Bend, not Broken von Cookie-Hunter ================================================================================ Prolog: -------- „Wo willst du hin?“ Langsam drehte sich Kyo um und sah in das verschlafene Gesicht Toshiyas, dessen dunkle Haare wild vom Kopf ab standen. Kein Wunder bei dem, was sie nur wenige Stunden zuvor getrieben hatten. „Bad“, antwortete der Sänger, selbst noch recht verschlafen und mit einem leichten Schmunzeln. „Okay“, nuschelte der Bassist und ließ sich wieder in die Kissen fallen, kuschelte sich in die Decke. Zufrieden mit diesem Anblick ging Kyo weiter in das angrenzende Badezimmer, wo er einem natürlichen Bedürfnis nach ging. Lästig, wenn man davon geweckt wurde, aber dagegen tun konnte man ja auch nichts. Beim Verlassen des Badezimmers blieb er noch einmal in der Tür stehen, betrachtete durch den Schein der Lampe in seinem Rücken das Bett und dessen Inhalt. So hatte er es am Liebsten. Und wer lag nicht gerne am Ende des Tages bei der Person, die er liebte. Oder in diesem Fall den Personen. Glücklich lächelnd löschte er das Licht, wartete einen Augenblick, bis seine Augen sich wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Zielstrebig ging es auf die Mitte des Bettes zu, wo er mit einem leisen Kichern unter die Decke krabbelte. Anders kam man ja nicht zwischen die anderen beiden, wenn sie fest schliefen. Am Kopfende angekommen spürte er auch gleich, wie sich Toshiyas Arme um ihn schlangen und an dessen Körper drückten. Er ließ ihn machen. Immerhin schlief der Jüngere so am Besten. Sagte er zumindest. Kyo tastete derweil nach der Hand seiner anderen, liebsten Person. Doch es war seine Hand, die gefunden wurde. War Shinya also auch wach geworden. „Schlaf noch gut“, kam es leise von dem Drummer, der ihre Finger miteinander verwob. „Du auch“, flüsterte der blonde Sänger und übte leicht Druck auf die Hand in seiner aus. In dem Moment spürte er, wie sich die Arme um seinen Bauch noch etwas enger um ihn schlangen. „Du auch, Toshiya.“ Ein tiefes, zufriedenes Einatmen von dem Mann hinter dem Kleinsten sagte ihnen beiden, dass er den Wunsch an sie beide erwiderte. Seine freie Hand legte der Sänger auf einen der Arme, die ihn fest hielten. Nirgendwo auf dieser Welt fühlte er sich sicherer und geborgener als hier. Zwischen den beiden Männern, denen er sein Herz zu Füßen legen würde. Kapitel 1: Tagesplanung ----------------------- Ausgeruht schlenderten Kyo und Shinya am nächsten Morgen in den Speisesaal, wo Die und ein paar ihre Crewmitglieder bereits mit dem Frühstück angefangen hatten und sich munter unterhielten. „Ohayou“, warf der Kleinere von beiden in die Runde, nickte dabei jedem einmal kurz zu, während Shinya es ihm gleich tat. Nach einer kurzen Erwiderung des Grußes meinte der Gitarrist: „Setzt euch doch.“ Die beiden Musiker folgten der Aufforderung ihres Freundes und ließen sich auf zwei der noch verbliebenen Plätze nieder. „Wo habt ihr Toshiya gelassen?“ „Der tat sich schwer mit Aufstehen“, erklärte der Sänger und nahm sich etwas von dem aufgetischten Essen, „als wir eben aus dem Zimmer sind, war er gerade erst unter die Dusche gegangen. Wird wohl noch ein paar Minuten dauern.“ Wobei es kein Wunder gewesen war, nachdem sie ihn in der vergangenen Nacht so ausgepowert hatten. Da war es schon erstaunlich gewesen, dass er in der Nacht mitbekommen hatte, wie Kyo aus dem Bett geschlichen war. Hin und wieder warf der Ältere einen Blick zu dem Drummer, um sicher zu gehen, dass er ihm das richtige zu Essen reichen würde. Ihm schmeckten nicht jeden Morgen dieselben Dinge. Da kam es vor, dass der Jüngere an 3 Tagen in der Woche Natto aß und an den anderen 4 jeden davon scheuchte, der ihm mit dem Zeug zu nahe kam. Zum Glück gab es ein paar Dinge, die nie fehlen durften. „Wo steckt eigentlich Kaoru? Sollte es mal vorkommen, dass er verschlafen hat?“ „Uhm...“, meldete sich einer der Männer von der Crew und schluckte seinen Bissen hinunter. „Der ist schon fertig mit Frühstück und ist mit ein paar der Anderen raus, um eine zu rauchen.“ „Ah, soudesuka.“ Hätte den Blonden auch sehr erstaunt, wenn ihr Bandleader verschlafen hätte. Shinya lehnte sich etwas gegen ihn und flüsterte ihm ins Ohr: „Bin ich froh, dass du damit aufgehört hast.“ „Musste ja sein“, murmelte er. Mal ganz davon ab, dass es für seine Stimme besser war, hatte Shinya ihn damit 'motiviert' dass es erst wieder Sex gegeben hatte, wenn er davon weg war. Und Toshiya hatte auch noch mitgemacht. Mit die 5 schlimmsten Wochen seines Lebens gewesen. So ein doppelter Entzug war echt eine Folter. Wobei er immer noch nicht sagen konnte, welcher schlimmer gewesen war. Wobei seine beiden Liebsten ihn am Ende auch fürstlich belohnt hatten. Ein leises, amüsiertes Kichern erklang an seinem Ohr, ehe er einen leichten Kuss darauf gehaucht bekam. Und noch einmal, weil diese dann auch noch sehr rot wurden. „Du bist so ein...“ „Ich weiß“, kam es sanft von dem Jüngeren, der sich auch weiterhin über die Röte des Älteren amüsierte. Daisuke schüttelte den Kopf, lachte: „Manchmal benehmt ihr euch wirklich kitschig.“ Herausfordernd sah Shinya zu dem Gitarristen rüber. „Wenn wir wollen können wir noch viel kitschiger sein.“ „Untersteh dich!“, ertönte es synchron von Sänger und Gitarristen, was von allen Anwesenden mit lauten Lachen beantwortet wurde. In dem Moment betrat Kaoru, in Begleitung einiger Crewmitglieder, den Speisesaal, blieb aber in der Tür stehen. „Was ist denn hier los?“ Irgendetwas mussten sie verpasst haben. Nach einem kurzen Blick über die Anwesenden musste es auf die Kosten von Daisuke und Kyo gegangen sein, so wie die schmollten. Worum genau es ging, dass musste er allerdings nicht wissen. Hauptsache, es blieb alles nur bei einem Spaß. Zusammen mit dem Tourmanager und dem Chef ihrer Crew stellte er sich an dem Kopfende des Tisches auf, weil es um den Verlauf des Tages ging. Gerade holte er Luft, als ihm dann etwas auffiel: „Wo ist denn unser Bassist?“ Fragend sah er zu Shinya. „Der wird bald hier sein. Er war der Letzte unter der Dusche.“ „Gut. Dann können wir euch ja dennoch erzählen, wie es heute und morgen ablaufen wird.“ Anfangen tat ihr Crewchef, der seinen Leuten mitteilte, dass sie in einer halben Stunden Zugang zu der Halle hatten und sich an den Aufbau machen konnten. Es sollten sich doch bitte alle bis dahin dort versammelt haben. „Wir“, begann Kaoru dann und sah seine 3 Freunde an, „haben bis um fünf etwa freie Zeit. Danach müssten auch wir zur Halle, um die Technik und Akustik einzustellen und anzupassen. Wie lange das dauert ist schwer vorher zu sagen. Wir sind zwar geübt und alles, aber ihr kennt es ja. Morgen dann ist der Vormittag auch noch frei. Nur dich, Kyo, würde ich dann darum bitten an unser Interview morgen zu denken. Da müssen wir beide dieses Mal ran.“ Der Sänger nickte und schob sich einen Bissen von seinem Frühstück zwischen die Zähne. Den Termin hatte er fest im Hinterkopf. „Gut, wenn ihr Anderen dann bitte ab etwa Vier schon mal an der Location seid? Noch mal etwas einspielen und soweit fertig machen. Wir sehen zu, dass wir rechtzeitig nach kommen, um wegen der Leute mit dem VIP-Ticket da zu sein. Und dann... Dann rocken wir das Haus.“ Grinsend und zufrieden sah er in die Runde, von der er eine positive Rückmeldung erhielt. „Wenn noch Fragen offen sind, kommt zu einem von uns. Aber das kennt ihr ja auch schon bis zum Abwinken.“ Damit war die kleine Besprechung auch schon wieder vorbei. Nun ging Kaoru direkt auf Shinya und Kyo zu, wollte er doch den Jüngeren noch etwas fragen. „Hey, Shinya.“ „Hm?“ „Lust mit mir ein wenig durch die Stadt zu gehen? Ich hab keine Lust den ganzen Tag hier im Hotel zu sitzen“, erklärte der Gitarrist und sah abwartend zu dem Drummer. Dieser überlegte und sah zu seinem Freund, wollte wissen, was der meinte. Zumal sie auch schon ein paar Überlegungen gemacht hatten, wie man sich denn die Zeit vertreiben könnte. „Geh ruhig.“ Sanft lächelte der Sänger. „Ich sehe in der Zwischenzeit zu, dass Toshiya ein bisschen was von dem Wellness-Angebot hier bekommt.“ Etwas, was jener sich mehr als nur verdient hatte. „Anô, würdest du mir dann nur einen kleinen Gefallen tun?“ Etwa schüchtern sah Kyo zu dem Größeren und kratzte sich verlegen an der Wange. Dafür erhielt er von dem Honigblonden einen flüchtigen, kurzen Kuss auf die Stirn. „Ich bringe dir einen neuen Block mit. Kein Problem.“ „Dômo.“ Schmunzelnd sah Kaoru von Einem zum Anderen. Manchmal war es wirklich zu beneiden, wie gut die 3 sich untereinander auch ohne Worte verstehen konnten. „Oi! Daisuke!“ „Hai?“ Verwundert sah der Rhythmusgitarrist von seinem restlichen Frühstück auf. „Lust Shinya und mich zu begleiten?“ „Klar“, kam es gleich sehr begeistert von dem Mann mit dem langen, dunklen Haar. „Ich wollte eh wissen, ob es diesen einen, kleinen Laden gibt. Dort hab ich letztes Mal ein paar sehr coole Klamotten gefunden.“ „Dann schauen wir mal, ob es den noch gibt.“ Kaoru wandte sich an Kyo. „Erzählst du Toshiya dann gleich den Tagesablauf?“ „Klar, kein Problem. Der wird eingeweiht.“ „Danke dir. Dann esst mal in Ruhe zu Ende. Ich muss eh noch nach oben. Geld und Handy holen. Und was zum Verkleiden. Sind bestimmt schon einige Fans in der Stadt.“ Und so ein klein wenig Ruhe wollte man dann ja bei etwas so banalem wie durch die Gegend wandern dann ja doch. Kaoru verabschiedete sich für den Moment und trat den Weg zurück in sein Hotelzimmer an. „Und es macht dir wirklich nichts aus, wenn ich gleich gehe?“, erkundigte sich Shinya noch einmal bei seinem Freund. Kyo schluckte seinen Bissen herunter, seufzte und legte den Kopf schief. „Dann hätte ich was gesagt. Zudem: Nur weil wir zusammen sind, müssen wir nicht ständig alles gemeinsam machen. Solange wir nur in der Nacht das Bett teilen, kannst du tagsüber auch ruhig mal mit Kaoru oder Daisuke oder sonst wem los ziehen.“ Der Blonde wandte sich wieder seinem Essen zu, leerte seine Tasse. „Außerdem bringst du mir ja ein neues Notizbuch mit. Erspart mir die Arbeit selbst los zu müssen.“ Grinsend sah er wieder rüber, bekam aber gleich einen Kuss auf die Lippen. Eigentlich sollten sie sich ja in der Öffentlichkeit zurück halten, aber da sie hier in der Ecke doch etwas abgeschottet lagen, war das kein Problem. „Zudem“, fuhr Kyo flüsternd fort, „vertraue ich dir.“ „Was mich immer wieder ehrt. Und ich verspreche dir auch immer wieder, dass ich es nicht enttäuschen werde.“ „Versprich es nicht zu oft, sonst verliert dein Wort an Wert.“ „Wakarimasu.“ „Hey“, kam es dann verschlafen von Toshiya, der sich ihrem Tisch näherte. „Da bist du ja“, sagte Shinya und lächelte seinen Partner an, während der näher kam. „Wie geht es dir?“, war dann gleich seine nächste, etwas besorgte Frage. Toshiya holte sich noch eine kleine Streicheleinheit zur Begrüßung von Kyo, ehe er sich neben Shinya setzte und sich ein Frühstück zusammenstellte. „Gut. Noch ein wenig k.o., aber sonst ist alles gut. Macht euch keine Sorgen.“ „Er hat schon mal Appetit. Das ist ein gutes Zeichen“, kommentierte der Sänger den Berg an Essen, der sich nun vor dem Größeren befand. Sollte er ruhig zuschlagen. In der letzten Nacht hatten sie schließlich einiges an Kalorien verbrannt. Jetzt mussten die Energiereserven wieder aufgefüllt werden. Shinya beendete sein Frühstück und ging dann zusammen mit ihrem 2. Gitarristen nach oben, um sich wie Kaoru auf den Ausflug vorzubereiten. Toshiya nutzte den frei gewordenen Platz, um sich selbst darauf nieder zu lassen und so näher bei Kyo zu sein. Unter dem Tisch ließ er seinen rechten Fuß zur Seite wandern, hakte sich mit diesem bei seinem Freund ein, was selbigen zum Grinsen brachte. Das war einfach das Bedürfnis nach Nähe bei dem Größeren. Besonders, wenn er noch so müde war. Bei einer weiteren Tasse Tee wartete der Sänger darauf, dass der Andere etwas wacher wurde. „Was steht denn heute an?“ Auf den Moment hatte Kyo gewartet. Es zeigte nämlich, dass der Mann neben ihm Aufnahmefähig war. Nun erzählte er ihm in einer Kurzfassung, was Kaoru zu ihrer Tagesplanung gesagt hatte. „Doch für uns beide und besonders für dich, geht es gleich in den Wellness-Bereich. Shinya und ich haben beschlossen, dass die Leute dort dich verwöhnen sollen. Massage und all sowas. Um deine strapazierten Muskeln was Gutes zu tun.“ „Klingt schön. Aber wir machen nicht nur Erholung, oder? Das wird irgendwann langweilig.“ „Wir können natürlich auch noch etwas anderes machen.“ War für ihn schließlich auch nichts. Hin und wieder ja, aber nur Wellness fand er auch doof. „Schwebt dir denn was vor?“ „Eis.“ „Eis?“ Verwirrt und auch ein wenig geschockt sah Kyo zur Seite. „Wie? Eis?“ „Na, Eis eben. Lass uns irgendwo ein Eis essen gehen. Du zahlst.“ Der Blonde wollte schon zum Protest ansetzen, wofür er den Mund öffnete. Nur Sekunden später klappte er ihn wieder zu und seufzte. „Ausnahmsweise.“ Toshiya neben ihm begann breit zu Grinsen. Ganz eben, wie ein Kind, dass seinen Willen bekommen hatte. Doch Kyo war glücklich, wenn er seine Liebsten Lächeln sah. Kapitel 2: Die Schönheit der kleinen Dinge ------------------------------------------ Kapitel 2: Die Schönheit der kleinen Dinge Völlig entspannt lag Toshiya auf der Massageliege und ließ sich fachmännisch von einer jungen Dame bearbeiten. Mit einem wohligen Seufzen oder anderweitigem Laut ließ er hin und wieder verlauten, wie schön er diese Behandlung fand. Selbst Kyo, der auf einer Liege daneben die gleiche Prozedur erhielt, genoss was mit ihm gemacht wurde. Unter normalen Umständen hätte er sich das niemals angetan, aber sein Freund hatte drauf bestanden. Vielleicht sollte er doch des Öfteren Gelegenheit für so etwas finden. Toshiya gab einen tiefen, kehligen Laut von sich, als die junge Dame eine sehr verspannte Stelle erwischte. Auf der Nachbarliege öffnete Kyo daraufhin überrascht die Augen. Das Geräusch kannte er zwar von seinem Partner, allerdings in einem ganz anderen Zusammenhang. „So gut?“ „Jaa“, hörte man es von dem Bassisten, der sich immer zufriedener anhörte. War wirklich die richtige Entscheidung gewesen, ihn hier her zu bringen. Grübelnd sah der Jüngere auf die Eiskarte. Irgendwie konnte er sich nicht so recht entscheiden. Bei der großen Auswahl aber auch kein Wunder. Eine seiner liebenswerten, kindlichen Eigenschaften in Kyos Augen. „Wenn du auf so vieles Hunger hast, dann nimm dir doch einen einfachen Becher mit all den Sorten, die du haben möchtest.“ „Aber... bei denen hier sind immer noch so tolle Sachen dabei. Das hätte ich nicht, wenn ich mir nur die Kugeln bestelle. Deswegen fällt es mir auch so schwer.“ Die Stirn in Falten gelegt, studierte er weiter die Karte. Währenddessen schob der Sänger unterm Tisch seinen Fuß an einen von seinem Gegenüber heran, sodass es für Außenstehende nach Zufall aussehen mochte, aber doch gezielt einen Kontakt bedeuten sollte. „Und wenn wir uns so einen Becher für Zwei bestellen?“ Lieb guckte der Bassist auf. Allerdings verzog sein Freund etwas das Gesicht. „Du weißt, dass ich es nicht so mit Eiscreme habe.“ „Kannst ja die Früchte haben.“ Kyo seufzte. Er wollte jetzt kein Eis. Und auch keine Früchte. Dafür aber seinen Tee, welchen er erst bestellen wollte, wenn auch der Andere so weit war. „Ich kann mich nicht entscheiden“, jammerte Toshiya und ließ die Karte sinken. „Was“, begann Kyo und nahm die Karte an sich, „steht denn zur Auswahl?“ Grummelnd tippte der Bassist auf vier verschiedene Eisbecher. Eine große Auswahl. „Soll ich dir einfach einen von denen aussuchen?“ Toshiya, ein wenig beleidigt, weil er selbst es nicht schaffte, nickte nur. Der Sänger legte die Karte auf den Tisch, signalisierte so, dass sie sich entschieden hatten. Nur einen Augenblick später stand auch bereits eine junge Dame an ihrem Tisch. „Für mich bitte einen grünen Tee mit etwas Lychee. Und für meinen Freund hier den-“ „Den hier!“, bestimmte der Jüngere dann doch selbst, in dem er seinen Finger auf die Karte legte. Genau auf einen mit viel Schokolade. Für einen Moment war die Frau verwirrt, schrieb dann aber doch die Bestellung auf und ging. „Sumimasen. Jetzt hab doch ich bestellt.“ Ehrlich bedauernd senkte der Bassist den Kopf etwas, und spielte mit seinen Händen. Von seinem Gegenüber bekam er dafür ein leises Lachen. „Schon gut. Genau das hatte ich nämlich provozieren wollen.“ „Eh?“ „Ich hatte gehofft, dass du dich entscheidest, wenn ich die Sache in die Hand nehme und den 'falschen' bestelle. Ganz einfach Psychologie“, erklärte sich der Ältere mit einem kleinen Grinsen. „Boah, wie gemein.“ „Dafür bekommst du jetzt das, was du wirklich haben willst.“ Dafür war ihm dieser kleine Trick recht. „Anô... Was wollen wir Shinya eigentlich mit bringen?“, wechselte Toshiya das Thema und sah seinen Freund fragend an. Kurz sah der Blonde zur Decke, überlegte, ehe er wieder in die Karte sah. „Was hältst du von einem Banana-Split? Und eine der Kugeln ersetzen wir durch... Apfel?“ „Das könnte ihm gefallen“, pflichtete der Größere ihm bei, grinste dann: „Und eine andere durch Pistazie.“ Grinsend nickte Kyo, zeigte damit sein Einverständnis. Zumindest klang ihre Idee nach etwas, dass dem Jüngsten in ihrem Bunde gefallen könnte. Obwohl er ihn auch gerne bei ihnen gehabt hätte. Aber sie konnten ja auch nicht rund um die Uhr zusammen sein. Nicht mal auf einer Tour. Dennoch, so eine Zeit zu zweit hatte auch etwas für sich. Da konnte man sich besser aufeinander konzentrieren. „Hast du eine Idee, was wir heute Abend machen könnten? Wenn wir mit der Tonprobe durch sind und so?“, fragte Kyo den Anderen. Immerhin stand jener heute ein wenig im Mittelpunkt ihrer Beziehung. „Hm“, machte der Jüngere und dachte nach. „Eine Fortsetzung von gestern Abend?“ Mit einem anzüglichen Grinsen leckte er sich über die Lippen. Den Vorschlag meinte er sogar größtenteils ernst. Kyo hingegen hob skeptisch eine Augenbraue und legte auch den Kopf etwas schief. „Dein Ernst?“ „Klar.“ Schmollend schob er seine Unterlippe ein wenig vor. „Warum glaubst du, dass ich Scherze?“ „Tue ich nicht. Hätte nur nicht gedacht, dass du dich bereits wieder fit genug fühlst.“ Grinsend spielte er mit seinem Fuß an dem Bein von Toshiya. Das war etwas, was man sich in der Öffentlichkeit erlauben konnte. „Also, von mir aus können wir das. In einer leichteren Version. Immerhin musst du morgen fit sein. Wäre doch schade, wenn du dich auf der Bühne nicht mehr so austoben kannst, wie sonst. Ich kenne dich. Du wärst anschließend unzufrieden.“ Ein kleines, liebes Lächeln umspielte seine Lippen, welches jedoch verschwand, als er sah, wie sich die Bedienung näherte. Sie stellte ihm seinen Tee hin und Toshiya sein Eis hin, dann zog sie sich auch schon wieder zurück. Mit wachsender Begeisterung löffelte der Jüngere seine Süßspeise, strahlte dabei. „Wenn wir unter uns wären...“, murmelte Kyo in seinen Tee, den Blick direkt auf seinen gegenüber gerichtet. Provokant leckte der Jüngere seinen Löffel ab, grinste: „Was dann?“ Dann würde er ihn gerade Küssen, bis ihm schwindelig war, aber das musste er sich für später aufheben. Seufzend sah Kyo in seinen Tee. „Wir sollten uns aber noch eine Alternative für heute Abend ausdenken.“ „Was? Aber warum denn?“ „Weil wir morgen alle fit sein müssen. Außerdem können wir nicht jeden Abend das gleiche tun.“ „Schade aber auch“, schmollte Toshiya, löffelte aber weiter an seinem Eis. Ihm wollte nur gerade wirklich keine Idee kommen, was sie sonst noch machen könnten. Daheim würde er sagen, dass sie einkaufen gingen und dann gemeinsam kochten. In einem Hotelzimmer ging das natürlich nicht. Ein vibrierendes Geräusch ließ ihn aufhorchen. „War das deins?“ Kyo nickte, war aber selbst neugierig, was das Ding jetzt wieder von ihm wollte. Also zog er es aus seiner Jackentasche und ließ den Bildschirm aufleuchten. Ein kleines, amüsiertes Lächeln umspielte seine Lippen. „Wie der immer wieder ein Gespür für das hat.“ „Wer?“ „Na, wer wohl?“ Mit einem viel sagenden Blick sah er kurz zu Toshiya, legte den Kopf etwas schief, bevor er die Textmitteilung öffnete und die Stirn runzelte wegen dem, was er las. „Wir sollen was?“ „Hm?“ Verwundert reckte Toshiya den Hals, wollte lesen, was auf dem Display stand. Kyo seufzte. So ganz schlau wurde er nicht aus dem, was da stand, aber wenn Shinya es so wollte. „Wir sollen für heute Abend ein paar Decken und Snacks organisieren und damit im Zimmer auf ihn warten.“ So ganz konnte er sich da keinen Reim drauf machen. Wollte ihr Freund etwa ein Picknick veranstalten? Aber drinnen machte es keinen Sinn. Toshiya schien das ebenfalls zu sehen, da auch er so aussah, als würde er über den Zweck dieser Bitte nachdenken. „Hast du noch irgendwas bestimmtes, dass du als Snack haben willst?“ „Nani?“ Erstaunt sah er seinen Partner an. „Fragst du dich denn gar nicht, warum er das möchte?“ „Kyo“, Toshiya legte den Kopf schief, lächelte sanft, während sein Blick etwas tadelnd war. „Du vertraust ihm doch, nicht wahr? Ich tue es und es hat mir bisher nie geschadet. Und wir reden hier von Shinya. Der wird sich da schon was bei gedacht haben. Das hat er bisher immer.“ Der Sänger öffnete den Mund, wollte ein Gegenargument hervorbringen. Aber sein Liebster hatte recht. Ihr Shinya hatte immer einen Grund für das, was er tat. Zudem würde er niemals etwas verlangen, dass gegen ihre Natur sprach. Und an ein paar Decken und Snacks war nichts Verwerfliches. Kurz überlegte er, aber so spontan fiel ihm nichts ein, worauf er Hunger hätte. „Ich denke, dass ich mir das gleich im Supermarkt überlege.“ „Wie du meinst“, kam es von Toshiya, begleitet von einem Schulterzucken. Mit wachsender Begeisterung widmete er sich wieder seinem Eis, grinste bei jedem Löffel glücklich über das ganze Gesicht. Es schmeckte ihm aber auch zu gut. „Immer wieder erstaunlich, wie sehr du dich über die einfachsten Dinge freuen kannst.“ „Eh?“ Verwundert blinzelte Toshiya seinen Gegenüber an. „Eto... Warum denn auch nicht? Stell dir ein Leben ohne diese kleinen, wunderbaren Dinge vor. Geht gar nicht.“ Ein Schauer rann dem Jüngeren über den Rücken und er schüttelte den Kopf. Nein, seiner Meinung nach ging das absolut nicht. „Deswegen freue ich mich auch über Kleinigkeiten. Weil ich sie zu schätzen weiß.“ Verliebt lächelte Kyo ihn an, ließ seinen Blick über das geliebte Gesicht wandern. Er liebte ihn für diese Sichtweise. Vielleicht war sie sogar der Hauptgrund für seine Gefühle. Doch er konnte sich Toshiya auch absolut nicht ohne sie vorstellen. Zudem war es eine Fähigkeit, die er selbst bedauerlicherweise verlernt hatte vor langer Zeit. Erst durch ihn hatte er begonnen sie sich langsam wieder zu eigen zu machen. Der Sänger seufzte. Erneut wünschte er sich, dass sie etwas ungestörter wären, damit er seinem Freund durch Zuneigung zeigen konnte, wie dankbar er ihm für seine Existenz war. „Hm“, machte der Bassist plötzlich und legte die Stirn nachdenklich in Falten. „Sollen wir Shinya dennoch ein Eis von hier mitbringen? Nicht, dass uns das weg schmilzt. Außerdem ist das bestimmt unhandlich beim Einkaufen.“ „Ich wäre immer noch dafür. Wir können ja erst zurück ins Hotelzimmer und es dort in den kleinen Kühlschrank tun. Der hat, wenn ich das richtig gesehen habe, auch ein Kühlfach. Und anschließend gehen wir dann noch mal los zum einkaufen“, schlug der Ältere vor und nippte an seiner Teetasse. Ein Vorschlag, mit dem der Andere vollkommen einverstanden war. Kapitel 3: Sternenregen ----------------------- Kapitel 3: Sternenregen Während Toshiya durch die Gänge des kleinen Supermarktes schlenderte, spürte er es vor Aufregung in seinem ganzen Körper kribbeln. Was sein Shinya wohl geplant hatte? Egal, was war, es war bestimmt etwas Schönes. „Und? Hast du dich schon für etwas entschieden?“ Überrascht drehte sich der Bassist um, wo er Kyo entdeckte, der ihren kleinen Einkaufskorb trug. Darin befanden sich ein fertige Sandwiches, sowie Sushi und Lunchboxen. „Noch nicht so wirklich. Aber ich weiß auch gerade nicht, worauf ich Hunger habe.“ „Bist wohl noch satt von dem Eis eben.“ Ein kleines Lächeln umspielte seinen Mundwinkel. Sein Liebling war ganz bestimmt noch nicht satt. Nicht von dem einen, kleinen Eis. Suchend ließ der Kleinere seinen Blick über das Regal mit Süßwaren wandern, vor dem sie gerade standen. „Ah“, machte er und nahm eine der vielen bunten, Packungen an sich. „Wie wäre es damit?“ „Mocchi?“ Das klang jetzt nicht so begeistert, wie er gehofft hatte. „Anô... ich wollte dir nur einen Anreiz geben.“ Und ein wenig Appetit hatte er selbst auch darauf. Gerade als er sich daran machte die Schachtel wieder zurück zu stellen, hielt ihn sein Freund auf. „Die klingen gut. Wir nehmen welche mit.“ Lächelnd legte Toshiya den süßen Snack mit in den Korb, welchen er auch gleich an sich nahm. „Lass uns zum Hotel zurückgehen, hai?“ „Hai.“ Also war ihr nächster Halt die Kasse, wo sie alles bezahlten und anschließend zurück schlenderten. „Brauchen wir sonst noch etwas für unser Picknick?“ „Nein“, antwortete der Blonde. „Wir haben alles. Und die Decken haben wir ja schon aufs Zimmer bestellt. Die sind mit Sicherheit auch schon da.“ „Super. Dann freue ich mich jetzt einfach Mal auf Shinyas Idee.“ Mit einem warmen Lächeln wurden sie von ihrem Liebsten empfangen, als sie die Tür zu ihrem Hotelzimmer öffneten. „Da seid ihr ja.“ Einige wenige Schritte später war er bei ihnen, nahm ihnen die Tüten ab. Toshiya bekam einen stürmischen Kuss zur Begrüßung, wie er es gerne hatte. Kyo seiner fiel hingegen deutlich sanfter aus. Der Drummer wusste genau, wie seine Beiden es gerne hatten. „Ihr braucht eure Jacken auch gar nicht erst großartig ablegen. Wir gehen gleich wieder raus.“ „Eh? Wohin denn?“ „Damit wir zusammen zur Tonprobe gehen können. Und anschließend geht es hoch, auf die Dachterrasse. Ich hab die schon vor ein paar Wochen nur für uns reservieren lassen.“ Verblüfft sahen sich Kyo und Toshiya an. Das wurde ja immer skurriler. „Verrätst du uns auch wofür?“, fragte der Bassist und machte große Augen. „Dann erzähle ich dir auch, was wir dir noch mitgebracht haben.“ „Noch mitgebracht?“ Jetzt wurde auch der Drummer neugierig. „Na gut. Der Grund für das alles ist, dass es heute Nacht einen Kometenschauer geben soll. Mit ganz vielen Sternschnuppen. Und mit wem sollte ich mir das lieber anschauen wollen, als mit euch?“ Shinya sah vorfreudig von einem zum Anderen. Aber während er bei Toshiya ein freudiges Funkeln in den Augen und dem ganzen Gesicht erkennen konnte, bemerkte er eine leichte Skepsis bei Kyo. „Was ist los? Gefällt dir die Idee nicht?“ „Doch... schon. Irgendwie...“ „Was ist los?“, hakte der Jüngste nach. „Naja, findest du die Aktion nicht ein wenig zu...kitschig? Zumal es doch ein wenig auffällig ist, wenn wir drei Männer da rauf gehen und...“ Kyo liebte die anderen Beiden, aber er wollte genauso wenig, dass es publik wurde und Dir en Grey so in einen Skandal verwickelt wurde. Davor hatte er Angst. Dass seine Liebe zu diesen beiden Männern mit seiner Liebe zum Singen kollidierte. Beide wollte er nicht verlieren. Sanft legten sich die Hände des Drummers an seine Wangen und ebenso sanft wurde er angelächelt. „Das ist nicht kitschig, sondern romantisch. Und mach dir bitte um das Andere keine Sorgen. Es kann nichts passieren.“ Für einen kleinen Moment berührten sich ihre Lippen. „Außerdem haben wir nur so selten Momente, in denen wir etwas zusammen machen können. Abseits von der Band und außerhalb von daheim. Warum dann nicht auch so eine Chance nutzen, hm?“ Man konnte beinahe dabei zusehen, wie Kyo noch versuchte sein Kontra aufrecht zu erhalten, genau dieses aber gewaltig bröckelte und schlussendlich nach gab. „Ich hole nur schnell deine Überraschung“, murmelte er und knickte ein, sah etwas verlegen zu Boden. Es war so gewohnt verstecken zu spielen außerhalb ihrer Rückzugsorte, dass es schwer war sich mit diesem Gedanken vertraut zu machen. Allerdings war es genau das, was sie drei sich doch wünschten: Dinge zu tun, die auch für andere Paare möglich waren. Der Sänger ging rüber zu dem kleinen Kühlschrank, aus dem er die eingepackte Überraschung heraus nahm. „Toshiya und ich waren in einem kleinen Eiscafé und dachten, wir bringen dir was mit.“ „Haben auch deine Lieblingssorten genommen“, warf der Bassist ein und grinste, legte seine Arme um den schlanken Größeren. „Freust du dich?“ Shinya erwiderte die Umarmung, strich seinem Schatz durch sein Haar. „Und wie. Danke, dass ihr an mich gedacht habt.“ „Tun wir immer“, murmelte Kyo leise und trat an die beiden heran. „Tust du das denn nicht auch?“ „Natürlich“, erwiderte der Jüngste und zog den Sänger in einen leichten Kuss. „Und nun, lasst uns hoch gehen. Sonst verpassen wir noch die Probe.“ Er ließ von den beiden Männern ab, griff nach seinem Mitbringsel. Das würde er sich gleich in der Halle schmecken lassen. Eingekuschelt in die Decken saßen sie einige Zeit später da, aßen ihre Lunchpakete und betrachteten den Sternenhimmel. „Da, es fängt an“, kam es von Toshiya und deutete in den Himmel. „Dann wünscht euch mal fleißig was.“ „Ich wünsche mir-“ „Sht!“, fiel Kyo dem Jüngeren ins Wort, „Du darfst den Wunsch nicht laut aussprechen. Sonst geht er nicht in Erfüllung.“ Und damit dem Anderen nicht doch noch ein Wort entwischte, fütterte er ihn mit etwas Rührei. Anschließend richtete er seine Augen wieder in den dunklen Himmel. Wie gut, dass diese Terrasse so weit oben lag und Shinya daran gedacht hatte, dass für sie das Licht ausgemacht werden sollte. So waren sie nur schwer auszumachen und konnten gleichzeitig das Licht der Sterne viel besser genießen. Der Sänger lehnte sich etwas gegen den größeren Schlagzeuger. Zwar glaubte er nicht wirklich an den Mythos mit den Wunsch erfüllenden Himmelskörpern, aber süß war diese Idee schon. Das war so eine 'normale' Paaraktivität, wie man sie sonst nicht machen konnte. Nicht, dass ihre Beziehung in irgendeiner Weise normal war, aber es waren dann doch diese Kleinigkeiten, von denen Toshiya am Nachmittag geredet hatte, die ihm das Gefühl gaben, dass er geliebt wurde. Sein Blick wanderte von den Sternen zu seinen beiden Liebsten, die beide zu seiner Linken saßen. Toshiya, der mit kindlichem Staunen und offenem Mund das Spektakel bestaunte, dabei mit seinen Lippen Worte andeutete. Anscheinend wünschte er sich fleißig was. Und Shinya, der glücklich Toshiyas Hand hielt und seine Aufmerksamkeit dem Spektakel am Himmel schenkte. Sollte er es auch versuchen? 'Wenn das hier wirklich funktioniert, dann... Dann wünsche ich mir, dass ich die Liebe und das Vertrauen dieser beiden Menschen noch lange mein eigen nennen darf.' Ob sie sich dasselbe wünschten? Vertraut legte er seinen Kopf auf der Schulter seines Freundes ab. Nur einen Augenblick später merkte, wie jener seinen gegen ihn lehnte. Glücklich schloss Kyo für einen Moment seine Augen. Ja, sie wünschten sich bestimmt dasselbe. Kapitel 4: Neid --------------- Kapitel 4: Neid Backstage herrschte der gewohnte Trubel. Den Soundcheck hatten sie zum Glück schon hinter sich gebracht und mittlerweile hörte man die ersten Fans bereits in der Halle. Nicht mal mehr eine Stunde, bis sie auf der Bühne stehen und sich ihrer Leidenschaft hingeben konnten. Kyo saß noch vor seinem Inhalationsapparat, atmete tief den wohltuenden Dampf ein. Ihr Bandleader sorgte noch einmal dafür, dass wirklich alles noch 3 Mal überprüft wurde, um Fehler zu vermeiden. In der Ecke sah man Toshiya, der wohl gedanklich schon mitten im Konzert war, so wie er imaginär auf einem Bass spielte und leicht hin und her wippte. Auf dem kleinen Sofa saßen Die und Shinya, die sich darüber unterhielten, was man nach dem Konzert noch anstellen könnte. Ab und an, trafen sich die Blicke des Sängers und des Drummers über den Spiegel, was sie beide immer zu einem kleinen Lächeln verführte. Ein paar Minuten später setzte sich Kaoru neben ihn, überprüfte noch einmal, ob alles so lässig und natürlich aussah, wie es sollte. „Verdammtes Lampenfieber, he? Man bekommt es einfach immer wieder. Trotz der vielen Erfahrung.“ „Hai“, kam es gedehnt von dem Jüngeren, der noch einmal tief einatmete.Manchmal war es ihm schon lästig, sich immer wieder vor dieses Gerät setzen zu müssen, doch er verstand ja die Notwendigkeit dieser Behandlung. Zudem war es auch ein wenig wie eine Meditation, weil er sich vor allem auf seine Atmung konzentrieren brauchte. Wodurch sogar das gemeine Lampenfieber gedämpft wurde. Kyo sah wieder in den Spiegel, wo er erkannte, wie sich sein dunkelhaariger Freund näherte. Ein paar seiner schwarzen Strähnen strich er sich hinters Ohr, bevor er sich zu ihm hinab beugte und auf die Schläfe küsste. „Hört sich an, als wärst du gleich durch.“ Sacht nickte der Kleinere. So wie sein Gerät röchelte, war wirklich nicht mehr viel Flüssigkeit darin. Der Bassist griff noch einmal nach dem Make-up, welches auf dem Tisch lag und korrigierte noch einmal die Schminke um seine Augen herum. „Besser.“ Zufrieden grinste er sein Spiegelbild an, bemerkte das amüsierte Funkeln in den Augen des Mannes neben sich. Trotz der eisblauen Kontaktlinsen. „Findest du nicht?“ „Doch, aber du sahst auch vorher schon gut aus.“ Verlegen schmunzelte der Jüngere, küsste dann noch einmal die Schläfe seines Freundes. „Danke.“ Kaoru daneben seufzte grinsend. Manchmal übertrieben es die Drei wirklich. „Was ist los, Kaoru? Neidisch?“, fragte der Bassist provokant, stemmte eine Hand in die Hüfte. Das Grinsen in seinem Gesicht nahm dem Ganzen allerdings wieder den Ernst. „Nein, nicht neidisch. Aber ihr seid manchmal so ekelhaft perfekt in eurer Beziehung, dass einem schlecht werden kann.“ „Also doch neidisch“, schlussfolgerte der Zweitjüngste gerade mit einem breiten Grinsen. „Wir lieben uns eben. Und in einer Beziehung sollte man dem anderen hin und wieder auch mal sagen, dass man ihn attraktiv findet. Solltest du dir merken für deine Freundin.“ Kaoru erhob sich und stellte sich dem Anderen gegenüber. „Glaub mir, das bekommt sie sehr häufig von mir zu hören. Es ist nur manchmal echt gemein von euch, dass ihr einem immer wieder vorhaltet, dass ihr eure Liebsten bei euch habt und ich mich gedulden muss, bis ich wieder daheim bin.“ Für einen Augenblick schmollte er und ließ ein trauriges Schimmern in seinen Augen aufblitzen. „Andererseits bin ich schon froh, dass ihr euch auf der Bühne zusammen reißen könnt.“ „Dort haben wir ja keine Gelegenheit“, mischte sich Kyo in das Gespräch mit ein. „Gerade an Shinya ist es schwer heran zu kommen. Und irgendwelche Anspielungen sind auf der Bühne und bei unserer Musik eh fehl am Platze. Warum machst du dir also immer wieder Sorgen um dieses Thema?“ „Genau“, kam es unterstützend von dem Bassisten. „Warum machst du dir Sorgen? Ich meine, wenn wir irgendwas andeuten auf der Bühne, dann ist doch das Schlimmste, was passieren kann, dass uns das halbe Publikum in Ohnmacht fällt.“ Bei der Vorstellung musste er ein wenig grinsen. Könnte eine sehr leere Halle werden, wenn er Kyo küsste. Andererseits würden sie dann auch alle ihr letztes bisschen Hörvermögen verlieren, wegen dem Geschrei, dass dann ausbrechen würde. „Kaoru“, kam es nun ruhig von dem Sänger, der nun sein Gerät abstellte und sich davon entfernte, „lass dich von uns doch nicht immer wieder aufziehen in der Angelegenheit. Wir wissen doch alle, wie man sich auf der Bühne benimmt. Außerdem wollen wir doch selbst nicht, dass irgendwas von unserer Beziehung an die Öffentlichkeit gelangt. Wir hätten keine ruhige Minute mehr für uns.“ „Ja, das weiß ich.“ Seufzend nahm der Gitarrist wieder Platz. „Es ist wohl doch mehr Eifersucht mit im Spiel, als ich mir eingestehen mag.“ Irgendeinen Preis musste die viele Arbeit nun mal haben. So viel, wie sie unterwegs waren, grenzte es so oder so schon an ein kleines Wunder, dass er überhaupt Zeit für eine Beziehung hatte. „Schwamm drüber. Konzentrieren wir uns lieber auf das Konzert.“ Bassist und Sänger sahen sich mit einem viel sagenden Lächeln an, ehe sich der Jüngere zu den Sitzgelegenheiten, wo er sich neben Shinya fallen ließ und seinen Kopf auf dessen Schulter bettete. Mit einem sanften Lächeln nahm dieser das zu Kenntnis, griff aber nach einer Hand des etwas Älteren und verschränkte ihre Finger miteinander, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder Die und ihrem Gesprächsthema widmete. Kyo widmete sich derweil der Vollendung seines Make-ups, sollte das für den Auftritt doch sitzen. „Und weswegen hast du dich eben noch so aufgeregt?“, fragte er Kaoru, den er über die Spiegelung betrachtete. „Hm? Wie? Weswegen noch?“ „Na, du hast doch eben nicht nur aus Eifersucht geseufzt. Da war noch was anderes mit bei.“ Ertappt wurde sein Spiegelbild von dem Gitarristen angesehen. „Was war es?“ „Es... war etwas, das mir ein wenig peinlich ist.“ Skeptisch hob Kyo eine Augenbraue. Was wollte sein langjähriger, guter Freund ihm damit sagen? „Naja... ihr seid schon eine ganze Weile zusammen. Und ich hab da auch absolut nichts gegen. Ich finde nur den Anblick manchmal noch seltsam.“ „Wirklich?“ „Wirklich. Aber auch nur manchmal und auch nur ein wenig.“ „Hm...“ Nachdenklich lehnte Kyo sich zurück, sah nach unten. „Nimm es nicht so schwer, Kyo. Ich mag euch doch deswegen nicht weniger als vorher. Und in erster Linie ist es dann wirklich Eifersucht. Denn das mit dem ekelhaft perfekt vorhin meinte ich ernst.“ Mittlerweile hatte sich der Größere dem Sänger zugedreht und legte ihm nun eine Hand auf die Schulter. „Ihr führt eine Beziehung zu dritt und schafft es dennoch irgendwie alles in Waage zu halten. Das ist schon eine Meisterleistung. Es ist diese Harmonie, auf die ich etwas neidisch bin. Auch, wenn sie sich gut auf die Band auswirkt.“ Fragend sah der Sänger zu dem Band-Leader, war sich nicht ganz sicher, ob er es ernst meinte, doch er konnte keine Lüge in dessen Augen entdecken. Leicht zog sich einer seiner Mundwinkel nach oben. „Glaub mir, für mich war das anfangs auch sehr gewöhnungsbedürftig. Einen hatte ich ja schon als wahnsinniges Glück empfunden. Aber Zwei. Und dass sie dann auch noch aus meinem vertrauten Umfeld stammten, war ebenfalls etwas, mit dem ich nie gerechnet hätte.“ Sein Blick wanderte wieder zu dem Spiegel, in dem er seine beiden Liebsten sehen konnte. Und trotz der Kälte, die die blauen Kontaktlinsen ausstrahlten, sah man das Sanfte und das Warme in diesem Blick, der Kaoru wieder einmal deutlich machte, wie verbunden der Kleinere sich mit ihren beiden Jüngsten fühlte. Genau zu denen sah er nun, merkte, wie sich auf Toshiyas Gesicht ein glückliches Lächeln legte. Als würde er, trotz der geschlossenen Augen, merken, dass der Blick seines Freundes auf ihm lag. Genau deswegen war er manchmal so eifersüchtig auf die Drei. In dem Moment kam auch schon einer ihrer Helfer herein und verkündete, dass es nur noch wenige Minuten bis zum Auftritt waren. „Also dann. An die Arbeit“, meinte Kaoru und erhob sich als Erster. In der Nähe des Bühnenaufgangs sammelten sie sich noch einmal, um ihren Urschrei los zu lassen. Der half immer ganz gut dabei, sich noch einmal zu lösen und dem Lampenfieber entgegen zu wirken. Auf der Bühne spielte bereits ihr Intro und davor warteten die Fans bereits ungeduldig auf ihr Erscheinen. Kapitel 5: Earth Shattering --------------------------- „Last Song!“, brüllte er der Menge entgegen, erntete begeisterte Jubelstürme. Für einen letzten Song musste er seine Kräfte noch bündeln, dann konnte er der Erschöpfung erlauben ihn in ihre Arme zu schließen. Ihr heutiger Abschluss sollte ihr 'Hageshisa to, kono mune no naka de karamisuita shakunetsu no Yami' bilden. Mit diesem Song wollten sie noch einmal ihre letzte Energie ihren Fans schenken und diesen auch noch einmal einiges abverlangen. Immerhin war es ein sehr energetischer Song. Die Augen geschlossen breitete er die Arme aus. Sein ganzer Körper vibrierte. Von den harten Schlägen des Schlagzeugs, dem energetischen Bass und den harten Gitarrenriffs. Und von den Schreien der Fans. Er hörte alles nur gedämpft, spürte es dafür aber umso mehr. Passend zu seinem Einsatz hielt er das Mikro an die Lippen, öffnete den Mund. Sie wollten seine Stimme hören? Dann sollten sie auch bekommen, was sie verlangten. Hageshisa to, kono mune no naka de karamisuita shakunetsu no yami yuruginai ashita to kau Expose yourself Sein stechender Blick glitt über die Menschenmenge. Wie sie ihre Arme im Takt wiegten. Mourou no kara ni karareta obitadashi ame goukai ni furiorohita mirai he no suicide Buried at the Sea hagukumu beki saga hatoku ni keirei Seine letzte Kraft legte er in seine Stimme. Er merkte, wie er schwankte. Aber er würde diesen Song und dieses Konzert zu Ende bringen. Ihre Fans sangen eifrig und aus ebenso vollen Kehlen mit, darum ließ er sie die nächsten Zeilen singen. Auf diese Weise konnte er etwas Luft schnappen. Links und rechts von ihm waren Kaoru, Toshiya und Die näher an den Bühnenrand getreten. Sie flirteten mit den Leuten. Gerade sein Bassist wusste, wie er die Maßen am Besten beeindrucken konnte. Wenn sie wüssten, was nach diesem Schlafzimmerblick alles kommen konnte. Guren no kono to kusaro sutareru shanpaku ni mi o kurumu ga zetsumei ni itaru made no koukai ni ikudo to nai te o nobasu... kurikaesu Die Halle schien noch weitaus mehr Energie zu besitzen, als er. Als sie. Es bedeutete dennoch, dass sie ein gutes Konzert geliefert hatten. Sie konnten zufrieden sein. Warum bekam er dann nur mit einem Mal so ein mieses Gefühl im Bauch? Wie eine dunkle Vorahnung. Was hatte sie nur zu bedeuten? Es war doch alles gut gegangen? Und er glaubte nicht daran, dass jetzt noch irgendwas schief laufen würde. Bei den wenigen Minuten, die sie noch vor sich hatten. Wieder hielt er sich das Mikrofon an die Lippen, sang und schrie. Dies war seine Art, um dem seltsamen Gefühl zu sagen, wie falsch es lag. Es war fehl am Platz. Bisher war es ein hervorragender Abend gewesen und er würde genauso hervorragend zu Ende gehen. Immerhin würde er wieder an dem schönsten Platz auf dieser Welt schlafen. Hageshisa to, kono mune no naka de karamisuita shakunetsu no yami yuruginai ashita to kau Schon jetzt war ihm, als könnte er die Menge nach einer Zugabe schreien hören. Die anderen bestimmt ebenfalls. Aber sie hatten ja vorgesorgt. Die letzten Zeilen sang er noch zusammen mit den Fans, tobte sich noch einmal richtig aus, bevor er das Mikrofon fallen ließ und Richtung Ausgang torkelte. Jetzt hing es davon ab, wie gut er sich jetzt erholen konnte. Wenn sie wirklich noch ihr 'The Final' anstimmen wollten. Dankbar nahm er die Flasche Wasser an, die ihm gereicht wurde, rieb sich den Schweiß mit einem Handtuch vom Gesicht. Kyo blickte zur Bühne, hörte wie die anderen ihr Spiel beendeten und die jubelnde Menge noch ein wenig betrachteten, bevor sich einer nach dem Anderen abwandte und sein Instrument abgab. Zuerst kam Kaoru auf ihn zu, der es gerade so schaffte ein zufriedenes Grinsen zu verstecken, bis er außer Sichtweite war. „Unersättlich.“ Noch immer schwer keuchend, nickte Kyo, musste jedoch ebenfalls schmunzeln. In dem Moment schlug das ungute Gefühl wieder zu. Mit Anlauf, sodass sich der Sänger tatsächlich ein wenig vor beugte. „Nani-?“ „Was hast du?“, kam es auch gleich besorgt von dem Leader, der ebenfalls zusammen zuckte. Verwirrt sah er sich um, konnte aber deutlich spüren, wie seine Beine... vibrierten? Ja, dieser Ausdruck beschrieb es gerade am Besten. Es kam allerdings nicht von Erschöpfung. In dem Fall fühlte es sich deutlich anders an. Die und Toshiya, die sich zu ihnen gesellen wollten, hielten ebenfalls inne. Panisch weiteten sich ihrer aller Augen, nachdem sie begriffen hatten, was los war. Ein Erdbeben. Das hatte dieses dumpfe Gefühl Kyo mitteilen wollen. Sein Herz, welches sich gerade einigermaßen beruhigt hatte, schlug wieder schneller, als sein Blick zu Shinya schnellte, der noch auf der Bühne und hinter seinem Schlagzeug saß. In der Halle wurde es mittlerweile stiller. Also schien auch das Publikum bemerkt zu haben, was los war. Gut, dass Japaner Erdbeben gewohnt waren. Die Gefahr einer Massenpanik sollte also gering sein. Jetzt musste nur noch Shinya schnell zu ihnen aufschließen. Dort oben auf der Bühne war er nicht sicher. Toshiya hatte sich ebenso nach dem Drummer umgedreht, wartete ungeduldig. Der Jüngste hatte natürlich auch bemerkt, was vor sich ging. Er sprang von seinem Stuhl auf, zögerte jedoch noch einen kleinen Moment. Sein besorgter Blick ging erst über sein Drumset -klar, das war teuer und hatte schon viel mit gemacht- dann zum Publikum, welches sich aber schon auf den Weg Richtung Ausgang machte. Der Anblick schien ihn zu beruhigen, denn wandte er sich ab, um auch sich endlich in Sicherheit zu bringen. Eine vernünftige Entscheidung, denn mittlerweile war das Beben deutlich zu spüren und schien auch zunehmend stärker zu werden. Shinya sprang von seinem Podest, knickte aber mit dem rechten Fuß ein. Ihm war, als hörte er einen Knall, ähnlich wie dem von einer Peitsche. Unfähig sein Gleichgewicht zu halten, fiel er zu Boden. „Shinya!“, konnte man Kyo rufen hören. Selbiger stand noch am Rand der Bühne, konnte sich offensichtlich nicht entscheiden, ob er warten oder seinen Freund holen sollte. „Ich komme schon“, wurde ihm als Antwort entgegnet. Der Schlagzeuger hatte sich von dem kleinen Schock erholt, machte sich nun daran, sich auszurappeln, um sich in Sicherheit zu bringen. Als er den Fuß jedoch bewegen wollte, zuckte er zusammen. Das schmerzte. Sogar sehr. Verwundert drehte er sich herum. Er war doch nur etwas umgeknickt. Was war also das Problem? Kyo wurde es derweil zu gefährlich. Ganz offensichtlich gab es etwas, dass Shinya daran hinderte auszustehen. Gerade sprang er selbst wieder auf die Bühne, hatte einige wenige Schritte getan, als ein wirklich heftiges Beben die ganze Halle zum Erzittern brachte. Die aufgestellten Stühle im Zuschauerraum fielen teilweise um. Die Becken an Shinyas Schlagzeug erklangen. Kyo hielt in der Bewegung inne. Seine Angst ließ ihn wie festgewachsen dort stehen. Hinter ihm war Toshiya, besorgt um die beiden wertvollsten Menschen in seinem Leben. Auch der Jüngste hatte für einen Moment inne gehalten, weil er so überrascht war, versuchte dann aber doch noch einmal aufzustehen. Weil er den rechten Fuß aber nicht belasten konnte und es ihm die Erschütterung unmöglich machten das Gleichgewicht zu finden, hatte er keine andere Wahl, als sitzen zu bleiben. Sein Blick heftete sich auf seine beiden Gefährten, welche ihm zu Hilfe eilen wollten. Sekunden, bevor Kyo ihn erreichte, hörte er Toshiya ein entsetztes: „Vorsicht!“, brüllen. Verständnislos musste er zusehen, wie der Bassist den Kleineren am Arm ergriff und zurück zog. Nur Bruchteile später wurde es dunkel über ihm. Verwundert sah Shinya auf, aber es war zu spät. Fassungslos sah er den Träger mit den schweren Scheinwerfern auf sich zu rasen. Das letzte, was er noch tun konnte, war die Arme hoch zu reißen. In der Ferne hörte er noch, wie Kyo seinen Namen schrie... Kapitel 6: Risse ---------------- Kapitel 6: Risse Schützend hatte Toshiya den Kleineren in seine Arme gezogen und seinen eigenen Rücken der Gefahr zu gewandt. Auf diese Weise warteten sie das Beben und das Getöse ab. Erst als alles ruhig war lösten sie sich und sahen sich vorsichtig um. „Shinya!“, schrie Kyo auf. Man konnte ihn durch die gesamte Halle hören. Sein Herz schlug heftig in seiner Brust, als er den Geliebten begraben unter dem Träger liegen sah. „Shinya!“ Panik kam wieder in ihm auf. Er befreite sich von dem Bassisten und rannte auf den am Boden liegenden Mann zu, der nicht auf seine Rufe reagierte. „Shinya! Rede mit mir! Sag irgendwas!“ Und wenn es nur ein Murren war. Egal was. So lange es nur irgendeine Reaktion war. Gefolgt von Toshiya versuchte er mit diesem zusammen den Drummer zu erreichen und auch zu befreien, aber sie waren nicht stark genug, um den schweren Träger zu bewegen. „Tasukete!“, rief der Sänger. Leute vom Staff tauchten auf und auch die beiden Gitarristen kamen näher. Man hörte noch, wie Kaoru nach einem Arzt rief. „Hier ist Blut!“ Ein Satz, den weder Kyo noch Toshiya hatten hören wollen. „Holen wir endlich dieses Ding von ihm runter.“ „Einen kleinen Moment. Wir schrauben erst die Scheinwerfer los. Dann ist es etwas leichter.“ „Dann beeilt euch!“, forderte Toshiya, während Kyo immer noch versuchte zu dem Jüngeren vorzudringen. Verzweifelt streckte er einen Arm nach ihm aus. „Shinya, jetzt mach doch endlich die Augen auf. Oder sag irgendwas.“ Er musste ihm doch endlich mal antworten. Es machte ihm Angst, dass der Andere in keinster Weise reagierte. „Rede mit mir.“ „Wir sind gleich so weit.“ „Wo bleibt denn der Arzt mit dem Rettungswagen?“ Nervös sah sich Kaoru immer wieder um. Sie brauchten einen Doktor sobald sie ihren Freund befreit hatten. „Der letzte Scheinwerfer.“ „Scheiß drauf! Wir probieren es so“, ordnete Kaoru an und sofort packten alle zu. „Also dann. Auf Drei. Eins. Zwei. Drei!“ Der Träger war schon etwas leichter ohne die ganze Technik daran. Für alle Beteiligten war es dennoch anstrengend und sie bekamen ihn nur mit äußerster Mühe angehoben. „Zur.. Seite... damit.“ Noch während sie das schwere Teil weg räumten, stürmte der Rettungsarzt mit ein paar Helfern herbei. Toshiya zog den Sänger zur Seite, damit diese ihre Arbeit machen konnten. Je schneller ihr Liebster Hilfe bekam, umso besser. Andere Helfer sorgten dafür, dass die letzten Zuschauer nun endlich die Halle verließen. Alles, was nun hier geschah, ging niemanden etwas an. Nachdem Shinya nun frei da lag wussten sie, woher das Blut kam. Toshiya musste sich beinahe übergeben bei dem Anblick, während Kyo annähernd teilnahmslos da stand und starrte. Das schwere Metall hatte das linke Bein erwischt. So schwer, dass der Unterschenkel aussah, als hätte man versucht ihn durch einen Fleischwolf zu drehen. Dazu eine schwere Wunde am Kopf. Mit einem Mal wurden der herbeigerufene Arzt und seine Helfer hektisch. Sie legten Shinya auf die mitgebrachte Liege und eilten mit ihm hinaus, ohne zu sagen, was eigentlich los war. Zumindest sagten sie es nicht in einer, für Laien verständlichen Sprache. Doch es musste etwas Ernstes sein. Besorgt eilte der Bassist hinterher, in der Hoffnung, genaueres zu erfahren, wurde dabei dicht von Kaoru gefolgt. Auf der Bühne herrschte großes Entsetzen, man konnte spüren, wie sich alle Sorgen machten. Die Mitglieder vom Bühnenaufbau betrachteten den Schaden und fragten sich: Wie hatte sich dieses Element lösen können, obwohl es so gut gesichert war? Nur Kyo stand weiterhin da, starrte auf den Fleck, an dem sein geliebter Freund gerade noch gelegen hatte. Fürsorglich bekam er von Die dessen Jacke um die Schultern gelegt, damit er nicht weiter auskühlte. „Warum hat er nichts gesagt?“, hörte der Gitarrist ihn leise flüstern. „Warum hat er die Augen nicht aufgemacht?“ „Ich weiß es nicht, Kyo.“ Seufzend sah Daisuke über seine Schulter zum Ausgang der Halle, durch den gerade alle verschwanden. „Aber bald redet er wieder mit dir und sieht dich auch an. Das jetzt ist vielleicht nur eine Schutzreaktion gegen den Schmerz. Sein Bein sah immerhin...“ Er schüttelte sich. „Komm, wir machen uns frisch. Kaoru und Toshiya wissen sicherlich gleich, wo er hingebracht wird. Dann fahren wir hinterher.“ Ohne auf den geringsten Widerstand zu treffen, konnte er den Sänger mit sich in ihre Garderobe bringen. Was ihn jedoch nur kurz verwunderte. Bei dem Schock. Kaum hatten sie die Garderobe erreicht, tauchte ihr Leader schon auf. Er wirkte auch schon ein wenig beruhigter. „Toshiya darf mit fahren. Er wird einen von uns anrufen, sobald er das Krankenhaus weiß.“ Der Ältere stellte sich vor den apathischen Kleineren, legte ihm beide Hände auf die Schultern. „Gib ihn nicht auf. Shinya lebt. Und er wird es auch überleben. Er ist stark.“ Ein wenig Leben kam wieder in die Augen des Kleineren. „Aber ich nicht“, hauchte er, bevor er weinend zusammenbrach. Kapitel 7: Was nun? ------------------- Unruhig saß Toshiya auf einem Stuhl vor den OP-Räumen. In einem davon lag sein Freund. Warum genau hatte ihm niemand gesagt. Hoffentlich war es nur wegen dem Bein. „Hoffentlich“, flüsterte er und sah sehnsüchtig zu der Tür. Wenn nur Kyo endlich hier wäre. Er brauchte ihn nun an seiner Seite. Er hat seine Freund kontaktiert. Aber sie brauchten irgendwie verdammt lange. Seine Beine begannen zu zittern. Diese Unruhe in seinem Inneren war schrecklich. Immer wieder verknoteten sich seine Finger ineinander. Ein deutliches Zeichen dafür, dass sie nichts zu tun wussten. „Toshiya.“ Selbiger schreckte auf und sah sich um, bis er Kaoru entdeckte. Gefolgt von Die, der dicht neben Kyo ging. Ein wenig hatte der Bassist den Eindruck, dass er ihn stützte. Besorgt ging er auf seine Freunde zu, schob sich nach einem kurzen Blick zu Kaoru an diesem vorbei und ging direkt auf den kleineren Freund zu. Es war deutlich, dass der Hut und die große Sonnenbrille einzig dafür da waren, um seine Augen zu verstecken. Ihm war die Öffentlichkeit egal. Sein Liebster brauchte seine Nähe. Darum legte er seine Arme um den Älteren und zog ihn an sich. Dass er nicht erwiderte hatte er erwartet bei der Stimmung in der jener war. Jedoch spürte er, wie gut ihm diese Geste tat. „Gibt es schon Neuigkeiten?“, fragte Daisuke, stellte sich so neben seine beiden Freunde, dass sie etwas abgeschirmt waren. Als Antwort erhielt er allerdings nur ein Kopfschütteln. „Ich weiß nur, dass sie ihn da rein gebracht haben. Mehr nicht.“ Mit einem verräterischem Glitzern in den Augen sah er wieder einmal zur Tür, die zu den Operationsräumen führte. „Wenn sie mir doch zumindest sagen würden, warum sie ihn da drinnen haben.“ Tief atmete er ein, verstärkte seine Umarmung noch ein wenig. So gerne hätte er seinem Geliebten irgendwas gesagt. Am Liebsten natürlich etwas Positives, aber auch jede andere Information wäre schon mal etwas gewesen. „Wir müssen also warten“, schlussfolgerte der Bandleader und ließ sich auf einem der Stühle nieder. Geschafft rieb er sich mit beiden Händen übers Gesicht. Was für ein bescheidener Abschluss für diesen grandiosen Abend. „Ich besorge uns allen was zu trinken“, schlug der andere Gitarrist vor und sah seine drei Freunde an. „Irgendwelche bestimmten Wünsche?“ Aber die gab es nicht, weswegen er sich so auf den Weg machte. Währenddessen strich der Bassist dem Mann in seinen Armen liebevoll über den Rücken. Wären sie nun alleine, dann würde sein Schatz bitterlich weinen. Und er selbst gleich dazu. Aber er riss sich zusammen. „Na komm. Setz dich, Kyo.“ Dadurch wurde zwar nichts besser, aber herum stehen war auch blöd. Er dirigierte diesen zu einem der Sitzplätze, drückte ihn darauf nieder, bevor er sich selbst neben ihn setzte. Anschließend begann er wieder, ihm über den Rücken zu streichen, auch wenn er gerade gerne mehr tun würde. Daisuke kam zurück, hatte für jeden eine Dose mit grünem Tee besorgt. Die des Sängers nahm Toshiya entgegen, weil jener immer noch apathisch vor sich hin starrte. Immer wieder sah man Patienten, die aus und welche die in den OP geschoben wurden. Andere Opfer dieses Erdbebens. Ärzte kamen heraus, unterrichteten andere Angehörige über den Verlauf einer Operation. Nur zu ihnen wollte keiner kommen. Was extrem an Toshiyas Nerven nagte. Natürlich auch an den anderen, aber ihm sah man es besonders stark an. Mit einer Mischung aus wütend, verzweifelt und völlig erschöpft knurrte er und sprang auf, stürmte auf die Tür zu, nur um davor stehen zu bleiben. Die geballten Fäuste hob er an, bereit auf diese einzuschlagen, doch er hielt im letzten Moment inne. Seine Hände öffneten sich und er legte die Handflächen an die Scheiben, durch die er in den Flur dahinter sah. Warum nur ließ man sie noch im Ungewissen? Das war nicht fair. „Toshiya, komm von der Tür weg“, kam es ruhig von dem älteren Gitarristen. Es mussten schließlich immer wieder Leute da durch. Seufzend ließ der Bassist wieder von dem Durchgang ab und sich auf seinen Stuhl fallen. „Wir werden schon erfahren, was los ist“, bekräftigte Die und versuchte so allen noch einmal etwas Mut zu machen. Ein Knall und spritzende Flüssigkeit. Kyo war aufgesprungen und hatte seine Getränkedose mit Wucht auf den Boden geworfen. Trotz der dunklen Brille, die der Sänger auf hatte, konnte Daisuke den bitterbösen Blick spüren, der ihm zugeworfen wurde. Der Kleinere holte tief Luft durch seine Nase, öffnete den Mund, um dem Anderen seine Meinung an den Kopf zu knallen. „Jemand für Terachi Shinya hier?“ Die vier Musiker hielten inne. Jemand in OP-Kluft stand vor der Tür und sah sich um. Die Frau sah reichlich müde aus. Von der ersten Überraschung erholt sprang Toshiya wieder auf, sah sie mit großen, neugierigen, aber auch ein wenig ängstlichen Augen an. „Wir. Wir sind wegen ihm hier.“ „Und“, ein wenig skeptisch sah sie in de Runde, „sie sind?“ „Seine... Seine engsten Freunde und Vertraute.“ Erwartungsvoll sah der Bassist sie an. Sie musste ihnen etwas erzählen. Kaoru stellte sich neben den Jüngeren. „Was ist mit ihm? Was ist mit unserem Freund?“ Seufzend strich sie sich über die Stirn. „Nun... viel darf ich Ihnen nicht sagen, wenn Sie nicht zur Familie gehören.“ „Dann“, unterbrach Toshiya sie, „kontaktieren Sie bitte seinen Hausarzt. Es gibt eine Patientenverfügung, die besagt, dass bei einem Notfall, zuerst ich oder Kyo zu benachrichtigen sind. Das berechtigt Sie auch dazu, uns zu erzählen, was los ist.“ „Wann habt ihr das denn veranlasst?“, fragte Kaoru und runzelte die Stirn. Von dieser Vereinbarung hatte er ja noch nie etwas gehört. „Vor etwa acht Monaten. Damit wir eben in Situationen wie diesen genau wissen, was mit dem Anderen los ist.“ Kyo hatte es damals zur Sprache gebracht. Wie er darauf gekommen war, hatte er ihnen niemals gesagt. Aber es war ihm sehr ernst gewesen, weswegen sie einen Notar aufgesucht hatten, um alles zu arrangieren. „Gut, sagen Sie mir, wer sein Hausarzt ist und ich werde mich nach dieser Verfügung erkundigen. Verstehen Sie das bitte.“ „Natürlich. Aber: Können Sie uns denn irgendetwas sagen? So ganz ohne Informationen, da...“ „Da drehen wir durch“, ergänzte ihr Leader. Erwartungsvoll wurde sie von den Männern angesehen. „Zwischenzeitig war es kritisch. Aber wir haben alles getan, was in unserer Macht stand.“ Sie sah in die Runde, lächelte. „Ihr Freund lebt. Und wir sind sehr zuversichtlich, dass er sich vollständig erholen wird.“ Man hörte ein Rumpeln, woraufhin sich Die, Kaoru und Toshiya erschrocken umdrehten. „Kyo“, kam es sanft von dem Jüngsten, der sich auch gleich zu dem Sänger hin kniete. Vorsichtig zog er ihm die Brille von der Nase. „Mir geht es genau so.“ Seine Arme legten sich erneut um den Mann vor sich und zogen ihn an seine Brust. Dieses Mal wurde die Geste erwidert. Etwas, das der Seele des Jüngeren unheimlich gut tat. „Wenn Sie möchten“, meldete sich die Chirurgin erneut zu Wort, „können Sie vor der Intensivstation warten, bis ich mit dem Arzt von Terachi-san gesprochen habe.“ „Intensiv? Ist es denn-?“ Daisuke unterbrach sich selbst. Er könnte fragen, so viel er wollte. Vorerst würden sie nicht mehr erfahren. „Wir warten dort.“ Eine andere Option blieb ihnen ja nicht. Kapitel 8: Geduld ist eine schwere Tugend ----------------------------------------- Kapitel 8: Geduld ist eine schwere Tugend Zart strich Kyo seinem schlafenden Liebsten über die Wange. Auf und ab. Auf und ab. Einem Mantra gleich. Ganz allein saß er an dem breiten Bett. Mal von den ganzen Geräten abgesehen, die den Jüngeren am Leben erhielten. Toshiya unterhielt sich noch mit der Ärztin, während Kaoru zur Halle zurück gekehrt war, um ihr Team auf den neuesten Stand zu bringen und den Abbruch der Tour zu organisieren. Und ihr Die wollte ihnen etwas zu Essen organisieren. Jedoch war ihm der Appetit vollends vergangen. Auf und ab. Auf und ab. 'Künstliches Koma' hatten sie ihnen gesagt. Das war zwar besser, als ein 'natürliches' Koma, weil es kontrolliert und auch das Ende einigermaßen zu bestimmen war, dennoch war es ein langer, tiefer Schlaf. Er war aber auch so kaum wieder zu erkennen. Auf und ab. Auf und ab. Den Kopf hatten sie ihm kahl geschoren und durch einen dicken Verband mitsamt Netz verbunden. In der Nase war ein dünner Schlauch. Durch den sollte er ernährt werden, war Toshiya und ihm erklärt worden. Seine Beatmung war durch einen anderen Schlauch in seinem Mund übernommen. Auf und ab. Auf und ab. Beide Unterarme waren in Gips, sein Brustkorb ebenfalls in einen dicken Verband gehüllt. Der zerquetschte, linke Unterschenkel war sowieso unter vielen Lagen weißen Mulls verschwunden, nur lugten Metallgebilde dazwischen hervor, die die Splitter der Knochen an ihrem eigentlichen Platz halten sollten. Der Fuß am anderen Bein trug auch einen Verband. Auf und ab. Auf und ab. Sehnenruptur hatte die Ärztin es genannt. Weber C oder so. War auf jeden Fall der Grund weshalb sein Schatz nicht wieder hatte aufstehen können. Es sah schon alles furchtbar schlimm aus. Wie lange sie ihn wohl so lassen würden? Auf und ab. Auf und ab. Angeblich sollten Menschen im künstlichen Koma etwas von dem, was um sie herum geschah, mitbekommen. Sollten alles hören und fühlen können. Zwischendurch sogar aufwachen. Wirklich glauben tat er gerade Letzteres nicht wirklich. Auf und ab. Auf und ab. Dennoch hörte er nicht auf mit dem zärtlichen Streichen auf. Er wollte ja glauben. Wollte, dass Shinya sich niemals alleine fühlte. Wenn er doch nur ein paar Sekunden eher reagiert hätte. Wenn dieser dumme Träger nur ein paar Sekunden länger durchgehalten hätte. „Dann hätte ich dich gehabt. Dann würdest du nur den kaputten Knöchel haben.“ Schuldbewusst senkte er den Kopf. Diese dummen 'Wenn'. Auf und ab. Auf und ab. Mit einem Male spürte er die gleiche Bewegung an seiner Wange. Erschrocken riss er den Kopf hoch und herum. „Nicht weinen, mein Schatz.“ Lächelnd wischte Toshiya ihm die Tränen von den Wangen. „Du hast es nicht einmal bemerkt, hab ich Recht?“ Zumindest deutete er den Blick des Älteren so, nachdem er sich selbst über die feuchte Haut gestrichen hatte. „Was“, begann Kyo, schluckte den Kloß in seinem Hals wieder runter: „Was haben sie dir erzählt?“ Seufzend zog der Jüngere seinem Freund den Hut vom Kopf, strich ihm anschließend durch das Haar. „Viel Schlechtes. Aber auch Hoffnungsvolles. In erster Linie sind es gebrochene Knochen. Zum Glück hat sein Rücken nichts abbekommen, weswegen sie Lähmungen ausschließen. Nur...“ „Nur?“ Toshiya kniete sich vor Kyo, vergrub sein Gesicht an dessen Bauch, weil er selbst wieder die Tränen in seinen Augen spüren konnte. „Zwischendurch soll sein Gehirn nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt gewesen sein, weil seine Lungen auch etwas Schaden genommen haben. Sie können nicht ausschließen, dass es irgendwelche Schäden angerichtet hat. Doch das wird man erst eindeutig feststellen, wenn er wieder wach ist.“ In diesem Augenblick war der Sänger froh, dass er bereits saß. Die Finger seiner rechten Hand vergruben sich in dem dunklen Haar seines Freundes, während die linke über dessen Rücken strich. Besorgt sah er zu dem Mann im Bett. Er wünschte ihm, dass da nichts war. Dass er ganz der Alte war, sobald er die Augen wieder öffnete. „Wie lange... wollen sie ihn denn schlafen lassen?“ „Bis die Schwellung in seinem Gehirn nachgelassen hat auf jeden Fall. Und bis die gebrochenen Rippen verheilt sind. Das geht wohl leichter und für ihn ist es auch Schmerz freier auf diese Weise.“ Darum also war der Brustkorb so eingewickelt. „Ist vielleicht... Ist vielleicht ganz gut so, dass er schläft. Dann kann er nicht jammern, dass er nicht in der Lage ist zu spielen“, versuchte sich der Älteste an einem Scherz. „Stimmt“, pflichtete ihm der Jüngere bei und lachte sogar ein wenig, während er sich wieder etwas aufrichtete und ihren gemeinsamen Partner ansah. „Er würde wahnsinnig werden, wenn er nirgendwo drauf herum trommeln kann.“ Dafür kannten sie ihn einfach zu gut. Kaoru war wirklich ein wahrhaftiges Organisationstalent. Weil Shinya nicht verlegt werden konnte, hatte er für seine beiden Freunde einen Langzeitaufenthalt in dem Hotel besorgt. So hatten sie jederzeit die Möglichkeit auf einen Besuch ins Krankenhaus zu gehen. Der Presse ließ man falsche Informationen zukommen, damit sie ungestört blieben. Um alles weitere, was den Tourabbruch betraf, würden sich er und das Management kümmern. Auf diese Weise sollten sie genug Zeit finden, um sich mit der aktuellen Situation vertraut zu machen. Toshiya war dann allerdings doch noch einmal nach Hause gefahren, um noch ein paar Taschen mit Wechselwäsche zu packen. Der Sänger wiederum nutzte nahezu jeden Augenblick dazu, um an Shinyas Bett zu wachen. Leise sang er ihm immer etwas vor. Auf diese Art hörte er etwas Vertrautes, wenn die Theorie der Ärzte wirklich stimmte. Manchmal streichelte er ihm über die Finger. Stundenlang. Erinnerte sich an all die Male, in denen diese Hände ihn gehalten hatten. Toshiya hingegen hatte Schwierigkeiten damit den verbliebenen Freund immer wieder dazu zu bewegen ausreichend zu essen, ausreichend zu trinken. Sich überhaupt irgendwie um sich selbst zu kümmern. Wenn sie sich Abends verabschieden mussten, weil die Besuchszeit vorbei war, so hatte er ihn in den ersten beiden Wochen regelrecht hinaus schleifen müssen. Obwohl es in ihm selbst doch nicht viel anders aussah. Zum seinem Glück schlief Kyo recht ruhig. In dem Punkt hatte der Größere schon ein wenig Angst gehabt. Dafür klammerte er sich im Schlaf nur noch mehr an ihn. Alles andere verlief eher mechanisch bei dem Älteren. 3.Woche: Gemeinsam nahmen sie ein kleines Frühstück auf ihrem Zimmer ein. Und weil Kyo freiwillig aß, war es aus Sicht seines Freundes auch ein guter Morgen. „Was meinst du? Wollen wir vor unserem Besuch bei Shinya erst noch ein wenig so durch die Stadt schlendern? Dazu sind wir bis jetzt noch nicht gekommen. Und er wird uns schon nicht böse sein, wenn wir etwas später kommen. Immerhin haben wir früher doch auch hin und wieder mal was nur zu zweit gemacht. In irgendeiner Kombination.“ Toshiya ließ seine Stäbchen sinken und sah traurig auf seine Portion. „Außerdem hab ich manchmal das Gefühl, als würde mir langsam aber sicher die Decke auf-“ „Wag es nicht weiter zu reden!“ Kyo hatte mit der Hand auf den Tisch geschlagen. War sogar ein Stück aufgesprungen, um seinen Gegenüber mit einem bösen, sehr verletzten und zugleich auch traurigen Blick zu strafen. „Entschuldige. Das war die falsche Wortwahl“, murmelte der Jüngere schuldbewusst. Langsam ließ sich Kyo wieder sinken, seufzte. „Tut mir auch Leid. Das war... überreagiert.“ Sein schlechtes Gewissen brachte ihn dazu etwas in seinem Essen herum zu stochern. „Anô... Ich weiß aber, was du meinst. Ich habe auch langsam das Gefühl, dass ich... verrückt werde, weil es derzeit nur diese beiden Räume in unserem Leben gibt.“ Erleichtert, dass sein Freund es ihm nicht weiter übel nahm, sah der Jüngere wieder auf, lächelte etwas. „Wir müssen ja auch nicht gleich irgendwas großartiges veranstalten. Aber vielleicht einen anderen Weg zum Krankenhaus nehmen. Was hältst du davon?“ „Klingt gut.“ „Können ihm ja ganz kitschig ein paar Blumen mitbringen.“ Kyo lachte ein wenig. „Einen Strauß Rosen.“ „Rote Rosen“, stieg Toshiya mit ein. Das Lachen tat gut und nahm beiden Männern spürbar die Anspannung. Tief atmete der Sänger einmal durch. „Blumen... Blumen wären wirklich schön. Die würden ihn freuen.“ „Wir können uns ja beraten lassen, was man für den Anlass denn am Besten mit bringt.“ So wirklich kannten sie beide sich ja nicht aus bei dem Thema Blumensprache. Nickend stimmte der Kleinere zu, aß dann seine Portion weiter. So ein paar Blumen waren vielleicht nicht viel, aber so hatte ihr Freund etwas von ihnen in seiner Nähe. Für die restliche Zeit ihres Frühstücks schwiegen sie erneut, aber nun lastete diese Stille nicht mehr so schwer auf ihren Schultern und ihrem Gemüt. Das Geschirr und alles weitere landete wieder auf dem Servierwagen, mit dem es gebracht worden war, bevor sie sich für ihren Ausflug fertig machten. Gerade legte Toshiya seine Hand auf den Türgriff, als er einen leichten Zug an seinem anderen Arm spürte. Er hielt in der Bewegung inne, drehte sich zu seinem Freund um, der eindeutig der Verursacher war. Jener legte seine eigene Hand auf die Tür, bedeutete ihm so an, dass er sie noch nicht öffnen sollte. Jedoch hielt er den Blick gesenkt. „Was hast du, Kyo?“ Ein Seufzen, bevor er schüchtern hinauf sah. Fragend legte der Jüngere den Kopf schief, bemerkte im nächsten Moment, wie sein Gegenüber ihm eine Hand an die Wange legte, welche sich in seinen Nacken schob. Hatte sein Schatz wirklich das vor, was er gerade dachte? Bereitwillig beugte er sich vor, als er den leichten Druck der Hand spürte, lächelte verliebt. Es war eine zarte, sanfte Begegnung ihrer Lippen. Und zugleich der erste Kuss, den sie seit dem Unfall teilten. Kapitel 9: Aufflackern ---------------------- Sie hatten noch einen kleinen Extra-Umweg auf ihrem Umweg gemacht. Nur, um noch einen Floristen zu finden. Die Idee mit dem Strauß hatte sich irgendwie in ihren Köpfen fest gebissen. In dem Laden fühlten sie sich allerdings schon etwas erschlagen von all der Auswahl. „Und welche nehmen wir jetzt?“ Ratlos wanderte Toshiyas Blick über die Pflanzenpracht. Viel mehr als die Rosen erkannte Kyo aber auch nicht. Wenige Augenblicke später tauchte eine junge Dame auf und bot ihre Hilfe an. „Nun, wir benötigen ein paar Blumen für einen Freund“, schilderte der Größere ihre Situation. „Er liegt im Krankenhaus und wir...“ Verstehend nickte sie und trat näher an die einzelnen Behälter, in denen die bunten Gewächse auf ihre Aufgabe warteten. „Dann würde ich Ihnen zu einem bunten Strauß mit Gerbera raten. Die vielen Farben wirken fröhlich und machen den Betrachter glücklich. Das fördert bestimmt seine Heilung.“ Kyo biss sich auf seine Unterlippe. Man musste ihr ja nicht auf die Nase binden, dass ihr Freund das in seinem Zustand nicht sehen konnte. Dennoch ließ er seinen Blick über die Blumen mit den kräftigen Farben wandern, die sich Gerbera nannten. Gelb, Orange, schöne Rote, welche in Pink und zartem weiß. Teilweise auch noch mit Farbverläufen. Er beugte sich vor, schnupperte an einer, was den Größeren zu einem sanften Lächeln verleitete, weil er den Anblick so bezaubernd fand. „Riechen sie gut?“ Für einen kleinen Moment überlegte Kyo noch, wiegte den Kopf etwas hin und her, bevor er nickte. „Die gefallen ihm. Ganz sicher.“ „Gut, dann nehmen wir einen.“ Die Floristin lächelte noch ein Stück mehr. „Wie Sie wünschen, die Herren. Sollen es bestimmte Farben sein?“ „Hm...“, überlegte der Jüngere. „Mehr von den Gelben“, meinte Kyo. „Dann... hat er ein bisschen... Sonnenschein bei sich.“ „Eine gute Idee. Also bitte ein paar mehr Gelbe.“ „Sehr gerne. Gibt es denn eine spezielle Anzahl an Blumen, die Sie gerne hätten? Oder gibt es einen bestimmten Preisrahmen?“ „Weder noch, aber es sollte jetzt auch nicht übertrieben sein.“ Sie nickte verstehend und begann dann aus Blumen aus den verschiedenen Behältern zu entnehmen. „Warten Sie bitte einen Moment, während ich den Strauß binde.“ Die beiden Männer nickten. Was auch sonst. Mithelfen konnten sie ja nicht. Leise betraten sie das Zimmer ihres Freundes. Sie konnten ihn zwar nicht wecken durch Lärm, aber sie fanden es dennoch angebracht. Ihnen bot sich noch immer der gleiche Anblick, wie in den letzten Tagen. „Hallo Shinya“, sprach der Größere leise und trat näher ans Bett heran. Kyo nähert sich von der anderen Seite, küsste den Schlafenden auf die Stirn. Das war eine Art Ritual geworden von ihm. Derweil stellte der Bassist ihr Mitbringsel samt Vase, die sie von den Pflegerinnen bekommen hatten, auf den Beistelltisch. „Sieht doch gleich viel freundlicher aus hier.“ Ja, das tat es wirklich. Zudem würde es ihrem Liebsten auch gefallen. Bedrückt seufzte er beim Anblick des Drummers. „Drei Wochen sind fast rum. Jetzt müssen wir nur mindestens noch einmal so lange warten.“ Der Sänger nickte. „Irgendwie überstehen wir die auch noch.“ Seine Worte klangen jedoch nicht so sicher, wie ihr Inhalt. „Schon gut, Kyo. Wir packen das schon.“ Schließlich waren sie nicht alleine. Sie hatten immer noch sich. Das war ihnen ja seit dem Morgen wieder bewusst geworden. „Und wenn sich bei einer der nächsten Untersuchungen heraus stellt, dass die Verletzungen schon viel besser geworden sind, dann werden sie ihn bereits früher wecken.“ Darauf hoffte er. Darum betete er. Wie so oft in den letzten Tagen begann Kyo zu summen. Zusätzlich nahm er die Hand seines Freundes in seine eigenen. Er setzte sich auf die Kante vom Bett, die Hand auf dem Schoß, streichelte diese wieder einmal sanft. Der Bassist hingegen ließ sich auf einem Stuhl nieder, legte die Arme auf die Matratze und darauf seinen Kopf, lauschte den Tönen, die sein Liebster von sich gab. Auf diese Weise verging schnell eine Stunde, ohne dass sie es wirklich merkten. „Mach ein wenig Pause, Kyo.“ Seine Stimmbänder würden es sicherlich begrüßen. „Soll ich dir etwas zu trinken holen?“ Der Sänger schüttelte jedoch den Kopf. „Nicht unbedingt.“ Liebevoll strich er dem schlafenden Mann über die Wange. „Ob es ihm überhaupt gefällt, dass ich ihm vorsinge?“ „Natürlich. Es hat ihm doch sonst auch immer gefallen. Mir tut es das jedenfalls.“ Verliebt sah er zu dem Sänger, warf ihm einen Kuss zu, was ein leicht verlegenes Grinsen hervor rief. Eine Reaktion, die der Bassist immer wieder niedlich fand. Bevor sie noch weiter in Gedanken versinken konnten, öffnete sich die Tür und die behandelnde Ärztin kam in Begleitung einer Schwester herein. „Oh? Seit wann sind sie denn schon da?“ „Schon eine Weile. Warum? Gibt es ein Problem?“ Toshiya erhob sich, wirkte angespannt. „Oh nein. Nein, nein. Kein Problem. Wir hatten nur vor jetzt die Visite vorzunehmen. Früher haben wir es zeitlich nicht einrichten können.“ „Ach so.“ Über Toshiyas Lippen kam ein erleichterter Seufzer und aus Beiden wich die Anspannung. „Müssen wir dafür raus gehen?“ „Das ist so üblich“, erklärte die Ärztin. „Wenn ich Sie also bitten dürfte.“ Die beiden Freunde sahen erst zueinander, dann zu dem Schlafenden, ehe sie sich gemeinsam zur Tür begaben. Wartend standen sie nun im Flur und fühlten sich irgendwie fehl am Platz. „Verstehe gar nicht, warum die uns jetzt raus schicken“, grummelte Toshiya. „Als ob es ihm im Schlaf peinlich wäre.“ „Ist ja auch nicht so, als würden wir dann irgendwas sehen, was wir noch nicht an ihm kennen“, ergänzte Kyo, woraufhin beide verlegen das Grinsen anfingen. Nein, an Shinya kannten sie jeden kleinen Leberfleck. Selbst den verstecktesten. „Du, Kyo?“ „Hm?“ „Ich hab noch immer ein wenig Angst um ihn. Ich hab gelesen, dass so ein künstliches Koma normalerweise nicht so lange aufrecht gehalten wird. Meinst du also, dass es doch ernster ist, als man uns sagen will?“ Wenn er noch immer nicht wach war, war die Situation bestimmt ernster, als man ihnen mitteilen wollte. „Sie...wollten ihn doch wegen der kaputten Rippen noch eine Weile schlafen lassen. Damit die schmerzhafte Heilung einfach an ihm vorbei geht.“ Jedenfalls hoffte der Sänger darauf, dass dies der einzige Grund war. Seufzend lehnte er sich gegen den Größeren. „Er wacht bald schon wieder auf.“ Ein kleines Grinsen schlich sich in seine Züge. „Wie wir ihn dann aber davon ablenken sollen sich bewegen zu wollen und sich nicht elendig zu langweilen, weiß ich allerdings auch noch nicht.“ „Wir stecken ihm einen Pinsel zwischen die Lippen und ne Leinwand vor seine Nase. Dann kann er malen, aber nicht maulen.“ Beide grinsten, schüttelten aber den Kopf. Ihr Freund würde reichlich schmollen, wenn er sie jetzt hören könnte. Gleichzeitig freuten sie sich ein klein wenig auf diese Aufgabe. „Weißt du, Kyo.“ „Hm?“ „Ich bin froh, dass ich immer noch dich habe. Alleine...“ Der Kleinere griff nach der Hand seines Freundes, drückte sie sacht. Ihm ging es nicht anders. Sie waren nicht alleine. Das war vielleicht noch das schönste Glück in dieser Situation. Nach einigen Minuten ging die Tür wieder auf und die Ärztin kam mit ihrer Begleiterin hinaus. Sie wirkte besorgt. Das machte ihnen Angst. „Warum sind sie so besorgt?“, erkundigte sich Kyo, der die Hand in seiner gleich noch etwas fester hielt. „Es ist nichts ernstes, wir haben nur ein leichtes Fieber festgestellt. Es kommt von einer Entzündung seines Beines. Mit Antibiotika sollten wir das aber in den Griff bekommen. Seinem Kopf geht es besser, weswegen wir das Koma abflachen können.“ Mit einem Seufzen strich sie sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht. „Das Fieber sollten wir dennoch etwas im Auge behalten. Nicht, dass es uns noch eine böse Überraschung mitbringt.“ „Was für eine Überraschung?“ Toshiya wollte es jetzt wissen, nicht erst, wenn es eingetreten war. „Nun, so ein Fieber bedeutet immer Arbeit für den Körper. Von der Entzündung an sich ganz zu schweigen. Die Hitze kann zu einer Belastung für das Gehirn werden und Schäden herbei führen. In ein oder zwei Tagen kann ich Ihnen sagen, ob wir etwas befürchten müssen oder nicht. Jetzt befindet sich alles noch im Anfangsstadium.“ „Mal abgesehen von seinem Kopf“, begann Kyo seine Frage zaghaft, „kann es für sein Bein irgendwelche Folgen haben?“ Überlegend neigte die Ärztin den Kopf. „In erster Linie nur, dass sich die Heilung etwas verzögert. Aber da wir das nun rechtzeitig bemerkt haben und behandeln, sehe ich keine Folgen. Nach der vollständigen Heilung und der Rehabilitation wird er es wieder wie früher benutzen können.“ Zuversichtlich lächelte sie die beiden Männer an. „Wenn Sie keine weiteren Fragen haben, würde ich Sie bitten, mich zu entschuldigen. Ich muss meine Visite noch zu Ende bringen.“ „Natürlich.“ Die beiden Musiker traten zur Seite und ließen die Medizinerin weiter ziehen. Kaum war sie an ihnen vorbei zog es Kyo wieder in das Zimmer in dem Shinya lag, wo er sich an den gleichen Platz wie zuvor stellte, während Toshiya, der ihm gefolgt war, sich dieses Mal hinter den Älteren begab und die Arme um ihn legte. „Es ist gut, dass er schläft“, flüsterte der Sänger und betrachtete das Schlafende Gesicht. „Wenn er wüsste, was wir uns hier für Sorgen machen, würde er Schuldgefühle deswegen kriegen.“ Der Bassist, der seinen Kopf mittlerweile auf Kyos Schulter gebetet hatte, nickte etwas. Ein solches Verhalten wäre jedenfalls typisch für ihren Drummer. Seine Arme schlangen sich noch einmal etwas stärker um den Kleineren und er begann dessen Nacken etwas zu liebkosen. „Er wird es schaffen. Sie wissen ja, dass sie darauf achten müssen und können ihm jetzt Medikamente dagegen geben.“ Seufzend legte Kyo den Kopf etwas schief, gab ein zustimmendes Brummen von sich. Solche Zärtlichkeiten hatten sie sich sonst jeden Tag zukommen lassen. Und wenn es nur in einem kleinen Rahmen und versteckt in irgendeiner Ecke war. Aber erst jetzt, wo sich die Anspannungen zwischen ihnen etwas gelöst hatte, war ihm aufgefallen, dass es ihm sehr gefehlt hatte. Kapitel 10: Dornröschen... -------------------------- 4.Woche... Langsam stellte Kaoru seine Tasse auf den Tisch. Die ganzen Informationen zu Shinyas Krankheitsbild musste er erst einmal verdauen. Ein bisschen was hatten sie ihm ja bereits in den Telefonaten zukommen lassen, doch jetzt, bei seinem Besuch, hatten sie ihm das ganze Ausmaß der Verletzungen verraten. „Tut uns Leid, dass wir dir das alles nicht früher erzählt haben“, meinte Toshiya etwas kleinlaut. „Wir wollten dich und Daisuke nur nicht zu sehr belasten“, ergänzte Kyo, der nach der Teekanne griff und einmal in die Runde sah. Jedoch hielt ihm nur ihr zweiter Gitarrist seine Tasse entgegen, welche er auch gleich auffüllte, bevor er sich selbst eingoss. Sie hatten ihre beiden Freunde wirklich nur deshalb nicht alles gesagt. Um sie nicht weiter aufzuwühlen. Wo sie durch die Entfernung noch untätiger waren, als sie hier vor Ort. „Gestern haben sie ihn noch mal geröntgt. Laut der Ärztin sind die Risse im Becken bereits so gut wie verheilt. Die Rippen machen Fortschritte. Und die Entzündung scheinen sie auch in den Griff zu bekommen.“ Alles Nachrichten, die dem Sänger gestern einiges an Last von seinem besorgten Herzen genommen haben. Toshiya ergänzte noch: „Sie meinte auch, dass es seinem Kopf schon viel besser geht. Heute und morgen möchte sie alles noch beobachten, dann erst entscheidet sie, ob sie die Mittel für das Koma nach und nach absetzen. Wir sollen uns noch nicht zu viel Hoffnung machen, aber... es sieht gut aus.“ „Das ist eine gute Nachricht“, murmelte Die und nahm einen Schluck aus seiner Tasse. „Wie lange würde es dann dauern, bis er richtig aufwacht. Hat sie euch da schon etwas zu erzählt?“ Mit einem kleinen Seufzen lehnte sich der Bassist zurück, drehte die Tasse in seinen Händen etwas. „Das ist wohl unterschiedlich. Kommt darauf an, wie schnell sein Körper die Reste der Medikamente abbaut, sobald sie ganz abgesetzt sind. Es bleibt nur das Risiko, dass er nun schon recht lange in diesem Zustand ist. Von daher könnte es auch länger dauern.“ „Außerdem“, warf der Kleinste ein, „steht ja auch immer noch nicht fest, ob sein Gehirn nicht irgendwelche unsichtbaren Schäden davon getragen hat. Wir wurden gewarnt, dass er... Ausfälle haben kann. Erinnerungen, die fehlen. Oder dass er irgendeinen Körperteil nicht bewegen kann. All sowas.“ Unbewusst begann er vor lauter Sorge mit den Zähnen an seiner Unterlippe zu spielen. Diese Angst wurde er auch nicht los. Traf die Sache mit der Lähmung ein, wäre Shinya bestimmt am Boden zerstört, weil er dann nicht mehr spielen könnte. Und Erinnerungslücken... Je nachdem, wie schlimm sie waren, könnte er sich eventuell noch arrangieren. Genüsslich streckend erhob sich Kaoru von seinem Platz und zog sich seine Jacke über. „Schauen wir fürs Erste, was die Ärztin morgen sagt. Danach können wir uns immer noch Sorgen um alles mögliche machen.“ Aus seiner Jackentasche holte er seine Schachteln mit Zigaretten und sein Feuerzeug. „Kommt wer mit?“ „Nur, wenn du noch eine für mich über hast“, schmunzelte Toshiya und streckte sich selbst etwas, bevor er ihrem Leader nach draußen auf den Balkon folgte. „Willst du nicht mit?“, fragte Kyo den Rhythmusgitarristen, welcher nur mit dem Kopf schüttelte. „Ich muss gerade nicht rauchen. Außerdem will ich dich nicht hier alleine sitzen lassen.“ Ein wenig musste Kyo lachen. Er brauchte doch keine Aufsicht mehr. In seinem Alter. Und auch, wenn er wegen der Zukunft immer noch Angst hatte, war das Schlimmste ja eigentlich überstanden. „Dann halten wir beide uns eben an Kaorus Vorschlag von eben.“ „Was? Willst du doch wieder das Rauchen anfangen?“ „Quatsch. Wir werden jetzt weiter abwarten und weiter Tee trinken.“ Die beiden Gitarristen hatten sich für die Nacht in einem der anderen Zimmer im Hotel eingemietet, wollten sie doch am nächsten Tag gerne mit ins Krankenhaus, um den schlafenden Freund zu besuchen. „Wenn er seine langen Haare jetzt noch hätte, wäre er wirklich ein Dornröschen“, scherzte Die leise und ließ seinen Blick über den noch immer gut eingwickelten Drummer wandern. „Wobei Mumie im Moment auch ganz gut zu ihm passt.“ „Aber nicht mehr lange“, sagte Kyo leise und küsste den Schlafenden auf die Stirn, wie er es gerne tat in letzter Zeit. „Bald schon kann der Gips an den Unterarmen weg. Der am Knöchel vielleicht sogar schon eher.“ Der Älteste schmunzelte. Seine beiden Freunde schienen es schon kaum erwarten zu können, dass der Jüngste nach und nach ausgepackt wurde. „Er wird auf die normale Station verlegt, wenn das Koma zu Ende ist, nicht wahr?“ „Hai. Wobei wir überlegen, ob wir ein Einzelzimmer oder ein Mehrbettzimmer für ihn nehmen sollen. In einem Einzelzimmer wäre er so alleine, aber mit anderen Patienten zusammen...“ „Ich verstehe das Problem“, murmelte Kaoru. Die Anwesenheit anderer Patienten und deren Besuch wäre ein Risiko dafür, dass Shinyas Aufenthalt hier bekannt werden würde und die Privatsphäre ihres Drummers sehr weit eingeschränkt. Zudem könnten sich seine anderen beiden Freunde nicht so verhalten, wie sie es hier in diesem Umfeld immer taten. „Ja, das tust du“, seufzte Kyo, der dem Gesicht seines ältesten Freundes ansehen konnte, was er dachte. Es entsprach auch genau dem, was ihnen bereits durch den Kopf gegangen war. „Wir sollten ihm ein Einzelzimmer besorgen. Immerhin werdet ihr beide jeden Tag da sein. So gesehen ist er dann schon mal nicht ganz allein. Und es lassen sich bestimmt genug Freunde finden, die ihn ebenfalls gerne einmal besuchen möchten. Alleine wäre er wirklich nur Nachts und da wird er bestimmt schlafen.“ Zumindest war das seine Sicht auf die Dinge. Am Ende mussten die beiden Jüngeren darüber entscheiden, was es sein sollte. „Sobald er auch einigermaßen stabil und transportfähig ist, würden wir ihn auch gerne in ein Krankenhaus in unserer Nähe verlegen lassen. Dann brauchen wir das Hotelzimmer nicht mehr.“ So ein wenig Sehnsucht hatte der Bassist schon nach ihrem Heim und der vertrauten Umgebung. „Habt ihr das schon mal mit seiner Ärztin besprochen?“, erkundigte sich Kaoru, dem es schon irgendwie in den Fingern juckte das zu organisieren. Jedoch schüttelte der Bassist den Kopf. Bisher hatten sie es noch nicht für nötig befunden, weil Shinyas Erwachen für sie noch weit in der Zukunft lag. „Wenn sie heute wirklich das Absetzen der Medikamente beschließen, würde ich es zumindest ansprechen. Man hätte dann genug Zeit, um alles abzuklären und erste Vorbereitungen zu treffen.“ Dem Leader war anzumerken, wie er darauf brannte diese Sache anzugehen. Um seinen Freunden in irgendeiner Weise in dieser schwierigen Situation helfen zu können. Im letzten Monat hatten sie sich viel zu sehr alleine mit allem auseinandersetzen müssen. Seufzend fuhr er sich mit einer Hand übers Gesicht und durch die Haare. Wie schnell die Zeit doch verging. Es war wirklich schon ein ganzer Monat vergangen seit dem Vorfall. So lang war ihm das noch gar nicht vorgekommen. Ihm war nur aufgefallen, dass er etwas mehr Zeit für sich hatte, als gewöhnlich. Trotz der Nebenprojekte, die er ja auch vorher schon verfolgt hatte. „Soll ich denn mal zu eurer Wohnung fahren und nach dem rechten sehen?“, bot Daisuke an, der den Freunden ebenso gerne helfen wollte. „Wenn du uns unsere Post zukommen lassen könntest, wäre das gut. Shinyas Mutter war ja bereit alles andere zu übernehmen.“ Kyo seufzte. Die arme Frau. Her kommen ging nicht ständig, weil sie und ihr Mann viel mit ihrer Arbeit zu tun hatten, aber ein wenig auf die Wohnung aufzupassen hatte sie sich nicht nehmen lassen. Toshiya und er hatten ja auch schon ein oder zwei Mal heim fahren wollen, um eben Dinge wie ihre Post zu erledigen, doch sie hatten sich bekanntlich nicht von ihrem schlafenden Freund trennen können. „Kann ich machen. Bringe sie euch sogar persönlich.“ So sahen sie auch mal wieder wen anderes, als nur sich und den schlafenden Shinya. Und er selbst nutzte seine freie Zeit auch Mal wieder etwas sinnvoller. Freizeit an sich, so hatte er recht schnell gemerkt, war irgendwie schöner, wenn man wusste, dass auch wieder Arbeit folgte. Dazu fehlte ihm das Touren, das Spielen und auch das Proben. Ein bisschen was davon hatte er zwar immer noch durch seine Zweitband, aber in dieser Gruppe war es doch etwas ganz anderes und besonderes. „Kommt einer von euch mit vor die Tür?“ fragte er in die Runde und suchte schon Mal nach seinen Zigaretten. Ihm schlossen sich Kaoru und Toshiya an, während Kyo noch ein wenig bei dem Jüngsten bleiben wollte. Sobald der Sänger alleine mit dem Größeren war, zog er sich den Stuhl heran und spielte etwas mit den Fingern, die aus dem Gipsverband heraus schauten. „Ist es nicht schön, dass Daisuke und Kaoru dich besuchen gekommen sind? Toshiya und ich können ja noch ein paar andere Freunde her bringen, wenn du das möchtest. Selbst, wenn es dieser eingebildete Fatzke ist.“ Den letzten Teil murmelte er leicht verstimmt. Jede andere Person war ihm immerhin tausend mal lieber. „Shinya? Wenn... Wenn sie die Medikamente absetzen und sich nichts mehr davon in deinem Körper befindet, machst du die Augen dann bald auf? Onegai... Ich- Wir möchten nicht mehr weiter auf dich verzichten.“ Trauer machte sich in dem Kleineren breit und sorgte dafür, dass er den Kopf auf dem Bett ablegte. „Du fehlst uns.“ Es klopfte leise, woraufhin er sich wieder aufrichtete. „Herein.“ Die Tür öffnete sich und die behandelnde Ärztin trat ein. „Hatte ich also doch richtig gesehen, dass Sie schon da sind.“ „Wollen Sie die Visite machen?“ Lächelnd nickte sie, wusste aber auch, wie schwer es den beiden Dauerbesuchern ihres Patienten immer fiel sich von diesem zu entfernen. „Es dauert auch nicht lange.“ „In Ordnung.“ Kyo raffte sich auf und ging an der Ärztin vorbei, um das Zimmer, nach einem letzten Blick zurück, zu verlassen. Diese Untersuchung war wichtig und entscheidend für die nahe Zukunft. „Lasst ihn wieder aufwachen“, flüsterte er der geschlossenen Tür entgegen.. „Lasst ihn zu uns zurück kehren.“ Mit dem Rücken an die Wand neben der Tür angelehnt, sah er zur Decke. Sie brauchten ihn. Er brauchte ihn. Mit seiner ruhigen Art brachte er das Chaos in seinem Kopf zum Schweigen, wenn es drohte diesen zum Platzen zu bringen. Genauso, wie Toshiya ihn mit seinem Lächeln und Blödsinn aus den noch so dunkelsten Gedanken retten konnte. Diese Eigenschaften machten diese beiden Männer so unheimlich wertvoll. Genau deswegen wollte er weder den einen, noch den anderen Freund verlieren. Außerdem brauchte er dringend Urlaub von seinen Gedanken. Sein Toshiya schaffte es nur, dass sie ein wenig gedämpfter waren, aber von Stille war das natürlich weit entfernt. Aber er tat sein Bestes, wofür er ihm natürlich sehr dankbar war. Leicht unruhig begann er auf und ab zu gehen. Es stand gerade so viel auf dem Spiel. Und jeder Augenblick getrennt von dem Schlagzeuger war so oder so eine Qual. Hoffentlich zeigte Shinyas Körper alle Anzeichen dafür, dass es bergauf ging und das Koma nicht mehr nötig war. Zudem gierte er danach seine Stimme zu hören und seine Berührungen spüren zu können. „Komm schon, Shinya. Du bist doch stark. Du willst doch auch zu uns zurück.“ Zumindest klammerte er sich an diese Vorstellung.Wieder wurde das Chaos in seinem Kopf laut. Gleich platzte ihm der Kopf. Gestresst lehnte Kyo seinen Kopf gegen die Wand und schloss fest die Augen. Entweder brachte einer seiner Liebsten jetzt alles zum Schweigen oder ermöglichten es ihm, sich alles von der Seele zu singen und zu schreien. Zwei kühle, leicht nach Zigarettenrauch riechende Hände legten sich an seine Schläfen. „Toshiya“, hauchte er leise. „Genau der“, hörte er es leise hinter sich kichern. Sofort lehnte er sich, bereits etwas entspannter, gegen den Größeren. „Etwas besser?“ Sacht nickte der Sänger. Besser, ja. Doch noch lange nicht gut. „Die Ärztin ist da drin, nicht wahr?“ Erneutes Nicken. Seiner Stimme traute er kein Stück. Kaoru und Die stellten sich zu den Beiden, um sie ein wenig abzuschirmen. „Wenn wir jetzt nur Tee hätten“, murmelte der Älteste unter ihnen und sah hoffend zur Tür. „Ich könnte ja welchen besorgen gehen.“ Jedoch schüttelte der Bassist sacht den Kopf. „Für uns beide nicht. Meine Hände sind reserviert und wie ich Kyo kenne, würde er jetzt gerade nicht einmal einen Schluck Tee hinunter bekommen.“ Bestätigend kam ein langsames Nicken von dem Kleinsten. Fragend sah Die zu dem anderen Gitarristen, welcher aber auch verneinte, obwohl er es indirekt vorgeschlagen hatte. Daisuke sollte es recht sein. Schließlich hatte er auch nur gehen wollen, weil ihm warten nicht so lag. „Lange sollte es nicht mehr dauern. Bisher ging es eigentlich immer recht schnell.“ Schmunzelnd küsste Toshiya seinen Liebling auf dessen blondes Haar. „Für uns war es dennoch nie schnell genug. Jedes Mal war es eine gefühlte, halbe Ewigkeit.“ Leicht begann er seine Finger leicht kreisen zu lassen, um seinem Partner den Stress ein wenig weg zu massieren. Zudem musste er sich selbst auch etwas beschäftigen. Lächelnd wurden sie von den anderen Beiden gemustert und Kaoru musste sich wieder einmal eingestehen, dass er erneut neidisch auf ihre Verbindung war. Bandintern beherrschten sie zwar auch ein spezielles Band, welches ihnen ermöglichte wortlos miteinander zu kommunizieren und aufeinander einzugehen. Doch nicht in diesem Ausmaß. Klackend öffnete sich die Tür zu Shinyas Zimmer und sofort richtete sich alle Aufmerksamkeit auf die Personen, die heraus kamen. „Oh, es sind heute mehr Besucher.“ Sie wandte sich an die beiden Männer, die sie bereits kannte. „Könnte ich Sie kurz unter vier Augen sprechen?“ „Wir warten drin“, meinte Kaoru sofort und verschwand mit dem Anderen in dem Krankenzimmer. Die Medizinerin wartete noch, bis die Tür wieder ins Schloss gefallen war, erst dann begann sie damit, das Ergebnis der Untersuchung vorzutragen. Mit einem Lächeln. Etwas verwirrt starrte Toshiya sie an. „Ihr... Lächeln... Dürfen wir uns... Hoffnung machen?“ „Dürfen sie.“ Freudig umarmte der Bassist den geliebten Mann vor sich, drückte ihn fest an sich. „Wir werden bereits heute mit dem Ausschleichen beginnen. Nur hatte ich sie ja bereits darüber informiert, dass es von Person zu Person unterschiedlich lange dauert, bis zum endgültigen Erwachen. Bis dahin sollten wir aber vermutlich noch den ein oder anderen Gips entfernen. Lediglich der Trümmerbruch wird noch ein wenig länger brauchen. In frühestens zweieinhalb Wochen können wir die Schrauben und das Gestell entfernen.“ Während der Größere sich vor Freude kaum einkriegte, war Kyo noch etwas skeptisch. „Und die psychischen Schäden? Die werden wir dennoch erst feststellen können, wenn er ganz wach ist, oder?“ „Bedauerlicherweise, ja. Doch ich bin recht guter Hoffnung, dass er nur ein paar kleine, temporäre Einschränkungen übrig behalten hat.“ Wirklich beruhigen tat diese Aussage den Sänger nicht, gleichzeitig wusste er aber auch, dass die Forschung noch nicht so weit war, um genaue Diagnosen stellen zu können. „Eine Frage hätte ich noch“, mischte Toshiya sich wieder ins Gespräch. „Wäre es möglich ihn zu verlegen, sobald er wach ist? In ein Krankenhaus bei uns in der Nähe. Sie verstehen?“ Nachdenklich sah die junge Frau erst zur Decke, dann wieder zu den beiden Männern. „Vom körperlichen her, sehe ich da kein Problem. Das restliche Metall, welches dann noch in seinem Bein stecken würde, könnte auch in einem anderen Krankenhaus entnommen werden. Wobei er für seine Rehabilitation auch noch eine Weile in einem bleiben müsste, bis zumindest die einfachen Sachen wieder funktionieren. Ich empfehle ihnen aber schon mal, sich nach speziellen Reha-Kliniken umzusehen. Die können viel effizientere Therapien und spezielles Einzeltraining mit ihm machen. Am Besten, sich informieren sich bereits jetzt darüber, welche Möglichkeiten sie in ihrer Umgebung haben. Ich würde Terachi-san nur nach dem vollständigen Erwachen gerne noch einige Tage zur Beobachtung hier behalten, um sicher zu gehen, dass alles in Ordnung ist.“ „Natürlich. Wir möchten ja auch nicht, dass es Probleme bei diesem Umzug gibt.“ Schon weitaus erleichterte, seufzte der jüngere Mann. „Würden Sie uns dann entschuldigen? Wir möchten gerne wieder zu ihm zurück.“ Es gab eine kurze Verabschiedung zwischen den Dreien, ehe sie auch schon wieder in dem vertrauten Zimmer standen. „Und?“ Sogleich kam Kaoru ihnen etwas entgegen. „Was hat die Ärztin gesagt?“ Kurz fasste der Bassist in einem Satz die Diagnose zusammen: „Dass wir bald wieder mit ihm reden können.“ Kapitel 11: ...wird wach geküsst -------------------------------- Kapitel 11: ...wird wach geküsst 6.Woche... Vorsichtig strich Toshiya dem schlafenden Schlagzeuger über den Kopf und spielte mit den dunklen Härchen darauf. Irgendwie sah Shinya doch etwas gruselig aus mit diesen Stoppeln. Schwarz war aber auch eine Farbe, welche er lange nicht mehr an dem Jüngeren gesehen hatte. Zum Glück hatte er nur ein paar feine Narben über behalten. Nur am Bein wäre eine sehr viel deutlichere zu erkennen, nachdem alles verheilt war. Doch er war auf dem besten Weg zur vollständigen, körperlichen Genesung. Das war das einzige was zählte und der einzige Gedanke, den er sich erlaubte. Die Medikamente waren ganz abgesetzt mittlerweile. Jetzt mussten sie nur warten. Vorhin hatten sie die Unterarme und den Knöchel von dem Gips befreit. Dadurch fiel nun erst recht auf, wie dünn sein Freund geworden war. Klar konnte man sagen, dass er schon immer zierlich ausgesehen hatte, aber das hier war doch noch eine Stufe weiter. Wurde Zeit, dass seine Muskeln wieder in Bewegung kamen. Auch der nervige Beatmungsschlauch war verschwunden und durch einen dieser dünnen Schläuche ersetzt worden, die von einem Ohr zum anderen und an der Nase vorbei gingen. So konnten sie bereits mehr von seinem Gesicht sehen. Und seit er das künstliche Koma nicht mehr brauchte er auch nicht mehr auf der Intensivstation liegen. Jetzt war er auf ein schönes Einzelzimmer verlegt worden. „Auch das werden wir zusammen durchstehen“, versprach er dem Schlafenden. „Vermutlich sogar besser als dieses nervige Warten.“ Schmunzelnd nahm er die linke Hand seines Liebsten in seine eigene und küsste sanft den Handrücken. Nun ging es ja wieder. Kurz klopfte es an der Tür, ehe sie auch schon auf ging und Kyo zum Vorschein kam. In seinen Händen hielt er ein Lunchpaket für jeden von ihnen. „Hab mich schon gefragt, was du so lange im Bad machst“, begrüßte Toshiya ihn scherzend, nahm ihm aber mit einem dankenden Kuss eines der Pakete ab. Kyo ließ sich auf dem Stuhl neben dem Größeren nieder und reichte ihm noch ein Paar Einweg-Stäbchen. „Sogar meine Lieblingsvariante.“ Reis mit gedünstetem Gemüse und Rindfleischstreifen. „Natürlich“, flüsterte Kyo und entfernte den Deckel von seinem Essen. In seiner Packung war statt dem Rind Fisch mit dabei, sowie anderem Gemüse. Jedoch hatte sein Appetit seit vorhin deutlich abgenommen. Besorgt wurde er von dem Größeren gemustert. Frech nahm er einen Bissen aus der Schale des Anderen und hielt es jenem vor die Nase. „Du hast es gekauft, weil du Hunger hast. Jetzt wird es auch gegessen. Bekommst auch einen Kuss zur Belohnung.“ Kyo schenkte dem grinsenden Bassisten einen Blick, der deutlich danach fragte, ob jener noch alle Sinne beisammen hatte. „Ja, ich bin noch bei Trost“, seufzte sein Gegenüber. „Ich mag nur nicht alleine essen. Und unser Frühstück liegt auch schon so lange zurück. Es ist doch auch nicht viel.“ Toshiya machte sich Sorgen, dass sein Liebster wieder in so eine Phase geriet, wo er kaum etwas zu sich nahm. „Ich möchte Shinya nicht mitnehmen und dich im Gegenzug hier lassen müssen.“ „Ich weiß“, flüsterte Kyo, welcher nach einem kleinen Seufzer doch den Bissen in den Mund nahm. „Danke“, hauchte der Bassist und gab dem Älteren den versprochenen Kuss auf die Schläfe. „Muss ich weiter füttern?“ Sacht schüttelte der Sänger seinen Kopf. Ab hier konnte er es dann doch wieder selbst. „Irgendwas fehlt“, murmelte der Sänger, nach dem er ein paar weitere Bissen zu sich genommen hatte. Geschmacklich war es einfach nicht umwerfend. Zustimmendes Brummen kam von dem Mann neben ihm. „Bei mir auch. Könnte aber nicht genau sagen, was.“ Es brachte nichts sich weiter den Kopf darüber zu zerbrechen. Selbst, wenn sie nun darauf kommen würden, sie hätten ja nichts da an Zutaten. Ruhig aßen sie zu Ende, schauten dabei hin und wieder zu dem Schlafenden, welcher nach wie vor einfach nur dalag. Toshiya entsorgte die leeren Verpackungen und legte, nachdem er sich wieder auf seinen Stuhl gesetzt hatte, seinen Kopf auf Kyos Schoß, welcher ihm auch gleich liebevoll durchs Haar strich. „Warten ist doof“, maulte der Jüngere irgendwann. „Und keine deiner Stärken“, scherzte der Sänger etwas, setzte aber schnell hinterher: „Dafür hast du ganz andere, wunderbare Eigenschaften.“ „Da bin ich ja beruhigt.“ Amüsiert kicherte der Größere ein wenig und schloss die Augen, um besser genießen zu können, was ihm sein Freund da Gutes tat. Diese beruhigende Tätigkeit vertrieb auch den Gedanken, dass sie bald zurück ins Hotel mussten. Weil die Besuchszeit wieder einmal zu Ende war. „Wollen wir nachher noch irgendetwas unternehmen? Oder willst du gleich zurück zum Hotel?“ Ein abfälliges Schnauben war die Antwort. Bloß nicht gleich wieder in ihr Hotelzimmer zurück. Das hatte er mehr als über. „Wir können uns ja auf die Suche nach einem neuen Gürtel für dich machen. Warst doch heute Morgen so am Fluchen, als dir deiner kaputt gegangen ist.“ „Ich hatte eigentlich mehr an Kino oder dergleichen gedacht. Und dann suchen wir uns einen Platz ganz hinten, wo wir ungestört rumknutschen können.“ Toshiya drehte sich auf den Rücken, um seinen Gefährten mit einem breiten Grinsen ansehen zu können. Spielerisch drehte der Sänger dessen Gesicht aber wieder zur Seite, murmelte: „Spinner.“ „Eine meiner besseren Eigenschaften, stimmt's? Denn sie bringt dich immer zum Lächeln bringt.“ Sanft legte er eine Hand in den Nacken des Älteren und zog ihn zu sich runter. „Du weißt ja“, flüsterte er, „wie sehr wir dein Lächeln lieben.“ Schnell verschloss er die Lippen seines Liebsten, ehe jener protestieren konnte, wie er es in dieser Situation gerne tat. Obwohl er jedes Mal ein wenig rosa auf den Wangen war. Nach einigen Augenblicken drückte sich der Kleinere aber wieder weg, meinte auf den fragenden, leicht verletzten Blick hin: „Die Haltung geht ziemlich auf den Rücken.“ „Ach so.“ So lange das nur der Grund war. Sofort war der Bassist ruhiger, ergriff aber Kyos rechte Hand, welche er an seine Wange legte. „Nun? Was wollen wir machen heute Abend? Wenn dir Kino schon nicht zusagt, musst du zumindest mit einer Alternative daher kommen.“ „Ich habe nichts gegen Kino gesagt. Nur gegen deine Idee mit dem rumknutschen.“ Sie durften dabei erwischt werden, wie sie etwas zusammen unternahmen, aber nicht bei solchen Aktivitäten. „Wie langweilig“, schmollte der Bassist und spielte etwas mit der Hand, die er hielt. „Und wenn wir in eine Spätvorstellung gehen?“ Kyo seufzte. „Du bist wirklich hartnäckig. Sollten wir nicht vorerst entscheiden, in welchen wir gehen?“ Nachher standen sie an der Kasse und konnten sich entweder nicht einigen oder fanden nichts Ansprechendes. „Wofür haben wir unsere Handys? Das Programm lässt sich ganz einfach heraus finden. Wir könnten vorher aber wirklich noch etwas in die Stadt gehen.“ „Und wenn uns kein Film zusagt? Was dann?“ „Anô... Dann... Dann musst du dir was einfallen lassen.“ Mit so einer Antwort hatte Kyo schon gerechnet. Nur war so ein Satz leichter gesagt, als in die Tat umgewandelt. Nachdenklich sah er auf, kurz zu Shinya, dann an die Wand gegenüber. Und war mit einem Male völlig still, verharrte in jeglicher Bewegung. Atmete nicht einmal. Seine Augen wollten ihm doch einen Streich spielen. Das konnte er gerade nicht wirklich gesehen haben. „Kyo?“ Besorgt richtete der Bassist auf. „Was hast du?“ Bevor jener allerdings antwortete musste er sich selbst versichern, dass seine Sinne ihn nicht getäuscht hatten. Ein Zittern ging durch seinen Körper, als er die braunen Augen sah, die sich auf sie gerichtet hatten. „Sieh selbst.“ Die Worten verließen gehaucht seine Lippen. Verwundert, aber natürlich auch arg neugierig drehte sich der Jüngere in die Richtung, in die ein Schatz sah. Kurz setzte sein Herz aus. Er hatte die Augen auf. Sobald diese Information in seinem Kopf verarbeitet worden war, sprang er auf. „Shinya!“ Aufgeregt stand er nun neben dem Bett und legte ihm die Hände an die Wangen. „Endlich! Endlich bist du wach. Wir haben dich so vermisst.“ Überwältigt von seiner Freude küsste er den Jüngeren. „Wie fühlst du dich? Brauchst du irgendwas?“ „Toshiya“, kam es beruhigend von dem Kleineren, welcher ihn sanft etwas zurück zog. „Überfalle ihn doch nicht gleich so. Er ist doch auch gerade erst wach geworden.“ Besänftigend schmiegte er sich an seinen Partner, obwohl es ihm selbst in den Fingern kribbelte den Schlagzeuger in die Arme zu schließen. Jener sah etwas verwirrt zwischen ihnen her, betrachtete den Raum. „Wa-Watashi wa“, krächzte Shinya, „doko ni... imasu ka?“ (1) Kyo legte seine Hand auf die des Liebsten. „Anata wa byouin ni imasu.“(2) „Byou...in?“ Die braunen Augen wanderten weiter durch das Zimmer und über die piependen Geräte, bis sie wieder bei den beiden Männern anhielten. Man sah, dass ihm noch weitere Fragen auf der Zunge lagen. Bevor jedoch nur eine davon über seine Lippen kam, schlief er auch schon wieder ein. Toshiya wischte sich ein paar Tränen von der Wange. „Wenn er jetzt wach war, dann müssen die Medikamente abgebaut sein. Wir haben ihn also bald ganz zurück, hab ich nicht recht?“ „Ja, Toshiya. Das hast du“, stimmte ihm der Ältere zu und spürte im nächsten Augenblick auch schon wieder die Lippen seines Freundes auf den eigenen. Ihnen beiden war durch dieses kleine Ereignis eine unglaubliche schwere Last von der Seele genommen, gepaart mit Zukunftsängsten. Ihrem vertrauten Leben zu dritt waren sie einen Schritt näher gekommen. Kapitel 12: The lost years -------------------------- „Kyo?“ Die flüsternde Stimme Toshiyas durchbrach die nächtliche Stille in dem Schlafzimmer. Zur Antwort erhielt er ein Schnauben und ein Brummen. „Kyo, ich kann nicht schlafen“, maulte der Jüngere weiter und zog seinen Liebsten an sich heran, um ihn mehrfach am Hals zu küssen. Irgendwie musste er ihn ein wenig wacher bekommen. „Wie kannst du nach diesem Nachmittag überhaupt schlafen? Ich bin immer noch zu aufgekratzt.“ „Ich merks“, murrte der Sänger und schob seinen Partner etwas von sich. „Ich bin selbst doch auch noch völlig... aufgewühlt.“ Als kleine Rache fürs Wecken ließ Kyo seine Finger über den Bauch des Größeren tanzen. „Allerdings solltest du nach all den Jahren wissen, dass ich in eigentlich jeder Situation schlafen kann, wenn ich das will.“ Geschmeidig drehte er sich über ihn, reizte die weiche, empfindliche Haut weiter. So sehr der andere Mann auch versuchte dem Kitzeln zu entkommen, er hatte keine Chance. „Stopp! Bitte! Hör auf Kyo!“, forderte der Bassist lachend, hatte bereits Tränen in den Augen und Schwierigkeiten Luft zu bekommen. Erst einige Momente später wurde er jedoch erst erlöst. Als kleine Entschuldigung bekam er dafür seine Tränen weg geküsst. „Sonst bist du gleich zu wach, um überhaupt Schlaf zu finden.“ Und morgen würde er nur darüber jammern, wie kurz die Nacht doch gewesen war. Schwer atmend sah der Jüngere zu dem Mann auf sich, holte sich noch einen Kuss von den vertrauten Lippen, welche noch etwas salzig schmeckten. „Ich fürchte, dafür ist es zu spät.“ Mit seiner Aktion eben hatte Kyo ihn hellwach gemacht. Sanft strich er ihm mit einem verträumten Blick über die Wange. „Eigentlich... hättest du gerade die perfekte Position für etwas ganz anderes.“ Durch sein rasendes Herz und Kyos schönen Anblick in dem schwachen Licht der LED-Anzeige der Nachttischuhr, wanderten seine Gedanken zu einer anderen Methode, die einen erst um den Schlaf brachte und dann für genau diesen sorgte. „Ach, mein Schatz“, seufzte der Kleinere und legte sich neben selbigen. „Ich weiß, worauf du hinaus willst. Doch ohne Shinya...“ „Schon gut.“ Wieder schlossen sich seine Arme um den anderen Körper. „Verschieben wir es auf ein anderes Mal.“ „Tut mir Leid“, hörte er es flüstern. Das musste es ihm aber nicht. Es war nur ein fixer Gedanke gewesen. Ein spontanes Aufwallen seiner Begierde, dem er gerne nachgegeben hätte. Wenige Augenblicke später, hörte er den Anderen wieder ruhig atmen. Womit wieder einmal bestätigt war, dass er immer schlafen konnte, wenn er nur wollte. Vorsichtig drehte er ihn auf den Rücken und legte seinen eigenen Kopf auf dessen Brust. Still lauschte er dem gleichmäßigen Atem und dem zunehmend ruhigeren Schlag des Herzens, bis sein Körper im Einklang dazu arbeitete und den jüngeren Musiker ebenfalls ins Reich der Träume brachte. Ihre Hände ineinander verschränkt. Toshiya schlich sich von hinten an und legte seine Arme um den Kleineren, welcher sich im Halbschlaf die Zähne putzte. „Wollen wir heute auswärts frühstücken? Gibt genügend Cafés auf dem Weg zum Krankenhaus.“ Aus müden Augen wurde er über den Spiegel angesehen, erhielt ein langsames Nicken. „Mein süßer Morgenmuffel.“ Brummend stieß Kyo dem Mann hinter sich den Ellenbogen in die Rippen. Jedoch nicht ganz so stark, wie er es wohl wollte. So früh am Morgen fehlte ihm einfach noch die volle Kraft für derartige Abwehr. Von der Aktion ließ sich sein Freund jedoch nicht abschrecken, schmiegte er sich doch nur Sekunden später noch mehr an seinen Rücken. „Bringen wir ihm wieder ein paar Blumen mit?“ Wieder ein Nicken. Kyo beendete die Putzaktion und beugte sich etwas vor, um die Zahnpasta in das Waschbecken zu spucken. Plötzlich ertönte ein anzügliches Schnurren hinter ihm und ein Paar Hände wanderten an seinem Körper hinab zur Hüfte, welche an die des Größeren gepresst wurde. Kyo spülte sich den Mund aus und richtete sich wieder auf, betrachtete im Spiegel den Blick des Bassisten, der gierig auf seinen Allerwertesten starrte. „Zieh dich lieber an, wenn wir gleich los wollen. So halbnackt nehme ich dich garantiert nicht mit.“ Kyo fuhr sich ein paar Mal durch sein Haar, bis es so lag, wie er es haben wollte. Danach drehte er sich um, stahl dem schmollenden Etwas noch einen Kuss auf seinem Weg zurück ins Schlafzimmer. Erneut standen sie in dem kleinen Blumenladen von neulich. Der letzte Strauß war schon eine Weile verwelkt und sie wollten ihrem Freund wieder etwas Gutes tun. Mit vielen von diesen Gerbera, in gelb und orange. Dazwischen sollten, so hatten sie sich geeinigt, Sonnenblumen sein. Noch mehr Wärme und freundliche Farbe, wenn er die Augen wieder öffnen sollte. Die nette Verkäuferin vom letzten Mal war ihnen wieder behilflich und gerade dabei das gewünschte Gebinde zusammen zu stellen. „Weißt du, worauf ich mich fast so sehr freue, wie auf einen erwachten Shinya?“ Toshiya beugte sich zu dem Kleineren runter, um ihn besser verstehen und antworten zu können. Das Gespräch ging ja sonst niemanden etwas an. „Ich hab eine Ahnung. Aber sag an.“ „Unsere Wohnung“, flüsterte der Sänger und seufzte wehmütig. Sie fehlten ihm schon, ihre vier Wände und das Gefühl daheim zu sein. „Nicht mehr lange, Kyo. Dann kann er verlegt werden und wir raus aus dem Hotelzimmer.“ Genau das benötigte aber Geduld, die er nicht mehr hatte. Generell fühlte er sich momentan für Vieles zu kraftlos. Wenig später erhielten sie ihren gewünschten Strauß, welcher von dem Sänger entgegen genommen wurde, weil Toshiya darauf bestand zu bezahlen. Zaghaft vergrub er seine Nase und sein Gesicht in den Blüten, atmete tief ihren wunderbaren Geruch ein. „Riechen sie gut?“ „Sie riechen ein wenig nach ihm.“ Davon musste der Jüngere sich gleich selbst überzeugen. „Stimmt. Erinnert wirklich an ihn.“ Sanft legte er dem Anderen eine Hand auf die Schulter und schob ihn sacht Richtung Ausgang. „Na komm, lass uns zum Krankenhaus gehen.“ Die Blumen standen etwas in der Sonne und beleuchteten so indirekt den ganzen Raum. Besser konnte es einfach nicht sein. Zumindest war Toshiya dieser Meinung, der das Ganze hübsch arrangierte. Kyo saß dagegen schon wieder am Bett des Schlafenden, strich sanft über dessen dünnen Unterarm. Nur nach Singen war ihm in diesem Moment weniger. „Es wird doch besser, Kyo. Warum also so schwermütig?“, fragte der Größere und stellte sich hinter seinen Freund, um ihm über den Kopf und durch das wenige, blonde Haar zu streichen. Vielleicht führte das ja zu einem Wechsel der Stimmung. „Wie schaffst du das?“, vernahm er nach wenigen Minuten. „Wie schaffe ich was?“ „Noch immer so ruhig zu sein. So viel Geduld zu haben.“ Die Augen schließend gab er sich den wohltuenden Händen hin. „Wie schaffst du es, noch immer so viel Kraft zu haben?“ „Wegen dir. Ich will das für uns beide durchstehen. Zudem wäre dir doch auch nicht geholfen, wenn ich mich hängen lasse. Ich möchte dir helfen wieder positiver in die Zukunft zu sehen, in dem ich dir zeige, dass es möglich ist. Und seien wir ehrlich: Das Schlimmste, was jetzt noch passieren kann, ist dass er noch länger benötigt um völlig aufzuwachen.“ Liebevoll küsste er das Haupt vor sich. „Mach es dir bewusst: Seine Knochen sind nahezu vollständig verheilt, die Entzündung ist weg. Dem Fieber wurde rechtzeitig entgegen gewirkt und alle müde machenden Medikament abgesetzt. Bald jammert er uns die Ohren voll, wie gerne er sich bewegen will, es aber nicht kann.“ Ab dem Punkt fing ihre ganze Arbeit auch erst an. Angefangen bei einfachen Übungen, um die Gelenke wieder beweglicher zu machen. Gefolgt vom Training zum Muskelaufbau. Am Wichtigsten war aber, dass sie eine Depression verhinderten. Kein Schlagzeug bedeutete keinen glücklichen Drummer. „Ich habe einfach keine Geduld mehr. Die Anspannung, dass er jeden Moment die Augen aufschlagen könnte, es aber nicht tut.“ Vorsichtig lehnte er sich nach hinten. „Das macht mich so fertig.“ Und nahm ihm den Antrieb für alles andere. Toshiya verstand ihn. Sehr gut sogar. Weil Worte aber nicht helfen würden, begann er damit sanfte Küsse auf Kyos Haar und Hals zu verteilen. Auf diese Weise konnte er ihnen hoffentlich etwas von ihrer Anspannung nehmen, wenngleich sie auch unterschiedlicher Art waren. Ein leichtes Seufzen, welches von Kyo kam und von einer positiven Reaktion auf die Behandlung zeugte, war seine Belohnung. „Magst du nicht doch ein wenig singen? Vielleicht hilft es ihm dabei den Weg ins Diesseits zu finden.“ „Okay“, flüsterte der Sänger und erhob langsam seine Singstimme, füllte den Raum mit leisen Tönen. Der Größere genoss es dem Gesang zu lauschen, entlohnte seinen Sänger mit zarten Liebkosungen, welche diesem ab und an ein kleines Lächeln entlockten. Kurz darauf bemerkten sie, wie etwas Bewegung in den schlafenden Körper kam. Der Herzmonitor gab andere Geräusche von sich und hinter den geschlossenen Lidern huschten die Augen von einer Seite zur anderen. Die dürren Finger zuckten und kündigten gemeinsam mit den anderen Symptomen die Rückkehr des Bewusstseins an. „Sing weiter“, flüsterte der Jüngere. Es half Shinya heute wohl wirklich dabei den Weg aus den aus den Tiefen seines Innersten zu finden. Fasziniert beobachteten sie die Mimik des Schlagzeugers, welche immer deutlicher wurde, bis ein kleines Lächeln erschien. Langsam öffnete sich der Mund und man konnte ganz schwach die Worte: „Die Stimme kenne ich“; vernehmen. Seine Augenlider flackerten auf und man konnte erkennen, wie seine Pupillen daran arbeiteten die Sicht auf scharf zu stellen. Waren ja nun auch schon einige Zeit nicht mehr richtig benutzt worden. Shinya neigte den Kopf zur Seite, von wo er die Singstimme vernahm, welche daraufhin verstummte. Kurz hellte sich sein Gesicht auf, ehe er die Stirn runzelte. „Ihr seht irgendwie anders aus.“ Mit einem leichten Lachen löste sich Toshiya von dem Sänger und hockte sich neben das Bett, um mit dem Jüngeren auf einer Augenhöhe zu sein. „Wir haben uns heute nur nicht allzu sehr heraus geputzt. Das ist alles.“ „Aber... deine Haare.. waren doch kürzer.“ Noch immer verwirrt sah er zu Kyo hinüber. „Und seit wann... bist du wieder blond?“ Kyo und Toshiya warfen sich fragende Blicke zu. Keiner von beiden wusste gerade wirklich, was hier vor sich ging. „Shinya, weißt du, wo du hier bist?“ Der Angesprochene wandte den Kopf wieder um, während er sich den Raum ansah. „Nicht.... wirklich“, beantwortete er Kyos Frage. „Wir sind hier im Krankenhaus. Du hattest einen Unfall“, begann Toshiya zu erklären. „Auf der Bühne.“ „Wirklich?“ Nachdenklich sah der Jüngste zur Zimmerdecke, murmelte nach einem kurzen Augenblick: „Daran kann ich... mich gar nicht erinnern.“ Kyo schluckte schwer und ballte seine Hände zu Fäusten, um das Zittern in ihnen zu verbergen. Er hatte so eine furchtbare Ahnung. „Kannst du dich... denn zumindest daran erinnern, welches Jahr wir haben?“ Ihm graute vor der Antwort, aber nur durch ihr hätten sie Gewissheit. „So, wie ich mich fühle, habe ich... wohl eine Weile geschlafen“, sagte Shinya und bekam ein zustimmendes Nicken von dem Bassisten. „Ich weiß nur noch, dass die Europatour kurz bevorsteht. Mit Festivals und so. Also Sommer 2011.“ Genau diese Antwort hatte Kyo nicht hören wollen. Er hat nur noch kurz eine Entschuldigung gemurmelt und war dann aus dem Zimmer verschwunden. Nun saß er auf einer Bank vor dem Krankenhaus und war versucht, sich eine Schachtel Zigaretten zu kaufen, um wieder ruhiger zu werden. Es blieb jedoch nur bei 'versucht'. „2011“, murmelte der Mann und konnte immer noch nicht richtig fassen, dass Shinya dieses Jahr genannt hatte. In dem Jahr hatten sie drei erst zu einander gefunden. NACH der Europatour. Wenn er also dachte, dass sie Sommer hatten, dann existierte ihre Beziehung derzeit nicht im Kopf seines Liebsten. Klar, war ihnen gesagt worden, dass eine Amnesie vorkommen kann, nach allem was Shinyas Körper und gerade dessen Kopf hatte mit machen müssen. Aber deswegen musste sie noch lange nicht so weit zurück gehen. Kapitel 13: Die Wunden der Seelen --------------------------------- „Warum ist er gegangen?“, fragte Shinya, glaubte er die Entschuldigung nicht wirklich. Dafür kannte er den Älteren doch zu gut. Selbst in diesem dämmrigen Zustand merkte er es. Noch immer verwundert betrachtete er Toshiya noch einmal. Im Vergleich zu seiner Erinnerung wirkte er wirklich älter. Und auch geknickter. „War mein Unfall so schwer?“ „Naja, du hast jetzt über einen Monat geschlafen. In erster Linie mit der Hilfe von Medikamenten. Damit du die Schmerzen der kaputten Knochen nicht so mit bekommst. Dein Bein, zum Beispiel, sah echt nicht mehr ganz so aus, wie ein Bein nun mal aussehen sollte. Deine kaputten Rippen haben deine Lunge beschädigt.“ Shinya sah überrumpelt zu seinem Kumpel. „So schlimm?“ „War ja noch nicht alles. Sie haben dich in ein künstliches Koma gelegt. Weil dein Kopf auch etwas abbekommen hat.“ Der Bassist seufzte und blinzelte einige Male seine Tränen weg, während er dem dünnen Mann vor sich den Unterarm tätschelte. „Ich erzähle dir alles ein anderes Mal. Ist, denke ich, alles ein bisschen viel, wenn ich dir das nun erzähle, wo du doch gerade erst wieder aufgewacht bist.“ Kurz war er still, dann stand er auf und meinte: „Ich suche mal eben eine Schwester, um Bescheid zu sagen. Und am Besten schaue ich auch gleich mal nach Kyo. Wer weiß, wo der sich rum treibt.“ Am Liebsten hätte er dem Jüngeren den vertrauten Kuss auf die Stirn oder die Lippen gegeben, doch für den Moment musste er sich das verkneifen. Stattdessen schenkte er ihm ein kleines Lächeln, ehe er sich zur Tür wandte und den Raum verließ. Sobald er draußen war, musste tief durch atmen, um nicht die Fassung zu verlieren. Er hatte einen Teil seiner Liebe verloren. Ganz dringend musste er nun zu Kyo. Ihn trösten, aber gleichzeitig spüren, dass er noch an seiner Seite war. Schnell informierte er eine der Schwestern über das Erwachen des Patienten, verließ dann die Station, den Flügel und schlussendlich das Krankenhaus selbst. Wo war sein geliebtes Monster? Da vorne. Und es kam auf ihn zu. Augenblicklich war er entspannter. „Suchen wir uns einen ruhigen Ort“, wurde ihm vorgeschlagen, dem er sofort zustimmte. Jetzt musste ihnen nur noch einer einfallen. Schwierig an einem derart öffentlichen Platz. Am Ende entschieden sie sich ganz plump für die Toilette, auf die sie, einer nach dem Anderen verschwanden. „Das sind die Momente, in denen ich es hasse, dass wir so bekannt sind“, meckerte Toshiya, schlang aber sogleich seine Arme um den Jüngeren und holte sich den so nötigen Kuss, welcher ebenso hungrig erwidert wurde. Sie waren dabei in einem Sumpf zu versinken und hatten nur sich, um sich fest zu halten. „Warum? Warum nur muss er gerade diese Erinnerungen verlieren?“ Wenn Toshiya das nur wüsste, er würde es seinem Liebsten auf der Stelle erzählen. Tröstend strich er ihm über den Rücken, weinte selbst einige stumme Tränen. Nicht einmal mehr für Kyo konnte er gerade noch den Starken spielen. Hätte er sich vorhin nicht schon so nahe am Boden befunden, hätte er geglaubt, man hätte ihm diesen entrissen. „All das Warten“, brachte Kyo von Seufzern unterbrochen hervor, „Es war-“ „Aber nicht doch“, unterbrach ihn der Jüngere, kämpfte mit seiner belegten Stimme, „es war nicht ganz umsonst. Wir müssen es einfach... positiv sehen.“ „Wie denn?“ Seine Augen waren schon ganz rot vom Weinen, als er aufsah und seinen Freund so schmerzerfüllt ansah. Beruhigend wurde er geküsst, spürte für einige wenige Augenblicke die vertraute Zunge in seinem Mund. Die, unumstritten, beste Methode, um Kyo zum Schweigen und etwas ruhiger zu kriegen. Nachdem sie sich voneinander getrennt hatten, strich der Bassist seinem Gegenüber über die Wangen, versuchte sich an einem zuversichtlichen Lächeln. „Er hat uns nicht ganz vergessen. Stell dir vor, das wäre eingetreten.“ Vehement schüttelte er den Kopf. Nein, das wollte er sich nicht einmal selbst vorstellen. „Und wir haben uns. Glaub mir, alleine würde ich das auch nicht durchstehen.“ Liebevoll fing er die Lippen des Kleineren erneut ein, gab seinen Worten dadurch eine noch stärkere Wirkung. „Und außerdem... in den meisten Fällen kommen die Erinnerungen ja wieder zurück.“ „Also noch mehr Geduld haben?“, fragte der Sänger und man konnte deutlich die Erschöpfung in seiner Stimme vernehmen. „Nicht aufgeben, Kyo. Vielleicht schaffen wir es sogar, dass er sich erneut in uns verliebt. Wer weiß.“ „Schon vergessen, wie lange wir gebraucht haben, um uns unseren Gefühlen bewusst zu werden? Und sie uns dann auch noch zu gestehen?“ „Na und?Wir haben es einmal geschafft. Wissen, wie diese Art von Beziehung funktioniert.Und zumindest wir beide sind uns den Gefühlen für unsere Partner bewusst. Wir kennen sie. Das sollte es doch wohl einfacher machen.“ „Vermutlich“, lächelte der Ältere leicht und gab sich geschlagen. Wie gut, dass sein Freund so schnell zu seiner optimistischen Einstellung zurück gefunden hatte. Hätte er ihn nicht, wäre er jetzt noch nicht mal annähernd zuversichtlicher. „Danke, Toshiya.“ Ein wenig reckte er sich, um dieses Mal selbst einen Kuss zu initiieren, griff aber auch nach dem Kragen der Jacke, um den Anderen etwas zu sich herunter zu ziehen. „Gern geschehen“, hörte man es noch flüstern, dann vereinten sich ihre Münder auch schon wieder zu einem sanften Tanz im Wiegeschritt, welcher ihre Herzen weiter besänftigte und ihnen den Mut gab sich dieser Herausforderung stellen zu wollen. Vielleicht war er nicht mehr ihr Partner, doch Shinya war ihnen immer ein Freund gewesen. Toshiya wandte sich der Tür zu, um vor zu gehen, wurde jedoch aufgehalten. Irgendwie konnte sein Schatz das derzeit recht gut. Verliebt drehte er sich dem Sänger wieder zu, der seine rechte Hand mit seinen beiden umschlungen hatte und an seine Lippen führte. Sanft wurde sie liebkost, ehe Kyo ihm in die Augen sah. „Ich liebe dich.“ Ein leichter, wohliger Schauer durchlief den Körper der Jüngeren. Immer wieder schön, wenn er dieses Geständnis von ihm hörte. „Ich liebe dich auch“, erwiderte er lächelnd und wiederholte die Geste, die er eben erhalten hatte. „Bis gleich“, verabschiedete er sich mit einem Zwinkern und verließ den Sanitärraum. Kyo schloss hinter seinem Freund wieder ab. Er brauchte noch einige Momente. Um die Spuren seiner Tränen etwas zu verbergen, warf er sich etwas kühles Wasser ins Gesicht. Als nächstes hob er seinen Hut auf, der bei der Umarmung eben herunter gefallen war. Wenn er den etwas mehr ins Gesicht zog, konnte er seine roten Augen gut verbergen. Während dem Gespräch mit der Ärztin, die ihm wohl erklären wollte, was sein Körper alles hatte durch machen müssen, wollten ihm immer wieder die Augen zu fallen. Dabei war er doch gerade erst aus diesem langen Schlaf aufgewacht. Mehr sorgte er sich allerdings über seine Freunde. Sie hatten eben so traurig ausgesehen. Aber freute man sich denn eigentlich nicht, wenn jemand aus einem Koma erwachte? Obwohl, für einen kleinen Augenblick hatten sie wirklich glücklich ausgesehen. Bis klar wurde, dass er fünf Jahre einfach vergessen hatte. Irgendetwas bedeutsames musste während der Zeit passiert sein. Wenn sie wieder da waren, würde er sie fragen. Und Antworten verlangen. „Entschuldigung“, unterbrach er die Ärztin, die neben ihrem Gerede noch einige Untersuchungen durchführte. „Können sie mir sagen, wie lange so eine Amnesie anhält?“ „Eto... Bedauerlicherweise ist die Dauer einer Amnesie von Fall zu Fall unterschiedlich. Es besteht die Möglichkeit, dass sie sich bereits in den nächsten Tagen wieder an alles erinnern oder erst in Wochen, Monaten, im schlimmsten Fall vielleicht sogar erst in einem Jahr. Ich kann es Ihnen wirklich nicht sagen.“ Es blieb also nur noch seine Freunde direkt zu fragen. Sie mussten nur auch reden. Dennoch zeigte sich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht, als Toshiya herein kam. „Wo ist Kyo?“ „Der kommt gleich. Er ist nur noch eben zur Toilette.“ „Okay.“ Hauptsache er kam wirklich wieder. Aus irgendeinem Grund wollte er Beide in seiner Nähe wissen. Lieber, als irgendwen sonst auf der Welt. „Toshiya... ich fühle mich... gefangen.“ Der Bassist schob sich an der Ärztin und der Krankenschwester, die mit gekommen war, vorbei und setzte sich zu ihm aufs Bett. „Weil dein Körper eine Weile nichts getan hat. Mit ein wenig Training sieht das schon sehr bald ganz anders aus.“ Der Bassist fing an zu lachen. „Ganz ehrlich: Auf genau diese Beschwerde haben Kyo und ich gewartet. Wir kennen doch unseren Freund.“ Sanft tätschelte er die Hand an dem dünnen Arm. „Wir packen das. Wir machen einfach jeden Tag fleißig Sport mit dir und dann fühlst du dich Stück für Stück weniger gefangen.“ Shinya vertraute den Worten des Bassisten. Bereits jetzt fühlte er sich schon etwas leichter. „Ich bin so froh, dass ihr hier seid.“ Die Ärztin verließ den Raum, war soweit zufrieden mit dem, was sie bei der Untersuchung festgestellt hatte. Die Genesung schritt immer weiter voran und schon bald konnte die Rehabilitation beginnen. Es sprach auch nichts dagegen, dass ihr Patient seine volle Beweglichkeit wiedererlangen würde. Seine Musikerkarriere sollte er also weiter verfolgen können. „Wo bleibt eigentlich-“ Shinya wurde unterbrochen von der sich wieder öffnenden Tür, durch die der Sänger kam. „Kyo“, beendete der Jüngste seinen Satz und musste wieder einmal lächeln. Er hatte wirklich Angst davor gehabt, ihn heute nicht mehr zu sehen. Je näher der Ältere jedoch kam, umso mehr viel ihm auf, welch Schatten auf seinem Gesicht lag. „Tut mir Leid.“ „Hm?“ Verwundert sahen sich die beiden Männer an. „Wofür entschuldigst du dich?“ Kyo sprach leise, doch Shinya hörte, dass sie leicht belegt klang. Als wenn sein guter Freund geweint hätte. „Ich habe wohl etwas sehr Wichtiges vergessen. Und deswegen seid ihr nun traurig. Dafür entschuldige ich mich.“ Betrübt und reumütig schloss er die Augen. Allerdings nicht für lange, denn er spürte mit einem Male etwas Warmes über seinen Kopf streichen. Überrascht öffnete er sie wieder und erkannte, dass es Kyos Hand war, der nun näher an ihm stand und mit einem Lächeln bedachte. So warm es aber auch sein sollte, die Traurigkeit und die geröteten Augen konnte es nicht überspielen. „Du kannst doch nichts dafür. Du hast dich ja nicht bewusst dazu entschlossen zu vergessen.“ „Ihr könnt mir doch aber auch erzählen, was in den letzten Jahren war. Vielleicht kommen dann die Erinnerungen wieder.“ Irgendetwas mussten sie ihm erzählen. Sie konnten sich doch denken, wie erdrückend und beklemmend dieses Gefühl war es eben nicht zu wissen. „Bitte.“ Seufzend zog sich Kyo einen Stuhl heran, sah noch einmal zu Toshiya. Schien, als würden sie sich durch ihre Blicke absprechen, wer wie viel erzählen sollte. „Wo fangen wir da nur an?“, grübelte der Bassist für einen Moment. „Beginnen wir bei dem Unfall, der dich her gebracht hat.“ Mit einigen wenigen Sätzen berichteten sie von der Tour und dem Konzert, ehe sie zu dem Erdbeben und den dadurch verursachten Verletzungen kamen. Shinya schluckte schwer. „Reichlich viele unglückliche Zufälle...“ „Schon.. Irgendwie. Denke auch, dass es besser war, dass du die Heilung verschlafen hast. Gerade gebrochene Rippen sollen tierisch weh tun.“ „Kann sein. Aber wie es jetzt ist...“, seufzte der Jüngste und versuchte seinen Körper zumindest zu kleinen Bewegungen zu bringen. „Das wird wieder“, sagte Kyo mit sanfter Stimme und legte ihm seine Hand auf den Unterarm. „Und bald kannst du wieder auf allem Möglichen herum trommeln.“ Fasziniert betrachtete Shinya das lächelnde Gesicht seines Freundes. Irgendwie fand er es schön. Was ihn selbst wunderte. Sie kannten sich schließlich schon so lange, aber nie so von ihm gedacht. Ein Gähnen kam von ihm, was ihm aber mal gar nicht gefiel. Es zeugte von Müdigkeit. Dabei würde er sich viel lieber noch mit seinen Freunden unterhalten. Fünf Jahre boten immerhin reichlich Gesprächsstoff. Erneutes Gähnen. „Wir lassen dich wohl besser noch ein wenig schlafen. Die Besuchszeit ist eh fast vorbei.“ Toshiya erhob sich von dem Bett und sah zu Kyo, der einverstanden, doch ganz offensichtlich schweren Herzens, nickte. „Nein, nicht.“ „Keine Angst. Wir kommen morgen wieder.“ „Wie die ganzen letzten Tage und Wochen auch. Immerhin sind wir nur deinetwegen noch hier in dieser Stadt. Um jeden Tag nach dir zu sehen.“ Kyos ruhige Stimme besänftigte die aufkommende Angst in dem Liegenden. Dennoch: „Ich werde mich ziemlich allein fühlen.“ „Sobald du wieder wach bist, sind wir auch fast schon wieder da“, versprach der Sänger. „Der Schlaf wird dir auch gut tun. Und bei Langeweile übst du einfach schon mal.“ Der Jüngste sträubte sich noch immer ein wenig gegen den Gedanken des Alleinseins, aber seine Vernunft sagte ihm, dass sie gehen mussten. Eine Schwester steckte ihren Kopf durch die Tür, um sie darüber zu informieren, dass sie das Krankenhaus verlassen mussten. „Wir wissen schon. Mittlerweile kennen wir ja die Zeiten“, grinste Toshiya und wandte sich an Kyo. Schließlich wollte er nicht alleine gehen. Der Andere zögerte noch etwas. Es war, als ob er etwas tun wollte, doch er verbat es sich. Eine weitere Frage, die Shinya gerne beantwortet haben wollte. Aber die hatte wohl bis morgen zu warten. „Bis morgen“, verabschiedeten sie sich und verließen sein Zimmer. „Irgendwas verheimlicht ihr mir“, flüsterte Shinya der geschlossenen Tür zu. „Warum tut ihr mir das an?“ Und warum verhielten sie sich so merkwürdig? Kapitel 14: Aufmunterung ------------------------ Auf dem Rückweg bestand Toshiya darauf bei einer Eisdiele vorbei zu schauen. „Du und deine Vorliebe für Süßes.“ Provokativ leckte der Bassist an seinem Softeis. „Tja, das hier ist auch nur ein Ersatz. An meiner Lieblingssüßigkeit darf ich hier in der Öffentlichkeit ja nicht knabbern.“ „Idiot.“ Grummelnd zog Kyo sich seinen Hut etwas tiefer ins Gesicht, um den rötlichen Schimmer auf seinen Wangen zu verdecken, welcher seinem Begleiter schon längst aufgefallen war. „Möchtest du auch was? Hab extra halb Erdbeere genommen.“ Toshiya hielt sich und seinen Freund an. Auffordernd hielt er dem anderen Mann die Eistüte hin. „Na komm.“ Kyo seufzte und sah sich, peinlich berührt, um. Er konnte doch nicht hier in der Öffentlichkeit - „Trau dich.“ Toshiya beugte sich vor, grinste und wedelte ein wenig mit dem Eis. „Es ist Erdbeere“, säuselte der Jüngere und empfand eine diebische Freude, seinem Schatz dabei zuzusehen, wie er sich zierte. „Na komm schon. Ich weiß, dass du es willst.“ Es machte unheimlich Spaß den Sänger so verlegen zu machen. Dadurch lenkten sie beide sich ein wenig ab. Der Kleinere sah sich weiterhin um. Einerseits war es ihm wirklich peinlich, andererseits bereitete ihm dieses Spiel schon Vergnügen. Statt jedoch das Eis zu beobachten, sah er Toshiya tief in die Augen. Er ergriff dessen Handgelenk, stupste seinem Gegenüber das Eis ins Gesicht, nur um ihm in der nächsten Sekunde die kalte, süße Masse wieder von der Nase zu lecken. Gut, dass sein Hut so eine breite Krempe hatte. Durch ihn war doch ein wenig Sichtschutz gegeben. Lasziv leckte er sich über seine Lippen, grinste etwas, auf Grund des perplexen Blickes seines Gegenübers. Jener fing, nachdem er endlich begriffen hatte, was vorgefallen war, das Lachen an, das so ansteckend war, dass Kyo einfach nicht anders konnte, als mit zu machen. „Toshiya? Lass uns zurück zum Hotel gehen. Wir sollten den anderen Beiden erzählen, wie es aussieht. Und“, der Kleinere biss sich etwas auf die Unterlippe. Er hatte noch einen anderen Grund, aber bei dem war er sich selbst noch nicht ganz sicher. „Ich will dich wieder küssen können“, flüsterte er schließlich, wodurch er allerdings nur die halbe Wahrheit sagte. „Ich dich auch.“ Zurück im Hotelzimmer streifte sich Toshiya Schuhe und Jacke ab und ließ sich aufs Bett fallen. „Wenn von den Beiden willst du anrufen?“ Kyo trat näher, hängte seine Jacke über einen Stuhl, verharrte dort. „Kaoru. Aber der wird es mit Sicherheit gleich weiter erzählen.“ Er blieb bei dem Stuhl, legte beide Hände fest um den oberen Teil der Rückenlehne. „Was hast du?“ Der Jüngere setzte sich wieder auf. Besorgt betrachte er seinen Partner, der ganz offensichtlich einen heftigen Kampf in seinem Inneren bestritt. Hektisch sprang er auf, als er die zitternden Hände sah, die immer weißer werdenden Knöchel, weil er sich so fest krallte. „Hey, hey, hey. Ganz ruhig.“ Sanft legte er seine Hand auf die tätowierte seines Partners. „Alles wird wieder gut. Es ist auch für mich ein Schock, dass er das mit uns-“ Kyo nahm ihm das Wort, indem er seinen Shirtkragen packte und in einen intensiven Kuss verwickelte. „Zeig es mir“, raunte der Sänger. „Lass mich spüren, dass ich zumindest noch dich habe.“ Kurz blinzelte der Dunkelhaarige überrumpelt. Meinte sein Freund gerade ernsthaft, was er da hörte? Gerade öffnete er den Mund, um nach zu fragen und sich zu vergewissern, da spürte er erneut die geliebten Lippen auf seinen eigenen. Hungrig spielten sie mit seinem Mund, spürte kurz darauf, wie die warmen Hände des Anderen unter seine Kleidung fuhren und über seine Haut strichen. Keine Spur mehr von der Zurückhaltung der letzten Zeit und der letzten Nacht. Sein eigener Hunger auf den Geliebten erwachte und sorgte dafür, dass sich jegliche Zurückhaltung in Luft auflöste. Mit einem Arm presste er den kleineren Körper an sich, wurde dominanter. Ab hier übernahm er die Führung. Er würde sie ihm zeigen. In all ihren Facetten. Seine tief empfundene Liebe. Innerhalb weniger Atemzüge hatte er seinem begehrenswerten Monster Hemd und Shirt ausgezogen, liebkoste nun den dargebotenen Hals, erhielt als Belohnung das erste Seufzen. Als nächstes verlor er selbst seinen dünnen Pullover und das Tanktop, welches er darunter getragen hatte. Da konnte es jemand wirklich nicht abwarten. Mit einer geschickten Bewegung drehte er Kyo zum Bett. Bereits jetzt hatte er den älteren Mann beinahe willenlos in seinen Armen hängen, der sich auch noch reichlich verlangend an seinen presste. Er spürte schon dessen schlanke Finger an seiner Hose herum werkeln. „Nicht so hastig, Kyo“, keuchte er. „Wir haben noch den ganzen Abend Zeit.“ Mit einem anzüglichen Grinsen, begleitet von seiner Zunge, mit der er sich über die Oberlippe fuhr, drängte er ihn gegen die Bettkante, bis er sich setzen musste. Hauchzart fuhren seine Finger über die linke Wange des Blonden, der unter der Berührung die Augen schloss und sich seinem Tun hingab. „So ist es gut. Heute bist du derjenige, der sich einfach nur fallen lassen“, mit dem Zeigefinger drückte er gegen das Schlüsselbein, sorgte so dafür, dass Kyo nun quer auf dem Bett lag. Angeheizt und mehr als nur willig. „und genießen soll.“ Er beugte sich hinab und küsste sich seinen Weg von dem trainierten Bauch, über die bebende Brust, hinauf zum Hals, den er mit eindeutigen Malen zu markieren gedachte. Vorsichtig legte er sich mit seinem ganzen Gewicht auf dem Mann unter sich ab. „Ich bin hier, Kyo. Spürst du mich?“ „Hai.“ Die Nähe Toshiyas, sein Gewicht, die Zunge und die Lippen an seinem Hals und die Hände, die sich mit seinen verwoben hatten. Und wie er ihn spürte. Mit allen Sinnen nahm er ihn wahr. „Mehr“, flehte er, mit tiefer, Lust getränkter Stimme. All die traurigen Gedanken sollte er ihm nehmen. Hinfort wischen, bis nur noch diese angenehme Leere darin herrschte. Bis sein Herz das Einzige war, das er noch hören konnte. Wie es den Namen seines Liebsten flüsterte und von ihrer Liebe sang. Toshiyas Hände lösten sich von seinen, fuhren über seine Arme hinab, strichen mit den rauen Fingerkuppen über seine Brust. Schon kurz darauf folgten Lippen und Zunge. Der heiße Atem auf der feuchten Haut ließ ihn erwartungsvoll zittern. Ein weiteres, rotes Mal entstand auf seiner linken Brust, direkt über dem Herzen. Fertig damit umspielte seine Zunge ein wenig den empfindlichen Fleck, der etwas unterhalb des Flügels dieses majestätischen weißen Vogels lag und dessen Mitte sich ihm bereits entgegen reckte. Grinsend knabberte er an dem definierten, muskulösen Bauch, leckte jedes Mal über die Haut, wenn eine Reaktion folgte. Während er sich so nach unten gearbeitet hatte, hatte er seine Beine zwischen die von Kyo gedrängt, sodass er nun dazwischen hockte, als sich seine Finger daran machten, dem besten Stück seines Geliebten etwas Platz zu verschaffen. Dieser seufzte erleichtert auf, sobald seine Hose geöffnet war. Wie sollte sich da auch nichts regen, wenn sein Liebster ihm derartig einheizte? „Ah!“ Etwas feuchtes und sehr bewegliches strich über die Unterseite seiner zunehmend stärker werdenden Erregung, kreiste einige Male um die empfindliche Spitze. Schwer kam der Atem über seine Lippen, stockte jedoch sogleich, als sich ein anderes, nur allzu bekanntes Paar um sein pochendes Fleisch legte und es immer weiter hinein in den Befriedigung versprechenden Mund begleitete. Kyo wusste nur zu gut, dass die Finger nicht die einzigen flinken und talentierten Körperteile an dem Bassisten waren. Doch gerade die Ersteren nutzte er nun, um sein bestes Stück zusätzlich zu dem fantastischen Blow Job zu massieren. In einem angenehmen Rhythmus bewegte der Jüngere seinen Kopf auf und ab. Nahm den Anderen dabei jedes Mal tief in sich auf. Seine Zunge schlängelte mal von der einen, dann wieder von der anderen Seite um das pulsierende Glied. Ließ es auch ab und an leicht seine Zähne spüren. Erregt bog der Sänger seinen Rücken durch, bemüht nicht in seinen Liebsten zu stoßen, wäre es in dieser Position doch unangenehm. Vor allem ohne Vorwarnung. Doch gegen seine Instinkte und Reflexe anzukämpfen, wenn man in solch sinnlichen Höhen schwebte. „Toshi~ya“, stöhnte er langgezogen, krallte sich mit seiner linken Hand in die Bettdecke unter sich, während sich die andere in dem dunklen Haar verfing, zog ihn ein wenig daran zurück. Jedoch dachte der Größere gar nicht daran, dem Folge zu leisten. Wo er doch endlich wieder von seiner Lieblingssüßigkeit naschen konnte. „To-Toshiya“, keuchend warf Kyo den Kopf hin und her, „wenn du nicht gleich -uhn- aufhörst, dann...“ Der Bassist löste sich, leckte noch einmal über seine Lippen. „Also, wenn du immer noch Worte findest, dann scheine ich meine Sache noch nicht richtig gemacht zu haben.“ Den Blick fest auf Kyos Antlitz gerichtet, leckte er noch einmal über die gesamte Länge, welche sich vor seinem Gesicht so artig in die Höhe reckte. „Vielleicht sollte ich meine Taktik ändern.“ Innerhalb weniger Wimpernschläge verlor der Sänger auch den letzten Fetzen Stoff. „Du bist so ein umwerfend schöner Anblick.“ „Wie... Wie kannst du dann noch stehen?“ Lachend schüttelte der Bassist sein Haupt. „Ich bin wirklich aus der Übung.“ Dafür war er in letzter Zeit einfach öfter an Kyos Stelle gewesen. Mit einem Schlafzimmerblick sah er wieder auf, strich sich über den Bauch hinab zur Scham, knöpfte sich langsam die Hose auf. Kyo richtete seinen Oberkörper etwas auf, stützte sich auf seinen Ellenbogen ab. Diese Show würde er sich niemals entgehen lassen wollen. Lasziv wiegte der Schwarzhaarige sein Becken hin und her. Stück für Stück schob er den unnötigen Stoff die Hüften hinab, bis die Schwerkraft schlussendlich den Rest übernahm. Und obwohl er nackt war, hatte er das Gefühl, als würde sein Freund ihn mit den Augen noch einmal ausziehen wollen, weswegen er sich reichlich geschmeichelt fühlte. Nun wurde sein eigener Körper ungeduldig. War aber auch schon reichlich unverschämt sie Beide so lange warten zu lassen. Ein schneller Griff in die Schublade vom Nachttisch und schon hatte er die passenden Hilfsmittel parat. Mit den Worten: „Jetzt bist du fällig“, legte er die beiden Gegenstände neben Kyo auf dem Bett ab und krabbelte wieder über ihn. Angeheizt von ihr Lust und ihrer Liebe kam es wieder zu einem stürmischen Kuss. Eng umschlungen rieben sie ihre nackten Körper aneinander. Stückchen für Stückchen schob Toshiya sie Beide immer weiter nach oben und von der Kante weg. Für den nächsten Schritt brauchte er ein wenig Platz. Mit einem Arm drückte er Kyos Oberkörper fest an seinen, welcher wiederum seine Arme und Beine um ihn gelegt hatte. So war es ein Leichtes ihn bei sich zu behalten, als er sich aufrichtete und nun auf der weichen Unterlage kniete.Als kleine Ablenkung liebkoste er wieder den Hals seines Partners, während er mit der freien Hand nach der Tube angelte, die er eben heran geholt hatte. Es wurde Zeit für die heißeste Phase ihres kleinen Abenteuers. Man hörte ein Knacken, als er den Deckel öffnete, was Kyo dazu veranlasste seine Beine neben die seines Partners zu positionieren, kniete nun selbst. Gab ihm einfach einen sichereren Halt und erleichterte auch einiges für seinen Liebsten. „Hah.“ Kyos Keuchen, eine Mischung aus Überraschung und Erregung, als der Bassist mit den Vorbereitungen begann. Sein Herz stimmte bereits die ersten Töne der Liebessymphonie an, die er so sehnlichst hören wollte. So sehnlichst vermisst hatte. Schon nach kurzer Zeit machte sich sein Körper wieder selbstständig, bewegte sich den Fingern entgegen. Dankbar für die schönen Gefühle, knabberte er an der Schulter vor sich, versuchte mit dem letzten bisschen Verstand noch seine Lautstärke zu zügeln. „Du kämpfst ja immer noch gegen das Fallen lassen.“ Sein süßer Sturkopf. Gleichzeitig schien jener aber auch mehr als bereit dafür zu sein den letzten Schritt zu wagen. So aufgeheizt und angestachelt wie sie waren, könnte es bedauerlicherweise eine kurze Vereinigung ihrer Körper werden. Reichlich benebelt von seinen Emotionen tastete Toshiya mit seiner Linken nach dem Kondom. Allerdings legte sich eine andere auf sein Handgelenk und hielt ihn von der weiteren Suche ab. „Das brauchen wir heute nicht.“ „Sicher?“ „Sehr sicher.“ Und bevor noch mehr Widerworte von den Lippen des Dunkelhaarigen kommen konnten, nahm Kyo sich ihrer an. Ein wenig nahm er nun die Zügel in die Hand. Mit seinem letzten Funken Verstand schaffte er es gerade noch so das Gleitgel an sich zu nehmen und die heiße Erregung seines Gefährten damit etwas abzukühlen. Anschließend brachte er sich selbst soweit in Position, auf dass er sich nun nur noch auf dem Schoss seines Gefährten nieder lassen musste. Jetzt. Jetzt war es an der Zeit, sämtliche Hemmungen von Bord zu werfen und sich fallen zu lassen. Beide Männer warfen den Kopf in den Nacken. Überwältigt von diesem einnehmenden und Atem raubenden Gefühl der Vereinigung, welches sie nun durchflutete. Fest krallte sich der Blonde mit einer Hand in das dunkle Haar, kratzte über den Nacken und den Rücken seines Partners, auf der Suche nach dem letzten bisschen Halt, bis sie vollständig eins waren. Keuchend klammerten sie sich an den Anderen. Nur eine kleine Pause, sonst war alles vorbei, ehe sie überhaupt angefangen hatten. Sanft strich der Größere über den verzierten Rücken, nachdem er sich wieder im Griff hatte. Wartete nur noch auf ein Zeichen des geliebten Mannes in seinen Armen. Lange musste er nicht warten, bis sich die Hüften seines Liebsten leicht bewegten. Grinsend leckte er über Kyos Ohrmuschel, stöhnte hinein, während seine Hände sich an die knackige Kehrseite des Kleineren legten und nun den Takt bestimmten. Mit jedem Stoß konnte er besser in den anderen Körper eindringen und ihn erobern. Ihn zu dem Seinigen machen. Die Hände im Nacken des Dunkelhaarigen verschränkt, lehnte Kyo seinen Oberkörper zurück. Auf diese Weise konnte er alles noch intensiver wahr nehmen. Sein Keuchen und Stöhnen wurde von Sekunde zu Sekunde lauter. Und sündiger. Immer weiter lehnte er sich zurück, bis seine Schulterblätter die Decke unter ihnen berührten. Überwältigende Ekstase durchflutete seinen trainierten Körper, bekam noch mehr Feuer durch das angestrengte Stöhnen des geliebten Mannes. In dieser Position musste er schon ein wenig kämpfen. Für einen kurzen Moment tauchte der Ältere aus der Schwerelosigkeit seiner Lust auf, als sich ein paar schlanke Finger um sein empfindlichstes Körperteil legten. Diese zusätzliche Stimulation... Kochte sein Blut bisher schon, war es nun am Sieden. Toshiya rief ihm,wie versprochen, ins Gedächtnis, wie es war, wenn man vor Lust und Liebe brannte. Immer kräftiger wurden die Stöße. Immer kräftiger massierte die Hand. Sie standen Beide bereits so kurz davor ihre Erlösung zu finden. Flink und schnell holte der Jüngere Kyos Beine unter dessen Körper hervor, legte sie um seine eigenen Hüften, um leichter in den geliebten Körper stoßen zu können. Als nächstes landeten seine Hände an Kyos Oberschenkeln. So konnte er ihn seinen schnellen, kräftigen Bewegungen entgegen ziehen, wieder tiefer eindringen. Hin und her warf der Sänger seinen Kopf, wusste er doch nicht mehr, wo ihm dieser stand. Fest krallten sich seine Finger in den Stoff unter sich. Noch mehr und er zerriss ihn. Laut schrie er seine Lust heraus. Die Farben tanzten vor seinen Augen, während Toshiya diesen hochempfindlichen Punkt in seinem Inneren traf. „Ah~... Ich... Ich-“ Tiefes Grollen kam aus seiner Kehle. Sein ganzer Körper krampfte, als sich sein Höhepunkt entlud. Kraftlos fiel er auf die Matratze zurück, hieß die Leere in seinem Kopf willkommen. Nur wenige Atemzüge später spürte er, wie sein Liebster sich auf seiner Brust zur Ruhe bettete. Ein kleines Lächeln und die letzte Kraft, um seine Hand in das weiche Haar seines Partners legen. Kyo spürte die Liebe. Und hörte wie sein Herz ihre Melodie sang. Kapitel 15: "Weil wir dich lieben." ----------------------------------- Still. Das wäre das erste Wort, wenn Shinya sein Zimmer beschreiben müsste. Es war furchtbar und beklemmend still. Durch sie und durch seinen gelähmten Körper war er dazu verdammt sich mit sich selbst und seinen Gedanken auseinander setzen zu müssen. Die traurigen Blicke seiner Freunde. Die waren nicht einfach nur, weil er ein paar Jahre vergessen hatte. Es war noch etwas anderes dabei, über dass aber keiner von Beiden reden mochte. Warum ließen sie ihn so im Ungewissen? Und warum war er nur schon wieder so müde? Wo er doch schon so lange geschlafen hatte. Fünf Jahre. Wie konnte sein Kopf so viel Zeit vergessen? So viele, vermutlich wunderbare Erinnerungen, welche nun einfach ihre Anbindung an sein Gedächtnis verloren hatten. Die und Kaoru würden denselben traurigen Ausdruck auf ihren Gesichtern haben, wenn sie es erfuhren. Die schweren Lider bedeckten seine Augen und brachten ihn ein Stück näher an den Schlaf. Er kam nicht dagegen an. Und es ärgerte ihn, dass er nicht schaffte. Alles war dunkel, als Shinya das nächste Mal die Augen öffnete. War wohl noch mitten in der Nacht. 'Sobald du wieder wach bist, sind wir auch fast schon wieder da.' Das waren Kyos Worte gewesen. Hoffentlich dauerte dieses 'fast' nicht mehr allzu lange. Gerne wollte er auch die beiden Gitarristen sehen, doch nach Kyo und Toshiya hatte er gerade deutlich mehr Sehnsucht. „Merkwürdig“, murmelte er und starrte zur Decke. Tief hörte er in sich hinein, auf der Suche nach einem Punkt in seinem Körper, den er nicht nur wahr nahm, sondern auch in irgendeiner Form beherrschen konnte. Leider verlief seine innere Suche erfolglos. Ein äußerst deprimierendes Ergebnis. Die roten Augen des Sängers erschienen ihm. „Warum hast du geweint?“ Diese neue Erinnerung tat beinahe mehr weh, als der Verlust der alten. Und was hatte er bei ihrer Verabschiedung noch tun wollen? Er hatte sich herunter beugen wollen, um etwas zu tun, es sich dann aber anders überlegt. Er musste ihn ganz dringend fragen. Doch vorher musste er irgendwie diese Stille und die Bewegungslosigkeit vertreiben. Sie machten ihn wahnsinnig. Gleichzeitig war er sich aber auch bewusst, dass er machtlos war. Furchtbar machtlos. Mehr als seine Augen und seinen Mund konnte er nichts an sich bewegen. Das war zum Kotzen. Jemanden zum Reden, den brauchte er. Dieses Alleine sein war eine Qual für seine Seele. „Kommt her, meine Freunde. Schnell.“ So langsam kam wieder Leben in den kunstvoll verzierten Körper. Glücklich seufzend kuschelte er sich näher an den warmen Körper neben sich, schlang einen Arm um dessen Taille und ein Bein schob sich zwischen die seines Freundes. Er war noch da. An seiner Seite. Zusammen mit seiner Liebe, wie er ihm gestern Abend so eindrucksvoll bewiesen hatte. Jetzt fehlte nur noch der warme Körper, welcher sich sonst zusätzlich an seinen Rücken schmiegte. Wie würde Toshiya mit seiner positiven Art jetzt sagen? Das würde noch werden. Mit noch ein wenig mehr Geduld würden sie ihren Normalzustand schon wieder erreichen. Kyo hoffte, dass er ihrem Liebsten würde gegenüber treten können, ohne gleich wieder in Tränen ausbrechen zu wollen oder irgendeine unbedachte Handlung ausführen konnte. So wie gestern, wo er ihn beinahe geküsst hätte, weil er es gewohnt war. Zaghaft öffnete er seine Augen, betrachtete das schlafende Gesicht, welches er liebte und für dessen Anblick er in diesem Moment unheimlich dankbar war. Sanft strich er mit zwei Fingern über den Unterkiefer seines Schatzes, was ein kleines Lächeln auf dessen Lippen hervor rief. „Ich liebe dich“, flüsterte Kyo. Nur einen Wimpernschlag später wurde er in die Kissen gedrückt und empfing einen heißen Kuss, der ihn mit der Hitze ansteckte. Eng zog er den schlanken Körper Toshiyas an sich, strich ihm über den Rücken. „Guten Morgen“, säuselte der Bassist verliebt. „Guten Morgen“, hauchte Kyo und holte sich noch einen Kuss. Dieser Tagesbeginn war trotz aller Probleme wirklich ein 'Guter'. Wenn nicht sogar der Beste seit Wochen. „Wollen wir heute mal ein wenig länger liegen bleiben? Einfach noch ein wenig faul sein.“ „Klingt verlockend“, schnurrte der Sänger, kraulte dem schönen Mann über sich den Nacken. „Doch wir haben unserem Liebsten zugesagt so bald wie möglich wieder bei ihm zu sein.“ Seufzend legte sich der Jüngere auf ihm ab. „Ja, haben wir.“ Glücklich schmatzend machte er es sich auf dem Kleineren bequem. „Hier ist es nur so unheimlich gemütlich.“ „Ach, du.“ Liebevoll strichen die tätowierten Finger durch das dunkle Haar. „Ich will ihn nur nicht enttäuschen.“ Erneut seufzte der Bassist. „Jetzt hab ich wegen dir ein schlechtes Gewissen.“ Sich links und rechts von Kyo abstützend, drückte er sich hoch und sah seinem Freund tief in die braunen Augen. „Dann machen wir uns mal fertig.“ Ein wenig mulmig war ihnen beiden dann doch, als sie wieder vor Shinyas Zimmertür standen. In den letzten Tagen war es ihnen dann doch irgendwie einfacher gefallen. Toshiya atmete einmal tief durch. „Wir packen das.“ Sein Blick ging zu Kyo neben sich. „Wir haben uns“, flüsterte er und erhielt ein Nicken von dem Kleineren. „Wir haben uns“, erwiderte er und legte im nächsten Moment seine Hand an die Türklinke. Heute morgen hatte er selbst noch gesagt, dass sie es ihm versprochen hatten. Bevor er es sich irgendwie anders überlegen konnte, betätigte er den Griff und ließ sie Beide hinein. Ihr Freund lag noch immer dort, wo sie ihn gestern zurück gelassen hatten. Von einer Verlegung war bisher aber auch noch nicht die Rede. „Da sind wir wieder.“ Kyo versuchte sich an einem Lächeln, hatte auch das Gefühl, dass es ihm gelang. In den Augen des Jüngsten konnte man regelrecht sehen, wie der freudige Glanz in ihnen eingeschaltet wurde. Ihr Besuch schien erwartet worden zu sein. Sehnlichst. „Endlich“, kam es gehaucht von dessen Lippen. Die beiden Besucher stellten sich links und rechts vom Bett auf. „Wie fühlst du dich heute?“ Sofort verschlechterte sich die Laune des Patienten. „Schläfrig. Und Gefangen.“ „Beides wird vergehen.“ Mit eine zuversichtlichen Lächeln setzte sich der Größte unter ihnen aufs Bett und nahm die Hand des Freundes in seine. Munter wackelte er mit jedem einzelnen von dessen Fingern. „Nach und nach werden die alle hier wieder tun, was du willst.“ „Genau, wie die hier drüben.“ Leicht lächelnd tat der Sänger es seinem Partner gleich, musste gegen den Drang kämpfen die Hand in seiner zu küssen. Zur Ablenkung spielte er mit den zarten Gliedmaßen, bog jeden einzelnen mehrfach der Handfläche entgegen. Anschließend massierte er alle Finger ein wenig. Begeistert von Kyos Tun beschäftigte sich der etwas Jüngere ebenfalls auf diese Weise mit der Hand, die er hielt. „Wie fühlt sich das an?“ „Merkwürdig. Als ob sie nicht zu meinem Körper gehören.“ „Tut es denn weh?“ Shinya wandte seinen Kopf von Toshiya zu dem Blonden. „Nein.“ „Dann ist es gut. Und wir können weiter machen. So merken deine Muskeln hoffentlich, dass sie da sind und wachen auf.“ Wie ein kleiner Schuljunge grinste der Bassist und spielte munter mit der Hand seines Liebsten. „Hast du...zumindest gut schlafen können?“, erkundigte sich der Sänger, schluckte seine Sorgen und seine Trauer dabei erneut hinunter. „Erst.. wollte ich nicht. Mir ging auch noch viel zu viel durch den Kopf. Aber als ich eingeschlafen war, war es ein sehr tiefer Schlaf.“ „Das lag wohl noch an den Resten der Medikamente, die dein Körper noch abbauen muss.“ Zuversichtlich beschäftigte sich der junge Mann auf der rechten Seite des Bettes mit seiner gewählten Aufgabe, ließ die ganze Hand ein wenig kreisen. Kyos Bemühungen wurden indes weniger. Lange sah er den Drummer an. „Was ging dir alles durch den Kopf?“ Es waren eindeutig schwermütige Gedanken, die er gehabt haben musste und auch jetzt noch in sich trug. Wenn es um trübe Gedanken ging, war er Experte. „Du kannst es uns sagen. Wir sind schließlich deine Freunde. Oder hast du kein Vertrauen mehr in uns?“ Shinya zögerte, was die anderen beiden Männer ein wenig nervös machte. „Ich... weiß nicht.“ Geschockt sah Kyo ihm in die Augen. Das meinte er doch nicht so, oder? „Ihr habt mir gestern einiges verschwiegen.“ „Weil wir dich nicht überfordern wollten, mit so vielen Informationen“, verteidigte Toshiya ihr Verhalten. Doch der Liegende ignorierte diesen Einwand, erwiderte stattdessen den Blick des Kleineren. „Deine Augen waren rot. Und in deinem Gesicht war mehr Trauer, als Freude. Außerdem“, er sah zu seiner Hand, welche liebevoll in denen Kyos lag, „habe ich gestern deutlich gespürt, dass du dich verstellt hast. Ich weiß nicht, warum, aber ich bin mir in dem Punkt sehr sicher. Was wolltest du gestern, bei eurem Abschied, noch tun?“ Er musste es wissen. Es war immerhin einer der Hauptgründe für seine Ruhelosigkeit gewesen. „Sag es mir, bitte. Und sag die Wahrheit.“ Beschämt hatte Kyo den Blickkontakt abgebrochen. Was sollte er sagen? Wie viel sollte er sagen? Zu viel wollte er auch nicht Preis geben, um ihn nicht zu verunsichern. Nicht für noch mehr Fragen und trübe Gedanken sorgen. „Kyo. Bitte. Ich will es wissen.“ Doch er schwieg. Weil er nicht weiter wusste. „Ich hatte dich....“, was sagte er nur?, „nur umarmen wollen. Wie wir es sonst auch immer tun.“ Ja, das war gut. Aber auch glaubhaft genug? „Und das... hat dich zögern lassen?“ Eingehend betrachtete Shinya dessen Mimik. „Was hätte ich dagegen haben sollen?“ Nein, da lag noch mehr hinter. Und wenn es nur das gewesen war, warum dann so ein Geheimnis draus machen? „Was war es wirklich?“ Seufzend blickte Toshiya zu Kyo. „Tu es. Zeig es ihm.“ „Bist du dir sicher? Ich dachte, wir wollten es ihm erst später...“ Unsicher flog der Blick des Sängers zwischen seinen beiden Freunden hin und her. „Ich weiß nicht.“ „Kyo, bitte“, redete der Jüngste auf ihn ein. „Ich habe einen Teil meines Lebens vergessen. Wenn dein Verhalten etwas mit diesen verlorenen Jahren zu tun hat... Vielleicht kann es mir dabei helfen mich zu erinnern. Und wenn es nur an ein paar Kleinigkeiten ist. Bitte, meine Freunde. Ihr müsst mir mehr erzählen, müsst ehrlich zu mir sein. Sonst schaffe ich es nicht. Schaffe gar nichts.“ Er war den Tränen nahe, weswegen er die Augen schloss. Im nächsten Augenblick öffnete er sie aber schon wieder, spürte er doch etwas über seine Wange streichen. Es war Kyos Hand, die ihn da so zärtlich liebkoste. Wenige Sekunden später näherte er sich ihm langsam und küsste ihn auf die Stirn. Vollkommen verwirrt starrte er den Sänger an, als er einen weiteren Kuss auf seinem rechten Handrücken vernahm. „Warum?“, fragte er die beiden Männer, sah abwechselnd jeden von ihnen an. „Weil wir dich lieben.“ Der Sänger legte sich die dünnen Finger an die Wange, schmiegte sich an die Handfläche. Sie war nicht so warm wie sonst, aber es war die Hand seines Liebsten. Genießend schloss er die Augen, konnte aber nicht verhindern, dass sich eine Träne aus seinen Augen löste. Fasziniert verfolgte Shinya die feuchte Spur, die sie zog. Konnte das-? Nein, keine Lüge. So etwas konnte man nicht vortäuschen. Mit so etwas erlaubte man sich keinen Spaß. Sein Blick ging zum Bassisten. Er sah in dessen Augen und seiner Mimik ebenfalls Liebe, ein wenig Mitleid und Scham, wohl weil sie es vor ihm hatten verheimlichen wollen. Sie... liebten ihn. Mehr als nur freundschaftlich. „Und ich... habe euch...?“ „Hai“, hauchte Toshiya, küsste wieder sanft den Handrücken. DAS hatte er also vergessen. Nicht einfach nur das Weltgeschehen, Dinge, die ihre Band betrafen und so weiter. Er hatte vergessen, dass er liebte und geliebt wurde. Wobei ihn gerade doch ein wenig schockierte, dass er allem Anschein nach zwei Personen liebte. Dann auch noch zwei seiner besten Freunde. Seiner besten MÄNNLICHEN Freunde. „Und das klappt?“, fiepte er überrascht. Noch immer ein wenig skeptisch wanderte sein Blick von rechts nach links. „Ja, tut es. So gut, dass Kaoru heute noch immer neidisch darauf ist.“ Ein kleines Lächeln huschte wieder über Kyos Gesicht. „Wir haben dich so sehr vermisst.“ „In mehrfacher Hinsicht“, ergänzte der Jüngere, schmunzelte. „Was heißt...mehrfach?“ Der Sänger nahm auf dem Bett Platz, legte sich die Hand des Freundes auf den Schoß, um noch ein wenig mit den Fingern spielen zu können. „Nun, in erster Linie als unser bester Freund. Wir kennen uns schließlich schon so lange. Und natürlich als unser Gefährte.“ Mit geröteten Wangen senkte er den Kopf. „Vor allem als Gefährte.“ Toshiya, auf der anderen Seite des Bettes, nickte zustimmend. „Ihr habt wirklich all die Zeit hier an meiner Seite gesessen, während ich...?“ „Hai, die ganze Zeit.“ „Weil ihr mich..?“ Toshiya beugte sich vor und küsste Shinya auf die süßen Lippen. Wie sehr er dieses Gefühl doch vermisst hatte „Genau. Weil wir dich lieben.“ Kapitel 16: Der Kopf vergisst, der Körper nicht ----------------------------------------------- In seinem Kopf schwirrten nun noch mehr Fragen herum, als beantwortet wurden. Kyos Hand strich ihm wieder über die Wange. „Tut mir Leid, dass ich so ein schlechter Schauspieler bin. Wir wollten es noch ein wenig geheim halten, damit du dich mehr auf deine Genesung konzentrieren kannst.“ „Aber es wäre doch nicht leichter geworden mit der Zeit.“ „Mag sein.“ Kyo seufzte. Es war immer noch schwer für ihn, dass sein Shinya nun zwar wusste, was er vergessen hatte, aber sich noch immer nicht daran erinnerte. Betrübt stand er neben dem Bett, starrte er auf die Bettdecke. Toshiya war inzwischen los gegangen, um ihnen Beiden einen Tee zu besorgen. „Wie sieht mein Bein eigentlich aus?“, wechselte der Drummer das Thema. Der Sänger schob die Decke zur Seite und stricht über die vernarbte Haut. „Es hat was von einer Landkarte mit vielen Flüssen.“ „Meinst du, ich werde damit wieder spielen können?“ „Laut deiner Ärztin wirst du das wieder. Und glücklicherweise war der Schaden nicht so schlimm, dass sie es dir abnehmen mussten.“ Seine Finger fuhren weiter über die Haut. Es war wirklich ein Glück, dass sie ihm nach dem Erwachen nicht noch so eine Hiobsbotschaft mitteilen mussten. Unbeirrt strich er weiter über das geflickte Bein und spürte die kleinen Unebenheiten, die von den Nähten geblieben waren. „Kannst du das fühlen?“ „Es ist mehr ein Kitzeln. Als wenn eine Fliege darauf herum krabbelt.“ „Dann ist zumindest Gefühl drin. Eine gute Sache, nicht?“ Er lächelte, war bemüht die Trauer und Sehnsucht nach dem Jüngeren zu verbergen. „Kyo?“ „Hm?“ „Was würdest du jetzt am Liebsten tun?“ Der Gefragte verfiel in Schweigen. Gute Frage eigentlich. Er schloss die Augen und horchte in sich hinein. Was wünschte er sich in diesem Augenblick? Unter seinen Händen fühlte er die Wärme, die der Jüngere ausstrahlte und ihm wurde klar, was er sich wünschte. Er legte seinen Hut, die Jacke und den leichten Schal um seinen Hals ab, streifte die Schuhe von seinen Füßen und stieg zu seinem Liebsten ins Bett, schmiegte sich an den schmalen Körper. Genau das war es, was er gerade tun wollte. Sich zu ihm legen und dessen Nähe und Wärme spüren. Shinyas rechten Arm legte er sich um die Hüfte, seine Hand auf der des Anderen, darauf bedacht, neben der Nadel zu bleiben, um ihm keine Schmerzen zuzufügen. Durch den dünnen Stoff seines ärmellosen, weißen Hemdes konnte er die geliebte Wärme wunderbar wahrnehmen und sie genießen. Ein wohliges Seufzen kam von ihm, während er die Augen schloss und sich noch etwas mehr anschmiegte. Shinya war dagegen überrascht von dieser Aktion. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Kyo, ausgerechnet Kyo, wurde vor seinen Augen eine Schmusekatze. Erstaunlicher war nur noch, dass es seinem Körper so vertraut schien. Es war eine Haltung, die seinem Körpergedächtnis nicht unbekannt war. Nicht, dass er geglaubt hatte, dass die beiden ihn wegen ihrer Beziehung angelogen hatten, dennoch war es für ihn so absurd gewesen, als dass er es vollends für wahr hatte halten können. Jedoch: „Irgendetwas fehlt noch“, murmelte er und sah zu seiner anderen Hand. Ihm war, als müsste sie irgendetwas halten. Die Tür öffnete sich und herein kam Toshiya mit zwei Bechern grünem Tee. Verdutzt blieb er einen kleinen Moment im Türrahmen stehen, ehe er in den Raum eintrat und die Tür mit einem Stupser des Fußes hinter sich verschloss. „Wie gemein“, maulte und zog einen Schmollmund. „Da bin ich für ein paar Minuten weg und ihr fangt ohne mich an zu kuscheln.“ Und für drei Leute war das Bett gemeinerweise auch noch zu klein. Einen der Becher stellte er auf den kleinen Nachttisch, den anderen behielt er in der Hand. Anschließend zog er den Stuhl zu sich, um sich neben den Freund setzen zu können. Sein Schmollen hielt, wie üblich, nicht lange an und schon einen Augenblick später bedachte er seinen Sänger mit einem sanften, liebevollen Blick. Der Glanz war wieder mehr geworden in den schönen, braunen Augen. Ein Anblick, der ihm sehr gefiel. „Toshiya?“ „Hm?“ Der Bassist sah zu dem Jüngeren hinüber. „Du hast da einen Fleck am Hals. Einen dunklen. Den solltest du vielleicht untersuchen lassen.“ Besorgt sahen die Augen des Drummers drein. „Einen Fleck?“ Aus einem Reflex heraus griff er sich an den Hals, als ihm die leicht roten Wangen von Kyo auffielen. Stimmt ja. Ihr niedliches Etwas hatte sich vergangene Nacht in der Gegend vergnügt. Wobei Kyo dieses Hemd mit dem hohen Kragen auch nur deshalb heute morgen ausgesucht hat, um die vielen, dunkelroten Flecken an seinem eigenen Hals zu verstecken. „Der geht von alleine weg. Im Grunde genommen ist es ja ein nur ein Bluterguss.“ „Wo hast du den her?“ Grinsend sah er den Sänger etwas eindringlicher an. „Den habe ich von einem liebeshungrigen, anschmiegsamen und sehr sexy aussehendem Etwas, dass gestern ein wenig an mir geknabbert hat.“ Eine Anspielung, die Shinyas Kopf noch etwas zu sehr anstrengte. Dazu kam, dass Kyo sich beinahe in ihn verkroch. Zusammenreimen konnte er sich das dennoch immer noch nicht. Toshiya hatte seinen Blick immer noch nicht von dem Ältesten im Raum genommen. „Hab mich aber mehrfach revanchiert, nicht wahr?“ „Ja, hast du“, knurrte Kyo und fasste sich selbst an den Kragen, um zu prüfen, ob jener noch alles verdeckte. „Ich... komme nicht mit. Das ist mir... zu hoch.“ Liebevoll strich der Bassist seinem anderen Schatz über die Wange. „Das machen die Medikamente und der lange Schlaf. Auch das trainieren wir in Zukunft. Versprochen.“ Kyo schob sich über den zerbrechlichen Körper, kniete über ihm, bedacht darauf nicht zu viel Gewicht auf ihn zu legen, um ihm nicht wieder etwas zu brechen. Verführerisch knöpfte er sich die ersten beiden Knöpfe seines Hemdes auf. „So sieht seine Revanche aus.“ Er zeigte ihm die vielen Liebesbekundungen, die er von ihrem Liebesspiel erhalten hatte. „Dann sind das... Knutschflecken?“, hauchte der Mann unter ihm, war geschockt, aber auch fasziniert von dem Anblick. „Ja, ganz altmodische Knutschflecken. Sind ganz einfach passiert. In der Hitze des... Gefechts.“ In Erinnerung schwelgend strich er sich über seine Kehle hinab zum Schlüsselbein. „Sehr oft habe ich auch schon Male von dir getragen. Sie aber genauso versteckt, wie diese hier.“ „Verstecken müssen, mein Schatz.“ Der Schwarzhaarige stand auf und strich mit seinen Lippen hauchfein über das dunkle Rot. „So wie alles andere, was darauf hinweisen könnte, dass wir mehr als nur Freunde sind.“ „Hat uns das sehr belastet?“ Toshiya, der seine Augen nicht mehr von seinem Partner nehmen konnte, strich ihm nun über die Lippen, die sich bereits wieder nach einem Kuss sehnten. „Es ist nicht immer einfach das Verlangen zu unterdrücken. Während wir spielen, bei den Proben oder auf Konzerten, geht es. Da leben wir unsere andere Leidenschaft aus. Aber wenn wir alleine sind...“, hungrig fing er die Lippen des Älteren ein. Gebannt verfolgten die Augen des Drummers, was die beiden Anderen ihm dort vorführten. Eigentlich hatte er gedacht, dass es ihn irgendwie abschrecken würde. Doch... Er biss sich auf die Unterlippe. Er verstand, wie schwierig es wohl ab und an gewesen sein musste. „Auch“, kam es gehaucht, noch ehe er sich dessen bewusst war. Die beiden Älteren trennten sich, sahen fragend zu dem Liegenden. Hatten ihre Ohren sie getäuscht? Dennoch beugte sich Kyo hinab. Sein Herz hatte so eine Sehnsucht nach dem verlorenen Drittel. Mit den Unterarmen stützte er sich links und rechts vom Kopf seines Liebsten ab, strich ihm mit den Fingern etwas über die Stirn. Langsam näherte sich sein Gesicht dem anderen, seine Augen schlossen sich und er sah noch, dass Shinya es ihm gleich tat. Ein nervöses Zittern durchfuhr ihn, als er die Wärme des anderen Mundes wahr nehmen konnte. Der letzte kleine Abstand wurde überbrückt und sie waren wieder in einem Kuss vereint. Einen, der so elektrisierend war, wie der erste, den sie damals geteilt hatten. Schüchtern, auch ein wenig unbeholfen, doch für beide ein vertrautes Gefühl. Das Herz des Drummers schlug aufgeregt in dessen Brust, zog sich aber gleich darauf schmerzhaft zusammen, als der Kuss endete. Bedauernd öffneten sich seine Augen, schauten dem Sänger zu, wie er sich aufrichtete. Überrascht zuckte er gleich darauf zusammen. Zwei schlanke Finger hatten sich an sein Kinn gelegt und drehten seinen Kopf sanft zur Seite. Im nächsten Moment spürte er erneut ein vertrautes Lippenpaar. Wieder fielen ihm die Augen zu, sein Herz hämmerte und er genoss das vertraute Gefühl erneut. Diese beiden Männer zu küssen war ihm wirklich alles andere als zuwider. Ganz im Gegenteil. Er konnte von diesem Gefühl, nicht genug bekommen. Auch Toshiya sah er bedauernd hinterher. Wenn er gekonnt hätte, dann hätte er ihn wieder an sich gezogen, um noch mehr davon zu bekommen. „Was hast du?“, drang die Stimme des Sängers an sein Ohr. „Mehr“, flüsterte der Drummer. „Dir hat das gefallen?“ Ein wenig Hoffnung keimte in Kyo auf. Die Liebe für sie war also noch da, trotz der verschlossenen Erinnerungen. „Sehr.“ Ein Seufzen. „Es weckt so vertraute Gefühle in meinem Körper. Ich kann mich zwar nicht erinnern, was sie sind oder wo sie her kommen, aber ich vertraue ihnen. Sie sagen mir, dass ihr mich nicht angelogen habt, was unsere Beziehung angeht.“ Niedergeschlagen senkte er den Blick. „Wie gerne würde ich mich wieder erinnern können. An all die schönen Momente, die euch in den Sinn kommen, wenn ihr an unsere Beziehung denkt.“ Lächelnd näherte sich der Sänger ihm erneut. Seine Hände legten sich an seine Wangen und die Daumen strichen ihm sanft über den Knochen unter seinen Augen, ehe er ihn auf die Nasenspitze küsste. „Der Tag wird kommen. Bis dahin schaffen wir neue schöne Momente.“ Der Anblick des traurigen Shinya hatte ihn daran erinnert, wie verzweifelt er selbst gewesen war. Und wie Toshiya ihm in den letzten Tagen immer wieder Mut zugesprochen hatte. Sein Liebster sollte sich nicht so betrübt fühlen müssen. „Wir kümmern uns vor allem um deine Beweglichkeit. Ganz nebenbei helfen wir dir auch dabei die Gefühle in dir zu erkunden, sowie Erinnerungen zu schaffen und zu finden. Versprochen.“ Ein liebevoller Kuss landete auf der Stirn des Jüngsten. „Zuerst“, mischte sich der Bassist in das Gespräch ein, „sollten wir vielleicht dafür sorgen, dass du verlegt wirst. Am Besten in das Krankenhaus bei uns in der Stadt. Dann können wir uns endlich von diesem doofen Hotelzimmer verabschieden.“ Von dem hatte er wirklich die Schnauze voll. Obgleich das Bett sehr bequem war. Aber ihres war noch ein bisschen besser. Von der heimeligen Umgebung mal ganz abgesehen. Zudem hatten Kaoru und Daisuke dann häufiger die Möglichkeit sie zu besuchen und mussten auch die ganze Organisation nicht mehr alleine machen. „Vielleicht hilft die Umgebung auch dabei Erinnerung zu erwecken.“ Kapitel 17: Vorwürfe, Zweifel, Ängste ------------------------------------- Gegen Mittag war die Ärztin zu ihnen ins Zimmer gekommen. Sie besprachen Shinyas Genesung, die ihrer Meinung nach gut voran schritt. „Meinen Sie, dass er bald verlegt werden kann? In ein anderes Krankenhaus, meine ich. Eines näher an der Heimat.“ Neugierig schaute der Größte unter den Herren die Medizinerin an. Wäre schon schön, wenn es bald wäre. Nachdenklich überflog sie die Mappe in ihren Händen, um ihre Aussage abzuschätzen zu können. „Soweit ist Herr Terachi stabil und ich erwarte keine großen Komplikationen im weiteren Verlauf. Für einen Transport würde ich jedoch gerne noch vier, fünf Tage, vielleicht auch noch eine Woche abwarten. Bis dahin sollten die Medikamente noch weiter abgebaut und er nicht mehr so müde sein. Zudem möchte ich gerne noch den ein oder anderen Test durch führen. Um sicher zu gehen, dass alles den Umständen entsprechend in Ordnung ist.“ Sie wandte sich ihrem Patienten zu. „Morgen bekommen Sie auch ihre erste Anwendung. Eine einfache Massage für den ganzen Körper, damit die Durchblutung angeregt wird. Am Nachmittag habe ich bereits angeordnet, dass Sie eine Trainingseinheit für ihre Arme erhalten. Ich dachte, es wäre Ihnen recht, wenn Sie Ihre Beweglichkeit dort als Erstes wieder erlangen.“ Lächelnd sah sie ihn an, schloss ihre Mappe. „Sind denn noch irgendwelche Fragen offen?“ Kyo und Toshiya sahen erst sich, dann ihren Freund fragend an. Gemeinsam schüttelten sie einen Augenblick später den Kopf. „Gut, dann verabschiede ich mich von Ihnen. Sollte doch noch etwas sein, sprechen Sie das Pflegepersonal an oder verlangen Sie nach mir.“ Sie verbeugte sich leicht vor allen, ehe sie den Raum verließ. Kyo wandte sich Toshiya zu, lehnte sich an, mit einem kleinen, glücklichen Lächeln. Ihr Liebster kam wieder in Ordnung. Zumindest körperlich. „Und wenn dein Körper wieder ganz gesund ist, dürfte alles andere ebenso wieder werden“, kam es leise von ihm, während er zu dem Jüngsten sah. Hoffnung war in ihm aufgekeimt. Hoffnung, auf die Fortsetzung ihrer gemeinsamen Zukunft. Seine Finger suchten die von Toshiya, verhakten sich mit ihnen. Dafür bekam er von dem Größeren einen zustimmenden Kuss auf die Stirn. „Kommt...her“, bat der Liegende sie, klang aber schon wieder unglaublich müde. „Nicht... alleine lassen.“ Die beiden Männer trennten sich voneinander, bezogen erneut zu beiden Seiten des Bettes Stellung. „Keine Angst“, hauchte Kyo. „So lange wir können und dürfen“, ergänzte der Bassist, „bleiben wir hier an deiner Seite.“ „Danke. Ich... fühle mich einfach besser, wenn ihr da seid.“ „Überanstrenge dich aber nicht“, ermahnte Kyo. „Wegen uns musst du dich nicht zwingen wach zu bleiben.“ Immerhin fielen dem Patienten die Augen immer mehr zu. „Ich will aber... nicht schlafen. Erzählt mir noch. Wie lief es mit unserer Band? Was haben wir in den letzten Jahren erreicht?“ „Die Europatour damals verlief gut. Wir sind mit unserem Album gut herum gekommen. Seit damals haben wir noch zwei Alben und ein Mini-Album veröffentlicht. Sind im Budokan aufgetreten.“ Kyo bekam eine Gänsehaut, wenn er an die Halle dachte und die Menschenmassen darin. Wie sie mitgesungen und ihre Körper zu der Musik bewegt hatten. „Die Auftritte sind wirklich erinnerungswürdig gewesen.“ Sofort kniff er die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. „Entschuldige. Ich wollte das nicht sagen.“ Ein wenig geknickt sah Shinya schon aus, aber er versuchte den Kopf zu schütteln. „Schon gut. War doch keine Absicht. Wäre aber doch schon toll, wenn mir das wieder einfallen würde.“ Grinsend wandte sich Toshiya ihm zu, spielte erneut mit den Fingern der rechten Hand. „Wir können bei Gelegenheit gemeinsam die DVDs von damals ansehen. Vielleicht hilft dir das.“ Zuversichtlicher konnte er schon gar nicht mehr klingen. Aber es beruhigte Shinya, gab ihm ein Stück Kraft. Davon würde er noch viel brauchen in der nächsten Zeit. „Vielleicht.“ Einen Versuch war jede noch so kleine Hilfe wert. „Kyo?“ Seine Augen suchten ihre Gegenstücke. „Hm?“ „Würdest du meine Hand nehmen und....“ Ohne zu zögern ging der Gefragte dem ersten Teil der Bitte nach, betrachtete den anderen Mann und wartete geduldig auf den nächsten Teil. Leise und etwas beschämt: „Ich möchte die Flecken an deinem Hals berühren.“ Sein Gesicht gewann mehr an Farbe und er senkte den Blick. „Frag nicht nach dem 'Warum?'. Ich we-“ Er unterbrach sich, denn er spürte eine intensive Wärme unter seinen Fingerspitzen. Langsam ließ der Sänger die Finger des Jüngeren über seine Haut streichen. Genoss diese Berührung. Seine Augen schlossen sich und er neigte den Kopf. Von dem Liebsten berührt zu werden war immer etwas Schönes. „Ich... kann kaum glauben, dass du auch schon welche von mir getragen hast.“ Lachend warf der Bassist ein: „Wir haben schon Knutschflecken von den anderen getragen, die waren an Stellen... Um die zu verstecken bedurfte es keinen großen Aufwand.“ „Nani?“ „Toshiya“, tadelte der Sänger sanft. „Überfordere seinen schläfrigen Kopf nicht mit so vielen Andeutungen.“ Vorsichtig strich er dem Jüngsten über den selbigen. „Der ist noch so auf Schlafen eingestellt.“ Der Drummer schmollte ein wenig. „Ihr verheimlicht schon wieder Dinge vor mir.“ Der Bassist schaute nachdenklich zur Decke, schüttelte dann langsam den Kopf. „Wir verheimlichen nichts. Wir packen sie nur in ein paar Umschreibungen, damit du nicht gleich ein Kopfkino entwickelst und du etwas verschreckt wirst.“ Umschreibungen? Verschrecken? „Ihr macht mich nur noch verwirrter.“ „Wir-“ „-erklären es dir später. Den Satz habe ich seit gestern schon mehrfach gehört.“ Beleidigt wandte er den Kopf zur Seite. Er hatte ihn jetzt schon über. „Das ist doch nur, weil wir -“ „- dich schützen wollen“, beendete der Drummer auch diesen Satz, schmollte noch mehr. „Ich will nicht beschützt werden. Ich will meine Erinnerungen zurück. Es ist beschissen zu wissen, dass man einen Teil seines Lebens verloren hat.“ Seine Stimme wurde leiser und er musste mehrfach blinzeln. „Und ihr wollt mich auch noch absichtlich im Dunkeln lassen. Das ist so gemein von euch.“ Betroffen biss Kyo sich auf die Unterlippe, sah zu seinem Partner, der ihm gegenüber saß und den selben Ausdruck im Gesicht hatte. Mit ihrem Verhalten hatten sie ihn wirklich schützen und nicht verletzen wollen. „Das... wollten wir nicht, Shinya. Wir möchten dir helfen. Möchten dich nicht nur als Freund, sondern auch als Partner wieder bei uns haben.“ Sanft legte Toshiya seine warme Hand auf die schmale Brust des Liegenden, direkt auf dessen Herz. „Wir möchten unsere Plätze da drin wieder haben. Aber weil wir uns erinnern, wie schwer es damals war, zu unseren Gefühlen zu stehen, wollen wir dich nicht gleich mit allen Details belagern. Jetzt haben wir dich schon damit überrumpelt, dass du eine Beziehung führst. Mit uns. Uns beiden. Da dachten wir, dass wir dir besser alles nach und nach erzählen.“ Kyos tätowierte Hand hatte sich währenddessen dazu gelegt. „Tut uns Leid.“ Noch immer mochte Shinya keinen der beiden ansehen. Die Ehrlichkeit in Kyos Entschuldigung konnte er aber spüren. „Ich hab.... doch im Moment nur das Denken. Nur das Denken“, flüsterte er. „Ich brauche jeden nur erdenklichen Anstoß für meine Erinnerungen.“ Wirklich jeden. Schweigen legte sich über die drei Männer. Unangenehm und drückend. Langsam beugte sich der Sänger hinab auf die zerbrechliche Brust seines Partners, lauschte dessen Herzen. „Wir werden dir Stück für Stück von unserer Liebe erzählen. Dir alles berichten, damit dies hier nicht mehr schmerzen muss.“ „Versprochen.“ So gerne wollte der Drummer ihnen glauben. Wollte ihrem Versprechen glauben. Es klopfte an der Tür. Eine Schwester kam herein, um sie, wie üblich, darauf hin zu weisen, dass sie gehen mussten. „Wir sind morgen wieder hier. Und verraten dir weitere Details“, versprach Toshiya, lächelte zuversichtlich. Der Kleinere hingegen wagte es, dem Liebsten noch einen Kuss auf die Wange zu gegen. „Wir werden auch fleißig mit dir üben.“ Seufzend lehnte er seine Stirn gegen die Schläfe des Jüngeren. „Ich liebe dich. Das ist die Wahrheit.“ Sobald die Tür hinter ihnen zu gefallen war, tat ihm alles Leid, was er eben gesagt und getan hatte. Sie waren verletzt, bestimmt. Doch er durch ihr Verhalten ebenfalls. Mühsam setzte er die Teile ihrer Gespräche wieder zusammen. 'In der Hitze des... Gefechts.' Was sollte diese Anspielung? Man küsste sich nicht in einem Gefecht. Es war ein Streit. Oder nicht? Sie hatten sich aber nicht verhalten, als wenn sie eine Auseinandersetzung gehabt hätten. Küsse am Hals. Flecken. Kyo und Toshiya hatten so andächtig darüber gestrichen und dabei verliebt und vertraut angesehen. '...von einem liebeshungrigen, anschmiegsamen und sehr sexy aussehendem Etwas...' Dabei hatte Toshiya den Freund in seinem Arm angesehen. Mit einem Glitzern in den Augen, welches von Leidenschaft inspiriert war. Ein Gefecht mit einem liebeshungrigen, sexy Etwas? Liebeshungrig. Über das Wort stolperten seine Gedanken. Ein Gefecht aus Liebe... Was konnte-? Schlagartig riss er die Augen auf, seine Atmung stoppte, sein Gesicht wurde heiß. Hätte er mal nicht so viel nachgedacht. Jetzt wusste er, worauf sie angespielt hatten. Und unwillkürlich stellte er sich vor, wie das ausgesehen haben könnte. Kapitel 18: Schmerz, Hoffnung und Leid -------------------------------------- Leicht nervös saß Kyo an dem Esstisch, sein Handy am Ohr, während er unruhig mit einem seiner Kugelschreiber spielte. Gestern hatten sie es ja nicht geschafft ihre beiden Freunde und Bandmitglieder anzurufen, darum hatte er sich nun dazu entschlossen es zu machen. Mit jedem Tuten wurde er jedoch etwas mutloser. Toshiya, der ihm sonst immer Beistand leistete war allerdings gerade unter der Dusche und wusste hiervon nichts. Also musste er da nun alleine durch. Gerade entschloss er sich dazu wieder aufzulegen, da hörte er die leicht gehetzte Stimme ihres Band-Leaders. „Moshi moshi, Niikura Kaoru desu.“ „Hallo, Kaoru. Hier ist Kyo.“ „Hi. Schön mal wieder von dir zu hören? Wie geht es dir?“ „Körperlich gut. Seelisch...“ „Oh oh.“ Man hörte, wie der Ältere sich setzte. „Was ist los? Wo ist Toshiya?“ „Unter der Dusche.“ „Ihr... habt euch gestritten?“, erkundigte sich sein Gesprächspartner und wappnete sich für die Antwort. „Nein, haben wir nicht. Zwischen Toshiya und mir ist alles in Ordnung.“ „Aber?“ Kaoru mochte es nicht, wenn man um den heißen Brei redete. Das wusste der Sänger. „Shinya... Er...“ „Ganz ruhig. Er wird wieder aufwachen. Da glaube ich fest dran.“ „Das ist ja das Problem. Er ist wieder aufgewacht. Gestern. Und... er erinnert sich an nichts mehr, was nach dem Sommer 2011 stattfand.“ Fest umklammerte er den Stift in seiner Hand. Nur noch ein wenig mehr Druck und die Plastikhülle würde Risse bekommen. „Eine Amnesie?“ Unterdrücktes Fluchen kam von dem Gitarristen. „Okay. Eines nach dem anderen. Er ist wirklich wieder wach? So richtig dauerhaft und alles?“ „Hai.“ Kyos Stimme und seine Atmung wurden zittrig. „Und er denkt wirklich wir haben noch 2011?“ „Nicht mehr. Toshiya und ich haben ihn bereits aufgeklärt in der Hinsicht.“ „Sommer 2011... Seid ihr Drei nicht in dem Herbst zusammen gekommen?“ „Hai.“ Der Jüngere atmete tief durch. „Aber auch das weiß er schon. Wir konnten es nicht vor ihm verheimlichen.“ Einige Sekunden herrschte Stille zwischen den beiden Männern. „Scheiße.“ „Du sagst es.“ Sehnsüchtig ging Kyos Blick Richtung Dusche. Er brauchte die Arme seines Liebsten um sich. „Wir wissen nicht, wie viel wir ihm zumuten können. Shinya will wiederum viel über unsere Beziehung wissen. Es ist schwierig. Und es laugt aus.“ „Er gibt euch also kaum Zeit, um den Schock zu verdauen... Wie sieht es sonst aus?“ Kyo rief sich ins Gedächtnis, was die Ärztin ihnen gesagt hatte. „Es geht bergauf. Sein Körper wird mit sehr großer Sicherheit so gut wie neu. Ab morgen bekommt er die erste Trainingseinheit, um wieder Kraft und Bewegung in seine Gliedmaßen zu kriegen. Er mault schon, dass er sich eingesperrt fühlt. Bald soll er auch verlegt werden können in ein anderes Krankenhaus. Was für Toshiya und mich dann ja auch heißt: Endlich nach Hause.“ „Ich habe das Gefühl, dass es für euch beide auch Zeit wird. Demo...“ „Hm?“ „Vielleicht macht es das aber auch schwieriger. Immerhin wird es dich erst recht an die letzten fünf Jahre erinnern.“ „Ja, vielleicht. Andererseits habe ich daheim eher die Möglichkeit Ruhe zu finden und meine Nerven zu entspannen.“ Man konnte hören, wie Kaoru ein Seufzen unterdrückte und mit dem Versuch eines Lächelns sagte: „Wenn es gar nicht mehr geht, kannst du jederzeit zu mir kommen. Daisuke wird dir bestimmt das selbe anbieten. Und für Toshiya gilt das Angebot selbstverständlich auch.“ „Danke dir.“ Er war schon ein wenig erleichtert über diesen Ausweg. „Anô, wegen Daisuke...“ „Ich rufe ihn gleich an. Keine Angst. Du und Toshiya, ihr macht euch einen schönen Abend und verscheucht für den Rest dieses Tages die unangenehmen Gedanken. Okay?“ „Okay. Wir geben unser Bestes.“ Seufzend beendete er das Gespräch, starrte für einige Augenblicke auf das Display, bis ihn ein paar Wassertropfen im Nacken erschreckten. „Entschuldige. Aber du hast nicht reagiert, als ich dich angesprochen habe.“ Liebevoll strich der Bassist seinem Freund durch das Haar. „Also noch mal: Wen willst du anrufen?“ „Niemanden. Ich habe bereits mit Kaoru telefoniert und ihm erzählt, was geschehen ist.“ Toshiya massierte die Schultern des Älteren. „Mein tapferes Etwas. Tut mir Leid, dass ich nicht dabei war.“ „Nicht schlimm. Ich wollte es nur nicht hinaus zögern. Er meinte, dass wir uns einen schönen Abend machen sollen.“ „Wenn Leader-sama das gesagt hat, dann sollten wir dem auch Folge leisten.“ „Schon eine Vorstellung?“ „Wir bestellen uns was beim Zimmerservice, kuscheln uns in unser Bett und schauen ganz langweilig fern.“ Zärtlich küsste sich der Bassist vom Hals hinauf zum Ohr und weiter zur Stirn. „Oder schwebt dir etwas anderes vor?“ Langsam drehte Kyo seinen Kopf von links nach rechts. „Ich mag den Gedanken.“ „Gut, dann überlege dir jetzt bitte, was du essen möchtest. So kann ich bestellen, während du unter der Dusche bist.“ Der Größere ließ sich auf dem Stuhl zu ihrer rechten nieder, nahm sich die rechte Hand des Älteren, um die Innenfläche zu küssen. „Ich hab keinen bestimmten Wunsch. Such du mir bitte etwas raus, okay?“ „Okay.“ Kyo zog seinen Liebsten zu sich ran, küsste ihn. „Danke.“ Er löste sich und begab sich seinerseits ins Badezimmer. Sich ein wenig die trüben Gedanken fort waschen. Wie Kaoru es vorgeschlagen hatte. Gehüllt in die flauschigen Bademäntel des Hotels und gesättigt vom leckeren Abendessen lagen sie auf dem Bett und sahen sich einen Spielfilm an. Er war gut. Jedoch waren ihre Gedanken mächtiger. Die Ereignisse an diesem Tag hatten sie emotional zu sehr ausgelaugt. „Was Shinya wohl gerade macht?“, fragte der Sänger und schaute zu Toshiya hoch, auf dessen Schoß er mit seinem Kopf lag. Jener warf einen Blick auf die Uhr im Teletext. „Im besten Fall schläft er.“ „Und im Schlimmsten?“ „Denkt er über all das nach, was er heute von uns erfahren und gespürt hat.“ „Wäre das wirklich schlimm? So wie er ein Teil von uns ist, waren wir ein Teil von ihm. Soll er doch darüber nachdenken. Besser, als wenn er sich ständig bewusst macht, dass er in seinem eigenen Körper gefangen ist.“ Kyo erschauderte bei dem Gedanken, sich nicht mehr mit seinem Körper ausdrücken zu können. Nicht einmal richtig spüren zu können, wenn er berührt wurde. Seine Hände legten sich auf Toshiyas, welche auf seiner Brust ruhte. Für den Fall, dass er eines Tages in einer ähnlichen Lage wie der Schlagzeuger sein sollte, wollte er jedes kleine bisschen schon jetzt wahr nehmen. Der Bassist hingegen schaltete den Fernseher aus und legte die Fernbedienung zur Seite. „Du siehst so müde aus.“ „Du ebenfalls.“ Kyo richtete sich auf und wandte sich zu dem Bassisten um. Zärtlich strich er ihm über die nackte Brust unter dem Bademantel und den Stoff von den Schultern. Mit einer Hand wanderte er schließlich hinab, um den lose gebundenen Gürtel zu öffnen, sodass sein Gegenüber nur noch in seiner Shorts vor ihm saß. Sein Liebster erwiderte diese Geste und befreite auch ihn von dem flauschigen Frottee, küsste die dunklen Flecken, mit denen er seinen Freund in der vergangenen Nacht gebrandmarkt hatte. Indes warf der Sänger wohlig seufzend die Mäntel vom Bett, legte im Anschluss seine Arme um den Jüngeren und den Kopf in den Nacken. Weiterhin mit Küssen beschäftigt, brachte jener sie immer weiter in eine liegende Position und zog die Decke über ihre fast nackten Körper. Sobald sie lagen, wanderten die Lippen des Bassisten weiter nach oben, bis sie schließlich die des Blonden fanden. „Schlaf gut, mein Schatz.“ Lächelnd schmiegte sich der Blonde in die Arme des Anderen. „Du ebenfalls.“ Wie schön Kyo ausgesehen hatte, jedes Mal, wenn seine Hand irgendwie seinen Körper berührt hatte. Er hatte ihm durch simplen Hautkontakt Glücksgefühle bereit. Für einen kleinen Moment war er nicht mehr traurig gewesen. Ein Anblick, der ihn unglaublich berührt und selbst ein wenig glücklich gemacht hatte. Seine Gedanken sprangen zu dem intensiven Kuss zwischen seinen beiden Freunden, den er hatte miterleben dürfen. Für Shinya war ganz deutlich zu sehen gewesen, wie viel sie einander bedeuteten. Beinahe die ganze Welt. Wenn nicht sogar mehr. In dem Moment wollte er unbedingt ein Teil davon sein, darum hatte er um einen Kuss gebeten. Noch jetzt, wo er sich wieder daran erinnerte, konnte er sagen, wie vertraut es ihm vorgekommen war. Sogar ein kleines Kribbeln meinte er in seinem Bauch gespürt zu haben. Seufzend starrte Shinya in die Dunkelheit. An Einschlafen war derzeit noch nicht zu denken, wo er doch gerade anfing sich intensiv mit all dem zu beschäftigen, was er in den letzten beiden Tagen erfahren hatte. Er war verliebt in seine Freunde. Führte mit ihnen seit nahezu fünf Jahren eine Beziehung. Ob seine Familie das wusste? Hatten sie ihn eigentlich mal besucht während seiner Zeit im Koma? Weder Kyo, noch Toshiya hatten etwas in der Richtung erwähnt. Er sollte sie morgen danach fragen, wenn sie wieder hier waren. Genauso wie nach ihrer Musik. Gerne wollte er ein paar der Songs hören, an die er sich nicht erinnern konnte. Was sie wohl gerade machten? Seine Erkenntnis vom Nachmittag tauchte wieder auf und er konnte spüren, wie sein Gesicht heiß wurde. Die Bilder, die er sich unvermeidlich vorstellte, versuchte er zu verdrängen. Er konnte sich doch nicht ausmalen, wie die Beiden beim Sex aussahen! Das ging nicht! Das gehörte sich nicht! Dabei dürfte er das während den letzten Jahren häufiger gesehen haben. Toshiya, wie er mit seinen Lippen über Kyos Haut fuhr und für noch mehr von diesen dunklen Flecken sorgte... Am Liebsten würde er sich gerade ein Kissen über sein Gesicht legen und sich darin verstecken. Aber das war ja nicht möglich. Sein Körper war ja derzeit gegen ihn. Wenn er jedoch wirklich so kaputt gewesen war, wie man ihm erzählt hatte, war es immer noch ein Wunder, dass er dennoch 'ganz' war. Er hätte nun genauso gut ein Bein weniger haben können. Oder gelähmt sein. Bei dem Training ab morgen musste er sich anstrengen. Ewig wollte er nicht zu dieser Untätigkeit verdammt sein. Hoffentlich war bald morgen und sie konnten anfangen. Damit er zumindest in der Lage war die Hände seiner Freunde zu ergreifen. Shinya rief sich ins Gedächtnis, wie Kyo neben ihm gelegen hatte. Er war so angenehm warm gewesen. In naher Zukunft wollte er seinen Arm von selbst um ihn legen. Schon erstaunlich wie wenig ihm es eigentlich ausmachte. Diese Vorstellung, dass er mit beiden eine Beziehung hatte. Wo sie in seinen verbliebenen Erinnerungen doch nur als gute Freunde existierten. Gut küssen konnten sie aber. Das musste er ihnen lassen. 'Weil wir dich lieben.' Ein paar Worte, die ihm den ein oder anderen Schmetterling in den Bauch setzten. 'Ich liebe dich.' Noch mehr Falter. Shinya schloss die Augen, um sich gänzlich auf dieses Flattern in seinem Bauch konzentrieren zu können. Sein Körper mochte ihn aber an ein anderes Gefühl erinnern, welches er nun zu erkunden gedachte. Ihm war, als würde seine gesamte Vorderseite mit etwas warmem in Kontakt sein. Dazu erinnerten sich seine trägen Arme daran, dass sie dieses Etwas umschlangen und nah bei sich hielten, während die Finger seiner rechten Hand sich nach einer anderen sehnten, um sie halten zu können. Der Schlagzeuger öffnete seine Augen, wandte seinen Blick nach rechts. Das Gefühl in seiner Hand hatte sich in leichten Schmerz gewandelt. Allerdings traute er kaum seinen Augen, als er in der schwachen Dunkelheit -von draußen und durch den Spalt unter der Tür drang etwas Licht- erkannte, dass er es tatsächlich geschafft hatte seine Finger anzuheben. Zwar zitterte die ganze Hand noch erheblich, doch es war unbestreitbar ein wahnsinniger Erfolg. Wenn er es später noch konnte, musste er es unbedingt seinen Freunden zeigen. Sie wären bestimmt genauso begeistert, wie er gerade. Nur ein Blinzeln später, lag die Hand wieder auf dem Bett. Shinya war dennoch glücklich. „Ich hab es geschafft.“ Sein Körper konnte demzufolge also doch etwas. „Es ist ein Anfang“, flüsterte er, machte sich selbst Mut. Vielleicht dauerte es gar nicht so lange, bis er die Gesten seiner Freunde erwidern konnte. Kapitel 19: Ein früher Vogel ---------------------------- Energisches Klopfen holte Toshiya aus seinem Schlaf. Nachdem er sich die Augen etwas von dem Schlafsand befreit und einen Blick auf die Uhr auf seinem Nachttisch geworfen hatte, wurde seine Laune noch schlechter. „Welcher Vollidiot geht einem denn schon um halb acht Uhr morgens so auf den Zeiger?“ Mürrisch löste er sich ganz von seinem Liebsten und kletterte aus dem Bett. Es klopfte erneut. „Einen Moment noch!“ Nach kurzem Umsehen, fand er die Bademäntel wieder, die sie gestern ziemlich achtlos durch die Gegend geworfen hatten, und zog sich einen davon über. Begleitet von einem Gähnen ging es schließlich zur Tür, wo er von dem Flurlicht erst einmal geblendet wurde nach dem Öffnen. „Guten Morgen, Toshiya.“ „Eh?“ Die Stimme kam ihm bekannt vor. Der Bassist hob eine Hand, um seine Augen etwas von dem Licht abzuschirmen. Erst so war es ihm möglich seinen Gegenüber zu erkennen. Umso erstaunter war er ihren Lead-Gitarristen zu entdecken. „Kaoru?“, fragte er dennoch, war einfach zu überrascht den Freund zu sehen. „Live und in Farbe. Darf ich rein kommen?“ „Uhm, klar doch.“ Der Bassist trat zur Seite, musste aber zugeben, dass sein Kopf die Situation noch nicht ganz verstanden hatte. „Ich störe euch doch nicht etwa?“, kam es amüsiert von dem Älteren, der sich in dem dunklen Raum umsah. Ihm war der Fleck an Toshiyas Hals, trotz des Bademantels, nicht entgangen. „Nur beim Schlafen“, erwiderte der Jüngere und schaltete das Deckenlicht ein. Sofort kam ein missbilligendes Grummeln vom Bett, woraufhin Toshiya seufzen musste. „Dir ist hoffentlich klar, dass ich seine schlechte Laune auf dich lenken werde.“ Schmunzelnd hängte Kaoru seine Jacke über eine der Stuhllehnen und stellte seinen Rucksack dazu. „Mach ruhig.“ Mit Kyo wurde er fertig. „Was verschafft uns die Ehre? Vor allem zu dieser Uhrzeit.“ „Um ehrlich zu sein“, begann der Gitarrist und setzte sich auf den Stuhl neben seinen Sachen, während sein Gesprächspartner sich ebenfalls an dem Tisch nieder ließ. „Nach Kyos Anruf gestern Abend war an Schlaf nicht zu denken. Die Nachricht, dass Shinya wieder wach ist, hat mich trotz allem mit Endorphinen voll gepumpt. Ich will so gerne wieder mit ihm sprechen. Darum habe ich den ersten Zug hierher genommen.“ „Und schmeißt uns zu dieser unmöglichen Zeit aus dem Bett.“ Ein Gähnen. „Müssen wir mit Die heute auch noch rechnen?“ „Mir gegenüber hatte er nichts erwähnt. Wundern würde es mich allerdings nicht.“ Toshiya erhob sich erneut. „Dann schmeiße ich mich mal in die Klamotten, bevor der auch noch hier auftaucht.“ Aus dem Kleiderschrank suchte er sich ein paar Sachen zusammen, legte das Outfit jedoch aufs Bett. Sein Schatz musste ja noch geweckt werden. Er krabbelte auf das Bett und beugte sich über den Älteren. Ungern weckte er ihn jetzt. Zumal er so eingekuschelt echt süß aussah. Sanft strich er ihm über die Wange, kitzelte ihn etwas am Hals. „Aufwachen, mein Schatz.“ „Will nicht.“ Maulend rollte sich der Sänger noch etwas mehr zusammen. Vorsichtig wickelte er ihn aus der Decke aus, drehte ihn auf den Rücken. „Jetzt werde schon wach“, raunte er sanft. „Shinya wartet schon auf uns.“ Unverständliches Gemurmel. „Mach die Augen auf“, säuselte der Jüngere. „Wir haben Besuch.“ „Besuch?“, langsam öffnete sich ein Auge. „Du willst mich doch nur aufziehen.“ „Nein, ganz und gar nicht.“ Der Größere deutete zur Seite, schmunzelte. Noch etwas skeptisch, wandte der Sänger seinen Kopf in die angezeigte Richtung. Etliche Male blinzelte er, ehe er den Älteren am Tisch erkannte. „Kaoru?“ „Hi“, erwiderte selbiger, lächelte und hob die Hand. „Ist der echt?“ „Ja, mein Schatz. Der ist echt. Wärst du so lieb und bestellst du uns Frühstück, während ich mich in die Klamotten schmeiße?“ Erst ein Seufzen, dann ein Nicken. „Danke.“ Schmunzelnd küsste Toshiya den Mann unter sich und drückte ihn dabei tief in die Kissen. Grinsend löste er sich wieder und verschwand mit seinen Klamotten im Badezimmer. „Geht das jeden Morgen so bei euch?“ Der Blonde murrte und drehte sich auf die Seite, so konnte er den Älteren direkt ansehen. „So ziemlich.“ Widerwillig setzte der Sänger sich auf, schielte auf die Uhr. „Noch keine acht?“ Böse sah er zu dem Älteren. „Was fällt dir ein uns schon so früh auf den Sack zu gehen?“ „Ich hatte Sehnsucht nach euch“, kam die grinsende Erwiderung. Schlecht gelaunt trottete der Kleinere zu ihm an den Tisch, ließ sich auf einen Stuhl fallen. „Solltest du dich nicht um das Frühstück kümmern?“ „Fick dich“, murmelte Kyo und ließ den Kopf auf der Tischplatte nieder. „Hab noch keinen Hunger um die Uhrzeit.“ „Ich hätte eh mehr Lust dazu, mich in ein kleines Restaurant irgendwo hier in der Nähe hin setzen. Zudem müsst ihr ja auch mal aus dem Hotel raus.“ „Aus dem kommen wir jeden Tag“, entgegnete der Kleinere missmutig. Kaoru senkte den Kopf und sah den Jüngeren von unten herauf an. „Du weißt, was ich meine.“ „Ich hab aber keinen Bock mehr auf die ganzen Cafés. Auf die Restaurants. Den Zimmerservice. Oder die verfluchten Automaten im Krankenhaus.“ Er hob die Arme und schob sie unter seinen Kopf. „Keinen Bock mehr auf dieses Hotel“, murmelte er. „Keinen Bock mehr auf die gesamte Situation, hm?“ Langsam drehte Kyo den Kopf, so dass er am Ende gerade so mit einem Auge über seine Arme hinweg sehen konnte, nickte. „Nach dem, was du gestern erzählt aus, ändert sich zumindest die wohnliche Situation. Und das Frühstück geht dann heute auf mich. Okay?“ „Nachdem du uns jetzt so früh aus dem Bett geschmissen hast, ist das wohl das Mindeste.“ Gähnend setzte sich der Sänger wieder auf, ging zu dem Kleiderschrank, um sich etwas passendes heraus zu suchen. „Wie geht es Shinya eigentlich?“ „Mies“, seufzte der Sänger, strich sich durch sein Haar. „Sein Körper hat in den letzten Wochen so stark abgebaut, dass er sich genau genommen gar nicht bewegen kann. Von seinem Kopf einmal abgesehen.“ „Verstehe.“ Das war wirklich mies für den Jüngeren. „Dazu ist er noch sehr verwirrt von allem.“ Sein erster Griff ging zu den Shirts. „In den wenigen Stunden, die er nun gänzlich wach ist, haben wir ihn auf sein Verlangen hin, ganz gut mit Informationen versorgt. Er ist also reichlich mit Denken beschäftigt. Und mit jeder Information tauchen mehr Fragen auf, folgen mehr Dinge, die ihn beschäftigen. Ihn noch mehr wissen lassen wollen.“ Den Arm mit frischer Kleidung beladen, wandte sich der Sänger von dem Kleiderschrank ab. „Er ist so neugierig, was das mit uns war und ist. Diese Beziehung. Er merkt kaum, wie weh es tut zu sehen, wie er sich an all die schönen Momente nicht erinnern kann. Obwohl es schon süß ist, wie er danach lechzt mehr darüber zu erfahren und zu fühlen, dass wir ihn lieben.“ Und trotzdem wäre es sowohl einfacher, als auch weniger schmerzhaft, wenn diese Amnesie nicht wäre. Erfrischt und deutlich wacher trat Toshiya aus dem Badezimmer, näherte sich seinem Liebsten, den er zur Ablenkung in einen Kuss und ein kleines Gefecht ihrer Zungen verwickelte. „Nicht so traurig gucken. Lass mich lieber dein schönes Lächeln sehen.“ Für einen Moment rang der Kleinere mit sich, weil ihm nicht wirklich danach war, tat dem Jüngeren dann aber doch den Gefallen. Erst danach machte jener ihm den Weg frei, auf dass er sich anziehen konnte. „Und?“, wandte sich der Bassist anschließend an den Ältesten im Raum und näherte sich dem Tisch. „Wie lange noch bis zum Frühstück?“ „So lange, bis Kyo fertig ist und wir uns ein Restaurant ausgesucht haben. Ich spendiere euch eines.“ „Klingt super“, grinste der Bassist. „Aber vorher erzählst du mir erst einmal was.“ „Hm? Was denn?“ Fragend legte Toshiya den Kopf schief. „Nun, wie es dir geht. Kyo sieht man es an der Nasenspitze an, aber du tust wirklich dein Bestes, damit er nicht merkt, dass es dir ähnlich geht.“ Toshiyas Lächeln verschwand und er legte seine Hände um die Lehne des ihm am nächsten stehenden Stuhles. „Wie soll es mir schon gehen? Nicht viel anders, als ihm. Wie du gerade sagtest. Wir hatten beide das Gefühl, dass sich unter uns ein tiefes Loch auftat, als wir merkten, dass unsere Liebe vergessen wurde. Ich gebe mir nur wahnsinnige Mühe alles ein wenig positiv zu sehen, um uns da wieder heraus zu holen.“ Das Lächeln kehrte zurück. „Shinya lebt. Wichtigster Punkt von allem. Er ist noch in einem Stück. Für ihn eine nicht außer Acht zu lassende Tatsache. Dessen bin ich mir sicher. Und überhaupt: Shinya hat uns nicht ganz vergessen. Das wäre, glaub ich, fast noch schlimmer gewesen. Er glaubt uns, wenn wir sagen, wir sind zusammen. Wenn wir ihm erzählen, dass wir ihn lieben. Und er merkt, dass er mal ebenso gefühlt hat. Es, irgendwo tief in sich drin, auch immer noch tut.“ Verträumt senkte er den Blick, lächelte. „Das gibt mir persönlich Hoffnung darauf, dass wir all die Erinnerungen an uns und die letzten Jahre wieder hervor holen können. Samt Gefühlen. Daran halte ich fest.“ Kaoru konnte nicht umhin den Jüngeren für diese Einstellung und diese Stärke zu bewundern. Er durfte sie nur nicht verlieren. „Übertreibt es aber nicht bei eurer Auswahl“, scherzte der Gitarrist, während er die Karte überflog, auf der Suche nach etwas, dass seinen Appetit ansprach. Seine beiden Freunde taten es ihm gleich, wobei Kyo aussah, als wäre ihm seiner vergangen. Bis jener seufzend die Karte weg legte. „Soll ich was für dich aussuchen?“, bot der Jüngste an, den Blick auf seinen Freund gerichtet, welcher lustlos nickte. „Aber dann nicht nur anstarren, sondern auch etwas davon essen.“ Immerhin kannte er ihn und seine Stimmungen. „Von mir aus.“ Für ein paar Minuten wurde weiter überlegt, aber als die Kellnerin wieder bei ihnen stand, konnten sie nennen, was sie wollten. „Habt ihr in letzter Zeit eigentlich noch etwas anderes gemacht, als im Krankenhaus zu sitzen?“ Die beiden Männer sahen sich an, suchten nach Worten. „Also nicht“, stellte Kaoru seufzend fest. „Kein Wunder, dass ihr so niedergeschlagen seid.“ „Ist es denn falsch, dass wir uns um ihn gesorgt haben?“, fragte Kyo mit einem leichten Grollen. „Wäre es denn so schlimm gewesen ein wenig zu Leben, während er schlief? Wo er schon außer Gefahr war? Meint ihr, er wäre euch nun deswegen böse?“ Bestimmt nicht, so wie er den Jüngsten ihrer Truppe kannte. Er hatte immer gewollt, dass es den Menschen, die ihm am Herzen lagen, gut ging. „Ich weiß noch, wie er einmal mit einer Grippe im Bett gelegen hat, ihr aber eigentlich einen Ausflug hattet machen wollen. Hatte er euch damals nicht auch los geschickt, ihn dennoch zu machen?“ „Hat er“, stimmte Kyo zu, ahnte, worauf der Ältere hinaus wollte. „Wir haben die ganze Zeit über an ihn gedacht. Sogar was mitgebracht hatten wir ihm.“ Toshiya schwelgte in Erinnerungen. „Er hat sich sehr über die Tüte mit Bonbons gefreut. Es ging ihm auch schon viel besser an dem Abend, weil er so viel geschlafen hatte.“ „Darum war sein Tag schnell rum gewesen und er hatte kaum Zeit darüber zu trauern, dass er nicht dabei gewesen war.“ Und bei ihrer Rückkehr hatte er sich von ihnen erzählen lassen, was sie gesehen und erlebt hatten. Böse sah er zu dem Gitarristen, der es wirklich geschafft hatte, sie zu diesen Erinnerungen zu bringen. „Was soll das Kaoru? Er ist jetzt wach. Warum willst du uns jetzt im Anschluss noch ein schlechtes Gewissen machen?“ „Damit ihr da auch in Zukunft mal dran denkt.“ „Ah, wir waren doch einmal etwas später bei ihm im Krankenhaus“, warf Toshiya ein. „Wir hatten uns die Stadt ein bisschen genauer angesehen. Sind ein bisschen durch die Geschäfte geschlendert.“ „Tat es gut?“ „Es hat zumindest nicht geschadet“, murmelte der Sänger. Für ein paar Tage hatte es damals gegen das Gefühl geholfen, dass das Zimmer immer kleiner und enger geworden war. Die Kellnerin kam zurück und stellte ihnen ihre Getränke hin. Ihr Essen würde sie jeden Augenblick ebenfalls bringen. Toshiya sah überrascht aus, als er seinen Klingelton hörte. „Ich hab so eine Ahnung“, grinste er und holte das Ding aus seiner Hosentasche. „Bingo.“ Mit einem Wisch war der Bildschirm entsperrt und der Anruf entgegen genommen. „Hallo Die. Lass mich raten: Du suchst uns?“ „Ähm... Ja. Woher weißt du-?“ „Weil unser werter Band-Leader vor mir sitzt. Aus dem gleichen Grund, weshalb du die Reise gemacht hast.“ Er erklärte noch eben, wo sie sich befanden, legte dann auch schon wieder auf. „Sieht ganz so aus, als wären wir gleich noch einer mehr.“ „Dem sein Frühstück zahle ich aber nicht“, merkte der Älteste an und nahm einen Schluck von seinem Tee. Zu viert ging es nach dem reichhaltigen Essen zum Krankenhaus. „Lasst ihn uns endlich besuchen gehen“, meinte Die und man konnte deutlich die Aufregung in seiner Stimme hören. Sogleich machten sie sich auf den Weg in die entsprechende Etage und zu Shinyas Zimmer. „Nicht, dass der gleich einen Schock, kriegt, weil er von uns so überfallen wird.“ „Ihm wird weniger Gefallen, dass ihr ihn in dem Zustand seht.“ Toshiya legte jedoch schon seine Hand auf die Türklinke und öffnete, nachdem er dann doch noch angeklopft hatte. „Hi.“ Müde sah ihm Shinya entgegen, lächelte beim Anblick des Bassisten, ehe sich seine Augen überrascht weiteten. So viel Besuch. Seine Freunde stellten sich um das Bett herum auf und er wurde von Toshiya auch gleich zur Begrüßung geküsst. „Na? Erkennst du uns noch?“, scherzte der ältere Gitarrist. Gleich schmollte der Drummer: „So schlimm ist meine Amnesie auch nicht. Mal ganz davon ab, dass ihr euch nicht so stark verändert habt.“ Beschwichtigend nahm Kyo die linke Hand seines Liebsten, streichelte den Handrücken. „Wie fühlst du dich heute?“ „Sehr ruhig. Sehr entspannt. Die Massage heute Morgen hat gut getan. Ich habe sogar gespürt, wie die Beine bearbeitet wurden. Das macht mir Hoffnung darauf, dass ich sie eines Tages wirklich wieder ganz normal benutzen kann.“ Toshiya stellte derweil das Kopfteil des Bettes höher, damit er sie alle besser sehen konnte. Doch das bekam er nur am Rande mit. Viel lieber beobachtete er, wie der Sänger sich sanft lächelnd die Hand an die Wange legte. Jetzt könnte er ihm zeigen, was er gestern Nacht schon geschafft hatte. Konzentriert sah er auf seinen Daumen. Ihn wollte er jetzt bewegen. Mit ihm wollte er ihm über die Wange streichen. Wie die Anderen ihn gebannt anstarrten, merkte er gar nicht. Er wollte das jetzt schaffen. Zittrig und langsam bewegte sich der Finger schließlich. „Es hat geklappt“, hauchte er begeistert, machte weiter, so gut er konnte. „Das ist gut, oder? Ich kann meinen Körper bewegen, wenn ich mich nur stark genug konzentriere.“ „Ja“, hauchte Kyo, der genießend die Augen schloss. „Das ist sehr gut.“ Kapitel 20: Stimulation ----------------------- „Das ist echt stark.“ Begeistert beobachtete Toshiya den sich bewegenden Daumen. Es machte Hoffnung. Ihnen allen. Seine positive Einstellung hatte sich also bezahlt gemacht. Shinya stoppte, atmete etwas schwerer. „Es ist nur noch sehr anstrengend.“ „Aber es klappt“, meinte Die mit einem breiten Grinsen vom Fußende des Bettes aus. Der Jüngste erwiderte mit einem Lächeln, bevor ihm doch Tränen in die Augen stiegen. Besorgt festigte Kyo den Griff um die Hand etwas. „Was hast du? Tut dir etwas weh?“ „Nein. Nicht im Geringsten. Im Gegenteil.“ Energisch blinzelte der Liegende. Er wollte jetzt nicht weinen. „Ich bin nur gerade glücklich. Darüber, dass ihr alle hier seid.“ „Ist doch selbstverständlich“, kam es sanft von dem Ältesten unter ihnen. „Du bist unser Freund. Als wenn wir da einfach zu Hause bleiben, wenn wir hören, dass du endlich aufgewacht bist.“ Er stellte sich neben Kyo, dem er eine Hand auf die Schulter legte. „Wenn du willst, kannst du mir heute Löcher in den Bauch fragen.“ Kyo konnte sehen, wie seinem Liebsten bereits die ersten Fragen auf der Zunge lagen. Plötzlich wurde er aber aschfahl und sein Magen drehte sich um. „Entschuldigt mich für einen Moment.“ Ohne weiter auf die Anderen zu achten verließ er das Zimmer und im Eiltempo auch das Krankenhaus. „Verdammt!“, fluchte er. Ein paar Mal musste er tief durch atmen, um sich wieder zu beruhigen. „Kyo?“ Ertappt zuckte er zusammen. Als er sich umdrehte konnte er Daisuke sehen, der auf ihn zu kam. „Was machst du hier?“ „Die Frage könnte ich dir auch stellen? Rennst raus mit einem Gesicht, als müsstest du nicht nur deinen Mageninhalt, sondern alle Eingeweide auskotzen und dann findet man dich hier draußen. Was ist also los?“ Eigentlich hatte er sich ja vor Erklärungen drücken wollen. „Ich...Wir haben was vergessen. Etwas... Wichtiges.“ „Was denn?“ So ein bisschen wurde der Gitarrist nun doch unruhig. „Gibt es bezüglich Shinyas Gesundheit doch etwas, das nicht so erfreulich ist?“ „Nein, nicht doch. Mit ihm ist alles in Ordnung.“ Niedergeschlagen ging in die Hocke, raufte sich die Haare. „Mann, jetzt sag halt, was los ist und mach es nicht so kompliziert.“ „Seine Eltern!“ „Eeh?“ Seufzend erhob sich der Sänger wieder, rieb sich den Nacken. „Wir haben seine Eltern noch nicht angerufen. Die wissen noch nicht, dass er wieder wach ist.“ „Fuck.“ „Du sagst es.“ Kyo schallte sich innerlich für seine Dummheit. „Wie konnte ich nur? Dabei hätten sie es doch noch vor euch erfahren müssen.“ „Dann ruf sie doch jetzt an. Du hast die Nummer doch, oder?“ Der Sänger nickte und holte seine Handy aus der Jackentasche, starrte auf das Display. „Soll ich hier bleiben?“ „Bitte“, hauchte Kyo und krallte sich am Jackenärmel des Größeren fest. Der Anruf vor einigen Wochen, als sie ihnen hatten sagen müssen, was passiert war, war im Vergleich nicht mehr so schlimm wie dieser jetzt. Weil sein schlechtes Gewissen an ihm nagte. Seine Hand zitterte heftig, als er das Display entsperrte und sich nur wenige Momente später mit dem Anschluss von Shinyas Eltern verbinden ließ. „Irgendwie läuft er im Moment gerne einfach so weg“, murmelte der Patient und sah zur Tür. Kaoru zuckte mit den Schultern. „Er wird auch einen Grund dafür haben. Er hat immer einen Grund.“ Der Liegende machte sich trotzdem Sorgen, weswegen der Gitarrist sich mit aufs Bett setzte. „Ich dachte, du hättest noch eine Menge Fragen? Wir können ja schon mal damit anfangen sie zu beantworten. Dann sind die anderen Beiden gefühlt auch viel schneller zurück.“ „Uhm...“ Recht hatte der Ältere schon. Aber Kyos erneutes Verschwinden gerade hatte ihn dann doch reichlich aus der Bahn geworfen. „Ich hab eine Idee.“ Kaoru holte sein Handy aus der Hosentasche. „Toshiya meinte vorhin zu mir, dass du gerne die Songs hören willst, die wir in den letzten Jahren aufgenommen und veröffentlicht haben.“ Während er nach den entsprechenden Tonaufnahmen suchte, strich der Bassist seinem Freund über den Kopf. „Die ist bei ihm. Es kümmert sich also jemand um ihn. Außerdem sind wir in einem Krankenhaus. Wenn es ernst ist, bekommt er gleich Hilfe.“ Toshiya lächelte, konnte ihm aber nachfühlen. Gut, dass ihr Daisuke so schnell reagiert hatte, wo er selbst noch gehadert hatte, welchem seiner beiden Liebsten er beistehen sollte. „Gefunden“, verkündete der Älteste. „Mit welchem fangen wir denn an?“ „Du hast nicht wirklich Songs von uns auf deinem Handy?“ „Doch, hab ich. Gestern Abend noch drauf gespielt, nach Kyos Anruf. Hatte eine Ahnung, dass Shinya was davon hören möchte.“ Siegessicher grinste der Gitarrist den Mann ihm gegenüber an. „Und ich hatte Recht. Also, welches Lied zuerst?“ Erleichtert atmete er auf, ließ das Handy sinken. Sie hatten geweint vor Freude. Zumindest überwiegend, hatte er ihnen die Amnesie doch nicht verschweigen wollen. Sie waren ihm auch nicht böse gewesen, als er erzählt hatte, dass ihr Sohn bereits den dritten Tag wach war. Dafür waren sie einfach nur zu froh über diese Nachricht an sich. Zumindest hatte sich sein schlechtes Gewissen verzogen. „Du hast schon deutlich mehr Farbe im Gesicht“, kam es aufmunternd von dem Rothaarigen, der ihm eine Hand auf die Schulter legte. „Wollen wir zurück?“ Ein Nicken war seine Antwort, worauf sich die beiden Männer wieder dem Krankenhaus zu wandten und hinein gingen. Zurück zu den Freunden, die sie dort gelassen hatten. Bestimmt hatte er ihnen einen fürchterlichen Schrecken eingejagt. „Warum bist du mir eigentlich nach geeilt?“ Der Größere zuckte mit den Schultern. „Eingebung. Bin einfach los.“ Eine Eingebung, für die der Sänger dankbar war. Ohne einen Freund an seiner Seite hätte er sich mit seinem Schuldgefühl in eine Teufelsspirale abwärts begeben. Nur Shinya war meist sehr gut darin, die Anzeichen schon frühzeitig zu erkennen und alles zu verhindern. Sein Shinya... „Kopf hoch, Kurzer. Alles wieder gut.“ „Wie hast du mich gerade genannt?“ „Genau richtig, um dich auf andere Gedanken zu bringen.“ Kyo schnaubte. „Blödmann.“ Nur wenige Minuten später waren sie wieder bei dem Zimmer, traten auch gleich ein. „Kyo“, kam es sogleich von dem Schlagzeuger, der ihn freudig anstrahlte. „Geht es dir besser? Was war denn?“ Zittrig hoben sich seine Finger an, wollte er die Hand doch nach dem Älteren ausstrecken. Der Sänger trat ans Bett, ergriff die Hand seines Liebsten, küsste den Handrücken. „Es geht mir viel besser. Keine Angst mehr. Ich...“ Beschämt senkte er den Blick, merkte aber, dass auch Toshiya ihn mit einem besorgten Ausdruck im Gesicht betrachtete. „Es gab da einen Anruf, den ich vergessen hatte zu tätigen. Den habe ich jetzt nach geholt.“ Kaoru stoppte den Song, der gerade lief und zog fragend eine Augenbraue hoch, sah aber zu Die von dem er sich gerade eher eine Antwort erhoffte. Jener grinste aber nur und legte sich einen Zeigefinger an die Lippen. Er würde die Antwort nicht vorweg nehmen. Nervös spielte Kyo mit den Fingern des Schlagzeugers. „Ich hab deine Eltern angerufen. Sie... sie wussten noch nicht, dass du wieder wach bist.“ „Meine-?“ Überrascht riss der Jüngste die Augen auf, beruhigte sich gleich darauf aber wieder. „Meine Eltern... Danke, dass du doch noch dran gedacht hast.“ Wie die beiden wohl aussahen mittlerweile? Ob sie sich stark verändert hatten? War jedoch beruhigend zu wissen, dass sie beide noch lebten. „Was... haben sie denn gesagt?“ „Dass sie sich freuen. Sehr freuen. Ich hab ihnen zwar gesagt, was los ist... Aber allein die Tatsache, dass du wach bist und mit uns redest lässt für sie alles andere im Moment zweitrangig sein. Vor lauter Freude habe ich sie sogar weinen hören können.“ „Ich denke mal, dass sie dann in den nächsten Tagen auch einmal her kommen werden, um nach dir zu sehen.“ Seine Eltern. Er fieberte ihrem Besuch schon entgegen. Wie sie wohl aussahen? Und was ihnen in den letzten Jahren wohl passiert war? „Anô...“ Toshiya wurde hellhörig: „Was möchtest du wissen, mein Süßer?“ Schlagartig wurde der Jüngere etwas rötlicher im Gesicht, was Kyo zu einem Schmunzeln verleitete. Es stand ihm einfach so gut und bestätigte das 'süß'. Schüchtern öffnete er den Mund und setzte erneut zu seiner Frage an: „Wegen... meinen Eltern...“ Nervös sah der Jüngste in die Runde, biss sich auf die Unterlippe, was nur einen Augenblick später von Toshiya und einem Kuss unterbrochen wurde. „Die wissen, dass wir beide nicht nur deine Kollegen und Freunde sind. Sei in dem Punkt also unbesorgt.“ Sofort entspannte sich Shinya wieder, ließ das alles erst einmal wirken. „Kaoru?“ „Hm?“ „Magst du die Musik wieder an machen?“ Sie hatten da gute Arbeit geleistet. Außerdem hörte er doch so gerne den Gesang von Kyo. Grüblerisch sah der Bandleader auf sein Handydisplay. „Welchen nehme ich denn?“, murmelte er halblaut. „Irgendwas mit viel Schlagzeug“, grinste der andere Gitarrist. „Vielleicht aktiviert das ja dein Körpergedächtnis und animiert deine Muskeln dazu etwas in Schwung zu kommen.“ Die Idee war nicht ganz abwegig, fand der Liegende. Selbiges hatte ihm schon einmal geholfen. Gleichzeitig hatte er aber auch bedenken. Was, wenn dieses Gedächtnis sich austoben wollte, nur eben nicht in der Lage wer dies auch zu tun? Dann würde er sich nur wieder eingesperrt fühlen. Tief atmete er durch. Er wollte die Songs hören. Wollte Kyo hören. Hoffte auf einen Funken, der ein paar Bilder in seinem Kopf aufflackern ließ. „Ah, am Besten einen Song, zu dem wir auch ein Video gemacht haben.“ Das könnte womöglich noch am ehesten für eine zurückkehrende Erinnerung sorgen. Mit großen, freudigen Augen sah er die vier Freunde an, wartete darauf, dass sie ebenfalls so begeistert von dieser Idee waren. „Schatz?“ Kyo schüttelte leicht den Kopf. „Hab mein Datenvolumen aufgebraucht. Wie du.“ „Mist.“ Hoffend sah der Bassist deshalb zu den beiden Älteren, was Die dazu brachte auf sein Handy zu gucken. Und ebenfalls den Kopf zu schütteln. „Kaum noch Akku.“ „Wie immer, wenn man die Dinger mal für was wichtiges braucht“, brummte der Größte im Raum. „Ich hab noch sowohl Akku, als auch Volumen, aber nen bescheidenen Empfang hier drin“, machte Kaoru auch die letzte Hoffnung zunichte. Der Sänger seufzte, strich seinem Angebeteten durch das kurze, dunkle Haar. „Ich bringe morgen meinen Laptop mit. Versprochen. Dann kannst du dir welche anschauen.“ „Sind da auch Fotos von uns drauf? Also, mehr private.“ Kyo nickte, fürchtete aber, dass Shinya sich einer Reizüberflutung aussetzen wollte. Dabei sollten sie doch nichts erzwingen. Nicht, dass dieser hübsche Kopf wieder schmerzte. „Wir haben aber auch welche auf unseren Handys.“ Sein Blick huschte zu dem anderen Freund, der bekräftigend nickte und dem Jüngsten gleich noch mehr Freude ins Gesicht zauberte. Das sah so schön aus. Jetzt verliebte er sich glatt noch einmal in ihn. Der Bassist anscheinend ebenfalls, küsste er den Liegenden doch innig. Kapitel 21: Those little sparks of life --------------------------------------- Und das hier war an meinem Geburtstag dieses Jahr. Den Kuchen haben du und Kyo für mich gebacken.“ Stolz hielt Toshiya seinem jüngeren Freund das Handy hin, um ihm das Foto von ihnen Dreien und dem Kuchen zu zeigen. „Damit habt ihr mich morgens geweckt.“ „Du siehst auch noch reichlich verschlafen aus.“ Das schwarze Haar ganz wirr und die Augen noch halb geschlossen. „Der Kuchen sieht echt lecker aus.“ „Hat auch gut geschmeckt.“ „Du hattest doch nur Augen für die Erdbeeren innen“, scherzte Shinya, wandte sich dem Sänger zu, der ihn reichlich perplex ansah. Genau, wie die anderen Drei. „Eh? Was habt ihr?“ „Uhm“, kam es von Die, „keiner hat was von Erdbeeren gesagt.“ „Auf dem Foto sind auch keine zu erkennen.“ Toshiya sah extra noch einmal nach. Aber man konnte bei dem Kuchen wirklich nur die Glasur aus Schokosahne erkennen. „Dann waren da gar keine drin?“ „Doch, doch“, meinte Toshiya. „Aber woher-?“ „Anô... ich hatte den Geschmack im Mund und... ein Bild...“, auf den Gesichtern seiner Freunde erschien ein Lächeln. „Was habt ihr auf einmal?“ Kyo begann leicht zu kichern. „Du hast dich erinnert, Shinya.“ „Ich hab-?“ Endlich machte es 'klick' in seinem Kopf. „Ich habe mich erinnert! Ich hab mich tatsächlich an etwas erinnert!“ Vor Freude wäre er am Liebsten in die Luft gesprungen. Überschwänglich küsste Toshiya den Liegenden, während die beiden Gitarristen das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekamen. Und Kyo kam zu dem Entschluss, dass ein bisschen Informationsflut wohl nicht das Verkehrteste für seinen Liebsten war. Eine Weile später waren sie von den Fotos zu Ereignissen rund um die Welt gewechselt. So konnten mehr Erinnerungsspeicher in seinem Kopf angesprochen und aktiv angeregt werden. „So, wie du aussiehst, sollten wir an dieser Stelle Schluss machen, hm?“, gab Kaoru von sich. Shinya rauchte wirklich der Kopf. So viele neue Dinge, die er erfahren hatte. Nur leider keine weitere Erinnerung. Das machte ihn schon wieder niedergeschlagener. Leider auch schläfrig. „In fünf Jahren kann aber auch verdammt viel passieren“, seufzte Die und streckte sich etwas. „Ich merke es“, lächelte der Jüngste. „Vor allem, wenn man sich an sie erinnern will.“ Aufmunternd klopfte Toshiya ihm auf die Schulter. „Sei ganz entspannt. Niemand kann alle Ereignisse von fünf Jahren innerhalb weniger Stunden vollständig erlernen. Schon gar nicht, wenn man erst seit ein paar Tagen wach ist.“ Ein Klopfen an der Tür. „Herein“, rief Shinya. Eine junge Krankenschwester kam in den Raum. „Oh, hallo. So viel Besuch.“ Sie ging zu dem Ständer für die Infusionsbeutel, tauschte den leeren gegen einen neuen aus. „Das war es auch schon. Brauchen Sie sonst noch etwas?“ „Uhm... Nein, im Moment nicht.“ „Ich hätte da aber noch eine Frage“, mischte sich Kaoru ein. „Wofür ist der Beutel, den sie da eben angeschlossen haben?“ Die verkniff sich ein Lachen. Es war so typisch für ihren Leader. Musste wirklich alles wissen wollen. „Die Flüssigkeit in dem Beutel enthält verschiedene Nährstoffe. Neben dem mit der Natriumlösung für den Wasserhaushalt, sind dort einige weitere Mineral- und Nährstoffe drin. Um den Körper des Patienten mit Energie zu versorgen. Für das Training, welches ab heute angesetzt wurde“, erklärte sie mit einem freundlichen Lächeln. „Das ist aber auch der letzte Beutel.“ Fragend wurde sie von dem größeren Mann und den anderen Besuchern angesehen. „Die Ärztin hat angewiesen, dass er heute Abend eine leichte Suppe bekommen soll.“ Allgemeine Freude breitete sich aus. „Haben sie sonst noch Fragen?“ „Nein, alles in Ordnung.“ Nach einer kleinen Verbeugung, verschwand die Frau, ließ den Patienten wieder mit seinem Besuch alleine. „Erstes Essen“, kam es grinsend von dem Bassisten. „Ein weiterer Schritt Richtung Normalzustand.“ „Aber... Ich werde sie nicht essen können“, murrte der Jüngste, senkte etwas betrübt den Blick. „Sie werden dir schon behilflich sein.“ Sanft strich Kyo ihm über den Unterarm, die Augen auf die dürren Finger gerichtet. „Indem sie mich füttern.“ Den Gedanken mochte er so gar nicht. Der Sänger spielte etwas mit der Hand seines Liebsten. Besonders mit dem Daumen, der ihm vorhin so liebevoll über die Wange gestrichen hatte. „Ich mach das gerne, wenn es dir dann weniger unangenehm ist.“ „Wir Drei verziehen uns auch in der Zwischenzeit“, schlug Toshiya vor, um es für seinen jüngeren Freund einfacher zu machen. Immerhin hatte es meist romantische Gründe, wenn sie einander mit Essen versorgten. „Wobei ich allmählich Hunger bekomme. Dieses ganze Gerede von Futter...“ „Es ist auch schon fast Mittagszeit. Kann man hier gut zu Mittag essen?“ „Es geht“, murmelte der Sänger. „Was sie hier anbieten schmeckt. Auswahl ist auch da. Ist auf Dauer nur nicht ganz günstig.“ Toshiya lehnte sich nach links und an die Schulter des Drummers. „Meist haben wir eh bei unserem Schatz hier gegessen. Keine Lust gehabt mit all den anderen Leuten zusammen zu sitzen. Das war uns immer zu sehr wie im Restaurant.“ „Ihr wolltet unser Küken wirklich keinen Moment alleine lassen“, lachte Kaoru, was das 'Küken' dazu brachte verstimmt die Wangen aufzuplustern. „Ich bin kein Küken.“ Dass er sich sowas immer noch anhören musste. „Nur, weil ihr alle älter seid, als ich. Ich bin-“, kurz sah er zu Kyo, kam er durch die vergessene Zeit gerade nicht auf die passende Zahl. „Achtunddreißig.“ Mit großen Augen sah der Patient seinen Freund an. Natürlich war er auch niciht jünger geworden, nur weil ihm ein paar Jahre aus dem Gedächtnis entwischt waren, aber dass die Zahl dann doch schon so groß war, überraschte ihn doch gerade. „Achtunddreißig“, wiederholte der Liegende leise. Einen Moment ließ er es noch sacken, dann wandte er sich wieder an den Ältesten. „Ich bin also achtunddreißig. Da kann man doch schon lange nicht mehr von Küken sprechen.“ Kichernd nahm Toshiya wieder einmal die Hand seines Partners, küsste die Finger und sah mit seinem Schlafzimmerblick zu dem Gitarristen. „Er hat Recht. Bei ihm kann man wirklich nicht mehr von Küken sprechen. Kyo wird dir bestätigen, dass er in vielerlei Hinsicht mehr wie ein erfahrener Hahn ist.“ Neckisch nahm er einen der Finger zwischen die Lippen. Daisuke konnte sich ein Lachen nicht mehr verkneifen. Kaorus doch leicht geschockter Anblick und Kyos Blick, der unwissend und alles sagend zugleich war, ganz zu schweigen von dem knallroten Shinya, gaben einfach ein zu amüsantest Bild ab. „Wie hab ich solche Situationen doch vermisst“, kam es, unterbrochen von Lachern, aus dem Rothaarigen. Kapitel 22: Die komplizierte Seite der Liebe -------------------------------------------- Schmunzelnd sah Die dabei zu, wie sich Toshiya reckte und streckte, während sie zusammen Richtung Innenstadt gingen. „Tut gut, etwas raus zu kommen, was?“ „Tut es wirklich“, antwortete der Jüngste und atmete tief ein, um den Krankenhausgeruch aus der Nase zu bekommen. „Oder wärst du lieber bei Shinya geblieben?“ Abwartend betrachtete Kaoru den Gefragten, um dessen Reaktion mit zu bekommen. „Schon“, kam es von jenem. „Aber bei Kyo ist er ja in guten Händen. Und wenn es ihm derzeit schon peinlich ist vor einer Person zu essen, wäre es bei Zweien bestimmt noch schlimmer“, witzelte er. Dem Älteren entging jedoch nicht die Spur der Traurigkeit in der Mimik seines Freundes. „Wärst wohl doch lieber bei ihm, als bei uns, hm?“ „Ja und... nein.“ Toshiya blieb stehen, fuhr sich über sein Gesicht und durch sein Haar. Wie erklärte er sich jetzt bloß am Besten? „Klar freue ich mich, mal wieder was mit euch beiden zu machen. Einfach aus diesem Alltag zwischen Hotelzimmer und Krankenhaus etwas ausbrechen. Doch...“ Schuldig wegen dieses Gedankens, senkte er den Kopf und ließ die Schultern ein hängen. „viel lieber als Shinya hätte ich Kyo bei mir.“ „Kyo?“ Das verwunderte die beiden älteren Männer doch etwas. „Das musst du uns jetzt doch erklären“, bat Kaoru. Mit dem Blick eines traurigen, getretenen Welpen sah Toshiya auf. „Natürlich möchte ich bei Shinya sein. Mit ihm reden, seinen Erinnerungen auf die Sprünge helfen und und und. Um die letzten Wochen irgendwie zu... kompensieren. Ich freue mich über den kleinen Fortschritt von heute. Meine Liebe zu ihm möchte damit weiter machen. Noch mehr Erinnerungen wach rufen. Nur...“, wieder ein Seufzen, „ist meine Liebe zu Kyo einfach noch ein wenig stärker. Das war sie schon immer.“ Sein Blick senkte sich und wurde schwermütiger: „So wie er Shinya schon immer einen Hauch mehr geliebt hat.“ Jetzt war aus raus. Dabei hatten sie dieses Geheimnis bisher für sich behalten wollen. War schließlich nichts, was jeden etwas anging. „Hat Shinya auch...?“, fragte Die zögerlich, bekam jedoch ein Kopfschütteln. „Er hat zumindest nie etwas gesagt oder sich etwas anmerken lassen.“ Auf diese Beziehung zu dritt hatte er sich dann allerdings auch nicht eingelassen, weil er nur so an Kyo kam. Shinya bedeutete ihm viel und er braucht einfach beide Menschen in seinem Leben. Sowie das Gefühl, dass sie ihn liebten. Keinen der Beiden würde er je wieder her geben. Tief atmete der Bassist ein und wieder aus, schob die trüben Gedanken bei Seite. „Lasst uns gehen und ein bisschen Spaß haben. Die Zukunft wird bestimmt noch das ein oder andere miese Ereignis für uns bereit halten. Da sollten wir die guten Zeiten also genießen.“ Mit einem breiten Lächeln ging er auf die beiden Freunde zu und legte jedem einen Arm um die Schulter, damit er sie mit sich nehmen konnte. Die und Kaoru warfen sich jedoch ein paar recht besorgte Blicke zu. Solche Sätze von ihrem sonst so optimistischen Freund zu hören, ließ ein paar kleine Alarmglocken läuten. „Eine klare Brühe. Nicht ganz, wie angekündigt, aber schon mal eine Steigerung zu dem Beutel.“ Kyo erlaubte sich einen Löffel, um zu probieren. „Ganz okay.“ „Wenn du das sagst.“ Shinya vertraute da dem Urteil des Sängers. „Aber bevor wir anfangen“, murmelte der Ältere und stellte per Knopfdruck das Kopfteil des Bettes fast senkrecht, um das Essen für Shinya etwas einfacher zu machen. „Hey, ich sitze“, scherzte der Jüngere. Das fühlte sich gleich schon ganz anders an. „Wir können das ja in Zukunft immer so einstellen, solange wir hier sind“, schlug Kyo vor und zog den Beistelltisch etwas näher an das Bett heran, während er er sich, seinem Schatz zugewandt, auf der Bettkante gemütlich machte. „Kann es los gehen?“ Der Schwarzhaarige nickte, so gut es ging. Kyo nahm den Löffel, achtete darauf, dass nicht allzu viel darauf war. So war die Gefahr geringer, dass er etwas verschüttete. Artig öffnete der andere Mann seinen Mund, ließ sich füttern. Musste dabei feststellen, dass es ihm weniger ausmachte, als gedacht. Konnte aber auch daran liegen, dass Kyo mit einer recht guten Laune bei der Sache war. „Macht dir das Spaß?“ „Hm?“ „Na, das hier.“ Shinya sah zu dem Löffel und zu der Schüssel mit der Brühe, damit der Andere verstand. „Ah, das meinst du.“ Kyo senkte etwas den Blick. „Es ist nicht direkt Freude. Ich.. bin nur froh, dass ich dir endlich ein wenig von dem zurück geben kann, was du mir immer gegeben hast.“ „Ach so?“ Ein Nicken. „Allein durch deine Nähe und deine ruhige Ausstrahlung hast du immer wieder dafür gesorgt, dass es mir gut ging. Ich mich entspannen konnte. Und wenn einer von uns beiden mal krank war, hast du dich immer so rührend um uns gekümmert. Obwohl du auch sonst eigentlich darauf aufgepasst hast, dass es uns gut ging. Und... ich wollte das auch immer mal für dich tun.“ Seine Haltung wurde etwas betrübter. „Was nicht heißen soll, dass ich mir gewünscht habe, dass du krank wirst.“ Ein wenig biss er sich auf die Unterlippe, flüsterte: „Oder so etwas Schlimmes wie das hier.“ Für eine kurze Weile herrschte Stille in dem Zimmer, ehe der Patient wieder den Mund öffnete und 'ahh' machte. Bereit für den nächsten Löffel Brühe. Mit einem leichten Lächeln tauchte Kyo den Löffel wieder ein und fuhr mit seiner Aufgabe fort. Dankbar, dass ihm sein Liebster nicht böse war. „Wie lange werden die mich wohl diese Brühe schlürfen lassen? Was meinst du?“ „Du bist mir einer“, schmunzelte der Sänger. „Fängst gerade erst wieder das Essen an und beschwerst dich bereits.“ Der nächste Löffel landete im Mund seines Freundes. „Was, wenn die nächste Stufe Reisbrei ist?“ Shinya verzog das Gesicht. Reisbrei gehörte nicht unbedingt zu seinen Lieblingsgerichten. Da blieb er doch lieber bei der Brühe. Sein Blick wanderte zu Kyos Gesicht, wurde aber magisch von dem dunklen Fleck an dessen Hals angezogen. Toshiyas Werk. Entstanden beim- Sofort schoss ihm sein Blut ins Gesicht, begleitet von einer Vorstellung, wie die beiden dabei ausgesehen haben könnten. „Was hast du?“, fragte Kyo nach, zog besorgt die Augenbrauen zusammen. Der Blickrichtung folgend, in die der Jüngere starrte, musste etwas an ihm sein. Vorsichtig betastete er seinen Hals. „Hab ich da irgendwas?“ „Ja“, murmelte der Schwarzhaarige, der aus seiner Starre zurück kam. „Den... Knutschfleck.“ „Ach so“, lächelte Kyo. „Der bleibt auch noch ein paar Tage.“ Sanft strich er über die Stelle. Gerne trug er dieses Zeichen von Toshiyas Liebe. Als nächstes schob er den Tisch etwas zur Seite und rutschte ein Stück näher an den anderen heran, strich ihm sanft über die linke Wange. „Bringen dich deine Gedanken so sehr aus dem Konzept?“ „H-Hai. Ich- Wenn ich diese Flecken sehe, muss ich daran denken, wobei sie- Und ich mag mir das nicht vorstellen. Es ist so...“ „Befremdlich?“, schlug der Ältere vor und erhielt ein beschämtes Nicken. „Ist schon okay“, sanft küsste er seinen Gegenüber auf die Stirn. „Ich verstehe das. Immerhin ging es mir auch mal so.“ Auf den verwundert fragenden Blick hin, begann er zu erklären: „Bevor ich gemerkt habe, dass ich einen beziehungsweise euch Beide Liebe, konnte ich mir Sex mit einem Mann nicht einmal ansatzweise vorstellen. Mit Zweien schon gar nicht. Sogar, als wir dann zusammen waren, war es für mich noch ein Thema, was mich anekelte, aber auch Angst machte.“ Jetzt war es an ihm den Augenkontakt abzubrechen, redete er doch so ungern darüber. „Zeitgleich wollte ich euch aber auch näher sein, als irgendwem sonst. Zunehmend übte die Vorstellung dann doch eine gewisse Faszination auf mich aus.“ Um sich mit irgendwas nebenbei zu beschäftigen und dieses Gespräch dadurch vielleicht auch etwas weniger seltsam werden zu lassen, nahm er die linke Hand seines Freundes und spielte mit den Fingern an ihr. „Bei unserem ersten Mal dann waren wir alle unheimlich nervös. Mein Herz hat so doll geschlagen, dass ich schon Angst hatte, es würde sich deutlich gegen den Brustkorb abzeichnen. Toshiya... war zu dem Zeitpunkt der Einzige von uns gewesen, der von der Praxis Ahnung hatte. Er hat versucht uns die Angst zu nehmen, hat einiges erklärt. Trotzdem ist es reichlich schief gelaufen.“ Kyo begann zu lachen, als er sich daran erinnerte, wie peinlich es ihnen gewesen war. „Damals haben wir im Anschluss auch gelacht, nachdem uns klar geworden war, dass wir es viel zu perfekt hatten machen wollen und uns zu wenig von unseren Gefühlen haben leiten lassen.“ Er legte sich die gehaltene Hand vor sein Gesicht, versteckte die leichte Röte darauf hinter den zierlichen, langen Fingern. „Es war einfach noch alles zu neu. Die ganze Situation, diese Art von Beziehung. Wir mussten auf so vielen Ebenen erst einmal erkennen, was für uns das Richtige ist.“ Zärtlich liebkoste er die Innenfläche vor sich. Dieses Mal würde es etwas leichter werden. Sofern Shinya auch weiterhin damit einverstanden war ihre Beziehung und ihre Liebe zueinander aufrecht zu erhalten. „Kyo?“, hörte man es von dem Schwarzhaarigen. „Hm?“ Neugierig sah jener hinter der Hand hervor, legte sie sich aber an seine Wange, um die Nähe zu seinem Liebsten weiter genießen zu können. Sanfte, faszinierte Augen betrachteten ihn. „Du bist echt schön, wenn du lachst.“ Gerührt senkte der Sänger den hochroten Kopf, nuschelte: „Danke.“ Einige Momente vergingen, in denen er nicht wusste, was er auf dieses Kompliment erwidern oder wie er reagieren sollte, bis ihm die Schüssel mit der Brühe wieder einfiel. „Hast du noch Appetit?“ „Ein bisschen. Aber erst...“ „Erst?“ „Könntest du das Kopfteil wieder etwas zurück machen? Ich glaub, mir ist der Popo eingeschlafen“, nuschelte er und erntete ein lautes, amüsiertes, ehrliches Lachen von dem Sänger, sowie einen innigen Kuss. „Du kannst so süß sein.“ Kapitel 23: Beten für die Hoffnung ---------------------------------- Stolz kam Die mit seinem Erwerb von einem kleinen Essensstand wieder, bei dem er sich Verpflegung für seinen Rückweg besorgt hatte. Grinsend kam er bei Kaoru und Toshiya an. „Ich bin versorgt.“ Am Liebsten würde er sich ja jetzt gleich drüber her machen, weil es so lecker roch, aber die Fahrt würde doch etwas dauern. Besser also, er hob es sich noch etwas auf. „Was jetzt?“ Toshiya wippte etwas auf und ab. „Uhm... Wenn ihr nichts dagegen habt: Ein paar Minuten von hier entfernt ist ein kleiner Tempel. Da würde ich ganz gerne hin.“ „Von mir aus gern. Solange ich meinen Zug nicht verpasse.“ „Keine Angst, Daisuke“, lächelte der Bassist. „Dafür haben wir ja Kaoru. Der hat die Zeit bestimmt im Blick.“ „Wer bin ich? Ein wandelnder Terminkalender?“ Empört verschränkte Kaoru die Arme, wurde dabei aber nur von grinsend angesehen. „Jap“, kam es einstimmig von den beiden Jüngeren. Für ein paar Augenblicke sah Kaoru seine beiden Freunde streng an, ehe er sich geschlagen gab und seufzte. „Lasst uns zu dem Tempel.“ Als er sah, wie sich die anderen beiden Männer ein triumphierendes High-Five gaben, verdrehte er die Augen. Nur um im gleichen Moment die Mundwinkel etwas nach oben wandern zu lassen. Innerlich musste er ihnen auch dummerweise recht geben. So ein bisschen war er wirklich jemand, der seine Termine kannte und darauf achtete sie auch einzuhalten. Weshalb sonst war er zum Bandleader erklärt worden? „Dann zeig uns Mal den Weg zu diesem Tempel, Toshiya.“ Jener nickte: „Immer mir nach.“ Munter drehte er sich um, um seine beiden Freunde zu ihrem gemeinsamen Ziel zu führen. Bei ihrem ersten Ausflug in die Stadt hatten Kyo und er ihn rein zufällig gefunden und nach einem Gebet auch etwas Zeit auf dem Gelände verbracht. Trotz der Straßen drum herum und die vielen Menschen, die neben diesen entlang gegangen waren, war es um diese heilige Stätte herum doch erstaunlich still gewesen. Mit den Bäumen, in denen Vögel gesungen hatten, und all den anderen Pflanzen, waren sie für diese Zeit in einer ganz anderen Welt gewesen. Einer harmonischen, in der ihre traurigen Seelen etwas Balsam gefunden hatten. Gerade Kyo anzusehen gewesen, wie ihm jede einzelne Minute dort gut getan hatte. Hatte dem Sänger die Kraft gegeben, die der Jüngere sich für ihn gewünscht hatte. Wie er es sich auch heute wünschen würde. Zusammen mit Shinyas Genesung. Offensichtliche Wünsche vielleicht, aber welche, die ihm sehr am Herzen lagen. „Wenn ihr wieder daheim seid“, setzte Kaoru an, um die Aufmerksamkeit des Jüngsten unter ihnen zu erhalten, „versucht doch bitte, euch nicht ganz abzukapseln.“ „Wie meinst du das? Immerhin haben wir euch doch jetzt auch zwischendurch angerufen und auf dem neuesten Stand gehalten.“ Toshiya verstand nicht ganz, worauf der Gitarrist abzielte. „Da bin ich auch sehr froh drüber. Ich meine aber auch eher, dass wir uns nicht nur hören, sondern auch ab und an mal sehen sollten. Und nicht erst wieder an Shinyas Krankenbett. Dass wir hin und wieder abends was unternehmen.“ „Genau. Kino zum Beispiel. Oder in ein Lokal.“ Daisuke schien wohl derselben Ansicht zu sein. „Oder wir treffen uns bei einem von uns.“ Der Bassist ließ die Schultern hängen, seufzte. „Aber das würde Shinya verletzen. Wenn wir Dinge ohne ihn tun.“ „Shinya wird euch und auch uns beide oft genug sehen. Und ewig wird er ja nicht im Krankenhaus bleiben müssen. Auch dann stehen Möglichkeiten wie zum Beispiel ein Kinobesuch auf der Liste mit Vorschlägen. Ich meinte das Ganze ja auch nicht böse oder will Shinya weh tun. Nur dafür sorgen, dass ihr euch erlaubt eure seelischen Batterien auch mal aufzuladen. Vielleicht spornt es ihn auch dazu an besonders fleißig zu üben, um schneller dabei sein zu können.“ „Oder-“ „Wir werden Wege finden“, schnitt Kaoru dem Jüngsten das Wort ab, „ihn so bald wie möglich an gemeinsamen Aktivitäten teil haben zu lassen.“ Er wollte dem Kopf des Anderen keine Chance geben, um negatives Denken fest zu setzen. „Du wirst eh für ihn beten, nicht wahr? Vielleicht wirst du erhört und seine Genesung geht ein wenig schneller voran.“ „Deine Worte in den Ohren der Götter.“ Besorgt sah Kaoru ihm nach. Die Alarmglocken hatten also recht behalten. Ihr Freund verlor an seiner Zuversicht. „Da sind wir.“ Tatsächlich. Da waren sie. In einer grünen Oase inmitten dieser geschäftigen Stadt. Ruhe umhüllte sie und alle Drei fühlten sich auch gleich ein wenig entspannter. Ein wirklich hübscher Platz. Leichter Wind ließ die Blätter der Bäume wehen und ein sanftes Rauschen begrüßte die Besucher. Viele andere Leute liefen hier nicht herum. Wenn der Bandleader aber die Uhrzeit bedachte, dann saßen die meisten Menschen noch in der Schule oder der Arbeit. Sie wären also relativ ungestört. „Hübsch ist es hier.“ Beeindruckt sah sich der Rothaarige um. Etwas derartiges hätte er wirklich nicht erwartet. Nach nur ein paar weiteren Metern konnten sie bereits den Opferstock sehen. Toshiya holte seine Geldbörse hervor und holte ein paar Münzen raus. „Wollt ihr auch?“ Lachend griff Daisuke in seine Hosentasche, holte die Münzen hervor, die er vorhin als Wechselgeld erhalten hatte. „Ich hab selbst.“ „Ich hab bestimmt auch noch welche. Danke.“ „Okay“, kam es Schulter zuckend von dem Jüngsten, welcher sich auf den Weg machte, gefolgt von den beiden Freunden. Winkend hatten sie noch Daisukes Zug hinterher gesehen, bis er aus dem Bahnhof entschwunden war. „Schade, dass er schon wieder fahren musste.“ Toshiya hätte den guten Freund gerne noch ein wenig länger hier gehabt. „Da gebe ich dir Recht. Aber was nicht geht-“ „-geht nicht. Ich weiß“, schmunzelte der Jüngere. „Und wenn er seiner Mutter versprochen hat mit ihr zum Augenarzt zu fahren, dann hab ich da auch Verständnis für.“ Er drehte sich um und machte sich, begleitet von dem verbliebenen Freund, auf zum Ausgang. „Dass Die überhaupt die Strapazen mit den langen Fahrten auf sich genommen hat, um heute hier zu sein, rechne ich ihm sowieso hoch an.“ Niemand wäre ihm böse gewesen, wenn er erst übermorgen her gekommen wäre. „Und dass du dir spontan die Zeit genommen hast, dafür können wir dir auch nicht genug danken.“ „Hey“, lächelte der Ältere leicht verlegen. „Wofür hat man denn Freunde? Außerdem darf auch ich einfach mal spontan sein, meinst du nicht?“ „Doch, doch. Darfst du. Wobei eine Übernachtung einplanen schon wieder etwas gegen deine Spontanität spricht.“ „Ich übe das eben noch.“ Lachend verließen die beiden Männer das Bahnhofsgebäude, als Toshiyas Handy klingelte. Bereits am Klingelton konnte er erkennen, wer versuchte ihn zu erreichen. „Hallo, mein Liebling.“ „Hallo“, kam es sanft von der schönsten Stimme der Welt. „Uhm, wo seid ihr?“ „Wir haben Die gerade in den Zug gesetzt und ihm noch hinterher gesehen. Wieso?“ „Shinya ist vor ein paar Minuten wieder eingeschlafen. Besuchszeit ist leider auch schon wieder vorbei. Jetzt wollte ich mich gerne wieder mit euch treffen.“ Der Gedanke alleine zu sein, behagte ihm derzeit überhaupt nicht. War es eigentlich gar nicht mehr gewohnt. Toshiya versuchte sich den Stadtplan in etwa in Erinnerung zu rufen. „Erinnerst du dich noch an dieses italienische Restaurant? In der Nähe von dem Park, wo es diesen tollen, kleinen Eisstand gibt?“ Nachdenkliche Stille von der anderen Seite, ehe ein zögerliches, gedehntes: „Ja.“ zu hören war. „Willst du da heute zu Abend essen?“ „Wenn Kaoru einverstanden ist?“ Fragend sah er zu dem Älteren, welcher nickend zustimmte. „Ist er. Wer zuerst da ist, sucht einen Tisch?“ „Okay. Bis gleich.“ „Bis gleich.“ „Uhm, Toshiya...“ „Ich liebe dich auch“, raunte der Bassist verträumt in die Sprechmuschel, konnte beinahe hören, wie sein Freund errötete. Noch immer war es seinem Kyo ab und an peinlich diese Worte am Telefon zu sagen. Rot werden tat er jedoch, weil es ihm das Herz wärmte sie zu hören. Und wehe, wenn er mal vergaß sie zu sagen. Schmollend sah sein älterer Freund zwar auch zum anbeißen aus, aber wenn man ihn das zu lange machen ließ, wurde es zunehmend schwerer ihn wieder handzahm zu bekommen. Sei es auch nur, um ihn dann zu ärgern. Kleine Spielchen, die so lange lustig waren, bis sie alle merkten, dass der Punkt für ein Ende da war und es mit der nächsten Minute aufhörte ein Spaß zu sein. Auch das war schon vorgekommen. Zu Beginn ihrer ungewöhnlichen Beziehung. Wo sie sich zwar schon so lange als Freunde kannten, aber sich als Geliebte erst einmal neu zu lesen lernen mussten. Sie beendeten ihr Gespräch, Toshiya aber blickte noch für einen Moment verliebt auf sein Display, wo er ein Selfie mit seinen beiden Traummännern sah. Geschossen im heimischen Bett und am frühen Morgen, wo sie alle auch noch etwas verschlafen aussahen. Shinya mit seinem sanften Lächeln und Kyo, der gerade so ein Augen auf hatte, eine Hälfte seines Gesichts aber noch im Kissen vergraben war. Kannte man ihn so gut, wie sie es taten, sah man auch das kleine Lächeln, welches in seinem Mundwinkel zuckte. „Italienisch also“, holte ihn Kaorus Stimme wieder zurück. „Hatte ich schon lange nicht mehr.“ „Wir auch nicht, deswegen der Vorschlag. Und weil wir alle in etwa gleich lang brauchen, um dahin zu kommen.“ Einmal drehte Toshiya sich um sich selbst, auf der Suche nach einem Anhaltspunkt. Ah, da war einer. „Hier entlang.“ Kapitel 24: "Bist du glücklich?" -------------------------------- Gähnend betrat Kyo ihr Hotelzimmer, dicht gefolgt von seinem Freund, welcher die Tür hinter ihnen wieder schloss. „Du hörst dich an, als würdest du im Stehen einschlafen wollen.“ „Nicht ganz“, murmelte der Sänger, lehnte sich etwas nach hinten, wo er auch gleich mit der breiten Brust des Anderen in Berührung kam. Wie er es erwartet hatte. „Jetzt schon eher.“ Begleitet von einem leisen Lachen, legten sich die starken Arme des Jüngeren um ihn. „Soll ich dich ins Bett bringen?“ „Nein.“ Der Kleinere löste sich aus der Umarmung und ließ auch gleich seine Jacke zurück. Seinen Hut legte er auf den Tisch, zog sich beim Weitergehen sein Shirt über den Kopf. Achtlos fiel es zu Boden. Ein wenig Biss sich der Bassist auf die Unterlippe, während er das Muskelspiel unter der tätowierten Haut bestaunte, seine Augen ein wenig weiter hinab wandern ließ. Irgendwie wurde er auf einmal reichlich hungrig. Es wurde für einen kleinen Augenblick besser, als der Ältere durch die Tür zum Badezimmer und aus seinem Blickfeld ging. Nur um gleich darauf mit einem fragenden Ausdruck im Gesicht wieder aufzutauchen. „Kommst du?“ „Auf der Stelle, wenn du weiterhin so sexy aus deiner Wäsche schaust.“ Ein anzügliches Grinsen auf den Lippen, begann er sich ebenfalls zu entkleiden, als er dem Anderen folgte. „Als ob ich mich da zwei mal bitten lasse.“ Gut gelaunt stellte er sich hinter seinen Freund, strich mit den Händen an seinen Seiten hinab. „Lass mich dir helfen.“ Flink verschwanden seine Finger zwischen Haut und Hose, um diese nach unten zu schieben. „Mein süßes Monsterchen.“ Kyo, der sich eben noch an ihn geschmiegt und den Kopf genießend in den Nacken gelegt hatte, hielt inne, versteifte sich etwas. „Wie war das?“ „Mein süßes Kätzchen?“ Aufstöhnend ließ der Kleinere den Kopf hängen, wollte sich schon umdrehen, um dem Anderen einen Vortrag zu halten, als sich ein paar Lippen an seinen Hals legten, ihn liebkosten. „Hör einfach auf, dich über dieses eine kleine Wort zu ärgern. Es ist doch nichts schlimmes dabei.“ Zusehends wurde der kleinere Körper wieder weicher, anschmiegsamer. Ruhiger. Kurz darauf spürte er fremde Hände an seinem Hosenknopf werkeln und wie sie auch ihn von diesem Kleidungsstück befreiten. Mit seinen Füßen streifte er sich noch die Socken ab, bemerkte wie sein Partner es ihm gleich tat. „Das haben wir schon lange nicht mehr gemacht.“ „Hm?“ „Gemeinsam duschen.“ „Stimmt. Warum eigentlich nicht?“ „Gute Frage.“ Toshiya dirigierte den Kleineren Richtung Duschkabine, nachdem er ihn herum gedreht hatte, strich dabei zärtlich über die bunte Haut. „Wir sollten das aber auf jeden Fall ändern.“ „Ja, sollten wir.“ Erst recht, wenn sie wieder zu dritt waren. Es musste ja, so wie jetzt, nichts erregendes dahinter stecken. Es war einfach ein schönes Gefühl die Hände der geliebten Person über seinen Körper streichen zu spüren. In seinen Augen zu sehen, dass man geliebt und begehrt wurde. Bedächtig strich er mit seinen Fingerspitzen über die Lippen des Größeren, betrat währenddessen die große Duschkabine. „Hab ich dir eigentlich je erzählt-“ „Hm?“ „-dass ich jedes Mal ein warmes Kribbeln im Bauch habe, wenn du mich mit diesem verliebten Lächeln ansiehst? Wenn du mich, mit genau diesem Blick ansiehst, der mir so deutlich sagt, dass du mich mit jeder Zelle deines Körpers liebst?“ Zärtlich strichen ihm die rauen Bassistenfinger über die Wange, wischten die Träne hinweg, die hatte darüber rollen wollen. „Toshiya?“ „Hm?“ „Bist du glücklich?“ Warum fragte er? „Ja. In diesem Augenblick, hier und jetzt empfinde ich ein Glück,welches ich kaum beschreiben mag. Denn ich habe dich in meinen Armen, der mir erzählt, dass er mich liebt. Und ich weiß, dass es unserem gemeinsamen Liebsten von Tag zu Tag besser gehen wird.“ Fest schloss er den muskulösen, kleineren Körper in seine Arme, eroberte den geliebten Mund mit seinem eigenen. Womöglich sprang etwas von diesem Glück auf den Anderen über. „Vielleicht wird es nicht mehr so wie früher. Aber so, wie es jetzt ist, ist es eine gute Grundlage, um es noch besser werden zu lassen. Eine glückliche Zukunft ist für uns möglich. Das spüre ich. Eine kleine Stimme in meinem Kopf sagt mir das.“ Kyo schüttelte amüsiert den Kopf. „Muss ich mir Sorgen machen, wenn du schon Stimmen hörst?“ Erneut trafen sich ihre Lippen. „Lass sie lauter werden. Schreien sollen sie von mir aus. Damit sie meine Hoffnung in Gang halten. Nicht einschlafen lassen.“ „Keine Angst, Liebster. Ich lasse sie nicht verstummen. Wir sind ja nicht allein. Der Weg, der vor uns liegt -Shinya eingeschlossen- mag sehr beschwerlich erscheinen. Aber wir gehen ihn zu dritt. Allein das erleichtert doch schon einiges. Und wenn das nicht reicht, haben wir immer noch Menschen, die uns ihre Kraft leihen und uns begleiten.“ „Ja. Die haben wir.“ Der Größere griff nach dem Wasserhahn. Er drehte ihn ganz nach links, damit sie so schnell wie möglich warmes Wasser hatten, dann öffnete er die Zufuhr. Die ersten, obligatorisch kalten Tropfen ließen sie schaudern. Doch mussten sie nicht lange warten, bis eine angenehme Temperatur erreicht war. Bevor sie sich noch verbrühten, wurde der Regler wieder nach rechts bewegt. Dass Kyo den Kopf in den Nacken legte und so dem Wasser erlaubte über sein Gesicht und Körper zu laufen, verriet ihm, dass es nicht nur für ihn jetzt eine angenehme Wärme hatte. „Bist du denn glücklich, Kyo?“ Langsam bewegte Kyo seinen Kopf zurück, öffnete die Augen, um direkt in die des Mannes zu sehen, den er in seinen Armen hielt. „Ja, das bin ich.“ Sanft fing er den Mund seines Liebsten ein. „Dank dir und deiner Worte.“ „Das ist schön.“ Für einen kleinen Moment, betrachteten sich sich noch einander, dann stellte Toshiya das Wasser wieder ab, nahm sich die Flasche mit dem Duschgel und gab sich welches auf seine Hand. „Schön still halten, Monsterchen.“ Kyo nahm ihm die Plastikflasche ab, tat sich auch etwas auf seine Hand. „Du aber auch.“ Während Kyo auf dem Bett lag und durch ging, was sich alles auf seinem Laptop befand, saß Toshiya am Tisch und spielte ein wenig auf dem Bass, den er hier behalten hatte. Ab und an sah der Sänger verträumt zu seinem Liebsten, beobachtete ihn. „Dir fehlt es, nicht wahr?“ „Hm?“, fragend sah Toshiya auf, unterbrach seine Tätigkeit. Vorsichtig stellte der Kleinere das Gerät zur Seite, ging die wenigen Schritte hinüber zu dem Anderen, um ihm liebevoll durch das noch feuchte Haar zu streichen. „Das Musizieren. Das Zusammenspiel mit den Anderen. All das fehlt dir, nicht wahr?“ Ein Arm legte sich um seine Hüfte, zog ihn noch etwas näher an den anderen Körper. „So sehr, wie dir das Singen über das Atmen geht.“ In diesem Moment beneidete Kyo seinen Partner nicht. Immerhin konnte er singen, wann immer ihm danach war. Sein Instrument hatte er immer dabei. Im Gegenteil zu dem Mann vor sich. „Bald kannst du es wieder öfter tun.“ Wenn sie erst wieder daheim waren und ihre beiden Freunde auch öfter sehen konnten. Einige Momente lang, strich er dem jüngeren Mann noch durchs Haar, legte die andere Hand mitfühlend an dessen Oberarm. „Lass uns schlafen. Es ist schon spät.“ Toshiya, der sichtlich genossen hatte, was man mit ihm tat, linste an dem Stehenden vorbei auf die Uhr neben dem Bett. „Stimmt. Wir sollten wirklich zu Bett gehen. So, wie ich Kaoru kenne, steht der schon wieder früh vor unserer Tür.“ Leise hörte er Kyo lachen, spürte, wie sein Herz schneller schlug. Wie sehr liebte er dieses Geräusch. „Soll er machen. Aber dann fresse ich ihn“, feixte der Sänger, sah dann jedoch etwas überrascht auf, als sich eine Hand in seinen Nacken legte und er an den Sitzenden heran gezogen wurde. Von einem Kuss wurde er in Empfang genommen. Einem Kuss, der sanft und voller Liebe war. „Hör niemals auf.“ Leise kamen die Worte über die Lippen des Bassisten. „Womit?“, fragte er flüsternd. „Zu Lachen.“ Kapitel 25: Langsam ankommen ---------------------------- Krachend fiel die Tasche zu Boden und Kyo war versucht sich zu ihr zu legen. „Daheim. Endlich.“ Schmunzelnd stellte Toshiya seine Taschen und Koffer neben die seines Freundes. Jenem konnte man die Freude und Erleichterung regelrecht ansehen. Sein linker Arm legte sich um den kleineren Körper, zog ihn an den eigenen. „Wie heißt es: Zu Hause ist es immer noch am Schönsten. Wenn ich dich so ansehe, erkenne ich, dass das wahr ist.“ Sanft küsste er den Hals seines Liebsten. „Mir geht es aber genauso.“ Mit einem nostalgischen, zufriedenen Blick sah er sich um, atmete tief ein. „Der Geruch ist anders geworden, aber es ist definitiv der vertraute Geruch von 'uns'.“ Ihr Lieblingsduft. Ein Seufzen. „Ich möchte gar nicht wissen, was jetzt an Arbeit hier auf uns zu kommt.“ Reichlich putzen vermutlich. Der Sänger drehte sich um, fing die Lippen seines Partners ein. „Wir machen das zusammen. Raum für Raum.“ Seine eigenen Arme legten sich um die Hüfte des Größeren. „Mehr Kopfzerbrechen bereiten mir die Überlegungen, wie wir unser Heim so fertig machen, dass wir Shinya hier auch gut umsorgen können, bis er seine völlige Beweglichkeit wiedererlangt hat.“ Kyo verlor seinen Hut und eine Hand wuschelte ihm durch sein blondes Haar. „Nicht zerbrechen. Im Ganzen ist dein Kopf viel hübscher.“ „Spinner.“ Verlegen lächelnd nahm er die Hand aus seinem Haar und legte sie sich an die Wange. „Mein Spinner.“ „Liebend gern, wenn es dich glücklich macht.“ Ein kurzer Kuss auf die Stirn des kleineren Mannes folgte. „Lass uns die Taschen ins Schlafzimmer bringen und Auspacken. Ewig mag ich nicht hier im Flur stehen.“ Irgendwo mussten sie dann ja auch anfangen. Toshiya ging gleich mit einigen Taschen und einem großen Rollkoffer ins Schlafzimmer, wo er alles auf ihr Bett stellte. Sein Partner kümmerte sich dagegen erst einmal um den Sicherungskasten, damit sie wieder Strom in der Wohnung hatten. Als nächstes griff er sich die Tasche mit der schmutzigen Wäsche, ging mit dieser erst einmal ins Badezimmer, um diese vor der Waschmaschine abzustellen. Um den Inhalt kümmerte er sich gleich, wenn er das restliche Gepäck weg gebracht und sich was bequemeres angezogen hatte. Ins Krankenhaus wollten sie heute nicht mehr. Der ganze Umzug hatte ihn ermüdet. Ihr Shinya war mittels eines Krankentransports in das neue Krankenhaus gebracht worden. Sie selbst waren mit dem Zug gereist und hatten sich mit einem Taxi hierher bringen lassen. Natürlich zog es sie zu dem Liebsten, aber gemeinsam hatten sie sich darauf geeinigt, dass sie es auf diese Weise machen würden. Toshiya und Kyo sollten in der Wohnung nach dem Rechten sehen, während der Jüngste sich an das neue Krankenhaus und das Personal gewöhnen wollte. Aber gleich morgen wollten sie auf jeden Fall wieder zu ihm. „Toshiya?“ „Hm?“ Der dunkle Schopf tauchte aus dem großen Schrank auf, die schönen braunen Augen darunter sahen ihn fragend an. „Wir müssen noch einkaufen.“ „Uh.“ Missfallend verzog er das Gesicht. Wieder raus gehen, sich durch enge Gänge schieben mit jeder Menge Menschen und das schwere Zeug dann auch noch her schleppen. „Uhh.“ „Du sprichst mir aus der Seele.“ Kyo nahm etwas aus der geöffneten Tasche, reichte einen Stapel T-Shirts an seinen Freund. „Aber Lieferservice...“ Aus dem Schrank kam ein Würgegeräusch. „Schön, dass wir uns auch da einig sind.“ „Obwohl...“ „Eh? Doch Lieferservice?“ Nun war Kyo ehrlich überrascht. „Ja, Lieferservice“, grinsend tauchte der Jüngere wieder auf. „Aber den vom Supermarkt. Dann müssen wir nicht noch mal los.“ Leise ächzend richtete er sich auf. „Wir müssen uns nur überlegen, was wir uns bringen lassen wollen.“ „Spätestens, wenn wir gleich mal die Schränke durch gehen.“ Doch zuerst mussten diese hier gefüllt werden. Kyo nahm einen weiteren Stapel T-Shirts aus der Tasche, reichte sie weiter. „Magst du gleich schon mal damit anfangen? Ich kümmere mich in der Zwischenzeit dann um die Schmutzwäsche.“ „Klar. Wobei wir vermutlich auch erst mal einige Grundlegende Dinge brauchen werden.“ Sie wären schließlich länger als geplant weg gewesen. Vielleicht war in der Zwischenzeit auch das ein oder andere schlecht geworden, was normalerweise länger haltbar war. Grübelnd nahm er die nächsten Kleidungsstücke in die Hand und legte sie in das entsprechende Fach. „Gibt es irgendwas worauf du Hunger hast?“ „Hm, gute Frage.“ Nachdenklich reichte der Kleinere ein paar Jeans an seinen Freund. „Fisch.“ „Fisch?“, wiederholte Toshiya. War er da auch für? „Welchen?“ „Am Liebsten Makrele. Gebraten. Den Rest darfst du entscheiden.“ Der Blonde öffnete den nächsten Koffer, in dem unter anderem seine Hemden waren, welche er nun nacheinander auf einen Kleiderbügel und in den Schrank hing. Ein paar Arme umschlangen ihn, Lippen küssten ihn im Nacken. „Ich mach hier weiter. Kümmere du dich um die Wäsche im Badezimmer. Ist ja nicht mehr viel.“ „Gut.“ Er drehte sich in den starken Armen. „Ich beeile mich auch, damit ich dir mit der Liste helfen kann.“ Ein schneller Kuss auf die Wange des Größeren, dann entschwand er. Die Waschmaschine lief, Abendessen war gegessen. Jetzt lagen die beiden Männer auf dem Sofa. Toshiya auf dem Rücken, den Kleineren zwischen seinen Beinen auf ihm liegend. Jeder von ihnen ein Eis in der Hand, welches sie sich als Nachtisch gönnten. Auf dem Fernseher lief der Film, den sie eingelegt hatten. Einen Gruselfilm, den sie schon einige Male gesehen hatten. „Gleich kommt die Stelle, bei der Shinya sich immer noch die Augen zuhält.“ Schmunzelnd leckte Kyo an seiner Eiswaffel. „Unser Sensibelchen.“ Verspielt strich er dem Anderen durch das blonde Haar. „Wenn wir ihm erzählen, was wir geguckt haben, ist er bestimmt froh, dass er noch im Krankenhaus liegt.“ „Vermutlich“, grinste Kyo, stieß dann aber einen sehnsüchtigen Seufzer aus. „Morgen gehen wir wieder zu ihm. Und wir nehmen noch ein paar Fotos mit.“ Zur weiteren Stimulation der Erinnerungen. Auch der eigenen. Unvermittelt stand Kyo auf und ging auf den Schrank links vom Fernseher zu. „Was suchst du?“ Doch statt zu antworten, stöberte der Ältere noch einen Moment. „Ah.“ Mit einem Album in der Hand drehte er sich wieder um. „Das hier.“ „Ah, das Fotoalbum, das Shinya letztes Jahr hat anfertigen lassen.“ Interessiert setze sich der Größere auf. „Wer hätte gedacht, dass wir das mal dringend brauchen würden.“ Der Film wurde pausiert, während sein Partner zu ihm zurück kam und sich neben ihm nieder ließ. Ein wenig schwelgten sie selbst in Erinnerungen beim Betrachten der vielen Fotos, während sie langsam durch die Seiten blätterten. „Weißt du...“ „Dass wir mehr von solchen Büchern brauchen?“ Verwundert sah Kyo dem Anderen in die Augen. „Den Gedanken hatte ich auch“; erklärte der Jüngeren und lehnte sich noch eine wenig mehr zu dem anderen Körper hinüber. Kapitel 26: Wie ist dieses 'Wir'? --------------------------------- „Was machst du da?“ Neugierig schaute Kyo aus dem Badezimmer, wo er seine Haare gekämmt hatte. Bis er das Klicken einer Handykamera hörte und daraufhin Toshiya im Flur entdeckte. „Fotografieren“, kam die freche Antwort. „Etwas genauer bitte.“ „Fotos von der Wohnung. Vielleicht wecken die auch ein paar Erinnerungen.“ Wieder machte es klick. „Mein Lieblingsmotiv.“ „Ach du.“ Murmelnd drehte sich der Kleinere wieder um, während Toshiya grinsend zurück blieb. Er wusste genau, dass sich sein Schatz geschmeichelt fühlte. Nur konnte er noch immer nicht mit derartigen Schmeicheleien umgehen. Noch schnell das ein oder andere Bild von ihrem Schlafzimmer, dann war er bereit aufzubrechen. „Da seid ihr ja.“ Endlich war er nicht mehr allein. Gestern war es zwar aufregend gewesen mit dem Umzug und allem, aber sobald er auf sein offensichtliches Einzelzimmer gekommen war, waren die Ärzte und Pfleger recht schnell verschwunden gewesen. „Du guckst gerade wie so ein Hundewelpe, den man allein gelassen hat“ sagte Toshiya, strich dem Liegenden aber liebevoll durch das kurze, schwarze Haar. „Glaub mir, wir haben dich auch vermisst.“ „Wirklich?“ So ganz konnte er es sich nicht vorstellen. Immerhin hatten sie noch einander, um zu reden und sich die Zeit zu vertreiben. Er war dagegen ganz allein gewesen. „Natürlich“, versuchte der Bassist zu beruhigen. Schweigend war Kyo auf die andere Seite des Bettes gegangen, wo er liebevoll eine Hand über den Unterarm seines Liebsten streichen ließ. „Wie geht es dir heute?“ „Ich weiß nicht“, gestand der Jüngste. „Ich freue mich zwar, dass ihr hier seid, aber irgendwie... fühle ich mich auch leer. Und eingesperrt.“ Die Ärzte hatten ihm schon einige Male erzählt, dass es nun dauern würde, bis er sich wieder würde bewegen können. Bis seine Muskeln soweit wieder aufgebaut waren, um selbst die einfachsten Dinge machen zu können. Doch trotz der wenigen Tage, die er erst wach war, kam es ihm jetzt schon wie eine verdammte Ewigkeit vor. Als wäre das dann nicht auch schon schlimm genug, lag vor ihm noch ein riesiges Puzzle mit leeren, weißen Teilen. Zusammengesetzt ergaben sie fünf Jahre seines Lebens. Aber ohne Motiv wäre es auch nahezu unmöglich gewesen es zusammen zu setzen, wenn er eben nicht ein Gefangener seines Körpers wäre.“, „Halt durch. Hier werden sie jeden Tag mit dir üben. Ist ja schließlich auch in deren Interesse, dass du so bald wie möglich wieder Heim darfst.“ Toshiya gab sich Mühe seinen Freund aufzubauen, positiv zu klingen. Weil er auf jeden Fall verhindern wollte, dass ihr Shinya in sein schwarzes Loch fiel. Dann würde es alles nur noch länger dauern und ihn noch mehr deprimieren. „Heim“, seufzte der Liegende leise. „Ich weiß ja nicht einmal mehr-“ Ein tätowierter Finger legte sich auf seine Lippen. „Es ist bei uns. 'Wo immer wir auch gerade sind, dort ist mein zu Hause, denn ich habe euch an meiner Seite.'“, zitierte Kyo. „Deine Worte.“ „Meine Worte...“ Nachdenklich sah er dem Sänger dabei zu, wie dieser seine rechte Hand in seine eigene nahm und die Fingerspitzen küsste. „Das kitzelt.“ „Das ist gut, meinst du nicht?“ „Ja.“ Vorsichtig setzte sich der Größte unter ihnen auf das Bett. „Wir haben dir was mitgebracht. Etwas von dir.“ „Hm?“ Aus seiner Umhängetasche holte Toshiya das Fotobuch. „Das hier hast du vor einem Jahr etwa zusammengestellt und drucken lassen. Mit deinen Lieblingsbildern.“ Fotos. Das klang spannend. Im nächsten Moment richtete sich das Kopfteil seines Bettes auf. Zu seiner Rechten erkannte er die Steuerung in den Händen des blonden Sängers. So war es wirklich bequemer. „Danke.“ Schon erstaunlich, wie die beiden manchmal wussten, was er wollte, ohne dass er es sagen musste. Neugierig sah er in das Fotobuch, aus dem er mehr über sie Drei erfahren wollte. Ihre Beziehung musste zueinander musste wirklich tief gewesen sein, wenn sie sich Dinge an der Nasenspitze ansehen konnten. Was Kyo auch gleich wieder einmal bewies. „Du hast doch irgendwas. Erzähl.“ „Hm? Ich soll-?“ Sein Blick ging von dem Älteren wieder in das aufgeschlagene Buch, wo unter anderem ein Foto drin war, welches wohl auf einer Tour geschossen worden war. Jedenfalls saßen sie alle zusammen. Sie fünf, dazu Leute, die sie schon lange auf Touren begleiteten und er auch noch erkannte. Eine Szene bei einem Frühstück. Und Toshiya, der in einen Apfel biss. „Irgendwie... Hätte ich gerade Appetit auf einen Apfel“, murmelte er verlegen. Beim Frühstück hatte er nicht viel gegessen, weil es ihm so unangenehm gewesen war, dass die Schwester ihn hatte füttern müssen. „Sollst du bekommen.“ Kyo und Toshiya nickten sich zu. „Bis gleich.“ Damit ging der Sänger wieder, bemerkte dabei aber nicht, wie ihm die anderen Beiden bereits jetzt schon sehnsüchtig hinterher sahen. „Und der gehört uns“, seufzte Toshiya verliebt. „Kann man Kyo denn besitzen?“ Immerhin brauchte der Sänger seine Freiheit, seinen Raum um sich und all seine Gedanken und Gefühle entfalten zu können. So viel wusste er von 'damals' ja auch noch. „Ja. Wir können das.“ Schwermütig löste er seinen Blick von der Tür und wandte sich an den Mann neben sich. „Zumindest, wenn man ihn fragt.“ „Wirklich?“ Toshiya nickte zustimmend. „Unsere Beziehung zu ihm ist schon etwas besonderes.“ „Inwiefern?“ Shinya brauchte mehr Einzelheiten. Es taten sich gerade so viele Fragen auf, deren Antworten er kaum erwarten konnte. Doch zuerst schob der Bassist seinen rechten Arm unter den Kopf seines Freundes. Seine Schuhe streifte er sich von den Füßen, um seine Beine mit auf das Bett zu legen und sich an seinen Partner schmiegen zu können. „Kyo lieben zu dürfen....Schon mehrfach hatte ich das Gefühl, dass es Ketten sind, die ihn und uns verbinden. Das eine Ende ist an uns befestigt, das andere hält er in den Händen.“ „Aber besitzt er dann nicht eher uns?“, fragte der Jüngere dazwischen. „So mag es aussehen, ja.“ Verliebt sah Toshiya dem Anderen in die Augen. Den Arm, auf dem nun der Kopf des Anderen gebettet war, winkelte er an, um mit den Fingerspitzen durch dessen kurzes, schwarzes Haar zu streicheln. „Mit diesen Ketten bestimmt er aber seinen Freiraum. Je nach Länge mag er uns ganz nah bei sich haben oder Abstand halten wollen. Gleichzeitig geben sie ihm aber auch Sicherheit. Zusammen mit der Gewissheit, dass wir immer für ihn da sein werden, wenn er uns braucht.“ So war das? Shinya versuchte sich das vorzustellen. Jemanden besitzen an den man gekettet war. „Und warum ist er jetzt gegangen?“ „Weil du“, begann Toshiya lächelnd, während er sich auf die Seite drehte, „einen Apfel haben möchtest. Selbst, wenn er die Ketten ganz lang lässt, sei es, weil er Zeit für sich braucht oder wir etwas ohne ihn machen, sobald er merkt, dass einer von uns etwas braucht, zieht er sich an den Ketten zu uns zurück, um uns dies zu geben.“ Das ergab Sinn. Schließlich hatte Kyo ihm selbst erzählt, dass er gerne etwas von dem zurück geben wollte, was er immer erfahren hatte. Und jetzt ging jener sogar extra noch mal los, um ihm einen einfachen Apfel zu holen. Dem Patienten wurde ganz warm um sein Herz und in seinem Bauch. Irgendwie unbequem so zu liegen, wenn das Kopfteil so hoch stand, fand Toshiya. Weil in dem Bett aber zu wenig Platz war, um sich bequem auf den Rücken zu drehen und er dann auch nicht mehr diesen engen Kontakt zu dem Anderen hätte, gab es nur eine Lösung. Er richtete sich wieder auf und angelte nach der Fernbedienung. Leise surrend ging es wieder in die Waagerechte. „Angenehmer.“ „Du liebst ihn.“ „Hm?“ „So, wie du über ihn sprichst und ihn ansiehst, musst du ihn sehr lieben.“ Etwas ertappt senkte der Größere den Blick. „Wie könnte ich das nicht? An ihm ist alles liebenswert.“ Mit einem kleinen Grinsen sah er wieder auf. „Dich sehe ich aber genauso an. Liebe dich ebenso sehr. Für deinen Sanftmut und Ruhe. Aber auch deine Bestimmtheit und deinen Ehrgeiz. Deine Willensstärke. Für dein süßes Lächeln. Und diesen Blick deiner Augen, bei dem ich weiß, dass du mich verstehst.“ Unbewusst war dieser auch schon wieder da. Doch gerade suchten sie etwas. „Was hast du?“ „Sag es mir. Sag, dass du mich liebst.“ „Ich liebe dich.“ „Küss mich.“ Nichts lieber als das. Ihn zu küssen ließ er sich doch nicht entgehen. Wie von selbst schlossen sich Shinyas Augen, während er sich darauf konzentrierte einfach nur zu fühlen. Es kribbelte und prickelte. In seiner Erinnerung konnte er keinen Hinweis darauf finden, dass er sich jemals auch nur hätte vorstellen können, dass Toshiya das so gut konnte. Dass er sich das in der Form überhaupt von einem Mann gefallen lassen würde. Dennoch war da keine Abscheu, kein Versuch von irgendetwas in ihm, dieser Nähe und dem Kuss entkommen zu wollen. Im Gegenteil. Alles an und in ihm sehnte sich danach sich an den Größeren zu drücken und von dessen Armen gehalten zu werden. Er wollte von ihm geliebt werden. „Lasst mich nicht mehr allein.“ Kapitel 27: Fotos - Ein jedes ein Portal in die Vergangenheit ------------------------------------------------------------- „Ich gebs auf.“ Schmollend legte Kyo das Stück Apfel auf den Teller. Er hatte extra ein kleines Küchenmesser gekauft, um das Obst nicht einfach nur in mundgerechte Stücke zu schneiden, sondern um kleine Hasen daraus zu machen. Doch bei ihm sahen die Dinger nach allem möglichen, nur nicht nach Hasen aus. Dabei hatte er dem Jüngeren doch eine kleine Freude machen wollen. „Hasen sind einfach nicht dein Ding, Kyo.“ Grinsend blätterte Toshiya eine Seite weiter in dem Fotobuch. „Und ihr sehen wir das seltene Toorus Monstrus in einer Badeshorts.“ „Ich schmeiß gleich mit dem Apfel“, kam es knurrend von der anderen Seite des Bettes. „Nicht mit dem Messer? Das würde eher zu dir passen.“ „Führe mich nicht in Versuchung.“ „Wo war denn das?“, wechselte Shinya das Thema. Es mochte scherzhaft sein, aber ihm gefiel nicht, dass sie sich zankten. Die Badeanstalt sah jedenfalls nicht nach einer japanischen aus. Dafür waren zu wenig Leute da. „Ein freier Nachmittag während unserer Europatour 2015. Irgendwie hat es uns da in ein Hallenbad gezogen.“ Hier in Japan hatten sie nicht so viele Gelegenheiten, um das zu machen. Nicht nur, weil sie doch einen gewissen Bekanntheitsgrad hatten. Vielmehr, weil sie sich mit ihren geliebten kleinen Zärtlichkeiten zurück halten müssten. Und weil Kyo mit seinen Tätowierungen einfach viel zu sehr auffiel oder gar nicht erst rein gelassen wurde. Da waren die Menschen in Übersee schon entspannter. Shinya war derweil fasziniert von den Bildern. Zum Einen, weil er sich nicht so recht erinnern konnte, dass er die anderen Beiden jemals in Badekleidung gesehen hatte. Zum Anderen, weil er fand, dass sie echt gut aussahen. Irgendwie -er errötete etwas- sexy. „Mir gefällt das Bild unten rechts“, murmelte er. Zu sehen waren er und Toshiya, wie sie nebeneinander auf einer Liege saßen, jeder mit einem Eis am Stil in der Hand. „Wir sehen... so glücklich aus, wie wir in die Kamera lächeln.“ Auch, wenn es immer noch ungewohnt war sich selbst auf Bildern zu sehen, aber nicht wirklich zu erkennen. „Wundert mich nicht“, meinte der Größte unter ihnen. „Immerhin stand Kyo hinter der Kamera.“ Wie hätten sie da auch anders gucken können? Sie blätterten noch durch einige Seiten, ehe sich Shinya wieder dem Sänger zu wandte. „Uhm, darf ich noch was von dem Apfel? Ich esse den auch, wenn er nicht wie ein kleiner Hase aussieht.“ „Natürlich.“ War immerhin für den Jüngeren gedacht gewesen das Obst. Er halbierte das Stück noch einmal längs und hielt es seinem Freund dann vor den Mund. Artig machte jener diesen auf, ließ sich ohne weiteres ein wenig füttern. „Der schmeckt lecker.“ Langsam kauend betrachtete er weiter die Fotos, während der Bassist weiter blätterte. „Habt ihr- Ich meine, haben wir noch mehr von solchen Fotobüchern?“ „Leider nicht“, erklärte Kyo und hielt dem Jüngeren noch etwas Apfel hin. „Aber Toshiya und ich haben gestern bereits beschlossen, dass wir in Zukunft mehr davon haben wollen. Es ist schön in ihnen zu blättern.“ Schwach nickte Shinya. Besser ging es gerade nicht. Aber er stimmte ihm da wirklich zu. Wenn da nur nicht der miese Beigeschmack von Vergessen wäre. Nicht einmal die Süße des Apfels konnte den überdecken. Zärtlich strichen ihm raue Finger über die Wange. „Nicht traurig sein. Konzentriere dich auf das Kommende. Die Vergangenheit kommt wieder.“ „Ich versuchs.“ War nur einfacher gesagt, als getan. „Aber dann sollten wir das Buch hier vielleicht wieder weg legen. Sonst kann ich mich nicht auf die Zukunft konzentrieren, weil ich so viel über die Vergangenheit erfahre.“ Dabei war es schön diese Bilder zu sehen. Seine beiden Freunde haben ihm vor einigen Tagen gesagt, dass sie sich so gut verstanden, dass Kaoru neidisch auf sie sei. Wenn er ihre Gesichter so sah, den Ausdruck in ihren Augen, dann konnte er wirklich erkennen, wie sehr sich sich geliebt hatten und wie harmonisch es bei ihnen war. Da wurde er selbst schon neidisch auf sein vergessenes Ich. Ob sie das wieder erreichen konnten? Shinya musste gähnen. „Noch nicht ganz wach?“, erkundigte sich der Bassist leicht amüsiert. „Doch, eigentlich schon. Aber das viele Liegen macht auch wieder müde.“ Kyo nahm ein weiteres Stück Apfel und hielt es dem Jüngeren hin. „Bald solltest du deine ersten Anwendungen und Termine haben. Dann wirst du abends froh sein, wenn du ruhig liegen darfst.“ Die Vorstellung brachte ihn zum Grinsen. In Shinyas Bauch explodierte eine Bombe mit Schmetterlingen. Spätestens jetzt wusste er, dass er den Sänger liebte. Mit jeder Faser seines Seins. Abwesend öffnete er den Mund, ließ sich füttern. Aber den Blick konnte er dennoch nicht abwenden. Ein glückliches Seufzen drang an sein Ohr. „Immer wieder schön, nicht?“ „Huh?“ Verwundert sah Kyo zu dem Bassisten, während Shinya nur langsam nickte. „Was meint ihr?“ „Dein Lächeln. Gerade, wenn du etwas lustig findest oder du glücklich bist.“ Reichlich rot auf den Wangen, sah er weg. „Ihr seid Idioten.“ „Unsterblich verliebte Idioten“, korrigierte der Größere. „Und nicht zu vergessen: Deine Idioten.“ Kyos Augen wandten sich wieder den anderen beiden Männern zu. „Zum Glück. Anders würde ich es auch nicht mehr wollen.“ „Ich-“, setzte Shinya an und gab sich alle Mühe, um die Hände seiner Freunde zu berühren. „Ich auch nicht.“ Um es ihm leichter zu machen, legten sie ihre Hände nah an seine. Er sollte es ruhig versuchen, sollte seine Muskeln benutzen. Geduldig sahen sie zu. Die Finger waren zittrig, aber sie schafften es. Schwer atmete der Drummer, aber er war stolz. „Bald geht es auch schneller.“ „Wenn du weiter fleißig trainierst auf jeden Fall.“ Zuversichtlich grinsend strich der Bassist über den Kopf des Liegenden. „Ja. Für den Moment, da würde ich mir aber gerne noch ein paar von den Fotos ansehen.“ „Gerne.“ Toshiya suchte sich eine bequeme Position und nahm das Buch wieder auf, blätterte zur nächsten Seite. Kapitel 28: Normalität und Chaos -------------------------------- In den nächsten Tagen wurde mit Shinya abwechselnd Arm- und Beinmuskulatur geübt. Wobei dieser für den Augenblick mehr wert auf die Beweglichkeit seiner Arme legte. Sein Ziel war es, nach den anderen Beiden greifen zu können wenn er es wollte. Er wollte sie umarmen, wenn er sich wünschte, dass sie sich zu ihm legten. Außerdem würde ihn dann niemand mehr füttern müssen und er könnte einen Rollstuhl verwenden. Dann wäre er auch nicht mehr so furchtbar ans Bett gefesselt. Gestern waren Kyo und Toshiya mit ihm im Rollstuhl ein wenig auf dem Gelände des Krankenhauses spazieren gegangen. Aber er hatte sich dabei so unwohl gefühlt. Festgegurtet und dick eingepackt war er sich noch eingeschränkter vorgekommen, als er es eh schon war. Vor allem aber wollte er bald zu diesem einen, ganz bestimmten Ort: nach Hause. Es war nicht die Wohnung, die er aus seinen Erinnerungen noch kannte. Nicht mehr der Ort, wo er früher gewohnt hatte. Dieses neue Heim... Er wollte wissen, was für ein Gefühl es sein würde, es zu betreten. Vielleicht würden sich dann einige Lücken schließen. Und: Er wollte wieder einmal an einem Schlagzeug sitzen. Das war so etwas ganz anderes, was ihm einfach noch fehlte. Wenn er ihre Lieder hörte, konnte er spüren, wie sein Körper versuchte die Bewegungen zu machen, die nötig waren, um das dazugehörige Spiel zu vollführen. Schließlich gehörte es einfach zu seinem Leben. Vor dem Unfall war das Spielen so selbstverständlich gewesen, wie das Atmen. Etwas müde und erschöpft lag er auf seinem Bett, hatte gerade eine weitere Trainingseinheit hinter sich gebracht. Seine Arme brannten. Ein gutes Zeichen. Ein verdammt gutes sogar. Shinya konnte so spüren, dass seine Muskeln aus ihrem langen Schlaf erwachten. Der Japaner sah zur Seite und auf die Uhr, die auf dem Rolltisch neben seinem Bett stand. Bald müssten seine Freunde hier eintreffen. Bei dem Gedanken kribbelte es in seinem Körper. Er durfte nur nicht vergessen sie darum zu bitten, seine Badesachen in den nächsten Tagen mit zu bringen. Die Therapeutin hatte vorhin gemeint, dass weiteres Training unter anderem im Wasser standen finden wird, sobald er erste Bewegungen ausführen kann. Ein leichtes Klopfen an seiner Tür. „Herein.“ Zum Vorschein kam Kyo, welcher ihn etwas verschlafen anlächelte unter seinem Hut. Während er diesen ab nahm, schloss er die Tür hinter sich und ging auf das Bett zu, wo er seinen Liebsten mit einem obligatorischen Kuss begrüßte. „Du siehst müde aus“, stellte Shinya auch gleich fest, bekam nur erst einmal ein Schulterzucken, ehe sich der Sänger auf das Bett setze. Er streifte sich noch die Schuhe von den Füßen, legte sich dann einfach hin, nah an den Jüngeren geschmiegt. „Hab das mit dem Schlafen heute Nacht irgendwie vergessen“, erklärte er sein Verhalten, unterdrückte ein Gähnen. „Ich hab gestern Abend angefangen zu schreiben und als ich fertig war,“ doch ein Gähnen, „war es auch schon fast Zeit mich auf den Weg zu dir zu machen.“ „Oh.“ Mehr fiel dem Anderen in diesem Augenblick einfach nicht ein. Zudem fand er Kyos schlafendes Gesicht auch gerade viel interessanter. Aber... „Wo ist denn..?“ „Toshiya?“, ergänzte der Ältere. „Der ist zusammen mit Kaoru zu einem Interview für eine Zeitschrift. Stand zumindest auf dem Zettel, den er mir hinterlassen hat.“ Mit geschlossenen Augen angelte er nach dem Handgelenk von Shinyas linkem Arm hinter sich. Kaum hatte er es gefunden, legte er ihn sich um seine Taille. Besser. „Wenn sie“, gähnen, „fertig sind, wollen sie beide her kommen.“ „Ah, okay.“ Ein Interview. Etwas, was mit der Band zu tun hatte. Dir en Grey. Das war so merkwürdig weit weg. Dabei war es doch so sehr Teil seines Lebens gewesen. Ob das an den vergessenen Jahren lag? Nachdenklich sah er auf das blonde Haar des Älteren. Wie selbstverständlich er sich hier so einfach anschmiegte. Sicherlich hätte er das auch gemacht, wenn sie daheim gewesen wären. Shinya öffnete den Mund, wollte etwas fragen, aber hielt inne. Kyos Atmung war ruhig, langsam. Der Körper in seinem Arm völlig entspannt. „Eingeschlafen“, murmelte Shinya und musste Lächeln. Das war schon typisch für den Anderen. Doch es fühlte sich gut an. Er erlaubte sich ebenfalls die Augen zu schließen, der Müdigkeit vom Training nachzugeben. „Wie schläft es sich daheim?“ Fragend sah Kaoru den Jüngeren an, während er an seiner Tasse Kaffee nippte. „Unglaublich gut“, schmunzelte jener, hielt mit beiden Händen sein warmes Getränk fest. „Noch nicht perfekt, aber echt gut.“ Ein wenig verträumt sah er hinaus. „Im Ganzen tut es gut, wieder hier zu sein. Auch das hier.“ Sein Blick ging zurück zu dem Älteren. „Deswegen hab ich dich dazu überredet.“ Es war nur ein einfaches Café, aber trocken und warm, wenn man bedachte, dass es draußen leicht am Regnen war. Zudem war es schön so ein Interview auf ein gemütliche Tasse Kaffee oder Tee ausklingen zu lassen. Und für Toshiya ein kleiner Ausbruch aus dem recht eintönigen Alltag. Kaorus Meinung zufolge. „So, Kyo war also die ganze Nacht mit Schreiben beschäftigt?“ Der Jüngere hatte vorhin etwas in der Art angedeutet. Ein zustimmendes, aber auch beleidigtes Brummen von dem Bassisten. „Konnte kaum schlafen, weil ich ja alleine war.“ Ein Seufzen folgte und seine Körperhaltung wurde wieder entspannter. „Aber wenn er schreibt, dann schreibt er. Und dann so lange, wie die Worte eben fließen.“ Sein Blick fiel auf die Auslage im Tresen. Wenn Kyo mittlerweile fertig war, würde er jetzt bestimmt wieder im Krankenhaus sein. Ob er davor noch was gegessen hatte? „Was bedrückt dich?“ „Eh? Ach, Nichts besonderes.“ „Wirklich?“ „Wirklich. Das sind gerade nur ganz normale Gedanken, die man sich eben um seinen Partner macht. Also hör auf mich so anzugucken“, lachte Toshiya. „Wie gucke ich denn?“ „Als ob du mir nicht glaubst.“ „Entschuldige.“ Ertappt senkte Kaoru den Kopf, sah in seine Tasse. „Es ist nur... Ich mach mir eben auch meine Gedanken. Um dich, euch.“ Eine lange Pause. Das nächste Wort lag ihm reichlich schwer auf der Zunge. „Uns.“ „Wie meinst-?“ In dem Moment verstand der Jüngere aber auch schon. „Die machen Kyo und ich uns auch. Vielleicht nicht ganz so sehr, wie du. Aber auch wir wünschen uns unseren musikalischen Alltag wieder. Fragen uns, was aus Dir en Grey wird. Und aus uns, so lange wir pausieren.“ „Dann sollten wir Vier uns wohl mal zusammen setzen und gemeinsam darüber nachdenken.“ Toshiya nickte, nahm noch einen Schluck. Sie sollten sich wirklich zusammen setzen. „Willst du gleich mit kommen?“, fragte er seinen Gegenüber. „Gern. Warum auch nicht? Immerhin hatte ich ihm ja angedroht öfter vorbei zu kommen, wenn er hierher verlegt wird. Will er eigentlich immer noch so viel wissen?“ Abwiegend wackelte der Jüngere mit dem Kopf. „Ja und nein. Klar stellt er noch viele Fragen. Zu allem möglichen. Aber er konzentriert sich auch auf sein Training. Er will sich wieder bewegen und etwas tun können. Selbst, wenn es so etwas einfaches ist, wie nach unseren Händen greifen.“ Seufzend strich er sich mit seiner linken Hand durchs Haar. „Ich bin im Moment nur froh, dass sein Ehrgeiz die Führung hat. Nicht, dass er in ein oder zwei Tagen alles aufgeben will, nur weil die Dinge noch nicht so klappen, wie er das haben will.“ Das würde auch noch so ein Kampf für ihn und Kyo werden. Ihren Partner weiter zu motivieren, wenn er seinen Antrieb verlieren sollte und dabei nicht selbst aufgeben. „Ich will ne Zeitmaschine“, knurrte er und stürzte den Rest seines Getränkes hinunter. „Und dann? Würdest du zu dem Konzert zurück reisen und ihn noch vor dem Erdbeben von der Bühne zerren?“ „Natürlich! Was auch sonst?“, fuhr er den Älteren an, stockte aber gleich. „Tut mir Leid.“ Er wollte ihn nicht so anfauchen. „Schon okay“, beruhigend legte Kaoru eine Hand auf Toshiyas Unterarm. „Glaub mir, ich würde mit reisen und dir beim Tragen helfen.“ Toshiya sah auf und dem anderen Mann in die Augen, während sich in seinen eigenen die Tränen sammelten. Kapitel 29: Zuversicht ist selten ansteckend -------------------------------------------- Eine gute Minute war vergangen, seit Kaoru und Toshiya das Zimmer des Freundes betreten hatten, aber sie konnten sich irgendwie nicht dazu durchringen, die beiden Schlafenden zu wecken. „Kyo übernimmst du“, murmelte Kaoru, lehnte sich leicht zu dem Jüngeren hinüber. Dieser schmunzelte. „Traust du dich nicht?“ „Du hast Übung darin und dich springt er auch nicht an.“ „Ach komm, so schlimm ist mein Kyo-chan auch nicht.“ „Ich hör euch“, knurrte plötzlich eine Stimme und verschlafen öffnete sich eines von Kyos Augen. „Oh.“ Leicht lachend ging Toshiya um das Bett herum, sodass er seinem älteren Freund gegenüber war. Ein wenig ging er in die Hocke, um etwa auf Augenhöhe mit ihm zu sein. „Haben wir dich geweckt?“ Gähnend rieb Kyo sich den Schlafsand aus den Augen. „Nein. Ihr nicht.“ Gab andere Gründe, weshalb sein Körper wieder erwacht war. Einigermaßen munter sah er Toshiya an, der ihn aber nur sehnsüchtig und verliebt ansah und einen langen, dazu passenden Seufzer ausstieß. „Nein, bin ich nicht“, knurrte er. „Und nicht hier. Schon gar nicht wenn Kaoru noch hier ist.“ „Huh?“ Verwirrt sah dieser zwischen den beiden Freunden hin und her. Er hasste es, wenn die sich durch Blicke verstanden, er aber keinen Schimmer hatte. Erst recht, wenn es ihn auch noch zu betreffen schien. „Ach man. Der würde bestimmt von alleine gehen.“ „Könnt ihr mal aufhören so zu sprechen, als wäre ich nicht da?“ Das machten die jetzt doch mit Absicht. Den Leader ignorierend zog der Bassist einen Schmollmund. „Krieg ich denn zumindest noch einen Kuss? Wurde schließlich seit gestern Abend schändlich vernachlässigt.“ Mit einem Kopfschütteln und einem kurzen Augenrollen, richtete Kyo sich auf und beugte sich über Shinyas schlafenden Körper hinweg zu dem Jüngeren, der ihn sehnlichst in Empfang nahm. „Und wobei würde ich gehen, wenn ihr was-?“ Schlagartig wurde er knallrot. Jetzt hatte er begriffen. Und wie er dann gehen würde. Mit wehenden Fahnen und Staubwolken. Vorwurfsvoll, weil sie ihm ein paar unmögliche Bilder in den Kopf gesetzt hatten, sah er zu den beiden amüsiert drein schauenden Freunden. „Untersteht euch.“ Kyo richtete sich auf, zog sich seine Schuhe wieder an. „Als ob wir da irgendwen zu gucken lassen würden.“ Gähnend streckte er sich. „Ich komme gleich wieder.“ „Eh? Wo willst du denn hin?“ Toshiya, halb über Shinya gekrabbelt, sah dem Älteren mit großen Augen nach, zog eine kleine Schnute. „Nur kurz zur Toilette.“ Wenn sein Schatz wollte, konnte er wirklich kindisch sein. Süß kindisch. „Bis gleich.“ Nach einem kurzen Moment der Stille, in er Kaoru dann auch seine Fassung wieder fand, näherte sich jener dem Bett. „Ich glaube, so lange ihr noch solchen Unsinn auf meine Kosten machen könnt, muss ich mir weniger Sorgen machen, als befürchtet.“ Ein kurzer Blickwechsel mit einem schelmisch grinsenden Toshiya, dann wandten beide ihre Aufmerksamkeit auf den Schlafenden. „Ihn dort liegen zu sehen ist immer noch irgendwie...“ „..falsch“, beendete der Bassist den Satz, hörte den Anderen Seufzen. „Er sieht auch nicht so aus wie sonst, wenn er schläft. Normalerweise wirkt er nicht so erschöpft und traurig.“ Nein, normalerweise strahlte sein Liebster selbst schlafend noch Ruhe und Glückseligkeit aus. Es mochte nun an dem Unfall und dessen Folgen liegen, aber es war einfach nicht wie sonst. „Das wird mit der Zeit wieder kommen, denke ich. So, wie alles andere auch.“ Zustimmend brummte der Jüngere, der noch immer halb auf dem Schlafenden lag und begann verträumt mit dem Finger auf dessen Brust zu malen. Schon nach wenigen Augenblicken zeigte sich ein kleines Lächeln bei Shinya und er schüttelte sich leicht. „Das... kitzelt“, wurde gemurmelt, was seinen Liebsten dazu ermutigte noch ein wenig weiter zu gehen und alle Finger über den dürren Körper tanzen zu lassen. Bewegung kam in den dünnen Körper, um sich zu wehren. „Stopp ! Aufhören! Nicht“, lachte Shinya und schon nach kurzer Zeit hatte Toshiya Erbarmen mit ihm. Blinzelnd sah er den Mann über sich an. „Das war gemein.“ „Entschuldige.“ Ein Grinsen, dass das genaue Gegenteil ausdrückte. Dafür beugt er sich aber zu ihm herunter, küsste ihn kurz und innig. „Hallo.“ „Hi.“ Kaoru räusperte sich. Etwas verschreckt zuckte Shinya zusammen, sah den Älteren an. „Oh, hallo Kaoru.“ Verlegen nuschelte er noch: „Ich hab dich gar nicht bemerkt.“ „Ist mir aufgefallen.“ Amüsiert lachend trat der Ältere näher. „Wie geht es dir heute?“ „Nicht mehr ganz so müde, wie vorhin nach dem Training. Das war schon- Wo ist Kyo?“ Erst jetzt bemerkte er, dass der Sänger fehlte. „Gleich wieder da“, beruhigte Toshiya ihn gleich. „Der ist nur kurz zur Toilette.“ „Ah.“ Ob er dann weiter kuscheln wollen würde? Ihm stand jedenfalls der Sinn danach. „Uhm... Wie lange seid ihr beide denn schon hier?“ Hatten sie ihm lange beim Schlafen zugeguckt? Kaoru sah überlegend zu dem Bassisten. „Fünf Minuten?“ Jener wackelte nur abschätzend mit dem Kopf. „Allerhöchstens.“ „Aber auch wirklich allerhöchstens.“ „Das geht ja noch“, kicherte Shinya. „Hatte kurz die Befürchtung, ihr würdet schon länger da stehen und mir beim Schlafen zu gucken.“ Jetzt zeigte sich bei Toshiya ein anzügliches Grinsen. „Würde ich bringen.“ „Würdest du“, hakte Shinya nach, der schon wieder etwas mehr Blut im Gesicht hatte, „oder hast du schon mal?“ „Mehrfach“, war die Antwort, was ihn wirklich verlegen machte. „So spannend ist das doch gar nicht.“ „Wenn man verliebt ist, schon.“ Der Größere richtete sich wieder auf, setzte sich ordentlich auf die Bettkante, ehe er seinem Liebsten über die Wange strich. „Aber das haben wir in den Wochen vor deinem Erwachen auch jeden Tag und stundenlang gemacht. Denk daran.“ Lieber nicht. Das wäre ihm jetzt im Nachhinein noch mal richtig unangenehm. Andererseits hatten die Worte des Älteren schon etwas Wahres. „Wenn man verliebt ist...“, nuschelte er und sah jenem in die Augen. Spürte es Kribbeln in seinem Bauch, weil sie ihn so warm anstrahlten. „Was hast du denn bei dem Training machen müssen?“, unterbrach Kaoru, der sich schon wieder außen vor fühlte. War nichts Neues. Das hatten sie vorher auch schon gut gekonnt. Aber er war hier zu Besuch und ein Freund und wollte auch dementsprechend ein Stückchen Aufmerksamkeit. „Uhm..“ Jetzt musste er für einen Augenblick wirklich nachdenken. „Ich hab einen kleinen Schaumstoffball in die Hand bekommen und sollte versuchen den zu drücken.“ Er seufzte. „Früher wäre das kein Problem gewesen.“ „Noch was?“ Kaoru merkte, dass der Jüngste unter ihnen wieder trübselig wurde. „Na ja, meine Arme wurden in Schlingen gehängt und ich sollte versuchen sie darin zu bewegen. Irgendwann schwangen sie dann wirklich ein wenig.“ „Ein guter Anfang.“ Leider nur eben ein Anfang. Gerne wäre der Patient schon weiter. „Ah, könntet ihr mir Schwimmsachen mitbringen?“ Fragend sah er zu seinem Partner. „Wenn ich weiter übe und die Arme besser bewegen kann, soll das Beintraining anfangen. Dafür soll es dann ins Wasser gehen.“ Toshiya nickte zuversichtlich. Das sollte das geringste Problem sein. „Und“, setzte Shinya an, wusste aber nicht so ganz, wie er das ansprechen sollte. „Und?“ Jetzt war Kaoru doch neugierig. „Was noch?“ „Wenn ich einverstanden bin, dann wollen die Ärzte eine Therapie mit Elektroschocks einsetzen. Zur Stimulierung der Muskeln. So ganz geheuer ist mir das aber nicht.“ Grübelnd legte Kaoru den Kopf schief. „Gehört habe ich schon mal davon. Aber wenn du möchtest, kann ich das gerne noch mal nachschlagen.“ „Bitte.“ Er traute dem Braten nicht. Der Vorschlag kam zwar von seiner Therapeutin, die bestimmt Ahnung hatte, aber es klang seltsam. Und gefährlich in seinen Ohren. Die Tür öffnete sich. Herein kam Kyo, der ein kleines Gähnen unterdrückte. „Habt ihr ihn wach gemacht?“ Ein wenig vorwurfsvoll sah er seine beiden Freunde an, nachdem ihm der Erwachte Shinya aufgefallen war. Wenn der Schlaf brauchte, sollte er noch welchen bekommen. „Ist doch nicht schlimm. So verschlafe ich euren Besuch nicht“, glättete der Jüngste auch gleich die Wogen. „Außerdem kann ich sonst heute Nacht nicht mehr schlafen, weil ich dann zu ausgeruht bin.“ „Na gut.“ Recht hatte er ja. Er selbst könnte sich aber problemlos wieder hin legen. Müde ging er zu Toshiya, ließ sich von ihm in den Arm nehmen. „Hey.“ „Hey“, erwiderte jener und sah verliebt in die braunen Augen des Anderen. Im nächsten Moment spürte er, wie sich die Hände seines Liebsten an seine Wangen legten. Gleich darauf folgten die Lippen seines Schatzes, die sich leidenschaftlich mit seinen eigenen vereinten. So sah eine richtige Begrüßung aus. Leicht begann Toshiya zu schnurren, als sich die eine Hand von seinem Gesicht in den Nacken bewegte und ihn dort ein wenig kraulte. Das hatte er ja schon lange nicht mehr spüren dürfen. Ein Räuspern von der anderen Seite des Bettes störte jedoch die schöne Stimmung. „Hörst du das? Da ist wieder jemand eifersüchtig.“ Kyo zuckte mit den Schulter, behielt seinen Blick aber bei seinem Liebsten. „Ist das mein Problem?“ Lachend lehnte Toshiya sich nach vorne, schmiegte sich an die Brust des Kleineren. „Wie war deine Nacht?“ Sanft begann Kyo dem Jüngeren über den Rücken zu streichen, führte auch seine Tätigkeit in dessen Nacken fort. „Gut. Aber ich brauche neues Papier.“ Sein Blick wanderte zu Kaoru. „Viele Texte. Aber ich bin mir noch nicht sicher, welche davon sich für Dir en Grey eignen.“ Da waren schon einige Sachen bei, die er gerne in einen Song verwandeln würde. Aber er konnte sie sich nicht für die Band vorstellen. Das sagte ihm einfach ein Gespür. Shinya, vor wenigen Augenblicken noch fasziniert vom Tun seiner Partner und dem Wunsch, dass sie ihn doch einbeziehen würden, hatte nun den Blick gesenkt, wirkte betrübt. Selbst, wenn Kyo sich für ein paar Texte entscheiden könnte, keinen davon könnten sie derzeit in einen fertigen Song umwandeln. Seinetwegen war die Band in einer Pause. Auf unbestimmte Zeit. Und niemand konnte sagen, ob sie da jemals wieder heraus kommen würden. „Hey.“ Sacht stupste Toshiya den Jüngeren an. „Schatz. Sieh mich an.“ Zögerlich hob der Andere seinen Kopf, folgte der Aufforderung. „Du trainierst. Du übst. Du nimmst dir deine Zeit. Alles gut. Es ist nicht deine Schuld, dass du hier bist.“ Kyo übernahm, küsste den Patienten. Heiß, innig, leidenschaftlich, brachte sogar ein wenig Zunge mit ins Spiel, um seinen Süßen etwa aus der Fassung zu bringen. Schwer atmend, hochrot und mit großen Augen starrte er Kyo an, der sich wieder von ihm getrennt hatte. „Übung und eiserner Wille. Beides ist dir nicht fremd. Damit schaffst du so einiges. Auch dein 'Comeback' an dein geliebtes Schlagzeug.“ Mit seiner tätowierten Hand strich er dem Jüngeren über das spärliche, schwarze Haar, welches immer noch ein reichlich ungewohnter Anblick war. „Wir sind bei dir. Gib deine traurigen Gedanken an mich. Ich kümmere mich um sie.“ „Und dafür nimmst du meine zuversichtlichen“, warf Toshiya mit ein. „Von mir kriegst du...“, Kaoru überlegte. Irgendwas wollte er auch noch beitragen. „Kriegst du Durchhaltevermögen.“ Da war er gut drin. „Und Die bringt dir auch noch Gute Laune.“ Immer glänzender wurden Shinyas Augen. Seine Freunde gaben ihm so viel und waren bereit ihm auch noch mehr von sich zu opfern. Und er konnte ihnen derzeit nichts zurück geben. Dennoch. „Ich strenge mich an.“ Mit seinen Fortschritten wollte er sie glücklich machen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Wünsche euch allen frohe Ostern :) Genießt die freien Tage und lasst euch nicht stressen. Versteckt mir doch ein kleines Review, damit ich was zum Suchen hab ;P Kapitel 30: Eins werden ----------------------- Wortlos reichte Toshiya eine Tasse Tee an den Älteren, ehe er sich vorsichtig mit seiner eigenen auf dem breiten, heimischen Sofa niederließ und sich langsam wieder auf dem halb liegenden Kyo nieder ließ. Sogleich legte sich auch ein Arm um ihn, kraulte ihm sanft den Bauch. Das Seufzen, welches folgte, war aber kein genießendes. „Was ist los?“, fragte Kyo auch gleich nach. „Wir müssen uns etwas einfallen lassen.“ „Wofür?“ „Für Shinya.“ Er drehte den Kopf zur Seite und nach hinten, um den Älteren anzusehen. „Kaoru gegenüber hab ich gesagt, dass er den Ehrgeiz hat wieder in sein normales Leben zurück zu kommen.“ Traurig senkte er wieder den Blick, betrachtete stattdessen seine dampfende Teetasse. „Doch Shinya selbst hat ihm heute gezeigt, dass das nicht ausreicht.“ Beide Männer verfielen in ein nachdenkliches Schweigen. Es gab einige Dinge, bei denen der Jüngere gerne die Zeit vergaß und wo er kein Problem damit hatte, seine Energie hinein zu stecken. Musik war eines dieser Dinge. Doch selbst die Aussicht darauf, alles wieder machen zu können, schien nicht ausreichend zu motivieren im Moment. Das kannten sie an ihm gar nicht. „Schon eine Idee?“ „Gib mir noch ein bisschen“, seufzte Kyo und nahm einen Schluck. „Nach gestern Nacht ist meine Batterie für Ideen ein wenig erschöpft.“ Mitfühlend hob Toshiya einen Arm und legte den Kopf in den Nacken, um sehen zu können, wo er seine Hand hinführte. Sanft streichelte sie wenige Augenblicke darauf über die Wange des Älteren, der sich, die Augen schließend, gegen sie lehnte. Er musste schmunzeln. Nie hätte er gedacht, dass unter der rauen, manchmal stacheligen Schale, die sein Liebster so gerne trug, ein so verschmuster Kern stecken würde. Doch hier war er. Und er liebte ihn. „Kyo?“ „Hm?“ Langsam öffnete jener die Augen, sah in die des Mannes auf seinem Bauch, welche ihn nur verträumt anstarrten. Schmunzelnd, griff er nach der Hand an seiner Wange, führte sie sanft zu seinem Mund, wo seine Lippen sich auf die Fingerspitzen legten. „Ich dich auch.“ Kyo nahm einen kräftigen letzten Schluck aus seiner Tasse, leerte sie, ehe er sie auf den Tisch stellte. Anschließend nahm er die seines Partners und tat sie ebenfalls zur Seite. Liebkosend strich er über den bloßen, gereckten Hals, erfreute sich an den sich schließenden Lidern und dem leisen, zitternden Stöhnen. „Weißt du, da ist eine andere Batterie“, sagte er mit tiefer Stimme, „die gerade alle Energie für sich beansprucht. Ich fürchte, die müssen wir erst.... benutzen, ehe sich die für Ideen wieder füllen kann.“ Ein wissendes, verruchtes Grinsen zierte Toshiyas Gesicht, während er die Augen langsam wieder öffnete. „Ich wüsste schon eine schöne Methode, um sie einzusetzen.“ Beide begannen etwas schief, aber anzüglich zu grinsen. Der Bassist wand sich aus dem Griff des Älteren, in dem er sich zu ihm umdrehte und über ihn kniete. „Hoffentlich verursachen wir keinen Kurzschluss. Ich habe nämlich dasselbe Problem.“ Kichernd fing er Kyos Mund ein. Fest krallten sich seine Finger in das Kissen, welches er hielt und in das er hinein biss. Stöhnen allein reichte nicht mehr, um auszudrücken wie viel Lust ihm sein Sänger bereitete. Schnelle, starke Stöße brachten ihn um den Verstand. Die Brust auf dem rauen Stoff des Sofas abgelegt, rieb er immer und immer wieder mit der erhitzten Haut darüber, spürte, wie es ihn weiter reizte. „Ich- Ich....“ Keinen geraden Satz bekam er mehr heraus. Kräftige Hände packten ihn an den Oberarmen, sorgten dafür, dass er sich mit durchgebogenem Rücken aufrichten musste. Alles wurde intensiver. Wo war oben? Wo unten? Wo endete sein Körper und fing der von Kyo an? Fragen, die nur für den Bruchteil einer Sekunde existierten. Fühlen war so viel wichtiger in diesem Augenblick. Die Augen weit aufgerissen und verdreht hing er in Kyos Griff. Sein Mund weit geöffnet, um überhaupt noch Luft zu bekommen, die aber mit jedem Stoß keuchend wieder hinaus gepresst wurde. Den Kopf weit in den Nacken gelegt. Kyo war grob, wild animalisch, dominant. Unersättlich. All das, was Toshiya gerade von ihm brauchte, von ihm verlangt hatte. „Halt dich nicht zurück“, hatte er ihm zu Beginn gesagt. Er hatte sich dran gehalten. Bei dem nächsten Stoß war alles vorbei. Sein Atem stockte, jeder Muskel war angespannt. während die Lust ihren Höhepunkt fand. Im nächsten Augenblick hing er bereits ermattet in dem festen Griff seines Partners. Nur am Rande nahm er wahr, dass sein Liebster sich noch weiter in ihn trieb. Sollte er seinen Körper -seinen gerade so kraftlosen, befriedigten Körper- ruhig noch nutzen, um selbst Erlösung zu finden. Stöhnend empfing er einen weiteren, kräftigen Stoß, der ihn sich noch einmal aufbäumen ließ, konnte spüren, wie sich Kyo in ihm entlud. Ein paar Mal bewegte jener seine Hüften fest, aber mit deutlich mehr Gefühl, gab ihm alles, was er ihm geben konnte, ehe er langsam seinen Griff lockerte und Toshiya auf das Sofa sinken ließ. Schwer keuchend lag er nun da. Nicht ein bisschen konnte er sich noch bewegen. Kurz wimmerte er noch, als sich der Ältere aus ihm zurück zog und er dieses besondere Gefühl der Verbundenheit verlor. Seine zitternden Beine gaben nach und rutschten nach hinten weg. In seinem ganzen Körper rauschte es. Sein Blut schoss mit Hochgeschwindigkeit durch seine Adern. Leichtes Zittern fuhr seine kraftlosen Glieder auf und ab, ließ seinen Orgasmus noch ausklingen. Nur wenige Sekunden später spürte er, wie sich der heiße Körper des Anderen halb auf seinem nieder ließ und sich an ihn schmiegte. Er hörte dessen schweren Atem. Noch ein leises: „Ich liebe dich.“ Dann fielen ihm vor Erschöpfung auch schon die Augen zu. Selbst noch reichlich müde, stand Kyo gähnend in der Küche und kümmerte sich um ein Frühstück für sich und seinen noch schlafenden Schatz. Jenen sollte er vielleicht mal wecken. Nun, eher versuchen zu wecken. Der Jüngere hatte sich im Schlaf nicht einen Millimeter mehr bewegt seit gestern Abend. Wunderte ihn aber auch nicht, zeigte sein eigener Körper doch durch leichten Muskelkater an den verschiedensten Stellen, dass er es doch etwas zu wild hatte werden lassen. „Hoffentlich bekomme ich ihn überhaupt von der Couch gelöst“, überlegte er. Mit seiner letzten Kraft hatte er es gerade noch geschafft sich das Kondom abzustreifen, ehe er ganz eingeschlafen war. Toshiya hingegen... Kyo schaltete die Herdplatte für die Suppe etwas herunter, damit sie ihm nicht anbrannte, ehe er mit einer Plastikschüssel ins Badezimmer ging und diese mit warmen Wasser und etwas Duschgel befüllte. Dazu noch einen Waschlappen und ein Handtuch aus dem Schrank geholt, machte er sich auf ins Wohnzimmer, wo seine schlafende Schönheit noch immer im Land der Träume verweilte. Alles mitgebrachte stellte er erst einmal auf den Wohnzimmertisch. Leise kniete er sich neben das Sofa, strich sacht durch die dunklen Strähnen. „Ich bin so froh, dass ich dich habe“, flüsterte er, küsste den Jüngeren auf die Schläfe. Noch einen Augenblick betrachtete er ihn, dann machte er sich seufzend daran, die Sofadecke, die er heute Nacht noch über sie gelegt und dem Anderen heute Morgen dann ganz überlassen hatte, zurück zu schlagen. Mit seinen Fingerspitzen strich er über den entblößten Rücken, hinab zu der knackigen Wölbung darunter. So ein paar Spuren hatte er dann doch auf ihm hinterlassen. Nichts, was nicht in ein paar Tagen wieder verschwunden wäre und zum Glück auch gut zu verstecken war. Bevor er über diesen schönen Körper noch weiter ins Schwärmen geraten konnte, machte er sich an seine eigentliche Aufgabe. Toshiya wurde von ihm leicht angehoben, behielt dabei immer die Stelle zwischen dessen Vorderseite und dem Sofa im Auge. Aha, da war schon der erste Punkt, an dem der Jüngere 'festklebte'. Der Sänger stützte den anderen Körper mit seiner Schulter. Als nächstes griff er nach dem Waschlappen, den er in das Wasser tauchte und wieder auswrang. Den Stoff hielt er an die entsprechende Stelle, ließ alles ein wenig einweichen, ehe er begann etwas zu reiben und seinen Schatz so löste. Ein paar Minuten vergingen, in denen er so weiter machte und seinen Liebsten endgültig auf den Rücken drehen konnte. Wunderte ich schon ein wenig, dass jener nicht wach geworden war davon. Der Lappen landete in der Schüssel, wo er ihn einmal ordentlich durch spülte, um ihn dann einmal über Toshiyas Brust und Bauch gleiten zu lassen. Das schien endlich eine Reaktion beim dem Größeren hervorzurufen, verzog selbiger doch das Gesicht ein wenig und gab ein Murren von sich. „Guten Morgen“, säuselte Kyo, woraufhin eine Augenbraue skeptisch angehoben und das dazugehörige Auge halb geöffnet wurde. „Wer bist du und was hast du mit meinem Freund gemacht?“ „Gar nichts“, grinste Kyo und reckte sich, um die Lippen des Anderen einzufangen. „Gut geschlafen?“ „Wie ein Stein.“ Ja, das war offensichtlich gewesen. „Meinst du, du schaffst es aufzustehen? Ich bin dabei uns ein Frühstück zu machen.“ „Bist du?“ Schwerfällig und langsam hob Toshiya einen Arm, rieb sich über die Augen, während er herzhaft gähnte. „Gib mir noch ein paar Minuten. Ich muss erst meinen Körper überreden auf mich zu hören.“ Ein wenig Schuld legte sich auf Kyos Gesichtszüge, während er den Lappen wieder in die Schüssel legte, um dann nach dem Handtuch zu greifen. „Hast du starke Schmerzen?“ „Eh?“ Der Schwarzhaarige sah dem Älteren dabei zu, wie er begann ihm sanft mit dem Stoff über Brust und Bauch zu streichen. „Nein, Schmerzen hab ich nicht. Im Gegenteil. Ich fühle mich komplett taub“, lachte er, ehe er seinen Blick sanft werden ließ. „Kyo, es ist eine gute Art von Gefühl. Es war gut, wie es war. So wollte ich es. In ein paar Minuten wird mein Körper auch wieder merken, dass er ja noch da ist und in einem Stück. Kennst du doch. Ist schließlich nicht das erste Mal.“ „Stimmt.“ Erleichtert war er dennoch. Für einen kleinen Moment hatte er wirklich befürchtet zu unvorsichtig gewesen zu sein. „Ich bin dann mal wieder in der Küche. Bevor mir doch noch was anbrennt.“ „Alles klar.“ Kapitel 31: Die Wände hoch gehen -------------------------------- Shinya wollte die Wände hoch gehen. Über die Decke krabbeln und auf der anderen Seite wieder runter kommen. Aber das ging ja nicht. Denn dafür müsste er sich bewegen können. Und könnte er es, dann würde er die Wände in Ruhe lassen. Stattdessen würde er seine Sachen packen und gehen. Nach Hause. Wo auch immer das mittlerweile lag. Hauptsache zu Kyo und Toshiya, bei denen er sich so wohl fühlte. Und er könnte an sein Schlagzeug. Seit Ewigkeiten hatte er da nicht mehr dran gesessen. Das fehlte ihm ebenso sehr, wie die verlorenen Erinnerungen. Eifrig mühte er sich ab, seinen Körper so weit zu bewegen, wie er konnte. Heute Morgen, beim Aufwachen hatte er beschlossen, ihn nicht länger zu einem Gefängnis zu machen. Zu dumm, dass er jetzt schon so frustriert war, weil es nicht schneller ging. Wenn er nur erst einmal wieder anfangen könnte zu Spielen. Dann würde er die vielen Lieder der vergangenen Jahre lernen. Sie könnten neue Songs kreieren. Er würde sich wieder freier fühlen. Finger strecken. Faust ballen. Finger strecken. Faust ballen. Ob diese Methode mit den Elektroschocks wirklich etwas bringen könnte? Es klang schon etwas verlockend. Muskelaufbau, ohne viel dafür tun zu müssen. Nur, bis er sich mehr bewegen könnte. Bis er aufstehen und erste Schritte machen könnte. Und wenn das dann nur mit Hilfe von Krücken möglich wäre. Aber das wäre immer noch besser, als wie eine Puppe ständig von Anderen bewegt werden zu müssen. Faust ballen. Arm heben. Finger strecken. Arm fallen lassen. Die wenige Kraft in seinem Körper schien ihn schon fast wieder verlassen zu haben. Kein Wunder, die erste Anwendung für heute hatte er ja auch schon hinter sich. Frühstück hatte es davor auch schon gegeben. Wo blieben eigentlich seine beiden Liebsten? Sie wussten zwar von seinem Terminplan, aber die hätten ja dennoch schon hier sein und ihn erwarten können. Es mochte egoistisch sein, dies von ihnen zu Verlangen. Wo sie doch bisher auch in jeder Minute, in der sie konnten, bei ihm waren. Aber wenn man sich liebte, dann.... Er wollte doch vor allem nicht allein sein. Allein mit sich und seinem unnützen Körper. Könnte er ein Handy bedienen, würde er mit ihnen oder irgendwem schreiben, um die Zeit rum zu kriegen. Doch selbst das war ihm ja nicht vergönnt. Dummer Teufelskreis. Shinya wollte die Wände hoch gehen. „Was meinst du? Wird er sehr böse auf uns sein, dass wir erst jetzt kommen?“ Mit einem schlechten Gewissen sah er Kyo an, der sich auf den Straßenverkehr konzentrierte. „Ein bisschen“, seufzte der Ältere und hielt an der roten Ampel. „Aber hier hat uns unser Alltag auch ein Stück weit wieder. Da wird es in Zukunft vielleicht öfter vorkommen. Ein bisschen wird er sich da jetzt schon dran gewöhnen müssen.“ Er sah nach links und griff nach der Hand seines Liebsten. „Wir sind gleich bei ihm und bleiben auch eine Weile. Ich denke, es wäre schlimmer, wenn wir gar nicht zu ihm kommen würden.“ Toshiya nickte. Dass er wieder eingeschlafen war, ärgerte ihn dennoch. Plötzlich ertönte sein Handy. Fragend sahen sich die beiden Männer kurz an, als Kyo sich auch schon wieder auf den Verkehr konzentrieren musste, nachdem die Ampel auf blau umgeschaltet hatte. „Unser Leader-sama“, las der Jüngere vom Display ab und meldete sich. „Hey. Sag mal, wo steckt ihr denn?“, wurde auch gleich gefragt. „Uhm... Kyo und ich sind auf dem Weg ins Krankenhaus. Zu Shinya.“ „Ah, dann ist ja gut.“ Grinsend sah Kaoru zu dem Jüngeren. „Ihr werdet nämlich schon schmerzlich vermisst.“ Jetzt wurde der Patient ein wenig verlegen. So hätte er es vielleicht nicht ausgedrückt. „Ach, sag bloß, du bist schon bei ihm?“ „Ganz recht, das bin ich. Auch erst seit ein paar Minuten, aber wir haben uns beide schon gewundert, wo ihr bleibt.“ Was voll und ganz der Wahrheit entsprach, immerhin verbrachten die beiden Freunde doch momentan mehr Zeit im Krankenhaus, als daheim. „Wir sind wirklich gleich da. Es geht jeden Augenblick ins Parkhaus.“ „Alles klar. Dann bis gleich.“ „Bis gleich.“ Zufrieden legte Kaoru auf und steckte das Handy wieder in die Hosentasche. „Du hast es gehört: Sie sind fast hier. Hoffentlich mit einer guten Entschuldigung, sonst kriegen sie es mit mir zu tun.“ „Nicht nur mit dir“, nuschelte Shinya, sah aber wieder hoffnungsvoll zur Tür. „So schnell sind sie jetzt auch wieder nicht.“ Amüsiert schüttelte Kaoru seinen Kopf. „Ich habe mich gestern Abend übrigens mit dieser Therapie auseinander gesetzt. Ein bisschen recherchiert und so weiter.“ Fragend sah der Liegende ihn an. „Welche Therapie?“ „Die, von der du mir gestern erzählt hast. Wo sie mit Elektroschocks deine Muskulatur anregen wollen.“ „Ah, die.“ Vorhin noch hatte er unbedingt etwas darüber erfahren wollen, jetzt aber konnte er seine Aufmerksamkeit nicht von der Tür weg kriegen. Als ob er dadurch die Ankunft seiner beiden Partner beschleunigen könnte. Abschätzend betrachtete Kaoru den jüngeren Freund. „Man kriegt davon grüne Haare und große, blaue Flecken auf dem ganzen Körper.“ Keine Reaktion? Gut, dann setzte er noch eines oben drauf. „Und Schwimmhäute zwischen den Fingern.“ „Wirklich? Klingt doch gut“, murmelte Shinya. Schallend fing Kaoru das Lachen an. Ihm wurde wirklich nicht zu gehört. Auf den fragenden Blick des Anderen meinte er dann nur: „Ich erzähle es dir, wenn Kyo und Toshiya hier sind. Ich glaube, dann bekommst du wieder mehr mit.“ „Demo...“ Verlegen sah er auf seine Decke. „Ist es wirklich so schlimm?“ Der Ältere zuckte mit den Schultern. „Schon okay. Ich weiß ja, dass sie dir wichtig sind.“ „Uhm, war das sonst auch so? Ich meine, vor meinem Unfall?“ Überlegend wanderte Kaorus Blick durch den Raum. „Nein... Nein, war es nicht. Klar hab ich gemerkt, dass ihr euch wohler fühlt, wenn mindestens einer von den anderen bei euch war. Dennoch habt ihr immer mitbekommen, was um euch herum war.“ Der Ältere überlegte noch einmal. „Das heißt....“ „Ja?“ „Manchmal hattet ihr schon eure fünf Minuten, wo die Welt hätte untergehen, Atlantis aus den Fluten auftauchen und ein Heilmittel gegen jede Krankheit hätte gefunden werden können. Es wäre alles an euch vorbei gegangen. Meist, wenn ihr aus irgendwelchen Gründen für eine Weile getrennt wart.“ Sanft lächelte er Shinya an. „Und jetzt sind sie einfach die wichtigsten Verbindungen zu deinem Leben in den letzten fünf Jahren. Von deinen Gefühlen ist auch noch jede Menge da. Ich verstehe schon, warum du so auf sie wartest.“ Und wieder einmal war er ein bisschen neidisch auf die Drei. Selbst jetzt, wo Shinya mit seinem Gedächtnis Probleme hatte, war die Verbindung zwischen ihnen noch immer so stark, dass sie kaum ohne einander oder die Aussicht auf baldige Wiedervereinigung auskamen. Was Kaoru ihm erzählte, klang schon irgendwie plausibel. Wenn es ihm sonst auch so wie jetzt ging, war dieses Verhalten seinerseits recht normal. „Aber warum sind die beiden noch nicht da, wenn es ihnen doch so gehen soll, wie mir?“ So hatte er Kaorus Worte jedenfalls verstanden. „Sie werden einen guten Grund haben. Da bin ich mir sicher.“ Es vergingen wirklich nur noch ein paar Minuten, bis es an der Tür klopfte und die beiden vermissten Freunde nach einer kurzen Aufforderung eintraten. Sehnsüchtig wurden sie von dem Jüngsten im Raum angesehen, der zittrig eine Hand nach ihnen ausstreckte. „Da sind wir“, meinte Kyo sanft, ging auch gleich auf ihn zu, um die Hand zu ergreifen. Kaoru nickte er zur Begrüßung kurz zu, ehe er sich wieder auf seinen Liebsten konzentrierte. „Da sind wir“, bestätigte er nochmals und verwickelte den Anderen in einen Kuss. Toshiya begrüßte derweil erst einmal den Älteren. „Du siehst müde aus“, stellte jener fest. „Bin ich auch noch“, verlegen kratzte er sich an der Wange. „Das ist auch der Grund, weshalb wir heute etwas später hier sind. Ich hab verschlafen.“ „Oh?“ Überrascht wurde er von dem Gitarristen angesehen. „Nur du?“ „Nur ich“; grinste der Jüngere. „Kyo hatte mich zwar geweckt, aber trotz dem Geruch von Frühstück bin ich einfach wieder eingeschlafen.“ Seine Hand wurde von Kyo ergriffen. Verwundert sah er zu dem Kleineren, der ihn fürsorglich ansah. „Das muss dir nicht peinlich sein. Du warst einfach noch erschöpft. Heute Abend lassen wir es ruhiger angehen, damit du dich erholen kannst.“ „Ruhiger? Echt? Dabei hatte ich auf eine Fortsetzung von gestern gehofft.“ Lasziv grinsend näherte sich der Bassist seinem Sänger, welcher seinen Blick herausfordernd erwiderte. „Unter... bestimmten Umständen“, kam es grüblerisch von dem Blonden. „Würde ich es mir dahin gehend überlegen.“ „Wovon sprecht ihr?“, warf Shinya an. Er verstand mal wieder kein Wort. Kaoru dafür umso mehr, weswegen er einen Arm vor der Brust verschränkte und sein Gesicht hinter der Hand am anderen versteckte. Die Beiden wussten ganz genau, dass er solche Einblicke nicht haben wollte. Unweigerlich kamen ihm Bilder in den Kopf und die waren so schlimm, wie wenn man daran dachte, dass die eigenen Eltern- „Wir hatten gestern Sex“, klärte Kyo den Liegenden auf, ignorierte einfach Kaoru, der zu überlegen schien, wie fest er seinen Kopf mit der Wand kollidieren lassen musste, um ihn wieder frei zu bekommen. Seinen Partner wollte er nur nicht anlügen. Dass sie es ohne ihn getan hatten, war vielleicht etwas, was ihn ein wenig trübselig machen könnte, doch es gehörte nun einmal zu einer Beziehung. Und ein ganz kleines bisschen, weil es ihm eine diebische Freude machte, Kaoru zu ärgern. „Dabei haben wir es vielleicht ein bisschen zu doll getrieben“, ergänzte Toshiya mit einem Grinsen. Ihm machte dieses Spiel auch unheimlich Spaß. „Weißt du, Kyo kann-“ „Ja ja ja. Könnt ihr ihm in allen Details erzählen, wenn ich nicht dabei bin“, fuhr der Gitarrist dazwischen. Er war alles andere als prüde und normalerweise wusste er gerne über alles Bescheid. Nur eben nicht über diesen Bereich. „Spart euch euer Grinsen.“ „Ich grinse doch gar nicht.“ „Oh doch, tief in dir drin tust du es. Das sehe ich dir an.“ Aber auch nur, weil er den Kleineren schon so lange kannte. „Aber vielleicht habe ich ja jetzt mehr von Shinyas Aufmerksamkeit und kann ihm endlich erklären, was ich über diese Elektro-Therapie heraus gefunden habe.“ „Das interessiert mich jetzt aber auch.“ Abwartend sahen die drei Liebenden zu Kaoru, welcher auch gleich begann zu erzählen. Kapitel 32: Fragmente --------------------- Erschöpft ließ Shinya sich von Rollstuhl in sein Bett helfen. Sein Beintraining gerade hatte ihm ganz schön Kraft gekostet. „Kann ich noch etwas für Sie tun?“, erkundigte sich die Krankenschwester freundlich. „Im Moment nicht, danke.“ Sie nickte freundlich und verließ das Zimmer. Es gab ja schließlich noch den Klingelknopf für Notfälle. Müde ließ sich der Japaner in sein Kissen fallen, strich sich mit seinen Händen einmal über sein Gesicht. Mittlerweile klappte das schon wieder. Manches Mal waren die Bewegungen noch etwas zittrig, unkontrolliert und kraftlos, aber seine Arme und Hände waren bereits in der Lage einiges zu erledigen. Dafür hatte er in den letzten zwei Wochen auch eifrig geübt. Die Therapie mit den Elektroschocks war auch hilfreich gewesen. Und in keinster Weise schmerzhaft, wie er das schon befürchtet hatte. Jetzt mussten seine Beine nur noch fitter werden, um auf Krücken umsteigen zu können. Dann könnte er für ein paar Stunden auch mal in das zu Hause, welches er bisher nur von Fotos kannte. Wie spät war es eigentlich? Ein Blick zu dem Tisch neben seinem Bett und er fand sein Handy. War schon praktisch, dass er nur seinen Fingerabdruck brauchte, um es zu entsperren. Kein Passwort, welches er vergessen hatte. Und er konnte seine Freunde kontaktieren, wenn ihm langweilig war. War schon merkwürdig gewesen die ganzen Nachrichten zu lesen, von denen er sich nicht daran erinnern konnte sie geschrieben zu haben. Gleich erst elf Uhr. Und keine Nachricht von seinen beiden Freunden. Sie saßen heute mit den anderen Beiden im Proberaum und wollten etwas besprechen. Mehr wollten sie ihm erst erzählen, wenn sie hier waren. Gemeinheit. Bestimmt war es etwas, das Dir en Grey betraf und davon war er ja immer noch ein Mitglied. Mist, wieso bekam er denn jetzt auch noch Kopfschmerzen? Der Proberaum... Sein Handy... Kyo.. und Toshiya... „Ich liebe dich!“ Was war das? Etwa eine-? „Wo hab ich es nur?“ Suchend sehe ich mich um. Wenn es um das Verlegen von Handys geht, bin ich Weltmeister. Blieb nur noch der Raum mit dem Mischpult. Ich bezweifle zwar, dass es hier ist, weil ich nur ganz kurz hier war, aber alle anderen Möglichkeiten sind ausgeschöpft. Oh? Kaum bin ich eingetreten, kann ich durch die Scheibe Kyo und Toshiya sehen, wie sie im Proberaum stehen. Und reichlich ernst gucken. Was haben die? Am Besten frage ich sie mal. Kurz wandern mein Blick und meine Finger über die vielen Knöpfe, ehe ich den für die Gegensprechanlage finde. Ich öffne schon den Mund, um was zu sagen, als mir Toshiyas Stimme entgegen schallt. „Ich habe beobachtet, wie du Shinya ansiehst.“ Huh? Kyo tut was? Wenn man genau hinsieht, erkennt man, wie unser Sänger ertappt zusammen zuckt. Okay, ich bin neugierig. Einfach mal weiter zuhören. „Ich weiß nicht, was du gesehen hast, aber wenn das der Grund-“ „Du liebst ihn.“ Was? Geschockt sehe ich zwischen meinen beiden Freunden hin und her. Während mein Herz gerade nicht weiß, was es tun soll. Es fand unseren Sänger schon immer aufregend. Dieser starke, breite Rücken, die Selbstsicherheit und Kraft, die er auf der Bühne ausstrahlte. Und dabei gleichzeitig so offen und verletzlich war, dass ich schon manches Mal hinter meinem Drum-Set aufspringen und ihn in den Arm nehmen wollte. Kyo scheint gerade ebenso sprach- und fassungslos zu sein, wie ich. „Schon okay“, meint Toshiya dann leise. „Ich kann dich ja verstehen.“ Wie? „Er ist ein schöner Mann.“ Verlegen senkt unser Bassist seinen Blick. „Auch mir werden ab und an die Knie weich bei ihm.“ Mein Kopf ist gerade einfach nur leer. Das Träume ich hier doch, oder? Ja, wenn ich ehrlich sein soll, ging es mir in Toshiyas Nähe auch schon so. Aber das hier ist doch gerade zu absurd. „Aber nicht nur er schafft das.“ „Worauf willst du hinaus?“ Kyo ist skeptisch, sein Körper eindeutig zur Flucht bereit. Während meiner immer noch wie angwurzelt an Ort und Stelle verharrt. Aber die Antwort muss ich auch wissen. „Darauf.“ Mit wenigen Schritten ist er bei dem Sänger, packt ihn am Handgelenk und- Woah. Schwer muss ich schlucken, als mir ekelhafte Eifersucht hoch kommt. Er küsst ihn! ER KÜSST IHN! Und ich kann mich nicht entscheiden, auf wen ich neidischer bin. Langsam löst er sich wieder, schaut in die großen, geschockten Augen. „Das wollte ich schon so lange mal mit dir machen.“ Ich bin immer noch völlig baff. Kneift mich vielleicht endlich mal jemand? „Warum?“, haucht Kyo, während sein Blick verzweifelt nach Antworten sucht. „Ich liebe dich.“ Mein Hirn kommt nicht mehr mit. Was geht hier ab? „Du-?“ „Schon gut. Vergiss es. Ich weiß ja, dass du nur Augen für unseren Shinya hast. Und dass ich mir dementsprechend keine Hoffnungen machen brauche. Es frisst mich nur allmählich von innen auf. Ich musste es dir endlich sagen. Eigentlich schon vor der Tour, doch da hab ich mich nicht getraut. Ich wollte die Reise nicht unnötig kompliziert machen, in dem ich-“ Dieses Mal kann der Bassist nicht ausreden. Weil Kyo ihn am Kragen seiner Jacke packt und verlangend seine Lippen auf die von Toshiya drückt. Und wieder dieses beschissene Gefühl von Eifersucht. Dabei weiß ich nicht einmal, worauf genau. Aber ich weiß, dass ich mir das nicht länger mit ansehen und anhören kann. Geschockt stolpere ich rückwärts und schmeiße dabei einen Stuhl um. Sie müssen es durch die geöffneten Türen gehört haben, denn sofort lösen sie sich voneinander und starren entsetzt in meine Richtung. Was war das gerade? Schwer atmend saß der Schlagzeuger auf dem Bett, eine Hand an der Stirn, die Augen weit aufgerissen. Spielte ihm seine Fantasie einen komischen Streich? Oder war das am Ende vielleicht doch eine... eine Erinnerung? Aufgeregt entsperrte er sein Handy und begann Sekunden später mit zittrigen Fingern eine Nachricht an Toshiya zu tippen: 'Hast du Kyo damals in unserem Proberaum geküsst und ihm deine Liebe gestanden? Und ich habe das mitbekommen?' Er musste wissen, ob es wirklich so geschehen war. „Bitte, sag mir, dass es so war. Sag mir, dass ich mich erinnert habe.“ Ungeduldig starrte er das Ding in seiner Hand an. „Antworte mir.“ Er brauchte die Antwort jetzt. Sofort. Erschrocken zuckte er zusammen, als es piepte. Da war sie. Die Nachricht von Toshiya. 'Ja. Genau so ist es passiert.' Für einen kleinen Moment setzte sein Herz aus. Dann aber wollte er am Liebsten vor Freude durch das Zimmer springen. Es war eine Erinnerung gewesen. Eine richtige, echte Erinnerung. Sein Gedächtnis regenerierte sich also wieder. Heiße Tränen liefen ihm über die Wangen. 'Hast du dich daran erinnert?', kam es in der nächsten Nachricht. 'Ja. Gerade eben.' Bestimmt freuten sie sich ebenso sehr, wie er gerade. Hoffentlich ließ die nächste Sache nicht lange auf sich warten. Allerdings stellte sich ihm bereits schon die nächste Frage: Wie war es danach weiter gegangen? Kapitel 33: Unser Anfang ------------------------ „Wie ist es danach eigentlich weiter gegangen?“ Fragend sah der Jüngste zwischen seinen beiden Partnern hin und her. Vor ein paar Minuten waren sie endlich zu ihm gekommen, hatten sich mit ihm über die Rückkehr dieser Erinnerung gefreut. Jetzt aber beharrte er darauf zu erfahren, was danach passiert war. „Wo hörte deine Erinnerung auf?“, erkundigte sich Toshiya und überlegte selbst noch mal, wie das damals ablief. Nachdenkend kniff der Jüngste die Augen zusammen. „Ich... stolpere rückwärts und werfe einen Stuhl um. Und ihr schaut zu mir.“ „Ah, gut. Viel mehr hast du dann auch gar nicht mehr mitbekommen können, denn...“ Gefühlte Ewigkeiten starrten sich die drei Männer an, ehe Shinya die Flucht ergriff. „Shinya!“, riefen die anderen Beiden und stürmten auf den Ausgang zu, blieben aber nach nur zwei Schritten stehen. Es hatte keinen Zweck. So schnell würden sie ihn nicht einholen können. „Scheiße!“, brüllte Kyo auf und wandte sich ab, ging rüber zu seinem Mikrofon, an welchem er sich fest klammerte. Schlimm genug, dass sie gesehen worden waren, aber dann auch noch ausgerechnet von ihm. Ihm, der niemals etwas hätte erfahren dürfen. „Kyo?“, erklang es besorgt hinter ihm. „Lass mich.“ Das ging nicht. Nicht, wenn die Stimme des Sängers so einen traurigen Unterton hatte. Nicht, wenn der Mann, den er liebte, gerade so schrecklich aufgewühlt war. Sanft legte er seine Hände auf die bebenden Schultern. „Ich hab das nicht gewusst. Wirklich. Ich dachte, alle wären gegangen.“ Hatte er wirklich. Niemals wäre er auf die Idee gekommen, seinem Kyo so etwas anzutun. Und obwohl er froh war, dass seine Hände nicht abgeschüttelt wurden, wollte er ihn doch am Liebsten ganz in den Arm nehmen und trösten. „Warum... Warum hast du mich eigentlich gerade geküsst?“ So ganz leuchtete es ihm nämlich nicht ein. Es war schön. Dieses Gefühl von seinen Lippen auf den eigenen. Eine Wiederholung stand gerade ganz oben auf seinem Wunschzettel. Er wollte nur wissen, was den Älteren dazu bewegt hatte. „Bitte“, flehte er leise und lehnte seine Stirn an den Hinterkopf des Kleineren. „Sag es mir.“ Warum sprach er denn nicht mit ihm? Langsam drehte der kleinere Körper sich um. Traurige Augen, aus denen Tränen liefen, sahen ihn an. „Tooru“, hauchte Toshiya und schickte sich an, die feuchten Spuren auf den Wangen weg zu wischen. Stattdessen aber wurde seine Hand weggeschlagen und der Sänger eilte hinaus. Weinte noch immer stumm seine Tränen. „In dem Moment hab ich es wirklich bereut, dass ich ihm meine Liebe gebeichtet habe“, erzählte der Bassist und schaute wehmütig zu Kyo, welcher ihm sanft eine Hand auf die Wange legte. „Schon gut, mein Schatz.“ Nachdenklich und mitfühlend betrachtete der Patient seine beiden Liebsten. Das klang alles nach einem reichlich unglücklichen Start für ihre Beziehung. So gut es ging rutschte er näher an sie heran, legte seine Hände auf ihre. Jetzt hatten sie sich ja. „Was passierte dann?“ „Dann...“, seufzte Kyo. „Ich war Toshiya eine Antwort schuldig. Mehr als drei Wochen lang.“ „Drei Wochen, in denen wir drei kein Wort miteinander wechselten oder uns trauten anzuschauen.“ „Kaoru ist mehrfach explodiert, weil keiner ihm sagen wollte, was vorgefallen war. Wir es aber auch irgendwie nicht schafften uns zusammen zu reißen.“ „Oh. Hört sich nicht sehr angenehm an.“ Der Sänger schüttelte den Kopf, lachte ein wenig. „Das war es wirklich nicht.“ „Und nach diesen drei Wochen?“ „Bekam ich, während der Probe, eine SMS von Kyo.“ „Ich schulde dir eine Antwort. Nach der Probe. Du weißt schon wo“, zitierte der Sänger seine Nachricht von damals. „Daraufhin tauschten wir den ersten Blick seit langem aus und ich nickte ihm zu, als Zeichen, dass ich verstanden hatte.“ Da standen sie nun an dem gleichen Ort, wie vor drei Wochen. Kyo an seinem Mikrofonständer, Toshiya ein paar Schritte von ihm entfernt, wo er nervös darauf wartete, dass der Ältere den Anfang machte. Erwartungsvoll starrte er dessen Rücken an. „Ich hatte noch nie was mit einem Mann“, eröffnete Kyo das Gespräch. „Und ich habe noch nie etwas für einen übrig gehabt.“ Autsch. Das stach jetzt schon ins Herz. Aber Moment! Wie kam es dann, dass Kyo ihren Drummer so verliebt ansah? „Du hast gesagt, dass du mich beobachtet hast.“ Ein gehauchtes 'Ja' kam von dem Jüngeren. Irgendwie traute er seiner Stimme gerade nicht wirklich. „Hast bemerkt, wie ich... Und du hast ja recht. Ich liebe ihn.“ Fest klammerten sich die Finger des Sängers um das Metall vor sich. Vielleicht sollte er singen? Dabei fühlte er sich sicherer. „Aber-“ „Aber?“ Was für ein Aber? Unbewusst trat er einen Schritt näher. Was kam jetzt? „Weil du immer weg gesehen hast, wenn mein Blick zu dir ging, ist dir nie aufgefallen, wie oft ich dich...“ Langsam drehte Kyo sich um, presste die Lippen aufeinander. Einerseits wollten die Worte nur so aus ihm heraus sprudeln. Andererseits wusste er nicht, wie. „Ich bin ein schrecklicher Mensch!“ „Was redest du denn da?“ Ein wenig geschockt überwand der Bassist den letzten Abstand zwischen ihnen, nahm das Gesicht des Mannes, den er liebte, in seine Hände. „Du bist kein schrecklicher Mensch. Glaub mir. In meinen Augen bist du eines der vollkommensten Wesen, die ich kenne. Würde ich dich sonst lieben?“ Wieder füllten sich diese schönen, braunen Augen mit Tränen. Nur Sekunden später jedoch wurde er an den Kleineren heran gezogen und er kam erneut in den Genuss dieser wundervollen Lippen. Nur... So wunderbar dieses Gefühl war. So viele Schmetterlinge, wie es auch frei setzte. Es verwirrte ihn nur noch mehr. Schweren Herzens brachte er etwas Abstand zwischen sich und den Älteren. „Kyo. Bitte. Sag mir, warum du mich küsst.“ Fest umklammerte er die kräftigen Oberarme des Anderen, sah ihn eindringlich an. Ohne seine Antwort würde er ihn nicht gehen lassen. „Warum behauptest du, dass du ein schlechter Mensch bist?“ „Weil“, zögerlich erwiderte er den Blick, „ich zwei Menschen liebe.“ „Wie?“ „Shinya ist nicht der einzige, den ich immer wieder beobachtet habe. Ständig sind mein Blick und vor allem mein Herz zwischen euch hin und her gerissen. Und ich musste mir schon vor einer ganzen Weile eingestehen, dass ich euch beide in meinem Leben brauche. Weil ich euch beide liebe.“ Halbherzig versuchte er sich aus dem Griff des Größeren zu befreien, dem er nicht mehr in die Augen schauen konnte. „Darum bin ich ein schlechter Mensch. Weil mein Herz sich nicht für einen entscheiden kann.“ „Du... liebst mich also auch?“ Der andere Körper verharrte. Stumm und mit gesenktem Kopf, nickte Kyo. Nicht für lange, verwickelte ihn der Jüngere doch in einen neuen, sehr stürmischen Kuss. Dessen Arme schlangen sich um ihn und pressten ihn an den größeren Japaner. Für eine Sekunde wehrte er sich noch, dann gab er nach. So sehr hatte er sich schon seit einer ganzen Weile nach Liebe gesehnt. Jetzt wurde sie ihm gegeben. Und wenn gerade auch nur sein halbes Herz vor Glück schrie, so war es doch mehr, als er sich je hätte träumen können. Ein Räuspern riss sie auseinander. „Oh verdammt!“, entfuhr es Shinya keuchend. „Jetzt seid ihr wieder erwischt worden.“ Ängstlich sah er von einem zum Anderen. „Wer war es?“ Kurz sahen sich die beiden Älteren an, schmunzelten, ehe sie sich wieder ihm zu wandten. Synchron sagten sie: „Du.“ Verlegen und reichlich rot auf den Wangen trat Shinya näher an die beiden Freunde heran. „Entschuldigt. Ich weiß, es gehört sich nicht zu lauschen, aber... Ich hab vorhin gesehen, wie ihr euch angesehen und irgendwas ausgemacht habt. Da... Da war ich neugierig. Vor allem, weil ihr beim letzten Mal...“ Seufzend fuhr er sich mit einer Hand über sein Gesicht. Er war kein Wortakrobat. Gerade jetzt nicht, wo sich so vieles in ihm überschlug. Immer wieder öffnete er den Mund, wollte etwas zu den beiden Männern sagen, bei denen er nun stand. Nur waren Silben und ganze Wörter gerade irgendwie ausverkauft. Tief sah er in Kyos Augen, die so ein tiefgründiges Braun hatten und so viel ausdrücken konnten. Er wandte den Kopf, wiederholte das Spiel bei Toshiya. „Vor ein paar Wochen“, endlich fand er seine Sprache wieder, „hattest du zu Kyo gesagt, dass du ihn verstehen kannst. Dass auch dir bei meinem Anblick die Knie weich werden.“ Verlegen brach der Bassist den Blickkontakt ab. „Was heißt das? Warum werden sie weich?“ „Ist es denn nicht offensichtlich?“ Zuerst richtete Toshiya seine Aufmerksamkeit auf den Kleinsten in der Runde. „Weil ich ein genauso schlechter Mensch bin, wie du.“ Ein langsamer Wimpernschlag und sein Blick ruhte auf Shinya. „Weil auch ich mein Herz auf zwei Menschen aufteile.“ Das in der Brust des Jüngsten explodierte gleich vor lauter Gefühlen. Es flatterte, sprang, jauchzte. Und war frei von der geifernden Eifersucht, die er während des Gespräches damals und dem Wortwechsel eben gespürt hatte. „Darum“, setzte Toshiya an, „bist du auch nur eines der vollkommensten Wesen. Das andere ist“, sanft Lächelnd sah er den hochroten Shinya an, „er.“ „I-Ich? Aber...“, stammelte er verlegen, kam allerdings nicht mehr dazu doch noch einen ganzen Satz zu sprechen, denn sein Mund wurde auf die wundervollste Art und Weise versiegelt, die die Menschen kannten. Gebannt starrte er den Anderen an, als sie sich wieder voneinander lösten. Sein Gesicht fühlte sich so unfassbar heiß an. „Du kannst ihn doch nicht einfach so küssen“, murrte Kyo, der eigentlich nur neidisch darauf war, dass er noch keine Chance dazu hatte. „Habe ich bei dir doch auch“, entgegnete er frech grinsend. Besorgt gingen ihre Blicke zu dem Jüngsten, der wirr vor sich hin stammelte. „Kann es denn sein? Kann es wirklich so einfach sein?“ Sacht berührte Kyo ihn am Arm, woraufhin der Schlagzeuger zusammen zuckte. „Alles in Ordnung?“ „K-Könntet ihr beide euch vielleicht noch einmal... küssen?“, fragte er schüchtern und schluckte. Hoffentlich würde es ihm dabei helfen eine Antwort auf die Fragen in seinem Kopf zu finden. Kurz sahen die Zwei ihn fragend an, wandten sich dann schüchtern und etwas verlegen einander zu. Auf Kommando war so eine Aktion immer etwas peinlich. Zaghaft näherten sie sich einander. Ihre Lider schlossen sich mit jedem Millimeter mehr, bis sich ihre Lippen endlich berührten. Gebannt sah der Jüngste ihnen zu. Er war wieder ein wenig neidisch. Seine eigenen Lippen kribbelten, wollten ebenfalls Zuwendung. Und sein Herz schrie jauchzend auf vor Glück. Eine ganze Weile hatte er schon viel Zeit mit nachdenken verbracht. Hatte gerade in den letzten Wochen kaum ein Auge zu bekommen in der Nacht. Weil er nach einer Lösung für sein Problem gesucht hatte. Auch, wenn die beiden Anderen es offensichtlich nicht bemerkt hatten, so war auch er seit einigen Monaten immer wieder damit beschäftigt gewesen sie auf eine Art und Weise zu beobachten, die alles andere als freundschaftlich war. Ihn hatten die gleichen Fragen gequält, wie seine beiden Freunde. Er wollte sich entscheiden. Wirklich. Für einen von ihnen. Tränen der Freude begannen über seine Wangen zu laufen. Er musste sich gar nicht entscheiden. Das Schicksal hatte es ihm durch eine glückliche Fügung abgenommen. „Was hast du?“, besorgt sah Kyo ihn an und man konnte beinahe den Schmerz fühlen, der in diesem Blick mit schwang. Die Antwort des Drummers bestand jedoch nicht aus Worten. Stattdessen beugte er sich vor und küsste erst den Sänger und dann den Bassisten. Schließlich hauchte er lächelnd: „Ich bin auch ein schlechter Mensch.“ Kapitel 34: Und am Ende war es dunkel ------------------------------------- „So hat es also mit uns begonnen“, flüsterte Shinya nachdenklich. Den Blick gesenkt, nahm er sich die Zeit, um alles erst einmal zu verarbeiten, zu begreifen. „Ja, so hat es angefangen.“ Seufzend legte sich Kyo quer über das Bett, um seinen Kopf auf dem Oberschenkel des Bassisten ablegen zu können, welchem er zärtlich über die Wange strich. Ihm und seinem Mut hatten sie es zu verdanken, dass sie alle am Ende von ihren Gefühlen füreinander wussten. „Wie ging es weiter?“ fragend sah der Jüngste seine Liebsten an. „Was... haben Daisuke und Kaoru dazu gesagt, dass wir...?“ Toshiya begann zu Lachen. „Gar nichts. Erstmal zumindest. Die waren so baff von dieser Nachricht, dass es denen die Sprache verschlagen hat.“ Kyo schmunzelte, während er sich daran erinnerte. Sie hatten so schön blöd aus der Wäsche geguckt. „Wir haben es ihnen aber auch erst etwa einen Monat später erzählt.“ Seine Augen gingen zu Shinya, während seine Hand sich in den schwarzen Haaransatz des Anderen verirrte und begann ihn im Nacken zu kraulen. „Diese Zeit nahmen wir uns, um selbst erst einmal mit allem zurecht zu kommen. Um uns auf diese Weise aneinander zu gewöhnen und wirklich zu erkennen, dass wir nicht träumten, sondern wirklich dieses unglaubliche Glück gefunden hatten.“ „Ich kann es kaum erwarten nach Hause zu kommen und es erneut kennen zu lernen.“ Wenngleich er nicht viel wusste, aber das Herzklopfen und das Verlangen nach Nähe war eindeutig Liebe. „Ich mag vergessen haben, doch ich fühle mich immer noch zu euch hingezogen.“ Kurz erwiderte er den Blick, ehe ein leichter Schmerz dafür sorgte, dass er das Gesicht ein wenig verzog und er sich nach hinten in seine Kissen fallen ließ. „Doofer Rücken.“ „Der wird auch wieder“, versuchte Kyo zu beruhigen. Mit dem Kraulen musste er leider aufhören, weil der Arm so schwer wurde. Was Toshiya zwar ein wenig schmollen ließ, aber nach einem Luftkuss war auch das schon wieder vergessen. „Ich hoffe doch. Ich will nämlich auch so bald wie möglich an mein Schlagzeug und all die Songs lernen, die wir in den letzten Jahren gemacht haben.“ Seine Stimme klang fest und entschlossen. Sein Blick zeugte von Willenskraft und Tatendrang. Um nur Sekunden später wieder ein wenig nachdenklich und betrübt zu werden. „Was- was habt ihr denn bei dem Treffen mit den anderen Beiden besprochen?“ Seufzend setzte der Sänger sich auf. „Dies und das.“ „Der ein oder andere Termin in irgendeiner Show steht an. Wir haben abgeklärt, wer hin gehen und was erzählt werden soll.“ „Und weiter?“ Shinya spürte, dass da noch was größeres war. „Weiter“, setzte der Älteste an, suchte nach weiteren Worten, „haben wir beschlossen uns nach anderen Aktivitäten umzusehen. Es gibt zwar noch Einnahmen und alles, aber derzeit eben nicht wirklich viel. Weswegen es schlau wäre sich nach weiteren Einnahmequellen umzusehen. Und das nicht unbedingt als Band.“ „Natürlich nur, bis du wieder fit bist“, ergänzte Toshiya auch gleich und erhob sich, allerdings nur, um sich gleich darauf neben den jüngeren Freund zu setzen und ihn in den Arm zu nehmen. „Bei den Fortschritten, die du im Moment machst, sollte es nicht mehr lange dauern. Es wird ja auch nur vorübergehend sein.“ Dennoch war der Jüngste nun ein wenig niedergeschlagen. Natürlich war es nicht seine Schuld. Das Erdbeben und sein Unfall waren einfach eine unglückliche Kombination von Katastrophen gewesen, gegen die niemand und er selbst schon gar nichts hätten ausrichten können. Das wusste sein Kopf. Sein Musikerherz hatte dennoch ein schlechtes Gewissen. „Habt-“ Das Sprechen fiel ihm schwer mit dem Kloß im Hals. „Habt ihr schon Ideen?“ „Eto, ich bis jetzt noch nicht“, gestand der Mann, der ihn hielt, weswegen sein Blick fragend zu dem Sänger weiter ging. „Ich denke, ich werde ein paar der Texte, die ich neulich geschrieben habe und die sich nicht für Dir en Grey eignen, zusammen fassen und als einen neuen Gedichtband herausbringen. Wobei ich auch ein paar habe, zu denen ich gerne Musik hätte.“ Schulter zuckend seufzte er. „Aber dafür muss ich sie noch mal durchgehen. Ansonsten habe ich noch immer ein paar Ansätze für Ideen von damals, wo die Sache mit meiner Stimme war.“ „Deine Stimme?“ Neugierig und hektisch sah Shinya von einem zum Anderen. „Ach ja. Das haben wir dir bisher auch noch nicht erzählt.“ Toshiya rieb sich die Stirn. Sie redeten nicht gerne darüber, aber wenn sie es schon mal angeschnitten hatten, konnten sie es auch ganz ausführen. „Das war so:“ Wieder so viele Informationen, die er verarbeiten musste. So konnte er sich gar nicht mehr wirklich darüber freuen, dass eine Erinnerung von allein wieder zurück gekehrt war. Natürlich mussten seine Freunde sich nach neuen Möglichkeiten umsehen Geld zu verdienen. Es war nun einmal trauriges Schicksal eines jeden Musikers, dass er präsent sein und auch abliefern musste. Sofern er denn von dieser Arbeit allein leben wollte. Für Kyo und Toshiya kam dann auch noch die Doppelbelastung mit seinem langen, kostspieligen Krankenhausaufenthalt hinzu. Rund drei Monate lebte er immerhin schon in welchen. Seufzend zog er die Knie unters Kinn, schlang seine Arme um die Beine. Wenn er doch nur mehr beitragen könnte als nur 'wieder gesund werden'. Derzeit war er einfach nur ein unnützer Krüppel. Wieder wanderten seine Gedanken zu den beiden Männern, die ihn liebten. Welchen er nach seiner Amnesie erneut sein Herz geschenkt hatte. Sie taten so viel, waren ständig hier an seiner Seite und taten, was sie konnten. Leider war da ein kleines Stimmchen in seinem Inneren, dass der Meinung war, dass sie sich ihm gegenüber ein wenig verstellten. Sich anders verhielten, als wenn er seine Erinnerungen noch besitzen würde. Eine dumme Stimme. Allerdings auch hartnäckig. Wie aber könnten sie sich sonst verhalten? Bereits jetzt, küssten sie sich immer wieder, suchten den Kontakt zueinander. Und durch das, was die Beiden ihm in den letzten Wochen so erzählten, wüsste er nicht, dass es anders sein müsste. Dumme Zweifel. Sie konnte er so gar nicht gebrauchen. Seufzend löste Shinya nach einigen weiteren Minuten die Umarmung. Er musste ins Badezimmer. Er schwang die Beine aus dem Bett und angelte nach seinem Rollstuhl. Für Krücken waren seine Arme leider noch nicht kräftig genug. Leider musste er feststellen, dass vorhin die Bremsen nicht angezogen worden waren, denn sein Gefährt rollte ein Stück von ihm weg. „Kuso!“, fluchte er leise. Das hatte ihm jetzt echt noch gefehlt. Er musste doch ins Badezimmer. Und wenn er vorsichtig...? Üben sollte er schließlich. Langsam rutschte er vom Bett herunter, bis seine Füße den Boden berührten. Bereits jetzt merkte er, wie seine Muskeln zitterten, ob der Anstrengung. Dabei mussten sie noch längst nicht sein ganzes Gewicht tragen. „Reißt euch zusammen!“, zischte er und sah böse auf seine Beine. Stückchen für Stückchen richtete er sich weiter auf, eine Hand an dem Beistelltisch, bis er schließlich stand. Zittrig zwar, aber er stand. Seine ganze Kraft kostete es auch. Shinya konnte nicht anders, als ein wenig zu Lächeln, sich zu freuen, dass es soweit bereits klappte. Jedoch wurde er nun auch übermütig. Seinen linken Fuß schob er vor. Um ihn anzuheben fehlte schlichtweg der sichere Stand. Er wollte versuchen, ob er nicht bis zum Badezimmer gehen konnte. Seine Freude wurde größer. Das hatte auch geklappt. Wenn er allerdings weiter wollte, musste er seinen Griff an dem Tisch lösen. Tat er es? Bis zum Rollstuhl war es ja nicht weit. Nur ein Schritt entfernte sie voneinander. „Du schaffst das. Trau dich“, sprach er sich Mut zu. Der schlanke Japaner verlagerte sein Gewicht auf das vordere Bein, während er das andere hinterher zog. Noch während er den rechten Fuß an dem anderen vorbei schob, ließ er von seinem Halt ab, reichte die Länge seines Armes doch nicht mehr. Für den kurzen Moment würde es auch ohne gehen. Es blieb bei einem kurzen Moment. Im nächsten gaben seine Beine auf. Ihnen fehlte einfach noch die nötige Kraft, um sein weniges Gewicht halten zu können. Und sein Gleichgewicht war auch noch wackelig dabei. Mit einem überraschten Aufschrei fiel der Musiker auf den Boden, konnte sich nur dürftig abfangen. Reglos blieb er für einige Sekunden liegen. Ein wenig geschockt von dem, was gerade geschehen war. Dann sammelten sich die ersten Tränen in seinen Augen. Zu unfähig, um zu stehen. Das war er. Dieser dumme, nichtsnutzige Körper. „Shinya!“ Ruckartig sah er hoch. Da hatte doch jemand geschrien. Nein, nicht jemand. Kyo. Es war seine entsetzte, panisch klingende Stimme. Und als würde sich eine Schleuse öffnen, strömte eine Flut an Bildern auf ihn ein. Er sah die volle Halle, hörte die Musik, den Jubel und spürte, wie die Erde zu beben anfing. Noch einmal fühlte er den Schmerz, als er zu seinen Freunden gehen wollte, sein Fuß aber entschied, dass er das nicht durfte. Kyos und Toshiyas ängstliche Gesichter und wie sie ihn holen wollten. Als nächstes sah er nur noch, wie dieses Monstrum von oben auf ihn zugerast kam. Danach alles schwarz, als Shinya, überwältigt von der traumatischen Erinnerung, sein Bewusstsein verlor. Kapitel 35: Der nächste Schritt ------------------------------- Mit noch einem leicht verschlafenen Kyo im Schlepptau stand Toshiya vor der Tür zu Shinyas Krankenzimmer und klopfte. Gehörte sich trotz allem ja so. Aber es kam keine Antwort. Verwundert sahen die beiden Männer sich kurz an. Hatte sich etwas im Terminplan geändert und ihr Liebster war gerade gar nicht da? Ein weiteres Mal klopfte er an, dieses Mal etwas stärker. Immer noch nichts. „Ob er noch schläft?“ „Unwahrscheinlich“, entgegnete der Kleinere. „Die machen ihre Patienten zum Frühstück schon wach.“ Überlegend musterte der Größere die Tür von oben bis unten, aber sie schwieg zu dem Thema. Schließlich beschloss er einfach so hinein zu gehen. Wenn Shinya nicht da war, dann war es ja egal. Sollte er noch schlafen, konnten sie ihn wach machen. „Oh? Sieh nur.“ Toshiya trat zur Seite, um Kyo einen freien Blick auf ihren Liebsten zu geben, welcher schlafend im Bett lag. Warum war er allerdings wieder am Tropf? Und was sollten die Geräte hier? Verwirrt und mit tausend Fragen im Gesicht näherten sie sich dem Bett. Toshiya starrte den Herzmonitor an, Kyo dagegen den liegenden Mann. „Was ist passiert?“, sacht strich er ihm über die Wange und das Haar. „Warum hat man uns nicht benachrichtigt?“ Zwei Arme legten sich für einen Moment um ihn. „Bleib du hier. Ich gehe eine Schwester suchen und frage sie mal. Es wird einen guten Grund für alles geben.“ „In Ordnung“, erwiderte der Kleinere, der sich gerade nicht vom Fleck bewegen konnte. Die starken Arme verschwanden und mit ihnen ihr Besitzer, woraufhin er nur Sekunden später alleine mit dem schlafenden Geliebten war. Zaghaft griff er nach der fragilen Hand des Anderen, hielt sie in seinen. „Was ist passiert, mein Schatz? Warum müssen wir dich wieder so sehen?“ Wieder ging eine Hand zur Wange des Jüngeren, streichelte sanft darüber. Regung kam in das schlafende Gesicht und kurz darauf öffneten sich blinzelnd die Augen. Der Blick fokussierte und suchte den Raum ab, bis er an der Person hängen blieb, die ihn berührte. Sein Lächeln wurde sanft und er schmiegte sich in die liebevolle Hand. „Hallo, mein Herz.“ Verwundert zuckte Kyo zusammen. So war er in den ganzen letzten Wochen nicht mehr von dem Jüngeren begrüßt worden. Dementsprechend irritiert legte er den Kopf schief. „Danke, dass du mich retten wolltest“, sprach der Liegende weiter, hob schwerfällig seine Hand, um sie auf die des Geliebten zu legen, mit der er so sanft geweckt worden war. „Ich muss Toshiya noch dafür danken, dass er dich aufgehalten hat. Sonst müsstest du auch hier liegen.“ Sprachlos starrte der Sänger den anderen Mann an. Immer wieder klappte sein Mund auf und zu, aber es wollte keine Silbe über seine Lippen kommen. „Was ist? Was willst du mir sagen?“ Fragend, aber auch mit unendlich viel Liebe sah er den Älteren an, dem tausend Fragen ins Gesicht geschrieben waren. Genauso, wie die Antwort, die er nur noch nicht ganz greifen konnte. „Gestern, nachdem ihr weg wart, habe ich versucht, ob ich nicht doch schon ohne Hilfsmittel stehen kann. Na ja“, verlegen und bedrückt wandte er seinen Blick ab, schmiegte sich aber noch mehr in die liebevolle Hand, „hat keine zwei Sekunden gehalten. In der nächsten lag ich dann auch schon auf dem Boden.“ Ein schiefes Lächeln auf den Lippen und er traute sich zaghaft wieder den Sänger anzusehen. „Dafür habe ich mich an den Unfall erinnert. Es reichte aus, damit mein Kopf Zugang zu dieser Erinnerung fand. Ihr habt mir zwar davon erzählt, wie es passiert war, aber es war eindeutig das, was ich gesehen und gefühlt habe.“ Für einen kleinen Augenblick war Kyo noch sprachlos, dann entspannte sich seine Mimik. Eine weitere Erinnerung. Eine sehr gute Nachricht. „Es gäbe schönere Momente,aber jedes bisschen ist gut.“ „Kriege ich dafür einen Kuss?“ Flehend schob er die Unterlippe vor. „Natürlich.“ Kyo beugte sich vor, erfüllte den Wunsch seines Liebsten Die Tür öffnete sich und mit einem Seufzen betrat Toshiya den Raum. „Ich hab gute und weniger gute Nachrichten. Welche willst-“ Er brach ab, als er merkte, wie er von zwei Augenpaaren angesehen wurde. „Oh.“ Einige Mal blinzelte er, bis die Information in seinem Gehirn ankam und verarbeitet wurde. Sofort legte sich ein sanftes Lächeln auf sein Gesicht, während er sich dem Bett näherte. „Schön das du wach bist. Wir haben eben einen ganz schönen Schrecken gehabt, als wir dich schlafend und mit all den Geräten hier vorgefunden haben. Wie-?“ Der Bassist unterbrach sich, um sich zu beruhigen. „Schön, dass es nichts ernstes ist. Geht es dir gut?“ Ein Nicken von dem Patienten. „Bin gestern nur ohnmächtig geworden, nachdem ich versucht habe zu stehen. War noch ein wenig zu früh.“ Toshiya entledigte sich seiner Jacke, legte sie an das Fußende des Bettes, ehe er sich, seinem Liebsten zugewandt, auf die Matratze setzte. „In einer oder zwei Wochen könnte das schon eher klappen. Je nachdem, wie viel die hier noch mit dir machen.“ Wieder ein Nicken, gefolgt davon, dass er nach der Hand des Größeren griff. „Danke übrigens.“ „Eh? Wofür?“ „Dafür, dass du so schnell reagiert und Kyo aufgehalten hast bei meinem Unfall damals. Wir beide in diesem Zustand wäre bestimmt blöd.“ Verwundert sah er von einem zum Anderen. So ganz kam er gerade nicht mit.„Wie...kommst du denn jetzt darauf?“ „Hab mich erinnert. Gestern. Du siehst: Mein Kopf braucht einfach nur ein bisschen, damit die Dinge nach und nach wieder kommen.“ Stolz grinste Shinya seinen Gegenüber an. „Ja“, stimmte Toshiya breit grinsend zu, die Augen glänzten etwas mehr, während er sich auf die Unterlippe biss, um seine Gefühle ein wenig im Zaum zu halten. „Den scheint er zu brauchen. Und: Gern geschehen. Aber es war auch aus Eigennutz.“ Sein schelmisches Grinsen wurde Kyo gezeigt, der ein wenig verlegen da stand. Insgeheim war aber auch er natürlich dankbar. Vor allem dafür, dass sein Liebster einen etwas klareren Kopf in dem Moment besessen hatte. Um vom Thema abzulenken, strich er noch einmal über den Arm des Liegenden. „Ich gehe mal eben eine Schwester holen. Jetzt, wo du wieder wach bist, sind die Geräte hier reichlich überflüssig.“ Mit den Blicken seiner Liebsten in seinem Rücken, verließ der Sänger den Raum. „Du, Shinya?“ „Hm?“ „Bevor sie dich gleich von den Elektroden befreien.“ Skeptisch zog Shinya die Stirn kraus. Der Bassist hatte so ein neckisches Glitzern in den Augen und seiner Mimik. Er selbst ein leicht ungutes Gefühl im Bauch. Meist steckte dann eine fixe, oftmals unreife Idee in diesem hübschen Kopf. „Ich würde gerne noch etwas ausprobieren.“ Ohne weitere Vorwarnung beugte sich der Bassist vor, verwickelte seinen Partner in einen sinnlichen Zungenkuss. Forsch eroberte er den Mund des Anderen, ließ ihm kaum Luft zum Atmen. Auf diese Weise entschädigte er sich selbst ein klein wenig für die Zeit, in der er bereits auf diesen Liebsten verzichten musste. Schmunzelnd vernahm er den schnelleren Ton des Herzmonitors. Genau, was er hatte erreichen wollen. Langsam löste er sich, betrachtete das errötete Gesicht mit den glasigen Augen und dem hungrigen Mund. „Komm zurück“, wisperte der Jüngere, griff zitternd nach dem Shirt des Bassisten. „Gleich“, versprach jener leise, als auch schon die Tür aufging und der Sänger mit Begleitung wieder kam. Kapitel 36: Nähe ---------------- „Tadaima!“, rief Kyo und warf die Tür ins Schloss. Hätte er nicht gedacht, dass sich das Meeting so in die Länge ziehen würde. Erschöpft zog er Schuhe und Jacke aus, nahm seine Tasche mit Richtung Wohnzimmer. Hier fand er seinen Partner vor, der damit beschäftigt war die gewaschene Wäsche aufzuhängen. Mit großen Kopfhörern auf den Ohren. Erklärte, warum er nicht gehört worden war. Kyo stellte die Tasche auf dem Boden ab und schlich sich an den Größeren an. Bis jetzt war er unentdeckt geblieben. Kurz noch haderte er mit sich, ob er wirklich tun sollte, was ihm durch den Kopf ging. Aber es war so verlockend. Mit beiden Händen packte er einmal fest an der Taille des Größeren zu. Erschrocken schrie der Bassist auf, riss sich die Kopfhörer runter, während er sich zu seinem Angreifer um drehte. „Kyo!“, schrie er auf. „Was wird das?“ Mit dem Schrecken deutlich ins Gesicht geschrieben, starrte er selbigen mit großen Augen an. Schwer keuchend stand er da. Deutlich spürte er sein wild schlagendes Herz. „Entschuldige“, murmelte der Ältere und lächelte schief, während er seinen Liebsten zu sich zog und sanft küsste. „Tadaima“, wiederholte er leise. „Okaeri“, wurde ihm entgegen geflüstert, dann gab es eine Kopfnuss. „Erschreck mich nie wieder so. Sonst bin ich der nächste, der im Krankenhaus liegt.“ Entschuldigend schmiegte sich der Kleinere an. Nein, den Anderen gab er nicht her. Es war nur so verführerisch gewesen. Das nun schnell schlagende Herz in der Brust seines Liebsten, welches er deutlich unter seiner Hand flattern spürte, ließ ihn noch nachträglich Gefallen an seinem Streich finden. Nur zu gerne war er der Grund dafür. Die Hand, die ihn noch eben gehauen hatte, legte sich auf seinen Kopf, strich ihm durch das Haar. „Wie war dein Treffen?“ „Gut. Soweit stimmt die Chemie und wir konnten bereits einige organisatorische Dinge regeln.“ Kyo wechselte in eine feste Umarmung. Gerade erzählte er seinem Liebsten davon, dass er eine neue Band gründete. Nur schwer konnte er einschätzen, inwiefern es den Jüngeren verletzte. Immerhin erinnerte es sie doch daran, dass sie schon so lange als Dir en Grey pausierten. Als könnte er seine Gedanken lesen, sorgte der Größere dafür, dass er den Kopf hob und er ihn auf die Stirn küssen konnte. „Das klingt doch alles gut. Scheint, als ob du bald wieder singen könntest.“ Warm lächelte Toshiya seinen Lebensgefährten an. Er wusste, wie sehr dieser es doch vermisste. „Was sagen sie denn zu deinen Texten?“ Kyo war dankbar. Gerade hatte sein Liebster ihm ohne große Mühen seine Bedenken genommen. „Sie gefallen ihnen. Aber sie wussten ja auch schon vorher, worauf in etwa sie sich einlassen. Übermorgen wollen wir uns dann einen Proberaum ansehen. Sollte der uns zusagen, bringen wir die anderen Sachen ins rollen, werden vielleicht auch schon anfangen zu komponieren. Mal schauen.“ Seufzend ließ er den Kopf hängen. „Das heißt aber auch, dass ich nicht mit zu Shinya gehen kann. Und auch nicht weiß, ob wie lange das Ganze dauern wird.“ Wieder strich ihm eine von Toshiyas großen Händen durch sein Haar. „Mach dir auch darüber keinen Kopf. Er versteht es bestimmt. Außerdem hat er einige Anwendungen an dem Tag, wenn ich mich recht entsinne. Viel Zeit hätten wir so oder so nicht mit ihm.“ Zärtlich begann der Größere mit seinen Lippen über den Hals des Liebsten zu streichen, um ihn ein wenig abzulenken. „Ich wollte ihm allerdings auch ein paar Drumsticks und sein Drumpad mitbringen. So wird ihm nicht langweilig, er trainiert seine Arme und er wird kaum Zeit haben uns zu vermissen.“ Schmunzelnd bedeckte er die geflügelten Totenköpfe mit ein paar Küssen, wofür er ein zufriedenes Seufzen erhielt. „Du fühlst dich ein wenig verspannt an, mein Schatz.“ „Bin ich auch ein wenig.“ „Soll ich dich massieren?“ „Lass mal.“ Kyo brachte schweren Herzens wieder ein wenig Abstand zwischen sie. „Zumindest für den Moment.“ Beide Hände legten sich an den Shirtkragen seines Gegenübers, den er zu sich zog. „Nach dem Abendessen nehme ich dein Angebot allerdings gerne in Anspruch.“ Ein kurzer, inniger Kuss, dann löste er sich, um Richtung Küche zu gehen. Heute Abend war er mit Kochen dran. In seinem Rücken spürte er für einige Augenblicke noch die hungrigen Blicke seines Partners. „Nach dem Essen!“, rief er neckisch grinsend über die Schulter. Über seine Haut fuhr ein leichter Schauer. Immer wieder erregend, wenn man wusste, man wurde begehrt. „Ach man, da muss ich mich ja in Geduld üben.“ Lachend wandte er sich wieder dem Wäscheständer zu. Es mussten noch ein paar T-Shirts aufgehängt werden. Lenkte ihn zudem auch ein bisschen von seiner Begierde ab. Ein ganz kleines bisschen. Fest drückte er mit seinen Fingern in den verspannten Schultermuskel. Schmerzhaft stöhnte Kyo auf, genoss aber nur eine Sekunde später, wie es besser wurde. „Warum bist du bloß so verspannt, mein Schatz?“ „Damit ich in den Genuss deiner Hände komme?“, stellte er neckisch die Gegenfrage und blinzelte über seine Schulter hinweg zu dem Mann, der über ihm kniete. Lachend strich Toshiya mit festem Druck die Verspannung von der Schulter in den Arm. „Die einfachere Methode dürfte da wohl eindeutig fragen sein.“ Als ob er einem seiner Partner eine solche Bitte abschlagen würde. „Uhngh“, grollte der Ältere. An der Stelle war er besonders verspannt. Mit einem Geräusch, welches an ein Schnurren erinnerte, ließ er seinen Kopf wieder auf das Kissen unter sich fallen. „Wieso kriege ich solche Geräusche nicht aus dir, wenn wir miteinander schlafen?“, kam es schmollend von oben. Was für Ansprüche sein Bassist doch manchmal stellte. „Reichen dir die, die du bekommst, etwa nicht?“ Zumal er dabei auch manchmal Töne von sich gab, die er im Alltag garantiert nicht machte. „Oh, die sind schon sehr schön. Aber dieser hier“, erneut bohrte er seine Finger in einen der verspannten Muskeln, „gefällt mir jetzt gerade um einiges besser.“ „Sadist“, keuchte der Tätowierte. Kyo stemmte sich ein wenig hoch, drehte sich unter dem Anderen auf den Rücken, um sich dann wieder auf das Bett fallen zu lassen. „Aber vielleicht schaffst du es ja doch, dass du mal was anderes von mir hörst.“ Herausfordernd sah er seinen Liebsten an, bewegte seine Hüfte ein wenig. Breit grinsend beugte sich Toshiya vor, um den schönen Mann unter sich zu küssen. Wäre doch gelacht, wenn ihm das nicht gelingen würde. Langsam, fest und intensiv. In ihrem Rhythmus waren sie zu einem Körper verschmolzen. Toshiyas Hände, die seine links und rechts von seinem Kopf auf die Matratze drückten, die Finger ineinander verschränkt. Die eigenen Beine um die Hüfte des Größeren geschlungen, bereit, ihn immer wieder an sich zu ziehen. Heiße Haut an seiner berauschte ihn. Kyo zwang sich dazu, die Augen zu öffnen. Über ihm war das erregte Gesicht des geliebten Mannes. Schwarze Strähnen klebten auf seiner Stirn, während der heiße Atem passend zu jedem Stoß über die geöffneten Lippen strömte. Die Augen, die ihn sonst immer so liebevoll und begehrend ansahen, waren in Ekstase geschlossen. Ein ungeahnt schöner Anblick, in dessen Genuss nur er kam. Wieder einmal wurde ihm klar, wie perfekt Toshiya war. Kyo bewegte die Arme, gab seinem Liebsten, der inne hielt, zu verstehen, dass er los lassen sollte. Langsam lösten sich ihre Hände voneinander, doch Kyo legte eine davon gleich in den Nacken des Mannes über ihm, stemmte sich mit der anderen hoch. Noch immer waren die Beine eng um den Größeren geschlungen, auf dessen Schoß er nun saß. Seine eigene, muskulöse Brust schmiegte er an die seines Gefährten, um mehr von jener Wärme zu erhalten, die dieser ausstrahlte. Eine kleine Pause tat ihnen gut. Beide wollten noch eine Weile genießen und fühlen, wie nah sie einander waren. Ihre Küsse waren dennoch leidenschaftlich. Sie neckten sich gegenseitig im Spiel ihrer Zungen. Sinnlich strichen sie mit ihren Händen über den begehrten Körper des Anderen. Stumm umkreisten die Worte: 'Ich liebe dich.' die beiden Männer, legten sich wie eine warme Decke um sie. Kurz darauf begann Kyo die Muskeln in seinem Unterleib spielen zu lassen. Vorbei mit der Unterbrechung. Er wollte wieder mehr. Langsam hob er seine Hüfte an, führte ihren Rhythmus von vorhin fort. Keuchend legte er den Kopf in den Nacken, fuhr mit einer Hand in die dichte, schwarze Mähne Toshiyas, welcher heiß und stoßweise gegen seinen Hals atmete. Die rauen Hände auf seiner flammenden Haut, fühlten sich an, als würden sie von mehr als nur einem Mann stammen. Mit den geschlossenen Augen gab Kyo sich einzig dem Fühlen hin und konnte schwören, dass er spürte, wie sich Shinya an seinen Rücken schmiegte, ihn umfing und seine Bewegungen führte. Liebkosungen am ganzen Körper, die ihn weiter in ekstatische Höhen brachten. Er wurde schneller, brachte sie beide weiter und weiter an ihren Höhepunkt. Jedoch hatte der Schwarzhaarige andere Pläne. Mit ein wenig Schwung warf er sie beide auf die Seite, übernahm wieder die Führung. Eine Hand am Oberschenkel des Älteren, eroberte er den willigen, vor Lust brennenden Körper. Den anderen Arm schlang er um den verzierten Rücken, presste den schönen Mann fest an seinen Körper. Gierig wurde dafür sein Mund in Beschlag genommen. Sie raubten sich den wenigen Atem, den sie noch hatten, aber nichts wünschten die beiden Liebenden sich gerade mehr, als völlig eins zu werden. Einige Male empfing Kyo noch Toshiyas inbrünstige Liebe, ehe sich seine Finger tief in den breiten Rücken des Anderen gruben und seine Welt für einen Moment schwerelos und schwarz war. Zurück holte ihn ein angenehm schweres Gewicht auf seiner Brust. Schwer keuchend fand er sich auf ihrem Bett wieder, auf den Rücken gebettet und noch immer fest in der Umarmung des Schwarzhaarigen auf ihm, welcher jetzt den Höhepunkt seiner Lust erlebte. Er spürte sein Zittern und wie er den Atem anhielt. Ihre Umarmungen waren nun lockerer, aber lösen würden sie sie auf keinen Fall. Noch nicht. Noch war dieser Moment zu schön, um ihn enden zu lassen. Zwei Tage später... Auf dem Flur kam dem Schwarzhaarigen sein Partner bereits entgegen gehumpelt. Toshiya rückte die schwere Tasche auf seiner Schulter noch mal zurecht und wartete auf den Jüngeren, welcher ihm mit einem angestrengten Lächeln näher kam. Shinya kämpfte. Gegen seinen Körper und den inneren Schweinehund, der schon lange aufgeben wollte. Nur weg vom Rollstuhl. Hin zur Selbstständigkeit. Und nach Hause. Ein wenig geschafft, aber stolz hielt er vor dem Älteren, welcher ihn breit angrinste. Mindestens ebenso stolz. „Mein tapferer Kämpfer.“ Wenn sie nicht hier auf dem Flur stehen würden, würde er ihn küssen. „Ich habe dir auch eine Belohnung mitgebracht.“ „Ach ja?“ Neugierig straffte sich der geschwächte Körper, woraufhin der Größere mit der flachen Hand auf die Tasche klopfte. „Komm, wir gehen in dein Zimmer und packen es aus.“ Einverstanden nickte der Jüngere und drehte sich Stück für Stück mit seinen Krücken um, holte tief Luft, nachdem es vollbracht war. Schritt für Schritt ging es dann gemächlich zurück. Einzig Shinyas Ehrgeiz drängte sie zur Eile. „Wie war denn dein Vormittag bisher?“, erkundigte sich der Bassist, der noch immer unheimlich stolz auf seinen Schatz war. „Anstrengend“, keuchte Shinya und machte eine kleine Pause. „Aber alles klappt immer besser.“ Er spürte das Brennen in seinen Armen und Beinen. Gut, dass seine Muskeln wach waren, aber sie konnten auch ganz gut ein wenig Ruhe gebrauchen. „Soll ich vor gehen und den Rollstuhl holen?“ Shinya zog die Stirn kraus und sah bockig zu dem anderen Mann, während er die Lippen aufeinander presste. Das Ding brauchte er nicht. Es ging auch wunderbar ohne. Wieso also schlug er sowas nur vor? Trotzig setzte er die Krücke vor, ging zwei weitere Schritte. Als ihn sein Körper zu einer Pause zwang. Seine erschöpften Beine zitterten, wollten einknicken. „Toshiya?“, hauchte er, der Kopf gebeugt von der Niederlage. Er mochte stur sein, aber wenn es nicht mehr ging, dann ging es einfach nicht mehr. „Ich bin sofort zurück.“ Sacht strich ihm der Größere über den Oberarm, bevor er die wenigen Meter weiter zum Zimmer des Verletzten ging. Trotz seiner Eile, stellte er die Tasche behutsam auf das Fußende des Bettes, griff sich dann den Rollstuhl, mit dem er wieder auf den Flur und zu seinem Partner zurück fuhr. Er hielt neben dem Anderen, drehte sich und das Gefährt in die Richtung, aus der er gekommen war und wartete, bis Shinya sich gesetzt hatte. „Du hast dich tapfer geschlagen.“ „Findest du?“ Den Eindruck hatte er nicht von sich. „Oh ja. Und wie.“ Toshiya schob an und brachte sie beide weiter zu ihrem Ziel. „Überhaupt hast du schon unheimlich viel geschafft in der kurzen Zeit.“ Eine kleine Drehung , damit er an die Klinke kam und schon ging es rückwärts in den Raum hinein. „Bald wird es auch noch mehr werden. So, wie du es willst.“ Gerade, wegen dem, was in der Tasche wartete. Den Rollstuhl stellte er neben dem Bett ab, um schnell die Tür schließen zu können. Damit sie endlich unter sich waren. Mit einem verliebten Lächeln kehrte er zu dem Jüngeren zurück, welchem er auffordernd die Hände hin hielt. Es dauerte einen kleinen Augenblick, aber am Ende sah Shinya doch ein, dass er gerade die Hilfe des Anderen annehmen musste. Folglich reichte er seine Krücken an jenen weiter, damit sie an die Seite gestellt werden konnten. Als nächstes bekam er wieder beide Hände dargereicht. Wieder ein Seufzen. „Shinya? Sieh mich an.“ Zögerlich sah er hoch, merkte jedoch gleich, wie sein Herz einen kleinen Hüpfer tat. Toshiya sah so schön aus, wenn er ihn auf diese freundliche, zärtliche Art und Weise anlächelte. „Wofür hast du einen Freund, wenn du dir nicht ab und an ein wenig von seiner Kraft leihen kannst, hm? Ich möchte dir helfen. Im Sinne von unterstützen.“ Einige Augenblicke sahen sie sich einfach nur an. Dann gab Shinya nach. Sein Freund hatte schließlich Recht. In einer Partnerschaft lieh man sich untereinander Stärke. Gab dem Anderen Freude, wenn er einen schlechten Tag hatte. Er ergriff die gereichten Hände, packte so fest zu, wie er im Moment konnte. In seinen Armen spannten sich die Muskeln und nur einen Ruck später, stand er auch schon. Angelehnt an Toshiyas kräftige Brust und sicher in dessen starken Armen. Schon fingen seine Knie wieder an weich zu werden und seine Beine vor Anstrengung zu zittern, aber für ein paar Sekunden wollte er ganz gerne so verweilen. Ruhig atmete er aus, legte seinen Kopf auf der Schulter seines Liebsten ab, die Arme um dessen Hals. „Das tut so gut“, hauchte er, die Stimme ein wenig belegt vor Glück. „Halt mich noch ein wenig.“ Er hielt ihn so lange, wie er es wünschte und wie er konnte. Seit Wochen waren sie jeden Tag beieinander, aber Nähe in dieser Form war dennoch zu kurz gekommen. Aber Shinyas Körper war im Augenblick am Ende seiner Kräfte und schon weit darüber hinaus. Der Griff, der ihn hielt war fest, dennoch spürte der zierliche Mann, wie er zu entgleiten drohte, weil er sich nicht mehr aufrecht halten konnte. „Uhm, können wir uns vielleicht doch aufs Bett setzen?“ „Okay“, hauchte der Ältere und setzte seinen Partner nach einer kleinen Drehung auf dem Bett ab, half ihm noch dabei sich bequem hin zu legen. Sein Mitbringsel wurde behutsam auf den Boden gestellt. Sie brauchten jetzt etwas Beinfreiheit. Die Augen stets auf seinen Partner gerichtet, streifte er sich Jacke und Schuhe ab, stieg anschließend zu ihm. Als nächstes griff er nach der Decke, um sie ihnen beiden über zu legen. „Gut so?“, erkundigte er sich, nachdem er den zierlichen Mann in seine Arme geholt hatte. „Sehr gut.“ Schwerfällig legte er einen Arm um Toshiyas Taille. „Darauf freue ich mich irgendwie am meisten, wenn ich wieder daheim bin: Ganz nah bei euch zu liegen.“ Verlegen biss er sich auf die Unterlippe, rutschte mit seiner Hüfte noch ein wenig mehr an seinen Schatz heran. „Und auch auf mehr.“ Er mochte krank und derzeit ein Krüppel sein, aber Leidenschaft verspürte er dennoch. Eine Hand wanderte an seinem Körper hinab und legte sich auf seine Kehrseite, während sein Mund in einen Kuss involviert wurde. Ganz eindeutig war er nicht der einzige, der Sehnsucht verspürte. „Kein Wort zu Kyo“, flüsterte der Größere, ein schelmisches Glitzern in seinem Ausdruck. „Sonst wird er eifersüchtig. „Aber er schmollt doch so niedlich.“ Leise begannen sie zu lachen, sich noch enger aneinander zu schmiegen. Aufgeregt schlug das Herz in der Brust des Jüngeren. Nähe wünschte er sich, machte ihn neugierig, der Gedanke an Intimitäten machten ihm gleichzeitig Angst. Besser er lenkte sich nun ein wenig ab. „Was“, setzte Shinya an, „Was hast du mir für eine Belohnung mitgebracht?“ Neugierig war er dann doch. Ein weiterer Kuss. „Ich hab dir etwas von deinen Spielsachen mitgebracht: Dein Drumpad.“ Große, leuchtende Augen strahlten ihm entgegen. „Ich helfe dir nachher beim Aufbauen.“ „Ja, nachher.“ Vorerst mochte er lieber noch ein wenig so liegen bleiben. „Aber danke fürs Mitbringen.“ Kapitel 37: Daheim ------------------ Gestützt auf seinen Krücken, sah Shinya an dem Gebäude hoch, vor dem er stand. Unweigerlich musste er Grinsen. Kein Wunder, lag dort drin doch die Wohnung, die er mit seinen Freunden, Kollegen und Liebsten teilte. Kyo holte gerade noch die Tasche mit seinen Sachen aus dem Kofferraum des laufenden Wagens. Gemeinsam würden sie gleich schon mal vor gehen, während Toshiya das Auto auf dem Parkplatz hinter dem Haus abstellte. Er hatte sie nur eben vor dem Eingang abgesetzt, um den Weg für ihren Jüngsten ein wenig abzukürzen. Vermutlich würde er sie aber einholen, noch ehe sie am Fahrstuhl angelangt wären. „Komisch“, murmelte Kyo, wuchtete die Tasche auf seine Schulter, während er auf die elektrische Schiebetür zu ging. „Was denn?“ Neugierig folgte er dem Kleineren. „Ach, ich hab mich nur gefragt, wieso das Ding hier eigentlich so schwer ist. Wir haben in den letzten Tagen doch bereits so viel schon wieder mit hier her genommen.“ Kurz spielte er mit dem Schlüsselbund, auf der Suche nach dem für den Briefkasten. Ah, da war er ja. „Vermutlich, weil ihr mir auch so viel ins Krankenhaus gebracht habt.“ Auf seinen Krücken humpelnd, schritt er durch die Tür in den Eingangsbereich und direkt auf die andere zu, hinter der es offensichtlich zu den Fahrstühlen ging. Plötzlich hörte er hinter sich jemanden laut „Wartet!“ rufen, weshalb er sich umdrehte. Toshiya kam angelaufen, schaffte es noch einigermaßen zu bremsen, um nicht völlig mit dem Türrahmen zu kollidieren. „Da bin ich.“ „Hättest dich doch gar nicht so beeilen brauchen.“ „Wollte ich aber“, grinste der Bassist den Jüngeren an. Er konnte schlichtweg nicht erwarten mit diesen beiden wunderbaren Menschen wieder vereint in ihrem Heim zu sein. Allein der Gedanke ließ ihn ganz kribbelig werden. „Wenn wir oben sind, gibt es was ganz tolles. Hab ich heute morgen beim Einkaufen für uns geholt.“ „Aha, durfte ich dir deswegen nicht beim Auspacken der Einkaufstasche helfen?“ Fragend zog Kyo eine Augenbraue hoch, wandte sich jedoch für einen kleinen Moment von den Beiden ab, um ihren Briefkasten zu öffnen. Innen war allerdings nur gähnende Leere. Auch gut. Keine Post hieß keine Rechnungen. In der Zwischenzeit öffnete Toshiya schon mal die nächste Tür, hielt sie für seine beiden Liebsten auch auf. „Ja, genau deswegen.“ Schon jetzt freute er sich auf ihre Gesichter, welche hoffentlich genau die Reaktion zeigten, die er sich von dieser Überraschung wünschte. Andererseits kannte er die beiden Männer einfach zu gut, um sich sicher zu sein, dass genau das eintraf. Breit grinste er sie an, während sie an ihm vorbei gingen. Kyo schmunzelte, spürte aber auch das vertraute Herzklopfen, welches dieses Lächeln immer bei ihm verursachte. „Unser Toshiya.“ „Geben wir nicht wieder her, oder?“, stieg Shinya mit ein, setzte seinen Weg tapfer fort, auf die Fahrstühle zu. „Nein, tun wir nicht.“ „Da bin ich aber beruhigt.“ Lachend schloss der Bassist auf, überholte und drückte schon mal die Taste, um ihnen einen der Aufzüge herbei zu rufen. Stolz sah er dabei zu, wie Shinya sich mit Hilfe der Krücken vorwärts bewegte. Jedoch überlegte er kurz, ob sie nicht doch lieber den Rollstuhl hätten mitnehmen sollen. Einfach für den Fall, dass der Jüngere gar nicht mehr konnte. „Da bin ich“, grinste Shinya, holte tief Luft. Dank der Drumpads, die ihm mitgebracht worden waren, hatte er seine Arme neben dem eigentlichen Training noch weiter stärken können. Jetzt hoffte er nur, dass ihm der gleiche Effekt in den Beinen vergönnt war, wenn er sich hinter sein Schlagzeug setzte. Es ertönte das 'Ping' des Fahrstuhls und die Türen gingen auf. „Er auch“, scherzte der zierliche Japaner und machte sich auf den Weg hinein, dicht gefolgt von seinen Partnern. Eine kurze Fahrt später waren sie auf ihrem Stockwerk und schritten langsam zu ihrer Wohnung, die Toshiya ihnen aufsperrte. Mit einem warmen Lächeln machte er Shinya den Weg frei, hielt ihm die Tür auf. „Willkommen daheim.“ „Daheim“, hauchte der Jüngste ehrfürchtig, machte einen zaghaften Schritt über die Schwelle. Andächtig verharrte er im Eingangsbereich, sah sich mit großen Augen um und atmete tief den Geruch ein, der ihm ein wohliges, vertrautes Kribbeln bescherte. Genau sah er sich um. Oft hatte er sich bereits die Fotos von Toshiya angesehen, nahezu studiert. In der Realität war es natürlich noch mal etwas anderes. „Endlich daheim.“ Es war ja auch nur gut drei Monate später, als ursprünglich geplant. Toshiya entledigte sich seiner Jacke, kniete sich dann vor Shinya. „Darf ich um ihren Fuß bitten, holde Maid?“ „Holde Maid...“ Lachend schüttelte er den Kopf. Manchmal kam der Schwarzhaarige wirklich auf seltsame Ideen. Trotzdem verlagerte er sein Gewicht etwas, um seinen linken Fuß anheben zu können. Es war immerhin eine lieb gemeinte Hilfe. Toshiya nahm ihn an und öffnete den Reißverschluss des Stiefels, zog selbigen anschließend vom Fuß. Sacht stellte er ihn wieder ab. „Den Nächsten bitte.“ Ohne zögern bekam er den Anderen hin gehalten, mit dem er genauso verfuhr. In die Pantoffeln kam sein Schatz dann aber doch wieder von alleine. „Macht ihr beide es euch schon mal im Wohnzimmer gemütlich, ich hole eben die Überraschung.“ „Einverstanden“, erklärte Kyo und wechselte selbst noch eben in die Hausschuhe. „Schaffst du das noch?“ Immerhin war der Größere heute schon viel gelaufen. „Ja, das werde ich. So schlimm ist es noch nicht.“ „Ansonsten nehme ich dich Huckepack.“ Erst wollte Shinya drüber lachen und es als Scherz des Sängers abtun, aber dessen ernste Mimik verriet ihm: Kyo würde das tun. Sein Liebster würde es wirklich tun, wenn er ihn darum bat. Kraft genug hätte er ja. Also gab er seine Zustimmung mit einem Nicken. „Aber nur, wenn es wirklich nicht anders mehr geht.“ Wieder setzte er eine Krücke vor die andere. Ihm folgte der Sänger, welcher die Tragetasche noch an die Seite stellte. Ausräumen konnten sie die immer noch. Aus der Küche konnte man hören, wie der Bassist mit Geschirr klapperte und fröhlich vor sich hin summte. Ob die Überraschung essbar war? Er vernahm ein glückliches Seufzen von dem Jüngeren. „Was ist?“, erkundigte er sich neugierig, beobachtete Shinya dabei, wie er sich im Flur umsah. „Es ist schön hier zu sein. Kein Krankenhaus, kein Hotelzimmer mehr.“ „Oh ja.“ Vorsichtig stellte er sich hinter seinen Liebsten legte ihm seine Arme um den Bauch, um sich an seinen schmalen Rücke zu schmiegen. „Es geht doch nichts über die eigenen vier Wände.“ Aus der Küche schallte es laut: „Setzt euch. Bin sofort bei euch.“ „Hast du gehört?“, kicherte Shinya, lehnte sich ein wenig nach hinten. „Ich bin ja gespannt, was er da hat.“ Langsam löste sich der Sänger, stellte sich neben seinen Partner. „Werden wir jeden Moment sehen.“ Was immer es auch war, glücklicher als jetzt konnte er gar nicht mehr sein. Sein Shinya war wieder bei ihm. Bei ihnen. Sie waren ihrem unbeständigem Alltag ein Stück näher gekommen. „Kyo?“ „Hm?“ „Küss mich.“ So, wir ihr Sänger ihn angesehen hatte, schien er gerade etwas in der Art zu brauchen. In ihm selbst gab es eine Stimme, die lauthals diesen Wunsch schrie. Ohne zu zögern kam jener seiner Aufforderung nach, reckte sich ihm entgegen. Gedanklich korrigierte Kyo seine Ansicht von eben. Das hier schaffte es, ihn noch ein klein wenig glücklicher zu machen. Mit einem Kopfnicken deutete er Richtung Wohnzimmer, überließ seinem Geliebten den Vortritt. Staunend sah selbiger sich auch hier um, ging dabei auf das Sofa zu. Alles fühlte sich vertraut und fremd an. Bekannt von den Fotos und wohl auch dem vergessenen Ich. Fremd, wo er so gesehen doch das erste Mal hier war. „Tadaa.“ Stolz betrat Toshiya das Wohnzimmer, hielt ein Tablett vor sich, auf dem Teller und Besteck, sowie ein kleiner Kuchen, eingedeckt mit vielen Früchten, stand. „Teewasser kocht gerade, den gibt es gleich dazu.“ „Kuchen?“ Verwundert blinzelte der Jüngste. „Natürlich.“ Wie könnte man ihre Wiedervereinigung denn sonst feiern? Für eine Party war es noch zu früh am Tage. Und mit den vielen Früchten gab es eine ordentliche Vitamindröhnung für sie alle. „Und nun setzt euch endlich, damit ich den Kuchen anschneiden kann.“ Sie taten wie ihnen geheißen wurde und ließen sich auf dem Sofa nieder. Kyo schob noch ein wenig die Zeitschriften und Fernbedienungen zur Seite, um Platz für das Tablett zu machen, welches Toshiya im nächsten Augenblick bereits auf den Tisch stellte. Mit dem großen Küchenmesser fing er an den Kuchen zu zerteilen. Gerade fertig hörte er ein Klacken aus der Küche. „Wasser ist fertig. Kyo, wärst du so lieb und verteilst?“ Schon war er gegangen, um ihnen den Tee aufzusetzen. „Der überschlägt sich ja fast“, murmelte der Jüngere und setzte sich auf das Sofa, während Kyo sich daran machte, den Kuchen zu verteilen. „Er ist einfach nur glücklich darüber, dass du zurück bist. Oh.“ Während er das erste Stück von dem Kuchen anhob, musste er feststellen, dass sich unter der Sahne und den Früchten ein Schokoladenteig versteckte. Und noch mehr Obst. Schmunzelnd warf er einen Blick zur Wohnzimmertür, spürte wieder dieses wohlige Gefühl in seinem Bauch. Toshiya wusste einfach, wie man sie glücklich machte. Auf jeden Teller kam ein Stück, von dem er einen an den Jüngeren auf dem Sofa weiter reichte. Mit einer Kanne in der Hand, kehrte ihr Freund zurück, stellte sein Mitbringsel mit auf den Tisch. An den begeisterten Gesichtern seiner Partner erkannte er, dass seine Auswahl ins Schwarze getroffen hatte. „Wollen wir Kaoru und Daisuke noch Bescheid sagen?“ Fragend sah Shinya von einem Freund zum anderen, erhielt ein einstimmiges: „Nein.“ „Heute wollen wir dich noch für uns allein haben“, erklärte der Bassist und ließ sich mit seinem Teller neben dem Jüngeren nieder. Zur anderen Seite nahm Kyo Platz, lehnte sich ein wenig gegen seinen Partner. „Da werden sie schon Verständnis für haben.“ Stumm stimmte der Mann in der Mitte zu, musste lächeln. Den ersten Abend daheim in Ruhe genießen war sicherlich viel schöner. Vielleicht wurde er auch die Nervosität los, die er im Moment verspürte. Immerhin konnten sie hier noch mal auf eine ganz andere Weise miteinander umgehen, als im Krankenhaus. Ob sie jetzt erwarteten, dass er noch ein bisschen mehr auf sie zu kam? Bestimmt gab es Rituale, von denen sie ihm noch nichts erzählt hatten, weil es so selbstverständlich war, dass es sie mittlerweile gab. „Lecker“, urteilte Kyo nach dem ersten Bissen. Kräftig schokoladig und angenehm süß durch die Früchte. „Finde ich auch“, nickte Toshiya futternd. „Eine gute Mischung aus allem.“ Einzig Shinya starrte sein Kuchenstück weiterhin an, während seine Gedanken immer weiter kreisten. Er hatte Angst. Angst vor den Dingen, die über das Küssen hinaus gingen, in einer Beziehung aber normal waren. Er verspürte schon Lust. Würde die angestaute Energie gerne einsetzen. Doch mit Männern? Er erschrak, als man ihm den Teller aus der Hand nahm. Fragend sah er Toshiya an, spürte im nächsten Augenblick aber eine Hand an seiner Wange, die ihn in die andere Richtung drehte. „Warum zitterst du so?“, hörte er Kyo fragen, die Stimme weich, samtig. Vertraut legte jener die Stirn auf seine. „Was bereitet dir Angst?“ „Uhm, ich... Es ist...“, stammelte der Jüngste, wusste nicht, wie er es sagen sollte, ohne seine Liebsten zu verletzen. „Schon gut“, flüsterte der Mann vor ihm und blickte ihm tief in die Augen. „Erinnerst du dich daran, was ich dir über meine Angst zu Beginn unserer Beziehung gesagt habe?“ Kurz dachte Shinya nach, nickte dann aber. Im nächsten Augenblick legten sich zwei Arme von hinten um seinen Körper und Toshiya seinen Kopf auf seiner Schulter ab. „Wir gehen alles ganz langsam an. Schritt für Schritt. Wie damals. Gehen nur so weit, wie wir uns trauen und uns wohl fühlen. Versprochen.“ Die Aufmerksamkeit des Bassisten wechselte zum Sänger. „Außerdem ist Kyo gar nicht in der Lage irgendwas zu tun, wenn man ihn mit Schokoladenkuchen besticht.“ „Sagt der mit der Vorliebe für Frittiertes.“ Der Körper in ihrer Mitte wurde etwas ruhiger, hörte nach und nach auf zu zittern. Solange sie vorerst bei Berührungen wie dieser Umarmung und einfachen Küssen blieben, war alles in Ordnung. Sie hatten zwar schon viel Geduld in ihn investiert, ein bisschen was hatten sie anscheinend aber noch übrig. Und für den Moment überwog bei beiden wohl die Freude darüber, dass sie hier wieder zu dritt saßen. „Danke“, hauchte er, wurde daraufhin wissend von beiden angelächelt, ehe er seinen Teller mit dem Kuchen zurück bekam. „Iss. Auch ruhig ein zweites Stück. Du brauchst Energie für dein ganzes Training.“ „In Ordnung“, versprach er Kyo und nahm endlich den ersten Bissen zu sich. „Der ist wirklich lecker, Toshiya.“ „Freut mich.“ Der Bassist löste seine Arme, um selbst endlich weiter zu essen und einen Schluck zu trinken, lehnte sich aber noch immer leicht gegen den Jüngeren, um ihn spüren zu lassen, dass er hier gewollt war. Kapitel 38: Überwindungen ------------------------- „Wo möchtest du schlafen?“ Eine ganz einfache Frage. Die ihn jedoch völlig aus dem Konzept brachte, als sie abends im Schlafzimmer standen. Das Bett sah bequem aus. Er wusste auch, dass sie normalerweise alle drei darin schliefen. Genauso, wie er von ihnen wusste, wie sie nachts beieinander lagen. Nah beieinander. Wie schon so oft im Krankenhaus. Aber mit dem Bett assoziierte er weniger schlafen an sich, als viel mehr das miteinander schlafen. Dafür war er noch nicht bereit. Verspürte erneut Angst. Irrational, dessen war er sich bewusst. So weit würden sie schließlich noch nicht gehen heute Nacht. Nur war das eben einfach da. „Kann... Kann ich vielleicht vorerst auf dem Sofa schlafen?“, probierte er es. „Nur heute. Nur die erste Nacht.“ Die beiden Anderen seufzten, sahen sich anschließend wissend an, bis Kyo dem Jüngeren beruhigend eine Hand auf den Rücken legte. „Im Krankenhaus habe ich doch auch schon bei dir im Bett geschlafen. Jetzt-“ „Wäre es nichts anderes“, vollendete Shinya den Satz. „Das weiß ich. Mein Kopf weiß das. Mein Herz.... Ist nervös. Und irgendwo in mir drin ist eine böse kleine Stimme, die mir Bilder davon in den Kopf schießen will, wofür wir- Das ist so gemein von ihr.“ „Ja, das ist es“, pflichtete Toshiya ihm bei. „Ich kann dich auch verstehen und vielleicht ist es auch wirklich ein wenig viel verlangt. Doch solltest du heute Nacht Hilfe in irgendeiner Form brauchen, würden wir es eher mitbekommen, wenn du in unserer Nähe bist.“ Warm legte sich die tätowierte Hand Kyos auf Shinyas, mit der er sich noch immer auf eine Krücke stützte. „Es geht uns doch gar nicht darum, dass wir, auf Teufel komm raus, alles wieder so machen wollen wie früher. Wir möchten da sein, wenn du uns brauchst. Möchten dir weiterhin das Gefühl geben, dass du nicht alleine kämpfen musst. Weil wir füreinander da sind.“ In seinem Kopf arbeitete alles auf Hochdruck. Unsicher sah er von einem Freund zum anderen, während er alle Argumente gegeneinander abwog. Im Krankenhaus hatte er nachts sicherlich das ein oder andere Mal das Bedürfnis gespürt einen anderen Körper bei sich zu haben. Doch reichte dies aus, um jetzt die Nacht bei seinen Freunden zu verbringen? Aufmunternd klopfte Toshiya ihm auf die Schulter. „Lass dir Zeit.“ Er selbst ging gähnend zu seiner Seite des Bettes, wo er sich aus seiner Alltagskleidung schälte. „Was dagegen, wenn ich zuerst dusche?“ „Nein, geh nur“, meinte Kyo, der sich noch immer darauf konzentrierte Shinya zu beruhigen und Sicherheit zu geben. „Oder magst du lieber alleine sein, um nachzudenken?“ „Ich- uhm-“ Wieder wusste er nicht weiter. Zumindest sein Kopf nicht. Sein Herz allerdings war ihm schon einen Schritt voraus und übernahm nun das Reden. „Kann ich mitkommen?“ Überrascht sahen ihn die anderen Beiden an. „Sicher?“, hakte Kyo skeptisch nach, wenngleich es ihn auch freute, dass der Jüngere diesen Schritt wagte. „Uhm, ich bräuchte noch ein wenig Hilfe beim Waschen, also...“ Gelogen. Im Krankenhaus hatte er gelernt, wie er das in seiner derzeitigen Situation am Besten machte, sodass er eben nicht mehr auf jemand anderen angewiesen war. Aber warum konnte er sich jetzt nicht einfach raus reden? Warum wollte er mitgehen? Und warum war er vor allem so verwirrt in diesem Moment? „Shinya?“, holte ihn die sanfte Bassstimme seines Freundes aus dem Wirbel der Gedanken. Anstatt aber zu antworten, begann er nur den freien Oberkörper zu betrachten. „Shinya?“, versuchte der Andere es erneut. „Bist du dir wirklich sicher?“ „Nein“, hauchte der Jüngste, sah endlich auf und seinem Partner in die warmen, leicht besorgten Augen. „Aber irgendwas in mir will es.“ Obwohl er am ganzen Körper zitterte. Obwohl er Angst hatte. Kyo und Toshiya schauten sich an, berieten sich stumm. Sie verstanden ihren Liebsten ebenso wenig, wie jener sich selbst. „Einverstanden. Wir versuchen es.“ Zuversichtlich drückte Kyo die Hand unter seiner. „Aber wehe du überanstrengst dich. Wehe du verlangst zu viel von dir.“ „Ich sag Bescheid.“ Nachdem das geklärt war, ging es zum Badezimmer. Mit jedem Schritt schlug Shinyas Herz schneller vor Nervosität. Worauf hatte er sich da nur eingelassen? Zögerlich folgte er Kyo zum Badezimmer, welcher sich auf dem kleinen Stück immer wieder zu ihm um drehte. „Du musst das nicht tun“, wiederholte der Ältere seine Bedenken, als sie vor der Tür standen „Keiner von uns beiden würde dir böse sein, wenn du noch nicht so weit bist.“ „Bin ich auch nicht“, gestand der Größere. „Aber Ich habe einfach diesen Drang bei euch zu sein. Alleine im Schlafzimmer zu bleiben würde mich erst recht verrückt machen. Also gehe ich mit. Um diesen Drang zu befriedigen und weil ich darauf hoffe, dass eine neue Erinnerung kommt.“ Der Kleinere öffnete die Tür und ließ seinem Liebsten den Vortritt. Noch ehe er hinterher ging, schloss ihr Partner noch zu ihnen auf, mit Handtüchern und frischer Kleidung auf dem Arm. Er und Kyo tauschten einen besorgten, nervösen Blick aus, betraten anschließend nacheinander den Raum. „Denk dran, wenn-“ „Ja, ich sage Bescheid“, kam es genervt von dem Jüngsten, welcher sich nun auf den Rand der Badewanne setzte und sich seiner dünnen Jacke entledigte, gefolgt von dem Langarmshirt. Bevor er es sich anders überlegen konnte, wollte er es angehen. Er wusste, dass der Sänger ihm helfen und ein Gefühl der Sicherheit geben wollte. Aber es bewirkte eher das Gegenteil. Kyo verkniff sich ein Seufzen. Sie meinten es gut mit ihrem Liebsten. Offensichtlich wusste jener aber, worauf er sich einließ und was ihn erwartete. Er war sich sicher. Bis zu einem gewissen Punkt. Sie mussten es wohl einfach ausprobieren. Sein Blick ging zur Seite und zu dem Bassisten, der ihm ein Nicken schenkte, seine Gedanken bestätigte. Weil Toshiya bereits halb entkleidet war, machte er zwei Schritte auf Shinya zu. „Wie wollen wir das machen? Willst du deine Krücken mit hinein nehmen in die Kabine, damit du etwas hast, das du halten kannst?“ Nachdenklich senkte der Andere den Kopf, sah zu seinen Gehhilfen, die er so gar nicht mehr sehen konnte. Kurz erschrak er, als sich eine Hand auf seine Wange legte. „Dann halte ich dich“, kam es sanft von dem Größeren, gefolgt von einem Kuss auf die Stirn „Warte noch einen Moment.“ Mit diesen Worten wandte er sich ab, nestelte an seiner Hose herum, um sich auch von dieser zu befreien. Nervös beobachtete Shinya die beiden Männer. Sah, wie der Bassist sich ganz ruhig die enge Jeans von den Hüften schob. Unterdessen stand Kyo am Waschbecken, nur noch in Unterwäsche bekleidet. Gerade war er damit beschäftigt sich die Kontaktlinsen heraus zu nehmen. War heute nicht so einfach, weil er selbst mindestens so nervös war, wie sein Partner. Dessen Blick wanderte über den verzierten Rücken, das Motiv einerseits vertraut, andererseits völlig neu für ihn. Schnell schlug sein Herz, als es weiter hinab ging. Nur noch dieses bisschen Stoff, ehe Shinya seinen Partner ganz sehen würde. Das Atmen fiel ihm schwerer, ein dicker Kloß bildete sich. Wollte er das durchziehen? Brach er ab? Eine Hand tauchte in seinem Blickfeld auf. Toshiya. Und er trug nichts mehr. Nicht einmal mehr Socken. Verdammt! Er spürte, wie er sich anspannte. Panisch wurde. Auf seiner Zunge lag schon das Wort 'Stopp!'. Nur war er zu paralysiert, um es auch auszusprechen. „Schau mir in die Augen“, wurde er aufgefordert, kam dem nach einem kurzen Zögern auch nach. Warum und beruhigend lag Toshiyas Blick auf ihm. „Reich mir deine Hände.“ Auch dem Wunsch folgte er, wurde gleich darauf in die Senkrechte gezogen. Den Augenkontakt hielten sie weiterhin aufrecht. Es wirkte beruhigend, sein Pulsschlag wurde langsamer. „Ich drehe dich jetzt um und du kannst dich um deine Hose kümmern. Einverstanden?“ „Ein-“ Warum konnte er dem jetzt nicht zusagen? Toshiya rechnete schon damit, dass es hier nun zu Ende war. Gleich würde er hören, dass es doch noch zu viel war. Seine Hände wurden fest um schlossen, der Griff immer eiserner. „Ich traue mich nicht.“ Mitfühlend wurde sein Blick und er fühlte sich bestätigt in dem Verdacht. „Ich traue mich nicht, die Augen von dir zu nehmen“, führte Shinya seine Aussage fort. „Ich verliere nur den Mut, wenn ich das tue.“ Für ihr Vorhaben brauchte er jedes bisschen, welches er zusammenbringen konnte. Ihnen nahe sein. Mehr wollte er nicht. Am eigenen, jetzigen Leib erfahren, wie es war mit ihnen zusammen zu sein. In ihrem Alltag. Dem Alltag, den nur der andere Shinya kannte und auf den er neidisch war, weil er so viel von dieser wohltuenden Liebe hatte erfahren dürfen. Langsam setzte ein Zittern ein. Vor Verzweiflung. Gemischt mit leichter Erschöpfung. Schreckhaft krallte er sich an Toshiyas Unterarmen fest, als etwas über seinen Rücken strich. „Verzeih“, hörte er Kyo mit samtener Stimme hinter sich. „Ich dachte, du hättest mich gehört.“ Hatte er mit ihm geredet? Fragend sah er in die Augen des Bassisten, in die er immer noch starrte. Beruhigend fuhren die Hände des Sängers seinen Rücken langsam auf und ab. „Wenn du es mir erlaubst, helfe ich dir mit deiner Hose.“ Probeweise strichen die Hände ab und an ein Stück tiefer und auch nach vorne, um seinen Liebsten an die Berührung zu gewöhnen. Streichelte weiter, selbst nachdem der Körper unter seinen Fingern merklich ruhiger geworden war. „Kann ich?“ „Ja“, hauchte der Jüngste, presste vor lauter Aufregung die Lippen aufeinander. Die Hände wanderten nach vorne, öffneten den Hosenknopf, zogen sich wieder zurück, seinen Rücken rauf und wieder hinunter, um den Reißverschluss herunter zu ziehen. „Mach- Mach es ganz.“ Toshiya brach für einen Moment den Blickkontakt ab, um Kyo zuzunicken. So wusste jener, dass es ernst gemeint war. Ein kurzes Nicken von dem Sänger in die Richtung des Mannes zwischen ihnen, als Signal für seinen Partner. Er wurde verstanden. Der Bassist zog den Anderen an sich heran, küsste ihn. So überrascht merkte Shinya gar nicht, wie er im nächsten Augenblick den Rest seiner Kleidung verlor. „Jetzt müssen nur noch die Socken verschwinden.“ „Eh?“ Verwirrt wandte der Jüngste den Kopf zur Seite, löste sich von dem einen Liebsten, um sich zu dem anderen umdrehen zu können. Wurde aber zu eng an den Mann vor sich gedrückt, als das er es schaffte. Dafür fuhren zärtliche Hände an seinem rechten Bein herunter, gaben ihm mit einem leichten Druck zu verstehen, dass er den dazugehörigen Fuß anheben sollte. Vorsichtig verlagerte der zierliche Mann sein Gewicht, um der Bitte nachzukommen. Gleichzeitig wurde er sich zunehmend der Wärme bewusster, die Toshiyas Körper an seinen weiter gab. Ebenso den Kontakt der bloßen Haut und wie großflächig dieser war. Scham mischte sich mit einer Spur Lust. Alles war so verwirrend. Wieder suchte er den Blick des Freundes, traf auf warmes Braun. Entdeckte ein wenig Angst darin. Aber wovor konnte Toshiya denn schon Angst haben? Beiläufig nur nahm er wahr, wie er um den anderen Fuß gebeten wurde. Er lehnte sich gegen den Bassisten, kuschelte sich richtig an ihn. Je mehr er die Wärme spürte, umso ruhiger wurde er selbst. Umso besänftigter war die Stimme in ihm. Jetzt erschien es ihm geradezu lächerlich, dass er sich gefürchtet hatte. Und dass ihn die Vorstellung in einem Bett zu schlafen eben noch so paralysierte. Eine zweite Wärmequelle näherte sich nun seinem Rücken. „Vergesst nicht, weshalb wir eigentlich hier sind.“ Kyos Honigstimme, wenn er so sanft und leicht amüsiert mit ihnen sprach, war eines der schönsten Geräusche, die er je vernommen hatte. „Du hast Recht“, stimmte Toshiya zu und brachte etwas Abstand zwischen sich und seinen Partner. „Komm, ich begleite dich.“ Gleich einem Gentleman hielt er ihm seinen Arm hin, an dem jener sich auch gleich fest hielt. In der Zeit ging Kyo vor, öffnete die Tür zur Duschkabine und trat ein, um den zierlichen Geliebten in Empfang zu nehmen, welcher nun doch wieder etwas unsicherer wurde bei dem Anblick. Dabei war da nichts, was seine Augen nicht schon mal erblickt hätten. Es fehlte nur die Erinnerung daran. Seltsamerweise half dieser Gedanke ihm dabei, wieder zur Ruhe zu finden. Die ausgestreckte Hand wurde ergriffen und er schritt in die Kabine. Der Bassist legte ihnen noch schnell die Handtücher zurecht, ehe er ihnen folgte, die Tür hinter sich zu zog. „Haltet mich gut fest, ja?“ Obwohl seine Beine heute, insgesamt gesehen, noch nicht so viel hatten machen müssen wie in den letzten Tagen, spürte er doch, wie sie schwächer wurden. „Machen wir“, versprach Toshiya und schlang gleich seine Arme um den Bauch des Jüngeren. „Morgen besorgen wir endlich den Plastikhocker, der schon seit Tagen auf unserer Einkaufsliste steht“, schmunzelte der Sänger und wandte sich der Armatur zu, um das Wasser anzustellen. „Auf den kannst du dich dann in nächster Zeit setzen, wenn es gar nicht mehr geht.“ Er nahm den Duschkopf von der Halterung, drehte den Hahn auf und begann nach einer angenehmen Temperatur zu suchen. „Aber extra einen Hocker kaufen, den wir danach nicht mehr brauchen?“ Es wäre eine unnötige Geldausgabe, für die Shinya nicht auch noch verantwortlich sein wollte. „Ach, das würde ich so nicht sagen“, säuselte der Größte unter ihnen. Mit hoch gezogen Augenbraue, aber deutlich amüsiert, warf der Sänger einen Blick über die Schulter. „Brauchst du kaltes Wasser?“ Deutlich wanderten die schelmisch funkelnden Augen den großen, kräftigen Körper auf und ab. „Gleich schon.“ „Hört auf“, nuschelte der Mann zwischen ihnen verlegen. War doch schon schlimm genug, dass er beim Bett vorhin schon Panik bekommen hatte, jetzt sollte die Dusche nicht auch noch zu einem Ort werden, an dem ihm dasselbe passierte. „Machen wir“, versicherte ihm der Schwarzhaarige hinter ihm. Verstärkte seinen Griff als Entschuldigung. „Wir sind es nur gewohnt solche Anspielungen zu machen. Um den Anderen zu zeigen, dass wir sie immer noch anziehend finden.“ „Und um Kaoru zu ärgern“, ergänzte Kyo, verkniff sich ein breites Grinsen, während er den Duschkopf wieder an seinen Platz hängte. „So müsste es gehen.“ Probeweise lehnte Shinya sich nach hinten, streckte einen Fuß nach vorne. „Ja, das ist angenehm.“ „Dann machen wir uns mal nass.“ Von hinten schob der Bassist seinen Liebsten weiter unter den Wasserstrahl, wo ihr Partner sie in Empfang nahm. Jener strich ihrem wiedergefundenen Schatz durch die kurzen Haare, um die Feuchtigkeit darin zu verteilen. Nachdem der Größte unter ihnen sich ein wenig vorgebeugt hatte, wiederholte Kyo diese Geste auch bei ihm. Noch ehe dieser es bei sich selbst machen konnte, fuhren die zarten Finger des Schlagzeugers durch seine blonden Haare. Mit geschlossenen Augen, neigte er den Kopf nach vorne, genoss die liebevolle Zärtlichkeit. Es war toll, wenn die Neugier in seinem Liebsten die Überhand nahm. Wenn ein klein wenig der Mann durchbrach, der sie die letzten Jahre so innig geliebt hat. Blind tastete er nach dem Wasserhahn, um erst einmal zu pausieren, damit sie mit dem Duschgel weitermachen konnten. Von diesem bekam Toshiya etwas in eine Hand, dann er selbst und während jener sich um den Oberkörper ihres Liebsten kümmerte, fing er selbst mit dessen Beinen an, arbeitete sich langsam an die etwas heikleren Zonen heran. Prüfend sah er nach oben, um ausmachen zu können, was noch angenehm war für den anderen Mann und wann er zu weit ging. Jener schien allerdings so berauscht zu sein, von dem Gefühl der fürsorglichen Hände auf seiner Haut, dass er gar nicht mehr auf den Gedanken kam das Ganze zu unterbinden. Bei den Krankenschwestern hatte es immer etwas mechanisches gehabt. Aber dies hier gerade war so unglaublich aufregend, dass er sich den geliebten Menschen einfach hingeben wollte. Verkrampfen tat er sich dennoch, sobald sich die tätowierte Hand des Älteren direkt um seine Körpermitte kümmerte. Eine Mischung aus Furcht und Erregung durchflutete ihn. Trotzdem war es um Längen besser, als die Erfahrung im Krankenhaus, mit der Schwester. Traurig schaute er nach unten, nachdem die Behandlung aufhörte. Der Andere war bereits fertig mit einseifen. Glücklicherweise? Bedauerlicherweise? Ein kleiner Kuss, ehe Kyo sich erneut die Flasche mit dem Duschgel nahm. „Jetzt kommst du dran.“ Schließlich benötigte Toshiya seine Hände, um den Freund zu halten. So konnte er sich unmöglich um sich selbst kümmern. Geübt strichen die Hände über den vertrauten Körper, verteilten die flüssige Seife auf der feuchten Haut, erfreute sich an dem Schnurren, welches seine Belohnung war. Aufhören dürfte er vermutlich nie mehr, wenn es nach seinem Schatz ging. „Toshiya?“, holte sich Kyo die Aufmerksamkeit von diesem. „Hm?“ „Schaffst du es, Shinya das Shampoo in die Haare zu machen?“ Überlegend sah der Größere auf den Mann vor sich. „Ja, sollte ich hin kriegen.“ „Du könntest es mir auch auf die Hand geben und ich mache es selbst“, warf ihr Partner leise ein. „Ein bisschen was kann ich dann ja doch.“ „Tut uns Leid. Wir mögen dich schlichtweg noch ein wenig umsorgen.“ Leicht verlegen lachte Toshiya hinter ihm, verstärkte seine Umarmung nochmal ein wenig. „Das... Das ist ja lieb, aber nicht in Watte packen. Das hilft mir doch nicht.“ „Wir werden es noch lernen. Versprochen.“ Kyo ging um die beiden herum und tauschte die Flasche Duschgel gegen das Shampoo. „Was ist mit dir?“ „Hm?“ Fragend schaute der Älteste zu Shinya. „Du musst dich doch auch noch einseifen.“ Mit einem Schmunzeln nahm der Sänger eine Hand des Jüngeren und gab eine kleine Menge des Flascheninhalts auf die Handfläche. Für die kurzen Stoppeln brauchte er wirklich nicht mehr. „Ich mach das gleich. Erst werdet ihr beide fertig. Wenn ihr euch abtrocknet, mache ich mich schnell fertig. Dauert ja nicht lange.“ „Uhm...“ Verlegen biss sich Shinya auf die Unterlippe, starrte auf die helle Masse in seiner Hand. „Aber?“, hakte der Blonde nach und versuchte einen Blick in die Augen seines Schatzes zu erhaschen. „Ich würde... Dir gerne...“ „Was?“ Sein eigenes Herz hüpfte, weil es etwas ahnte, seine Neugier wollte es allerdings genau wissen. „Kann ich dir deine Haare machen?“ Immerhin hatte der Sänger auch schon einiges für ihn gerade getan. Einen Augenblick später bekam er schon etwas mehr von dem Shampoo und den Kopf hingehalten, um den er sich kümmern wollte. Darauf bedacht dafür zu sorgen, dass Kyo nichts von der Seife in die Augen bekam, fuhren seine Finger vorsichtig durch die blonden Strähnen. Mit wachsender Begeisterung, wie er überrascht feststellen musste. Es war ein schönes Gefühl für ihn. Sorgfältig bedeckte er das gesamte Haupt mit Schaum, stellte erfreut fest, wie sich der Freund ein Stückchen näher an ihn stellte. „Fertig.“ Verkündete er einen Moment später. Wobei ihm das schon ein wenig Leid tat. Kyo nahm die Hände von seinem Kopf, grinste. „Mit dem Schaum hier kannst du auch noch locker deine eigenen Haare machen.“ „Vermutlich.“ Während Shinya das ausprobierte, ging Kyo wieder dazu über, sich um Toshiya zu kümmern. „Jetzt wasch ich dir den Kopf“, schimpfte er scherzhaft. „Dabei bin ich mir keiner Schuld bewusst.“ Die eigentliche Prozedur ließ er dennoch gerne über sich ergehen. Er mochte das Gefühl, wenn ihm jemand durch die Haare strich. Es hatte etwas vertrautes. Die fertig eingeseiften Haare wurden ihm nach hinten gestrichen, um das Risiko zu verringern, dass Schaum ins Gesicht laufen würde. „Jetzt noch schnell...“, murmelte Kyo, um einen Augenblick später seinen Körper einzuseifen. „Ich glaube“, setzte Shinya in dem Moment an, kuschelte sich ein wenig in die Umarmung und gegen die muskulöse Brust in seinem Rücken, während er darum kämpfte noch ein wenig stehen zu können, „ich möchte gleich doch bei euch mit im Bett schlafen. Darf ich dann in eure Mitte?“ „Gerne doch.“ Noch mal eine Spur fester legten sich die starken Bassistenarme um den zierlichen Körper, während Kyo zustimmend nickte und nach dem Wasserhahn griff. Zeit, sich all die Seife wieder vom Körper zu waschen. Hände strichen über eigene und fremde Körper, um dem herabregnenden Wasser dabei zu helfen jeglichen Schaum und Schmutz zu beseitigen. Keine Spur mehr von Schüchternheit oder Nervosität oder gar Scham. Ein jeder genoss die Wärme, sehnte sich nach mehr Nähe. Selbst, als sie sauber waren, kam es nicht in Frage aufzuhören. „Ich weiß es jetzt“, hauchte Shinya schließlich, war fast nicht zu hören über das Rauschen des Wassers. „Was weißt du?“, wurde ihm von hinten ins Ohr geflüstert. „Dass in eurer Mitte der sicherste Ort auf dieser Welt ist.“ Kapitel 39: Leave your cage --------------------------- Shinya stand an der Arbeitsfläche gelehnt und zerlegte den Fisch für ihr Abendessen. Das war anstrengend, aber für kleine Pausen stand schon ein Stuhl bereit. Kochen machte ihm nach wie vor Spaß. Derzeit war es etwas umständlich, aber das hielt ihn nicht davon ab, sich hier hin zu stellen und ihnen etwas auf den Tisch zu bringen. Die Zutaten hatte Toshiya vorhin, nach seiner Liste, eingekauft. War doch etwas schneller und einfacher, wenn es sein Bassist erledigte. Dafür war er heute aber auch schon zum Briefkasten gegangen. Beim Verlassen der Wohnung hatte er noch gehört, wie der Größere ein Gegenargument finden wollte, jedoch ganz schnell wieder den Mund geschlossen und ihn hat ziehen lassen. Die ersten beiden Etagen war er über die Treppe nach unten, ehe er doch lieber auf den Fahrstuhl gewechselt ist. Auf dem Rückweg wollte er eigentlich ähnlich verfahren. Mit den vielen Briefen und Flyern unterm Arm war er am Ende aber doch lieber gänzlich mit dem Fahrstuhl gefahren. Das Kochen jetzt war, wie gesagt, spaßig, aber auch irgendwie skurril. Im Grunde stand er in einer Küche, die er nicht kannte, aber wenn er etwas brauchte, öffnete er die entsprechende Schublade oder Schranktür, in der sich das befand, was er haben wollte. Es war ein bisschen unheimlich, wenn 'der andere Shinya' in ihm agierte. Jener hatte ihm zwar zu diesem wahnsinnig intensiven Erlebnis gestern Abend verholfen, merkwürdig war es dennoch. 'Er' hatte ihm letzte Nacht noch ein paar Bilder geschenkt. Vieles von Alltagsmomenten, hier aus der Wohnung. Von kleinen Neckereien und Küssen. Zum Glück hatte er ihm den Anblick von Intimitäten erspart. Grübelnd legte er die Fischfilets in die heiße Pfanne. War er jetzt eigentlich schizophren? Immerhin war ein anderes 'Ich' in ihm. Ein wohlwollendes, aber eben ein anderes. „Hier.“ Überrascht schaute er auf das Brettchen mit der gewürfelten Paprika vor seiner Nase, anschließend auf den Mann der es hielt. Toshiya. Für einen Augenblick hatte er jetzt wirklich vergessen, dass er hier war und ein wenig mithalf. „Uhm, danke. Würdest du alles in die zweite Pfanne hier tun?“ „Mach ich.“ Vorsichtig schob der Ältere alles vom Brettchen hinunter. „Wo warst du denn eben mit deinen Gedanken?“, erkundigte jener sich. War ihm ja doch aufgefallen, dass sein Schatz ein wenig abwesend war. „Ich war... bei gestern Abend. Und bei der Nacht“, gestand er kleinlaut. „Ich muss das noch... ein wenig verarbeiten“, stotterte er sich zusammen. Alles weitere wollte er vorerst noch für sich behalten. Je nachdem, wie sich diese Zwiegespräche entwickeln würden. Am Ende erwarteten die anderen beiden noch, dass er sich so verhielt, wie der Mann, der er vor seinem Unfall gewesen war. Mit den Kochstäbchen rührte er in der Pfanne herum, damit nichts anbrennen konnte. Ohne Vorwarnung schmiegte sich der Bassist von hinten an ihn an. Leicht verkrampft stand er nun da, hielt sogar die Luft an. „Entspann dich“, flüsterte man ihm ins Ohr. „Du sahst gerade nur so aus, als würdest du nicht mehr lange stehen können.“ Tatsächlich merkte der Jüngere, wie die Muskeln in seinen Beinen nach einer Pause verlangten. „Du bist echt aufmerksam.“ „Das zeichnet mich als guten Partner aus“, kam es überzeugt von dem Älteren und Shinya konnte spüren, wie jener sich stolz aufrichtete. Lachend wendete er den Fisch. „Es ist wirklich hilfreich.“ „Ich kann sogar multitasking.“ Zum Beweis kümmerte er sich um die Paprika. „Perfekt.“ Ein schönes Gefühl hier so zu stehen, gemeinsam zu scherzen und zu kochen. Der ruhige Atem des Anderen jagte ihm kleine Schauer über den Rücken und warm ins Herz. „Ich bin froh.“ „Worüber?“ „Dass ich weiß, dass wir zusammen sind. Und darüber, dass ihr mich immer noch liebt und euch so um mich kümmert.“ Über die Art und Weise wie sie ihn ermutigten, ihn unterstützten. Zärtliche Küsse landeten auf seinem Hals. Leise wisperte Toshiya: „Du glaubst gar nicht, wie froh wir sind, dass du überhaupt noch lebst.“ „Ich auch“, flüsterte der Jüngere und musste unweigerlich an die Narben auf seiner Haut denken. „Meinst du, Kyos Fotoshooting wird noch lange dauern?“, wechselte er das Thema. Nachdenklich kratzte sich der Schwarzhaarige an der Wange. „Ich denke nicht. Aber ich würde nicht davon ausgehen, dass er in den nächsten fünf Minuten hier erscheint. Ich glaube, sie wollten die erste Single noch einmal besprechen im Anschluss. Erfahrungsgemäß wird das mehr Zeit in Anspruch nehmen, wie das Shooting.“ Wieder kümmerte er sich um den Inhalt in der zweiten Pfanne. „Er würde jedenfalls nicht wollen, dass wir mit dem Essen auf ihn warten.“ Mit fragendem Blick wandte der Koch sich zu dem Mann hinter sich, wollte erfahren, wie er sich da so sicher sein konnte. Die Antwort stand seinem Freund allerdings ins Gesicht geschrieben: Er kannte Kyo. Durch die Partnerschaft noch besser, als durch die lange Freundschaft vorher. Natürlich konnte er sich sicher sein, wenn er eine solche Aussage machte. Ein überraschender Kuss traf seine Lippen. „Überzeugt?“ Leicht zuckten seine Mundwinkel zu einem Lächeln, während er nickte. Verlegen wandte er sich wieder dem Essen zu. „Würdest du Geschirr bereit stellen? Es müsste gleich alles so weit sein.“ Wie aufs Stichwort signalisierte der Reiskocher, dass er seine Arbeit erledigt hatte. „Sag ich ja.“ Nach dem Essen hatten sie sich darauf geeinigt noch eine DVD zu schauen. Eine von ihren Konzert DVDs. Vorerst eine, die noch von vor dem Unfall veröffentlicht worden war. Etwas das er kannte und an das er sich doch gerne noch zurück erinnerte. Obwohl fehlte, dass er damals schon etwas für seine beiden Freunde empfunden hatte. Dass sich diese dumme Amnesie auch ausgerechnet das hatte aussuchen müssen. Sie waren schon bei der zweiten DVD der Age Quod Agis Volume 1 angelangt, als sich die Haustür öffnete und wenige Augenblicke später Kyo in dem Durchgang zum Wohnzimmer erschien. In Shinyas Augen wirkte der Sänger müde und angeschlagen. Sofort stand Toshiya auf, ging auf ihren Partner zu, welchen er auf die Stirn küsste und fürsorglich fragte: „Soll ich dir einen Tee kochen?“ Ein zaghaftes Nicken. „Und deinen Inhalator vorbereiten?“ Ein starkes Nicken. „Alles klar.“ Kurz wurde dem Sänger durch sein Haar gestrichen, ehe sich der Größere in die Küche begab, um sich um alles zu kümmern. Dankbar wurde ihm für einen Moment noch nachgesehen. Der Andere konnte wirklich ein Schatz sein. Seufzend wandte er sich wieder um, ging geradewegs auf das Sofa zu, auf dem sein anderer Partner lag. Mit einem schwachen Lächeln hielt er ein weißes, in Plastik gehülltes Ding hoch, welches er anschließend auf den Tisch legte. „Was ist das?“ Neugierig beugte Shinya sich nach vorne, um den Aufkleber betrachten zu können. „Oh. Du hast tatsächlich noch einen Hocker besorgt?“ Wieder nickte der Sänger, ließ sich auf das Sofa fallen. Bestimmend packte er Shinya an den Schultern, richtete jenen wieder auf. Der Größere blinzelte etwas überrumpelt, nahm es dem Älteren einen Augenblick später aber nicht mehr übel, als dieser seinen Kopf bei ihm auf den Schoß legte. „Doch ein Schmusekater“, murmelte er schelmisch, bemerkte das Schmunzeln in dem Gesicht seines Freundes. „Keine Lust heute zu sprechen?“ Gequält schüttelte Kyo den Kopf, strich sich über den Hals. „Halsschmerzen? Wie doof.“ Mitfühlend begann er dem anderen Mann, welcher lediglich mit den Schultern zuckte, über den Kopf zu streicheln, legte den anderen Arm auf dessen. „Darum die Inhalation? Geht es danach denn besser?“ Wieder ein stummes 'Ja'. „Das ist gut.“ Auf dem Fernsehbildschirm war immer noch die Dokumentation zu sehen. Aufmerksam verfolgten beide Männer das Geschehen, betrachteten sich und ihre Freunde bei dem Auftritt der gerade gezeigt wurde. Insgeheim wünschten sie sich beide in diese Zeit zurück. Obwohl es bedeuten würde, dass ihre Liebe wirklich völlig von vorne beginnen musste. Toshiya betrat den Raum, näherte sich ihnen. „Das Wasser kocht und der Inhalator ist vorbereitet. Kannst also loslegen, wenn du möchtest.“ Für einen kleinen Moment haderte der Tätowierte. Hier zu liegen war schön und tat sowohl seiner Seele, als auch seinem Herzen ungemein gut. Aber zum Schweigen verdammt zu sein, war nicht mehr ganz so angenehm. „Wir können doch weiter kuscheln, wenn du fertig bist. Bis dahin ist auch dein Tee so weit und ich habe dir auch noch was von unserem Essen aufgewärmt.“ Gute Argumente. Schwerfällig hob er den linken Arm, streckte seine Hand dem Größeren entgegen. Amüsiert schüttelte Toshiya den Kopf, ergriff aber die dargereichte Hand. Mit einem Ruck zog er den anderen Mann in die Senkrechte, mit einem weiteren verhalf er ihm auf die Beine. „Und jetzt ab in die Küche.“ Er schubste den Partner Richtung Ausgang, konnte es sich nicht verkneifen ihm noch einen motivierenden Klaps auf den Hintern zu verpassen. „Ich komme gleich nach.“ Einen kleinen Augenblick wollte er einfach noch bleiben und das Geschehen auf dem Bildschirm für einen Moment verfolgen. „Ach ja.“ Lange war es her. „Bin ich froh, dass wir uns in der Nähe der Kameras beherrschen konnten mit unseren hungrigen, verliebten Blicken. Das wäre sonst so peinlich geworden.“ Auf dem Sofa wechselte das Gesicht des Schlagzeugers wieder einmal auf rot. „Aber wir haben bei der Endfassung doch bestimmt drauf geachtet, oder nicht?“ „Ja“, kam es gedehnt. „Wobei ich da jetzt auch nur für mich sprechen kann. Es war aber auch wirklich nicht einfach, weil ich mich natürlich nicht verraten wollte.“ Aus der Küche kam das Geräusch eines laufenden Inhalators. „Ich mach ihm dann mal eben den Tee und das Essen. Bin gleich wieder zurück. Brauchst du noch irgendwas?“ „Uhm.“ Nachdenklich sah er zu dem Stehenden, meinte dann schüchtern: „Euch?“ „Kriege ich hin“, kam es überzeugt von dem Anderen, welcher sich nun auf den Weg zurück in die Küche machte. Zurück blieb Shinya, der jetzt schon Sehnsucht verspürte. Um sich abzulenken schaute er wieder zum Fernseher. Zumindest dort waren sie bei ihm. Seufzend griff er nach der Sofadecke hinter sich, legte sie sich über die Beine, um für etwas Wärme zu sorgen. Von dem Fernseher hörte er, wie er den Takt für einen weiteren Song vorgab. Wehmütig seufzte er. Wurde wirklich Zeit, dass er begann sich wieder an sein Schlagzeug zu setzen. Das Spielen zu trainieren. Seine Füße fingen schon mal an, wie er spüren und anhand der Bewegungen der Decke auch sehen konnte. Zum Glück war sein Kopf nicht der einzige, der sich an diesen Song erinnerte. Wehmütig warf er einen kurzen Blick zur Tür, hörte die Geräusche aus der Küche. Und fühlte sich einfach nur alleine. Süchtig war er geworden. Nach diesen beiden Männern und ihrer Nähe. Vor ihm piepte sein Handy. Neugierig nahm er es in die Hand. Eine Nachricht. Von seinem guten Freund Hyde. Mit der Frage, wie es ihm ginge. Um die Einsamkeit ein wenig zu bekämpfen tippte er eine Antwort und in den folgenden Minuten chatteten sie ein wenig. Bis die Frage kam, ob sie sich nicht mal wieder treffen wollten. Hyde hätte vorerst einiges an Freizeit und wollte diese gerne mit Menschen verbringen, die er schon lange nicht mehr gesehen hatte. 'Wie in alten Zeiten.' Das war ein Satz, bei dem dem schlaksigen Japaner irgendwie unwohl war. Sein Freundeskreis wusste, was passiert war. Wusste auch von den Folgen. Es wäre auch eine gute Gelegenheit, um Erinnerungen zu entdecken. Aber... „Warum schaust du denn so traurig?“, erschreckte ihn eine sanfte Stimme und als er aufsah, schaute er direkt in Kyos fragendes Gesicht. Mit einem Teller dampfenden Essens setzte jener sich neben ihn, hatte aber weiterhin dieses große Fragezeichen im Gesicht. „Uhm, Hyde-kun hat angefragt, ob er und ich uns nicht treffen wollen.“ Schmunzelnd lehnte sich der kleinere Mann an, nahm den ersten Bissen zu sich. „Geh doch ruhig hin. Es wird dir gut tun, auch mal jemand anderen zu sehen, als immer nur uns zwei Esel.“ „Aber-“ Er stockte. „Ach, ich weiß auch nicht. Ich würde gerne, aber diese Lücke... Und mit den Krücken errege ich nur zu viel Aufmerksamkeit. So könnten er und ich doch gar nicht in Ruhe zusammen sitzen. Verstehst du?“ „Ja“, murmelte Kyo mit vollem Mund, schluckte und fuhr dann fort: „Aber bei aller Liebe, mein Schatz: Mit deiner derzeitigen Haarpracht würde dich niemand wiedererkennen.“ Mit hoch gezogenen Augenbrauen sah er in von unten herauf an, die Lippen aufeinander gepresst, während er verunglückt lächelte. Böse war es wirklich nicht gemeint. Nur war es schon Ewigkeiten her, dass sein Schatz schwarze Haare und dazu auch noch so kurze hatte. Seufzend wandte er sich wieder seiner Portion zu, nachdem sich der Mann neben ihm nachdenklich über den Kopf gestrichen hatte. „Außerdem wird Hyde-san auch den ein oder anderen Trick kennen, um nicht erkannt zu werden.“ „Wer wird nicht erkannt?“, stellte Toshiya beim herein kommen die Frage, hatte er doch lediglich den letzten Teil mit bekommen. Auf den Wohnzimmertisch stellte er eine Teekanne, sowie mehrere Tassen. Kurz wurde er von dem Sänger auf den aktuellen stand gebracht. „Ich gebe Kyo recht. In allen Punkten. Es tut deiner seelischen Gesundheit gut.“ Ruhig und gelassen ließ er sich zu Shinyas anderer Seite nieder. „Die ist noch ein wenig wichtiger, wie die andere.“ Fürsorglich legte er ihm einen Arm um die Schulter, strich ihm über den Kopf und gab ihm einen Kuss auf die Schläfe. „Ihm ist es doch egal, dass du die Krücken noch brauchst. Sonst hätte er nicht gefragt.“ Kyo zur anderen Seite stellte nach ein paar stillen Minuten seinen leeren Teller weg, legte sich mit einem zufriedenen Seufzer wieder auf den Schoß seines Liebsten. „Sag zu. So lange du für den Rest dieses Tages hier sitzen bleibst, könnt ihr euch verabreden, für wann immer ihr wollt. Ich brauche dich jetzt als Kissen.“ Lachend strich Toshiya durch die blonde Mähne. Noch immer unsicher dachte der Jüngste über die Worte seiner Freunde nach, während er auf das Display und den Chatverlauf sah. Er wollte wirklich gerne gehen. Aber so ein wenig war der Freund auch ein Fremder geworden durch diese Lücke. „Und wenn es doch ein Reinfall wird? Wenn diese fünf-?“ „Die Lücke werdet ihr bei dem Gespräch doch schließen“, unterbrach Kyo gähnend und drehte sich auf den Rücken, um den anderen Mann anzusehen. „Ich kenne eure Gespräche da nicht“, er nickte Richtung Handy, „aber bei dem Treffen könnt ihr doch über all das reden, was ihr bisher noch nicht besprochen habt. Und über all das, was jetzt ist. Wie man es mit Freunden eben macht.“ Nachdenkliches Brummen und aufs Display starren. „Tu es!“, flüsterte Kyo nochmal, Toshiya wirkte als Echo, wollte ihren Liebsten ebenfalls bestärken. Resignierendes Seufzen und Daumen, die über eine virtuelle Tastatur flogen. „Zugesagt. Seid ihr zufrieden?“, brummelte der Jüngste, mit ein wenig mehr Farbe im Gesicht. „Sehr sogar“, schmunzelte Toshiya, drückte ihn ein wenig an sich. „Sind wir“, bestätigte Kyo noch einmal lächelnd. „Freust du dich denn zumindest ein bisschen drauf?“ „Uhm, ein bisschen. Ja“, gab der Mann in ihrer Mitte kleinlaut von sich. Sein Handy landete auf dem Tisch und er verschränkte die Arme. „Können wir jetzt in Ruhe die DVD weiter gucken?“ Kyo drehte Kopf und Körper Richtung Fernseher, machte es sich gemütlich auf dem Schoss des Partners. Der Bassist behielt seinen Arm weiterhin um die zierliche Schulter des zierlichen Mannes neben sich, rutschte aber in eine etwas bequemere Position. Je länger sie schauten, umso entspannter wurde auch der Jüngste. Verflog der Ärger darüber, dass sie ihn gedrängt hatten. Dafür freute er sich immer mehr auf ein Treffen mit Hyde-san. Nicht einmal die Bedenken, die er eben noch wegen der Lücken gehabt hatte, konnten das verhindern. Er löste seine Arme aus der Verschränkung, legte seinen linken nach einem kurzen Zögern auf Kyos Taille. Das gab ihm ein gutes, vertrautes Gefühl und einen zufriedenen, kleinen Seufzer von dem Sänger. Die Hand auf seiner Schulter begann mit dem Daumen über selbige zu streichen. Eine schöne Geste. Zaghaft lehnte er sich Stück für Stück nach rechts, lehnte sich an den warmen Körper. Ein wohlig, warmes Gefühl von zu Hause durchflutete ihn. „Ich liebe euch.“ Kapitel 40: Gespräch -------------------- Weil öffentliche Verkehrsmittel mit Krücken reinste Folter sein konnten, war Toshiya so lieb ihn in der Nähe des Café abzusetzen, in dem er sich mit Hyde treffen wollte. Und wenn er ihm Bescheid sagte, holte er ihn auch wieder ab. Zum Glück war keiner von seinen beiden Freunden auf die Idee gekommen, ihn zu begleiten. Besser gesagt: Sie hatten diese Idee nicht ausgesprochen. Shinya war reichlich nervös, während er tapfer und auf eine Krücke gestützt auf das Café zu ging. Von der Uhrzeit her, könnte der Freund bereits da sein. Das würde gleich so merkwürdig werden. Über den Chat hatten sie in letzter Zeit schon viele Informationen ausgetauscht. Hyde hatte ihm von den letzten fünf Jahren erzählt und der Schlagzeuger hatte sich übers Internet auch ein wenig mit den aktuelleren Werken des Freundes beschäftigt. Ganz unwissend und ganz unvorbereitet wollte er dann auch nicht bei diesem Treffen auftauchen. Es wäre ihm selbst zumindest sehr unangenehm. Vor dem Eingang blieb er noch einmal stehen. Er spürte das Zittern seines Körpers. Es kam nicht von Erschöpfung oder Überanspruchung. Im Grunde war er einfach nur fürchterlich nervös. Nachher stelle er irgendeine dumme Frage oder dergleichen und blamierte sich. Plötzlich legte sich eine Hand auf seine Schulter. „Da bist du ja.“ Erschrocken drehte er sich um und schaute einen Mann mit großer Sonnenbrille und Mundschutz an, der ein wenig kleiner, wie er war. „Ich hatte fast befürchtet, dass du nicht kommen würdest.“ Noch immer ein wenig verständnislos starrte er den Mann an, bis jener seine Brille ein wenig nach unten schob und ihn ein paar braune, sehr bekannte Augen freudig anblitzten. Erleichtert seufzte er auf. „Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“ „Tut mir Leid“, entschuldigte sich Hyde aufrichtig. „Ich bin nur wirklich froh dich zu sehen. Bis vorhin hab ich, ehrlich gesagt, befürchtet, dass du mir absagen würdest.“ An Hydes Augen konnte man die ehrliche Erleichterung sehen. Bis eben musste er wirklich befürchtet haben, sitzen gelassen zu werden. „Gehen wir rein. Hab uns beiden einen Tisch reservieren lassen in einer hinteren Ecke, damit wir uns ungestört unterhalten können.“ Vor allem aber, weil er nicht die ganze Zeit mit der Maske im Gesicht da sitzen wollte. Bei einem entspannten Gespräch unter Freunden wollte er sie nicht tragen. Mit einer einladenden Geste deutete Hyde auf das Café und Shinya setzt die Krücke vor. In Begleitung von dem Freund ging es langsam auf den Eingang zu und hinein, wo sie von einer Kellnerin in Empfang genommen wurden. Der kleinere Musiker erzählte ihr von seiner Reservierung, woraufhin sie sie zu ihrem Tisch führte, der wie verabredet im hinteren Teil des Lokals stand. Shinya fühlte sich schrecklich, weil man auf ihn warten musste. Aber weder die Bedienung, noch sein guter Freund ließen sich etwas anmerken. Hyde bot ihm den Stuhl an, der etwas näher an war, ließ sich dann auf dem gegenüber nieder. Shinya nahm Platz, legte die Krücke neben sich, zwischen Stuhl und Wand, damit niemand darüber stolpern konnte. Von der Bedienung erhielten sie jeweils eine Karte und sie ließ sie alleine, damit sie wählen konnten. Shinya seufzte, schlug die mehrseitige Auswahl auf. „Was ist los?“, erkundigte sich der Mann ihm gegenüber. „Ach, ich...“ Der Schlagzeuger ließ die Karte sinken. „Ich hätte dir wirklich beinahe abgesagt. Und wenn ich ehrlich sein soll, auch beinahe gar nicht erst zugesagt.“ „Eh?“ Ungläubig nahm Hyde seine Maske und die Sonnenbrille ab, starrte den Freund an. „Warum denn nicht?“ Unsicher ging sein Blick nach unten zu seinem Bein und zu der Gehhilfe. „Ich wollte dir nicht zumuten mit einem-“ „Einem was?“, fiel der Ältere ihm ins Wort. „Einem Freund gesehen zu werden?“ „Du weißt, was ich eigentlich sagen wollte.“ „Ja, aber ich lasse nicht zu, dass dich jemand als Krüppel bezeichnet. Nicht einmal du selbst.“ Hyde lächelte ihm zu, ehe er in die Karte schaute. „Sieht das alles lecker aus.“ Was in der Karte stand interessierte den Jüngeren gerade eher weniger. Viel mehr war er damit beschäftigt den Freund ihm gegenüber zu betrachten. Er fühlte sich schlecht dafür, sich nicht mit ihm hatte treffen zu wollen. Wo jener doch einfach nur ihn, den Freund, mal wieder treffen wollte. Selbst ohne seinen Gedächtnisverlust, war ihr letztes Treffen einige Monate her. Bedingt durch Touren und durch seine Reha. „Ich kann mich kaum entscheiden“, hörte er den kleineren Mann seufzen. „Wie sieht es bei dir aus?“ Erwartungsvoll schaute jener ihn an, was ihn erst einmal dazu brachte, den Blick zu senken und sich die Auswahl zum ersten Mal wirklich anzusehen. „Da ist einiges bei, was sehr appetitlich aussieht.“ Dank der vielen Bilder bekam man einen guten Vorgeschmack auf das, was man sich bestellte. „Ich hab dir übrigens mein Tablet mitgebracht. Hattest mir doch geschrieben, dass du dir gerne Fotos und all sowas ansiehst und dabei sogar Teile deiner Erinnerung wieder kommen. Ich dachte, ich zeige dir noch ein paar Aufnahmen aus den letzten Jahren, wenn du möchtest.“ „Sehr gerne.“ Aus dem Internet hatte er zwar schon viele Fotos und Informationen gesehen und in ihren Nachrichten hatten sie auch schon einiges ausgetauscht. In denen waren auch Fotos dabei gewesen, die ihren Weg ins Internet nicht gefunden hatten. Auf seinem Handy und seinem Laptop, sowie seinem Instagram-Profil,welches ihm noch immer ein wenig merkwürdig vorkam, befanden sich auch viele Fotos. Zum Teil eben auch sehr private mit Freunden. Doch nicht bei jedem war eine Erinnerung gekommen. Die Aufnahmen, welche Hyde ihm mitgebracht hatte, waren vielleicht oftmals dieselben, aber er konnte sich nun dessen Sicht der Dinge und ein paar Details erzählen lassen, die ihm nun helfen würden. Doch zuerst sollten sie bestellen. Shinya atmete einmal tief durch, fühlte sich gleich ein wenig entspannter. Er hatte sich zu viele Sorgen über das Treffen gemacht. Von Hyde brauchte er nichts befürchten. Der Ältere war ein Freund und erwies sich gerade als ein sehr guter. Obwohl er viel um die Ohren hatte, traf er sich mit ihm und wollte ihm auch noch helfen. Erneut wanderte sein Blick über die Karte in seinen Händen und er fand endlich etwas, auf das er Appetit hatte. Als kurz darauf die Kellnerin wieder kam, bestellte er sich einen Milchkaffee und ein Stück von dem sehr fluffig aussehenden Käsekuchen. Bei dem Älteren wurde es durch seinen gesegneten Appetit ein wenig mehr, als nur ein Stück Apfelkuchen. Seine Bestellung enthielt auch noch Waffeln mit heißen Kirschen und einen Eisbecher, welcher ihm gebracht werden sollte, sobald er das andere aufgegessen hatte. Alles begleitet von einem einfachen Kaffee. „Irre ich mich oder siehst du jetzt um einiges entspannter aus?“, fragte der Sänger und lehnte sich, mit beiden Unterarmen vor sich auf dem Tisch, ein wenig nach vorne. Verlegen kratzte Shinya sich an der Wange. „Ich bin ein wenig entspannter. Meine Bedenken und meine“, er lachte und schüttelte verlegen den Kopf, „Ängste sind verschwunden. Es ist nur ein wenig ungewohnt etwas zu unternehmen, wenn keiner der anderen Beiden hier ist. Seit ich wach bin hatte ich eigentlich immer entweder Kyo oder Toshiya oder eben beide an meiner Seite. Ihren Tagesablauf, ihre Termine planen sie immer so, dass einer von ihnen bei mir sein kann.“ „Ist das nicht anstrengend?“ Skeptisch zog Hyde die Augenbrauen zusammen, legte den Kopf schief. „Und geht man sich dann nicht irgendwann furchtbar auf die Nerven?“ Wieder musste der Jüngere ein wenig lachen. „Das fragen mich viele mit denen ich wieder schreibe. Und eigentlich hätte ich auch gedacht, dass einer von ihnen mit her kommen würde. Sogar darauf besteht. Aber sie haben mich gefragt, ob ich nicht lieber alleine mit dir reden will und die Idee mochte ich. Sie hatten keinerlei Einwände, sprachen nur ab, wer mich hierher bringen kann.“ Beide Hände legte er auf den Tisch, schaute verträumt auf sie hinab. „Aber nein: Ich werde ihrer nicht überdrüssig. Ab und an fühlt es sich noch ein wenig merkwürdig und irreal an, wie wir leben. Dass wir...“ Er schaute auf und dem Freund gegenüber in die Augen, lächelte warm und verliebt. „Wenn sie mich ansehen, voller Liebe und Wärme, dann weiß ich einfach, dass ich nie genug von ihnen bekommen werde.“ Hyde öffnete den Mund, holte tief Luft, stockte jedoch, bevor er sie lachend wieder ausstieß. „Das ist der Shinya, den ich kenne. Verliebt wie eh und je.“ Langsam ließ das Lachen wieder nach und bevor er weiter sprach, sah er die Kellnerin mit ihren Getränken kommen. Vorsichtig stellte sie ihre Bestellungen hin, entschuldigte sich für einen Moment und meinte, dass sie ihnen sofort den Rest bringen würde. „Beschwert Kaoru-san sich wieder?“, erkundigte er sich, nachdem die Frau sie erst einmal wieder allein gelassen hatte. „Er hält sich zurück. Glaub ich. Rollt bei unseren Treffen nur manchmal mit den Augen und schüttelt amüsiert den Kopf. Vielleicht hat er es aufgegeben, sich immer wieder zu beschweren.“ Böse meinte ihr Leader es ja nicht. Selbst ihm war aufgefallen, dass Kaoru das mehr aus Gewohnheit machte, als dass er ihnen wirklich etwas vorwerfen wollte. Ihre Teller mit süßen Versuchungen wurden gebracht und Shinya musste schmunzeln, da sein Käsekuchen nicht einfach nur fluffig, sondern richtig wackelig war. Leicht tippte er ihn mit der Gabel an, um das Ganze noch einmal zu sehen. „Shinya?“ „Hm?“ Neugierig schaute er von seinem wackelnden Kuchen auf. „Hältst du mich auf dem Laufenden? Was dein Spiel angeht. Ich möchte auch in Zukunft wieder Halloween Partys veranstalten. Weil sie einfach so viel Spaß machen. Mit dem Verkleiden, mit den vielen Freunden aus unserem Business und den vielen Fans. Und ich hatte immer den Eindruck, als hättest auch du ganz viel Spaß dabei. Darum würde es mich freuen, wenn du irgendwann wieder mit machen könntest.“ Von den Partys hatte er auch einige Fotos gesehen. Sich selbst in Kostümen, an die er sich nicht erinnern konnte, teilweise sogar ein bisschen schämte. „Ich erinnere mich noch an dieses weiße Kleid“, sinniert Hyde und schaute leicht verträumt in die Gegend. „Mit Spitze und allem. Sogar passenden Handschuhe und einer langen, weißblonden Perücke. Hattest wie eine Braut damals ausgesehen“, grinste er amüsiert und schob sich eine Gabel voll mit Kuchen in den Mund. Genießend flackerten ihm die Augen zu. Wie lecker das war. Oh, er liebte gutes, leckeres Essen. Währenddessen grübelte Shinya über das Kleid, von dem der Freund gesprochen hatte. Er war sich sicher, dass er sich an ein Foto erinnerte, aber nicht- Ihm wurde leicht schwindelig, weswegen er sich mit einem Arm auf dem Tisch abstützte und sich leicht die Schläfe massierte. „Was hast du?“, kam es besorgt von der anderen Seite des Tisches. „Nichts, es ist nur...“ Der Schwindel wurde ein wenig stärker und sein Blick konnte sich nicht fokussieren. „Ich glaube, ich erinnere mich daran. Ja, an die erste Anprobe, nachdem es fertig war. Und ich schauen wollte, wie ich das Make-up mache. Dann kam Toshiya nach Hause. Vom Einkaufen. Und als er mich sah...“ Verlegen begann der Jüngere zu lachen, hielt die Hand, mit der er sich eben noch massiert hatte, vor den Mund. „Er ist auf die Knie gegangen und meinte 'Ja, ich will.'“ Hyde schluckte des Rest seines Kuchens hinunter und stieg ebenfalls in das Lachen mit ein. „Das sieht ihm ähnlich.“ Mit dem langjährigen Freund so unbeschwert Lachen zu können, ließ einige weitere Lasten von den Schultern des zierlichen Mannes fallen. Nachher, wenn er wieder bei seinen beiden Partnern war, sollte er sich noch einmal bei ihnen dafür bedanken, dass sie ihn hierzu überredet hatten. Kapitel 41: Weitere Fragen -------------------------- Gefühlt sah er jede zweite Sekunde auf sein Handy und erwartete eine Nachricht von Shinya. Reell gesehen, war es vielleicht nur jede fünfte. Dabei sollte er sich freuen, dass dieses Treffen so lange dauerte, sein Liebster ein wenig aus dem Haus kam und sich freiwillig unter anderen Menschen aufhielt. Ihm und Kyo war nicht entgangen, dass es nicht nur an der Wissenslücke gelegen hatte, dass ihr Partner nicht zu dem Treffen wollte. Es lag auch an dem eigenen, noch nicht ganz gesundem Körper. Für den schämte er sich. Selbst vor ihnen fiel es ihm ab und an immer noch nicht leicht. Immer noch keine Nachricht. Es war manchmal auch nicht einfach für Kyo oder ihn das mitzuerleben. Manchmal fühlte es sich so an, als würden sie Schritte rückwärts machen. Wenn er sich nicht traute sich vor ihnen umzuziehen. Dabei war es vor ihrer Beziehung doch auch kein Problem gewesen. Toshiya stieß einen tiefen Seufzer aus, ehe er das nächste Teil der Wäsche aufhängte. Sie hatten eindeutig zu viel Zeug, dass nicht in einen Trockner durfte. Noch immer war sein Handy still. Murrend nahm er das nächste Teil an sich. Eines von Kyos Seidenhemden. Es stand ihm großartig, aber er besaß da auch ein paar zu viel von. Wenn er sich so ansah, wie viele davon hier auf dem Wäscheständer hingen. Vielleicht wanderte das ein oder andere davon mal versehentlich im falschen Wäscheprogramm oder so. Toshiya schlug das Hemd aus und befestigte es an einer der Metallstangen. Als ob er seinem Schatz etwas in der Art antun könnte. Immer noch keine Nachricht. Am Ende mochte er es vor allem nicht, dass er allein hier in der Wohnung war. Shinya hatte seine Verabredung, Kyo seine Probe. Und er stand hier und gab die emsige Hausfrau. Staub gewischt hatte er auch schon. Sogar an Stellen, die er sonst gerne mal vernachlässigte. Wie Bilderrahmen und um ihre DVDs und CDs herum. Immer noch nichts von seinem Handy. Normalerweise bekam man immer Dutzende Meldungen, wenn man gerade wirklich etwas zu tun hatte oder tun wollte. Aber wehe man hatte Zeit und langweilte sich. Dann kam nichts. Nicht mal von irgendeiner App. Toshiya seufzte. Was er hier tat war nicht unwichtig. Wenn keiner von ihnen etwas tat, dann wäre hier bald ein unglaubliches Chaos. Es war ein prickelnder Gedanke, dass sie hier in ihren vier Wänden hüllenlos herum laufen mussten, weil all ihre Kleidung gewaschen werden musste. Aber sie mussten auch mal raus. „Jetzt klingel doch endlich!“, blaffte er das Gerät auf dem Hocker neben sich an. Er hatte Sehnsucht. Mal für sich zu sein war ja ganz nett. Aber er mochte es auch, wenn er mindestens einen seiner Liebsten in einem Umfeld von ein paar Metern bei sich hatte. Er nahm das letzte Hemd aus dem Wäschekorb, schlug auch das einmal aus - und schmunzelte. Es war ebenfalls Kyos, aber so lang, dass es jenem selbst noch über seinen runden Knackarsch gehen würde, wenn er es anzog. Während er es an dem Wäscheständer befestigte, kamen Geräusche von der Haustür. Eindeutig ein Schlüssel, der ins Schloss gesteckt und herum gedreht wurde. Huh? Aber Kyo wollte mindestens noch drei Stunden weg sein. Und Shinya war noch immer auf dem Treffen mit Hyde-san, schließlich hatte er noch keine Nachricht erhalten, dass er ihn abholen sollte. Neugierig, aber mit klopfendem Herzen schlich er zur Wohnzimmertür, um vorsichtig in den Flur zu schielen. Mist, hier war nichts, mit dem er einen Einbrecher vertreiben könnte. War aber nicht nötig, wie er feststellen musste. „Shinya?“ Mit großen Augen ging er in den Flur und auf den Jüngeren zu. „Wie kommst du hier her? Ich dachte, du wolltest anrufen.“ Er nahm ihm die Jacke ab und hängte sie auf, schaute den Anderen neugierig und aufmerksam an. Es war wirklich Shinya. „Es war so abgemacht, ich weiß. Aber Hyde-kun hat mir angeboten, mich her zu fahren. Und ich nahm es an.“ Sein Freund klappte für ihn den Hocker auf, den er derzeit nutzte, um sich für das An- und Ausziehen der Schuhe darauf nieder zu lassen. Derzeit war es noch zu anstrengend, sich immer wieder auf zu rappeln, von der kleinen Stufe. Außerdem war keines seiner Schuhpaare dafür ausgelegt, einfach hinein zu schlüpfen. Von den Pantoffeln einmal abgesehen. „Ich wollte nicht, dass du erst extra los musst, nur um mich einzusammeln.“ „Ich hatte es dir doch aber angeboten.“ Um wieder in seine Nähe zu kommen, wäre er doch gerne los gefahren. Ein wenig besorgt musterte er den anderen Mann, der ein wenig wirkte, als würde ihn etwas bedrücken. Mit einem kleinen Seufzer ließ er sich auf der Stufe zum Eingangsbereich nieder. „Du wolltest nicht so lange dort stehen und warten, oder? Hattest Angst, dass die Menschen in der Zwischenzeit starren würden.“ Ertappt hielt Shinya inne. Lag es an ihrer langen Beziehung, dass er so einfach von dem Freund zu lesen war? Warm legte sich eine Hand auf sein Knie. Zögerlich sah er sie an, folgte dem Arm an ihr und hinauf in das Gesicht des Älteren, welcher ihn warm anlächelte. „Das war sehr lieb von Hyde-san, dich zu fahren.“ Shinya musste schlucken, ehe er selbst ein wenig lächelte und nickte. „Das war es wirklich.“ Das Lächeln schwand und er wurde wieder ein bisschen betrübter. „Toshiya?“ „Hm?“ „Habt ihr je von mir als Krüppel gedacht?“ „Wie?“ Toshiya zog die Augenbrauen ungläubig zusammen und nach oben, stieß ein tonloses Lachen aus. „Nein. Niemals. Für uns warst du immer unser Shinya. Zugegeben, wir waren froh, dass du dein Bein behalten konntest. Und auch über die Nachricht, dass du es wieder so wirst nutzen können, wie vorher. Weil wir dir nicht sagen wollten, dass das mit dem Schlagzeugspielen nicht mehr möglich ist.“ Nun war es an Toshiya den kleinen Kloß in seinem Hals hinunter zu schlucken. „Weil wir doch wissen, wie sehr du es liebst. Vor allem aber waren wir froh, als die Ärztin auf uns zu kam und meinte, dass du leben wirst.“ Er stand leicht auf, um sich vor den Liebsten zu knien, seine andere Hand sanft an dessen Wange zu legen. „Es war ein Geschenk. Wir hatten so eine furchtbare Angst um dich, nachdem der Träger von dir runter war. Nicht nur Kyo und ich haben gezittert, haben uns gefürchtet. Nur vielleicht ein wenig schlimmer, als unsere Freunde. Mehr als dein Leben und wieder mit dir reden zu können, haben wir uns nie gewünscht. Glaub mir, jede Nachricht, die darüber hinaus ging, hat uns beinahe ohnmächtig werden lassen. Ja, vor Erleichterung. Und unfassbarer Freude. Aber so empfindet man nun mal, wenn es um den Menschen geht, den man liebt.“ Verhindern konnte er das Seufzen nicht, welches gefühlt aus seinem tiefen Inneren kam. Langsam ließ er die Hand von dem geliebten Gesicht gleiten, legte sie zu der anderen, um seinen Kopf darauf zu betten. „Ich bin ehrlich zu dir und sage dir auch, dass es schon geschmerzt hat, als du aufgewacht bist. Dich nicht erinnern konntest. Gerade weil du uns schon seit Wochen gefehlt hast.“ Wieder lächelte Toshiya, vertrieb die bösen Gefühle. „Du lebst, mein Schatz. Bist hier bei uns. Nach mehr zu fragen, wäre unerhört.“ Weiterhin lächelnd behielt er seinen Kopf auf dem zarten Knie. Noch wollte er sich nicht von dem anderen Mann lösen. Zögernd legten sich lange, zierlich Finger in sein Haar. Anfangs unsicher, strichen sie ihm durch die dunklen Strähnen. Shinyas Augen brannten leicht. Er glaubte den Worten, die der Mann vor ihm gerade gesagt hatte. Und eigentlich war seine Frage auch dumm gewesen. Sie hatten ihm nie das Gefühl gegeben, dass sie ihn in irgendeiner Form, als minderwertig betrachteten. „Danke“, flüsterte er. Unbewusst hatte er diese Bestätigung wohl gebraucht. Ein bisschen sah Toshiya aus wie ein anschmiegsamer Kater, so wie er das leichte Kraulen genoss. „Wie... bist du eigentlich auf die Frage gekommen?“ Neugierig, mit einem Hauch besorgt, öffneten sich die Augen des Anderen wieder und suchten seinen Blick. „Hat Hyde-san irgendwas in der Richtung gesagt?“ Langsam schüttelte Shinya den Kopf, behielt den Freund weiterhin im Blick. „Hat er nicht. Ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Er hat mich davon abgehalten, mich selbst so zu bezeichnen.“ „Zu recht.“ Nun musste sich der Ältere doch aufrichten. „Denn du bist kein 'Krüppel'. Überleg doch mal: In einer Stadt wie dieser hier, da laufen derzeit bestimmt ein paar Tausend andere Menschen herum, die ebenfalls Krücken brauchen, weil sie sich von einem Unfall erholen. Die ebenfalls trainieren, um wieder ihre volle Beweglichkeit zu erlangen. Würdest du sie als Krüppel bezeichnen?“ Für einen Moment senkte Shinya beschämt den Kopf, ehe er ihn schüttelte, was der Bassist zum Anlass nahm sich wieder aufzurichten, die Hand des Liebsten in seine zu nehmen. „Und auch sonst würdest du niemanden so bezeichnen. Das weiß ich. Also darfst du dich auch nicht selbst so nennen. Mal ganz davon abgesehen, dass es eine wirklich miese Beschimpfung ist, bist du auch schon per Definition keiner. Denn du wirst irgendwann wieder 'normal'. Das zeigen uns deine großartigen Fortschritte. Und nun denk nicht weiter drüber nach.“ Sanft küsste er ihn auf die Stirn. „Kommst du mit ins Wohnzimmer? Ich bin vorerst fertig mit der Hausarbeit und hab mir eine kleine Pause mehr als nur verdient.“ Breit grinste er den Mann vor sich an. Wie konnte man so eine Pause denn schon besser verbringen, als kuschelnd auf dem Sofa zu sitzen? „Gerne“, erwiderte Shinya, leise, die Stimme belegt von weiteren Tränen. Von den Worten war er wirklich gerührt. Kapitel 42: Weitere Schatten und wie Funken des Lichts sie vertrieben --------------------------------------------------------------------- Neugierig setzte er sich neben Shinya auf das Sofa. „Magst du mir erzählen, worüber ihr gesprochen habt?“ Ein wenig erschöpft lehnte sich der Jüngere an die Rückenlehne, spürte eine leichte Erschöpfung, die ihn dazu brachte zu gähnen. Es lag sicherlich mehr an der mentalen Anstrengung, als an der körperlichen. „Erst einmal haben wir uns über die Halloween Konzerte unterhalten. Dann über Geburtstagsfeiern und einzelne Treffen unter uns Freunden. Vor allem über die Feiern, wo keiner von euch beiden dabei war. Weil ich von euch nichts darüber erfahren konnte. Dafür war er der bessere Ansprechpartner.“ Müde strich er sich über seine Augen. „Uhm... Toshiya?“ „Hm?“ Neugierig schaute der Bassist seinen Liebsten an. „Das eben, mit dem 'Krüppel'... Es hat mich nachdenklich gemacht.“ Seufzend schaute Shinya auf seinen Schoß und die Hände darin. Besorgt versuchte Toshiya einen Blick in das Gesicht des Freundes zu erhaschen. „Ihr habt mir schon so viel über unsere Beziehung erzählt. Aber immer nur über die guten Seiten. Kyo hatte da mal eine Sache angedeutet. Aber das kann doch auch nicht das Einzige gewesen sein. Da gab es doch sicher noch mehr. Denn... Seien wir doch mal realistisch: In einer Beziehung gibt es nicht immer nur Glück. Schon gar nicht, wenn sie so schwierig und kompliziert ist, wie unsere.“ Nun war es an dem Bassisten den Blick abzuwenden. Er zog eines seiner Beine an den Körper, schlang seine Arme darum. „Ja, es gab einige Momente, die nicht rosig waren. Wo es Schwierigkeiten gab und in denen wir kämpfen mussten.“ Sein Griff wurde noch ein wenig fester. „Aber das ist nichts, woran ich mich gerne erinnere.“ Einen Moment noch sah er auf sein Bein und doch irgendwie ins nichts, bevor er die Augen schloss und die aufploppenden Erinnerungen wieder zurück drängte. „Warum fragst du?“ Ein wenig tat es Shinya Leid, dass er dieses Thema angeschnitten hatte. Der Anblick des Mannes neben ihm tat ihm selbst weh. Aber auch schlechte Erinnerungen waren Erinnerungen und sie gehörten zu ihrem Leben dazu. „Weil auch sie vielleicht ein Schlüssel sind, mit dem ich weiteren Zugang erhalte. Und um zu vermeiden, dass sich manche Dinge wiederholen. Ich will weiterhin über das hier lernen. Über unsere Beziehung abseits der Musik.“ Nach einem kleinen Zögern legte er seine Hand auf Toshiyas Knie, ließ sie dort einfach ruhen. „Bisher habe ich oft das Gefühl, dass ich die 'perfekte' Beziehung vergessen habe. Mache mir Druck damit, dass ich sie durch mein Vergessen nun verdorben habe. Und wir sie auch niemals wieder erreichen werden.“ Einige Momente der Still vergingen zwischen ihnen, ehe sich Toshiya mit einem Seufzen wieder etwas weiter aufrichtete. „Wenn du Kaoru fragst, dann führen wir vermutlich die 'perfekte Beziehung'. Aber... Nur als Beispiel. Während du noch im Koma warst, sind Kyo und ich ja jeden Tag bei dir gewesen. Wochenlang gab es für uns vor allem dein Kranken- und unser Hotelzimmer. Und mit jedem Tag, der verging, hatte ich das Gefühl, als würden wir uns ein wenig entfremden. Sprachen kaum miteinander. Und selbst wenn wir uns schlafen legten, fühlte es sich an, als wäre da ein Graben. Obwohl wir uns hielten, hatte zumindest ich oft den Eindruck, als würden wir in getrennten Betten liegen. Dabei war es nur eins. Als ich ihm vorschlagen wollte einen Umweg zu machen, uns ein wenig die Stadt anzusehen, hat er mich angefaucht. Tat ihm gleich wieder Leid, doch mir auch erst einmal weh. Den Vorschlag hatte ich doch nur gemacht, weil ich uns etwas Gutes tun wollte. Für einen kleinen Moment wollte ich uns beiden erlauben an uns zu denken. Und an unsere Gesundheit.“ Mit einer Hand fuhr er sich über die Augen, drängte die Tränen zurück, die aufbegehren wollten. „Wir hätten doch keine Hilfe für dich sein können, wenn du erwachst und wir selbst erst einmal einen Therapeuten oder so bräuchten. Vor allem aber wollte ich ihn mal wieder nicht traurig sehen. Oder zumindest weniger traurig.“ Leicht verstärkte Shinya den Druck seiner Finger auf das Bein unter ihnen, wollte dem Freund ein bisschen Trost spenden. Wenn er ihn schon dazu brachte, beinahe ein paar Tränen zu vergießen. Einen Moment später legte sich die Hand des Freundes auf seine, hielt sie fest. „In den ersten Wochen, nachdem wir einander unsere Gefühle gebeichtet hatten, war alles ganz merkwürdig. Herkömmliche Dates waren nicht möglich. Aus so vielen Gründen“, seufzte Toshiya und fuhr sich mit der freien Hand über seine Augen, um seine Sicht wieder besser werden zu lassen. „Weil wir Drei und auch alle noch Männer sind. Weil wir eben nicht riskieren wollten erkannt zu werden. Wir haben es ein paar Mal versucht mit Essen gehen, aber es war immer merkwürdig. Hätten wir uns als einfache Freunde getroffen, wäre es noch okay gewesen. Doch wir hatten alle das Gefühl, als würde man uns ansehen, dass wir mehr füreinander empfanden. Ins Kino... War nicht so unseres. Auch, weil wir uns nicht unbedingt auf einen Film einigen konnten. Ausflüge weiter weg oder in einen Freizeitpark... Na ja. Kyo hatte schon Zweifel an der ganzen Sache, hat uns, als wir wieder einmal überlegten, was wir tun könnten gesagt, wir sollen ohne ihn glücklich werden. Zu zweit würde das einfacher gehen und alles. Er war sogar schon aufgestanden und wollte gehen. Aber das haben wir beide nicht zugelassen.“ Tiefes Seufzen seinerseits ehe er aufsah und seinen Kopf Shinya zuwandte, ihn anlächelte. Mit seinem Daumen strich er über die Hand, die er hielt. Zaghaft wurde das Lächeln erwidert. So ganz wusste er nicht, was er tun sollte. Irgendwie wollte er Toshiya in den Arm nehmen, besser trösten, verstand nicht ganz, warum jener lächelte. Stotternd fand er seine Stimme wieder: „Wie haben wir es dann doch geschafft, dass wir eine Beziehung führen?“ „In kleinen Schritten“, meinte der Bassist und lehnte seinen Kopf gegen die Schulter des Jüngeren. „Bei dem Treffen hab ich dann bestimmt, dass wir uns am Abend darauf bei mir Zusammentun. Und vorher würden wir gemeinsam einkaufen gehen. Für unser Abendessen. Mehr sollte nicht geplant sein. Alles weitere würden wir dann sehen.“ „Und es lief gut?“, hakte Shinya leise nach. Müsste es ja eigentlich, wenn sie es irgendwie geschafft hatten. „Es war zumindest entspannt. Haben ein wenig gescherzt nebenbei. Das Einzige, was immer für ein wenig Anspannung gesorgt hat, waren die Küsse, die ich ab und an verteilt habe. Weil es ungewohnt für euch war. Bis ihr dann selbst angefangen habt. Nach und nach. Spätestens beim Essen war es“, ein wenig geriet Toshiya ins schwärmerische Träumen, „wundervoll. Wir haben unser Essen gegessen, dabei geredet. Und geredet. Und geredet.“ Mit seiner rechten Hand machte er eine ausschweifende Bewegung. „Immer wieder mit kleinen Gesten nach der Nähe von einem der anderen Beiden gesucht. Wir haben uns wohl gefühlt. Das war gut. Und wirklich schön. So empfand ich es jedenfalls. Um uns alle nicht zu überfordern und weil es schon spät war, machte ich dann irgendwann den Vorschlag, dass wir das Wiederholen, wir den Abend aber vielleicht enden lassen sollten. Mit der Absicht, dass ihr in eure eigenen vier Wände fahrt.“ Er hob die Hand des Freundes, die er immer noch in seiner hielt, um den Handrücken zu küssen, ehe er ihre Finger ineinander gleiten ließ. „Nicht, dass ich euch nicht gerne auch noch die Nacht über mindestens in meiner Wohnung haben wollte. Ich wollte euch nur nicht gleich mit zu vielen Eindrücken überschütten. Oder dass der schöne Abend mit Unwohlsein endet, weil ihr zu viel angestrebt hattet. Aber allein der Vorschlag hatte dafür gesorgt, dass genau das eingetroffen war. Ihr wart euch beide einig darin nicht zu gehen. Nicht gehen zu wollen. In einem Bett war euch noch zu viel, aber ich hatte eine Couchgarnitur mit großen Sitzflächen, die ihr euch dann sichern würdet. Wie bei einer Übernachtung bei Freunden.“ Toshiya lachte, schüttelte bei dieser Erinnerung sacht den Kopf. „Dagegen konnte ich mich natürlich nicht wehren. Nicht, dass das jemals meine Absicht gewesen wäre, wo ihr euch doch bei mir wohl gefühlt habt. Ein wenig war ich auch froh, dass ihr nicht bei mir im Bett schlafen wolltet. Zwei Personen passten hinein, bei Dreien wäre es schwierig geworden. Dafür war es zu schmal.“ „Und dennoch bist du am nächsten Morgen nicht allein aufgewacht.“ „Eh?“ Überrascht von diesem Satz richtete sich Toshiya auf und starrte den Geliebten an. Jener hielt sich seinen Kopf, schaute ein wenig gequält drein. „Kyo schlich sich von der Couch weg. Dachte, ich schlafe. Und weil er nicht wieder kam und ich nichts aus dem Badezimmer hörte, bin ich auch aufgestanden, durch deine Wohnung geschlichen. Alles war dunkel und still. Bis auf leise Stimmen. Eure Stimmen. Ich folgte ihnen und....“ „Und hast dich zu uns gelegt, weil du nicht allein sein wolltest. Und weil du es gemein fandest, dass wir uns ohne dich annäherten.“ Ein wenig verlegen schaute Shinya in die warmen, braunen Augen des Älteren. „An deiner süßen Eifersucht hat sich selbst jetzt, ohne Erinnerungen, nichts geändert“, meinte dieser schmunzelnd und erinnerte sich selbst an die Momente im Krankenhaus, in denen sein Liebster ebenfalls nach kleinen Zärtlichkeiten gebettelt hatte, wenn Kyo und er welche ausgetauscht hatten. Toshiya zog seine Beine an und legte sich auf die Seite, um seinen Kopf auf dem Schoß Shinyas zu betten, wo er es sich mit einem Seufzen bequem machte. „Wir hatten noch einige Treffen dieser Art. Bei jedem von uns. Mit jedem Mal wurden wir sicherer in unserer Liebe zueinander und trauten uns dann doch irgendwann unsere Treffen mehr und mehr in die Öffentlichkeit zu bringen. Weil wir dann wussten, wie wir verstecken und dennoch einander zeigen konnten, was wir empfinden. Und ich fand es schön und auch ein wenig amüsant, wie wir uns einander angenähert haben. Im Bett. Wie wir nach und nach die Körper unserer geliebten Menschen erkundet und entdeckt haben.“ Leichtes Kichern entwich ihm. „Kyo war fast schüchterner als du. Schwer vorstellbar, wenn ich überlege, wie aufreizend er auf der Bühne sein kann. Und zu was er mittlerweile fähig ist.“ Lüstern leckte er sich über seine Lippen. Allein der Gedanke Kyos Hände auf seinem Körper spüren zu können und in irgendeiner Form eins zu sein, ließ seine Temperatur gleich ein wenig ansteigen. Ihr letztes Mal lag doch schon wieder ein wenig zurück. Aber in Shinyas Gegenwart und dann ohne ihn, weil er sich nicht traute? Niemals. Langsam drehte sich Toshiya auf den Rücken. „Lass uns ein anderes Mal über diese Dinge reden, ja?“ Eine Hand streckte er dem schönen Gesicht entgegen, welchem er über die Wange streichelte. „Sonst muss ich über dich oder Kyo herfallen.“ Die plötzliche Röte auf dem jüngeren Gesicht ließ ihn wiederholt schmunzeln. „Keine Angst. Ich würde nie etwas tun, was du nicht willst. Kyo genauso wenig. Du sagst, wann du willst und wie viel. Ehrenwort. Aber ersparen wir uns doch, dass Druck in jeglicher Art entsteht.“ Nun war es an Shinya zu Seufzen. Er wollte auch mehr. Mehr als nur die Küsse. Und er spürte auch die hungrigen Blicke, welche die Anderen ihm manchmal zuwarfen. Genauso erwischte er sich selbst dabei, wie er manchmal starrte und der andere Shinya anfing zu schmollen, wenn er beschämt weg sah. „Aber... eine Frage hätte ich doch noch.“ „Welche?“ „Warum war Kyo schüchterner als ich?“ Amüsierte strich Toshiya über das kurze, dunkle Haar. „Es ist wirklich schwer vorstellbar, nicht? Wie dieser Mann in all seiner Kraft und dem unerschütterlich wirkenden Selbstbewusstsein, der sich manchmal auf seiner Kiste räkelt, als wäre er der Mittelpunkt einer Orgie, schüchtern sein kann.“ Seine Worte verdunkelten das Rot auf den schönen Wangen. Er nahm seine Hand herunter und suchte nach der des Freundes, welche er sich auf die Brust legte. „Kyo sagt doch immer, dass er tut, wonach ihm ist. Ihm die Meinung Anderer über das, was er tut, egal ist. Nicht wahr?“ Nach einem Nicken des Anderen fuhr er fort. „Die meiste Zeit stimmt das auch. Es ist ihm wirklich egal. Nur nicht bei uns. Weil er uns liebt und weil wir ihn lieben, ist es ihm wichtig, was wir über ihn denken. Er möchte nicht, dass diese Gefühle enden. Und darum war er anfangs unsicher, schüchtern, hatte Angst uns in irgendeiner Form wieder zu verlieren. So hat er es uns erzählt. Darum zwang er sich anfangs dazu Dinge zuzulassen, für die er eigentlich noch nicht bereit war. Um uns nicht zu enttäuschen. Nicht zu vergraulen.“ „Das missglückte erste Mal“, wisperte der zierliche Schlagzeuger, während er sich an die Worte des Sängers erinnerte. Fragend zog der Mann auf seinem Schoß eine Augenbraue hoch. Bei dem Blick konnte eigentlich nur eine Erinnerung hervorgerufen worden sein. „Er hat es mir mal erzählt. Oder vielmehr angedeutet.“ Nach einem kurzen Zögern begann er mit der freien Hand langsam durch Toshiyas langes Haar zu streichen. „Dass wir uns alle aufgeführt haben, wie grünschnäbelige Teenager.“ Genießend schloss der Ältere die Augen. Schön, wenn Shinya ein wenig aus sich raus ging und solche Kleinigkeiten wie das hier tat. Sie näherten sich an. Langsam, in kleineren Schritten als bei der körperlichen Genesung, aber sie wurden vertrauter miteinander. „Wird es dieses Mal genauso?“ „Nein.“ „Was macht dich da so sicher?“ Langsam öffnete Toshiya seine Augen wieder, schaute tief in die des Jüngeren. „Weil wir beide mehr Erfahrung haben, als damals. Wir kennen auch dich und ich wage es zu behaupten, dass wir die kleinsten Anzeichen erkennen werden. Für Unwohlsein, für Genießen, für alles. Du bist bei uns in guten Händen. Glaubst du mir das?“ Für ein paar Momente sahen sie einander an, ehe sich der Sitzende hinab beugte und schüchtern einen Kuss auf die Lippen hauchte, die sich ihm entgegen streckten. „Ja, tue ich.“ Kapitel 43: Ängste abbauen -------------------------- „Uff, ich fühle mich wie damals, als ich meine ersten Stunden hatte.“ Erschöpft sackte Shinya ein wenig auf seinem Hocker zusammen. „Ich hätte nicht gedacht, dass mein erstes Mal hier so anstrengend ist, nach all dem Training.“ Gehen ohne Krücken und sogar ein bisschen Laufen war schon drin. Leichte Einkäufe tragen ebenso. Aber an der Koordination haperte es ganz offensichtlich noch gewaltig. Zwei große Hände legten sich auf seine Schultern, massierten sie leicht. „Hast Recht. Ich sollte nicht jetzt schon die Flinte ins Korn werfen.“ Entspannt lehnte er sich zurück und den Kopf in den Nacken, um Toshiya anzulächeln. „Genau, Schatz. Du sitzt heute immerhin zum ersten Mal seit Monaten wieder hier.“ „Und auch erst seit fünf Minuten.“ War doch klar, dass er jetzt noch nicht problemlos würde spielen können. „Ich probiere es noch mal.“ „Gut so.“ Aufmunternd klopfte Toshiya ihm auf die Schultern, ließ dann aber von ihm ab, damit er sich wieder ans Spielen machen konnte. Langsam zog er sich zurück, um ihm den Freiraum zu lassen. In der Zwischenzeit begann der Schlagzeuger mit seinem rechten Fuß immer wieder auf das Pedal zu treten. Ein monotones, dumpfes 'Bumm' baute sich auf, schallte durch den Raum, bis er mit dem Stick in der linken Hand passend zum Takt einsetzte. Nach kurzer Zeit kam der in der anderen Hand dazu. Hochkonzentriert saß er da, beobachtete genau, was sein Körper tat. Seinen sorgsam aufgebauten Takt brachte das Einsetzen eines anderen Geräusches ein wenig durcheinander. Sein Blick huschte über den Rand seines Schlagzeuges hinaus und entdeckte recht schnell seinen Partner mit seinem Instrument, welches er sich umgelegt hatte und ihm nun ebenfalls ein paar Töne entlockte. Gemeinsam spielen. Viel zu lange war es her. Seine Konzentration legte sich wieder auf sein eigenes Spiel. Wenn er das verbesserte, konnten sie bald wieder in der Gruppe spielen. Die Minuten vergingen und sie entwickelten ein Zusammenspiel, einen grundlegenden Rhythmus. Über ihre Instrumente hinweg grinsten sie sich an. Shinya traute sich bereits sein Spiel stellenweise ausgefallener werden zu lassen, mehr Bewegung in seine Arme zu bringen und auch die Becken zu involvieren. Bis er schwer atmend innehielt und seine erschöpften Glieder von sich streckte. „Ich kann nicht mehr.“ Lachen kam von Gegenüber. „Das war schon echt klasse.“ Er selbst entlockte den Saiten seines Basses noch einige Töne, bevor er seine rechte Hand darauf legte und kurz nachdachte, nur um amüsiert, aber auch betrübt los lachen zu müssen. „Was hast du?“ „Ach, ich musste nur an etwas denken, das Kyo mal gesagt hat.“ „Was war das denn?“ Neugierig und mit großen Augen beugte sich der Jüngere vor. „Ist schon zwei oder drei Jahre her“, begann Toshiya zu erzählen. „War nach einer Probe. Es waren nur noch wir drei hier und wir zwei haben noch ein wenig zusammen gespielt, während Kyo zugehört hat. Die Augen geschlossen und die Füße nur noch in Socken stand er dort vorne bei seinem Mikrofon, lauschte uns. Minutenlang. Nachdem wir aufhörten, meinte er: Eine schöne Vorstellung. Selbst wenn ich doch irgendwann taub werden sollte-“ „-so werde ich die Stimmen eurer Instrumente immer noch fühlen können“, beendete der Schlagzeuger den Satz. Seine Augen waren starr auf den Mikrofonständer gerichtet. „Richtig.“ Kurz flackerte Freude auf seinem Gesicht auf, über diese Erinnerung, aber dann wurde er traurig. „Ich möchte nicht, dass Kyo taub wird.“ „Ich auch nicht. Und das weiß er. Darum passt er mittlerweile schon besser auf sich auf.“ Der Schwarzhaarige stand auf und stellte sein Schätzchen vorsichtig zurück an ihren Platz, als die Tür aufging und ein überraschter Kaoru den Raum betrat. „Ach, darum ist nicht abgeschlossen. Hallo, ihr Beiden.“ „Ah, Kaoru.“ Gut gelaunt schlenderte Toshiya zu dem älteren Freund hinüber, um ihn zu begrüßen, während Shinya jenem von seinem Schlagzeug aus zu winkte. „Da war ich heute wohl nicht der Einzige, der Lust dazu hatte sich hier ein wenig auszutoben.“ Der Gitarrist schritt weiter in den Raum hinein, entledigte sich seiner Tasche und seiner Jacke, streckte sich ausgiebig. „Und? Wie geht es euch?“ „Kann nicht klagen“, meinte Toshiya mit einem Schulterzucken und steuerte das Sofa in der Ecke an, ließ sich darauf nieder, woraufhin Kaorus fragender Blick sich auf den Schlagzeuger richtete. Verlegen kratzte jener sich an der Wange. „Nun, keine Schmerzen. Die Dinge fallen mir stetig leichter. Manchmal ein wenig demotiviert, aber alles in allem-“ 'Ganz gut', wollte er eigentlich sagen, sah in dem Moment aber zu Toshiya hinüber, welcher den Blickkontakt erwiderte. Mit diesem warmen Braun und dem fröhlichen, zufriedenen Glitzern darin und dem kleinen, sanften Lächeln auf den Lippen. „Geliebt“, beendete er stattdessen seinen Satz. „Uhm, okay. Also, wenn ihr Süßholz raspeln könnt, dann geht es euch gut. So viel habe ich in den letzten Jahren dann auch gelernt.“ Lachend schüttelte Kaoru den Kopf. „Kyo ist...?“ „Im Studio. Sie haben mittlerweile mit den ersten Aufnahmen begonnen.“ Jetzt wurde Kaoru doch ein wenig besorgt. „Und seine Stimme...?“ „Der geht es gut. Keine Angst. Wir drei passen schon drauf auf“, erklärte Toshiya weiter, lehnte sich entspannt auf dem Sofa zurück, die Arme auf der Rückenlehne ausgebreitet. „Er meinte aber auch, dass er für uns ebenfalls schon zwei Texte fertig hätte.“ „Und nur deswegen sind wir hier“, meinte Shinya schüchtern. „Weil ich üben will, um wieder meinem Standard entsprechen zu können. Damit wir fünf wieder Lieder erschaffen können.“ Amüsiert öffnete Kaoru den mitgebrachten Gitarrenkoffer. „Das sind gute Neuigkeiten. Freue mich schon darauf, wenn es so weit ist. Wollt ihr vielleicht hören, was mir die letzten Tage durch den Kopf schwirrte? Vielleicht können wir drei schon mal einen Grundstein für neue Songs legen.“ Der Bassist wurde hellhörig, beugte sich vor. „Lass mal hören.“ Es war so lange her, dass sie auf diese Art beisammen gesessen hatten, weswegen er nun schwer seinen Tatendrang zurück halten konnte. Es steckte sogar Shinya an, der sich ein wenig aufraffte und sich leicht über sein Schlagzeug beugte, um dem Älteren gut zusehen zu können. „Also gut.“ Kaoru nahm seine Gitarre und ein Plektrum, welches er sich zwischen die Lippen klemmte, aus dem Koffer, legte sich den Gurt um und nahm anschließend auf dem Stuhl Platz, auf dem kurz zuvor noch der Bassist gesessen hatte. Fachmännisch und aus Gewohnheit kontrollierte er beinahe beiläufig, ob die Saiten sich nicht verzogen hatten, ehe er noch einmal alle Finger streckte, sie ein paar Mal beugte und so ein wenig warm machte. Es konnte los gehen. Mit einem entspannten, glücklichen Seufzen ließ Shinya sich langsam in das heiße Wasser in der Badewanne gleiten. Nahezu augenblicklich verflogen die Schmerzen des einsetzenden Muskelkaters in seinen Armen und Beinen. Morgen konnte er sich bestimmt nicht mehr bewegen. Aber das war es ihm allemal wert gewesen. Geübt hatte er zwar nur die einfachen Sachen, aber so lange die noch nicht wirklich funktionierten, konnte er alles weitere völlig vergessen auszuprobieren. Alles in allem war es eine gute Form des Schmerzes und der Erschöpfung. Vieles hatte bereits richtig gut geklappt und sein Körpergedächtnis war eine gute Unterstützung gewesen. Neben sich hörte er, wie die Dusche ausgestellt und einen Moment später die Kabinentür geöffnet wurde. Langsam und neugierig öffnete er die Augen und wagte einen Blick zur Seite, wo er einen verlegenen Blick auf Toshiyas Körper erhaschen konnte. Er war schon ein schöner Mann, auch ohne Stoff am Leib. Aber ihn berühren traute er sich immer noch nicht. Seit dem sie vor ein paar Wochen gemeinsam geduscht hatten, war nicht mehr passiert. Von dem gemeinsamen Schlafen einmal abgesehen. Für ihn stellte das Bett keine Gefahrenzone mehr da, seit er sich in der ersten Nacht wohlbehütet zwischen ihnen aufgehoben gefühlt hatte. Auf dem Sofa liegen und kuscheln war auch kein Problem. Wenn er nur ablegen könnte sich erst einmal zu verkrampfen, wenn einer der Anderen anfing ihn auch unter seinem Oberteil zu streicheln. Jedoch half ihm 'der andere Shinya' immer wieder dabei, dass er sich zusehend schneller entspannte. Nur mit dem unbekleideten Anblick seiner Freunde hatte er immer noch Probleme und gemischte Gefühle. Er schwankte immer wieder zwischen Faszination und Scheu. Gerade die Letztere würde er schon gerne los werden wollen, um der Faszination nachgehen zu können. „Uhm“, setzte er an, verlor aber schnell den Mut. „Ja?“ Toshiya hielt mit seinem Handtuch inne, drehte sich fragend zu seinem Liebsten um. „Möchtest du“, versuchte Shinya es erneut. Ehe er seufzte und sich ein wenig aufrichtete: „mit einsteigen?“ Schmunzelnd ließ der Ältere das Handtuch fallen und ging auf die Wanne zu. „Sehr gerne.“ Erst kam der eine Fuß ins Wasser, dann der andere. Vorsichtig ließ er sich hinter seinem Partner nieder, stellte die Beine rechts und links von diesem. Liebevoll strich er über den schmalen Rücken, ehe er seine Arme um seinen Schatz legte. „Danke.“ Dafür, dass er ihn so an sich heran ließ. Shinya kämpfte mit sich. Einerseits genoss er die Wärme und Nähe. Andererseits machte ihn die nackte Haut ganz wirr. Ganz besonders die eine Stelle. Er wollte es aushalten. Wollte nicht flüchten. „Macht es dir so große Angst?“ Vehement schüttelte er den Kopf. „Ich hab keine-“ Aber das wäre gelogen. „Ein bisschen“, gestand er. „Ich kenne es eben nicht und da ich vor euch-“ „Shhh“, versuchte Toshiya zu beruhigen, küsste zärtlich Nacken und Schultern seines Partners, während er seine Füße gegen das untere Ende der Wanne stemmte und die Beine leicht durch streckte. Auf diese Weise brachte er ein wenig Abstand zwischen zwischen sie. „Besser?“ Entgegen seiner Erwartung entspannte sich der Körper vor ihm aber nicht. Wieder versuchte er es mit sanftem Streicheln über den Rücken, bis er ein Seufzen hörte. „Was ist los?“ „Es... Es fühlt sich falsch an.“ „Falsch?“ Shinya nickte. „Ich will deine Nähe. Möchte dich bei mir wissen.“ Scheu sah er über seine linke Schulter, wandte sich so gut es ging dem geliebten Mann hinter sich zu. Seine Zähne bearbeiteten seine Unterlippe. Schließlich gab er sich einen Ruck und kam wieder näher. Langsam umschloss Shinya die Handgelenke seines Freundes mit seinen Fingern, legte dessen Arme eng um sich. „Ich kann mich nicht dran gewöhnen, wenn ich es gar nicht zu lasse“, erklärte er sein Verhalten. Nervös war er immer noch, spürte auch genau, was ihn so unruhig werden und sein Blut in seine Wangen schießen ließ. Wie er aber gerade gesagt hatte: Wenn er der Angst weiterhin nach gab, würde er sie nie überwinden. Zaghaft begann er damit, die rechte Hand seines Partners, die er immer noch am Handgelenk hielt, über seinen Bauch streichen zu lassen. Ein Schauer nach dem anderen suchte seinen Körper heim. Wegen der ungewohnten Berührung. Weil er eh schon so nervös war. Und obwohl er irgendwie damit rechnete, dass Toshiya diese Bewegung selbst übernahm, blieb die Hand locker und entspannt. Damit er selbst bestimmen konnte, wann es zu viel wurde? Es gab ihm wirklich mehr Sicherheit, dass er die Situation auf diese Weise unter Kontrolle hatte. Es verlieh ihm zugleich den Mut die Hand seines Liebsten probeweise ein kleines Stück tiefer wandern zu lassen. Noch immer erwartete er, dass der Mann hinter ihm in Aktion treten würde, doch er blieb ruhig. Ließ einfach alles mit sich machen. Sagte auch nichts. Shinyas Herz schlug schnell, seine Atemfrequenz erhöhte sich ebenso und er fühlte sich, als hätte er Lampenfieber. Er war nur so verdammt neugierig auf dieses Gefühl der fremden Hand. Mittlerweile hatte er gänzlich damit aufgehört die rauen Fingerkuppen über seine Haut fahren zu lassen. Zu sehr beschäftigte ihn die Frage, ob er es tun sollte. Tief holte er Luft, kniff die Augen zusammen. Zittrig hielt er die Hände ganz knapp über seinen Körper, sein eigenes Geschlecht. Es fehlte nur noch ein bisschen Mut. Den brauchte er aber auch nicht mehr. Die Kraft in seinen Fingern verließ ihn. Erschrocken zuckte er zusammen, als ihn das Gewicht traf. Da lag sie nun. Toshiyas Hand auf seiner Körpermitte. „Und jetzt?“, fiepte er nervös, starrte auf die ungewohnte Kombination, welche durch das Wasser verzerrt zu sehen war. Er wusste es wirklich nicht. „Hilf mir doch mal!“ Ein wenig panisch wandte er sich zu seinem Partner um, welcher ihn mit einem Kuss begrüßte. „Was soll ich denn tun?“, wurde er ruhig gefragt, ein amüsiertes Lächeln im Gesicht des Mannes hinter ihm. „Ich weiß es doch nicht. Irgendwas ha-“ Schreckhaft atmete er ein, als sich die schlanken Finger um sein bestes Stück legten. „Etwas in der Art?“ Mit hochrotem Kopf starrte Shinya den Älteren an, konnte nicht fassen, was er alles fühlte. Liebevoll lächelnd strich Toshiya ihm mit seiner anderen Hand über das kurze Haar. „Jetzt bist du wieder dran.“ Mehr als 'ihn' zu umfassen wollte er noch nicht von sich aus tun. „Ich?“ Shinyas Stimme war brüchig und so hoch, dass er dachte, fast ausschließlich von Hunden zu hören zu sein. Meinte der Ältere das etwa ernst? Bestätigend nickte jener. „Wie denn?“ Jetzt wurde er wieder nervöser. „Zuerst bleibst du ruhig. Gewöhnst dich an das Gefühl meiner Hand.“ Er verwickelte seinen Schatz in einen weiteren Kuss, brachte auch sogleich seine Zunge mit ins Spiel und damit den Anderen ein wenig aus dem Konzept. Leicht stöhnend lehnte dieser sich gegen ihn, nachdem der erste Moment der Überraschung erstaunlich schnell abgeklungen war. Nun war er auf der Suche nach mehr. Noch ehe er es merkte, bewegte sich sein Körper, suchte ein wenig mehr Stimulation, indem er sein Becken hungrig tanzen ließ. Zunehmend verlor er seine Hemmungen, seine Scheu. Entschlossen griff er in seinen Schritt und um die Hand dort. Leicht begann er damit in jene zu stoßen. Keuchend beendete Shinya den Kuss, lag zitternd und mit geschlossenen Augen auf dem anderen Körper. „Ich hab keine Kontrolle mehr über mich“, wimmerte er, während er das Gefühl der rauen Finger auf der empfindlichen Haut weiter auskostete. Und davor hatte er Angst gehabt? Wie dumm von ihm. Nun übernahm sein Liebster wieder, bestimmte Tempo und Kraft, während jener den dargebotenen Hals liebkoste. So viele Eindrücke auf einmal, die ihn mehr und mehr schwindelig werden ließen. Die Erschöpfung war verschwunden. Für den Moment, vergessen. Ersetzt von Ekstase. Er warf den Kopf hin und her, stöhnte, keuchte, japste nach Luft, weil sinnliche Finger über seine Brust strichen. Die Bewegungen, die Geräusche, die von seinem Liebsten kamen, hinterließen ihre Spuren bei dem Älteren. Unfreiwillig rauschte sein Blut in tiefere Regionen. Ungünstig, wo er doch eine Aufgabe hatte, auf die er sich konzentrieren musste. Lust, die er zu zügeln hatte, um seinen Schatz nicht zu überfordern, nicht zu viel zu verlangen. Was gar nicht so einfach war bei der erotischen Schönheit auf sich. Eifrig knabberte er an Hals und Ohren, kostete, was ihm so lange verwehrt worden war. Seine Hand massierte fest weiter, was sie hielt, holte sich Unterstützung durch die andere, mit der er nun fest die beiden Kugeln massierte. Noch mehr Stöhnen, noch mehr Ekstase. Jetzt wurde er aber doch neugierig. Während er weiter fest das Glied bearbeitete, wanderte der Mittelfinger seiner Linken ein kleines Stückchen tiefer. Verschreckt hielt Shinya inne, als er an dieser ungewöhnlichen Stelle etwas spürte. „Was-?!“ „Entschuldige“, murmelte der Schwarzhaarige hinter ihm. „Macht der Gewohnheit?“ War wirklich einer der Gründe für sein Handeln. Zur Beruhigung küsste er erneut den schönen Hals seines Liebsten, führte das ursprüngliche Werk seiner Hände fort, nachdem der zierliche Körper sich wieder ein wenig entspannt hatte. Sehr bald wusste der Jüngere nicht mehr wohin mit seiner Lust. Nicht mehr viel und er würde kommen. Ein erstickter Schrei, ein letztes Aufbäumen. Zitternd gab er alles, was sein Körper geben konnte. Für diesen einen, kleinen Moment fühlte er sich frei und losgelöst. Noch nie war er so intensiv gekommen. Zumindest nicht, soweit er sich noch erinnern konnte. Langsam kehrte er ins Hier und Jetzt zurück, tauchte praktisch wieder in seinen Körper ein, um zu spüren, wie er sanft weiter massiert wurde. Wie sein Liebster sich fürsorglich um die Nachwehen und das Säubern kümmerte. Ein wunderschönes Ende für ein, wortwörtlich, atemberaubendes Ereignis. Keuchend lag er auf Toshiya, genoss die sanften Lippen an seinem Hals, die, ausnahmsweise angenehme, Schwere, die sich in seinem Körper ausbreitete und ihn müde werden ließ. Für heute war er nun wirklich am Ende seiner Kräfte angelangt. Ein paar Augenblicke wartete der Bassist noch. Darauf, dass sein Liebster wieder ein wenig mehr Luft bekam. „War es angenehm?“, erkundigte er sich. „Ja“, hauchte Shinya glücklich, war allerdings schon halb am Schlafen. „Wir sollten aussteigen.“ „Uhuhm“, murmelte er bestätigend, bekam aber nicht einmal mehr die Augen auf. Hier war es alles in allem aber auch viel zu gemütlich, um wieder wacher zu werden. Sein Partner gab ein gutes Kissen ab und das Wasser war noch so schön warm. „Du bist so bequem“, nuschelte er noch. Bequem mochte stimmen. Dummerweise aber auch reichlich erregt. Wie er diesem Problem Herr werden sollte, wusste er auch noch nicht. Den schönen Mann auf sich wollte er nicht darum bitten. Für einen Abend hatte jener schon reichlich Mut bewiesen. Alles weitere würde ihn, so fürchtete Toshiya, nur überfordern. Ein Glück hörte er, wie sich jemand mit einem Schlüssel Zugang zur Wohnung verschaffte. Das Klimpern des Schlüsselbundes kannte er nur zu gut und es erleichterte ihn. Jetzt hätte er Hilfe, wo er in seinem angeheizten Zustand nur bedingt fähig sein würde seinem Liebling zu helfen. „Kyo ist wieder zu Hause“, flüsterte er dem Schatz in seinen Armen zu. Schmatzend kam ein: „Wie schön.“ Träge wandte Shinya seinen Kopf zur Seite, kuschelte sich an den nahen Hals. Wenn er noch ein paar Minuten wartete, war er wirklich am Schlafen. Im nächsten Moment hörte Toshiya den Sänger schon nach ihnen rufen. „In der Badewanne“, antwortete er und wartete darauf, dass sich die Tür öffnete, was nur wenige Augenblicke später auch geschah. „Oh, das sieht gemütlich aus.“ Müden Schrittes kam er näher, kniete sich neben die Wanne. „Ihr habt nicht zufällig noch Platz für mich?“ Verspielt tauchte er seine Hand in das warme Wasser, ließ sie ein wenig hin und her gleiten, während sein Blick auf dem Bassisten ruhte, dessen Wangen ein wenig mehr zeigten, als ein einfaches, gesundes Rot. Von den Emotionen in dessen wundervollen Augen ganz zu schweigen. „Leider nicht. Wir wollten auch eigentlich gerade aussteigen“, musste er ihn leider enttäuschen. Und sich selbst, war ein entblößter Kyo doch immer wieder aufs Neue ein sehr willkommener Anblick. In seinen Lenden pulsierte es stärker. Ein unpassender Gedanke in diesem Moment. „Wobei unser Schatz schon kurz vorm Schlafen ist. War ein anstrengender Tag heute für ihn.“ Zärtlich fuhr er mit seiner rechten Hand über den Bauch des Jüngeren, wünschte sich dennoch, dass jener wieder ein wenig wacher wurde. „Erzähl“, forderte der Älteste sanft auf. „Wenn wir hier raus sind, okay? Zumal du mir auch bei einem anderen Problem sehr behilflich sein könntest“, murmelte sein Schatz, biss sich auf die Unterlippe, als sich der Jüngere eine neue Position suchte. Musste der sich in seinem Halbschlaf echt bewegen? Fragend zog Kyo seine linke Augenbraue hoch. Sollte er besorgt sein? Zumindest schien es nichts harmloses zu sein. Ansonsten hätte er es ihm ja gleich erzählt. „Siehst du gleich“, murmelte Toshiya, klang ein wenig angestrengt. Die Zeit für Erklärungen wäre auch gleich noch gegeben. Für den Moment gab sich der Ältere zufrieden mit diesem Satz. Stattdessen ging er dazu über, den Jüngsten unter ihnen an der Schulter zu rütteln, was Toshiya wiederum erneut scharf die Luft einziehen ließ. Für einen Moment hielt Kyo inne, zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Eine Ahnung schlich sich in seinen Kopf, geschickt von seiner Intuition und dem, was seine Augen sahen. War ja nicht so, als wäre ihm dieser spezielle Ausdruck im Gesicht seines Partners unbekannt. Aufwecken musste er den Schatz dennoch. „Shinya? Liebling? Wach auf.“ Murren. „Na komm. Steh auf. Hier in der Wanne verkühlst du dich nur. Ab ins Bett.“ So wirklich kam der Andere aber immer noch nicht in Schwung. Also half er ihm erst einmal dabei sich aufzurichten, wischte anschließend einmal mit seiner nassen Hand durch dessen Gesicht. „Hmpf. Was soll das?“ Müde wie er war, versuchte er den anderen Mann dennoch böse anzugucken. „Ich will nur, dass du ein wenig wacher wirst. Du musst aus der Wanne raus.“ Ein kurzes Nicken zu Toshiya, der daraufhin den schmalen Rücken seines Schatzes stützte, während Kyo aufstand und sich das Handtuch holte. Er schmiss es sich über die Schulter. „Dann komm mal her.“ Ein gezielter Griff unter Shinyas Arm und er zog ihn in die Höhe, wo jener wackelig zum Stehen kam. Schnell wickelte er ihn in das Handtuch, brachte ihn dazu auszusteigen. Kurz sah er sich um, weil er merkte, dass sein Schatz sich nicht mehr lange auf seinen Beinen halten konnte. Glücklicherweise entdeckte er den Duschhocker, den Toshiya vorhin aus der Kabine gestellt hatte, um mehr Platz zu haben. „Setz dich“, wies er seinen Schatz an. Der müde Mann ließ sich auf das Plastikgestell fallen, ließ zu, dass ihn der Ältere abtrocknete. Liebevoll rieb dieser mit dem Handtuch über den Körper vor sich, darum bemüht jede Stelle zu erwischen. „Ins Schlafzimmer kommst du vermutlich auch nicht mehr alleine, hm?“ Langsames Kopfschütteln von seinem Gegenüber. „Zu... müde.“ Derzeit schaffte er es nicht einmal die Hand zu heben, um ein Gähnen zu verstecken. Schon eine kleine Meisterleistung, dass er immer noch einigermaßen verstand, was man zu ihm sagte. „Was habt ihr heute angestellt?“ Lachend sah Kyo zu Toshiya, der sich zu einem Lächeln durchrang, welches amüsiert und gequält zugleich aussah. Und warum blieb er in der Wanne sitzen? Bei dem kurzen Haar des Jüngsten reichte es, wenn er einmal kräftig mit dem Tuch darüber rieb, damit es so gut wie trocken war. „Jetzt bringe ich dich rüber.“ Kurzerhand legte er sich einen der schmächtigen Arme um die Schulter. Von der eigenen Kraft her, hätte er ihn auch problemlos auf Händen durch die Wohnung tragen können. Leider hatte er immer wieder leichte Schwierigkeiten die Größe seiner Partner abzuschätzen. Mehrfach hatte er es mit beiden Freunden schon versucht, ihnen dabei aber nur etliche blaue Flecken beschert. „Kommst du gleich wieder?“, erkundigte sich der Bassist leicht flehend, kämpfte noch immer gegen seine Lust an. „Ja, klar.“ Sobald er allein war, stieß Toshiya einen langen Seufzer aus. Jetzt konnte er sich gar nicht wirklich darüber freuen, was er seinen Schatz eben hatte fühlen lassen, sondern war damit beschäftigt, sich mit seiner eigenen Lust auseinander zu setzen. Ächzend richtete er sich auf, sorgte dafür, dass das Wasser schon mal ablaufen konnte. Auf jeden Fall sollte er sich noch einmal waschen. So ganz sauber war das Wasser nun schließlich nicht mehr. Er verkniff sich weiteres Stöhnen, während er leicht wackelig aufstand und den ersten Fuß aus der Wanne setzte. So manche Dinge wurden ein wenig komplizierter, wenn man sie mit einer Erektion erledigen musste. In dem Moment ging die Tür wieder auf und Kyo kehrte zurück. „Der ist wirklich schnell eingeschlafen“, murmelte er noch verwundert und schüttelte entsprechend den Kopf. „Wir müssen ihm gleich aber noch was anziehen, sonst kriegt er-“ Kyo stockte in der Bewegung, sobald er Toshiya erblickte. Vor allem weil ihm so offensichtlich entgegen sprang, wo das vorhin beschriebene Problem lag. „Wie ist das denn passiert?“, fragte er mit einem amüsierten, jedoch auch angeregten Unterton, obwohl er sich die Antwort schon ein wenig zusammenreimen konnte. „Da fragst du noch? Shinya ist mir passiert. Shinya, der auf mir liegt“, keuchte der andere Mann, welcher nun gänzlich aus der Wanne stieg, um sich auf deren Rand nieder zu lassen. „Shinya, der sich stöhnend auf mir bewegt hat.“ In wenigen, kurzen Sätzen erklärte er, was vorgefallen war. Währenddessen war Kyo näher getreten. „Hm, eigentlich sollte ich jetzt böse auf dich sein, dass du diesen Spaß allein hattest.“ Kyos schürzte ein wenig die Lippen, zeigte ein kleines Schmollen, während er eine Hand unter Toshiyas Kinn legte und jenen dazu brachte ihn anzusehen. Nur um eine Sekunde später wieder zu einem Lächeln zu wechseln. „Allerdings freue ich mich auch darüber, dass er diese Art der Nähe zu suchen beginnt. Und wenn ich an unsere Anfänge denke, ist es bestimmt einfacher für ihn, wenn er sich erst einmal nur mit einem von uns beschäftigt.“ Zärtlich strich er ihm die Wange hinauf und ein wenig durch das nasse Haar. „Du siehst so verführerisch aus.“ Langsam ging er vor seinem Liebsten auf die Knie, schob die Beine des anderen Mannes ein wenig auseinander. „Lass mich dich dafür belohnen, dass du ihm einen schönen Tag beschert hast.“ Ein verruchtes Grinsen, dann öffneten sich die sündigen Lippen bereits, um die Belohnung zu überreichen. Kapitel 44: Anerkennung und Liebe --------------------------------- Es war weit nach Mitternacht, als Kyo endlich die Tür zu ihrer Wohnung aufschließen konnte. Wieder hatte er den ganzen Tag im Studio verbracht und dabei so vieles überarbeitet, verworfen, neu geschrieben. Hatte wieder mehr gesungen, als gut war, aber weil er hier weitaus weniger schrie oder growlte, war ihm sein Hals doch sehr gnädig gestimmt und hatte ihm zumindest ein bisschen Stimme gelassen. Entgegen seiner Erwartung, war die Wohnung jedoch nicht so still, wie sie um diese Zeit eigentlich sein sollte. Waren seine Liebsten etwa noch wach? Grübelnd zog er die Augenbrauen zusammen. Die Stimmen, die er hörte, waren ihm nicht bekannt, aber da er Lichtschein aus dem Wohnzimmer kommen sah, musste der Fernseher wohl laufen. Während Kyo seinen Rucksack abstellte und den Reißverschluss seiner Jacke aufzog, hielt er inne. Seltsam. Normalerweise hätte er doch mindestens schon eine Begrüßung zugerufen bekommen - oder einer von beiden wäre direkt zu ihm geeilt. Aber nichts von beidem. Vorsichtig sagte er: „Bin wieder da.“ Zu laut wollte er auch nicht sein. Nicht um diese Zeit. Doch keine Antwort. Die Falte zwischen seinen Augenbrauen wurde tiefer, während er sich die Jacke auszog und in seine Hausschuhe stieg. Er nahm seinen Rucksack wieder auf und ging hinüber ins Wohnzimmer, um zu erfahren, was hier los war. Augenblicklich glätteten sich alle Sorgenfalten und ein sanfter, warmer Ausdruck legte sich auf sein Gesicht, als er Toshiya entdeckte, der auf dem Sofa eingeschlafen war. Sein schöner, geliebter Toshiya, der im Schlaf noch mehr aussah, wie der Heilige, als den er ihn im Moment sah. Mit seiner unglaublichen Geduld und seiner fast schon übermenschlichen Zuversicht. Seinen Rucksack stellte er auf dem Sessel ab, während er sich dem schlafenden Mann näherte. Vorsichtig setzte er sich neben ihm auf das Sofa. Statt ihm eine Stütze zu sein, war er den größten Teil des Tages außer Haus, überließ es vor allem ihm, sich um ihren Liebsten zu kümmern. „Es tut mir Leid, dass ich dir diese Bürde auflaste. Ich weiß, dass mein Teil auch wichtig ist und ich durch meine Arbeit einen Beitrag für unser gemeinsames Leben leiste. Ich würde nur so gerne mehr für dich und ihn tun.“ Und nun musste er ihn auch noch wecken, damit er mit ins Bett kam. Also rüttelte er an seiner Schulter. „Toshiya? Wach auf. Bitte.“ Ein wenig Leben kam in den großen, schlanken Körper, drehte sich allerdings nur auf die Seite, statt aufzuwachen. Kyo seufzte. Heute war es wohl ein etwas tieferer Schlaf. Plan B. Kitzelnde Finger an Hals und Ohren. „Wach auf, mein Schöner.“ Toshiya weigerte sich weiterhin. Er träumte gerade so schön. Von seinen beiden Liebsten und wie sie ihn anlächelten, in ihre Arme schlossen. Und Kyos Stimme klang so wunderbar warm in seinen Ohren. „Toshiya, ich liebe dich, aber du musst aufstehen.“ Murrend drehte jener sich wieder auf den Rücken. Irgendwas wollte ihn aus seinem wohlverdienten Schlaf holen und das passte ihm nicht. Bis er etwas Warmes auf seinem Mund spürte. Kyos Lippen. Eindeutig. Sein Bewusstsein kehrte zurück und er spürte, wie etwas Warmes, Schweres auf ihm lag. Ebenso die Lippen, die nicht mit dem Traum verschwanden. Seine trägen, schweren Arme hoben sich und legten sich um dieses Etwas, das küssen konnte wie Kyo. Der genoss diese Zärtlichkeit noch für einen kleinen Moment, kostete aus, dass er ein klein wenig Zeit für seinen Liebsten hatte, ehe er sich doch trennte. „Toshiya, mach die Augen auf.“ Seufzend fuhr sich der Jüngere über die Augen, ehe er sie langsam öffnete. Nur, um sie dann aufzureißen. „Kyo?“ Er war doch aber wach. Wie konnte er da noch träumen? „Ich bin wirklich hier“, raunte die geliebte Stimme. „Und du musst leider aufstehen. Ich kriege dich doch nicht rüber getragen.“ Unter dem Älteren wurde schwer geseufzt. Kyo tat es ihm gleich, senkte den Blick und murmelte leise: „Tut mir Leid.“ „Wie?“ Verwundert zog sich eine Augenbraue in die Höhe, während verschlafene Augen verwirrt zu dem Sänger sahen. „Wofür entschuldigst du dich? Dafür, dass du mir ein paar Minuten mit dir schenkst?“ „Nein, weil“, Kyo brach mit einem Seufzen ab. Sein Toshiya hatte ihm gerade deutlich zu verstehen gegeben, dass er ihm nicht böse war. Erneut küsste er den Liebsten. „Wie spät ist es eigentlich?“, fragte jener, nachdem sie sich voneinander gelöst hatten und sah sich um. Das Programm im Fernsehen war auf jeden Fall nicht mehr das, was er eingeschaltet hatte. Zärtlich strich Kyo durch das dunkle Haar, spielte mit einer Strähne, während er jeden Gesichtszug des Mannes unter sich noch einmal genau studierte. „Als ich unten im Auto das letzte Mal auf die Uhr geschaut habe, war es nach halb drei.“ „Ehhh?“ Nun wurde Toshiya doch ein ganzes Stück wacher. „So spät schon?“ Zur Bestätigung nickte Kyo. „Dann habt ihr heute aber wirklich sehr lang gemacht.“ Wieder ein Nicken. „Ich will nur noch ins Bett und eure Nähe spüren. Ich fühle mich so leer und ausgelaugt.“ Lange Finger strichen ihm durch die Haare, kraulten seinen Kopf. Wäre es hier auf dem Sofa nicht so unbequem auf Dauer gewesen und hätte drüben nicht noch ein schlafender Shinya gelegen, der Sänger hätte sich nicht mehr erheben wollen. Widerwillig richtete er sich auf, setzte sich wieder hin. Jetzt wäre eigentlich ein guter Moment. „Warte kurz.“ „Huh?“ Verschlafen und ein wenig dümmlich schaute Toshiya seinem Liebsten mit offenem Mund hinterher. Trotzdem war er neugierig, weshalb er sich aufsetzte und Kyo hinterher schaute, wie er sich an seinem Rucksack zu schaffen machte. Zurück kam er mit einem kleinen Päckchen. Es war recht flach, rechteckig und gehüllt in schwarzes Papier mit unregelmäßig großen, weißen Punkten und einem Geschenkband aus dunklem Blau. Kyo blieb vor ihm stehen, hielt ihm jenes hin. „Für dich.“ „Huh?“, wiederholte er den Laut von eben und starrte Kyo mit großen Augen an. Jetzt war er doch schon eine ganze Ecke wacher. Immer noch verwirrt nahm er das Geschenk, welches es offensichtlich sein sollte, aus Kyos Händen. „Danke. Aber...“ „Ich weiß, dass du keinen Geburtstag hast.“ Kyo setzte sich neben ihn. „Ich fand nur, dass du dir etwas verdient hast. Für alles, was du in den letzten Wochen und Monaten getan hast. Für Shinya. Für... mich. Für uns.“ Kyo schaute in seinen Schoß und auf die Finger, die miteinander spielten. „Und im Moment lasse ich euch, lasse ich dich auch noch so viel alleine, dass ich dir gar nichts von der Kraft geben kann, die du mir in der ganzen Zeit geliehen hast. Ich fand, du hast eine kleine Anerkennung mehr als nur verdient und sie war auch schon lange überfällig.“ Toshiya war sprachlos. Langsam ging sein Blick von seinem Liebsten zu dem Päckchen in seinen Händen. Kyo übertrieb. Geschenke mochte er aber. Vorsichtig knibbelte er an dem Klebestreifen, der das Geschenkband fixierte, anschließend an dem, welches das Papier auf der Rückseite zusammen hielt. Vorsichtig nahm er den Inhalt heraus. Ein Bilderrahmen. Schlicht schwarz und glänzend. In der Größe eines einfachen Blatt Papiers. Er drehte den Rahmen um- und war ergriffen. Für die kostbaren Momente des Glücks bist du eine entscheidende Zutat. Gesprochene Worte der Liebe, mit dem Klang deiner Stimme, retten mich vor dem Ertrinken in dem Meer meiner Gedanken. Wisse auch weiterhin, dass sie erwidert werden. Nicht einfach verhallen. Selbst in schwarzer Dunkelheit, weist mir die Kette, die mich an dich bindet, den Weg ans Licht. Aus kaltem Metall geschmiedet, bringt sie mir dennoch deine Wärme. Sie endet an einem halben, kaputten Herzen, doch dieses ist ganz allein dein. Und unter den liebevollen Worten eine noch Zeichnung von dem kleinen Geist, den er Kyo in letzter Zeit häufiger hatte kritzeln sehen. In seinen Zipfelhänden hielt er ein blutendes, halbes, menschliches Herz. Manch einer würde es makaber und ekelerregend finden, aber für Kyos Verhältnisse war es schon fast kitschig. Dazu die Worte. Toshiya war sprachlos und überwältigt. Mit feuchten Augen schaute er zu Kyo, welcher unsicher neben ihm saß. Verständlich, wo er ihm dieses halbe Herz doch metaphorisch in die Hand gelegt hatte. Er legte eine Hand unter das Kinn des Älteren und brachte ihn dazu ihn anzusehen, um im nächsten Moment seine Lippen auf dessen zu legen. „Das ist ein wunderbares Geschenk. Danke dir.“ Ein weiterer zärtlicher Kuss. „Wollen wir schlafen gehen?“ Einverstanden nickte Kyo, konnte nicht verhindern, dass seine Mundwinkel sich leicht nach oben bewegten. Sein Liebster mochte sein Geschenk wirklich. Er stand auf und schaltete den Fernseher ab, während Toshiya, mit dem Bilderrahmen an seine breite Brust gedrückt, zur Wohnzimmertür ging, wo er auf den Älteren wartete und das Licht löschte, sobald der bei ihm war. „Ich liebe dich“, flüsterte Toshiya in die Dunkelheit. „Ich dich auch“, wurde erwidert, bevor das Licht für den Flur anging und die beiden Männer sich ansahen. Um die Wahrheit ihrer Worte wussten. Kapitel 45: Erwacht ------------------- Miese Kopfschmerzen. Den ganzen Tag schon. So nervig. Verstimmt lag er auf der Couch, eingewickelt in eine flauschige Decke und einer Tasse Tee in der Hand. Toshiya besorgte ihm gerade etwas aus der Apotheke und erledigte einen kleineren Einkauf. Sein Kyo lag noch im Bett. Gestern Abend war jener von einer Tour mit Sukekiyo wieder gekommen und schlief jetzt noch. Er überlegte schon, ob er sich nicht wieder zu ihm legen sollte. Hier im Wohnzimmer war es nervig still, weil ihm diese Kopfschmerzen alles vermiesten. Vom Fernsehen oder DVD gucken, bis hin zum Musik hören. Auch Lesen, in irgendeiner Form, war keine Option, weil ihm davon zusätzlich auch noch die Augen schmerzten. Ein grummelndes Seufzen seinerseits, ehe er seine Tasse leerte. „Schnauze voll.“ Das Gefäß landete mit einem so lauten 'Klonk' auf dem Tisch, dass er für einen kleinen Moment befürchtete, er habe es nun kaputt gemacht. In seinem jetzigen Zustand wollte er erst recht nichts sauber machen. „Puh“, machte er, sobald er merkte, dass alles gut war. Entschlossen warf er die Decke von sich. Auf ins Schlafzimmer. Leicht schwankend ging er zum Flur, wo er sich kurz am Türrahmen festhielt. „Kann das nicht endlich mal aufhören?“ Grummelnd wankte er weiter, hielt sich den Kopf. Dazu verschwamm ihm auch immer mal wieder die Sicht. Das waren doch hoffentlich nicht die Anzeichen für eine Erkältung? Bitte nicht. Immerhin war er den Rollstuhl und die Krücken gefühlt gerade erst los geworden. Spielen ging auch stetig besser. Er wollte nicht wieder ans Bett gefesselt sein. Dennoch war er erleichtert, als er selbes erblickte. Vor allem wegen der Wölbung unter der Decke. Leise schloss er die Tür von innen, schlurfte Richtung Bett, wo er aus seinen Pantoffeln und zu dem warmen Körper unter der Decke schlüpfte. Seine langen Glieder schlangen sich von hinten um den kräftigen, ruhenden Mann, der sich schnurrend an ihn kuschelte. In Momenten wie diesen war er ganz froh, dass er selbst kaum noch Hemmungen hatte dies zu tun. Es kam dem auch ganz gelegen, dass Kyo insgeheim sehr kuschelbedürftig war und jede Chance nutzte, um das mit einem von ihnen beiden auszuleben. „Hey“, hörte man es verschlafen. „Hey“, erwiderte der Größere sanft. „Ich wollte dich nicht wecken. Entschuldige.“ „Schon gut.“ Kyo drehte sich ein wenig zu seinem Partner um, kam auf dem Rücken zu liegen. Verschlafen rieb er sich die Augen. „Wie spät ist es denn?“ Hatte er am Ende den ganzen Tag hier im Bett verbracht? „Halb elf. Oder so.“ Wirklich darauf geachtet hatte er nicht. „Es ist jedenfalls noch ein wenig hin bis zum Mittagessen.“ Besänftigend küsste er den anderen auf den Mund. Er mochte die Schmetterlinge, die dabei losflatterten und ihm den Mut gaben, es wieder zu tun. „Aber warum bist du jetzt wieder im Bett?“ „Kopfschmerzen“, murrte Shinya, verstärkte seinen Griff um den Geliebten, nutzte dessen breite Brust als Kissen. Er wollte jetzt weniger reden und mehr schlafen. Ein Vorschlag mit dem der immer noch müde Sänger sehr einverstanden war. Erst recht, weil er seinen Liebsten so nah bei sich hatte und dessen Nähe genießen konnte. Nähe, von der er wegen der vielen Arbeit mit Sukekiyo in letzter Zeit nicht viel bekommen hatte. Ein wenig streichelte er über den zierlichen Rücken, während er lächelte. Ausnahmsweise hatte er ein bisschen Zeit mit ihm allein. Glückliches Kribbeln durchflutete ihn, bis er wieder eingedöst war. Verdächtige Stille empfing Toshiya, als er die Wohnungstür öffnete. Irgendwie hatte er ja doch damit gerechnet, dass der Fernseher lief. In der Küche, wo er seinen Rucksack und die Einkaufstüten abstellte, war auch keiner. Wenn er nicht einige Sachen dabei hätte, die schleunigst in den Gefrier- oder Kühlschrank müssten, würde er die restliche Wohnung absuchen. Es kam aber auch keiner, um ihm zu helfen. Weiterhin skeptisch legte er den Beutel mit Gemüse in das Gefrierfach und schloss die Tür des Gerätes. Fleisch und Fisch, sowie frisches Gemüse landeten im Kühlschrank. Neugierig ging er zurück in den Flur. Jacken und Schuhe waren noch da. Seine beiden Liebsten folglich noch hier. Nur: Wo? „Ach!“ Stöhnend schlug er sich mit der Hand auf die Stirn. Ein müder Kyo und ein Shinya mit Kopfschmerzen. Die konnten eigentlich nur im Bett sein. Ein ganzes Stück beruhigter kehrte er in die Küche zurück, um sich um den Rest seines Einkaufes zu kümmern. Viel war es nicht, weshalb er sehr bald fertig war. Was er als nächstes tat, wusste er auch schon. Nachsehen, wie es seinen beiden Liebsten ging. Zumal er auch ein wenig Sehnsucht verspürte. Auf dem Weg ins Schlafzimmer verspürte er bereits Vorfreude darauf die Beiden zu sehen. Von der Tür aus konnte er ein einziges großes Knäuel unter der Decke erkennen. Unweigerlich schmunzelte er, während er sich dem Bett näherte. Wie eng aneinander geschmiegt sie da lagen. So schön. Aber auch gemein, weil er noch nicht dabei war. Schmollend schlüpfte er aus seinen Pantoffeln und krabbelte unter die Decke, um sich ganz nah an das Menschenknäuel zu kuscheln. Es dauerte nicht lange, bis sich das erste Bein um seine legte und eine tätowierte Hand nach seiner griff. „Müde?“, hörte er es flüstern. „Nein“, antwortete er ebenso leise und kicherte, bevor er den Kleineren küsste. „Aber neidisch, weil ihr ohne mich kuschelt.“ Leises Lachen kam von dem Älteren. „Wäre aber gleich aufgestanden.“ „Ausgeschlafen?“ „Nicht ganz. Müsste aufs Klo.“ Überraschend lösten sich die Arme um seinen Körper. „Dann geh“, kam es, unterbrochen von einem Gähnen, von dem Jüngsten. „Wegen mir musst du doch nicht liegen bleiben.“ Ein wenig stemmte er sich hoch und beugte sich über ihn, um seinen Liebsten zu küssen. „Obwohl es wirklich gemütlich war.“ Perplex blinzelte Kyo, erwiderte den Kuss auch nicht. Irgendwas war anders. Er konnte es nicht benennen, aber er fühlte es. Der Kuss gerade war überhaupt nicht schüchtern gewesen. Keine Spur zaghaft und auch nicht wie von jemandem, der noch testete, sich noch ausprobierte. Ganz im Gegenteil. Der Mann gerade wusste genau, was er Tat. Irgendwann stupste Toshiya ihn an, weil er einfach nicht mit Starren aufhörte. „Jetzt geh schon. Wir halten dir den Platz warm.“ Leicht widerwillig richtete Kyo sich auf und stieg über den Bassisten hinweg, schaute mit zusammengezogenen Augenbrauen noch einmal Richtung Bett, ehe er das Zimmer verließ. Toshiya, der sich eher über Kyos Benehmen wunderte, rutschte näher an seinen anderen Partner heran. Gewohnheitsmäßig griff er nach dessen Hand. „Was machen deine Kopfschmerzen?“ „Sind weg.“ Mit einem Lächeln rutschte Shinya näher, zog den Anderen zeitgleich an sich heran. „Besser.“ Eingehend betrachtete er das geliebte Gesicht, welches er nur durch das herein fallende Licht aus dem Flur sehen konnte. „Was hast du denn für unser Essen geplant?“ „Hunger?“ „Ein bisschen.“ „Ich wollte was italienisches Kochen. Bandnudeln und dazu Lachs, Erbsen und Sahnesoße.“ Das würde erst das zweite Mal sein, dass er dieses Gericht kochte. Bei seinem ersten Versuch hatte er damals leider wenig Glück mit der Soße gehabt. Dabei war die nicht einmal wirklich kompliziert gewesen. „Mach aber nicht wieder so viel Pfeffer dran. Damit man noch was von den anderen Zutaten schmeckt.“ Während Shinya anfing zu lachen, riss Toshiya verblüfft die Augen auf. „Woher weißt du das?“ Das Lachen verstummte und fragend hob der Jüngere eine Augenbraue. „Was hast du?“ „Woher weißt du das mit dem Pfeffer?“ „Uhm, ich war dabei. Ich weiß noch, wie unangenehm das war.“ Ein wenig verzog er das Gesicht. „Unangenehm und nicht mehr zu retten.“ Dafür war der Pfeffergeschmack zu stark gewesen. „Anschließend haben wir uns was liefern lassen.“ „Und was?“ „Nudelgerichte, weil wir immer noch Appetit auf welche hatten. Du hattest gebratene Nudeln mit Meeresfrüchten. Kyo welche mit Rindfleisch und Gemüse und ich“, grübelnd richtete er den Blick zur Decke, „Nudelsuppe. Mit Ei und Schinken.“ Immer noch starrte der Ältere ihn an. „Warum willst du das denn alles wissen? Du warst doch da. Muss ich mich hier für dich an alles erin-“ Die Augen weit aufgerissen, starrte er in die seines Liebsten, setzte sich ruckartig auf. Unfokussiert glitten seine Augen hin und her, während ein Sturm aus Bildern und Gefühlen seinen Kopf fluteten. „Was ist los?“ Kyo kehrte zurück und bemerkte die Anspannung im Raum. Langsam wandte sich Shinya zu ihm um, die Augen im Schock noch immer weit geöffnet, was in dem Sänger sofort alle Alarmsysteme in Gang brachte. „Was hast du?“, fragte er und stürmte auf das Bett zu. „Sie, sie sind wieder da.“ Auf das Bett krabbelnd näherte sich der Sänger seinem Partner, wollte ihm gerade die Hände auf die Oberarme legen und nachhaken, als eben der ihn packte, küsste und in einer einzigen Drehung auf die Matratze beförderte. Voller Leidenschaft presste er seine Lippen auf die seines Freundes, nutzte die erste Gelegenheit, um mit seiner Zunge den geliebten Mund zu erobern. Neben ihnen lag, halb aufgerichtet und auf seinen linken Arm gestützt, Toshiya, der nicht so ganz fassen konnte, was vor seinen Augen geschah. Sekunden später lag der Sänger genießend unter dem anderen, die Augen waren geschlossen, während er den Kuss erwiderte, in das Spiel mit einstieg. Wohl bekannte Wärme begann sich in seinem Körper auszubreiten. Gleichzeitig erhöhte sich sein Pulsschlag, während er sich nur zu gerne der aufkommenden Begierde hin gab. Vergessen waren die Verwunderung und das merkwürdige Gefühl von vorhin. Das hier war schlichtweg schöner, weil er diese leichte Dominanz seines Liebsten so unglaublich vermisst hatte. Gerade wollte er seine Arme um den Nacken der Schönheit über sich legen, als diese den Kuss abbrach. In den braunen Augen des Mannes über ihm lag ein warmer Glanz, wie sie ihn schon lange nicht mehr gehabt hatten und der Schmetterlinge in Kyo hervorrief. Er kannte diesen Ausdruck, hatte ihn vor so vielen Monaten jeden Tag sehen dürfen. Ebenso dieses spezielle, glückliche Lächeln. In seinem Hals bildete sich ein Knoten. Gleichzeitig sammelten sich Tränen in seinen Augen. Hoffentlich täuschten ihn seine Sinne nicht. „Es ist alles wieder da, mein Schatz. All meine Erinnerungen sind zurück gekehrt.“ Zärtlich strich er dem Liegenden über die Wange. Zwinkernd fügte er hinzu: „Auch die an deinen 'geheimen' Vorrat aus Naschwerk im Eckschrank hinter unserer Tupperdosensammlung, von dem wir beide nichts wissen sollen.“ Im nächsten Augenblick wurde Shinya von dem Bassisten umgerissen, der ihn fest an sich drückte, stumme Tränen weinte. Freudentränen über diesen Rückgewinn. Von diesem Versteck wussten sie schon eine Weile, hatten Kyo gegenüber aber aus Respekt geschwiegen. In der ganzen Zeit, seit Shinya wieder wach war, hatte er dieses Geheimnis nicht ein Mal erwähnt. Dafür hatte sich weder die Gelegenheit, noch ein Grund ergeben. Der Schreck über diese Attacke hielt nicht lange an, ehe Shinya damit begann sanft über das schwarze Haar zu streicheln. Langsam wandte er den Kopf zur Seite und Kyo zu. Jener lag noch immer überwältigt da. Diese neue Information schien nur zähflüssig in seinen Kopf vorzudringen. Weitere Sekunden vergingen, bis der Ältere sich ihm zu wandte. In seinen ausdrucksstarken Augen erstrahlte Stück für Stück die Erkenntnis und einzelne Tränen lösten sich aus ihnen. Dafür wurde ihm einfühlsam von seinem Schatz über die Wange gestrichen. „Es ist wahr“, flüsterte er noch einmal, freute sich ebenfalls sehr über diese wundervolle Fügung. Nun war nichts mehr merkwürdig an ihrer Beziehung, an ihrer Art zu leben. Alle Erinnerungen waren zurückgekehrt. Sogar welche, die vor seinem Unfall nicht mehr ganz so präsent gewesen waren. All ihre Songs waren auch wieder da. Das gab ihm noch mehr Motivation seine Muskeln aufzubauen. Stärker werden, mehr Ausdauer haben. „Ich bin euch so dankbar dafür, dass ihr während der letzten Monate bei mir gewesen seid. An mich geglaubt habt.“ Der Bassist löste seinen Griff und richtete sich soweit auf, dass er nun über dem Jüngeren kniete. „Natürlich sind wir bei dir geblieben! Wir lieben dich! Du bist ein Teil von uns.“ Warm lächelte Shinya den schönen Mann über sich an. „Bald bin ich euch auch wieder ein vollwertiger Partner. So dankbar ich euch auch bin für all eure Unterstützung und Hilfe, so kann ich es doch kaum erwarten alles wieder selbstständig zu können.“ Von der Seite näherte sich Kyo, legte sich neben ihn. „Du bist uns immer ein vollwertiger Partner. Ohne dich sind wir schließlich nicht vollkommen.“ Gerührt sammelten sich ein paar kleine Tränen in Shinyas Augen. Einen Augenblick später begann er aber zu lachen. „Wenn Kaoru uns sehen würde, würde er sich wieder beschweren.“ Kyo beugte sich über ihn: „Soll er sich beschweren. Wir sind glücklich.“ Damit beugte er sich hinunter, küsste den Liebsten, um einen Moment später von Toshiya abgelöst zu werden. „Und jetzt hörst du auf an Kaoru zu denken. Wir haben Vorrang.“ Frech grinste Toshiya in das Gesicht der Schönheit unter ihm. „Der wird hiervon schon früh genug erfahren.“ Sachte senkte er seinen Körper und legte sich auf Shinya ab. Gerade wollte er den Moment einfach nur genießen. Gleich darauf spürte er zärtliche Finger in seinem Haar, die ihn sanft kraulten. Zufrieden gab er einen schnurrenden Laut von sich. Wie immer, wenn einer seiner beiden Lieblingsmenschen das bei ihm tat. „Mach es dir aber nicht zu gemütlich“, ermahnte der Sänger, stützte seinen Kopf auf einer Hand ab und begann mit einer der dunklen Strähnen zu spielen. „Hm? Hast du Hunger?“ Fragend öffnete er ein Auge, sah zu seinem älteren Schatz. „Gewaltigen. Hab zuletzt ne Stunde, anderthalb vor dem Auftritt gegessen. Ist jetzt schon eine Weile her.“ Schon seit einiger Zeit verlangte sein Magen nach Arbeit. Dass es die Stimmung versaute war ihm auch klar, aber es war mittlerweile schon ein schmerzhaftes Hungergefühl. „Ich plündere sonst-“ „Deine 'geheimen Vorräte'?“, kam es synchron von den beiden Jüngeren, welche auch gleichzeitig neckisch grinsten. „Die sind leer“, gestand er grummelnd und bedachte den Jüngsten mit einem angefressenen Blick. „Eigentlich meinte ich den Kühlschrank.“ In dem sollte sich bestimmt noch das ein oder andere essbare finden lassen. Seufzend richtete sich Toshiya auf, streckte sich wie eine Katze auf Shinya. „Dann fange ich lieber mit Kochen an.“ Kapitel 46: Ende einer langen Pause ----------------------------------- Gut gelaunt stand Die vor ihrem Proberaum. Dir en Greys Proberaum. In den letzten Wochen waren diese Treffs wieder häufiger geworden und das war etwas, was ihn sehr freute. Ein wenig überrascht schaute er auf, als er von drinnen Gitarrenklänge vernehmen konnte. Er öffnete die Tür und schmunzelte. Hätte er sich auch denken können, dass niemand anderes als Kaoru der Verursacher dieser Klänge sein konnte. War jener doch wieder vor ihm da. „Hallo Kaoru“, begrüßte er den Freund und schloss die Tür hinter sich, ehe er die Tasche abstellte und sich seiner Jacke entledigte. Kurz begrüßte der Ältere ihn ebenfalls, bevor er sich wieder seiner Gitarre und seinem Spiel widmete. „Das klingt nicht, wie eine Übungsmelodie“, warf Die ein und kam näher. Abwartend und die Arme verschränkt, stellte er sich zu dem Älteren und schaute neugierig auf die Zettel, die auf dem Notenständer vor dem anderen ausgebreitet waren. „Ist es auch nicht“, bestätigte Kaoru und nahm den Bleistift zur Hand, der mit auf dem Ständer gelegen hatte, um etwas auf die Notenblätter zu schreiben. „Das ist eine Melodie, die mir seit ein paar Tagen schon durch den Kopf geistert. Ich dachte, ich bringe sie mal mit und bastel noch ein bisschen an ihr herum. Soll ich sie dir mal vorspielen?“ „Sehr gerne.“ Von Kaoru kam ein Nicken, bevor er seine Finger wieder an die Gitarre legte, sich die Noten noch einmal ansah, um dann mit dem Spielen zu beginnen. Immer wieder ging sein Blick von den Noten auf seine Finger und zurück, während er versuchte es so flüssig wie möglich zu spielen. Aufmerksam lauschte Die der Melodie, welche noch leicht unbeholfen war, aber das war bei einer neuen auch nichts Ungewöhnliches. Mit jedem Durchgang würden die Griffe sicherer werden und die Komposition ihren Kinderschuhen entwachsen. „Spiel bitte noch einmal“, bat er den Älteren, nachdem der geendet hatte. Kaoru, neugierig auf die finale Meinung, tat ihm den Gefallen und spielte seine Melodie noch einmal. Nun war es schon ein wenig flüssiger. Dennoch kontrollierte er natürlich immer wieder seine Notizen, um auch ja keinen Fehler zu machen. „Und?“ Fragend schaute er hoch und zu dem Freund. „Was meinst du?“ „Was hältst du davon an dieser Stelle einen halben Ton tiefer zu gehen?“ Die deutete auf eine Note auf dem Papier. „Einen halben Ton tiefer“, wiederholte Kaoru murmelnd, probierte es jedoch. Langsam begann er mit dem Kopf zu nicken, während er nachdachte. Noch einmal spielte er diesen speziellen Teil und sein Nicken wurde stärker. „Gefällt mir.“ Kaoru griff zum Stift. „Danke für den Tipp“, meinte er begeister und radierte die alte Note weg, um die neue hin zu schreiben. „Kein Ding. Ich spiele mich eben warm und dann üben wir die Melodie gemeinsam? Ich würde gerne hören, wie sich das im Duett anhört.“ Schon machte er sich auf den Weg, um eine seiner Gitarren zu holen, rieb sich unterdessen die Hände, wackelte mit den Fingern, um für erste Wärme und damit auch Beweglichkeit zu sorgen. Gerade, als er den Hals seiner Akustik-Gitarre ergriffen hatte, öffnete sich die Tür zum Proberaum erneut. Sowohl Kaoru, als auch Die sahen auf und zum Eingang, wo sie ihr Dreiergespann entdeckten. „Hallo zusammen“, grinste Die sie an und nachdem der Gruß erwidert worden war, nahm er endlich seine Gitarre an sich. „Ihr seid schon fleißig?“ Von Natur aus neugierig ging Toshiya rüber, um sich anzusehen , was Kaoru da übte. „Nur eine kleine Melodie, die ich ein bisschen austesten und ausarbeiten wollte.“ „Ein neuer Song?“ Shinya hielt inne, die Hände an seinen schmalen Schal gelegt, um ihn zu entfernen. „Noch lange nicht“, wehrte Kaoru lachend ab. „Bis jetzt sind es nur ein paar Töne.“ „Ein neuer Song wäre gut.“ Shinya legte seinen Schal ab und begann damit sich warm zu machen. „Ich hätte nichts dagegen, wenn wir neue Projekte angehen. Wäre doch gut, wenn wir etwas liefern könnten, um ein Comeback von unserer Pause zu verkünden.“ „Comeback?“, erstaunt trat der jüngere Gitarrist näher, die Gitarre bereits umgehängt. „Klar.“ Verständnislos schaute Shinya von einem Gitarristen zum anderen. „Wenn man als Band aus einer längeren Pause zurück kehrt, ist es doch eine Form von Comeback. Nicht wahr?“ Fragend schaute er zu seinen Liebsten. Erst zu Toshiya, der neben ihm stand, dann zu Kyo, welcher sich ein wenig Abseits gegen einen der Sessel gelehnt aufhielt. Von beiden bekam er, wie erhofft, ein zustimmendes Nicken. „Na also.“ Gut gelaunt machte er mit seinen Übungen weiter. „Außerdem“, schnitt er Kaoru das Wort ab, ehe jener auch nur eine Silbe seines offensichtlichen Einwandes - für den er gerade Luft geholt hatte - hervor bringen konnte, „was könnte eine bessere Motivation und Übung sein, als einen neuen Song einzustudieren? Nichts. Genau.“ Mehrfach blinzelnd beobachtete Kaoru verwundert, wie Shinya sich noch ein wenig streckte und dehnte, bevor er um sein Schlagzeug herum ging und wie üblich die Schrauben kontrollierte. „Seit wann hat er die Idee mit dem Comeback?“ Die Augenbrauen leicht zusammengezogen schaute der Band-Leader von Kyo zu Toshiya. „Was spricht denn gegen dieses Ziel? Immerhin hat er Recht.“ Ein wenig herausfordernd schaute der Sänger zu dem Älteren und verschränkte die Arme vor der Brust. „Außerdem hat er in den letzten Wochen doch enorme Fortschritte gemacht.“ „Außerdem kann 'er' euch hören“, warf Shinya ein. „Und 'er' ist bereit etwas Neues zu schaffen.“ Hörbar seufzte Kaoru auf. „Ich will ja auch etwas Neues schaffen, aber...“ „Nein, kein 'Aber' Kaoru.“ Der sonst so stille Mann wurde etwas energischer. „Ich weiß, dass ich derjenige war, der darauf beharrt hat, erst einmal alle vergessenen Songs aufzuarbeiten. Dass ich den Anspruch gestellt habe, dass ich diese erst wieder perfekt beherrschen will, ehe wir uns neuen Dingen widmen. Ich habe nur meine Meinung geändert. Ich bin so weit. Mein Körper ist so weit. Die viele Übung in den letzten Wochen war ein gutes Training für meine Muskeln und meine Koordination.“ Stur schaute er Kaoru an. „Ich bin so weit“, wiederholte er mit Nachdruck. Und um das zu beweisen ging er um sein Set herum, zog sich die Handschuhe an. In der Zwischenzeit hatte Die das ganze mit einem merkwürdigen Gefühl in seinem Bauch verfolgt. Irgendwas wollte ihm sein Bauchgefühl sagen, er wusste nur nicht, was. Es wurde nur noch schlimmer, als er sah, wie Toshiya auf Kyo zuging und sie sich ein Schmunzeln zu warfen. Selbst als sie sich küssten und der Bassist sich neben seinen Schatz an den Sessel lehnte, waren beide höchst amüsiert wegen irgendwas. „Okay, raus mit der Sprache. Was für ein Spiel spielt ihr?“ Eindringlich sah er von Einem zum anderen, schlussendlich hinüber zu Shinya, der bereits einige Abfolgen auf seinem Schlagzeug übte, um richtig warm zu werden. Eine Antwort blieben ihm jedoch alle Drei schuldig. Bis das Übungsspiel von Shinya sich in eine Passage änderte, die sie bei ihrem letzten Treffen geübt und bei der der Jüngere doch immer wieder Probleme gehabt hatte. Mit ordentlich Konzentration, dafür jedoch fehlerfrei, spielte er auch noch ein ganzes Stück über die ehemalige Problemstelle hinaus. Nur um abrupt inne zu halten und die beiden Gitarristen anzulächeln. „Das ist schon mal kein Problem mehr.“ Anstatt die beiden Gitarristen zu Wort kommen zu lassen, setzte er zum nächsten Takt an und ging dazu über etwas zu spielen, an dem sie lange vor seinem Unfall gearbeitet und auch bereits eine Bassspur festgelegt hatten. Zuletzt hatten sie vor der schicksalshaften Tour daran gesessen und kleine Änderungen vorgenommen. „Wann hast du das denn geübt?“ Jetzt war Die doch etwas baff. „Geübt habe ich es gestern Abend. Nachdem wir die Rückkehr meiner Erinnerungen gefeiert haben.“ Über sein Schlagzeug hinweg schmunzelte er die beiden Freunde an. „Nachdem deine -?“ Kaoru erhob sich, war aber sprachlos. Um sicher zu gehen, dass er richtig gehört hatte, wechselte sein Blick zu Kyo und Toshiya hinüber, welche einfach nur nickten. Lediglich das glückliche Funkeln, gemischt mit dem breiten Grinsen war ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sie innerlich tobten und jubelten. Mit der Gitarre auf dem Rücken stürmte Die den Bruchteil einer Sekunde später an ihm vorbei und direkt hinter das Schlagzeug. Shinya stand unterdessen auf und musste lachen, als er fest in den Arm genommen wurde. „Und wie ist das passiert? Ich meine, - Hast du dir den Kopf nochmal angeschlagen?“ Besorgt tastete er den Kopf des Freundes ab, fand aber keine Beule oder dergleichen, brachte den Jüngeren damit zum Lachen. „Es ist einfach geschehen. Ich hatte gestern Kopfschmerzen, weshalb ich mich hingelegt habe. Als ich wieder aufgewacht bin, war alles wieder da.“ „Einfach so?“ So wirklich konnte Die es noch nicht glauben. Es klang zu schön, um wahr zu sein. Shinya nickte sanft lächelnd. „Die Ärzte“, mischte sich Toshiya in das Gespräch mit ein, „hatten ja gesagt, dass die Amnesie Stück für Stück, aber auch mit einem Schlag verschwinden kann. Natürlich hatten Kyo und er sich unglaublich gefreut. Beinahe wären sie geplatzt vor Glück, nachdem sie es begriffen hatten. Sie wären aber auch selbstverständlich die kleinen Schritte mit Shinya gegangen. Sie waren ja auf einem guten Weg gewesen, der Jüngere hatte sich immer mehr auf diese Beziehung eingelassen und sich immer wohler gefühlt. Gemeinsam hätten sie ihn wieder all die süßen ersten Male erleben lassen, was das Körperliche in ihrer Beziehung anging. Die süße Zierde, welche durch die eigene Neugier immer wieder aufs Neue herausgefordert worden war, hatte schon ihren Reiz gehabt. Aber eben auch der Mann, der genau wusste, was er tat und wollte. So oder so zählte für sie noch immer - auch nach all diesen Wochen und Monaten - nur eine einzige Tatsache: Ihr Liebster lebte. Er hatte diesen grausigen Unfall überlebt. Warme Finger legten sich auf Toshiyas und umschlossen sie auch leicht. Kyos, wessen auch sonst. Sofort wurde sein eigenes Lächeln noch etwas wärmer und er drehte seine Hand um, um seine Finger mit denen von Kyo zu verschränken. Kaoru schaute unterdessen immer noch ein bisschen so aus, als hätten sie ihm das Achte Weltwunder präsentiert. „Glaub es ruhig“, sprach Kyo sanft. Er konnte dem Freund sehr deutlich ansehen, wie es in ihm aussah. „Tu ich. Aber nicht, dass ihr bis heute wartet, um uns davon zu erzählen!“ Man hörte deutlich, dass der Ältere in erster Linie beleidigt und nicht wütend war. Zurecht, wie er fand, schließlich war die Nachricht höchst wichtig. Auch für sie als Freunde. „Kaoru“, fing Toshiya beschwichtigend an und legte den Kopf leicht schief, während er verliebt lächelte. „Wir wollten das erst einmal unter uns feiern.“ Mit dem Essen, was er noch gekocht hatte, gefolgt von dem ungezügelten und intensiven Austausch körperlicher Zuneigung. Nichts, wozu die beiden Freunde hätten eingeladen werden müssen. „Meine Familie weiß es auch erst seit heute Morgen“, erklärte Shinya und versuchte sich noch immer aus Dies Umarmung zu befreien. „Jetzt ist genug“, wandte er sich schließlich an den Freund und schob ihn sanft, aber bestimmt von sich. „Schließlich bin ich ja nicht von den Toten auferstanden.“ Schief grinste Die und kratzte sich an der Wange. „Ach, eigentlich schon ein bisschen.“ Sanft brummend meldete Kaoru sich wieder zu Wort, beide Arme auf seinem Instrument abgestützt: „Ich freue mich für euch. Für dich.“ Bei dem letzten Teil schaute er Shinya direkt an und schenkte ihm ein kleines Lächeln. „Ich mich auch. Jetzt fühle ich mich wieder mehr, wie ich selbst.“ Zufrieden mit dem Verlauf des Gespräches klatschte Kaoru in die Hände. „Dann lasst und etwas Neues schaffen.“ „Bin dabei.“ Shinya strotzte nur so vor Tatendrang. Die kam hinter dem Schlagzeug hervor und nahm seine Gitarre wieder richtig zur Hand. „Spiel uns doch vor, was du schon hast. Dann können wir Ideen einwerfen.“ Einverstanden nickte Kaoru und setzte sich etwas aufrechter hin, um sich besser auf die aufgeschriebenen Noten konzentrieren zu können. Erneut erklang die Gitarre und alle anderen lauschten gebannt. Kapitel 47: Vereint ------------------- Keine Probe. Kein Auftritt. Kein Sonstwas. Ein freier Abend, den die drei Verliebten damit verbracht hatte zusammen zu kochen und in aller Ruhe zu essen. Dabei hatten Shinya und Toshiya entschieden, dass sie sich ein paar der Filme ansehen wollten, zu denen sie in den letzten Wochen nicht gekommen waren. Zu viele Proben und Aufnahmen. Interviews und Fotoshootings. Sie mussten sich nur noch einigen, welcher es werden sollte. Im Endeffekt einigten sich die beiden Jüngeren auf einen Film, der Kyo nicht wirklich zusagte, aber mit zwei zu eins war er überstimmt. Er wollte sich jedoch nicht von ihnen trennen und allein sein. Zumal er heute nicht gewusst hätte, womit er sich sonst beschäftigen sollte. Ihm war nicht danach zu schreiben oder zu malen. Selbst zum Sport fehlte ihm die Motivation. Darum lag er schließlich zwischen den beiden jüngeren Männern. Den Kopf auf Toshiyas Schoß gelegt, seine Beine auf Shinyas. Sanft strich ihm der Bassist über die Brust, während sein anderer Freund dies bei seinem Oberschenkel tat. Und obwohl beide sehr aufmerksam der Handlung auf dem Bildschirm zu folgen schienen – wie Kyo schon mehrfach durch einen kleinen Blick festgestellt hatte - unterlief ihnen doch immer wieder dieselbe, kleine Unachtsamkeit: Ab und an verirrten sich die streichelnden Finger in etwas intimere Gegenden. Jedoch immer nur in die Nähe. Toshiya ging sogar noch einen kleinen Schritt weiter, umkreiste die mittlerweile leicht erhärteten Brustwarzen. Alles musste irgendwo beabsichtigt sein. Anders konnte sich Kyo das nicht erklären, denn dafür dauerten diese Berührungen einfach zu lange. Lange genug, um erste Lust in ihm hervor zu rufen. Natürlich könnte er nun subtile Zeichen geben. Sie durch wohliges Seufzen darauf hinweisen, dass sie weiter gehen sollten. Subtil konnte ihn heute allerdings Mal an seinem trainierten Arsch lecken. Mit einem leicht frustrierten Seufzen setzte er sich auf, entzog sich seinen Partnern,. Noch während er aufstand, begann er damit sich sein Hemd aufzuknöpfen. „Kyo?“ Mit seinem besten Schlafzimmerblick drehte sich Kyo um und schaute zu Toshiya, der ihn angesprochen hatte. Anstatt jedoch die eindeutige Frage in den Augen seiner beiden Geliebten sofort zu beantworten, fuhr er damit fort, sich sein Hemd gänzlich auszuziehen, um es anschließend auf den Sessel zu werfen. „Da ihr Zwei es nicht schafft das Ganze richtig anzugehen, werde ich jetzt rüber ins Schlafzimmer gehen und es mir selbst besorgen.“ Schulterzuckend wandte er sich ab und ging Richtung Tür. „Du... willst was?“ Shinya klang ehrlich schockiert. „Es mir selbst besorgen.“ Kyo verließ den Raum und ging den Flur hinab Richtung Schlafzimmer. Hinter sich hörte er Schritte, gefolgt von einem zweistimmigen: „Kyo!“ An der Tür zum Schlafzimmer angelangt, öffnete er sie weit, bevor er sich umdrehte. Gemächlich öffnete er den Knopf an seiner Jeanshose. „Wollt ihr mir etwa Gesellschaft leisten?“, fragte er mit tiefer, sinnlicher Stimme und zog den Reißverschluss auf. Deutlich konnte er seine Partner schwer schlucken hören, sah wie sie nickten. „Nun gut.“ Er legte seine Hände links und rechts an den Rahmen der Tür. „Wer zuerst bei mir ist, darf zuerst an meinen Hintern.“ Heute wollte er derjenige sein, der empfing. Langsam ging er einen Schritt zurück, nahm dabei die Hände vom Türrahmen, um sie über seine Brust und seinen Bauch streichen zu lassen. Die Hand an seinem Bauch wanderte immer weiter hinab zum Bund seiner Unterwäsche. Dabei ging er weiter ins Schlafzimmer hinein, hielt die beiden Männer mit lustvollem Blick in seinem Bann. In dem Moment, als er völlig in der Dunkelheit des Raumes verschwunden war, schlüpften seine Finger in seine Unterwäsche und er gab ein lautes Stöhnen von sich. Als wäre das das Startsignal gewesen, stürmten die beiden Jüngeren auf ihn los. Sie versuchten sich gegenseitig zu bremsen, gönnten dem Anderen den Sieg nicht. Nach wenigen Sekunden war es entschieden und Kyo fand sich in den kräftigen Armen Toshiyas wieder. Stürmisch wurde er geküsst und fest an den trainierten Körper gepresst. Allein dadurch wurden die Beine des Sängers schon viel weicher. Gedämpft stöhnte Kyo in den Mund des Größeren, krallte sich an der Brust in den weißen Stoff von Toshiyas Shirt. „Hey, nicht auffressen. Lass mir auch noch etwas über“, protestierte der Schlagzeuger und schloss die Tür hinter sich. Selbst etwas außer Atem durch den Sprint, stellte Shinya sich neben die beiden Männer. Zärtlich strichen die langen Finger über die warme, bunte Haut. Ohne Licht waren alle anderen Sinne geschärft und sensibler. Laut stöhnte Kyo auf, als sich der Mund des Bassisten nun an seinem Hals vergnügte. Aber er brauchte mehr Küsse. Er löste seine linke Hand von dem Shirt, tastete sich an Shinya hoch bis zu dessen Kragen, um ihn zu sich zu ziehen. Shinyas Kuss war um einiges sanfter, doch nicht weniger dominant. Bereits jetzt hatte Kyo das Gefühl nicht nur von vier, sondern von hundert Händen gestreichelt zu werden. Zwei davon waren mittlerweile in seiner Hose verschwunden, hatten sich auf je eine Pobacke gelegt und packten fest zu. Eine andere strich ihm über die Brust, spielte mit seiner rechten Knospe. Unter der Zuwendung wurde sie noch sensibler und schickte eine Welle der Lust nach der anderen durch seinen Körper hinab zu seinen Lenden. Leichter Druck dirigierte ihn zum Bett hin, bis er gegen die Kante stieß und darauf geschubst wurde. Sofort rappelte er sich wieder etwas auf, stützte sich auf seinen Ellenbogen ab. Einen Moment später ging die Nachttischlampe an und tauchte die drei Männer in ein warmes, gelbliches Licht. „Hm“, brummte Shinya, war mit irgendwas nicht ganz zufrieden. Er beugte sich erneut zu der Lampe runter und berührte die Fläche für den Farbwechsel, woraufhin das Licht in ein sinnliches Rot wechselte. „Shinya.“ Toshiyas säuselnde Stimme war wie der leise Ruf einer Sirene. Sobald der Jüngere sich zu ihm umgedreht hatte, verschmolzen sie in einem langsamen Kuss. Eng umschlungen standen sie da, ließen ihre Zungen miteinander tanzen. Nach kurzer Zeit ließ Shinya seine Hände unter dem Shirt des Anderen verschwinden, schob es immer weiter nach oben, bis sie sich trennen mussten, um es ganz auszuziehen. Sie waren beinahe sofort wieder im Kuss vereint, dafür strich der Bassist nun mit seinen Händen hinauf zu den Schultern des Anderen, um den dunklen Cardigan von diesen zu schieben. In der Zwischenzeit hatte Kyo seine Hosen etwas nach unten geschoben und stützte sich nur noch auf dem linken Ellenbogen ab. Mit seiner rechten Hand pumpte er seine schon halb steife Erektion. Wer brauchte schon einen Porno zur Stimulation, wenn man so eine private Peepshow geboten bekam? Schon nach kurzer Zeit begann er zu keuchen, behielt die beiden halb nackten Männer aber weiterhin im Blick. Ebenfalls keuchend, lösten die Beiden sich voneinander und schauten dann zu Kyo, lächelten anzüglich, während sie immer noch umschlungen dastanden. Als nächstes schauten sie zueinander, schienen nonverbal die nächsten Schritte zu besprechen. Zielsicher fuhren ihre Hände am Körper des jeweils anderen hinab, öffneten dessen Hose. So gut es ging, schoben sie sie von den Hüften, bis die Stoffe von allein rutschten. Synchron entstiegen sie der letzten Kleidung, bevor sie sich wieder Kyo zu wandten, der immer noch mit seiner Erregung beschäftigt war. Gleichzeitig griffen sie nach je einem Hosenbein und zerrten den Stoff von dem sündigen Körper. Gleich darauf folgte auch die Unterwäsche. Nun lag Kyo mit einladend gespreizten Beinen vor seinen Partnern. Er konnte kaum erwarten, wie es weiter ging. Unbeachtet landete die Kleidung am Boden und die beiden Jüngeren krabbelten, elegant wie Raubtiere auf das Bett. Shinya links und Toshiya rechts von Kyo, strichen sie über dessen Beine, küssten die ein oder andere Stelle. An der kräftigen Brust angelangt, leckten sie synchron über die erregten Knospen, ließen ihre Zungen darum kreisen. Stöhnend legte Kyo den Kopf leicht in den Nacken, vergrub seine Hände in den Haaren seiner Liebsten. Im Gegenzug strich je eine ihrer Hände über seinen Bauch hinab. Shinyas lange Finger legten sich um das erregte Fleisch, während die von Toshiya kurz mit den beiden Kugeln darunter spielten. Er ließ sie beinahe über die langen Finger tanzen. Nur um Sekunden später weiter zwischen die geöffneten Beine hinab zu schleichen und über den zuckenden Eingang zu streichen. Spielerisch tippte er ein paar Mal dagegen. Zufrieden bemerkte er das Zittern, begleitet von leichtem Keuchen. Verlangend versuchte sich der Muskelring zu öffnen, um ihn hinein zu lassen, aber dafür war der Finger eindeutig zu trocken. Unterdessen ließ Shinya von der verzierten Brust ab, bewegte sich küssend hinab zum Bauch. Mit einem kleinen Grinsen tauchte er die Spitze seiner Zunge in den Nabel. Der erschrockene Laut des Sängers, war wahrlich niedlich. Ein wenig knabberte er auch an der sensiblen Haut drum herum, weswegen sich Kyo kichernd unter seinem Liebsten wand. Bevor es die Stimmung zu sehr dämpfte, wanderten Shinyas Lippen weiter hinab. Heiß und feucht glitt seine Zunge über die pochende Erregung, die er immer noch in seiner Hand hatte. Langsam leckte er sich von der Wurzel bis zur Spitze hinauf, nur um sie dann in seinem Mund aufzunehmen. Laut stöhnte Kyo auf, bog seinen Rücken leicht durch. Abgelenkt durch diese neuen Gefühle, bemerkte er nicht, wie Toshiya sich von ihm löste. Er kletterte sogar halb aus dem Bett, um aus der Schublade des Nachttisches, die Tube Gleitgel und ein paar Kondome zu holen. Derweil lag Kyo stöhnend da, krallte sich mit beiden Händen in das Bettlaken über seinem Kopf. Wie gut, dass ihr Bett so breit war, dass er das sogar quer liegend tun konnte. Zunehmend verabschiedete sich sein Verstand, wusste Shinya seine Zunge doch viel zu geschickt einzusetzen. Kurz verloren seine Schultern den Kontakt zu der Matratze, als er sich aufbäumte. In der Hitze der Ekstase hatte er sich einzig auf den wohltuenden Mund konzentriert und dabei nicht mitbekommen, wie Toshiya seine Finger mit dem Gleitgel benetzt hatte. Ohne darauf zu warten, dass es ein wenig warm wurde, hatte jener sie wieder zu Kyos Po geführt und erneut dessen Eingang umspielt. Und gerade dieses Wechselspiel aus Hitze und Kälte ließ das Blut des Sängers noch mehr kochen. Leicht öffnete er die Augen, fuhr mit seinem Blick über das, was er zwischen seinen Beinen sehen konnte: Den anbetungswürdigen, muskulösen Körper des Bassisten, der durch das dunkle, rote Licht noch beeindruckender wirkte. Davor den Kopf des Schlagzeugers, der mit seinem kurzen Bob immer noch etwas ungewohnt aussah. Mit seinem harten Schwanz zwischen den Lippen war er dennoch ein unglaublich verruchter Anblick. Leicht ruckte seine Hüfte nach oben, stieß ein wenig in den wohltuenden Mund. Dazu auch noch Toshiya, wie er sich mit der Zunge gerade über die Lippen leckte. Allein dadurch kam er seinem Höhepunkt ein ganzes Stück näher. Unterdessen hörte Shinya mit seiner Wohltat auf, leckte noch einmal über die tropfende Spitze. Stattdessen beugte er sich mit seinem Oberkörper über Kyos Unterleib, stützte sich mit seinem linken Ellenbogen neben Kyos Körper ab, um ihn nicht mit seinem Gewicht zu erdrücken. Nun hatte der Älteste einen wunderbaren Ausblick auf den zierlichen Rücken, jedoch nicht mehr auf den erotischen Anblick, der ihm eben noch vergönnt gewesen war. Sehnsüchtig nach mehr Körperkontakt strich Kyo mit seinen Händen über die weiche Haut. Im Gegenzug legten sich die von Shinya von hinten an seine Oberschenkel, sorgten dafür, dass seine Beine noch weiter gespreizt wurden, wodurch und die langen Finger des Bassisten noch viel tiefer in ihn eindringen konnten. Kyos ganzer Brustkorb vibrierte durch sein eigenes Stöhnen. Weiterhin mit den Vorbereitungen beschäftigt beugte sich Toshiya nach vorne und fing die Lippen des jüngeren Mannes ein. Nicht lange und ihre Zungen wanden sich umeinander, kämpften jedoch keinesfalls um Dominanz, sondern teilten einzig den Geschmack ihres gemeinsamen Liebsten. Erst als dieser verflogen war, trennten sie sich voneinander, grinsten sich an, ehe Toshiya noch einmal zu der Tube griff. Mit einer kleinen Bewegung seines Daumens hatte er den Deckel hoch geklappt und gab etwas von der durchsichtigen Masse auf die Finger von Shinyas rechter Hand. Versuchsweise gesellte der seinen Finger zu den beiden von Toshiya, die sich bereits mühelos immer wieder tief in den Sänger schoben und ihn keuchen ließen. Aus dem Keuchen wurde ein etwas lauteres Stöhnen, während sich auch der dritte Finger durch den Muskelring drängte. Anstatt jedoch nun im Gleichklang zu stoßen, bewegten die beiden Jüngeren sich gegeneinander. Auf der Suche nach Halt, krallte sich Kyo mit einer Hand erneut in den Stoff unter sich, während die andere sich in Shinyas Po vergrub. Hin und her warf er seinen Kopf. Er gierte nach mehr. Zum Glück wusste sein Körper, was ihn an Lust erwartete, wenn er sich nur bereit zeigte. Schmatzende Geräusche brachten Kyo dazu die Augen einen Spalt breit wieder zu öffnen. Shinyas schwarzes, weiches Haar bewegte sich im Takt seines Kopfes und Toshiyas verzücktes Gesicht mit der entblößten Kehle, waren eindeutige Zeichen für das, was da vor sich ging. Mehr bekam er nicht mehr mit, denn einer der Finger in seinem Inneren streifte genau die richtige Stelle in ihm. So gut es ging bog er den Rücken durch, ließ seine Stimme erklingen und versuchte sein Becken den angenehmen Gefühlen entgegen zu bewegen. „Mehr!“, forderte er rau. Ansonsten würde er kommen, bevor er mit einer seiner Liebsten in ihm gewesen war. Dann hätte er es sich auch selbst machen können. Unbeholfen löste er seine rechte Hand vom Laken und ergriff stattdessen die schwarzen Strähnen von Shinya, zog ungewollt grob an ihnen. Notgedrungen ließ der jüngere Mann von dem Bassisten ab, lächelte ihm zu, während der Zug an seinem Haar nachließ. Toshiya nickte und holte mit seiner freien Hand eines der Kondome, die neben ihnen auf dem Bett lagen. Beim Auspacken war ihm der Jüngere mit seiner freien Hand behilflich. Wobei sich sehr deutlich zeigte, was für ein eingespieltes Team sie eigentlich waren. Problemlos bekamen sie die Plastikhülle auf und Shinya entnahm ihr den Gummi, um ihn über die feuchte, zuckende Spitze von Toshiyas Erregung zu halten. Dieser warf die Verpackung zu Boden und nahm dann den kleinen Zipfel zwischen Daumen und Zeigefinger. Gemeinsam verpackten sie die pochende Erregung. Grinsend reckten sie sich nach dem Anderen, küssten sich erneut innig, während sie ihre Finger noch ein wenig in ihrem gemeinsamen Liebsten bewegten. Der Erste, der sich aus ihm zurück zog, war Shinya. Nur um Toshiya anderweitig behilflich zu sein. Beide Hände legte er an den willigen Po, zog dessen Hälften ein wenig auseinander. Nun nahm auch der Bassist seine Finger wieder heraus, drückte Kyos linkes Bein noch ein wenig weiter nach oben, während er seine Erregung in Position brachte. Über Shinyas Schulter hinweg schaute er in das Gesicht des Älteren, um im passenden Moment inne zu halten. Vor allem sah er jedoch Zufriedenheit und pure Ekstase darin. Wenn sie ihn nicht so fest halten würden, würde Kyo das Ganze sicherlich noch beschleunigen. So wie dessen Muskelring sich immer wieder um ihn verengte, konnte er es kaum erwarten, bis sie gänzlich eins waren. Gemeinsam stöhnten sie auf, als es endlich so weit war. Shinya richtete sich auf und küsste Toshiya erneut, ließ ihre Zungen umeinander tanzen, um dem Sänger noch einen Moment Zeit zu geben sich an das Gefühl zu gewöhnen. Murrend ließ Kyo kurz darauf seine Muskeln spielen, versuchte sich gegen den Bassisten zu bewegen, um mehr zu erfahren, als lediglich vereint zu sein. Ein dünner Speichelfaden verband die beiden Münder noch für einen Moment, ehe sie sich gänzlich trennten. „Hol dir deine Belohnung“, flüsterte Shinya dem größeren Mann zu und lächelte anzüglich, bevor er sich ein wenig zurück zog. Lächelnd legte er sich neben Kyo, strich ihm mit seiner sauberen, linken Hand über Bauch und Brust, streichelte ihn zärtlich. Er suchte den Blick des Älteren, lächelte ihn verliebt an und tauchte tief in Kyos Augen ein, die in dem roten Licht noch dunkler waren. Trotzdem konnte man die Lust deutlich in ihnen sehen. Bis jener laut stöhnend den Kopf in den Nacken warf und die Augen verdrehte, weil Toshiya begonnen hatte in ihn zu stoßen. Beide Hände des Sängers krallten sich über seinem Kopf in die Laken. So gut es ging, bewegte er sich dem Liebsten entgegen, hieß ihn immer wieder aufs Neue willkommen. Wellen der Lust tobten durch Kyos Körper. Sie packten ihn, umhüllten ihn und wiegten ihn doch sanft hin und her. Wuschen sein Denken hinfort, bis nur noch Gefühle über ihn herrschten. Toshiya stieß in einem beständigen, kräftigen Rhythmus in ihn, erschütterte jede Zelle, aus der er bestand und er liebte es. Brauchte es genau so. Zärtliche Finger strichen über seine Wange und ein Daumen über seine geöffneten Lippen. Er wandte seinen Kopf zur Seite, öffnete die Augen einen Spalt. Gerade weit genug, um zu sehen, wie Shinya sich zu ihm beugte. Also schloss er sie wieder und empfing den Kuss, den er erwartet hatte. Einen süßen, langsamen Kuss, der ihm zwar den Atem raubte, aber auch so unglaublich süß war. Die Hand an seiner Wange streichelte über seinen Hals hinab zu seiner Brust, weiter zu seinem Bauch. Jedoch nicht weiter zu seinem Schwanz, welcher nach Aufmerksamkeit schrie. Toshiya genoss jeden einzelnen Stoß und den Körper, der sich seinem so gierig entgegen bewegte. Dieser kraftvolle, starke Mann, der sich ihm hin gab und wie weiches Wachs wurde, ohne auch nur annähernd etwas von seiner fesselnden Ausstrahlung zu verlieren. Sobald Shinya den Kuss beendete und Kyos Stöhnen wieder den Raum füllte, kam Toshiya seinem Höhepunkt mit einem großen Sprung näher. Neugierig sah er zu dem Jüngeren, der sich nun neben den Sänger legte und ihn ansah. Sinnliches Lächeln raubte Toshiya den sowieso schon schwer gehenden Atem. Plötzlich fing auch der Jüngere an zu Stöhnen und als Toshiya an dem schlanken Körper hinab sah, entdeckte er die langen Finger, die sich um das eigene pulsierende Fleisch gelegt hatten und es nun massierten. Verdammt, das war ein Anblick, der verboten werden sollte. Stöhnend beugte er sich noch weiter vor, stützte sich nun links und rechts von Kyo auf der Matratze ab, während er sich in einem schnellen Tempo und wie von Sinnen immer wieder in den Geliebten rammte. Bei dessen Lustschreien musste er wohl mit jedem Stoß genau treffen. Ganz weit weg hörte er Plastik rascheln. Ganz nah dafür seinen Namen, der keuchend über Kyos Lippen kam. Plötzlich war da ein glitschiger Finger an seinem eigenen Eingang. Die Augen für einen Moment weit aufgerissen ging er ins Hohlkreuz, warf den Kopf in den Nacken. Ganz leicht drückte der schlanke Finger gegen seinen Muskelring. Dennoch schaffte er es einzudringen. Mehr brauchte es nicht mehr für den Bassisten. Kurz blieb ihm die Luft weg, während er sich in kräftigen Schüben in dem Kondom ergoss. Erschöpft sackte er auf Kyo zusammen, rang nach Luft. Der Mann unter ihm genauso, allerdings war er auch noch auf der Suche nach seiner Erlösung. So kurz davor war er gewesen. Nur noch ein oder zwei Stöße und er wäre nun in dem gleichen glückseligen Zustand, wie der heiße Körper auf ihm. Genau jener wurde aufgerichtet, was ihm zwar ermöglichte besser Luft zu kriegen, ihm aber auch ein weiteres, erregtes Stöhnen entlockte. Und dann war da die Leere. Diese fürchterliche Leere. Wie sollte er denn jetzt seine Erlösung finden? Wimmernd löste er eine Hand aus den Laken und wollte sich selbst zum Höhepunkt bringen. Bevor er das konnte, wurde er am Handgelenk gepackt und nach oben gezogen. Ein Arm schlang sich um ihn und er wurde auf einen Schoss gezogen. Heiß presste sich eine Erregung von unten gegen seine Hoden und seinen zuckenden, geöffneten Eingang. Ganz nah war ihm Shinyas Gesicht, als er die Augen leicht öffnete. Und schloss sie gleich wieder, wegen des intensiven Kusses, der ihn begrüßte. Seine Arme legten sich um den Nacken des Jüngeren. Immer wieder keuchte er in den vertrauten Mund, während sich der schlanke Körper unter ihm bewegte. Warum auch immer. Wohin auch immer. Er wollte ihn nur endlich in sich spüren. Verlangende Hände legten sich auf seinen Po, zogen die Hälften ein wenig auseinander. Kyo stöhnte tief auf, stützte sich auf den Schultern des Anderen ab, um seinen Körper ein wenig anzuheben. Schon spürte er die mit Latex überzogene Spitze an seinem Muskelring. Er versuchte sich langsam auf dem heißen Schaft nieder zu lassen, aber die Lust nahm ihm die Kraft. Mit einem lauten Stöhnen sackte er auf dem begehrten Körper zusammen. Tief war er nun in ihm. Hungrig küsste er Shinya, sammelte Kräfte in seinen Beinen. Langsam und zittrig hob er seinen Körper ein wenig an, ließ sich immer wieder regelrecht fallen. Ein paar Mal machte er das, bis sich ein warmer Körper von hinten an seinen schmiegte. Zärtliche Küsse wanderten von seiner linken Schulter an seinem Hals hinauf, während sich große Hände von seiner Hüfte hinauf zu seiner Brust streichelten, um dort ein wenig mit seinen empfindlichen Knospen zu spielen. Währenddessen packte Shinya Kyo an den Kniekehlen und zog die Beine unter dem Körper des Freundes hervor. Nun lag der Kleinere an der starken Brust des Bassisten. Schlaff hingen Kyos Arme an ihm herab. Die Lust und die nahende Erlösung raubten ihm die Kraft für das meiste Andere. Verspielt leckte ihm eine freche Zunge über seinen Hals und seine Kehle, aus der immer wieder lustvolles Stöhnen kam. Süßer Schmerz blitzte durch seinen Körper, während die großen Bassistenhände an den empfindlichen Knospen zupften und anschließend mit den Daumen anschlugen, als wären es die Saiten an seinem Instrument. Genug Ablenkung, die von Shinya dafür genutzt wurde, um ihm die Beine an die Brust zu drücken und sich in Position zu bringen. Und während Toshiya sich auf der einen Seite mit dem verzierten Hals beschäftigte, übernahm Shinya die andere Seite. Kyo war nicht mehr fähig irgendeinen Gedanken zu bilden. Laut stöhnte er auf, als Shinya begann in ihn zu stoßen. Begleitet von seinem verlangenden, tiefen Stöhnen und unterbrochen von sehnsüchtigem Wimmern, drang der Jüngere wieder in ihn ein. Doch noch bevor er richtig angefangen hatte machte Shinya eine Pause, strich zärtlich mit seinen Händen über die kräftigen Oberschenkel, die so einladend gespreizt waren. Dafür löste er seine Lippen von der verzierten Haut. „Toshiya“, hauchte der Schlagzeuger säuselnd. Jener sah auf, eine Augenbraue leicht angehoben, während er noch einmal besitzergreifend den Hals hinauf leckte. Weil sich der jüngere Mann weiter zu ihm beugte, ließ er von Kyo ab, reckte sich den sinnlichen Lippen entgegen. Ihr Kuss war sinnlich, ruhig, mehr wie eine Verschnaufpause. Selbst als ihre Zungen begannen träge umeinander zu tanzen, wirkte es eher, als würden sie ihre Gemüter kühlen und nicht weiter anheizen wollen. Fasziniert schaute Kyo ihnen dabei zu, spürte seinen eigenen Schwanz verlangend zuckend. Sie dabei beobachten zu können war unfassbar erregend, nur bei weitem nicht ausreichend, um endlich zu kommen. Verlangend verengte er sich immer wieder um den Mann in sich. Er brauchte doch keine Phase mehr, um sich an ihn zu gewöhnen. Sein Körper war bereit. Warum also quälte er ihn nun so? „Shinya. Bitte.“ Er bettelte nicht gern, aber wenn er nur so an seinen Orgasmus kam, dann tat er auch das. Sinnlich stöhnte er auf, legte seinen Kopf wieder in den Nacken und auf Toshiyas kräftiger Schulter ab. Endlich hatten die Stöße begonnen. Endlich schenkte er ihm die Aufmerksamkeit, nach der er sich so gesehnt hatte. Warme, große Hände strichen von hinten an seinen Seiten nach unten, machten einen kleinen Umweg über seinen Po und weiter hinauf. Bis sie in seinen Kniekehlen ankamen und seine Beine in Position hielten. Immer noch küssten die beiden Größeren sich über ihm. Shinya strich mit seinen Händen weiter nach unten. Halten musste er Kyo nun ja nicht mehr. Stattdessen legte er sie auf die gespreizten Knie von Toshiya, während er sich immer wieder mit Wonne tief in dem Sänger versenkte. Mit fast jedem seiner Stöße brachte er ihn dazu lauter zu stöhnen. Sein Liebster war kurz davor. Das spürte er. Auch bei ihm würde es nicht mehr lange dauern. Durch das, was er vorhin hatte sehen dürfen, war er schon gut angestachelt gewesen. Seine Hände glitten auf den alabasterweißen, gespreizten Beinen des Bassisten weiter hinauf, packten fest zu. Toshiya stöhnte in seinen Mund, von dem er sich jedoch lösen musste, um selbst noch genug Luft zu bekommen. Durch den Halt, den er an Toshiya fand, beugte er sich nun noch mehr über Kyo, konnte seine Lust schneller mit ihm ausleben. Mit einem Mal schlug Kyo seine linke Hand in Shinyas Arm, bohrte die Finger seiner rechten in den Oberschenkel des Bassisten, während er den Rücken durch bog und aufschrie. Heftig zuckte er und verengte sich um den Schwanz in sich. In mehreren Schüben verteilte sich sein Sperma auf seiner Brust und seinem Bauch. Noch einige Male erschütterte Shinya seinen Körper, bevor auch er seinen Höhepunkt tief in dem Sänger fand und sich in das Kondom ergoss. Nun vollends am Ende seiner Kräfte hing Kyo schlaff in den Armen des Bassisten, den Kopf leicht gegen ihn gelehnt. Ein letztes, schwaches Stöhnen, während sich sein Liebster aus ihm zurück zog. Langsam ließ Toshiya die Beine seines Liebsten sinken, während Shinya sich eine kleine Verschnaufpause gönnte, bevor er sich des Kondoms entledigte. Aus der Taschentuchbox in der Schublade holte Shinya noch ein paar Taschentücher mehr, bevor er Toshiya dabei half, ihren bereits eingeschlafenen Kyo in eine liegende Position zu bringen. Zärtlich strich der Bassist dem Älteren durch sein leicht feuchtes Haar und küsste ihn auf die Stirn. Gemeinsam machten sich die beiden Männer daran, Kyos Körper von den Spuren seiner Lust zu befreien. „Waren wir vielleicht ein bisschen zu gemein zu ihm?“, sprach Toshiya seine Gedanken aus und warf das letzte gebrauchte Taschentuch in den kleinen Mülleimer neben dem Bett. „Ein bisschen vielleicht“, erwiderte Shinya und holte die Packung Feuchttücher hervor, mit denen sie ihre Hände reinigen konnten. „Aber wenn du ihn morgen fragst, wird er sich bestimmt nicht beschweren.“ Leise kicherte Toshiya und nahm eines der Tücher entgegen, um damit über seine Finger zu wischen. „Doch, wird er. Darüber, dass wir auf dem Sofa nur angedeutet haben. So entspannt, wie er jedoch dagelegen war, hatte ich nicht unbedingt den Eindruck, dass er in Stimmung war.“ „Ging mir genauso“, stimmte Shinya ihm zu. Er nahm ein neues Tuch und fuhr damit noch einmal über Kyos Oberkörper. Der Andere folgte seinem Beispiel, fuhr mit dem Tuch jedoch einmal über Kyos Muskelring, um unter anderem die Spuren des Gleitmittels zu beseitigen. „Er ist so tief am Schlafen, dass er nicht einmal mehr das spürt“, stellte er mit einem amüsierten Schmunzeln fest. Auch diese Tücher wurden entsorgt. Und während Toshiya schon mal nach der Bettdecke griff, löschte Shinya das Licht. Zusammen drehten sie Kyo auf die Seite, sodass jeder von ihnen seine bevorzugte Schlafposition einnehmen konnte. Jedoch richtete Shinya sich noch einmal auf, beugte sich über Kyo hinweg zu dem Bassisten. „Toshiya?“ „Eh?“ Ein warmes Paar Lippen legten sich für einen kurzen Kuss auf seine. Er kam nicht einmal richtig dazu zu erwidern, lächelte jedoch selig. „Ich liebe dich.“ Worte, die das müde Herz des Größeren kribbeln ließen und mit Wärme füllten. „Ich liebe dich auch“, erwiderte er sanft und schloss die Augen. Er spürte noch, wie der Jüngere es sich bequem machte, eines seiner Beine gegen seine kam. Kurz darauf vernahm man in dem Raum nur noch den ruhigen, gleichmäßigen Atem der drei Liebenden. Epilog: -------- „Wo willst du hin?“ Langsam drehte sich Kyo um. In die Richtung, in der er das verschlafene Gesicht Toshiyas vermutete. „Bad“, antwortete der Sänger, gähnend und mit einem leichten Schmunzeln. „Okay“, nuschelte der Bassist und ließ sich wieder in die Kissen fallen, kuschelte sich in die Decke. Kyo ging derweil ins Badezimmer, um sich zu erleichtern. Lästig, wenn man davon geweckt wurde. Den Rückweg legte er ein wenig schneller zurück. Es war doch etwas kühl, so ganz ohne Kleidung. Zurück im Schlafzimmer wartete er einen Augenblick, bis seine Augen sich wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Zielstrebig ging er auf das Fußende des Bettes zu, wo er mit einem leisen Kichern unter die Decke krabbelte. Anders kam man ja nicht wieder zwischen die anderen beiden, wenn sie fest schliefen. Am Kopfende angekommen spürte er auch gleich, wie sich Toshiyas Arme erneut von hinten um ihn schlangen und an dessen Körper drückten. War er also doch noch nicht wieder eingeschlafen. Von vorne näherte sich jemand anderes, der wie gewohnt nach seiner Hand griff, sie einmal fest drückte. „Wie fühlst du dich?“, fragte der zierliche Mann vor ihm leise. „Müde und auch immer noch etwas schwach auf den Beinen.“ Auch ein wenig Schmerz hallte noch nach. Bereuen tat er jedoch nichts. Absolut nichts. „Und glücklich.“ „Das freut mich.“ Was wollte man als Partner auch mehr für den Menschen, den man liebte? „Irgendwelche Wünsche fürs Frühstück?“ Das fragte ihn der Schlagzeuger jetzt? Wo sein immer noch leicht dusselig gefickter Kopf doch kurz davor war wieder einzuschlafen? „Schokoladeneis“, murmelte er deshalb. „Zum Frühstück?“ „Mit Vanillesoße.“ „Und Schokostreuseln“, wurde hinter Kyo gemurmelt, bevor ein paar sachte Küsse auf seinen Nacken platziert wurden. Seufzend gab sich Shinya geschlagen. Schmunzeln musste er dennoch. Sie waren erwachsene Menschen. Und Kyo war Kyo. Wenn jener ein Eis haben wollte, sollte er es bekommen. Nach der letzten Nacht hatte er es sich wahrlich verdient. Zufrieden, weil keine Widerworte kamen, grinste Kyo und schlang ein Bein um Shinya. Er war wirklich glücklich. Ihre kleine Welt war wieder in Ordnung. Geheilt von den Strapazen, den Bedenken, dem Ungewissen. Kurz drückte er die Hand in seiner etwas fester, schmiegte sich an den hüllenlosen, warmen Körper hinter sich. Nirgendwo auf dieser Welt fühlte er sich sicherer und geborgener als hier. Zwischen den beiden Männern, denen er sein Herz zu Füßen legen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)