Bend, not Broken von Cookie-Hunter ================================================================================ Kapitel 9: Aufflackern ---------------------- Sie hatten noch einen kleinen Extra-Umweg auf ihrem Umweg gemacht. Nur, um noch einen Floristen zu finden. Die Idee mit dem Strauß hatte sich irgendwie in ihren Köpfen fest gebissen. In dem Laden fühlten sie sich allerdings schon etwas erschlagen von all der Auswahl. „Und welche nehmen wir jetzt?“ Ratlos wanderte Toshiyas Blick über die Pflanzenpracht. Viel mehr als die Rosen erkannte Kyo aber auch nicht. Wenige Augenblicke später tauchte eine junge Dame auf und bot ihre Hilfe an. „Nun, wir benötigen ein paar Blumen für einen Freund“, schilderte der Größere ihre Situation. „Er liegt im Krankenhaus und wir...“ Verstehend nickte sie und trat näher an die einzelnen Behälter, in denen die bunten Gewächse auf ihre Aufgabe warteten. „Dann würde ich Ihnen zu einem bunten Strauß mit Gerbera raten. Die vielen Farben wirken fröhlich und machen den Betrachter glücklich. Das fördert bestimmt seine Heilung.“ Kyo biss sich auf seine Unterlippe. Man musste ihr ja nicht auf die Nase binden, dass ihr Freund das in seinem Zustand nicht sehen konnte. Dennoch ließ er seinen Blick über die Blumen mit den kräftigen Farben wandern, die sich Gerbera nannten. Gelb, Orange, schöne Rote, welche in Pink und zartem weiß. Teilweise auch noch mit Farbverläufen. Er beugte sich vor, schnupperte an einer, was den Größeren zu einem sanften Lächeln verleitete, weil er den Anblick so bezaubernd fand. „Riechen sie gut?“ Für einen kleinen Moment überlegte Kyo noch, wiegte den Kopf etwas hin und her, bevor er nickte. „Die gefallen ihm. Ganz sicher.“ „Gut, dann nehmen wir einen.“ Die Floristin lächelte noch ein Stück mehr. „Wie Sie wünschen, die Herren. Sollen es bestimmte Farben sein?“ „Hm...“, überlegte der Jüngere. „Mehr von den Gelben“, meinte Kyo. „Dann... hat er ein bisschen... Sonnenschein bei sich.“ „Eine gute Idee. Also bitte ein paar mehr Gelbe.“ „Sehr gerne. Gibt es denn eine spezielle Anzahl an Blumen, die Sie gerne hätten? Oder gibt es einen bestimmten Preisrahmen?“ „Weder noch, aber es sollte jetzt auch nicht übertrieben sein.“ Sie nickte verstehend und begann dann aus Blumen aus den verschiedenen Behältern zu entnehmen. „Warten Sie bitte einen Moment, während ich den Strauß binde.“ Die beiden Männer nickten. Was auch sonst. Mithelfen konnten sie ja nicht. Leise betraten sie das Zimmer ihres Freundes. Sie konnten ihn zwar nicht wecken durch Lärm, aber sie fanden es dennoch angebracht. Ihnen bot sich noch immer der gleiche Anblick, wie in den letzten Tagen. „Hallo Shinya“, sprach der Größere leise und trat näher ans Bett heran. Kyo nähert sich von der anderen Seite, küsste den Schlafenden auf die Stirn. Das war eine Art Ritual geworden von ihm. Derweil stellte der Bassist ihr Mitbringsel samt Vase, die sie von den Pflegerinnen bekommen hatten, auf den Beistelltisch. „Sieht doch gleich viel freundlicher aus hier.“ Ja, das tat es wirklich. Zudem würde es ihrem Liebsten auch gefallen. Bedrückt seufzte er beim Anblick des Drummers. „Drei Wochen sind fast rum. Jetzt müssen wir nur mindestens noch einmal so lange warten.“ Der Sänger nickte. „Irgendwie überstehen wir die auch noch.“ Seine Worte klangen jedoch nicht so sicher, wie ihr Inhalt. „Schon gut, Kyo. Wir packen das schon.“ Schließlich waren sie nicht alleine. Sie hatten immer noch sich. Das war ihnen ja seit dem Morgen wieder bewusst geworden. „Und wenn sich bei einer der nächsten Untersuchungen heraus stellt, dass die Verletzungen schon viel besser geworden sind, dann werden sie ihn bereits früher wecken.“ Darauf hoffte er. Darum betete er. Wie so oft in den letzten Tagen begann Kyo zu summen. Zusätzlich nahm er die Hand seines Freundes in seine eigenen. Er setzte sich auf die Kante vom Bett, die Hand auf dem Schoß, streichelte diese wieder einmal sanft. Der Bassist hingegen ließ sich auf einem Stuhl nieder, legte die Arme auf die Matratze und darauf seinen Kopf, lauschte den Tönen, die sein Liebster von sich gab. Auf diese Weise verging schnell eine Stunde, ohne dass sie es wirklich merkten. „Mach ein wenig Pause, Kyo.“ Seine Stimmbänder würden es sicherlich begrüßen. „Soll ich dir etwas zu trinken holen?“ Der Sänger schüttelte jedoch den Kopf. „Nicht unbedingt.“ Liebevoll strich er dem schlafenden Mann über die Wange. „Ob es ihm überhaupt gefällt, dass ich ihm vorsinge?“ „Natürlich. Es hat ihm doch sonst auch immer gefallen. Mir tut es das jedenfalls.“ Verliebt sah er zu dem Sänger, warf ihm einen Kuss zu, was ein leicht verlegenes Grinsen hervor rief. Eine Reaktion, die der Bassist immer wieder niedlich fand. Bevor sie noch weiter in Gedanken versinken konnten, öffnete sich die Tür und die behandelnde Ärztin kam in Begleitung einer Schwester herein. „Oh? Seit wann sind sie denn schon da?“ „Schon eine Weile. Warum? Gibt es ein Problem?“ Toshiya erhob sich, wirkte angespannt. „Oh nein. Nein, nein. Kein Problem. Wir hatten nur vor jetzt die Visite vorzunehmen. Früher haben wir es zeitlich nicht einrichten können.“ „Ach so.“ Über Toshiyas Lippen kam ein erleichterter Seufzer und aus Beiden wich die Anspannung. „Müssen wir dafür raus gehen?“ „Das ist so üblich“, erklärte die Ärztin. „Wenn ich Sie also bitten dürfte.“ Die beiden Freunde sahen erst zueinander, dann zu dem Schlafenden, ehe sie sich gemeinsam zur Tür begaben. Wartend standen sie nun im Flur und fühlten sich irgendwie fehl am Platz. „Verstehe gar nicht, warum die uns jetzt raus schicken“, grummelte Toshiya. „Als ob es ihm im Schlaf peinlich wäre.“ „Ist ja auch nicht so, als würden wir dann irgendwas sehen, was wir noch nicht an ihm kennen“, ergänzte Kyo, woraufhin beide verlegen das Grinsen anfingen. Nein, an Shinya kannten sie jeden kleinen Leberfleck. Selbst den verstecktesten. „Du, Kyo?“ „Hm?“ „Ich hab noch immer ein wenig Angst um ihn. Ich hab gelesen, dass so ein künstliches Koma normalerweise nicht so lange aufrecht gehalten wird. Meinst du also, dass es doch ernster ist, als man uns sagen will?“ Wenn er noch immer nicht wach war, war die Situation bestimmt ernster, als man ihnen mitteilen wollte. „Sie...wollten ihn doch wegen der kaputten Rippen noch eine Weile schlafen lassen. Damit die schmerzhafte Heilung einfach an ihm vorbei geht.“ Jedenfalls hoffte der Sänger darauf, dass dies der einzige Grund war. Seufzend lehnte er sich gegen den Größeren. „Er wacht bald schon wieder auf.“ Ein kleines Grinsen schlich sich in seine Züge. „Wie wir ihn dann aber davon ablenken sollen sich bewegen zu wollen und sich nicht elendig zu langweilen, weiß ich allerdings auch noch nicht.“ „Wir stecken ihm einen Pinsel zwischen die Lippen und ne Leinwand vor seine Nase. Dann kann er malen, aber nicht maulen.“ Beide grinsten, schüttelten aber den Kopf. Ihr Freund würde reichlich schmollen, wenn er sie jetzt hören könnte. Gleichzeitig freuten sie sich ein klein wenig auf diese Aufgabe. „Weißt du, Kyo.“ „Hm?“ „Ich bin froh, dass ich immer noch dich habe. Alleine...“ Der Kleinere griff nach der Hand seines Freundes, drückte sie sacht. Ihm ging es nicht anders. Sie waren nicht alleine. Das war vielleicht noch das schönste Glück in dieser Situation. Nach einigen Minuten ging die Tür wieder auf und die Ärztin kam mit ihrer Begleiterin hinaus. Sie wirkte besorgt. Das machte ihnen Angst. „Warum sind sie so besorgt?“, erkundigte sich Kyo, der die Hand in seiner gleich noch etwas fester hielt. „Es ist nichts ernstes, wir haben nur ein leichtes Fieber festgestellt. Es kommt von einer Entzündung seines Beines. Mit Antibiotika sollten wir das aber in den Griff bekommen. Seinem Kopf geht es besser, weswegen wir das Koma abflachen können.“ Mit einem Seufzen strich sie sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht. „Das Fieber sollten wir dennoch etwas im Auge behalten. Nicht, dass es uns noch eine böse Überraschung mitbringt.“ „Was für eine Überraschung?“ Toshiya wollte es jetzt wissen, nicht erst, wenn es eingetreten war. „Nun, so ein Fieber bedeutet immer Arbeit für den Körper. Von der Entzündung an sich ganz zu schweigen. Die Hitze kann zu einer Belastung für das Gehirn werden und Schäden herbei führen. In ein oder zwei Tagen kann ich Ihnen sagen, ob wir etwas befürchten müssen oder nicht. Jetzt befindet sich alles noch im Anfangsstadium.“ „Mal abgesehen von seinem Kopf“, begann Kyo seine Frage zaghaft, „kann es für sein Bein irgendwelche Folgen haben?“ Überlegend neigte die Ärztin den Kopf. „In erster Linie nur, dass sich die Heilung etwas verzögert. Aber da wir das nun rechtzeitig bemerkt haben und behandeln, sehe ich keine Folgen. Nach der vollständigen Heilung und der Rehabilitation wird er es wieder wie früher benutzen können.“ Zuversichtlich lächelte sie die beiden Männer an. „Wenn Sie keine weiteren Fragen haben, würde ich Sie bitten, mich zu entschuldigen. Ich muss meine Visite noch zu Ende bringen.“ „Natürlich.“ Die beiden Musiker traten zur Seite und ließen die Medizinerin weiter ziehen. Kaum war sie an ihnen vorbei zog es Kyo wieder in das Zimmer in dem Shinya lag, wo er sich an den gleichen Platz wie zuvor stellte, während Toshiya, der ihm gefolgt war, sich dieses Mal hinter den Älteren begab und die Arme um ihn legte. „Es ist gut, dass er schläft“, flüsterte der Sänger und betrachtete das Schlafende Gesicht. „Wenn er wüsste, was wir uns hier für Sorgen machen, würde er Schuldgefühle deswegen kriegen.“ Der Bassist, der seinen Kopf mittlerweile auf Kyos Schulter gebetet hatte, nickte etwas. Ein solches Verhalten wäre jedenfalls typisch für ihren Drummer. Seine Arme schlangen sich noch einmal etwas stärker um den Kleineren und er begann dessen Nacken etwas zu liebkosen. „Er wird es schaffen. Sie wissen ja, dass sie darauf achten müssen und können ihm jetzt Medikamente dagegen geben.“ Seufzend legte Kyo den Kopf etwas schief, gab ein zustimmendes Brummen von sich. Solche Zärtlichkeiten hatten sie sich sonst jeden Tag zukommen lassen. Und wenn es nur in einem kleinen Rahmen und versteckt in irgendeiner Ecke war. Aber erst jetzt, wo sich die Anspannungen zwischen ihnen etwas gelöst hatte, war ihm aufgefallen, dass es ihm sehr gefehlt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)