Zum Inhalt der Seite

Bend, not Broken

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ein früher Vogel

Energisches Klopfen holte Toshiya aus seinem Schlaf. Nachdem er sich die Augen etwas von dem Schlafsand befreit und einen Blick auf die Uhr auf seinem Nachttisch geworfen hatte, wurde seine Laune noch schlechter.

„Welcher Vollidiot geht einem denn schon um halb acht Uhr morgens so auf den Zeiger?“

Mürrisch löste er sich ganz von seinem Liebsten und kletterte aus dem Bett. Es klopfte erneut.

„Einen Moment noch!“ Nach kurzem Umsehen, fand er die Bademäntel wieder, die sie gestern ziemlich achtlos durch die Gegend geworfen hatten, und zog sich einen davon über. Begleitet von einem Gähnen ging es schließlich zur Tür, wo er von dem Flurlicht erst einmal geblendet wurde nach dem Öffnen.

„Guten Morgen, Toshiya.“

„Eh?“ Die Stimme kam ihm bekannt vor. Der Bassist hob eine Hand, um seine Augen etwas von dem Licht abzuschirmen. Erst so war es ihm möglich seinen Gegenüber zu erkennen. Umso erstaunter war er ihren Lead-Gitarristen zu entdecken.

„Kaoru?“, fragte er dennoch, war einfach zu überrascht den Freund zu sehen.

„Live und in Farbe. Darf ich rein kommen?“

„Uhm, klar doch.“ Der Bassist trat zur Seite, musste aber zugeben, dass sein Kopf die Situation noch nicht ganz verstanden hatte.

„Ich störe euch doch nicht etwa?“, kam es amüsiert von dem Älteren, der sich in dem dunklen Raum umsah. Ihm war der Fleck an Toshiyas Hals, trotz des Bademantels, nicht entgangen.

„Nur beim Schlafen“, erwiderte der Jüngere und schaltete das Deckenlicht ein. Sofort kam ein missbilligendes Grummeln vom Bett, woraufhin Toshiya seufzen musste. „Dir ist hoffentlich klar, dass ich seine schlechte Laune auf dich lenken werde.“

Schmunzelnd hängte Kaoru seine Jacke über eine der Stuhllehnen und stellte seinen Rucksack dazu. „Mach ruhig.“ Mit Kyo wurde er fertig.

„Was verschafft uns die Ehre? Vor allem zu dieser Uhrzeit.“

„Um ehrlich zu sein“, begann der Gitarrist und setzte sich auf den Stuhl neben seinen Sachen, während sein Gesprächspartner sich ebenfalls an dem Tisch nieder ließ. „Nach Kyos Anruf gestern Abend war an Schlaf nicht zu denken. Die Nachricht, dass Shinya wieder wach ist, hat mich trotz allem mit Endorphinen voll gepumpt. Ich will so gerne wieder mit ihm sprechen. Darum habe ich den ersten Zug hierher genommen.“

„Und schmeißt uns zu dieser unmöglichen Zeit aus dem Bett.“ Ein Gähnen. „Müssen wir mit Die heute auch noch rechnen?“

„Mir gegenüber hatte er nichts erwähnt. Wundern würde es mich allerdings nicht.“

Toshiya erhob sich erneut. „Dann schmeiße ich mich mal in die Klamotten, bevor der auch noch hier auftaucht.“ Aus dem Kleiderschrank suchte er sich ein paar Sachen zusammen, legte das Outfit jedoch aufs Bett. Sein Schatz musste ja noch geweckt werden. Er krabbelte auf das Bett und beugte sich über den Älteren. Ungern weckte er ihn jetzt. Zumal er so eingekuschelt echt süß aussah.

Sanft strich er ihm über die Wange, kitzelte ihn etwas am Hals.

„Aufwachen, mein Schatz.“

„Will nicht.“ Maulend rollte sich der Sänger noch etwas mehr zusammen.

Vorsichtig wickelte er ihn aus der Decke aus, drehte ihn auf den Rücken.

„Jetzt werde schon wach“, raunte er sanft. „Shinya wartet schon auf uns.“

Unverständliches Gemurmel.

„Mach die Augen auf“, säuselte der Jüngere. „Wir haben Besuch.“

„Besuch?“, langsam öffnete sich ein Auge. „Du willst mich doch nur aufziehen.“

„Nein, ganz und gar nicht.“ Der Größere deutete zur Seite, schmunzelte.

Noch etwas skeptisch, wandte der Sänger seinen Kopf in die angezeigte Richtung. Etliche Male blinzelte er, ehe er den Älteren am Tisch erkannte. „Kaoru?“

„Hi“, erwiderte selbiger, lächelte und hob die Hand.

„Ist der echt?“

„Ja, mein Schatz. Der ist echt. Wärst du so lieb und bestellst du uns Frühstück, während ich mich in die Klamotten schmeiße?“

Erst ein Seufzen, dann ein Nicken.

„Danke.“ Schmunzelnd küsste Toshiya den Mann unter sich und drückte ihn dabei tief in die Kissen. Grinsend löste er sich wieder und verschwand mit seinen Klamotten im Badezimmer.

„Geht das jeden Morgen so bei euch?“

Der Blonde murrte und drehte sich auf die Seite, so konnte er den Älteren direkt ansehen. „So ziemlich.“ Widerwillig setzte der Sänger sich auf, schielte auf die Uhr. „Noch keine acht?“ Böse sah er zu dem Älteren. „Was fällt dir ein uns schon so früh auf den Sack zu gehen?“

„Ich hatte Sehnsucht nach euch“, kam die grinsende Erwiderung.

Schlecht gelaunt trottete der Kleinere zu ihm an den Tisch, ließ sich auf einen Stuhl fallen.

„Solltest du dich nicht um das Frühstück kümmern?“

„Fick dich“, murmelte Kyo und ließ den Kopf auf der Tischplatte nieder. „Hab noch keinen Hunger um die Uhrzeit.“

„Ich hätte eh mehr Lust dazu, mich in ein kleines Restaurant irgendwo hier in der Nähe hin setzen. Zudem müsst ihr ja auch mal aus dem Hotel raus.“

„Aus dem kommen wir jeden Tag“, entgegnete der Kleinere missmutig.

Kaoru senkte den Kopf und sah den Jüngeren von unten herauf an. „Du weißt, was ich meine.“

„Ich hab aber keinen Bock mehr auf die ganzen Cafés. Auf die Restaurants. Den Zimmerservice. Oder die verfluchten Automaten im Krankenhaus.“ Er hob die Arme und schob sie unter seinen Kopf. „Keinen Bock mehr auf dieses Hotel“, murmelte er.

„Keinen Bock mehr auf die gesamte Situation, hm?“

Langsam drehte Kyo den Kopf, so dass er am Ende gerade so mit einem Auge über seine Arme hinweg sehen konnte, nickte.

„Nach dem, was du gestern erzählt aus, ändert sich zumindest die wohnliche Situation. Und das Frühstück geht dann heute auf mich. Okay?“

„Nachdem du uns jetzt so früh aus dem Bett geschmissen hast, ist das wohl das Mindeste.“ Gähnend setzte sich der Sänger wieder auf, ging zu dem Kleiderschrank, um sich etwas passendes heraus zu suchen.

„Wie geht es Shinya eigentlich?“

„Mies“, seufzte der Sänger, strich sich durch sein Haar. „Sein Körper hat in den letzten Wochen so stark abgebaut, dass er sich genau genommen gar nicht bewegen kann. Von seinem Kopf einmal abgesehen.“

„Verstehe.“ Das war wirklich mies für den Jüngeren.

„Dazu ist er noch sehr verwirrt von allem.“ Sein erster Griff ging zu den Shirts. „In den wenigen Stunden, die er nun gänzlich wach ist, haben wir ihn auf sein Verlangen hin, ganz gut mit Informationen versorgt. Er ist also reichlich mit Denken beschäftigt. Und mit jeder Information tauchen mehr Fragen auf, folgen mehr Dinge, die ihn beschäftigen. Ihn noch mehr wissen lassen wollen.“ Den Arm mit frischer Kleidung beladen, wandte sich der Sänger von dem Kleiderschrank ab. „Er ist so neugierig, was das mit uns war und ist. Diese Beziehung. Er merkt kaum, wie weh es tut zu sehen, wie er sich an all die schönen Momente nicht erinnern kann. Obwohl es schon süß ist, wie er danach lechzt mehr darüber zu erfahren und zu fühlen, dass wir ihn lieben.“ Und trotzdem wäre es sowohl einfacher, als auch weniger schmerzhaft, wenn diese Amnesie nicht wäre.

Erfrischt und deutlich wacher trat Toshiya aus dem Badezimmer, näherte sich seinem Liebsten, den er zur Ablenkung in einen Kuss und ein kleines Gefecht ihrer Zungen verwickelte. „Nicht so traurig gucken. Lass mich lieber dein schönes Lächeln sehen.“

Für einen Moment rang der Kleinere mit sich, weil ihm nicht wirklich danach war, tat dem Jüngeren dann aber doch den Gefallen. Erst danach machte jener ihm den Weg frei, auf dass er sich anziehen konnte.

„Und?“, wandte sich der Bassist anschließend an den Ältesten im Raum und näherte sich dem Tisch. „Wie lange noch bis zum Frühstück?“

„So lange, bis Kyo fertig ist und wir uns ein Restaurant ausgesucht haben. Ich spendiere euch eines.“

„Klingt super“, grinste der Bassist.

„Aber vorher erzählst du mir erst einmal was.“

„Hm? Was denn?“ Fragend legte Toshiya den Kopf schief.

„Nun, wie es dir geht. Kyo sieht man es an der Nasenspitze an, aber du tust wirklich dein Bestes, damit er nicht merkt, dass es dir ähnlich geht.“

Toshiyas Lächeln verschwand und er legte seine Hände um die Lehne des ihm am nächsten stehenden Stuhles. „Wie soll es mir schon gehen? Nicht viel anders, als ihm. Wie du gerade sagtest. Wir hatten beide das Gefühl, dass sich unter uns ein tiefes Loch auftat, als wir merkten, dass unsere Liebe vergessen wurde. Ich gebe mir nur wahnsinnige Mühe alles ein wenig positiv zu sehen, um uns da wieder heraus zu holen.“ Das Lächeln kehrte zurück. „Shinya lebt. Wichtigster Punkt von allem. Er ist noch in einem Stück. Für ihn eine nicht außer Acht zu lassende Tatsache. Dessen bin ich mir sicher. Und überhaupt: Shinya hat uns nicht ganz vergessen. Das wäre, glaub ich, fast noch schlimmer gewesen. Er glaubt uns, wenn wir sagen, wir sind zusammen. Wenn wir ihm erzählen, dass wir ihn lieben. Und er merkt, dass er mal ebenso gefühlt hat. Es, irgendwo tief in sich drin, auch immer noch tut.“ Verträumt senkte er den Blick, lächelte. „Das gibt mir persönlich Hoffnung darauf, dass wir all die Erinnerungen an uns und die letzten Jahre wieder hervor holen können. Samt Gefühlen. Daran halte ich fest.“

Kaoru konnte nicht umhin den Jüngeren für diese Einstellung und diese Stärke zu bewundern. Er durfte sie nur nicht verlieren.
 

„Übertreibt es aber nicht bei eurer Auswahl“, scherzte der Gitarrist, während er die Karte überflog, auf der Suche nach etwas, dass seinen Appetit ansprach. Seine beiden Freunde taten es ihm gleich, wobei Kyo aussah, als wäre ihm seiner vergangen. Bis jener seufzend die Karte weg legte.

„Soll ich was für dich aussuchen?“, bot der Jüngste an, den Blick auf seinen Freund gerichtet, welcher lustlos nickte. „Aber dann nicht nur anstarren, sondern auch etwas davon essen.“ Immerhin kannte er ihn und seine Stimmungen.

„Von mir aus.“

Für ein paar Minuten wurde weiter überlegt, aber als die Kellnerin wieder bei ihnen stand, konnten sie nennen, was sie wollten.

„Habt ihr in letzter Zeit eigentlich noch etwas anderes gemacht, als im Krankenhaus zu sitzen?“

Die beiden Männer sahen sich an, suchten nach Worten.

„Also nicht“, stellte Kaoru seufzend fest. „Kein Wunder, dass ihr so niedergeschlagen seid.“

„Ist es denn falsch, dass wir uns um ihn gesorgt haben?“, fragte Kyo mit einem leichten Grollen.

„Wäre es denn so schlimm gewesen ein wenig zu Leben, während er schlief? Wo er schon außer Gefahr war? Meint ihr, er wäre euch nun deswegen böse?“ Bestimmt nicht, so wie er den Jüngsten ihrer Truppe kannte. Er hatte immer gewollt, dass es den Menschen, die ihm am Herzen lagen, gut ging. „Ich weiß noch, wie er einmal mit einer Grippe im Bett gelegen hat, ihr aber eigentlich einen Ausflug hattet machen wollen. Hatte er euch damals nicht auch los geschickt, ihn dennoch zu machen?“

„Hat er“, stimmte Kyo zu, ahnte, worauf der Ältere hinaus wollte.

„Wir haben die ganze Zeit über an ihn gedacht. Sogar was mitgebracht hatten wir ihm.“ Toshiya schwelgte in Erinnerungen. „Er hat sich sehr über die Tüte mit Bonbons gefreut. Es ging ihm auch schon viel besser an dem Abend, weil er so viel geschlafen hatte.“

„Darum war sein Tag schnell rum gewesen und er hatte kaum Zeit darüber zu trauern, dass er nicht dabei gewesen war.“ Und bei ihrer Rückkehr hatte er sich von ihnen erzählen lassen, was sie gesehen und erlebt hatten. Böse sah er zu dem Gitarristen, der es wirklich geschafft hatte, sie zu diesen Erinnerungen zu bringen. „Was soll das Kaoru? Er ist jetzt wach. Warum willst du uns jetzt im Anschluss noch ein schlechtes Gewissen machen?“

„Damit ihr da auch in Zukunft mal dran denkt.“

„Ah, wir waren doch einmal etwas später bei ihm im Krankenhaus“, warf Toshiya ein. „Wir hatten uns die Stadt ein bisschen genauer angesehen. Sind ein bisschen durch die Geschäfte geschlendert.“

„Tat es gut?“

„Es hat zumindest nicht geschadet“, murmelte der Sänger. Für ein paar Tage hatte es damals gegen das Gefühl geholfen, dass das Zimmer immer kleiner und enger geworden war.

Die Kellnerin kam zurück und stellte ihnen ihre Getränke hin. Ihr Essen würde sie jeden Augenblick ebenfalls bringen.

Toshiya sah überrascht aus, als er seinen Klingelton hörte. „Ich hab so eine Ahnung“, grinste er und holte das Ding aus seiner Hosentasche. „Bingo.“ Mit einem Wisch war der Bildschirm entsperrt und der Anruf entgegen genommen. „Hallo Die. Lass mich raten: Du suchst uns?“

„Ähm... Ja. Woher weißt du-?“

„Weil unser werter Band-Leader vor mir sitzt. Aus dem gleichen Grund, weshalb du die Reise gemacht hast.“ Er erklärte noch eben, wo sie sich befanden, legte dann auch schon wieder auf. „Sieht ganz so aus, als wären wir gleich noch einer mehr.“

„Dem sein Frühstück zahle ich aber nicht“, merkte der Älteste an und nahm einen Schluck von seinem Tee.
 

Zu viert ging es nach dem reichhaltigen Essen zum Krankenhaus.

„Lasst ihn uns endlich besuchen gehen“, meinte Die und man konnte deutlich die Aufregung in seiner Stimme hören.

Sogleich machten sie sich auf den Weg in die entsprechende Etage und zu Shinyas Zimmer.

„Nicht, dass der gleich einen Schock, kriegt, weil er von uns so überfallen wird.“

„Ihm wird weniger Gefallen, dass ihr ihn in dem Zustand seht.“ Toshiya legte jedoch schon seine Hand auf die Türklinke und öffnete, nachdem er dann doch noch angeklopft hatte.

„Hi.“

Müde sah ihm Shinya entgegen, lächelte beim Anblick des Bassisten, ehe sich seine Augen überrascht weiteten. So viel Besuch. Seine Freunde stellten sich um das Bett herum auf und er wurde von Toshiya auch gleich zur Begrüßung geküsst.

„Na? Erkennst du uns noch?“, scherzte der ältere Gitarrist.

Gleich schmollte der Drummer: „So schlimm ist meine Amnesie auch nicht. Mal ganz davon ab, dass ihr euch nicht so stark verändert habt.“

Beschwichtigend nahm Kyo die linke Hand seines Liebsten, streichelte den Handrücken. „Wie fühlst du dich heute?“

„Sehr ruhig. Sehr entspannt. Die Massage heute Morgen hat gut getan. Ich habe sogar gespürt, wie die Beine bearbeitet wurden. Das macht mir Hoffnung darauf, dass ich sie eines Tages wirklich wieder ganz normal benutzen kann.“

Toshiya stellte derweil das Kopfteil des Bettes höher, damit er sie alle besser sehen konnte. Doch das bekam er nur am Rande mit. Viel lieber beobachtete er, wie der Sänger sich sanft lächelnd die Hand an die Wange legte. Jetzt könnte er ihm zeigen, was er gestern Nacht schon geschafft hatte. Konzentriert sah er auf seinen Daumen. Ihn wollte er jetzt bewegen. Mit ihm wollte er ihm über die Wange streichen. Wie die Anderen ihn gebannt anstarrten, merkte er gar nicht. Er wollte das jetzt schaffen. Zittrig und langsam bewegte sich der Finger schließlich. „Es hat geklappt“, hauchte er begeistert, machte weiter, so gut er konnte. „Das ist gut, oder? Ich kann meinen Körper bewegen, wenn ich mich nur stark genug konzentriere.“

„Ja“, hauchte Kyo, der genießend die Augen schloss. „Das ist sehr gut.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück