbst in die Wüste aufbrechen und dort übernachten. Natürlich nicht einfach so, für den Hof stand etwas entfernt ein kleiner Palast zur Verfügung, das hatte ihr Meruka einmal erzählt, der als Privatschreiber des Königs und Stiefsohn des Königsbruders ebenfalls daran teilnehmen durfte.   Teilnehmen musste, hätte dieser vermutlich korrigiert. Es gefiel ihm nicht sonderlich, dass er mit zu dem Heiligtum sollte. Ja, es war wichtig für die Fruchtbarkeit und den Schutz der Toten dort oben, aber …. Er hatte ein ungutes Gefühl. Sicher, die Getreuen des Königs waren um diesen und den gesamten Hof, und vermutlich war es in der Einsamkeit von Ra-sentjau harmloser für Akenptah und Menhekat als in der deutlich unübersichtlicheren Stadt. Aber es gab diesen Tag Zwei, das Ziehen der Barke um die Mauern. Und praktisch alle Einwohner von Ibenu-hedj würden tanzend und singend der Prozession folgen, angeführt von den Frauen des ipet. Ein unübersichtliches Menschengewirr, in dem vielleicht noch ein dritter junger Beamter in den Westen geschickt wurde, weil er zu viel mitbekommen hatte? Wer auch immer dahinter steckte, mit welchem Ziel auch immer, bemühte sich ja anscheinend, auch nur potentielle Zeugen zu beseitigen. Er konnte sich inzwischen vorstellen, was Sennefer zugestoßen war, warum der arme Junge so begeistert von Aufstieg geschwärmt hatte. Dann jedoch musste dem jungen Beamten beim Nachdenken auf seiner Domäne klar geworden sein, dass und was er da mitbekommen hatte – und hatte sich durch Menmire abschirmen wollen, darum dem einen Brief geschrieben. Aber zunächst einmal, da war sich Meruka inzwischen sicher, hatte er an nicht Schlimmes gedacht. Er hatte die Ehrenkette des tjati als Geschenk genommen und getragen, bestimmt, ohne den eigentlichen Wert zu ahnen – aber erst in Ibenu-hedj, nicht vor den Augen Sobeknachts. Dieser hätte ihn garantiert des Diebstahls bezichtigt und jedes Wort Sennefers, er habe es doch von einem Schreiber im Auftrag des tjati und als Zusicherung weiterer Förderung erhalten, als glatte Lüge eingestuft. Zufall oder Klugheit, Sennefer hatte die Kette erst in der Hauptstadt getragen und war damit der ersten Falle entkommen. Aber in Ibenu-hedj schlug die zweite zu. Was nur konnte der Junge mitbekommen haben, dass jemand, der auch nur den Verdacht hatte, er habe ihn belauscht oder gesehen, ihn derart zielsicher ausschalten wollte? Es musste um Schwerwiegenderes als Mord gehen, und leider fiel ihm da nur weiterer Mord oder Hochverrat ein. Merit würde gewiss im Gefolge der maat-hor das Sistrum schütteln oder singen, Ptahnacht mit zum Heiligtum des Sokar zu nehmen war ebenso einfach wie Rahotep als Arzt. Dann hätte er zumindest schon stets zwei bis drei Leute dabei, die aufpassten. Nefer? Sie konnte fast unmöglich aus der Tarnung weg, außer, auch der Haushalt des tjati durfte sich unter dem allgemeinen Volk der Prozession anschließen. Doch, das war eigentlich als sicher anzunehmen. Was tat denn überhaupt der jüngere Königssohn? Menka? War der mit in der Wüste oder mit bei den Frauen des ipet? Aber er konnte jetzt nicht hinübergehen, Merit saß gewiss als Schreiberin bei der Königsgemahlin. Es würde Aufsehen erregen. Vielleicht konnte er ihr ein Steinchen zukommen lassen, dessen Zeichen sie inzwischen kennen sollte – dass sie sich zu ihrem Treffpunkt begeben sollte, abends.   Auf der Suche nach einem Diener, der ihm abnehmen würde, dass das ein Liebesbrief sei, stieß er in einem Seitengang überraschend auf die junge Dame. Sie schien erleichtert ihn zu sehen. „Kann ich dich kurz sprechen?“ hauchte sie. „Ja, aber ...“ Er blickte sich unwillkürlich um. Merit schüttelte den Kopf, so dass die sorgfältig frisierten Strähnen ihrer Perücke flogen. „Komm schon.“ Sie führte ihn in den Garten an einen Fischteich. „Wenn sie uns hier wirklich sehen, denken sie höchstens du willst mit mir anbändeln,“ erklärte sie. „Sie werden dich bemitleiden, das ist alles.“ „Was ist passiert?“ Stimmt, dieser Teich war nur vom ipet aus einsehbar – und vom Thronsaal aus, aber kaum anzunehmen, dass in beiden Häusern jemand die Wand hochkletterte, um aus den hochgelegenen Fensterspalten zu spähen. Zuhören war unmöglich, da um sie Beete Kornblumen und anderen waren. Erst etwa fünf Meter entfernt boten Sykomoren und Dumdum-Palmen Schatten. Sie kannte sich hier wirklich aus. „Noch nichts. Aber, wir haben gleich das Sokar-Fest. Menhekat und Akenptah werden mit in die Wüste ziehen.“ „Ja. Ich auch, Ptahnacht und Rahotep sollen auch dabei sein. - Was ist mit Menka?“ „Er soll dieses Jahr zum ersten Mal mitgehen. Ka-merit ist sehr stolz darauf. Aber, damit wären alle drei Erben an einem Ort.“ „Du denkst mit. Ja.“ Meruka überlegte. „Nein, wir machen nichts anderes. Du wirst im Gefolge der maat-hor sein?“ „Ja, am zweiten Tag, gleich hinter der Sänfte des Horus. Die ranghöchsten Beamten, aber auch Menhekat, Akenptah und Menka werden die Barke des Sokar ziehen.“ „Also auch Sobeknacht als tjati?“ „Ja, wie immer, denke ich.“ „Hm. Mit den drei Jungen sind es zwölf Personen, die die Barke ziehen.“ Der Weg des Zuges wurde von Wachen freigehalten, überdies warfen sich alle Menschen vor der Barke und erst recht dem lebenden Gott zu Boden. „Der Umzug und auch die Wüste scheinen mir sicherer als das, was danach kommt. Wenn die Prozession um die Mauern vorbei ist, geht es wieder auf das Wüstenplateau. Ist Menka dann auch wieder dabei oder die anderen Beiden?“ „Ich denke schon, man kann doch heilige Riten nicht einfach abbrechen!“ Merit musterte ihren Vorgesetzten. „Du machst dir Sorgen?“ „Ja,“ gab er zu. „Etwas ist in Vorbereitung und wir wissen nicht, was. Das Neujahrsfest ging vorbei, ohne dass etwas geschah. Aber nun sind Menhekat und Akenptah auch wieder in der Hauptstadt. Ich fürchte einen großen Schlag.“ Merit versuchte nicht so zu tun als habe sie nicht verstanden. „Solange diese Zwei weg waren, war auch Menka in Sicherheit? Je weiter die drei auseinander sind, desto mehr schützen sie sich gegenseitig.“ „Du hast es erfasst.“ Nun, ohne Grund wäre sie auch keine Schreiberin der Königinmutter geworden. „Du kennst dich doch im Erbrecht aus. Wer erbt, wenn diese Drei aus dem Weg sind?“ Sie starrte ihn sichtlich überrascht an, ehe sie ehrlich sagte: „Naja, du.“ Im nächsten Moment bereute sie ihren Satz, denn ihr Vorgesetzter wurde totenblass. „Wie bitte? Ich gehöre nicht zur königlichen Familie.“ „Nun ja, es gibt dann noch den Sohn der Tochter Hekaptahs, aber das ist schon ziemlich weit weg. Er ist nur der Enkel eines Königssohnes. Und du bist, wenngleich Stiefsohn, Sohn eines Königssohnes. Im Übrigen steht es dem Herrn der beiden Länder natürlich frei jeden als seinen Nachfolger zu wählen.“ Meruka versuchte sich von seinem gewissen Schock zu erholen, das vollkommen aus den Augen verloren zu haben. „Und warum sollte ein Junge, der direkt in der Blutlinie folgt, nicht Vorrang vor mir haben?“ „Er ist drei oder fünf oder so. Dennoch wird eigentlich immer vermieden, wurde mir gesagt, dass ein Horus nicht erwachsen ist.“ Meruka nickte etwas. „Und da haben wir ein wunderbares Motiv. - Die Mutter des Jungen heißt Meresanch, wie du, sie ist ja sozusagen meine Schwester. Ihr Mann Padiselket ist hoher Beamter im Gazellengau, naja, eigentlich Säbelantilopengau, aber du weißt, wie man es nennt. Er ist der Verwalter der Gräben, zuständig für die Bewässerung und die Landwirtschaft, und ist auch oft hier, während die Familie in der Hauptstadt Hebenu bleibt. Ich kenne ihn und er erschien mir nie als Mörder. Aber, das mag täuschen. Wenn die Königssöhne und Akenptah weg sind, wäre sein Sohn, oh, heißt der nicht auch Sennefer? - der voraussichtliche Erbe aus königlichem Blut. Mich würde ich da nicht zählen. Auch, wenn du Recht hast, und der Lebende Horus jeden zu seinem Nachfolger ernennen kann, der ihm geeignet erscheint.“ Er musste dringend mit seinem Vorgesetzten, Stiefvater und Königssohn reden. Wie er Hekaptah kannte, war dem das auch entgangen. Gut, es war auch nie zur Sprache gekommen, als seine Mutter ein zweites Mal geheiratet hatte, war er bereits siebzehn gewesen, ein erwachsener Mann, in der königlichen Familie hatte es Erben gegeben. Schon bei Akenptah wäre noch vor Jahren niemand auf den Einfall gekommen, er sei irgendwie erbberechtigt. Man dachte einfach an so etwas nicht, wenn es Königssöhne gab. Lag er doch falsch? Ging es gar nicht um Königssöhne oder Erbe? Doch um diese Schule für Bauernsöhne in Iunu?   Nefer deckte die zwei kleinen Tische, die vor den Hockern von Vater und Sohn aufgebaut worden. Heute Abend würden die Zwei nicht im Palast essen sondern hier, um gleich mit Morgengrauen im Palast zu der ersten Prozession aufbrechen zu können. Ein Tross von über hundert Männern würde zu dem Heiligtum des Sokar ziehen, natürlich der Herr der beiden Länder in einer Sänfte, ebenso Sobeknacht, Hekaptah und andere wichtige Personen, geschützt von Wedelträgern vor der Wüstensonne und von Wachen und Dienern umgeben. Sicher war oben im Palast schon alles hergerichtet worden, um den lebenden Gott und sein Gefolge gebührend unterzubringen, für Wachen und Diener gab es Überdachungen. Die meiste Zeit stand der kleine Palast in der Wüste ja leer, und so musste er von Sand und Getier gereinigt werden, möbliert. Ah, jemand war schon so nett gewesen und hatte die Bierkrüge hingestellt. So bückte sie sich vor der Tür, deren Matte hochgerollt war und wandte sich, je einen tönernen Henkelkrug in einer Hand ab. Nur, um festzustellen, dass sie etwas hart von hinten traf. Mit einem unwillkürlichen Aufschrei stürzte sie nach vorn, versuchte noch die Krüge zu retten, aber diese, samt Inhalt, verteilten sich auf dem Fliesenboden. Irgendwie schaffte sie es noch den Kopf empor zu reißen, um nicht in die Splitter zu fallen. Was war das denn gewesen? Mühsam raffte sie sich auf. „Oh, bei Ptah!“ sagte ein Mann hinter ihr und sie fuhr herum. Er mochte sechzehn, siebzehn Jahre alt sein, aber sie musste nur einen Blick auf den Schmuck um seinen Hals und an seinen Oberarmen werden, nicht zu vergessen die, nach der neuesten Hofmode gearbeiteten Reifen um die Fußknöchel, dass sie nicht gewusst hätte, wer er war. Akenptah, der junge Sohn des Hauses. Hastig neigte sie den Kopf. Eine Dienerin musste sich entschuldigen. So stammelte sie: „Ich bitte um Vergebung, junger Herr, ich hatte dich nicht bemerkt.“ „Ich muss mich entschuldigen, Mädchen, nein, gute Frau. Ich lief rückwärts, da ich mit jemandem redete und gar nicht bemerkte, dass du hier schon arbeitest.“ Er entschuldigte sich, statt sie für ihr Ungeschick strafen zu lassen? Und sein Lächeln ließ Nefer begreifen, warum so viele Angehörige des Haushaltes ihn liebenswürdig fanden. Jedenfalls: das war DIE Gelegenheit, wie Meruka es wünschte, an ihn heranzukommen. „Danke, das ist sehr freundlich von dir. Ich … entschuldige, ich muss hier aufwischen und natürlich neu Krüge bringen.“ „Lass nur. - He, Thothhotep,“ rief er – und verriet damit, dass er mit diesem geredet hatte. „Schick neues Bier und jemanden, der hier aufwischt. - Du brauchst nicht für meine Fehler zu arbeiten, hast dir gewiss auch weh getan. ...Dich habe ich hier noch nicht gesehen.“ „Oh danke. Ich bin Nefer, eine verwitwete Bäuerin aus einem Dorf bei Abu.“ „Aus Abu? Da komme ich gerade her. So bist du noch nicht lange hier?“ „Nein.“ Eigenartig, aber sie verstand immer mehr, warum ihn das Personal so anhimmelte. „Hübsche Gegend.“ Oh, er wollte höflich sein, denn „hübsch“ war nicht das Attribut, dass sie der trockenen, oft sonnenverbrannten Gegend zugebilligt hätte. Bis auf das schmale fruchtbare Land am Fluss selbst, natürlich. Dennoch, sie sollte sich alles merken, was er sagte, denn heute Abend wäre die letzte Besprechung der Gruppe, vorausgesetzt, sie konnte sich davonstehlen, ehe Meruka und ihre beiden anderen männlichen Partner für die Tage des Festes nicht erreichbar waren. Immerhin war es ihr in den letzten beiden Tagen gelungen viele Details zu erfahren – nichts, womit sie selbst etwas anfangen konnte, aber Meruka würde es sicher. So lächelte sie etwas, gespielt mühsam. „Ja, junger Herr.“ „Schon gut.“ Er seufzte etwas. „Du kannst gehen, Bäuerin. Nefer, war dein Name.“ Diese wusste sich die Bemerkung zu deuten. Ja, er wollte nett sein, aber ganz offensichtlich hatte er keine Ahnung, wie sich Leute vom Land fühlten, die derart von einem so Ranghohen angesprochen wurden. Nun ja. Er hatte sein ganzes Leben ja wohl am Hof verbracht, ähnlich wie Merit oder die Königskinder. Das war eine sehr kleine Gruppe von Menschen, wohl eher, Männern, die über das Schicksal der Anderen in kemet entschied. Meruka war da anders, aber dieser Meinung waren auch Ptahnacht und Rahotep, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)