Bend, not Broken von Cookie-Hunter ================================================================================ Kapitel 12: The lost years -------------------------- „Kyo?“ Die flüsternde Stimme Toshiyas durchbrach die nächtliche Stille in dem Schlafzimmer. Zur Antwort erhielt er ein Schnauben und ein Brummen. „Kyo, ich kann nicht schlafen“, maulte der Jüngere weiter und zog seinen Liebsten an sich heran, um ihn mehrfach am Hals zu küssen. Irgendwie musste er ihn ein wenig wacher bekommen. „Wie kannst du nach diesem Nachmittag überhaupt schlafen? Ich bin immer noch zu aufgekratzt.“ „Ich merks“, murrte der Sänger und schob seinen Partner etwas von sich. „Ich bin selbst doch auch noch völlig... aufgewühlt.“ Als kleine Rache fürs Wecken ließ Kyo seine Finger über den Bauch des Größeren tanzen. „Allerdings solltest du nach all den Jahren wissen, dass ich in eigentlich jeder Situation schlafen kann, wenn ich das will.“ Geschmeidig drehte er sich über ihn, reizte die weiche, empfindliche Haut weiter. So sehr der andere Mann auch versuchte dem Kitzeln zu entkommen, er hatte keine Chance. „Stopp! Bitte! Hör auf Kyo!“, forderte der Bassist lachend, hatte bereits Tränen in den Augen und Schwierigkeiten Luft zu bekommen. Erst einige Momente später wurde er jedoch erst erlöst. Als kleine Entschuldigung bekam er dafür seine Tränen weg geküsst. „Sonst bist du gleich zu wach, um überhaupt Schlaf zu finden.“ Und morgen würde er nur darüber jammern, wie kurz die Nacht doch gewesen war. Schwer atmend sah der Jüngere zu dem Mann auf sich, holte sich noch einen Kuss von den vertrauten Lippen, welche noch etwas salzig schmeckten. „Ich fürchte, dafür ist es zu spät.“ Mit seiner Aktion eben hatte Kyo ihn hellwach gemacht. Sanft strich er ihm mit einem verträumten Blick über die Wange. „Eigentlich... hättest du gerade die perfekte Position für etwas ganz anderes.“ Durch sein rasendes Herz und Kyos schönen Anblick in dem schwachen Licht der LED-Anzeige der Nachttischuhr, wanderten seine Gedanken zu einer anderen Methode, die einen erst um den Schlaf brachte und dann für genau diesen sorgte. „Ach, mein Schatz“, seufzte der Kleinere und legte sich neben selbigen. „Ich weiß, worauf du hinaus willst. Doch ohne Shinya...“ „Schon gut.“ Wieder schlossen sich seine Arme um den anderen Körper. „Verschieben wir es auf ein anderes Mal.“ „Tut mir Leid“, hörte er es flüstern. Das musste es ihm aber nicht. Es war nur ein fixer Gedanke gewesen. Ein spontanes Aufwallen seiner Begierde, dem er gerne nachgegeben hätte. Wenige Augenblicke später, hörte er den Anderen wieder ruhig atmen. Womit wieder einmal bestätigt war, dass er immer schlafen konnte, wenn er nur wollte. Vorsichtig drehte er ihn auf den Rücken und legte seinen eigenen Kopf auf dessen Brust. Still lauschte er dem gleichmäßigen Atem und dem zunehmend ruhigeren Schlag des Herzens, bis sein Körper im Einklang dazu arbeitete und den jüngeren Musiker ebenfalls ins Reich der Träume brachte. Ihre Hände ineinander verschränkt. Toshiya schlich sich von hinten an und legte seine Arme um den Kleineren, welcher sich im Halbschlaf die Zähne putzte. „Wollen wir heute auswärts frühstücken? Gibt genügend Cafés auf dem Weg zum Krankenhaus.“ Aus müden Augen wurde er über den Spiegel angesehen, erhielt ein langsames Nicken. „Mein süßer Morgenmuffel.“ Brummend stieß Kyo dem Mann hinter sich den Ellenbogen in die Rippen. Jedoch nicht ganz so stark, wie er es wohl wollte. So früh am Morgen fehlte ihm einfach noch die volle Kraft für derartige Abwehr. Von der Aktion ließ sich sein Freund jedoch nicht abschrecken, schmiegte er sich doch nur Sekunden später noch mehr an seinen Rücken. „Bringen wir ihm wieder ein paar Blumen mit?“ Wieder ein Nicken. Kyo beendete die Putzaktion und beugte sich etwas vor, um die Zahnpasta in das Waschbecken zu spucken. Plötzlich ertönte ein anzügliches Schnurren hinter ihm und ein Paar Hände wanderten an seinem Körper hinab zur Hüfte, welche an die des Größeren gepresst wurde. Kyo spülte sich den Mund aus und richtete sich wieder auf, betrachtete im Spiegel den Blick des Bassisten, der gierig auf seinen Allerwertesten starrte. „Zieh dich lieber an, wenn wir gleich los wollen. So halbnackt nehme ich dich garantiert nicht mit.“ Kyo fuhr sich ein paar Mal durch sein Haar, bis es so lag, wie er es haben wollte. Danach drehte er sich um, stahl dem schmollenden Etwas noch einen Kuss auf seinem Weg zurück ins Schlafzimmer. Erneut standen sie in dem kleinen Blumenladen von neulich. Der letzte Strauß war schon eine Weile verwelkt und sie wollten ihrem Freund wieder etwas Gutes tun. Mit vielen von diesen Gerbera, in gelb und orange. Dazwischen sollten, so hatten sie sich geeinigt, Sonnenblumen sein. Noch mehr Wärme und freundliche Farbe, wenn er die Augen wieder öffnen sollte. Die nette Verkäuferin vom letzten Mal war ihnen wieder behilflich und gerade dabei das gewünschte Gebinde zusammen zu stellen. „Weißt du, worauf ich mich fast so sehr freue, wie auf einen erwachten Shinya?“ Toshiya beugte sich zu dem Kleineren runter, um ihn besser verstehen und antworten zu können. Das Gespräch ging ja sonst niemanden etwas an. „Ich hab eine Ahnung. Aber sag an.“ „Unsere Wohnung“, flüsterte der Sänger und seufzte wehmütig. Sie fehlten ihm schon, ihre vier Wände und das Gefühl daheim zu sein. „Nicht mehr lange, Kyo. Dann kann er verlegt werden und wir raus aus dem Hotelzimmer.“ Genau das benötigte aber Geduld, die er nicht mehr hatte. Generell fühlte er sich momentan für Vieles zu kraftlos. Wenig später erhielten sie ihren gewünschten Strauß, welcher von dem Sänger entgegen genommen wurde, weil Toshiya darauf bestand zu bezahlen. Zaghaft vergrub er seine Nase und sein Gesicht in den Blüten, atmete tief ihren wunderbaren Geruch ein. „Riechen sie gut?“ „Sie riechen ein wenig nach ihm.“ Davon musste der Jüngere sich gleich selbst überzeugen. „Stimmt. Erinnert wirklich an ihn.“ Sanft legte er dem Anderen eine Hand auf die Schulter und schob ihn sacht Richtung Ausgang. „Na komm, lass uns zum Krankenhaus gehen.“ Die Blumen standen etwas in der Sonne und beleuchteten so indirekt den ganzen Raum. Besser konnte es einfach nicht sein. Zumindest war Toshiya dieser Meinung, der das Ganze hübsch arrangierte. Kyo saß dagegen schon wieder am Bett des Schlafenden, strich sanft über dessen dünnen Unterarm. Nur nach Singen war ihm in diesem Moment weniger. „Es wird doch besser, Kyo. Warum also so schwermütig?“, fragte der Größere und stellte sich hinter seinen Freund, um ihm über den Kopf und durch das wenige, blonde Haar zu streichen. Vielleicht führte das ja zu einem Wechsel der Stimmung. „Wie schaffst du das?“, vernahm er nach wenigen Minuten. „Wie schaffe ich was?“ „Noch immer so ruhig zu sein. So viel Geduld zu haben.“ Die Augen schließend gab er sich den wohltuenden Händen hin. „Wie schaffst du es, noch immer so viel Kraft zu haben?“ „Wegen dir. Ich will das für uns beide durchstehen. Zudem wäre dir doch auch nicht geholfen, wenn ich mich hängen lasse. Ich möchte dir helfen wieder positiver in die Zukunft zu sehen, in dem ich dir zeige, dass es möglich ist. Und seien wir ehrlich: Das Schlimmste, was jetzt noch passieren kann, ist dass er noch länger benötigt um völlig aufzuwachen.“ Liebevoll küsste er das Haupt vor sich. „Mach es dir bewusst: Seine Knochen sind nahezu vollständig verheilt, die Entzündung ist weg. Dem Fieber wurde rechtzeitig entgegen gewirkt und alle müde machenden Medikament abgesetzt. Bald jammert er uns die Ohren voll, wie gerne er sich bewegen will, es aber nicht kann.“ Ab dem Punkt fing ihre ganze Arbeit auch erst an. Angefangen bei einfachen Übungen, um die Gelenke wieder beweglicher zu machen. Gefolgt vom Training zum Muskelaufbau. Am Wichtigsten war aber, dass sie eine Depression verhinderten. Kein Schlagzeug bedeutete keinen glücklichen Drummer. „Ich habe einfach keine Geduld mehr. Die Anspannung, dass er jeden Moment die Augen aufschlagen könnte, es aber nicht tut.“ Vorsichtig lehnte er sich nach hinten. „Das macht mich so fertig.“ Und nahm ihm den Antrieb für alles andere. Toshiya verstand ihn. Sehr gut sogar. Weil Worte aber nicht helfen würden, begann er damit sanfte Küsse auf Kyos Haar und Hals zu verteilen. Auf diese Weise konnte er ihnen hoffentlich etwas von ihrer Anspannung nehmen, wenngleich sie auch unterschiedlicher Art waren. Ein leichtes Seufzen, welches von Kyo kam und von einer positiven Reaktion auf die Behandlung zeugte, war seine Belohnung. „Magst du nicht doch ein wenig singen? Vielleicht hilft es ihm dabei den Weg ins Diesseits zu finden.“ „Okay“, flüsterte der Sänger und erhob langsam seine Singstimme, füllte den Raum mit leisen Tönen. Der Größere genoss es dem Gesang zu lauschen, entlohnte seinen Sänger mit zarten Liebkosungen, welche diesem ab und an ein kleines Lächeln entlockten. Kurz darauf bemerkten sie, wie etwas Bewegung in den schlafenden Körper kam. Der Herzmonitor gab andere Geräusche von sich und hinter den geschlossenen Lidern huschten die Augen von einer Seite zur anderen. Die dürren Finger zuckten und kündigten gemeinsam mit den anderen Symptomen die Rückkehr des Bewusstseins an. „Sing weiter“, flüsterte der Jüngere. Es half Shinya heute wohl wirklich dabei den Weg aus den aus den Tiefen seines Innersten zu finden. Fasziniert beobachteten sie die Mimik des Schlagzeugers, welche immer deutlicher wurde, bis ein kleines Lächeln erschien. Langsam öffnete sich der Mund und man konnte ganz schwach die Worte: „Die Stimme kenne ich“; vernehmen. Seine Augenlider flackerten auf und man konnte erkennen, wie seine Pupillen daran arbeiteten die Sicht auf scharf zu stellen. Waren ja nun auch schon einige Zeit nicht mehr richtig benutzt worden. Shinya neigte den Kopf zur Seite, von wo er die Singstimme vernahm, welche daraufhin verstummte. Kurz hellte sich sein Gesicht auf, ehe er die Stirn runzelte. „Ihr seht irgendwie anders aus.“ Mit einem leichten Lachen löste sich Toshiya von dem Sänger und hockte sich neben das Bett, um mit dem Jüngeren auf einer Augenhöhe zu sein. „Wir haben uns heute nur nicht allzu sehr heraus geputzt. Das ist alles.“ „Aber... deine Haare.. waren doch kürzer.“ Noch immer verwirrt sah er zu Kyo hinüber. „Und seit wann... bist du wieder blond?“ Kyo und Toshiya warfen sich fragende Blicke zu. Keiner von beiden wusste gerade wirklich, was hier vor sich ging. „Shinya, weißt du, wo du hier bist?“ Der Angesprochene wandte den Kopf wieder um, während er sich den Raum ansah. „Nicht.... wirklich“, beantwortete er Kyos Frage. „Wir sind hier im Krankenhaus. Du hattest einen Unfall“, begann Toshiya zu erklären. „Auf der Bühne.“ „Wirklich?“ Nachdenklich sah der Jüngste zur Zimmerdecke, murmelte nach einem kurzen Augenblick: „Daran kann ich... mich gar nicht erinnern.“ Kyo schluckte schwer und ballte seine Hände zu Fäusten, um das Zittern in ihnen zu verbergen. Er hatte so eine furchtbare Ahnung. „Kannst du dich... denn zumindest daran erinnern, welches Jahr wir haben?“ Ihm graute vor der Antwort, aber nur durch ihr hätten sie Gewissheit. „So, wie ich mich fühle, habe ich... wohl eine Weile geschlafen“, sagte Shinya und bekam ein zustimmendes Nicken von dem Bassisten. „Ich weiß nur noch, dass die Europatour kurz bevorsteht. Mit Festivals und so. Also Sommer 2011.“ Genau diese Antwort hatte Kyo nicht hören wollen. Er hat nur noch kurz eine Entschuldigung gemurmelt und war dann aus dem Zimmer verschwunden. Nun saß er auf einer Bank vor dem Krankenhaus und war versucht, sich eine Schachtel Zigaretten zu kaufen, um wieder ruhiger zu werden. Es blieb jedoch nur bei 'versucht'. „2011“, murmelte der Mann und konnte immer noch nicht richtig fassen, dass Shinya dieses Jahr genannt hatte. In dem Jahr hatten sie drei erst zu einander gefunden. NACH der Europatour. Wenn er also dachte, dass sie Sommer hatten, dann existierte ihre Beziehung derzeit nicht im Kopf seines Liebsten. Klar, war ihnen gesagt worden, dass eine Amnesie vorkommen kann, nach allem was Shinyas Körper und gerade dessen Kopf hatte mit machen müssen. Aber deswegen musste sie noch lange nicht so weit zurück gehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)