AOIeo & REITulia von -Sian- ((Aoi x Reita)) ================================================================================ Kapitel 1: (A) Prolog: Aoi -------------------------- „Denn niemals gab es ein so herbes Los als Julias und ihres Romeos.“ So oder so ähnlich würde ich wohl unsere Geschichte beschreiben – zumindest zu einem gewissen Teil. Ich heiße Eigentlich Yuu, aber meine Freunde nennen mich Aoi und leider bin ich wohl einer Derjenigen, die mit dem sprichwörtlichen goldenen Löffel im Mund geboren wurden. Dementsprechend ist auch mein Freundeskreis gut betucht und viele davon leider auch ziemlich arrogant. Und wenn mir als reicher Schnösel das schon auffällt, dann ist da sicher auch was dran. Zum Beispiel wenn wir in Cafés oder Restaurants sind, dann können es Einige nicht stecken lassen, ihre finanzielle Überlegenheit immer wieder förmlich auf den Tisch zu kotzen. Nun was soll's... Man könnte meinen, solange ich nicht eines dieser armen Schweine bin, die den absichtlich verursachten Dreck auf den Tischen beseitigen müssen, könnte es mir ja weiträumig am Arsch vorbei gehen, aber dennoch kann ich es nicht abstellen, dass sich in mir eine großer Teil fremd schämt. Wobei das auch daran liegen könnte, dass ich von klein auf ein über-korrektes Kindermädchen hatte, dass mir bei jeder Gelegenheit Recht und Unrecht vorbetete. Aber auch als stinkreicher Erbe eines Vermögens muss man sich hinsichtlich so mancher Dinge ein dickes Fell wachsen lassen, denn der Neid weniger gut betuchter Mitmenschen ist einem immer gewiss. Ich hab einen recht strengen, aber geradlinigen Lebensplan: Schule fertig machen, verschiedene Studiengänge an einer renommierten Universität absolvieren und wenn ich das mit Bravour geschafft habe, dann erbe ich irgendwann einen Teil des Familien Imperiums. Bis dahin habe ich noch ein paar Jahre Zeit, um mir eine Frau zu suchen, die ebenfalls aus gutem Hause stammt und um mit ihr die nächste Generation des Shiroyama-Imperiums zu basteln. Zumindest ist das der Plan, den sich meine Familie für mich vorgestellt hat – so wie es auch alle Ahnen zuvor getan haben. Ich allerdings halte von dem ganzen Mist überhaupt nichts. Ich will nämlich Theaterwissenschaften und Schauspiel studieren, aber mit solchem 'Firlefanz' können meine Eltern nichts anfangen: vor allem meine Mutter. Sie hatte meinen Vater schon immer im Griff, zumindest hinter den Kulissen. Davor läuft alles wie üblicherweise auch: Vater ist das Familienoberhaupt und Mutter für die Kindererziehung zuständig. Nun... Mutter erzieht stattdessen lieber meinen Vater und für mich gab's ein Kindermädchen. Ich bin zwar erst 17 Jahre alt, aber ich bilde mir ein zu wissen, wo der Hase in dieser Welt lang hoppelt, weswegen ich ganz gerne mal aus meiner mit Geldscheinen gepflasterten Umgebung fliehe und mich ganz meiner Leidenschaft hingebe. Nämlich der Schauspielerei – auch wenn es nur das hiesige Schultheater ist. Hier liegt meine wahre Welt, auch wenn es leider nur ein greifbarer Traum bleiben soll, angesichts der schnöden und eintönigen Zukunft, die vor mir liegt. Ich versteh mich ganz gut mit unserem Schul-Regisseur, der wollte eigentlich nach New York an den Broadway auswandern, aber da wurde offensichtlich nichts draus - warum, weshalb, wieso, hat er noch niemandem verraten. Schade für ihn, meiner bescheidenen Meinung nach hat er's nämlich voll drauf. Vor zwei Wochen, als das Schuljahr gerade angefangen hatte, kam er mit seiner neusten Idee auf unsere Theatergruppe zu und teilte uns mit: „Jungs... und Naomi... ich hatte eine Vision!“ Ein Raunen war plötzlich im großen Theatersaal unserer Schule zu hören, denn alle wussten: Was immer da kommt, wir würden dieses Jahr Probleme haben, weibliche Rollen mit Mädels zu besetzen, denn zum Einen, hat in den Ferien in der Nähe ein Mädcheninternat eröffnet, weswegen die Zahl der Mitschülerinnen schlagartig um gefühlt die Hälfte dezimiert wurde und es dazu noch einen neuen Hauswirtschaftskurs gibt, der Zeitgleich mit unserem Theaterkurs stattfindet. Demnach hatten wir gerade mal noch eine einzige Darstellerin für die weibliche Rollen übrig, in der großen Vision von Romeo und Julia, die unserem Regisseur so vorschwebte. Der Rest musste Kabuki-mäßig mit Jungs besetzt werden, welche sich wenig für diese Notlösung begeistern konnten. Mich sollte es aber nicht stören, denn ich hatte mir die Hauptrolle gesichert: den Romeo. Unsere einzige Frau im Team, Naomi, bekam demnach zwangsläufig die Rolle der Julia, was ihr natürlich sehr zu sagte. Naomi ist zugegebenermaßen eine gute Schauspielerin, soweit ich das beurteilen kann, allerdings hatte sie schon Star-Allüren bevor sie quasi die Henne im Korb war und das würde sich jetzt eher verschlimmern, als verbessern. Die gute Naomi ist ebenfalls Erbin eines riesigen Vermögens und wenn ich ehrlich bin, dann ist es wohl ihr indirekter Verdienst, dass meine Eltern mich in der Theatergruppe lassen, denn sie hoffen, dass aus uns mehr wird und sich mit ihrem Erbe der Shiroyama-Wohlstand verdoppeln würde. Dummerweise ist sie so gar nicht mein Typ. Ich versteh mich mit ihr eigentlich ganz gut und Naomi hat mich auch schon öfter zu sich einladen wollen, was ich aber meistens höflich abgelehnt hatte. Sicher könnte ihr Interesse auch daher kommen, dass ihre Eltern mich ebenfalls im Visier haben, als potenziellen Schwiegersohn – eben wegen des Geldes und dem Einfluss meiner Familie. Aber mir missfällt ihre arrogante Art und Weise wie sie vor allem mit Leuten umgeht, die weniger Reichtum zur Schau tragen als sie. Ich bin zwar kein Kenner und Versteher der Armen und Bedürftigen, aber ihre überhebliche Art erinnert mich einfach zu sehr an meine Mutter. Ob es eine Andere gibt, die mir zusagen würde? Ehrlich gesagt, hat mich das nie so wirklich interessiert. Ich will nach wie vor eine Karriere im Theater, beziehungsweise als Schauspieler machen und ich werde dieses Ziel solange und so vehement verfolgen wie ich nur kann – ohne mich mit Frauen herumzuschlagen. Einknicken und doch noch die Firma übernehmen kann ich dann immer noch. Doch so lange ich noch jung bin und halbwegs gut aussehe, muss ich einfach meine Chance nutzen, denn als alter verschrumpelter Sack kann ich meinen fetten Arsch immer noch in 'nem Bürostuhl breit drücken. Meine Freunde sind über meine Leidenschaft eher geteilter Meinung. Den Einen ist das völlig egal, womit ich meine Zeit vertreibe, solange ich Spaß dran hab und dann wäre da noch der andere... größere Teil, der der Meinung ist, dass das nur was für Mädchen und Schwuchteln wäre. Mir ist aber recht egal, was die Anderen über meine Passion sagen, denn mir muss es gefallen und nicht denen. Da bin ich zum Glück wenig beeinflussbar. __________________________________________________________________________________ Ja, also... wer mich kennt, der weiß ja, dass ich noch die andere Story am Laufen habe und selbstverständlich wird diese fortgesetzt, nur... ich hatte einfach mal spontan Lust auf etwas... was weder zu kitschig noch zu dramatisch ist. Wer von meinen Lesern es noch nicht weiß: Ich hatte deswegen eine Weile nichts von mir hören lassen, weil mein krankes Katerchen... mein Bebü nun doch gestorben ist. Er war mein Ein und Alles und ich habe ein Weilchen gebraucht, um es ansatzweise zu verkraften. Irgendwie hatte ich aber nun den Drang an dieser Idee zu arbeiten, da sie mir auch schon eine Weile im Kopf herum spukte. Ist zwar noch nicht viel, aber ich wollte die beiden Prolog-Kapitel von Aoi und Reita etwas kürzer halten, vllt. sagt ihr mir ja auch das ihr's blöd findet. Ich freu mich über Feedback und eventuell sehen wir uns bald hier oder bei Violence wieder, wenn ihr mögt. Kapitel 2: (R) Prolog: Reita ---------------------------- Wieso versteht eigentlich niemand was ich will? Ständig macht mir irgendwer irgendwelche scheiß Vorschriften und erwartet von mir, dass ich mich daran auch noch möglichst genau halte. Bin ich froh, wenn ich den ganzen Mist mit der Schule hinter mir habe und mein eigenes Geld verdienen kann, mit eigener Bude und so. Aber dann zieh ich weg. Weit weg! Ganz weit weg von dem Wichser, der sich für meinen Vater hält, und vor allem weg von der Schule und den ganzen Irren dort. Allen voran von diese aufgeblasenen reichen Lackaffen, die erträgt doch kein Schwein... Und dann kannste denen nicht mal ordentlich die Meinung geigen, sonst hetzen sie dir ihre Anwälte Rudel-weise auf die Pelle. Diese ganze Scheiße hier zu Hause geht mir auch gewaltig auf die Nerven! Überall liegen die Klamotten rum, die Pizza-Schachteln türmen sich und nicht zu übersehen: haufenweise Zigarettenstummel in überfüllten Aschenbechern. Das ist keine Wohnung, dass ist eine Zumutung! Auch wenn ich meinen Teil zur Unordnung nicht ganz unerheblich beitrage, aber verdammt noch mal, er sollte den Haushalt schmeißen und nicht ich! Wenn ich mal zwei Wochen den Abwasch nicht mache, dann stehen die Teller eben auch zwei Wochen da rum. Wozu gibt es schließlich Pizzadienste und anderes bestellbares Fastfood, womit man den Boden zu müllen kann, wenn das Spülbecken voll und das Geschirr vor sich hin gammelt? Meine Wäsche wasche ich eigentlich auch nur deshalb, weil's mir sonst peinlich wäre in einer dreckigen Uniform in der Schule zu erscheinen. Und jeden Tag die selbe Leier beim Frühstück: Sohn, mach was aus deinem verkorksten Leben! Akira, du tust was ich sage, solange du deine Füße unter meinem Tisch hast... bla bla. Zu gerne würde ich hier abhauen und mein eigenes Ding machen, stattdessen muss ich mich mit diesem Arschloch von Pflegevater rumschlagen, der mich nur wegen der monatlichen Checks behält. So etwas wie eine Mutter hatte ich... ja, knapp drei Monate, als er es tatsächlich geschafft hatte irgendwie eine Frau für sich zu begeistern und mit ihr plötzlich ein Pflegekind wollte. Blöd nur, dass ich statt zehn Monate schon zehn Jahre alt war. Ist damals wohl ein unschöner Formfehler auf den Dokumenten gewesen... Tja, damals ging wohl so einiges schief und wahrscheinlich bin ich auch noch dafür verantwortlich, dass sie die Flucht ergriffen hat und ich nun bei ihm festsaß. Von Jahr zu Jahr geraten wir immer mehr aneinander; immer öfter und auch immer heftiger kracht es. Und irgendwann, da bin ich mir sicher, schlag ich zurück und dann kann ich für nichts mehr garantieren. Es ist Montag morgens und ich müsste eigentlich zur Schule, aber der Streit mit meinem Alten eben, der war schon wieder zu viel. Ich brauch Kippen... und zwar schnell! Fuck ey... mit so einer beschissenen Laune brauche ich gar nicht erst in der Schule aufkreuzen, ich flippe eh nur wieder aus und leg mich mit den Lehrern an – wäre ja nicht das erste Mal. Obwohl... irgendwann schmeißen die mich raus, egal ob es um Schulschwänzen oder 'inkorrekte Verhaltensweisen gegenüber dem Lehrkörper' geht. Also warum soll ich mir den Mist noch freiwillig antun? Meine Kumpels und ich wollten uns heute Abend sowieso noch an der Bowlingbahn treffen, dann geh ich lieber gleich in den Verein und baue ein wenig Frust beim Kickboxen ab, dann bin ich nachher wenigstens entspannter drauf. Allerdings würde ich viel lieber mal meinem versoffenen Ziehvater zeigen wo der Hammer hängt, aber wer weiß wo ich dann lande, wenn der mich endgültig vor die Tür setzt. Ein winziges und immerhin beheizbares Zimmerchen ist alle Mal besser, als unter der Brücke zu pennen. In meinem Alter finde ich eh keine neue Pflegestelle mehr, die wollen alle nur die süßen kleinen Zwerge und keinen klein-kriminellen 17-Jährigen, wie mich. Denn je älter du bist, umso mehr schwinden die Chancen von einer neuen Familie aufgenommen zu werden. Tja das Leben ist ungerecht... Wenn ich mir die ganzen reichen Saftsäcke in der Umgebung ansehe, wird mir schlecht. Wie die sich hier breit machen in unserem Viertel, weil sie im Stadtzentrum keinen Platz mehr haben, um ihre Luxus-Villen, Apartments und Eigentumswohnungen zu errichten. Und dann lassen diese Schnösel ihre Nachkommenschaft auch noch auf unsere Schule gehen, als könnten die sich nicht alle einen Privatlehrer leisten für jeden einzelnen ihrer verzogenen Lieblinge. Meiner Meinung nach hätten sie statt dem Mädcheninternat lieber diese überflüssige geldgeile Brut da rüber schieben sollen! Aber nein, da nehmen sie uns den Platz und die Mädels weg. Der Frust über das wohlhabende Pack ist übrigens das Einzige was ich mit meinem Vater teile – neben diversen Spielergebnissen. So schaffen wir es nur wenn wichtige Sportsendungen im TV kommen, uns nicht zu zoffen und halten es für diese Zeit sogar in einem Raum aus. Über meine leiblichen Eltern weiß ich nichts und meinem Ziehvater wird das wohl sowieso egal sein, woher ich komme, Hauptsache die Moneten landen pünktlich auf seinem Konto. Man wollte mir beim zuständigen Amt auch keine Auskunft über sie geben, beziehungsweise man vertröstete mich damit, dass ich sowieso kein Anrecht auf Informationen hätte, bis ich volljährig bin. Kein Wunder also, dass ich öfter mal durchdrehen könnte und meinen Frust beim Kickboxen ablassen muss – nicht, dass ich mir hier eine Mitgliedschaft im Verein leisten könnte, denn mein spärliches Taschengeld reicht nicht für etwaige Kosten. Zum Glück ist aber der Sohn des Inhabers und Betreibers einer meiner besten Freunde und ich darf umsonst jeder Zeit hier her kommen und meine Wut abbauen. Immerhin, ein kleiner Lichtblick im Tunnel. Und ich behaupte mal, dass ich zumindest in diesem Sport richtig gut bin, weshalb sich auch selten jemand mit mir anlegt. Kommt zwar dennoch hin und wieder vor, aber ich hab noch nie ein Prügelei verloren. Alles ziemlich klischeehaft, wie es im Buche steht: 'der typische Junge aus dem Ghetto' eben, wenn das Ganze nur nicht so verflucht real wäre. Tja, aber wenigstens weiß ich wo in dieser verdammten Welt der Hase lang läuft! Dachte ich zumindest, bis irgendwie alles eine ganz komische Wendung nahm... __________________________________________________________________________________________ Hi meine Lieben, Reita ist ein krasser Kontrast zu Aoi und mit ihm möchte ich ein Thema anschneiden, dass auch in meiner Familie eine Rolle spielt, dabei geht’s um meine beiden Cousin's sie sind Halbbrüder: einer hockt im Heim und hat keine Chance mehr eine Pflegefamilie zu finden, der andere ist schon ein Weilchen volljährig und hat ziemlich früh einen Scheiß nach dem anderen gebaut, weshalb er auch schon im Jugendknast war. Die Zwei kennen ihre Väter nicht, denn ihre Mutter war im horizontalen Gewerbe tätig und hat die Jungs im Alter von nem halben und 5 Jahren im Stich gelassen. Das war die Kurzfassung und darum hab ich Reita auch in dieses 'Pflegesohn'-Umfeld gewählt, damit er auch genug vorurteilsbehaftetes Aggressionspotenzial mitbringt. Zwar ist das ein ernster und auch realer Hintergrund, aber dennoch soll es hier primär um das Zusammenspiel von Aoi und Reita gehen. Aber die ersten beiden kurzen Kapitel sollten eben nur eine Art Bestandsaufnahme sein, damit man sich als Leser zurecht findet und auch weiß, warum einer der Beiden nun so oder so reagiert. Violence ist natürlich auch in Arbeit, aber da sind die Kapitel ja doch etwas umfassender und brauchen daher ein wenig länger. Natürlich interessiert mich auch zu diesem Kapitel hier wieder eure Meinung :) Kapitel 3: (A) Der ganz normale Wahnsinn ---------------------------------------- Eigentlich hätte dieser Tag so schön werden können. Doch es kam alles anders... Aber mal der Reihe nach, denn bis zu einem bestimmten Punkt lief noch alles wie geschmiert, selbst als der Regisseur unserer Theater-AG vom Direktor wieder einen Unruhestifter zugewiesen kam, der als Einstiegstest gleich für die Beleuchtung eingeplant wurde. Denn auch hinter diesen monströsen Strahlern entwickelt sich eine Wärme, die zwar nicht vergleichbar mit der Hitze direkt davor ist, aber einen dennoch ordentlich zum Schwitzen bringt. Das ist sozusagen Iwamoto's 'Feuerprobe' und nur wer die übersteht, darf an seinem Set mitarbeiten. Naomi saß schon die ganze Zeit neben mir und trug mir unablässig einige Stellen ihres Textes vor und wollte natürlich wissen was ich davon halte – von der Art und Weise, wie sie es performte. Ehrlich gesagt, ist es mir nicht entgangen, dass es die besonders schmalzigen Parts waren, welche sie mit Hingabe darbot. Ich lächelte nur und nickte zustimmend. Denn solange sie mich in einer Tour voll quasselte, konnte ich eben kaum einen Gedanken daran verschwenden meinen eigenen Text zu verinnerlichen, denn dieses Shakespearisch ist schon anstrengend genug. Iwamoto war gerade dabei die Bühnenbildner einzuweisen, wie er sich diese oder jene Kulisse vorstellen würde und selbstverständlich hatte der Perfektionist auch ein Sammelsurium an Fotos und Bildern parat, damit es keine Missverständnisse geben konnte und nichts, aber auch gar nichts schief laufen kann. Mit einem unbeholfenen Rums öffnete sich die drei Meter hohe Doppeltür der Aula und ein schmächtiger Typ trat hinein, der so gar nicht den Eindruck erweckte hier bei uns gesteigertes Interesse an den Tag zu legen. „Tach, ich soll hier helfen oder so...“ rief er von dort oben und unser Regisseur winkte ihn mit einem Handzeichen zu sich runter. Gemächlichen Schrittes stieg er die Stufen neben den Sitzreihen hinab und stand nun mit den Händen in den Hosentaschen und einer angedeuteten Verbeugung vor Iwamoto. Dieser ließ es sich nicht nehmen und packte nach dem rechten Unterarm seines Gegenübers, zerrte die Hand aus der Tasche und schüttelte sie: „Iwamoto. Dein Platz ist für heute da oben.“ Er zeigt über dem Eingang auf einen dieser besagten monströsen Strahler und machte verscheuchende Bewegungen. Der blonde Kerl schlürfte wieder nach oben, wo er herkam und ging hinten an der Wand entlang zur engen Wendeltreppe, die nach oben zur gezeigten Stelle führte und ein Mitglied unseres Teams wies ihn auch gleich in die Grundlagen ein. Bis hier hin war der Tag noch relativ normal und eigentlich wie jeder andere auch, denn wir hatten öfter mal einen 'Straftäter' bei uns, der je nach Schwere seines Vergehens länger oder weniger lang bei uns blieb. Aber heute schien eine Premiere zu sein, denn jetzt schaffte es jemand, zum ersten mal seit ich hier mitwirke, den Strahler kaputt zu machen, nämlich der Neue. Nun musste Iwamoto natürlich einen Elektriker besorgen und möglicherweise auch noch Ersatz ran schaffen, weshalb er sich jetzt meine Vorschläge für das Stück nicht mehr anhören konnte und ich Naomi's Geblubber noch länger ertragen musste. Ich glaube ja, sie kann eigentlich ganz nett sein, aber ich fürchte sie gibt sich etwas zu viel Mühe... Und wenn ich heute noch einmal 'Oh Romeo' höre dann renn ich schreiend weg, ich schwör's! Dabei sind wir noch gar nicht an der Stelle angelangt, an der sich die Hauptcharaktere schon begegnet sind. Eigentlich war heute auch noch keine Probe, sondern nur Vorbereitungsarbeit für die Mitwirkenden anderen AG's. Der Handarbeiten und Schneiderei-Club zum Beispiel, war für unsere Kostüme zuständig und die Maler und Zeichner für die Gestaltung der Kulissen, verschiedene Elemente und Szenenhintergründe, sowie die Handwerker und die Jungs vom Ingenieurs-Club waren natürlich für die ganzen Holz-Konstrukte und Styropor-Bauten zuständig. Ich war lediglich heute nur hier, um Iwamoto meine Vorschläge und Eingebungen zu unterbreiten, was sich nun erledigt haben dürfte. Frustriert darüber, dass ich meine Ideen an diesem Freitag nun mit ins Wochenende nehmen musste, war ich dementsprechend auch eher mäßig gut gelaunt, als es am Samstagabend auf eine Party ging. Es war mehr oder weniger eine Feier zum Schulbeginn, welche von der Tochter des Direktors geschmissen wurde und demnach gab es auch keine alkoholischen Getränke, was mich wiederum noch etwas mehr frustrierte. Ich stand mit meinen Kumpels etwas abseits, denn die hatten ihre eigenen Getränke dabei und haben diese mit ordentlich Schuss versehen, sodass man relativ schnell davon betrunken werden kann. Immerhin etwas... Auch Naomi brauchte nicht lange um mich im Getümmel zu finden und stand nun wie ein Wachhund an meiner Seite. Meine Freunde wissen wer sie ist und die meisten verstehen es auch überhaupt nicht, dass ich nicht schon längst was mit ihr am Laufen habe, da sie ja nun wirklich nicht zu verachten sei. Irgendeine Ausrede fällt mir da aber immer ein, genauso wie heute auch und meist ist das Thema schnell wieder vom Tisch. Ich habe nun mal wenig Zeit für sowas neben der Schule, der Schauspielerei und meine Leidenschaft für einen bestimmten Bereich der Botanik. Gerade als ich wieder einmal eine der mitgebrachten Flaschen zum Trinken ansetzte, die mir so eben gereicht wurde, sprach mich Naomi an und zeigte in die Menge: „Guck mal, der Trottel von gestern. Ob der auf der Suche nach der nächsten Beleuchtung ist, die er kaputt machen kann?“ „Möglich... was juckt mich dieser Typ...“ antwortete ich gleichgültig, da ich zum Einen inzwischen schon ein wenig angetrunken war und zum Anderen merkte ich, dass ich diesen Kerl länger ansah, als es nötig gewesen wäre. Plötzlich war ein mehrstimmiges Raunen in den Reihen meiner Freunde zu hören, denn diese wandten sich nun in die Richtung des blonden Typen von gestern und nun wurde es irgendwie ungemütlich, denn hinter dem Trottel tauchten Leute auf, die definitiv nicht alle zu unserer Schule gehörten, oder zumindest nicht mehr. „Ey verzieht euch, das ist 'ne Schulfeier und ihr Straßenköter habt hier nichts verloren!“ rief einer meiner Freunde und von drüben brüllte Jemand mir unbekanntes zurück: „Mach dich locker, wir wurden eingeladen!“ „Lass diese reichen Pisser doch...“ kam es von einem Anderen dieser Gruppe und so war es unvermeidlich, dass erst einmal eine Diskussion mit ziemlich wüsten Beschimpfungen ausbrach. Nicht das erste mal, dass sowas vorkommt und wäre sicher nicht das letzte mal, wenn es wieder eskaliert. Auch ein paar Becher flogen über den Platz, bis der Direktor persönlich in Erscheinung trat und die Neuankömmlinge, die keinen Schulausweis unserer Schule vorlegen konnten, von der Feier verwies. Als wieder Ruhe eingekehrt war schweifte mein Blick ein mal mehr durch die Menge und blieb wieder an diesem Penner hängen, der mir das Wochenende eh schon versaut hatte. „Blöder Wichser...“ lallte ich, doch bekam das kaum wer mit, außer Naomi, welche an meinem Arm ruckelte. „Kann ich mal mit dir sprechen, Yuu?“ flüsterte sie neben mir und ich antwortete knapp: „Freilich doch.“ „Nicht hier; allein“ fügte sie an und zerrte mich von unserer Gruppe weg. „Lass krachen, Shiroyama!“ war der geistreiche Kommentar eines Kumpels, eh ich mich hinter einem Gebüsch wieder fand. „Wir sollten mal über uns reden“ sagte sie und da ich nicht wusste, dass ein 'Uns' existiert, versuchte ich meinem fragenden Gesicht noch etwas mehr Ausdruck zu verleihen: „Wie jetz.. 'wir'? „Du und ich. Ich finde... wir sollten mal.. was zusammen machen..“ druckste sie herum und ich war der Meinung: „Mach'mer doch schon. Wir sin hier un in der Theater-AG auch.“ „Ich meine eigentlich... Ausgehen... ins Kino oder so..“ entgegnete sie und ich blinzelte: „Keine Zeit, ich hab 'nen Arsch voll Termine... un un meinen Text lernen muss ich auch!“ „Du kannst deine Texte immer perfekt, dir ist noch nie ein Fehler unterlaufen“ argumentierte sie und zugegebenermaßen hatte sie nicht ganz unrecht, auch wenn ich mal eine Generalprobe voll versiebt hatte. „Eben, un das geht nur, wenn ich mich bestmöglich auf meine Rolle vorbereit'n kann“ antwortete ich ihr, doch sie ließ noch nicht locker: „Und wenn ich dir beim Text-lernen helfe?“ Die gibt wohl nie auf...? „Wenn du mir hilfst, dann kannste selbst nich lernen... und ich machs mir selbst wenn ich allein bin“ rutschte es mir versehentlich heraus, was mir aber erst auffiel als, ich ihr verdutztes Gesicht sah: „Ich meine, ich lerne für mich selbst besser, wenn ich allein bin. Ja, so is ungefähr richtich.“ Im Suff ist es deutlich schwerer die richtigen Worte zu finden, weshalb ich es eigentlich gar nicht mag, wenn jemand derartige Gespräche ausgerechnet auf die Zeit verlegt, wenn ich einen in der Krone hab. „Wenn du es dir anders überlegst... du weißt wie du mich erreichst“ sprach sie mit gesenktem Kopf und irgendwie sah sie in dem Moment so traurig aus, dass ich das Verlangen verspürte etwas tun zu müssen, nur tat ich ausgerechnet das, was ich wohl am aller wenigsten hätte tun sollen: ich drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und schwankte weg vom Ort des Geschehens. Im Nachhinein hätte ich mich selbst dafür treten können, aber nun ist es passiert und ich tu am besten so, als wäre nie etwas derartiges vorgefallen. Ich schnappte mir eine der Flaschen, die meine Freunde mitgebracht hatten und setzte mich noch etwas weiter abseits an eine Hecke und starrte abwechselnd auf die vielen Leute und dann wieder auf mein Getränk. Seufzend nahm ich einen Schluck und schaute erneut in die Masse, als da wieder der Typ stand. Zumindest hätte ich schwören können, dass er's war und dass er in meine Richtung sah. Oder ich bilde es mir nur ein... Gehört der zu diesen Proleten, die vorhin Streit angezettelt haben? Was hat der überhaupt angestellt, dass der von der Schulleitung zu unserem Kurs verdonnert wurde? Scheiße, Shiroyama zerbrich dir doch nicht den Schädel wegen dem Sack! Knurrend sprang ich auf und ging zur Toilette. Es wurde langsam dunkel draußen, weshalb ich im Haus nach dem Lichtschalter suchte, ich fand ihn aber nicht, also musste ich mit dem wenigen Licht auskommen, welches noch durchs Fenster hinein fiel. Just in dem Moment als ich fertig war, riss jemand die Tür auf und vor lauter Schreck hätte ich mir beinahe wichtige Teile im Reißverschluss meiner Jeans eingeklemmt. „Fuck, kannst du nicht anklopfen?“ fluchte ich und blinzelte gegen das grelle Licht, was nun im Bad leuchtete und erkannte bald auch Denjenigen der dort stand und nun ebenfalls meckerte: „Alter, mach doch das Licht an, ey...“ Selbstredend, wer sollte es auch anderes sein, als dieser blonde kleine Wichser! Und nicht, dass der freundlicherweise noch 'ne Minute gewartet hätte, nein, der ging direkt aufs WC zu und legte los, während ich noch meine Hände wusch. „Kein Anstand...“ murmelte ich, als ich wieder zur Tür hinaus war und auf den Garten zusteuerte, in dem die Party stand fand. Der Garten, sowie das Haus, sind recht groß, ebenso auch das Bankkonto unseres Direktors, weshalb er sich solch ein großes Grundstück leisten kann, auf dem so viele Menschen Platz finden. Woher ich das weiß? Tja, wenn man zu den reichsten Familien im Umkreis gehört, dann weiß man ungefähr wer die meiste Kohle zu bieten hat und das Haus meiner Eltern ist noch mal ein ganzes Stück größer. Mein Ankleidezimmer allein ist schon fast so groß wie ein Klassenzimmer unserer Schule, aber ehrlich gesagt wollte ich nicht aus dem Grund diese Räumlichkeiten für mich haben. Denn mein Schlafzimmer ist der einzige Raum von dem man mit etwas Anlauf über den Balkon direkt in den Pool im Innenhof springen kann. Auch wenn meine Eltern etwas dagegen haben, wenn ich das mache, so muss das manchmal sein – zumindest ab jetzt, wo die Tage wieder länger und wärmer werden. Auch wenn die Nächte noch verdammt kühl sind, so war heute der erste Tag in diesem Jahr, an dem ich diese Tradition fortsetzte. Hier, ganz im Süden Japans, herrschen angenehme fast subtropische Temperaturen und ich möchte eigentlich nirgendwo anders leben als hier. Wir haben Verwandtschaft in Tokyo und im Norden von Hokkaido. Ersteres empfinde ich schon als kühl, aber Hokkaido ist eine wahre Eis- und Frostwelt für mich. Dort möchte ich niemals leben müssen, weshalb ich auch dieses Mal froh bin, dass sich meine Mutter gegen meinen Vater durchgesetzt hat und meine Familie sich im Süden nieder gelassen hat, statt da oben. Ich liebe mein Leben, ich liebe Sonnenauf- und -untergänge und ich liebe unseren Pool! Und kaum war ich von der Party Nachhause chauffiert worden, pellte ich mich aus den Klamotten und öffnete die Balkontür, nahm Anlauf und sprang ins eiskalte Nass. Die Arschbombe hatte meine Mutter natürlich gehört und kam aus dem Wohnzimmer angelaufen: „Yuu, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du das unterlassen sollst?! Da kann sonst was passieren und ich möchte nicht, dass mein einziger Sohn im Rollstuhl landet oder etwas noch Schlimmeres passiert!“ „Dass ich euer einziges Kind bin, ist aber nicht meine Schuld“ entgegnete ich ihr und hievte mich mit Schwung aus dem Pool, wrang meine Unterhose aus und latschte durch die offene Terrassentür des Wohnzimmers ins Haus zurück. Während meine Mutter nach dem Personal rief, das meine feuchten Spuren beseitigen sollte, hörte ich an der vorderen Eingangstür wie mein Vater von unserem Butler empfangen wurde. Als er mich sah wanderten seine Augenbraue in die Höhe und er sagte: „Na, mein Sohn, ärgerst du deine Mutter wieder?“ „Nein Vater, ich hatte nur ganz einfach Lust dazu aus dem Fenster zu springen. Nicht alles was ich tue oder lasse, tu ich deshalb, um einen von euch zu ärgern“ zwar war die Antwort ähnlich pampig wie die, die ich meiner Mutter gab, aber er wusste eben wie ich es meine und er betont ja auch immer wieder gern, dass er in meinem Alter auch so 'wilde Sachen' gemacht hatte. Darum zog ich es vor nicht noch ein weiteres Mal auf meine Mutter zu treffen und stieg die Treppe hinauf in mein Zimmer. Sie und ich, wir hatten glaube ich nie ein besonders gutes Verhältnis, zumindest nicht dass ich mich erinnern könnte und mein Vater ist zu selten Zuhause, als dass ich sagen könnte unser Verhältnis wäre soviel besser, als das zu meiner Mutter. Auf jeden Fall war er aber schon immer der angenehmere Typ Mensch. Eigentlich kann man sagen, dass ich die ganze obere Etage meines Elternhauses für mich allein habe. Hier gibt es zwar noch zwei separate Räume, die meine Eltern nur als Arbeitszimmer und als Hobbyraum nutzen, was aber so gut wie nie vorkommt. Mein Schlafzimmer ist riesig, sogar für mein Empfinden, welches ja schon an überdimensional großen Räumlichkeiten gewöhnt ist. Aber neben dem Ankleideraum gibt es noch ein weiteres angrenzendes Zimmer und mein eigenes Bad. Natürlich hat man in dem Bad alles was man brauchen kann und was man auch weniger braucht, aber das eigentlich Interessante ist der besagte Nebenraum, denn da hab ich mir eine völlig andere Welt geschaffen. Und zwar hab ich hier viele... sehr sehr viele Pflanzen. Kobralilien, Sonnentau, Venusfliegenfallen, Taublatt, diverse Kannenpflanzen, Sumpfkrüge, Fettkräuter, sowie verschiedene Moose und entsprechendes Futter. Denn das sind alles fleischfressende Pflanzen. Seit ich sieben Jahre alt war und meinen ersten Sonnentau in den Händen hielt, sammel ich alles was ich kriegen kann und hab dafür auch spezielle Bereiche abgetrennt, da einige Pflanzen ein etwas anderes Klima, Pflege und Substrat mögen als andere. Von dieser Leidenschaft weiß aber niemand weiter, als meine Eltern und natürlich das Personal, denn dem hab ich verboten auch nur einen Fuß in diesen Raum zu setzen. Nicht dass jemand meint mit aggressiver Chemie hier putzen zu wollen oder gar zu Lüften. Als dann aber das Wochenende rum war und die neue Schulwoche begonnen hatte, saß ich im Mathematik-Raum und starrte aus dem Fenster, denn der Unterricht ging mir heute regelrecht am Arsch vorbei. Ich konnte mich einfach nicht konzentrieren und ersehnte das Ende der Stunden vorbei, bis ich am Nachmittag endlich Iwamoto meine Ideen schmackhaft machen konnte. Üblicherweise proben wir drei mal die Woche – montags, mittwochs und freitags und so fing ich unseren Regisseur gleich an der Tür ab, eh auch nur irgendwer auf die Idee kommen konnte, etwas in die Hand zu nehmen, was er dann wieder fallen lassen könnte. Ich klebte förmlich an ihm, wie ein Fangirl an ihrem Star. Einige meiner Vorschläge wurden von vornherein abgeschmettert, aber das war zu erwarten. Andere Ideen allerdings klangen offenbar gar nicht so abwegig für ihn. So zum Beispiel den Soundtrack zu benutzen, der von einer moderneren Variante eines Romeo und Julia Films stammt, um das Stück nicht 'zu alt' wirken zu lassen. Eigentlich stammte der Leitgedanke ja von Naomi, da sie für diesen Film und dessen Soundtrack schwärmt, aber hier ist es irgendwie Gang und Gebe die Eingebungen Anderer zu nehmen und seinen eigenen Namen drunter zu setzen, denn nachher wird Iwamoto vor versammelter Mannschaft 'seine' neuste Inspiration vorstellen. Nun ja, solange am Ende ein Meisterwerk raus kommt, soll's mir auch egal sein. Nach unserem Gespräch, verließen wir gemeinsam sein kleines Büro und traten vor den Rest des Kaders. Iwamoto verteilte noch die restlichen, bisher nicht besetzt gewesenen Rollen und deren Textbücher, eh die meisten die Aula wieder verließen. Was soll man auch großartig proben, wenn man noch nicht einmal seinen Text gelesen hat? „Kann ich auch abzischen?“ brummte es aus einer finsteren Ecke und mein Blick richtete sich auf unseren neusten Ehrengast. „Was hat der hier überhaupt zu suchen?“ echauffierte sich Naomi und unser vielbeschäftigter Regisseur blätterte gerade noch ein paar Unterlagen durch, während er ihr – gedanklich teils abwesend – antwortete: „Mhm... ach Subaru hier hat Scheiße gebaut, ich weiß nicht was für Scheiße, aber es muss ein gewaltiger Haufen sein, sonst wäre er mir nicht bis Jahresende aufs Auge gedrückt worden und er ist bei uns, um seinen Mist wieder aus der Welt zu schaffen, also gebt ihm eine Mistgabel, damit er endlich anfangen kann.“ „Ich heiße Suzuki...“ knurrte der seltsame Typ und verschränkte sichtlich genervt die Arme. Iwamoto sah von seinen Zetteln auf und direkt zu unserem neusten Mitglied: „Hör mir mal zu, Subaru... mir ist wurscht wie du heißt, solange du dich hier nicht nützlich machst. Und nein, du kannst nicht 'abzischen', der Direktor hat mehr als nur ein Auge auf dich gerichtet – schlimmer als Sauron. Es wäre also mehr als unklug die Kurve zu kratzen, auch wenn dich das alles hier ankotzt! Du darfst jetzt in den Requisiten-Raum gehen und kontrollieren, ob das Make Up und die Accessoires von dieser Liste hier noch vorrätig sind oder ob was neu bestellt werden muss.“ Damit drückte er seinem neuen schwarzen Schaf einige Blätter in die Finger und verließ unsere Runde. Subaru oder Suzuki, was auch immer... verließ als Nächster Augen-verdrehend seine Position und schlürfte hinter die Bühne. Naomi schlich ihm nach, um heraus zu finden, ob er seine simple Aufgabe gebacken bekommt, während ich mir die ersten Skizzen der Kostümvorschläge ansah und einiges vorab aussortierte. Zwar hatten auch wir vor eeetwas mehr Moderne in das Stück zu zaubern, aber da war doch das ein oder andere Ding zu futuristisch. Einige Zeit später kam Naomi zu mir zuück und berichtete von ihren Beobachtungen: „Ich sag dir... der Typ ist unbrauchbar... Wir haben beim Make-Up fünf verschiedene Hauttöne in Flüssig- und Puderform, alle werden gebraucht und dieser Dilettant liest nicht mal die Farbnummern, hakt einfach ab und geht weiter, ohne auch nur einen Blick rein zu werfen. Das muss irgendjemand noch mal machen, der fähiger ist...“ „Mach du es doch“ schlug ich beiläufig vor, doch sie sah mich entsetzt an, woraufhin ich erklärte: „Naja, dank deiner Extrawünsche ist dein Kleid noch nicht hier bei meinen Skizzen und so wie ich das sehe, hast du im Moment eh nichts zu tun, also warum guckst du nicht nach?“ Naomi erhob sich zwar, aber ich wusste genau, dass sie jetzt lieber Nachhause geht, als solch niedere Arbeiten zu verrichten. Meine Vermutung bestätigte sich, als ich sie wenige Minuten später mit übergeworfener Jacke sah, wie sie den Saal verlassen wollte und sie dann doch kurz halt machte, um sich direkt zu mir zu begeben und mir einen Kuss auf die Wange zu drücken. Ich rührte mich nicht und blickte ihr nur im Augenwinkel nach. War das einfach nur so? War das wegen meines Schmatzers bei der Party? Gott, ich wusste, das war 'ne dämlich Idee... Seufzend kramte ich die Skizzen zusammen und stockte, als mir jemand eine Liste auf meinen Stapel knallte. Ich schaute fragend zu dem neben mir Stehenden, welcher teilnahmslos mit den Schultern zuckte. Räuspernd schob ich die Liste von den Zeichnungen und warf diesem Subaru einen bösen Blick zu, als ich ohne die Liste den Ort des Geschehens verließ, um die Skizzen wieder ins Büro von Iwamoto zu bringen. Als würde ich den Laufburschen spielen oder irgendwem erklären, wo er um diese Zeit unseren Regisseur finden könnte – nämlich bei seinem Nachmittagsgeschäft und da werd ich den Teufel tun und unangemeldet auftauchen. „Was soll ich jetzt damit machen?“ rief er mir nach und ich zuckte nun ebenfalls mit den Schultern, ging weiter meines Weges und blendete dieses Ärgernis aus. Leute gibt’s... Spätestens nächste Woche würden die ersten Proben losgehen und dann hat sogar meine Anwesenheit wieder höheren Sinn. Iwamoto hat nämlich beschlossen von Anfang an chronologisch vorzugehen, was er nur macht, wenn er zwei Hauptdarsteller hat, die sich kennen und gut miteinander harmonieren. Auf diese Weise wäre es wohl für alle Beteiligten einfacher, dass keine Patzer eingebaut werden. Hätten Naomi und ich uns nicht schon vorher gekannt, dann wären unsere gemeinsamen Szenen nach hinten verlagert worden, damit wir Zeit hätten uns kennen zu lernen. Aber wie pflegt er immer zu sagen? Die Chemie muss absolut stimmen, sonst kann man das Publikum weder überzeugen noch mitreißen. Weise Worte, und bisher hat's immer geklappt. Als ich in meinem ersten Jahr an dieser Schule anfing, war es jedenfalls so, dass geringfügig intimere Szenen mit meiner damaligen Partnerin ganz am Ende geprobt wurden und es klappte bei der Erstaufführung alles wie am Schnürchen. Auch wenn ich die Generalprobe zuvor in den Sand gesetzt hatte... Die Woche ging recht schnell herum, denn dank einiger eifriger Lehrer war meine Freizeit komplett mit Lernen gefüllt, denn meine Eltern würden mich sofort aus dem Theater-Kurs nehmen, wenn meine Noten in den Keller rauschen. Leider hatte ich in der vergangen Woche einige Verständigungsprobleme mit unserem Mercutio-Darsteller, denn der war neu hier und recht eigensinnig. Iwamoto handelte dementsprechend wie im eben genannten Beispiel und stellte Szenen mit Romeo und Mercutio erst mal weiter hinten an, damit die Proben wieder flüssiger voran gehen konnten. Immerhin haben wir auch nicht bis in alle Ewigkeit Zeit uns zu beschnuppern. Gerade, als ich beobachtete, wie 'Benvolio' mit 'Mercutio' umging, um mich auf die Beiden besser einstellen zu können und weil sich die Zwei schon länger kennen, krachte eine kleine Flasche Öl direkt vor Naomi's Füße. Wir schauten Alle nach oben, wo dieser blonde Clown Subaru oder Suzuki auf einem der metallen Träger herumkroch und seine zerstörerischen Griffel mal wieder an einem der bunten Strahler hatte. „Ey, sag mal hakt's bei dir?“ keifte Naomi nach oben und der Typ antwortete recht gelassen: „Nee, aber das Ding hier hakt und dreht sich nicht mehr mit. Die da drüben haben gesagt, dass muss geölt werden, aber keiner traut sich hier hin, weil Die alle Höhenangst haben.“ „Wie auch immer, komm da runter Subaru, wir haben keine Zeit für solchen Schnulli. Das wird sich ein Techniker ansehen und kein Leihe“ verkündete Iwamoto und als wir Anderen uns wieder dem eigentlichen Geschehen widmen wollten, klettert dieser Spinner doch direkt von dem Träger und lässt sich fallen. Er kam sicher mit den Füßen auf und trottete mit den Händen in der Hosentasche davon. „Freak...“ zischte Naomi neben mir, drängte ihre Hand unter meinen Arm und hakte sich ein. Sie schliff mich von der Bühne weg und sagte: „Auf den Schreck brauch ich erst mal 'ne Kippe.“ „Wie du meinst“ ließ ich mich auf diese indirekte Aufforderung ein und rauchte mit ihr in der Besenkammer heimlich eine Zigarette – auch wenn der Raum doch deutlich das Ausmaß einer einfachen 'Kammer' überstieg. Offiziell ist es niemandem gestattet, auf diesem Schulgelände zu rauchen, auch den Lehrern nicht. Doch es ist ein offenes Geheimnis, dass das Lehrerzimmer eine verqualmte Hochburg der Kettenraucher darstellt. „Ich will noch mal in den Keller und nachsehen, ob wir eventuell das ein oder andere Utensil für unsere Aufführung wiederverwenden können“ teilte ich Naomi mit welche resigniert den Qualm ausatmete und murrte: „Aber der Keller ist staubig und da riecht's komisch...“ „Du musst nicht mitkommen, ich wollte nur nicht, dass du auf mich wartest“ entgegnete ich dem, drückte den Glimmstängel aus, schlich aus der Besenkammer und ließ sie zurück. Ich kramte den mir anvertrauen Ersatzschlüssel an meinem Schlüsselbund hervor und begab mich in den Keller. Als ich ankam, stand allerdings schon die Tür offen und ich hörte jemanden eifrig kramen. Vorsichtig pirschte ich mich heran und sah diesen blonden Deppen in einer alten großen Kiste wühlen. „Suchst du was Bestimmtes?“ sprach ich ihn an und er sah zu mir auf. „Was hast du denn da im Gesicht?“ legte ich gleich noch eine Frage nach und Subaru verdrehte die Augen: „Ich hab 'ne Stauballergie, und ich soll hier ein goldenes Diadem finden, das eure Julia beim Ball tragen soll. Was zur Hölle ist ein Diadem?“ „Lass mich mal gucken“ schlug ich vor, schob den Kerl mit seinem Staubschutz über der Nase aus dem Weg und beugte mich über den Rand der Truhe, wühlte gar nicht mal lange und hatte das goldene Ding in der Hand. „Das ist ein Diadem?“ wollte er verwundert wissen und ich nickte, eh er seufzte: „Sagt doch gleich, dass ihr 'nen Haarreifen sucht...“ „Das ist kein Haarreifen, dass ist ein Diadem“ probierte ich es ihm noch mal begreiflich zu machen, doch er argumentierte: „Das Ding setzen Mädchen doch auf den Kopf oder nicht? Also ins Haar und die Huf-Form ist unverkennbar - ein Haarreifen! Vertrau mir Bro, die Tochter meiner Nachbarn hat auch so 'n Ding, nur aus Plastik, mit Blümchen und Rosa.“ Versucht der mir gerade meine Requisiten zu erklären? Wortlos und Fassungslos ließ dieser Schwachmat mich zurück und ich vergaß sogar, was ich eigentlich hier unten wollte. Jetzt wäre der Zeitpunkt, an dem ich wirklich 'ne Kippe zur Beruhigung gebraucht hätte, um meine Gedanken wieder zu sammeln, weshalb ich mich erst mal setzte und durchatmete. Einige Zeit später war ich gerade vollends in Graben nach alten Schätzen vertieft, als hinter mir Iwamoto auftauchte und mich erschrak, als er mit einem mal mit mir sprach: „Ah, gut dass du noch hier bist! Ich dachte schon unser neustes Teammitglied ist mit dem Schlüssel durchgebrannt, aber der steckte noch von außen in der Tür.“ Dem Herzinfarkt ein Stück näher sank ich auf die Knie und hievte mich kurz darauf umständlich wieder hoch. „Ich hab noch Einiges gefunden, was wir vielleicht noch gebrauchen könnten“ umging ich die Anmerkung über das 'Teammitglied' und klopfte mir den Staub aus der Uniform. „Du weißt gar nicht wie sehr ich das an dir schätze, dass man sich auf dich verlassen kann und dass du dich buchstäblich so rein kniest in deine Arbeit!“ würdigte Iwamoto mein Engagemant und klopfte mir dabei auf die Schulter, was auch noch mal Staub zutage förderte. Ich wusste schon vorher, was da ungefähr von ihm kommen würde... Es wäre zwar unheimlich lobenswert, dass ich mir hier den Arsch aufreiße, aber wenn es in seinen Feierabend hinein ragt, dann zieht es unseren Regisseur doch lieber pünktlich zum Abendessen Nachhause. Nun, einem hungrigen Exzentriker wie ihm sollte man besser nicht im Weg stehe und außerdem kann ich den ganzen Krempel auch noch an einem anderen Tag holen. Nachdem ich also förmlich vom Schulgelände komplementiert wurde und der Fahrer meiner Eltern vorfuhr, wusste ich schon, dass zu Hause mal wieder irgendwas los sein musste. Cocktail-Party, hoher Besuch... irgendwas, wo man meinen könnte, der Kaiser persönlich käme vorbei. Und ich hatte recht, als man mir die Tür öffnete saß in der Limousine schon Naomi im recht freizügigen Kleid. Roter glänzender Stoff mit goldenen Lilien bestickt und die Haare hochgesteckt. Dafür haben ihre Eltern sicher wieder ein Vermögen ausgegeben... Aber um gute Miene zum bösen Spiel zu machen, tat ich einfach das, was man von mir erwarten würde und stieg ein, statt die Fahrzeugtür von außen wieder zuzuknallen und den restlichen Anwesenden noch einen schönen Tag zu wünschen. „Siehst nett aus, hast du heut noch was vor?“ scherzte ich sogar und die Angesprochene kicherte: „Vielleicht habe ich das, ja. Du bist ganz staubig“ merkte sie an und klopfte nun ebenfalls auf meiner Uniform herum, eh ich sie warnen konnte, dass es arg stieben würde. Sie musste niesen und eine ihrer hochgesteckten Strähnen fiel nach vorn. Eiligst wollte sie das wieder richten, doch ich griff an ihr Handgelenk und sprach: „Lass das so, sieht besser aus.“ „Wenn du das sagst“ kam es mit lieblicher Stimme von ihr und mir wurde klar, dass ich schon wieder irgendwelche falschen Signale gesendet haben musste, als sie sich trotz des Staubes an mich schmiegte. „Du machst dich ganz schmutzig“ flüsterte ich, doch sie reagierte kaum und blieb weiterhin so an mich gelehnt. Hilfesuchend sah ich mich um und erblickte den Chauffeur im Rückspiegel wie er mir vieldeutig zuzwinkerte. Ich räusperte mich und wollte die Sache einfach nur noch aussitzen, bis wir bei mir zu Hause wären. Doch auch Zuhause schien es nicht wirklich besser zu werden, denn die Party meiner Eltern schien in vollem Gange. Während Naomi's und mein Vater sichtlich angeheitert mit einigen anderen, mir großteils unbekannten Herren am Billardtisch spielten, saß Naomi's Mutter mit den Frauen dieser Runde in der Lounge-Ecke und sie schlürften genüsslich ihre Cosmo's. Nur meine eigene Mutter hing an der Theke zur Hausbar und kippte sich einen hochprozentigen Drink nach dem anderen hinter. Nicht, dass sie das öfter macht – eine Alkoholikerin ist sie nicht – aber sie hat so Phasen, da geht es ihr mal besser und mal schlechter. Heute war offensichtlich letzteres der Fall, also ging ich hinüber zu ihr und sprach sie an: „Mutter?“ „Nich jetz Spätzchen, Mutter muss sich konsentriern...“ lallte sie mir fast ins Wort und auch ihr Atmen verriet einiges darüber, wie viel sie schon intus haben musste: „Vielleicht, solltest du dich hinlegen.“ „Mir geht’s gut...“ knurrte sie mir mit einer Stimme wie Marge Simpson entgegen und blickte nun an mir vorbei, als das nächste Gläschen geleert war. „Nnnnami..Moni..!“ hattte sie hörbar Schwierigkeiten sich zu artikulieren, ich räusperte ich und brummte genervt: „Naomi... Und Naomi bringt dich jetzt nach hinten ins Schlafzimmer, ich sag eben Vater Bescheid.“ „Du bissja dreckich... zieh dich um, was soll'n die Leute denken...“ nuschelte sie noch und zupfte unkoordiniert an meinem Kragen herum, eh sie sich von uns vom Hocker ziehen ließ und die Beiden Richtung Flur gingen, während ich mich zu meinem Vater begab und ihm leise zu flüsterte: „Ich glaub, ihr geht’s nicht gut...“ „Ich komme“ sprach er in gemäßigtem Ton und teilte den anderen Männern seine Abwesenheit mit. „Was ist denn das hier wieder für eine Farce? Ich komme aus der Schule und Naomi sitzt rausgeputzt in eurer Limo, um mich abzuholen. Ich komme hier an und das erste was ich finde ist deine betrunkene Frau an unserer Hausbar“ schimpfte ich leise, da ich diesen ganzen Zirkus jedes mal noch nie verstanden habe. Doch mein Vater erklärte: „Das war die Idee von Naomi's Eltern... Sie wollen, dass du, im Rahmen einer kleinen unauffälligen Feierlichkeit, ihre Tochter endlich wahrnimmst. Die Party war also für euch gedacht, die anderen Gäste dienten nur zur Tarnung. Und Naomi ist tolles Mädchen, also ein wenig mehr Dankbarkeit wäre wohl angebracht, junger Mann!“ Ich wusste ja schließlich auch nicht, dass du erst so spät von der Schule Nachhause kommst.“ „Das ist ja alles schön und gut, aber weshalb schüttet Mutter einen Schnaps nach dem anderen in sich rein? Wird ja wohl kaum die Angst sein, dass sie ihren geliebten Sohn an eine andere Frau verlieren könnte“ brummte ich und hatte recht wenig Verständnis für diese Veranstaltung, doch er erklärte mir auf dem Weg nach hinten: „Sie ist manchmal etwas... angeschlagen, wenn man einen bestimmten Themenbereich anspricht. Ich schätze genau das ist in der Damenrunde vorhin passiert.“ Am Ende das Ganges angekommen übernahm er die Funktion als Stütze und sagte: „So, ich kümmer mich jetzt um sie. Danke Naomi.“ Damit wurde Besagte aus dem elterlichen Schlafzimmer komplementiert und da ich wirklich keine Lust hatte den Leuten davorne im Saal das Ende der Party zu vermitteln, ging ich hoch in mein Zimmer. Mit meinen Gedanken überall und nirgends merkte ich zunächst gar nicht, wie mir Naomi folgte und ich mich vor meinem Bett stehend zu entblättern begann. Ich musste raus aus diesen staubigen Klamotten und nachdem sowohl das Jackett, als auch mein Uniform-Hemd zu Boden gefallen war, hörte ich eine leise Stimme hinter mir: „Wow... netter Anblick.“ Ich drehte mich – nicht wirklich überrascht - zu ihr um und begann meine Hose zu öffnen, während ich sprach: „Als wüsstest du nicht wie ich nackt aussehe...“ „Nicht ganz, ich kenne dich nur Badehose“ ergänzte sie und als ich nur noch in Shorts in mein Ankleidezimmer lief, entgegnete ich dem: „Und das ist auch gut so. Jeder braucht schließlich so seine kleinen Geheimnisse.“ „Kann schon sein“ rief sie zu mir rüber und setzte sich scheinbar inzwischen auf mein Bett, während ich mir etwas Alltag-taugliches, aber dennoch Elegantes anzog, denn als ich wieder raus kam, sah sie mich eben dort wartend an. „Meinst du nicht, wir sollten unsere Eltern glücklich machen?“ fragte sie mich und ich wusste genau worauf sie hinaus will, also brummte ich: „Ich bin jetzt echt nicht in Stimmung für sowas...“ „Das bist du nie...“ kam es schmollend zurück und mir wurde bewusst, dass sie damit recht haben würde. Ich seufzte schwer und setzte mich neben ihr auf mein Bett, bevor ich zugab: „Du hast ja recht...“ Naomi nutzte die Gelegenheit um sich mal wieder an mich zu lehnen, während ich darüber nachdachte, warum das wohl so ist, dass ich dafür keinen Nerv habe. Ob ich Spätzünder bin? Ob ich eigentlich noch richtig ticke... All solche Fragen... und keine Antwort. Ich betrachtete Naomi, welche dicht neben mir saß und blinzelte ertappt, als ich registrierte, dass auch sie mich mittlerweile ansah. Schnell blickte ich in eine andere Richtung und versuchte meine Gedanken zu sammeln. Sie legte ihre Hand an meine Wange und drehte meinen Kopf zu sich, eh sie hauchte: „Du denkst zu viel nach. Manchmal wüsste ich echt gern, was da drinnen vor sich geht.“ Dabei fuhr ihre Hand über meinen Kopf. Ich schaute erneut weg, da ich das selbst so manches mal nicht wirklich wusste und was ich darauf hätte antworten sollen. Räuspernd stand ich auf und schlug vor: „Wollen wir unten noch was trinken? Sofern meine Mutter nicht schon alles vernichtet hat...“ „Du bist ziemlich gemein zu ihr...“ murmelte die Angesprochene und rutschte von meiner Matratze. Ihre letzte Bemerkung ließ ich unkommentiert, denn zum Einen hatte sie nicht ganz Unrecht, aber zum Anderen muss sie auch nicht in meiner Situation leben und kann schlecht beurteilen, was in anderen Familien los ist. Vielleicht bin ich auch nur so zynisch bei der Sache, weil ich an mir selber merke, wie gern ich Zuflucht im Rausch suche. Nicht, dass ich täglich und heimlich übermäßig viel saufe, aber manchmal will ich einfach alles in mir und um mich herum abstellen, weil mich der ganze Scheiß überfordert und mir gehörig auf den Sack geht. Da muss eben manchmal ein Fläschchen aus dem Weinkeller herhalten, oder ich treff mich mit meinen Freunden irgendwo. Eine gute Alternative zum Kampftrinken bietet eben die Schauspielerei, da kann ich 'mich' ablegen und einfach jemand anderes sein. _________________________________________________________________________________ Meine lieben Leser/innen, ich weiß es ist wieder sehr.. sehr lange her, seit dem letzten Lebenszeichen von mir, aber um ehrlich zu sein ist es nun um so viel schwerer Reita's Kapitel bei Violence zu schreiben. Ich hab 100x mal angefangen und irgendwie hats mich immer wieder erdrückt... Es schien mir, als ich damals mit Violence anfing, gar nicht so schwer. Ich konnte Stichpunkte und Notizen machen ect. aber seit ich meinen Bebü verloren hab, hab ichs eben immer wieder schmerzl. vor Augen wie weh das tut... nunja.. Auf jeden Fall wird dieses Kapitel noch kommen, schließlich ist es schon begonnen!!! Aber es gibt noch einen weiteren (diesmal sogar positiven) Grund für mein zähes Vorankommen: Seit einem Weilchen gibt’s da wieder einen kleinen Kater in meinem Leben. Er ist so süß und so watteweich – sieht aus wie ein kleiner fast-schwarzer Löwe mit hellgrauer Mähne – ein Traum! Da ich in der Zwischenzeit nicht ganz untätig war, hab euch auch wieder zu dieser FF ein Video (http://streamcloud.eu/tv8pn1madqzm/AOIeo___REITulia_1.wmv.html) gebastelt und möchte noch mal extra auf den Interpreten des Songtitels hinweisen: Eli Lieb (zu finden auf YouTube) – der Mann ist leider noch nicht so berühmt wie er's meiner Ansicht nach verdient hätte, aber vllt. nutzt seine Erwähnung ihm ja geringfügig. Und eine Zeichnung habe ich auch angefertigt, welche ich aber erst später hoch lade, da sie noch nicht ganz zum aktuellen Stand der Story passt. Ja also noch mal Sry dass es wieder mal rekordverdächtig lange gedauert hat und deshalb hoffe ich, euch bereitet dieses A-Kapitel ein wenig Freude. Das Nächste wird dann von Reita kommen und da geht es etwas weniger vornehm zu und wir erfahren was Reita fertig bringt damit er die Rolle der Julia äußerst unfreiwillig ergattert. Kapitel 4: (R) Verhängnisvolle Kommentare ----------------------------------------- „Das geht auf gar keinen Fall, Herr Suzuki. Jedenfalls jetzt noch nicht. Ich wüsste auch gar nicht wohin mit ihnen, da ich zugeben muss, dass mir persönlich so etwas noch nie passiert ist und ich mir noch keine Gedanken darum machen musste“ zerstörte der Vize-Direktor unserer Schule meine Hoffnung, irgendwie doch noch von diesem Affentheater von Iwamoto und seinen Möchtegern-Schauspielern wegzukommen. Eigentlich wollte ich einen Termin mit dem obersten Direktor und nicht nur seiner Vertretung, aber da sieht man mal wieder wie es läuft, wenn man nicht von Anfang an mit 'nem Batzen Geld wedelt. Aber was beschwer ich mich, ich kann ja froh sein, dass ich nicht die Sekretärin aufs Auge gedrückt bekommen habe. Die, wie wir Alle wissen, eigentlich gar keine Ahnung hat von dem was sie hier tut. Und wir wissen auch Alle warum sie ihren Job trotzdem behalten darf... „Wobei... hier wäre noch was... aber ich weiß nicht, ob sie das interessiert“ begann der Mann hinter dem massiven Schreibtisch und weckte mit seinen Papieren vor sich sogleich neue Hoffnung, weshalb ich fragte: „Und was haben sie da?“ „Naja, der Hausmeister sucht noch einen Gehilfen und... ist immer interessiert an jungem zarten Frischfleisch.... Schülern(!), die ihm unter die Arme greifen...! Wer zur Hölle hat diesen verdammten Text nicht gegengelesen und abgeordnet?!“ wetterte der Vize, strich hektisch dort etwas durch und überschrieb es mit Kuli. Im selben Moment lief erwähnte Sekretärin durchs Zimmer und zuckte zusammen, bevor er mich leicht aus der Fassung gebracht und mit fragendem Gesichtsausdruck ansah. Ich beugte mich vor und flüsterte ihm zu: „Sie haben geflucht!“ „Oh sch.... unschön“ kam es von ihm, dann klappte er seine Zettel vor sich wieder zu und sprach: „Ja also, das tut mir leid, dass ich ihnen da nicht weiterhelfen kann, aber versuchen sie es doch einfach noch mal im Theaterkurs, vielleicht werden sie ja noch warm dort. Wenn es wirklich nicht klappt, dann melden sie sich einfach in drei Monaten noch mal bei mir und ich werde sehen wie die Situation dann aussieht.“ „Danke für ihre Mühe...“ brummte ich wenig zufrieden mit der Gesamtsituation und erhob mich aus dem Stuhl. Der Vize-Direktor scheint mir ja ein ganz umgänglicher Mensch zu sein, nur hat mein Besuch bei ihm leider überhaupt nix gebracht. Außer die Gewissheit, dass ich in diesem Saftladen feststecke... Eben dorthin führte mich mein nächster Weg, denn ich war ja gezwungen da aufzukreuzen. Würde ich schwänzen, dann würde ich von der Schule fliegen und mir wurde auch eindringlich erklärt, dass mich mit meiner Akte nicht einfach so jede Schule aufnehmen würde, was wiederum heißt, ich müsste abbrechen oder umziehen. Beides kommt für mich nicht in Frage. Die Schule zu beenden, und sei sie noch so beschissen, ist mein einziger Weg raus aus dem Schlamassel mit meinem Alten. Und wegziehen würde ich finanziell und alleine im Moment gar nicht schaffen. Gegenwärtig bin ich einfach nur froh, wenn ich wenigstens genug Geld für Essen und Trinken aufm dem Tisch habe... Mit miesem Gefühl im Magen betrat ich die großräumige Aula und alle Augen waren auf mich gerichtet. Wie ich solche Situationen hasse, wenn mich Jeder anstarrt.. Das ist schon bei Vorträgen oder Vorsingen absolut grausam, aber wenn man genau weiß, der ganze Haufen da unten kann einen nicht ausstehen, dann fuckt das besonders ab. Allen voran Einer: „Du bist zu spät, Subaru!“ „Sorry, ich war im Büro vom Direx“ entgegnete ich dem und hörte Iwamoto seufzen, eh er sagte: „Gut, dann zeig ich dir jetzt deinen Arbeitsbereich für heute!“ Ich nickte und schlürfte lustlos die Treppe hinunter, stieg vorn an der Seite die Bühne hinauf und verließ sie hinterm Vorhang wieder. Ein Stück weiter im Backstagebereich tummelte sich ein Trupp von Jungs aus dem Handwerker-Kurs, die offenbar gerade eine Art Balkon zusammenzimmerten. Ich folgte dem Regisseur bis in den Kostümbereich, wo unzählige kuriose Klamotten auf Stangen hingen und Iwamoto sich davor aufbaute. „Hier sind alte Kostüme und irgendwer hat es letztes Jahr vermasselt die alle zu nummerieren und zu katalogisieren. Ich möchte, dass du die einzelnen Stücke sortierst und auf die lange Stange dahinten hängst. Was zusammen gehört siehst du an den jeweiligen Etiketten und das muss erledigt sein, bevor die ersten neuen Kostüme eintreffen. Warum du so'n Scheiß tun musst? Ganz einfach, wir brauchen den Platz von diesen drei Stangen und wenn wir alles durcheinander hängen haben, dann blickt hier bald niemand mehr durch“ erklärte er und klopfte mir auf die Schulter, eh er neben mir stehen blieb und fragte: „Du kannst doch was mit Nummern anfangen oder? Und ich meine keine 'Nummer schieben'.“ „Ja doch, ja... beides“ versicherte ich ihm und machte mich unmotiviert an die Arbeit. Eine Nummer schieben wäre mir jetzt auch lieber, als dieser Mist hier... Kurzerhand zückte ich meinen Oldtimer von Handy und schrieb meiner Friends-with-Benefits Freundin Ayumi eine Nachricht im gewohnt kurzgefassten Stil: 'FF heute Abend?' Wie Frauen scheinbar so sind, kam statt Ja oder Nein ein Anruf und ich ging ran. Auch wenn ich wenig Lust und Zeit zum Telefonieren hatte, aber sie ist ja immerhin sowas wie meine beste Freundin und der einzig wahre Kumpel, den ich habe. „Ich bin noch bei diesem dämlichen Affentheater-Kurs...“ brummte ich ins Handy, nachdem ich abgenommen hatte und erhoffte mir ein kleines bisschen Mitleid. Doch auch bei Ayumi schien der Tag alles andere als toll zu sein, denn auch sie jammerte über einen total verhauenen Test und noch so einiges anderes, bei dem ich nicht genau zuhörte. Gerade als ich nachfragte was mit unserem Frust-Fick heute Abend wird, tippte mir jemand von hinten auf die Schulter: „Sag mal, mit wem telefonierst du denn da, Subaru?“ „Öhm... mit William?“ antwortete ich aus dem Schreck heraus und weil ich sonst auch nicht gewusst hätte was ich sagen sollte. „Welchem William?“ kam es interessiert von diesem Iwamoto und ich eierte rum: „Na hier.. Shakespeare..?“ „Etwa der William Shakespeare, von dem unser Stück ist?“ fragte er gespannt nach und ich nickte eifrig. „Japp, genau der!“ Gerade wähnte ich mich in Sicherheit, als sich das Blatt mal wieder nicht zu meinen Gunsten wendete, denn noch einmal hakte der Mann nach: „Der William Shakespeare, der seit fast 400 Jahren tot ist? Wow, beeindruckend!“ Fuck... „Tu uns allen einen Gefallen und erledige das mit deinem Sex-Date mit 'William' heute Abend schneller oder zu einem anderen Zeitpunkt. Wir müssen uns hier Alle auf jeden Einzelnen verlassen können – einschließlich dir“ bekräftigte er noch einmal und drückte mir weitere Kostümeinzelteile in die Hand: „Hier, die gehören noch irgendwo dazu, die hingen noch in meinem Büro. Hurtig hurtig, Subaru, wir haben doch keine Zeit!“ Damit zog er von dannen und ich lauschte vergeblich am Telefon. Aufgelegt... So 'ne Scheiße! Grummelnd pfefferte ich die mir so eben gereichten Klamotten in die Ecke, kaum dass dieser nervtötende Saftsack außer Blickweite um die Ecke gebogen war. „Moooaaaahhhh!“ stöhnte ich lauthals und schrieb Ayumi erst einmal eine Nachricht, dass mir die Sache eben leid täte und sie heute Abend vorbeikommen könnte – ich würde auch den Schrank aufmachen. 'Den Schrank aufmachen' ist so ein Codewort für uns, denn man weiß nie wer noch alles mithört. In meinem Schrank bewahre ich meine Existenz auf: meine Cannabis-Pflanzen. Ohne meine Gute-Laune-Blümchen wäre ich wohl die letzten Jahre nicht um die Runden gekommen, denn mein Pflegevater versäuft das Geld lieber, dass eigentlich für mich und mein Wohlergehen gedacht ist. Mit viel Liebe züchte ich also meinen Lebensunterhalt in diesem Schrank heran und verkaufe den Stoff entweder als Glücks-Schoki oder als normale Tabak-artige, getrocknete Pflanzen in kleinen Tütchen. Ich darf mich nur nie erwischen lassen, weder beim Verkauf, noch beim Anbau, noch wegen dem Umstand, dass ich das Stromnetz der alten Fabrik direkt neben uns anzapfe, um genügend Licht im Schrank zu haben. Frustriert sammelte ich nun die nachgereichten Kostüm-Einzelstücke vom Boden auf und machte mich anschließend daran, den ganzen Scheiß zu sortieren und alles zu notieren. Ewigkeiten später war ich endlich fertig und einer dieser Möchtegern-Schauspieler trat an mich heran: „Iwamoto möchte die Liste, die du machen solltest.“ „Ist in Arbeit und gleich fertig..“ brummte ich diesem übereifrigen Typen entgegen und fragte aus reiner Neugierde: „Sag mal, ist dieser Iwamoto immer so krass drauf und wieso duzt er mich? Das macht sonst keiner unserer Lehrer.“ „Das macht er bei Allen und Jedem. Sobald du dich etabliert hast, erträgst du auch seine Macken“ antwortete er und ich lachte daraufhin gekünstelt: „Klingt eingeübt von jemandem wie dir...“ „Ist aber wirklich so. Ich weiß, Iwamoto ist... exzentrisch und recht speziell und manchmal nimmt er eben kein Blatt vor den Mund. Er sagt was er denkt, auch wenn man es nicht hören will. Trotzdem, der Mann ist brillant“ führte der Kerl weiter aus und stand nun mit einem Mal dicht hinter mir. Er griff nach meinem Zettel und ich wich vorsichtshalber zurück, da mir das etwas zu dicht war. Nicht, dass der Gestank des Geldes auf mich übergeht! Sowas kann ich riechen! Und Der da gehört ganz sicher dazu! „Ich beiße nicht, Subaru...“ sprach er leise mit Augenmerk auf die Liste und ich brummte: „Suzuki!“ „Shiroyama“ kam es von ihm zurück. Ein kurzer distanzierter Blickkontakt, dann drehte er sich weg und nahm meine Blätter mit. Gut. Liste weg. Feierabend! Ich holte meinen Krempel und machte mich vom Acker. Ayumi ist bestimmt schon bei mir, und sie und mein Hanf alleine in meinem Zimmer, das geht nicht lange gut. Schnellen Schrittes lief ich nach Hause und wie zu erwarten, saß Ayumi in Unterwäsche mit einem frisch gedrehten Joint auf meinem Bett. „Da bist du ja, Schatz!“ scherzte sie, denn für unsere Freunde waren wir fest zusammen; ein Liebespaar eben. Aber nur wir wussten, dass dafür unser beider Gefühle nicht ausreichen würden. Doch für Sex reicht's alle mal! „Komm doch rein, mach's dir gemütlich und bedien dich“ witzelte auch ich zur Begrüßung und stürzte mich auf sie. Ja, ich hatte Bock. Bock zu rauchen und berauscht zu vögeln. Ich wollte den Tag einfach vergessen und Ayumi ging es scheinbar ähnlich, deshalb ist sie ja auch hergekommen. Wir schlossen also das Fenster und den Vorhang und zogen ein zwei Spliffs durch, wurden davon ziemlich high und vögelten im verqualmten Ambiente was der Stoff herhielt. Eigentlich waren wir fast immer ganz oder teilweise berauscht, wenn wir Sex hatten. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass ich jemals nüchtern war. Einige Zeit später lagen wir in meinem Bett und rauchten erneut, allerdings eine ganz gewöhnliche Zigarette danach. Sie sah auf die Uhr, sprang plötzlich auf und begann sich anzuziehen. Ich fühlte mich davon aus der Ruhe gebracht und bemerkte also: „Wegen mir musst du nicht gehen.“ „Kann ja sein, aber dein Alter taucht um diese Zeit auf“ erklärte sie und ich berichtigte sie sogleich: „Manchmal tut er das, ja, aber meistens kommt er auch mal ein paar Tage nicht nach Hause. Und selbst wenn, der kann mich mal...“ „Er ist'n verdammter Wichser und ich will ihm einfach nicht noch mal begegnen...“ murrte sie und zog sich weiter an. Tja, dann sollte offensichtlich aus einer zweiten Runde wohl nichts werden... „Kommst du morgen Nachmittag zur Skaterhalle?“ fragte sie mich und ich lehnte wenig begeistert ab: „Ich hab morgen bis spät Schule...“ „Und Übermorgen?“ fragte sie weiter nach und auch da brummte ich: „Da muss ich doch wieder zu dem bescheuerten Kurs...“ „Man, wie lange musst du denn da hin?“ wollte sie wissen und ich murmelte: „Bis ende des Jahres, sofern nicht irgendein Wunder geschieht...“ „Warum bist du eigentlich nicht auf unserer Schule? Stattdessen bist du bei diesen reichen Pennern geblieben...“ moserte sie und ich versuchte es ihr zu erklären: „Du weißt doch, meine Schulakte... und der Vize-Direx hat mir heute erklärt, dass ein Schulwechsel mit meiner Akte nicht einfach so möglich ist.“ „Was bist du auch so ein Gangster?“ fragte sie mit fiesem Grinsen im Gesicht und ich runzelte die Stirn: „Du stehst doch auf Gangster, oder was machst du in meinem Bett?“ „Vielleicht...“ kam es geheimnisvoll tuend von ihr, als sie ihre Stiefel angezogen hatte und durch mein Fenster, welches sich direkt über dem Bett befindet, in den Abend hinaus verschwand. Recht entspannt lag ich anschließend noch in den Federn und betrachtete nachdenklich die Zimmerdecke. Mein Zimmer ist recht kompakt. Ich hab ein Bett, meinen Schrank und einen Klapptisch am Bett – das war's auch schon. Da ich meine paar Klamotten nicht in den Schrank legen kann, denn das Harz der Pflanzen geht wirklich schlecht aus den Sachen raus, lagere ich alles im Bettkasten. Mein Pflegevater schläft auf dem Sofa im Wohnzimmer, sofern er überhaupt da ist. Eine kleine Küche in der Ecke, eine enge Dusche und ein eben so enges Klo hatten wir hier noch, mehr gab es nicht für das klägliche Gehalt, welches er mal bekam und heute leben wir quasi von meinem Pflegegeld. Mag sein, dass ihn die Umstände deprimieren und dass er sich deshalb ständig volllaufen lässt, aber wenn er den Arsch nicht hoch kriegt und das ändert, dann ist der Sack eben selber schuld. Freunde kommen selten zu mir, wegen ihm... und auch Ayumi taucht nur wegen dem Schrank hier auf, ansonsten würde sie es vorziehen, mich bei ihr oder besser noch irgendwo anders zu treffen. Mein Pflegevater kommt nie in mein Zimmer; schafft er mit 3,8‰ aufm Kessel auch gar nicht. Wenn ihn die mords-gefährliche Stufe an der Wohnungstür nicht schon niederstreckt, dann dann der hinterlistige Läufer vorm Sofa. Wenn er Glück hat, dann landet er dabei weich auf den Polstern. Es kam aber auch schon öfter vor, dass ich ihn zur Tür hineinziehen musste, damit ich wenigstens zuschließen konnte – nicht, dass wir hier viel hatten, dass sich ein Raubüberfall gelohnt hätte. Bis auf meinen Schrank natürlich! Manchmal wünschte ich, ich könnte hier einfach weg und woanders ein neues Leben anfangen, doch würde ich keine Wohnung bekommen und man würde mich wer weiß wohin abschieben oder in ein Heim stecken, wenn ich mich bei meinem Pflegeamt beschwere. Dann hätte ich nicht mal mehr meine Freunde. Also blieb nur eines für mich übrig: ich muss durchhalten, die Schule schaffen und dann kann ich mir auch 'nen Job besorgen, von dem ich leben kann, ohne mich nachts vor die Clubs und Bars zu stellen und den Inhalt meines Schrankes zu verticken. Gerade als ich so vor mich hinträumte wie das Leben wohl in zwei drei Jahren aussehen würde, polterte es ziemlich laut im Wohnzimmer. Knurrend drückte ich meine Kippe aus und zog mir eine Unterhose an, trat hinaus und sah die Bescherung: da lag er, der dumme alte Sack... auf dem Boden... das selbe T-Shirt an wie letzte Woche und stank aus der Nähe auch wie drei Wochen alter Fisch, Qualm und vor allem Alkohol. „Na, warste wieder am Hafen bei Ken?“ fragte ich also gespielt interessiert, er grunzte irgendwie bestätigend. Ich hievte ihn auf den Rücken, als ich weiter fragte: „Und deine Homies, waren auch dabei?“ Wieder ein undefinierbares, aber vermutlich zustimmendes Geräusch kam von ihm, dann zerrte ich ihn hinüber zum Sofa, eh ich ihn darauf wuchtete und zischte dabei wütend: „Wie schön für dich, ich hab seit drei Tagen nichts zu Fressen aufm Tisch und du Wichser lässt dich nur voll laufen!“ „Du unnannnk... undankbarer... kleiner Scheiser...“ lallte er ziemlich und so ließ ich ihn mit einem letzten Ruck auf der Couch fallen. Der würde sich jetzt kein Stück mehr bewegen und so warf ich ihm eine Decke ins Gesicht und knurrte: „Schlaf deinen Rausch aus... dann kannste morgen Mittag sagen: Yay, ich bin nüchtern, dass muss ich gleich feiern gehen!“ „Missssratener Wicht ... kommmplett b'schissene Platzverschwennndung...!“ schimpfte er, aber derartige Beleidigungen sind bei uns Gang und Gebe. Ich schloss die Wohnungstür ab und machte das Licht aus, ging ins Bett und drehte mir noch einen Gute-Nacht Joint. Wenn ich... nein, wenn Er so weiter macht, hab ich meine Blümchen alle selber aufgeraucht, statt sie zu verkaufen... „Fuck... dieser Scheißkerl...“ fluchte ich leise vor mich hin und machte mir während des Qualmens Gedanken, was und wie viel ich für Essen ausgeben kann, wenn ich morgen nach der Schule einkaufen gehe. Das letzte Wochenende vor den Clubs war leider nicht so ergiebig wie sonst, weshalb ich für diese Woche auch nur wenig Geld zusammen bekam. Das nächste mal muss es unbedingt besser laufen... Meine Freunde wissen nichts davon, wie ich meine paar Kröten an Lebensunterhalt zusammen kriege. Ich habe nämlich keine Lust darauf, Derjenige zu sein, der von uns Allen die ärmste Sau ist. Die wissen nur, dass ich das Zeug zum Eigenbedarf anbaue, aber nicht, dass ich es auch verchecke. Zumindest wissen es nur ein paar wenige Eingeweihte, nicht alle. Das Leben kann einen schon mal regelrecht von allen Seiten ficken. Nicht, dass meine üblichen Probleme gereicht hätten, nein... Denn in der darauffolgenden Woche sollte dem ganzen ein äußerst prächtiges Sahnehäubchen aufgesetzt werden. Während die Darsteller von Romeo und Julia schon seit einiger Zeit auf der Bühne standen und ihre Texte laut übten, war ich zum Lasieren der Holzbauten eingeteilt worden. Zwei Stunden eierten die da schon an ein und der selben Stelle herum und diese Naomi wurde langsam richtig ungemütlich. Statt sich zu verbessern wurde sie eher schlechter und so spitzte sich die Situation ziemlich zu. Also warf ich meine bescheidene Meinung ein: „Ich finde, dass hat Null Feeling. Dabei dachte ich Julia vergöttert Romeo, aber das was du hier machst klingt eher wie 'ne kreischende rollige Katze.“ Naomi klappte die Kinnlade runter und der Rest der Versammlung schwieg. An der Stelle wünschte ich mir schon fast, nichts gesagt zu haben, doch erstaunlicherweise gab mir ausgerechnet Iwamoto recht: „Ich sag's nicht gern, aber Subaru hat recht. Vielleicht sollte du etwas mehr...Sehnsucht in ein wenig Zurückhaltung und Vorsicht packen.“ „Dann wirkt es womöglich auch eher so, als hätte Julia Romeo gerade erst kennen gelernt und nicht schon Monate lang hinterher gesabbert“ ergänzte ich und es geschah was kommen musste. Naomi knallte ihr Textbuch auf den Boden und fauchte mich an: „Was glaubst du wer du bist? Wenn du es soviel besser kannst, dann bitte!“ Sie trat zurück und ließ diesen Shiroyama ziemlich verdutzt stehen. „The stage is yours“ kommentierte Iwamoto die Situation nüchtern und wies mich an meine Version zum Besten zu geben. Für meine Begriffe herrschte für mich hier kein Druck, ich musste hier keine Tests bestehen oder würde dafür benotet werden, also konnte ich frei von der Seele weg den Text vortragen, den ich nach stundenlangen anhören nun selber auswendig konnte: „Oh Romeo, Romeo - Warum bist du Romeo? - Verleugne deinen Vater und entsage deinem Namen - oder wenn du das nicht willst, so schwöre mir nur ewige Liebe und ich will keine Capulet mehr sein.“ Schockiert sahen mich Alle an und sogar 'Romeo' reagierte mit fragendem Blick zu seinem Regisseur, als er mehr oder weniger mitspielte: „Soll ich länger zuhören, oder auf dieses antworten?“ „Nicht du, bloß dein Name ist mein Feind; du würdest du selbst sein, wenn du gleich kein Montague wärst - Was ist Montague? - Es ist weder Hand noch Fuß, weder Arm noch Gesicht, noch irgend ein andrer Teil. Was ist ein Name; das Ding das wir eine Rose nennen, würde unter jedem andern Namen eben so lieblich riechen“ trug ich weiter vor, auch wenn es langsam immer unheimlicher wurde, wie die Alle still waren und man nur mir zuhörte. Allerdings wurde ich unterbrochen indem Naomi vor Wut schnaubend davon lief. „Was soll denn dass jetzt?“ rief Iwamoto hinterher und sie keifte sauer zurück: „Fragen sie ihn das! Ich bin raus, und zwar komplett!“ Nachdem 'Julia' davon gerauscht war und der Regisseur ihr nach ist, meckerte dieser Shiroyama: „Super, Suzuki... ganz große Klasse... Das wird ein Akt, sie davon zu überzeugen, dass sie die Rolle nicht hinschmeißt!“ „Was kann ich denn dafür? Ich fand, dass sie es eh nicht drauf gehabt hätte. Ihr findet eine Bessere... ganz sicher“ entgegnete ich dem und strich meinen Balkon in aller Ruhe weiter. Unten auf der Bühne wurde es langsam immer unruhiger. Getuschel hier, Geflüster dort und weder von dieser talentfreien Ziege noch von Iwamoto war mehr etwas zu sehen. Mich sollte es hier oben jedenfalls nicht stören, ich hatte eine gute Aussicht auf das Getümmel und vor allem meine Ruhe, auch beim zweiten Anstrich. Kurz vor Feierabend trottete der Regisseur hängenden Kopfes wieder zu seiner Truppe und teilte ihnen die scheinbar vernichtende Nachricht mit: „Naomi ist wirklich richtig, richtig... richtig sauer... und ich fürchte, ich hab meinen Teil dazu beigetragen. Sie will definitiv nicht wieder zurück kommen. Also müssen wir aufgeben oder uns was richtig, richtig Geniales einfallen lassen – es muss ein Geniestreich sein! Das Mädchen umzustimmen halte ich allerdings für weniger realistisch, als dass wir unser Stück einfach ausschließlich mit Jungs besetzten.“ „Ähm... und wer soll nun ihrer Meinung nach Julia spielen?“ hakte einer der anderen komischen Vögel dort nach und als es mit einem mal so still war, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören, drehte ich mich mit ganz fiesem Gefühl im Magen um. Die gucken mich Alle an... Die denken doch nicht ernsthaft, dass ich...? „Auf gar keinen Fall!!“ lehnte ich, erhobenen Pinsels, konsequent ab und war schon fast erleichtert, als sich Iwamoto ein paar der anderen Jungs vornahm, ihnen Julia's Textbuch einem nach dem anderen gab und sie die ein oder andere Stelle vortragen ließ. Das dauerte natürlich wieder unendlich lange und zog sich hin. Mittlerweile wartete ich mit gepacktem Krempel unterm Arm darauf, dass endlich der Feierabend eingeläutet werden würde, doch man ließ sich heute extra viel Zeit. Was man unter diesen Umständen verstehen kann... Hier in meiner Ecke war ich etwas aus der Schusslinie und konnte trotzdem das ein oder andere Gespräch mithören, zum Beispiel als Shiroyama mit seinem Regisseur sprach: „Das ist nicht ihr Ernst oder..?“ „Was meinst du?“ hakte der Angesprochene unwissend tuend nach und so wurde ihm geantwortet: „Na... einen Jungen... als Julia... das... das geht doch nicht...“ „Doch natürlich. Beim Kabuki machen die das ja nur so. Und überleg mal, was wir für Aufmerksamkeit damit erregen, wenn die nationale Kultur-Presse davon erfährt!“ schwärmte Iwamoto schon fast von seiner Idee und Shiroyama brummte: „Und wenn der Schuss nach hinten los geht? Dann sind wir Alle restlos blamiert!“ „Dann müssen wir dafür sorgen, dass das ein Knaller der Extraklasse wird und kein Fiasko!“ bekräftigte er seine Entscheidung, bevor der Romeo-Darsteller seinen Text zum x-ten Mal vortrug. Als mein Blick erneutgenervt auf die Uhr fiel, geriet ich scheinbar wieder ins Visier des Regisseurs. Er gab mir Julia's Textbuch in die Hand und ließ mich eine weitere Stelle vortragen, nachdem ich sie einigermaßen verinnerlicht hatte. Wenn wir dann endlich eine Ende finden würden... dann eben Augen zu und durch: „Geh, geh du, und lass mich hier bleiben - Was ist hier? Ein Becher, in meines Geliebten Hand? - Gift, wie ich seh, ist sein unzeitiger Tod gewesen - Oh du Unfreundlicher, alles auszutrinken, und nicht einen freundschaftlichen Tropfen übrig zu lassen, der mir dir nach helfe! Ich will deine Lippen küssen; vielleicht hängt noch so viel Gift daran, als ich nötig habe - Deine Lippen sind noch warm.“ Kommentarlos erhob sich Iwamoto und ließ seine gesamte Schauspieler-Truppe antanzen. Ich war relativ beruhigt, denn ich hatte keine Ahnung wie Julia an dieser Stelle ihren Text sprach, also improvisierte ich einfach. „Es tut mir leid euch mitteilen zu müssen, dass Naomi uns nicht mehr länger als Julia zur Verfügung stehen wird“ erklärte er und ein Raunen war im Saal zu hören, eh er fortsetzte: „Aber ich habe mir vorhin ein paar Gedanken gemacht, wie wir die Sache retten und dazu noch eine einzigartige Show abliefern können. Akira Suzuki wird Julia spielen und wir werden es wie die Leute vom Kabuki-Theater machen: ausschließlich männliche Darsteller. Wir waren dieses Jahr ja eh schon rar gesät mit den Mädels, da kommt's wohl auf die Eine auch nicht mehr an.“ Ich registrierte erst gar nicht, dass er mich damit meinte. Schließlich gibt’s meinen Namen wie Sand am Meer und bisher hat er mich auch immer Subaru genannt, aber nachdem ich schon wieder von Allen angestarrt und mir langsam echt heiß wurde, schluckte ich nervös: „Wie jetz... ich?“ Als Iwamoto mich zu sich winkte, wurde mir klar, dass der das verdammt ernst meinte und so schüttelte ich völlig erschlagen mit dem Kopf: „Oh nein!“ „Oh doch!“ kam es von ihm und ich wiederholte noch einmal: „Oh nein!!“ „Ich finde, das ist nur fair. Naomi ist wegen dir weg und sofern du uns keinen Spitzenersatz liefern kannst, hast du den Hauptgewinn, mein Freund!“ erklärte er und ich verteidigte mich: „Niemals! Ich mach mich nicht zum Vollhorst!“ „Wieso denn Vollhorst?“ fragte mich einer der Umstehenden und ich hätte ihn am liebsten mit meinem Blick getötet. Das ist doch jetzt ein ganz fieser Traum und ich wache ganz bestimmt gleich auf! Erneut begann der Mann seine Entscheidung zu erläutern: „Ich hab mir alle zur Wahl Stehenden angesehen und dachte mir: Ach was soll's, Suzuki, du bist im Recall.“ „Was? Ich war schlecht! Ich war grottenschlecht!!“ fiepte ich panisch und dieser Spinner sagte doch tatsächlich: „Siehst du, und mit der Erkenntnis bist all den Anderen weit voraus. Die merken nämlich noch nicht mal, wenn sie's nicht drauf haben...“ „Aber.. ich kenne das Stück noch nicht mal!“ probierte ich es weiter und Iwamoto drehte mir einen peinlichen Strick draus: „Und das, obwohl du offenbar mit dem, der es geschrieben hat in die Kiste steigst.“ „Das war meine Freundin, verdammt... Und.. das ist 'ne Frauenrolle! Ich spiele keine Frauen! Ich hab überhaupt keine Ahnung von Frauen!“ ließ ich mit meinen Widersprüchen nicht locker, doch wer hätte gedacht, dass man bei diesem Mann so auf Granit beißt: „Vielleicht lernst du durch diese Rolle ja was über Frauen. Ich bin mir sicher, deine Freundin würde sich darüber freuen! Abgesehen davon bin ich mir sicher, dass deine schmalen Schultern sich super in 'nem ausladendem Kleid machen würden, Suzuki.“ Ich fass es nicht! Ich werd hier entmannt!! „Warum nehmen sie nicht einfach einen von Denen da? Die brennen doch förmlich darauf“ startete ich einen letzten Versuch meinem Schicksal zu entkommen und zeigte auf einen langen schmalen Typen. Iwamoto wandte sich zu diesem um und sagte: „Entschuldige, aber Ishiro hat die Persönlichkeit und den Charme eines Nacktmulls. Nichts für ungut, mein Junge...“ „Aber...“ wollte sich der Gemeinte offenbar gerade beschweren, als ich ungeachtet dessen auf den Nächsten in der Reihe zeigte: „Was ist mit Dem da?“ „Kesuke ist... er ist wirklich grottenschlecht...“ antwortete der Regisseur mir und auch dieser Kerl war scheinbar überrascht von dieser Aussage: „Hö?“ „Und Der da?“ versuchte ich es noch ein mal und Iwamoto antwortet schnell: „Und Der da ist erst 12!“ „14!“ rief dieser Typ schnell und ihm wurde gleich über den Mund gefahren: „Du siehst aber aus wie 10!“ Ein Albtraum! „Gib's auf, du bist der richtige Mann für diesen Job!“ bekräftigte Iwamoto noch einmal seine offensichtlich feststehende Meinung. „Ich will nach Hause... an meinen Schrank... und in mein Bett...“ knurrte ich und so klatschte dieser nervtötende Mensch von einem Regisseur einmal freudig in die Hände und rief: „Problem gelöst; Feierabend!“ Wo bin ich hier nur hingeraten? Ich und 'ne Frauenrolle... in 'nem Theaterstück... Ich hab keinen blassen Schimmer von dem ganzen Scheiß!! Was soll ich denn jetzt tun? Ich kann doch unmöglich da mit machen! Aber wenn ich es nicht tue... dann flieg ich raus... Und muss mit Hausmeister 'junges-zartes-Frischfleisch' Müll sammeln gehen! Was hab ich der Welt nur getan... Zum grandiosen Abschied an diesem Tag, drückte mir Iwamoto freudig strahlend Naomi's Textbuch in die Hand. Beim groben Durchblättern stellte ich fest, dass sie mit leuchtend pinkem Stift einige Markierungen darin vorgenommen hatte, sowie lauter dämliche Herzchen an bestimmten Stellen von und mit Romeo klebten. Toll... wirklich toll... Allein dieses Ding ist schon peinlich genug... „Sagen sie... werd ich da geschminkt?“ fragte ich mit in Falten gelegter Stirn nach und der Regisseur nickte eifrig: „Klar, Alle werden geschminkt. Immerhin soll es aufgezeichnet werden.“ „Wird man mich da sehen?“ hakte ich schockiert nach und Iwamoto erklärte: „Es gibt 'ne Menge Kunstkritiker, Schaulustiger und Perverse in dieser Stadt, also ja, ich denke schon. Aber mach dir da keinen Kopf, du bist nicht der erste Junge in Frauenkleidern und du wirst auch nicht der letzte sein.“ „Also das beruhigt mich ja ungemein...“ murmelte ich und offenbar dachte er, dass ich das ernst meinen würde, denn er klopfte mir wieder einmal auf die Schulter und verabschiedete sich im Gehen: „Das freut mich, also dann bis zum nächsten Mal!“ Ich hasse mein Leben... Mit den Nerven völlig am Ende schlürfte ich doch nicht nach Hause, sondern lief etwas weiter zu Ayumi. Ich brauchte jetzt jemanden, bei dem ich mich so richtig auskotzen könnte und der mich wieder aufmuntert. Unterwegs fing es zu allem Überfluss auch noch mächtig an zu schiffen und ich legte einen Zahn zu. Durchnässt kam ich bei meiner Freundin zu Hause an und sie ließ mich durch ihr Fenster hinein. Durch die Tür ging nicht, denn ihre Mutter hat was gegen Jungs, zumindest wenn diese ihrer Tochter an die Wäsche wollen könnten. Wenn die gute Frau nur wüsste, dass ihre Sorgen schon länger völlig um sonst sind... „Gott, du bist ja klatschnass... Was ist denn los, warum rufst du nicht vorher an?“ fragte Ayumi mich, als sie mir ein großes Handtuch umlegte, doch ich schwieg vorerst. Ich brauchte erst mal einen Moment zum Klarkommen und sie war zum Glück schon immer ein Mensch, der einen nicht gleich mit tausend Fragen löchert und auch auf alle sofort eine Antwort verlangt. Sie setzte sich mir gegenüber auf einen Stuhl, während ich auf dem Bett saß und leise sprach: „Ich halte das nicht mehr aus... Jetzt muss ich mich voll zum Deppen machen bei diesen Theater-Menschen...“ „Was sollst du denn machen, dass du hier so aufgelöst auftauchst? So kenn ich dich gar nicht...“ entgegnete sie mir und ich haderte mit mir, ihr das zu gestehen, aber ich war schon immer ein ehrlicher Mensch und so komisch es klingen mag, ich leide wenn ich lügen oder die Wahrheit verbergen muss. „Die Kurzfassung ist... die wollen Romeo und Julia aufführen... ich hab die Darstellerin für Julia in die Flucht geschlagen und nun rate wer die Rolle jetzt übernehmen muss...“ erzählte ich und Ayumi war gleichermaßen erstaunt, wie belustigt: „Neeeiiin! Die wollen sich dich ernsthaft antun?“ „Freut mich, wenn ich einen unermesslichen Teil zu deinem Amüsement beitragen darf, aber können wir uns darauf konzentrieren, dass ich da in Frauenkleidern rumspringen und irgend so eine verliebte Göre darstellen soll?“ moserte ich und fühlte mich etwas missverstanden, doch mein Gegenüber giggelte immer noch vor sich hin, eh sie antwortete: „Ehrlich gesagt, find ich die Idee gar nicht so dumm, wie du es offenbar tust.“ Fängt die auch noch an! „Boah, wenn du ein Mann wärst, dann würdest du mich verstehen...“ murmelte ich niedergeschlagen und Ayumi reichte mir ein Glas Wasser, während sie sagte: „Ich denke, wenn ich ein Mann wäre, dann würde ich nichts mehr mit jemandem zu tun haben wollen, der in Frauenkleidern rumspringt und eine verliebte Göre darstellen will!“ Erschrocken, mit welchem Ernst sie das sagte, starrte ich sie an und atmete erleichtert auf, als sie losprustete und sich nicht mehr ein kriegte. „Oh man, ihr Jungs denkt doch immer gleich, dass euch beim kleinsten bisschen Unmännlichkeit die Eier abfallen. Das ist so lächerlich!“ ergänzte sie und zerwühlte meine nassen Haare. „Willst du meine Sandwichs noch? Mutti hat's mal wieder zu gut gemeint...“ fragte sie mich und unter diesen Umständen, und weil mein Magen schon seit 'ner Weile knurrte, nickte ich und futterte gierig. „Fag ihr, daff die Dinger immer total geil fmecken!“ sprach ich mit randvollem Mund und verputzte Eines nach dem Anderen. Ich muss zugeben, ich ziere mich immer gern das Essen von Anderen anzunehmen, aber bei Ayumi und den Sandwichs ihrer Mutter konnte ich einfach noch nie widerstehen. Manchmal... wünschte ich mir auch eine Mutter, die für mich solche leckeren Dinge macht... „Kann ich bei dir pennen? Ich will nicht nach Hause...“ fragte ich Ayumi und sie überlegte einen Moment. Ich weiß ja, dass ihre Mutter alleinerziehend und ihre Tochter ihr Ein und Alles ist, und auch dass ihre Mutter nicht will, dass sie Jungs zu Besuch hat; erst recht nicht zum Übernachten, aber auf Zuhause hatte ich heute echt keinen Bock mehr. „Hmm... na gut... aber nur schlafen! Wenn Mutti dich stöhnen hört, dann schmeißt sie dich raus, egal wie wenig du an hast“ erklärte sie mit ernster Miene und ich nickte: „Ist Ok für mich.“ „Ehrlich?“ kam es noch nicht ganz überzeugt von ihr und ich konterte: „Na hör mal! Meistens fällst du doch über mich her und reißt mir die Klamotten weg!“ „Was schon recht merkwürdig ist, findest du nicht?“ fragte sie nachdenklich und ich zuckte mit den Schultern. „Ich bin eben merkwürdig, du auch... unsere Beziehung, oder was immer wir miteinander haben, ist merkwürdig, also was soll's?“ entgegnete ich dem, während ich mich bis auf die Unterhose entblätterte und nach hinten an die Wand rückte. Ayumi schien zufrieden mit meiner Antwort zu sein, sie löschte das Licht und zog sich im Dunkeln um. Weiber... „Ich seh mir deinen Saftladen mal an“ sprach sie einige Augenblicke später im finsteren Raum und ich hakte verwirrt nach: „Du willst mich im Theaterkurs besuchen?“ „Japp, ich will wissen mit was für Eierköpfen du da zu tun hast“ erklärte sie und ich wusste nicht so recht, ob ich das gut oder schlecht finden soll. Ayumi von ihrem Vorhaben abhalten zu wollen wäre eh aussichtslos... „Wie du meinst...“ nuschelte ich und schloss die Augen. Gerade als ich am Wegdösen war, drehte sie sich in einem schnellen Ruck zu mir um und sagte fast schon vorwurfsvoll: „Ich fass es nicht, ich liege hier halb-nackt rum und du machst tatsächlich nichts!“ „Hab ich doch gesagt... Denkst du etwa auch, dass wir Männer nur primitive Tiere sind?“ murmelte ich müde und bekam noch mit, wie sie sich anschmiegte, dann gab sie endlich Ruhe und ich konnte schlafen. ______________________________________________________________________ Jepp, ihr seht richtig, ich war dieses mal wirklich richtig schnell im Vergleich zu den letzten Kapiteln, aber vllt. merkt man ja auch wie viel Spaß ich bei diesem Reita-Kapitel hatte. Aoi und Reita gehen ja noch(!) recht friedfertig miteinander um, auch wenn man womöglich schon kleine Spannungen spüren könnte. Auf jeden Fall hat 'Subaru' sich diesmal wieder einen Knüller geleistet und unfreiwillig ein Eigentor geschossen. Hier war also ein erster Einblick in Reita's Leben und da die Meisten von uns wohl nicht zur gut betuchten Oberschicht gehören werden, werden sich wohl Viele eher mit Reita identifizieren können, wohingegen Aoi's Welt noch(!) etwas befremdlich wirkt. Aber man lernt ihn und sein Leben auch noch besser kennen und verstehen – sowie Reita später eben auch erst mal damit zurecht kommen muss. Ich hoffe euch gefällt meine neue Story bisher schon mal, denn mir persönlich tut sie gut. Als nächstes kommt wieder ein A-Kapi und wir erleben das erste Aufeinandertreffen der Zwei als Romeo und Julia und auch die ersten Zickereien der Beiden. Ich freue mich wie immer über Reviews, Favos und Empfehlungen und hoffe, dass sich noch mehr Leser für dieses etwas exotischeres Pärchen erwärmen kann. :) Kapitel 5: (A) Explosionsgefahr ------------------------------- Einige Tage waren nun vergangen, seit der – meines Erachtens nach völlig dämlichen Entscheidung, diesem Spinner Suzuki die Rolle der Julia aufs Auge zu drücken und ich könnte es drehen und wenden wie ich wollte, ich konnte das einfach nicht glauben und hinnehmen schon gar nicht. Immerhin bin ich der Gelackmeierte, der vorrangig mit diesem Freak arbeiten soll... Heute nach dem Unterricht war auf jeden Fall ein erstes Treffen mit Rollenbesprechung, Frage/ Antwort-Spielchen und Klärung bei Unstimmigkeiten. Und ich hatte definitiv eine Unstimmigkeit, die aus dem Weg geschafft werden musste! „Ich weiß echt nicht, was sie mit diesem Penner wollen... Der hält es ja offenbar nicht mal für nötig hier pünktlich aufzutauchen“ sprach ich unseren Regisseur an, als dieser aus seinem kleinen Büro trat und sich zu uns setzte. „Subaru ist unterwegs, ich hab ihn mit einer Spezialaufgabe betraut“ antwortete der Angesprochene und so seufzte ich genervt. Abgesehen davon, sah Iwamoto heute ziemlich ramponiert aus. Als hätte er letzte Nacht die Sau raus gelassen. Die große schwere Eingangstür der Aula knarzte einen Augenblick später und Suzuki trat herein. Unter seinem Arm klemmte vermutlich sein zusammengerolltes Textbuch, in seiner Hand eine wenig aufschlussreiche Papiertüte und in der anderen ein Becher. Die letzteren beiden Dinge drückte er Iwamoto in die Hände und ließ sich dann anschließend wortlos in einer Ecke auf einen Stuhl fallen. „Also Freunde... wir haben ein Problem“ begann unser Kursleiter und raufte sich dabei schuldbewusst die Haare. Alarmiert durch die erst kürzlich gemachten unschönen Erfahrungen horchte ich auf: „Was genau heißt 'wir' haben ein Problem?“ „Ok, ich habe eins, aber ihr Zwei hängt da wohl irgendwie mit drin...“ verbesserte er sich und zeigte auf mich und meinen Erzfeind hier, welcher ihm nun auch mit skeptischem Gesichtsausdruck etwas mehr Aufmerksamkeit entgegen brachte: „Ich bin ganz Ohr.“ Iwamoto räusperte sich und begann zu erklären: „Also.. ich habe da diesen wirklich sehr guten alten Kumpel...“ „Ja?“ kam es angespannt von mir und so trug er weiter vor: „Und der hat 'ne Menge Geld... viiiel Geld!“ „Jaa?“ entgegnete ich fast schon genervt von seinen künstlichen Unterbrechungen und so setzte er nach tiefem Durchatmen fort: „Uuund als ich gestern bei ihm war, Einen trinken.. habe wir uns drüber unterhalten, was man sich mit Geld kaufen kann.. und was nicht...“ „Kommen sie zum Punkt...“ brummte Suzuki aus seiner Ecke und Iwamoto eierte weiter um den heißen Brei rum: „Das Ding ist.. er sagte: Spiel, Spaß und Spannung kann man sich nicht kaufen...“ „Bringen sie ihm das nächste mal ein Überraschungsei mit. Das kann man kaufen“ erwiderte der Spinner aus seiner Ecke und unser Regisseur schüttelte mit dem Kopf: „Nicht die Art von Spiel, Spaß und Spannung, die er da im Sinn hat...“ „Welche dann? Was gibt's denn da noch?“ fragte nun jemand anderes aus unserer Gruppe und so langsam machte sich unter uns Allen eine gewisse Unruhe breit, weshalb Iwamoto nun brummte: „Ich erzähl ja schon...! Also ich sagte, er solle zu meiner Aufführung von Romeo und Julia kommen, dann sieht er etwas, was er zumindest nicht alltäglich kaufen kann.“ „Aha... und wo ist nun das Problem?“ murrte Suzuki hörbar genervt und der Gefragte hob die Hand, als er weiter sprach: „Lasst mich ausreden. Er sagte: ich, also wir Alle hier, würden dass Stück eh versauen. Nur mit pubertierenden Jungs, die ihre Hormone nicht im Griff haben, liegt einfach zu viel Testosteron in der Luft. Also sagte ich zu ihm: Ok, las uns drum wetten.“ Oh oh... Wetten im Suff sind 'ne ganz finstere Sache... „Und um was haben sie gewettet?“ hakte ich mit flauem Gefühl im Magen nach und noch immer druckste er herum: „Sagen wir so... dass das nur etwas Peinliches sein kann, was selbst meine Erwartungen übersteigen würde, das war mir relativ schnell klar. Aber ich fürchte, Jungs... Männer!..., wenn wir das Ding versieben, dann machen wir Beyoncé's Single Ladies auf der Geburtstagsfeier meines Kumpels. Sofern ihm nicht etwas noch Peinlicheres einfällt...“ Nun war die Katze aus dem Sack und ich völlig davon erschlagen: „Bitte?! Hab ich mich gerade verhört? Und was genau heißt 'wir' machen Beyoncé??“ „Das heißt, ich und meine zwei Hauptdarsteller werden ein wenig tanzen“ bestätigte Iwamoto meine Befürchtung und nun meldete sich auch Suzuki zu Wort: „Muss man wissen worum's hier geht?“ „Japp, solltest du – und sag nicht, dass du Beyoncé's Single Ladies nicht kennst?! Und all die vielen peinlichen Videos im Internet erst...“ sprach unser Mercutio-Darsteller wenig mitleidig und der blonde nervtötende Typ in seiner Ecke antwortete gelangweilt: „Nope... kein Plan.“ „Na dann pass mal auf“ sagte unser Kursleiter und kramte sein Handy hervor, tippte ein wenig darauf herum und zeigte ein Video auf YouTube. Alle standen wir im Kreis um ihn herum und zumindest ich traute meinen Augen kaum. Das darf doch alles nicht war sein... „Was zur Hölle?“ entwich es Suzuki entsetzt und ausnahmsweise musste ich ihm da vollkommen zustimmen: „Nein, nein, nein... definitiv nein! DAS ist nicht nur unter meiner Würde, das ist … da fehlen mir die Worte!“ „Das seh ich auch so!“ kam es von Suzuki, welcher sich wieder in seine Ecke zurück begab. „Schön, dass es auch Momente gibt, in denen ihr euch einig seid. Aber es ist zu spät, ihr hängt da schon mittendrin!“ „Heißt das, wenn wir Romeo und Julia verhauen, dann müssen wir... dasda machen?“ hakte Suzuki ungläubig nach und Iwamoto nickte: „Richtig, und mal ehrlich Jungs.. ich bin zu alt für diesen Scheiß, also lasst uns einfach eine großartige Nummer abliefern, eh wir hiermit zur Lachnummer werden.“ „Ich brauch einen Schnaps...“ krächzte ich resigniert und setzte mich außerhalb der Menge auf einen Stuhl. Ich musste mir Luft zum Atmen verschaffen und Suzuki schien es ganz ähnlich zu gehen: „Ich nehm auch einen Schnaps... und 'nen Spliff...“ „Nun bleibt mal geschmeidig, immerhin wärt ihr nur meine Backround-Tänzerinnen...“ wollte unser Regisseur das Ganze wohl etwas entschärfen, doch ich murrte sarkastisch: „Na Gott sei dank... ich muss nicht in diesem schrulligen Paillettenteil auftreten...“ „Naja, die Mädels haben Badeanzüge mit Ärmeln oder sowas an, ich denke nicht, dass das an euch irgendwie besser aussieht als die schrulligen Pailletten...“ konnte sich der Benvolio-Darsteller seinen Kommentar nicht verkneifen und so lehnte ich mich zurück, schloss die Augen und versuchte das alles erst mal zu verarbeiten. Ein Albtraum... „Oh Shit, wenn das meine Frau sieht... die reißt mir den Ehering vom Finger...“ nuschelte Iwamoto, als das Video ein zweites Mal abspielte. „Aaach ich glaube eher, sie kreischt ihnen aus der ersten Reihe zu und steckt ihnen Geldscheine in die knallenge Hose“ vernahm ich mit einem mal Naomi's Stimme völlig unerwartet und sah mich nach ihr um. „Du hast ja keine Ahnung was sie das letzte mal über meine gewagte Inneneinrichtung gesagt hat...“ murmelte der Gemeinte zu unserem Neuankömmling und so teilte sie uns auch gleich den Grund ihrer Anwesenheit mit: „Ich hab hier noch ein paar Sachen von mir rumliegen, die wollte ich nur schnell holen.“ Damit verschwand sie um die Ecke und ich fragte, nicht wirklich mit einer positiven Antwort rechnend: „Und wenn wir die Wette einfach canclen?“ „Nun, dann entgeht uns eine Reise für vier Personen nach Verona, die mein Kumpel springen lassen würde, im Falle eines Erfolgs“ rückte Iwamoto erst jetzt mit dem anderen Teil der Wette raus und so hörte man Suzuki wieder mal mutmaßen: „Lassen sie mich zusammenfassen: Sie haben eine Wette angenommen - ohne unser Einverständnis und wir sollen das nun richten? Und wenn wir Erfolg haben, landen unsere Ärsche nicht in Pailletten auf den Titelblättern der Klatschpresse, sondern im Flieger nach Spanien?? „Italien..!“ zischte ich ihm verbessernd zu, doch er zuckte nur mit den Schultern: „Was auch immer...“ „Exakt. Ich denke das ist noch ein zusätzlicher Anreiz dafür, dass wir uns hier rein knien“ bekräftigte unser Kursleiter, holte nun aus der ihm mitgebrachten Papiertüte in seinen Händen eine Schachtel Aspirin hervor und spülte gleich drei von den Tabletten mit dem Kaffee hinunter, während er zurück in sein Büro ging und der Rest unseres Teams sich dieses verflixte Video zum wiederholten Male ansah und scheinbar noch mehr solcher Fundstücke ans Licht brachten. „Die spinnen doch, die Amerikaner... und dabei sagt man doch immer über unser Volk, dass wir nicht richtig ticken“ vernahm ich von dem Einen und Naomi kommentierte auf ihrem Rückweg ebenfalls: „Aber der Typ da, in dem Video, hat schon einen süßen Arsch... und der Hüftschwung erst...“ Die Blicke der Umstehenden richteten sich auf sie. „Was glotzt ihr so? Ich sag doch nur wie's ist.. Ihr alle seid solche Movement-Krüppel, wenn ihr das nur halb so gut hinkriegen könntet wie die Leute in dem Video da, dann wäre das schon schon viel wert“ entgegnete sie dem in ihrer bekannt liebenswerten Art, eh sie zu mir kam und mir völlig unverhofft ein Küsschen auf die Wange drückte. Im Gehen rief sie an mich gewandt: „Ich ruf dich heute Abend an!“ Seufzend kehrte auch Iwamoto wieder zu uns und forderte sein Handy zurück, als einer der Jüngeren zu ihm sagte: „Da werden sie aber lange für brauchen, bis sie den Hüftschwung so drauf haben.“ „Nu werd mal nicht frech, außerdem werden wir es gar nicht erst dazu kommen lassen!“ verkündete er, setzte sich wieder zu uns und sprach fest entschlossen: „Dann würde ich sagen, lassen wir's krachen, eh wir die Nächsten sind, die mit 1 Million Klicks so auf Youtube zu sehen sind.“ „Vielleicht wäre das ja ihr großer Durchbruch im Showbiz und sie werden doch noch reich und berühmt, so wie sie's immer wollten. Dann liest man ihnen jeden Wunsch von den Augen ab“ wurde ihm belustigt zu denken gegeben und ich musste bei der Vorstellung innerlich schmunzeln – allerdings nur ein bisschen, denn dummerweise häng ich ja in dieser Misere mit drin. „Wohl eher von den Augenringen...“ kommentierte Suzuki die ramponierte Erscheinung Iwamotos heute, und wirkte dabei ebenfalls nicht sonderlich begeistert. Er legte sein mit Herzchen beklebtes Textbuch auf den Tisch vor sich damit die eigentliche Besprechung endlich anfangen konnte. Einige Fragen konnten zum Glück schnell geklärt werden, doch manches ließ sich wohl nicht auf die Schnelle lösen. So zum Beispiel, wann genau die Erstaufführung stattfinden soll und wie viele Aufführungen es eigentlich insgesamt geben soll. Zwar konnte uns Iwamoto eine ungefähr-Antwort geben, jedoch nichts Detailiertes. Nur soviel, dass er diesmal etwas plane, was uns auch einen gewissen Ertrag einbringen soll. Quasi ein erstes richtiges Gehalt, auch wenn das wohl keine Unsummen werden. Für jemanden wie mich wären das so oder so nur Peanuts und deshalb würde ich von vornherein eine Bezahlung ablehnen oder spenden. Aber alles zu seiner Zeit, erst mal muss das Stück funktionieren und das seh ich im Moment noch in weiter Ferne... Kurz vorm Ende unserer Besprechung zückte unser Regisseur noch einen Zettel und wedelte damit herum. „Hört mal Leute: morgen ist hier eine kleine Pressekonferenz. Nichts Großes, nur ein paar Journalisten und ein Fernsehteam von 'nem Lokalsender. Ihr müsst nichts weiter machen, nur anwesend sein und in die Kamera lächeln, ihr kennt das ja schon. Uhrzeit steht hier drauf, notiert euch das! Wer nicht pünktlich da ist, dem reiß ich persönlich den Arsch bis zu den Ohren auf!“ verkündete Iwamoto und Suzuki fiel förmlich das Gesicht runter: „Hö, Fernsehen?!“ „Ja, das kriegt ihr schon hin“ antwortete er ihm, heftete das betreffende Blatt an die Pinnwand und blätterte weiter in seinen restlichen Zetteln: „Ach ja: nächste Woche sollen schon einige Kostüme fertig sein, aber Subaru muss noch mal vermessen werden. Naomi's Maße können ja nicht auf dich übertragen werden und gerade mit dem Korsett muss man aufpassen.“ „Korsett??“ kam es scheinbar völlig überrascht vom Gemeinten, welcher sogar vor Schreck aufhörte mit dem Stuhl zu kippeln. „Ja, deine Rolle ist weiblich und lebt im 16. Jahrhundert, ergo brauchst du ein Kleid mit Korsett, entsprechende Schuhe und eine Perücke. Deshalb wirst du dich gleich hiernach zum Schneiderei-Club begeben und deinen Elfenarsch ausmessen lassen“ erläuterte unser Regisseur und es machte nun den Anschein, als würde diesem Suzuki jetzt erst so richtig klar werden, was auf ihn zukommt. Irgendwie kann er einem ja schon fast leid tun. Aber nur fast! Der nächste Tag nahte mit großen Schritten und tatsächlich waren alle Darsteller komplett in einer Reihe versammelt hinter der Bühne und warteten auf den großen Auftritt, während Iwamoto uns in seiner Nervosität alle der Größe nach sortierte und unsere Schuluniformen zurecht zupfte. Selbstverständlich stand ich neben dem blondierten Trottel, denn Dummerweise schienen wir gleich groß zu sein. Normalerweise hätte ich mit Naomi hier oben stehen müssen und alles wäre sehr viel einfacher. Genau darauf hatte sie mich gestern Abend in unserem Telefonat noch mal deutlich hingewiesen und wahrscheinlich hatte sie auch vollkommen recht damit, was die Anwesenheit dieses Penners direkt neben mir noch unerträglicher machte. Während nun dem Direktor unserer Schule – der eigentlich so rein gar nichts mit unserer AG zu tun hat – noch ein paar Fragen von der Presse gestellt wurden, sollte sich das gesamte Ensemble hübsch in Reih' und Glied, lächelnd auf der Bühne aufstellen. Als ich die ganzen Leute da draußen fotografieren sah und die Typen mit den Kameras herum schoben, wurde mir schon ziemlich mulmig. Wir hatten zwar bisher auch mal die ein oder andere kleine Reportage in irgendwelchen kleineren Printmedien bekommen, aber so richtig mit Fernsehen... das verschärfte die Situation noch ein mal und ich zischte: „Super... wundervoll... phänomenal..“ „Alter, was brabbelst du da?“ brummte Suzuki neben mir zurück und ich knurrte: „Ich zähle Worte auf, die dein Talent dafür zum Ausdruck bringen, wie du uns Alle hier in den Schlamassel geritten hast...“ „Was willst du eigentlich jetzt von mir?“ kam es gedämpft zurück und ich fauchte: „Deinetwegen ist Naomi weg und deinetwegen wird das alles ein Desaster!“ „Wenn du sie so sehr vermisst, dann geh und hol sie wieder zurück! Du tust uns Allen nur einen Gefallen damit.“ vernahm ich es angesäuert von der Seite und ich entgegnete dem mindestens genauso aufgebracht: „Dank dir hat sich das aber für die nächsten drei Erdzeitalter erledigt!“ „Du kannst mich mal! Wer muss denn das Kleid anziehen...?“ wurde Suzuki schon etwas lauter und ich schimpfte: „Blödmann!“ „Arschgeige!“ fluchte er zurück und da nun schon Einige zu uns sahen, mischte sich Iwamoto möglichst unauffällig ein: „Männer, reißt euch mal zusammen! Wie sieht das denn aus? Ihr könnt euch nachher Nettigkeiten an den Kopf werfen oder von mir aus prügeln, aber nicht ins Gesicht und nicht jetzt vor laufenden Kameras!“ Das würde mit Sicherheit eine Schlagzeile geben... 'Romeo' schlägt 'Julia' nieder... Macht sich aber bestimmt nicht gut, wenn man ernsthaft in Betracht zieht später mal Schauspieler zu werden. Da außerdem noch ziemlich viele schaulustige Mitschüler aller Stufen anwesend waren, wusste nun auch bald die halbe Schule von unserem Vorhaben. Dem Himmel sei dank hatte Iwamoto aus der genauen Besetzung vorerst ein Geheimnis gemacht, sodass noch niemand Außenstehendes wusste, wer von uns welche Rolle spielen würde. Aber irgendwas wird uns früher oder später einfallen müssen, denn so wie es ist kann's nicht bleiben! Mit so einem Vollpfosten wie Suzuki kann ich auf keinen Fall die nächsten Wochen oder besser gesagt Monate arbeiten. . . . Vorerst bleib uns aber Allen keine Wahl, als die Sache mit eisernem Willen durchzuziehen. Meine ersten Proben verliefen allerdings ganz gut, was meine Nerven bezüglich der sonderbaren Umstände etwas beruhigte. Scheinbar gaben sich Alle viel Mühe, die Tatsache, dass hier nur Jungs waren, unter den Teppich zu kehren und wirklich brisant war ja auch nur das Verhältnis zwischen Romeo und Julia. Wir waren gerade dabei den Ablauf der Feier bei welcher sich die Beiden zum ersten Mal sehen würden, genauer durchzugehen und zu üben. Schließlich mussten hier einige unserer Darsteller Statistenrollen übernehmen, um die Größe des Festes zum Ausdruck zu bringen. Hier wäre zu Anfang zwar noch keine allzu intime Szene, aber Iwamoto war darauf bedacht, dass Romeo und Julia tanzen und das möglichst ästhetisch und harmonisch. „Kannst du tanzen Yuu?“ fragte er mich also und ich antwortete ihm: „Klar kann ich tanzen; Naomi und ich waren vor 2 Jahren in der Tanzschule.“ „Ichwaraufnertanzschule...bla bla..“ äffte dieser Suzuki mich nuschelnd nach und meckerte dann weiter: „Scheiße, Shiroyama, gibt es eigentlich irgendwas was du nicht kannst?“ „Ja, ganz offensichtlich komme ich nicht mit dir klar! Was hast du eigentlich für ein ein Problem mit mir?“ moserte ich zurück, denn seit unserer verbalen Auseinandersetzung als die Presse hier war, flogen dauernd die Fetzen zwischen uns, sodass ich mehrfach nach draußen frische Luft schnappen gehen musste, um nicht noch, wider meiner Natur, handgreiflich zu werden. „Ich hab kein Problem, du kannst und weißt immer alles besser und das kotzt mich an!“ führte er weiter aus und knurrte angepisst: „Na wenn das alles ist...“ „Nein, der Gestank von verdammt viel Zaster hängt dir nach!“ motzte der Spinner weiter und so konterte ich dem genervt: „Bist du irgendwie neidisch oder so?“ denn ich konnte es noch nie ausstehen, wenn mich Leute nach meinen Lebensverhältnissen beurteilen. „Wütend bin ich, aber du und Deinesgleichen, ihr wisst überhaupt nicht zu schätzen was ihr habt.“ „Das kann ja gut sein, dass das auf Viele zutrifft, Suzuki, aber ich persönlich kann weder was dafür, noch möchte ich mit diesen Leuten über einen Kamm geschert werden. Außerdem tun mir die Menschen mit Geldnot leid.“ „Und das soll ich dir glauben?“ fauchte er aufgebracht und so richtig wusste ich nicht, weshalb gerade er mich wegen dem Geld meiner Eltern so angeht. Schließlich prahl ich nicht damit. „Ach, glaub doch was du willst...“ zischte ich reichlich verärgert über diesen Penner und ging ein weiteres Mal nach draußen. „Jaa, hau mal wieder ab!“ rief er mir nach doch ich wollte einfach nur ganz schnell die große schwere Tür hinter mir zu wummern lassen, eh ich umdrehe und ihm doch noch eine rein drücke. Dieses Mal musste ich ein paar Minuten länger draußen bleiben, da meine Wut sich nicht so schnell abbaute wie erhofft. Zudem fragte ich mich, wieso gerade dieser kleine blonde Scheißer mich so über die Maßen aufregte. Nicht einmal Naomi hatte das bisher geschafft und ich hatte immer mehr Zweifel daran, dass wir noch mal auf einen grünen Zweig kommen würden. Halbwegs beruhigt ging ich für die letzte zwei Stunden doch noch mal zurück, obwohl ich drauf und dran war, die Kurve zu kratzen. Drinnen angekommen war Iwamotos erster Kommentar: „Könnt ihr Zicken euch vielleicht zusammenreißen, wenn wir proben wollen?“ Widerwillig ließ ich mich mit Suzuki in eine mir viel zu nahe Tanzposition schieben und auch meinem Gegenüber schien das wenig Spaß zu machen. „Jungs! Bitte!“ ermahnte man uns und so fasste ich Augenrollen nach einer von Suzukis Händen und umgriff seine Hüfte. Mein Tanzpartner in spe tat es mir gleich und wurde sofort von Regisseur korrigiert, indem seine Hand auf meiner Schulter platziert wurde. Die Musik begann und Iwamoto sprach: „Lass dich einfach von Yuu führen, Subaru.“ Schon bei den ersten Schritten blieb er einfach stehen und ich prahlte an seine Vorderseite: „Verdammt, ey!“ „Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn ich diese Guppyfresse vor mir hab!“ rechtfertigte er seinen Aussetzer und so hatte er mich gleich wieder auf 180: „Bitte? Guppyfresse? Ich zeig dir gleich mal was passiert, wenn der Guppy mit dir fertig ist, du Papagaienfischfresse!“ „Wenn ihr dann fertig seid euch lustige Tiernamen zu geben, würde ich gern weiter machen... Subaru hast du irgendwann in deinem Leben schon mal getanzt?“ „Nein, wozu auch“ antwortete der Gefragte und wieder einmal konnte ich nur genervt mit den Augen rollen. „Was kannst du eigentlich...“ brummte Iwamoto leise, doch hatte er noch ein Ass im Ärmel: „Ishiro! Bring dem Mann tanzen bei, auf dass er elfengleich übers Parkett schwebt bis zur Aufführung!“ Heldenhaft schritt der Angesprochene zur Tat und zerrte den Ursprung allen Übels in eine ruhigere Ecke um ihm die Grundlagen näher zu bringen. Das lernt der nie... Erleichtert setzte ich mich soweit weg wie es nur ging von den Beiden und lauschte dem Tun der Anderen. Unser Regisseur schnappte sich indes Kesuke; dieser war etwas rundlicher gebaut und nicht allzu groß, weshalb er Julia's Amme verkörpern durfte und war, zu unser aller Verwunderung, schon fast richtig scharf auf diese Rolle. Da er aber nur begrenzte Auftritte inne hat, wurde er zum persönlichen Foto-Assistenten auserkoren und bekam von Iwamoto eine Kamera in die Hand gedrückt. Er sollte schon mal ein paar Bilder von den Anfängen machen, weil wir nebenher sowas wie eine Inside-Story zum Programmheft machen wollte. Kesuke ging auch hierbei völlig auf und knipste was das Zeug hielt. Etwas später erkundigte sich unser großer Meister nach dem Stand der Dinge und hob eine kleine bunte Schachtel auf, klapperte damit und wandte sich an seinen Fotografen: „Du hast doch einen Film eingelegt oder?“ „Ich dachte, das ist ein Digitalkamera“ wurde ihm geantwortet so klatschte Iwamotos Hand an seine Stirn: „Junge, das is'n Erbstück, aus 'ner Zeit wo Kameras noch Filme hatten und Menschen noch Hirne!“ „Ups“ mehr hatte der Gemeinte nicht entgegen zu bringen, als ihm die bunte Schachtel mit dem Film darin an die Brust gedrückt wurde. Der kleine Kerl sorgte schon früher immer mal wieder unfreiwillig für Lacher und so erhellte sich auch meine Stimmung wieder etwas, nach diesem Schauspiel. Noch mehr, als ich vernahm, wie auch unser Tanzpärchen so seine Verständigungsprobleme zu haben schien. Gott sei dank war nun aber der Feierabend nahe, ich wollte echt nur noch nach Hause und den ganzen nervenaufreibenden Scheiß vergessen. Im Pool planschen und vielleicht ein wenig gärtnern, mehr stand heute nicht mehr auf meinem Plan. Immerhin würde ich die Meisten meiner Schauspielkollegen hier auch in diversen Unterrichtskursen sehen, so auch Suzuki, und da braucht man eben auch mal Abstand von Allem. . . . Leider gestalteten sich die nächsten Proben genauso... holprig. Um es nett zu formulieren... Die ersten Kostüme wurden auch schon schneller als gedacht eingereicht, auch wenn es sich nur um die Hosen der männlichen Rollen handelte. Allerdings musste mir die Farbe irgendwie entgangen sein, als ich mir die Entwürfe damals angesehen hatte. „Haben wir das so bestellt?“ fragte ich also in die Runde und irgendwie sah der Rest genauso sprachlos aus. „Und wie gefallen sie euch?“ wurden wir nun vom Regisseur gefragt und wie erwartet kamen nur verhalten begeisterte Äußerungen; meist in Form eines 'Mhmm..' Der Erste, der es fertig brachte einen vollständigen Satz und dazu noch geradeheraus unverblümt abzusondern war, zu meiner Überraschung, Suzuki: „Ja, aber mal ehrlich, Braun ist ja wohl eine total beschissene Farbe...“ „Im wahrsten Sinne des Wortes..“ gab ich ihm mehr oder weniger Recht, doch Iwamoto schien überrascht, als er sagte: „Ich wusste ja nicht, dass ich hier zwei Modekritikerinnen im Team hab... Aber wenn ihr Zwei euch ausnahmsweise mal einig seid, dann werde ich diese Dinger hier noch mal Überarbeiten lassen. Nicht, dass Subaru sich um braune Hosen überhaupt Gedanken machen müsste, für ihn wurde ein Traum in weiß und silber kreiert!“ stichelte er weiter und auch ich musste schmunzeln, als ich mir diesen blonden Spinner in einem 'Traum aus weiß und silber' vorstellte. He hehe! „Apropooos!“ war erneut die Stimme Iwamotos zu hören, als dieser kurz verschwunden war und einen Moment später mit einigen eher unscheinbaren Kleidern wieder kam: „Freunde, ich hab hier was für euch; zumindest für die weiblichen Rollen. Die Amme, Julia..., ihre Mutter und die von unserem Romeo. Die müssen nicht perfekt passen oder gut aussehen, es geht mir darum, dass ihr lernt euch nicht mit den bodenlangen Roben vor versammelter Mannschaft aufs Gesicht zu packen beim Laufen – vor allem Kesuke, unser Tollpatsch vom Dienst! Entsprechende Schuhe folgen, sofern wir überhaupt welche in euren Größen finden...“ „Also, ich wusste, dass das peinlich werden würde und ich hab mich so langsam zwangsweise mit dem Gedanken abgefunden hier im Kleid rumzurennen, aber bitte... bitte sagen Sie nicht, dass wir hier in Highheels oder ähnlichem rumstöckeln müssen!“ kam es bestürzt von Suzuki und natürlich horchten nun auch die anderen Jungs mit weiblichen Charakteren auf: „Ney, oder?!“ Oh man... dann lieber doch nur braune Hosen! . . . Alles in allem verliefen unsere Probennachmittage auch weiterhin mehr als nur schleppend, was wohl nicht zuletzt an uns, den Hauptdarstellern lag. Ja, ich möchte diesem Suzuki nicht die ganze Schuld an diesem Dilemma zuschieben, aber doch den größten Teil. Normalerweise schaffte es nicht mal Naomi mich in einer Tour so dermaßen zu reizen, wie dieser Penner und ich konnte mir bisher nicht Ansatzweise erklären wie er das schaffte. Ehrlich, sobald ich nur an ihn denke, könnte ich die Wände hochgehen! Und ihm schien es genauso zu gehen, aber ich finde nicht, dass ausgerechnet ich an seiner Lage Schuld bin und will somit auch nicht sein Sündenbock sein! Die brodelnde Luft um uns schien mittlerweile nach zwei weiteren Wochen auch die Anderen tierisch zu nerven und zu allem Überfluss fehlte heute Ishiro, welcher diesem Suzuki bisher Tanzunterricht gab. Somit musste ich ran und wir alle wussten, dass das ein Seiltanz über Kiloweise Sprengstoff sein würde. Er sah einfach total affig aus in diesem Kleid und da es Iwamoto tatsächlich schaffte Absatzschuhe in Suzukis Größe aufzutreiben stand der nun einen halben Kopf höher als ich und in einem diesmal hellblauen Kleid vor mir. Das erste ging natürlich relativ schnell kaputt, weil er ein paar mal drauf getreten ist,... dieser Trottel... Wieder einmal wurden wir von Iwamoto zusammengeschoben und so blickte ich in ein zur Faust geballtes Gesicht, welches ein paar Zentimeter über mir auf mich herab sah. Das war so lächerlich, ich musste einfach lachen, aber ich wurde sogleich von unserem Meister-Regisseur gerügt, doch bitte professionell zu sein. Mein Gegenüber ließ sich zuweilen nicht zu irgendeinem bissigen Kommentar hinreißen und funkelte mich stattdessen nur drohend an. Eine gefühlte Ewigkeit fummelte Kesuke, der als einzige weibliche Rolle nicht bei dem Fest tanzen musste, am alten Rekorder herum und so kam es, das wir übrigen Tanzpaare den Auftakt abwarteten. Ich fühlte mich unbehaglich Suzuki so lange wort- und bewegungslos vor mir stehen zu haben. Noch mehr wollte ich dieser Situation entfliehen, als ich einen sehr angenehmen Geruch wahrnahm. Sollte dieser Kotzbrocken etwa gut riechen können? Niemals, das musste das Kleid sein, oder so! Diese Sache beschäftigte mich kurzzeitig so sehr, dass ich den Einsatz verpasste und mich das angepisste Knurren meines Gegenübers wieder aus den Gedanken riss. „Unser Albtraumpaar mal wieder...“ hörte ich Iwamoto resigniert brummen und er bat darum erneut die Musik zu starten, eh er auf sein kleines Büro zusteuerte und beim Gehen rief: „Aber diesmal pennt hier keiner!“ Die ersten Klänge ertönten und gerade wollte ich den ersten Schritt tun, als wieder mal etwas hakte und zu meiner Schmach war diesmal auch ich dran Schuld. „Du stehst auf meinem Kleid, du Wichser!“ brach es nun aus Suzuki ungehalten heraus und so fauchte ich wütend – vermutlich mehr darüber, dass mich diese Duftsache so aus dem Takt brachte, als dass der mich schon wieder anmotzte – ebenso verärgert zurück: „Sag mal, kommen Worte wie Anstand und Benehmen in deinem Sprachgebrauch überhaupt vor?“ Der Gemeinte zuckte nur gleichgültig mit den Schultern und verschränkte die Arme. „Also mir reicht's jetzt, ich gehe..! Macht euren Mist alleine; den da tu ich mir heute nicht mehr an!“ knurrte ich und war gerade dabei den Proberaum verlassen zu wollen, als dieser Idiot mir zu rief: „Das scheiß Kleid ist jetzt auch hin, du hättest nur ma aufpassen müssen wo du hintrittst, Guppyfresse!“ „Leck mich! Das Kleid ist nicht mal eines von denen, die du tragen wirst!“ „Ach echt?“ kam es provozierend von ihm und so ließ ich mich zum ersten mal in meinem Leben auf ein Niveau herab, auf welches ich sonst nie sinken würde. „Nee, denn das wird viel opulenter, mit viel schwuckigem Schnick Schnack, genauso wie du es auch zu Hause gern trägst, wa! Und das hier ist nur, damit du Vogel lernst wie man als Frau in 'nem Kleid und mit diesen Schuhen läuft, ohne sich auf die Fresse zu legen!“ Ich konnte gar nicht so schnell gucken wieder dieser Typ mich am Kragen packte und bedrohlich zischte: „Erstens bist du drauf getrampelt und zweitens, nenn mich nie wieder schwuckig!“ Schnell faste ich an seine Handgelenke und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, während ich schon etwas lauter wurde: „Ich sagte, das Kleid ist schwuckig...!“ „Ich zeig dir gleich-...“ hörte ich diesen Sack noch knurren, als wir schon mitten in einer handfesten Rangelei steckten und Iwamoto uns unterbrach: „Was ist den hier los?! Sagt mal Freunde, habt ihr noch alle Tassen im Schrank? Also echt, manchmal glaube ich bei euch Zweien, dass ich im Kindergarten bin!“ Mit einem kraftvollen Ruck befreite ich mich aus seinem Würgegriff und besann mich auf meine eigentlich ganz gute Erziehung. Ich fass es nicht wozu mich dieser Schwachmat getrieben hat! So was ist mir überhaupt noch nie passiert! Suzuki jedenfalls schnaubte noch immer vor Wut und machte dieser nun auch ordentlich Luft, indem er erneut auf mich losging und weil ich damit nicht gerechnet hatte, verlor ich das Gleichgewicht und segelte zu Boden, während er mich an keifte: „Ich hab weder Tassen, noch 'nen Schrank dafür! Warum? Weil wir keinen Platz und kein Geld für so was haben! Und warum? Wegen so reichen Wichsern wie dem da, die meinen, die Allergrößten zu sein!“ Nun war er es, der hinter die Bühne und dann auf und davon stürmte. Ich habe nicht den blassesten Schimmer warum das scheiß Geld nun wieder im Spiel war. Iwamoto sah unserer 'Julia' hinterher und half mir wieder auf die Beine, bevor er mir einen teils fragenden und teils verärgerten Blick zu warf. Jetzt war ich derjenige der mit den Schultern zuckte und sagte: „Ich weiß ehrlich gesagt nicht mal wo das Personal die Tassen aufbewahrt.“ Zum einen, wusste ich nicht was ich sonst hätte dazu noch sagen sollen und zum anderen, regte mich mein eigener Satz zum Nachdenken an. Irgendwie ist ja was dran an der Sache, dass vermögende Leute ihren Reichtum nicht zu schätzen wissen. Ich meine, ich hab es bisher immer als gegeben hingenommen, aber wenn ich mir vorstelle gar nichts zu haben, dann bin ich schon froh, dass es so ist wies ist. Der Leiter unseres Kurses klatschte sich die Zeitung an Kopf und brüllte: „Schluss – aus... Vorbei für heute...! Und beim nächsten mal kriegt ihr bitte eure aufkeimende Pubertät in den griff, wir üben doch hier nicht für den Fight Club!“ Damit löste sich unsere Gruppe auf und selbstverständlich hörte man hier und da Getuschel, was mir meinen Ausbruch noch ein paar mal peinlich vor Augen führte. Iwamoto ordnete mir an, ihm in sein Büro zu folgen, damit er mir die Leviten lesen konnte: „Ich wollte eigentlich nur mal 'ne Pause machen, mein 17 Uhr Ei legen und dann sollte es locker flockig weiter gehen, aber das hier ist inakzeptabel! Das geht so nicht weiter, ihr müsst einen Weg finden wie ihr mit einander auskommt.“ Resigniert ließ ich mich auf einen Hocker fallen und seufzte: „Und wie? Feenstaub?“ Eigentlich ist mit Feenstaub Koks gemeint, aber bei jenem von unserem Meister-Regisseur handelte es sich lediglich um eine legale pulvrige Substanz, die er aus kleingehackter roter und weißer Tafelkreide gebastelt hat. Vor einigen Jahren hatte er mal Peter Pan als Bühnenstück aufgeführt, in dem es eine Fee gibt und seitdem benutzte er bei kniffeligen oder verfahrenen Situationen immer wieder diesen Kreidestaub, um die Wogen zu glätten. Aus irgendwelchen wissenschaftlich nicht nachvollziehbaren Gründen funktionierte es, auch wenn er nur selten dazu greift. Ich fand es lächerlich, bis ich mich selbst davon überzeugen konnte, dass es irgendwie zu wirken schien. Wahrscheinlich ein Placebo-Effekt, aber der Chemie zwischen mir und Naomi damals, kurz bevor wir das erste mal gemeinsam auf der Bühne standen, tat es offensichtlich gut. „Ja, warum nicht? Aber mal Spaß beiseite. Wir müssen das dringend in die Reihe kriegen. Ich verlasse mich da auf dich! Und ich würde sogar in der ganzen Schule die Kreide klauen, wenn es denn hilft“ verdeutlichte er noch einmal und holte sein Tütchen rosafarbenen Staub aus dem Schrank. „Nichts gegen ihre Märchen, aber das wird nicht funktionieren. Irgendwie... ich weiß nicht... Das ist wie mit zwei Magneten, wenn man gleiche Pole hat und je mehr man sie zusammendrücken will, umso mehr stoßen sie sich ab“ versuchte ich nachdenklich die Situation aus meiner Sicht zu erklären, doch Iwamoto winkte sogleich ab: „Paperlapapp! Ihr seid keine Magnete, sondern Menschen und da kommt's öfter vor, dass sich zwei gleich Gepolte anziehen. Versteh mich nicht falsch, das muss ja nicht gleich sexueller Natur sein. Ihr sollt einfach ein paar Grundlagen oder Gemeinsamkeiten finden, damit ihr euch nicht ständig an die Gurgel springt, denn so wird das nichts! Und glaub mir, wir alle wollen nicht noch Beyoncé einüben müssen, wenn wir das Ding versauen.“ „Also daran sind aber Sie schuld, nicht wir“ brummte ich wenig zuversichtlich diesem Schicksal entkommen zu können. „Ja doch ja, aber wenn wir das doch noch gebacken kriegen, dann lassen wir uns in Italien die Pizzen und den Wein schmecken!“ kam es motivierend von Iwamoto, aber so richtig glaubte ich noch nicht daran reelle Chancen zu haben. „Pass auf, du gehst zu ihm und lädst ihn irgendwo hin ein; Kino, Museum... von mir aus in die Kneipe, wenn du ihn nur dazu kriegst die Sache ernst zu nehmen und mit dir zusammen zu arbeiten“ begann er und ich wollte ihn protestierend unterbrechen: „Aber...-“ doch setzte er seine Rede einfach ungehindert fort, ohne mich zu Wort kommen zu lassen: „Das gleiche gilt natürlich auch für dich, du musst ihn als deine Partnerin akzeptieren und damit umgehen können.“ „Aber ich … wieso muss ich ihn eigentlich fragen?“ probierte ich es erneut mich heraus zu winden und so erklärte er mir: „Weil du Derjenige mit dem nötigen Kleingeld bist und ein außerdem ein ausgeglichener, angenehmer und eigentlich ganz umgänglicher Typ bist – normalerweise!“ „Aber...“ ein weiter Versuch von mir, welcher auch umgehend abgeschmettert wurde: „Nichts, aber! Das wird gemacht! Ich kann und will meine Besetzung nicht wieder umbelegen! Und wenn der Junge die Sache hier endlich ernst nehmen würde, dann wäre er einfach sensationell! Ein Rohdiamant! Quasi ein Stück Kohle und wenn man die nur richtig presst, was meinst du wie er funkelt, wenn wir mit ihm fertig sind!“ Ganz offensichtlich hatte auch Iwamoto am Kreidestaub geschnüffelt, sonst würde er nicht so fantasieren... „Also, sag mir .. nein versprich(!) mir, dass du das hinbekommen wirst!“ wandte er sich mit Nachdruck wieder an mich und ich fragte, eher rhetorisch: „Zweifeln sie etwa meine Kompetenz an?“ „Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen! Dass dieses Stück nur aus männlichen Personen bestehen wird, ist bereits eingereicht, wenn ich jetzt einen Rückzieher mache... wie steh ich denn dann da?“ redete er weiter auf mich ein und so erhob ich mich von meinem Hocker, als ich sagte: „Ja doch, ich bin so gut wie unterwegs und nehme mir etwas von ihrem Feenstaub mit...“ „Gut so, vielleicht erwischt du ihn ja noch“ wurde ich angefeuert, doch ich war relativ zuversichtlich: „Keine Sorge, mit Highheels kommt er nicht weit und wenn er doch rennt, dann bricht der sicher einen Absatz ab.“ „Ach ja die Geschichte... richte ihm bitte als kleines Entgegenkommen aus, dass ich von den hohen Schuhen absehe. Es sieht ziemlich dämlich aus, wenn Julia 'nen halben Kopf größer als Romeo ist.“ „Dass mir das nicht aufgefallen ist...“ witzelte ich und Iwamoto machte verscheuchende Handbewegungen: „Denk an deine Mission, Junge!“ Suzuki war natürlich über alle Berge, als ich ihn suchte. Er musste einen Umweg über die andere Seite des Korridors raus aus der Garderobe gemacht haben, denn sein ganzer Kram lag nun hier verstreut; die verhassten Schuhe wurden in die Ecke gekickt und das Kleid lieblos auf den Boden geknüllt, doch von ihm fehlte jede Spur. Da ich auch nicht so sonderlich scharf drauf war, mit dem Typen heute erneut aneinander zu rasseln, wenn der eh schon vor Wut kocht, verschob ich die Frage nach einem 'Date' lieber auf den nächsten Tag. ________________________________________________________________ Ich melde mich mal wieder aus der Versenkung zurück, es war mal wieder sehr viel zutun, z.B. hab ich endlich meine erste eigene Küche usw. Und ja, ich weiß, das Kapitel hier war noch nicht allzu spannend, aber ich wollte gerne den Weg vom Anfang beschreiben, wie diese Zwei aus einer neutralen Ausgangsposition heraus sich immer mehr in etwas verrennen und Wut und Aggressivität mit dem verwechseln, was eigentlich wirklich zwischen ihnen passiert ohne, dass sie es mitkriegen (wollen). Bis die vielen Funken irgendwann ein Feuer entfachen – sozusagen. Und in vielen Storys ist es meist auch nur einer von Beiden, der sich ziert. Hier werden es gleich zwei Trottel sein. Ich wollte eben nicht einfach schreiben: ja, da sind A und R die können sich nicht leiden und dann lass ich sie 2 Kapitel später zusammen in die Kiste hüpfen. Das fand ich nicht sehr ansprechend, und vllt. kennt der ein oder andere von euch auch diese oder eine ähnliche Situation. Mir ging es zumindest so, dass damals auf meiner Schule ein Typ war, voll der brutale Macho. Brutal weil er ständig ne Prügelei hatte und Macho weil er meinte jede überstylte Tussi angraben zu müssen. Der hat mich ständig dumm gemacht und mich beschimpft usw. und dann Jahre später nach der Schulzeit stellte sich heraus, dass er eigentlich auf mich steht, es nur nicht zugeben wollte. Hat er mir dann gestanden und da das absolut nicht auf Gegenseitigkeit beruhte, konnte ich das echt nur müde belächeln. Er nahm's mir dann auch nicht übel, dass er bei mir verschissen hatte. Wie auch immer. Falls unter meinen Lesern noch ein paar Schüler sind, die auch so einen speziellen Fall kennen: die Chance ist recht hoch, dass ihr aus solch einem Grund unter diesem Idioten zu leiden habt. Joar.. wie wärs mal wieder mit ner Vorschau? Im nächsten Kapi wird wieder Reita Wortführer sein und wir erleben mit, wie er von Aoi um dieses Date gebeten wird. Dass sie das nur unter Alkoholeinfluss überstehen sollte klar sein. Außerdem werden die beiden auch demnächst die Welt des jeweils anderen kennen lernen, was natürlich ein reichlicher Schock für beide Seiten ist. Sie nähern sich langsam aber sicher etwas an – natürlich erstmal wieder im neutralem Bereich. Für die Zukunft lässt sich vllt. eines schon mal sagen, sie werden nicht das liebevolle Pärchen schlechthin sein. Bei diesen Beiden wird ab und an eine Prügelei oder leidenschaftliche Rangelei schon fast zum Vorspiel gehören, wenn man so sagen will, aber bis es mal soweit ist haben Beide einen steinigen Weg vor sich, das alles zu erkennen und zu akzeptieren. p.s.: an alle Violence-Leser - Sry wenn ich mit dem Sad-End den ein oder anderen doch enttäuscht habe... Kapitel 6: (R) Das krasseste Date aller Zeiten ---------------------------------------------- „Ahhh, das muss dann wohl William sein!“ begrüßte dieser Spinner Iwamoto mich und meine heutige Begleiterin schon gleich von weitem. Ayumi wollte diesmal dabei sein, weil sie sich zum einen nicht entgehen lassen wollte, wie ich im Kleid den Wiener Walzer tanze und zum anderen wollte sie die ganzen Freaks hier mal aus der Nähe in Augenschein nehmen. In schnellen Schritten eilte er auf uns zu und veranlasste meine beste Freundin dazu erstarrt stehen zu bleiben, als er ihre Hand in die Seinen nahm und hastig schüttelte: „Ich fühle mich über die Maßen geehrt, ein solch literarisches Genie wie sie persönlich kennen lernen zu dürfen! Es ist mir eine unermessliche Ehre!“ Unermesslich irritiert schaute sie mich nun an, während sich dieser Clown tief vor ihr verbeugte. Mit einem kreisenden Finger nahe meiner Schläfe gab ich ihr zu verstehen, dass dieses Exemplar das wohl abgedrehteste im ganzen verdammten Laden hier sein dürfte. „Ganz meinerseits“ nuschelte Ayumi verstört von ihrem ersten Eindruck und wich einen Schritt zurück, als er sie wieder losließ und ohne ein weiteres Wort dahin entschwand, von wo er herkam. „Hab ich dir zu viel versprochen?“ fragte ich sie im Flüsterton und sie antwortete matt: „Nee, der da war ja komplett irre...“ „Das ist ihr Anführer!“ bestätigte ich verschwörerisch, eh ich besagten 'Anführer' rufen hörte: „Subaru?! Ishiro hat sich die Gräten gebrochen, er kann dir nicht weiter Tanzunterricht geben. Ich hoffe nur, dass er bis zur Premiere wieder fit ist... Also wenn William kein begnadeter Tänzer ist, dann wirst du ab jetzt mit Yuu übers Parkett schweben! Ohne Mord und Totschlag!“ Mir fiel buchstäblich das Gesicht runter... Ich hätte direkt kotzen können! Das macht der doch nur um mich auf die Palme zu bringen! Naja was soll's, früher oder später wär's sowieso dazu gekommen... „Was für ein William eigentlich?“ wollte sie nun von mir wissen und ich antwortete knapp: „Shakespeare...“ Auf ihr noch immer fragendes Gesicht winkte ich eiligst ab: „Lange Geschichte und völlig unspektakulär...!“ Sie nickte, nicht wirklich zufrieden mit dieser Antwort und hakte – nach meiner offensichtlich deutlichen Reaktion von Ablehnung nach Iwamotos Ansage eben – weiter nach: „Und wer ist dieser Yuu? Sag nicht, dass das der Typ ist, der deinen Romeo spielt?“ fragte sie mich und ich stellte gleich mal klar: „Das ist nicht 'mein' Romeo! Aber ja, das ist der Typ.“ „Welcher ist es denn?“ wollte sie nun wissen, doch leider – oder zum Glück – hatte ich ihn bisher nicht erspäht. „Seh den nicht; muss man auch nicht sehen“ brummte ich, denn mir reichte es eigentlich schon, dass der mich gestern und vorhin in unseren gemeinsamen Chemie- und Englisch-Kursen nicht aus den Augen zu lassen schien. Der stierte mich an, als hätte ich seinen Lieblingshamster mit dem Staubsauger weg gesaugt... Blöder kleiner reicher Sch-... „Ok, die mögen hier ja vielleicht alle bekloppt sein, aber... der ist heiß“ ließ sie mal eben nebenbei fallen und ich folgte ihrem Blick. Da stand mit einem Mal ein Typ, Oberkörper frei, neben diesem Iwamoto und ließ sich wohl gerade von einem Mädel die breite seiner Schultern ausmessen. Ich fragte mich unweigerlich wer auf einmal dieser Kerl mit der verrückten Frisur da drüben war. Doch wurde ich herb zurück in die Realität zurück katapultiert, als dieser die Perücke abnahm, sich in meine Richtung drehte und ich erkannte wen ich nun meinerseits regelrecht angestarrt hatte. „Boah ney ey...!“ fluchte ich laut; lauter als beabsichtigt und knurrte genervt: „Der da.. das ist er...“ Auch Shiroyama schien mich jetzt gesehen zu haben und verdrehte die Augen, schnappte sich sein T-Shirt und folgte dem Mädchen mit dem Maßband. Der Regisseur baute sich vor seinem Trupp eifriger Möchtegerns auf und begann etwas bekannt zu geben: „So, Freunde! Ätänschn plies! Ich muss eben meine Schwägerin aus dem Krankenhaus abholen, mein Bruder steckt im Stau. Ihr könnt ja derweil schon mal anfangen und ich verlasse mich auf euren Menschenverstand, dass ihr in meiner Abwesenheit nicht alles kurz und klein schlagt. Vor allem aber meine zwei Spezies hier nicht!“ Mann kann an dieser Stelle sagen was man will, der Tag war schon wieder prädestiniert dafür einem so richtig auf die Eier zu gehen. Ich würde den Teufel tun und mich hier beteiligen! Blöderweise hatte Ayumi nicht vor lange zu bleiben, weshalb sie sich ziemlich bald aus dem Staub machte – jetzt, wo sie weder nackte Spinner sehen kann, noch wie ich mit ihnen tanze. Selbstredend wäre ich gerne mit gegangen und hätte mich lieber mit den Jungs an der Skateboard-Rampe getroffen. Doch leider saß ich unter den Wachsamen Augen des Schulleiters aka Sauron fest, welcher von seinem Büro aus genauestens verfolgen kann, wer seine Schule wann und mit wem betritt und wieder verlässt. Weshalb ich mir hier irgendwie die Zeit vertreiben musste. Wer hätte denn ahnen können, dass ausgerechnet dann, wenn wir nichts miteinander zu tun hätten haben müssen, dieser Shiroyama das Gespräch sucht: „Hast du 'nen Augenblick Zeit?“ Ich antwortete nicht wirklich, aber hier am Bühnenrand, wo ich saß und mit meinem Steinzeit-Handy Snake spielte, war ja um mich herum genug Platz, um sich ungefragt daneben zu stellen und mir auf den Sack zu gehen. „Iwamoto will, dass wir unseren Kleinkrieg beilegen und anfangen professionell miteinander umzugehen. Darum sollten wir mal irgendwas unternehmen oder irgendwo hingehen, wo es ruhiger ist“ rasselte er seinen Text runter und ich konnte noch nicht wirklich einordnen, ob er das auch von sich aus wollen würde oder nur weil der Befehl von oben kam. Weshalb ich dann doch den ersten Schock über sein offensichtlich ernst gemeintes Anliegen freien Lauf ließ: „Ey Alter, fragst du mich gerade ernsthaft, ob ich mit dir ausgehe?“ „Genaugenommen war das keine Frage...“ nuschelte er und hockte sich dabei zu mir nach unten. Da er leicht seitlich hinter mir stand, konnte ich nun an ihm vorbei, auch die anderen Theater-Deppen sehen, wie diese ausnahmslos zu uns hinübersahen. Die mussten meine Äußerung eben mitbekommen haben... Eine Totenstille herrschte, als würden Alle warten was ich darauf sagen würde, doch diese Blicke lösten eine gewisse Unruhe in mir aus und so murmelte ich: „Die starren uns Alle an...“ Shiroyamas Augenmerk wanderte ebenfalls hinter sich, eh er sich wieder zu mir wandte und leise sprach: „Ich weiß, deshalb wär's besser du sagst einfach zu und wir vergessen diesen Umstand und diese peinliche Unterhaltung.“ Er klopfte mir fast schon kumpelhaft auf die Schulter und wartete dann aber keine Antwort ab. Schnell sammelte ich meine Männlichkeit wieder ein und fauchte den Trupp hinter mir an: „Was gibts'n da zu glotzen!?“ Und schon widmete sich jeder wieder seinem Tun und ich meinem Snake-Spiel. 'Game over' prangte auf dem kleinen Display und so knurrte ich genervt, denn ich war gerade dabei meinen eigenen Highscore zu knacken. Ich startete ein neues Spiel und merkte dabei kaum wie meine Gedanken noch einmal zu dem eben Erlebten abdrifteten. Soll ich da jetzt zusagen? Was bleibt mir denn anderes übrig... … Game over. Shit, schon wieder! Fuck! Grrrrhh dieser verdammte... Penner! Während ich also Für und Wider abwägte, ob es das wert sein würde, steckte ich mein Handy wieder weg und erhob mich, funkelte den neugierigen Haufen an, welcher sich noch immer mittig auf der Bühne tummelte und mir nun ausnahmslos nachsah, als ich nach hinten in die Umkleide verschwand. Dort saß Shiroyama mit einem Buch in der Hand. „Du liest?“ war das einzige was mir einfiel, als ich mich vor ihm aufbaute, um meine mittlerweile getroffene Entscheidung mitzuteilen. Der Angesprochene erhob langsam seinen Blick und sprach: „Ja... ich versuche Shakespeares Werk zu lesen“ „Du versuchst?“ hakte ich nach und abermals schaute er hinauf zu mir, als er antwortete: „Ja, weißt du, es fällt mir schwer mich auf den Text zu konzentrieren, wenn mich jemand von der Seite voll sülzt...“ Eigentlich wollte ich dezent wieder aus der Haut fahren, jedoch würde das die Situation nicht besser machen. Denn, und dessen war ich mir nun auch bewusst, erstens: würde die Show hier sterben, dann wäre das nicht nur untragbar für mein Ego, irgendwo zu versagen – und sei es nur so'n Haufen Grütze wieder dieser – sondern, wäre da auch noch die Sache mit dem peinlichen Tanz und der Reise, die ich wohl sonst nie erleben würde. Abgesehen natürlich davon, dass ich ohne Erfolg aus'm Kurs fliege und ohne Kurs aus der Schule. Weshalb ich also nur ein zerknirschtes 'hm..' von mir gab. Was tut man nicht alles... Abermals wanderte Shiroyamas Augenmerk nach oben zu mir und er schmunzelte: „Schon klar, Lesen ist nicht so dein Ding und Bücher kennst du nur vom Hören/Sagen.“ So ganz falsch lag er damit zwar nicht, denn solche Schinken wie die von diesem Shakespeare find ich echt ätzend, aber ein Buch über optimalen Hanfanbau, das kann man sich ja nirgendwo ausleihen... oder klauen. Also probierte ich es jetzt auch ein weiteres mal mit ruhig bleiben und sagte: „Nee, ich liebe Bücher! Bücher sind wie... Wortfilme!“ Wortfilme..?! Ehrlich? Alter, ReiRei... der letzte Joint gestern Abend war eindeutig zu viel des Guten... Doch, um mal wieder zu dem zu kommen, weshalb ich überhaupt erst herkam, lehnte ich mich maskulin über den Tisch – unter den skeptischen Blicken Shiroyamas und sagte, was ich zu sagen hatte: „Ok, ich bin dabei... bei diesem... Date... oder was immer das ist. Aber ich sag es gleich, ich hab keine Kohle um irgendeinen Scheiß zu machen, den... ihr reichen Typen... so eben macht!“ „Ich weiß. Und deshalb lade ich dich ein, wo immer du hin willst“ entgegnete er mir und er machte mich fast schon etwas sprach los. Doch eh mir dazu hätte was einfallen können, tönte die liebliche Stimme Iwomotos nebenan schon wieder durch den Saal und rief Alle zu sich. Dabei hatte ich mich schon gefreut, dass heute vielleicht doch einmal früher Schluss wäre, aber nein... „Männer, ich hab hier die Namensliste, dort trägt bitte jeder seinen Namen ein, seine Rolle die er spielt und unterschreibt im jeweils letzten Kästchen“ wies er an und da ich dummerweise direkt neben ihm stand, drückte er mir als erster das Blatt in die Hand und einen Kugelschreiber: „Du kannst doch schreiben, oder Subaru? Wenn nicht, mach einfach ein Kreuz.“ Ich warf ihm einen schweigsamen 'fick dich doch'-Blick zu und nahm den Zettel ruppig entgegen. Dann ist es also so gut wie amtlich. Ich – Julia... Und kein Entrinnen... Während die Liste im Anschluss von mir weiter gereicht wurde und durch die Reihe wanderte, verkündete der un-glorreiche Regisseur, dass es da weiter gehen sollte, wo wir das letzte mal aufgehört hatten. Da wir aber nur noch begrenzt Zeit hatten, verzichtete Iwamoto darauf, dass wir Jungs mit weiblichen Rollen, uns erst noch in Kleidchen werfen sollen und ließ es sich deshalb im Gegenzug auch nicht nehmen, mich gleich noch ein wenig zu ärgern: „Wie sieht's aus Subaru, hast du das mit dem Walzer jetzt einigermaßen drauf?“ „Nope“ kam es emotionslos von mir und so seufzte er: „Was kannst du eigentlich...“ „Irgendwelche Qualitäten muss ich ja haben, sonst wäre ich wohl kaum hier oder?“ brummte ich und warf einen finsteren Blick dorthin, wo sich die Namensliste von eben befand. „Nun.. sagen wir, da war ein Engpass und du warst und bist der einzige Ausweg“ erklärte Iwamoto und kratze sich dabei am Hinterkopf. Ich verdrehte genervt die Augen und knurrte etwas leiser in seine Richtung: „Und natürlich, weil ich so schön erpressbar bin, ne?“ „Möglich. Einigen wir uns drauf, dass wir Beide keine andere Wahl hatten“ hörte ich es eben so gedämpft von ihm, bevor er sich in die Mitte der Bühne stellte und mir zuwinkte: „Dann komm mal her zu mir.“ Skeptisch ging ich dem Oberspinner entgegen, welcher mich ohne mit der Wimper zu zucken und ohne jegliche Vorwarnung in eine Tanzposition manövrierte. Er verbesserte noch meine Haltung und begann mir irgendwelche Schritte erklären zu wollen, ich sah ratlos drein und blieb wie angewurzelt stehen, als er mich führen wollte. Murrend schnappte sich Iwamoto einen Anderen aus dem Team, gab Zeichen für das Einspielen der Musik und sein auserkorenes Opfer tanzte wie auf Kommando mit ihm. Harmonisch und geübt sah es aus. Als würden die das den ganzen lieben langen Tag tun... Kurz fragte ich mich ein weiteres Mal, wo ich hier nur hingeraten bin und versuchte dann doch die Schrittfolge durch Zusehen zu verinnerlichen. „Eins, zwei, drei, vier und eins, zwei, drei, vier und ...“ so hörte man es die ganze Zeit von diesem Verschnitt eines Regisseurs, eh er Finger-schnippender Weise Shiroyama zu mir beorderte und dieser auch sofort spurte. „Yuu wird jetzt dein Tanzpartner bleiben und dir alles Weitere zeigen. Und wehe, ich muss hier zerfetzte Eingeweide vom Boden kratzen, weil ihr euch nicht zusammenreißen könnt!“ drohte er noch einmal, eh er sein eigenes Tanz-Opfer los ließ und auffordernd in die Hände klatschte. Scheiß Tanzerei.. Das ist was für Weichlappen und Mädchen... „Muss das denn sein? Kann Julia nicht einfach in der Ecke stehen und lässig mit dem Fuß wippen?“ probierte ich es noch einmal doch noch drumherum zu kommen, doch Iwamoto war da eisern: „Das ist Julias Ball, sie wird garantiert nicht in der Ecke, sondern im Mittelpunkt stehen!“ Widerwillig trat ich auf Shiroyama zu und ließ mich von diesem auch noch anfassen. Erneut wurde mir die Schrittfolge gezeigt und schon ging's los. Nur auf der Stelle und ohne viel drehen und herumwirbeln, doch es lief. Sogar erstaunlich gut. Es war auch nicht so, dass ich mir die Schrittfolge nicht merken konnte, aber irgendwie kam ich immer aus dem Takt und dass Shiroyama mir ständig zuflüsterte, nicht nach unten zu sehen, machte es nicht besser. Zum einen fühle ich mich völlig verunsichert, wenn ich nicht auf meine Füße schaue und zum anderen hätte ich in das Gesicht meines Gegenübers sehen müssen. Wie der das hinkriegt möchte ich wissen... Das sieht so leicht aus bei ihm... Bei Allen. Naja, fast Allen... Ich war zwar nicht der Einzige, der das nicht drauf hatte, doch bei mir schien es wohl am wichtigsten zu sein, es auch wirklich zu können. Dennoch, ich wollte hier ein Mann und keine Memme sein und wenn man(n) schon mal kostenlosen Tanzunterricht bekommt, dann sollte man das in meiner Position auch nutzen. Auch wenn es mir widerstrebte Anweisungen ausgerechnet von Shiroyama anzunehmen, so musste ich wohl oder übel da durch. Je schneller ich das drauf haben würde, desto eher können wir die Tänzelei ruhen lassen und auf Dinge konzentrieren, die mir eher liegen. Wie wir hier so nach und nach kleinere Erfolge feststellten, bemerkte ich wie... ja, wie soll ich es sagen... es lief geschmeidig. Durch diese Feststellung fiel mir auch erst auf, dass meine Finger sich die ganze Zeit über in die Schulter meines Gegenübers gebohrt hatten und meine andere Hand die Seine förmlich zerquetschte. Erschrocken darüber ließ ich abrupt los und blieb stehen: „Fuck, sorry!“ „Nicht schlimm, ich halte was aus“ antwortete mir Shiroyama und wusste offenbar genau, dass ich meinen 'festen Griff' meinte. Da wir von Iwamoto sogleich misstrauisch beobachtet wurden, zog ich es vor ohne Umschweife weiter zu machen und flüsterte nach einigen Schritten: „Die Sache mit... mit dem Date... oder was immer das werden soll...“ begann ich, brach jedoch unsicher noch einmal ab. „Ja?“ hakte mein Tanzpartner nach und so sprach ich: „Gut, wenn's sein muss, bin ich dabei. Du zahlst - du suchst aus. Will ja nicht schuld sein, wenn meine Wahl dir nicht schick genug ist.“ „Wie du willst“ hörte ich es wieder ungewohnt dicht vor mir. Ich kann mir nicht helfen, aber diese Nähe... Mit diesem Typen... Irgendwie dachte ich, ich würde es abartiger finden... Das verwirrt mich... Zwar war mein Kopf auch jetzt gerade gesenkt, doch war er dies, weil ich nachdenken musste und nicht um meine Füße im Blick zu haben. Plötzlich tauchte eine völlig fremde Hand vor meinem Gesicht auf und hob meinen Kopf an. Erst hatte ich gedacht es wäre Shiroyama gewesen, doch dessen Hand spürte ich noch an meiner Hüfte, also blickte ich zur Seite und schaute in Iwamotos nervtötende Visage, als dieser sagte: „Nicht nach unten sehen!“ Er ging weg und so blickte ich versehentlich in das Gesicht des vor mir Stehenden und er lächelte. Nicht fies oder so, einfach ein Lächeln. Kurz, und irgendwie verwirrend. „Weiter“ hörte ich es vor mir und eh das ganze noch merkwürdigere Ausmaße annehmen würde, tat ich eben das und machte einfach weiter. „Hast du gleich im Anschluss Zeit oder wann passt es dir besser?“ wollte Shiroyama nun von mir wissen und ich vernahm im Augenwinkel, dass er dabei an mir vorbei sah und die Anderen beobachtete, ob jemand womöglich uns beobachten würde. Ich dachte gar nicht weiter darüber nach und sagte spontan zu, als wäre es das normalste der Welt. Was zum Henker geht hier gerade ab? Ich fühlte mich ferngesteuert. Warum sonst hätte ich diesem schwachsinnigen Date... Treffen(!)... zugesagt. Naja, passiert ist passiert. Nun musste ich gezwungenermaßen die Eier haben und das Ding durchziehen. „Passt schon“ antwortete ich also knapp und hörte auch die erlösenden Worte Iwamotos: „Schluss! Abflug!“ „Na endlich, man...“ brummte ich und wollte mich entfernen, doch Shiroyama hielt mich auf: „Moment! Ich warte draußen, zwei Straßen weiter beim Imbiss auf dich. Es muss ja keiner sehen wie wir zusammen hier raus gehen.“ Ein Nicken meinerseits, dann wollte ich eigentlich diesen Saftladen verlassen, als ich mich fragte, wieso Er auf mich warten will, wenn ich doch eigentlich jetzt sofort gehen werde. Doch meine Überlegung dauerte nicht lange, als ich Iwamoto rufen hörte: „Subaru? Komm noch mal in mein Büro!“ Genervt knurrend kam ich dieser liebreizenden Bitte nach und latschte lustlos in sein chaotisches Kabuff, dass er Büro nannte. Als ich die Tür aufmachte wurde ich mit einer Wolke aus irgendeinem rosa Staub empfangen. „Was zum..?!“ „Reine Vorsichtsmaßnahme“ erwiderte der Übeltäter und wies an mich zu setzen. Angepisst klopfte ich mir diesen Staub aus den Klamotten und setzte mich. Vor mir lag nun genauso ein ätzender Schinken von Buch, wie es Shiroyama vorhin gelesen hatte. Ich fasste es nicht an, sondern schaute fragend zu dem Spinner. „Hast du Romeo und Julia eigentlich überhaupt schon mal gelesen oder davon gehört, bevor du hier her kamst?“ „Noja...“ begann ich und Iwamoto rieb sich stöhnend die Nasenwurzel, als er knurrte: „Oh Gott... Zieh dir wenigstens irgendeinen Film rein! Bis übermorgen, wenn du das hinkriegst“ „Ja doch...“ murrte ich, auch wenn ich keinen Plan hatte, wie ich bis dahin an einen Film kommen könnte, ohne Geld dafür ausgeben zu müssen. Nachdem ich dann fast schon regelrecht aus dem Büro geworfen wurde, wollte ich schon beinahe den üblichen Heimweg antreten, als mir wieder einfiel, dass da ja noch dieses... Date war. Resigniert schlürfte ich also zu diesem Imbiss und sah dort auch schon Shiroyama stehen, wie er selbstlos eine Portion Essbares für mich mitbestellt hatte. Frittierte Garnelen wie sich herausstellen sollte. Mein Magen war eigentlich immer leer, also verspeiste ich einfach was man mir anbot, auch wenn es in diesem Fall von dem zweitgrößten Spinner des Affentheaters stammt. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Während ich hastig futterte, liefen wir weiter des Weges. Ich folgte Shiroyama einfach, obwohl ich es nicht wirklich leiden kann beim Essen auch noch laufen zu müssen... aber was tut man nicht alles. Wir blieben vor einer Kneipe oder so stehen. Ich vergewisserte mich noch einmal, dass es das auch wirklich ist, denn ich war so aufs Essen schaufeln konzentriert, dass ich nur am Rand mitbekam wo es hingehen sollte. Nun, Kneipe ist immer gut, da will ich mal nicht meckern. Aber, ob die uns hier rein lassen? Als könnte meine Begleitung Gedanken lesen, wandte er sich nach einem wortlosen Weg hier her, an mich: „Meine Familie kennt den Besitzer.“ Ja ja, was auch sonst... Shiroyama schritt direkt vor zur Bar und setzte sich auf einen der Hocker, ich folgte ihm und hievte mich auf den Platz daneben. „Zwei Eistee; du weißt schon“ orderte er, ohne mich zu fragen was ich will. Aber wie war das mit dem Gaul gleich noch mal..? Während ich mich hier kurz umsah und feststellte, dass die Bude mit Sicherheit keine billige Kaschemme sein konnte, wurden unsere Getränke gebracht und so schlürfte ich nichts ahnend am Strohhalm. Hustend und krächzend ging ich meinem Verdacht nach: „Das ist nicht nur Eistee oder?“ „Stimmt“ mehr sagte er nicht, aber mehr musste ich auch nicht hören um zu wissen, dass es sich hier um Long Island Ice Tea handeln würde. Sobald ich wieder einigermaßen atmen konnte, nahm ich einen weiteren großen Schluck, um gleich mal ohne vieler Worte klar zu stellen, dass ich nur überrascht war und kein Weichei bin! „So und jetzt?“ wollte ich von ihm wissen; nicht, dass es mir was ausgemacht hätte einfach schweigend hier zu sitzen und mir auf Kosten Anderer die Hucke voll zu saufen. Aber der Ausflug hatte ja offensichtlich einen tieferen Sinn. „Was sind deine Hobbys?“ fragte er, ohne Umschweife und ich blinzelte überrumpelt: „Ähm... keine Ahnung...?“ konnte ihm ja schlecht auf die Nase binden, dass ich gern Gras rauche und das Zeug selbst anbaue... und das Zeug verticke... und überhaupt! „Warum fragst du?“ hakte ich mit leichter Panik nach und Shiroyama entgegnete gelassen: „Wir sollen uns kennen lernen und Gemeinsamkeiten finden, deshalb frag ich.“ Aha. Wer denkt, dass er einfach aus dem Grund fragen würde, weil es ihn ehrlich interessiert, der irrt hier offenbar... „Kann mir Hobbys nicht leisten“ war also meine Antwort und so stellte ich einfach die passende Gegenfrage: „Und deine?“ Der neben mir Sitzende schaute nun zu mir, als wäre es das absurdeste was ich hätte fragen können und sah dabei selber so aus als wüsste er nicht so recht was er sagen sollte, entschied sich dann aber für: „Schauspielerei.“ Soviel zu Gemeinsamkeiten finden... Ich hasse Schauspielerei... und Tanzen! Unsere beiden Spezial-Eistees leerten sich und je ein weiteres Glas rückte nach, als ich einfach das erste fragte was mir so in den Sinn kam: „Und was macht man so als reicher Sohn aus gutem Hause? Huren vögeln und mit den Bediensteten saufen?“ Ich hatte nicht erwartet, dass darauf überhaupt irgendwas kommt, aber was er nun mit einem Grinsen sagte, das überraschte mich mal wieder: „Manchmal saufe ich auch mit Huren.“ Schnell musste ich in meiner Wort-Not am Eistee nippen, was auch Shiroyama tat, aber der grinste dabei noch irgendwie dreckig. Wieder vergingen schweigsame Minuten, bis ich erneut versuchte die unangenehme Stille zu verdrängen: „War das auch Iwamotos Idee mit mir in 'ne Kneipe zu gehen?“ „Gewissermaßen“ kam es mal wieder sehr knapp von ihm und so nickte ich, trank einen Schluck und hakte weiter nach: „Hat er noch was gesagt?“ „Nur, dass du ein Stück Kohle bist und dass er dich pressen will“ ließ er mich wissen und hatte schon wieder dieses Grinsen im Gesicht. Kohle... Pressen..! Der nächste Eistee landete vor uns und so langsam merkte ich, dass mir ein klein wenig warm ums Herz wurde. Einen Vollrausch kann ich mir eigentlich nie leisten, und wenn ich mal betrunken bin, dann meistens zu irgendwelchen Geburtstagsfeiern, wo ich den Stoff nicht selbst bezahlen muss. Als mein neuerlicher Saufkumpane nach einem Bierdeckel griff, weil der letzte Eistee den Seinen ziemlich durchnässt hatte, fiel mir dieses Prunk- und Protzstück von Armbanduhr an seinem Handgelenk auf: „Nett... Bulgari.. davon könnte ich ein Jahr leben...“ Shiroyama schaute ebenfalls auf seine Uhr und schien kurz zu überlegen, öffnete sie und wollte mir nun tatsächlich das Ding in die Hand drücken: „Nimm.“ Ich kam mir veralbert vor: „Ja natürlich, so was bringt auch nur der reichen Säcke fertig, Zeug von soviel Wert wegzugeben...“ „Ich denke da irrst du dich, zumindest teilweise. Das Teil hat keine Bedeutung für mich, aber wenn sie dir hilft ein Jahr was zum Essen auf dem Tisch zu haben, dann sollte das für dich von Bedeutung sein.“ Nobel. „Das kann ich nicht annehmen. Das ist irre...!“ bekräftigte ich noch einmal und schob seine Hand, in der die Uhr lag weg. „Wenn du mich fragst ist es irre sie nicht anzunehmen“ brachte er dem entgegen und... scheiße, ja, er hat sowas von recht! Wenn ich so ein protziges Ding irgendwo liegen sehen würde, ich hätte es mitgehen lassen, um mein Überleben zu sichern. Doch irgendwie widerstrebte es mir, es anzunehmen, wenn man es mir geben würde. Ok, das ist wirklich irre... Nein. Nein! Keine Almosen von Dem da! Nachher meint der noch ich würde auf Ewig in seiner Schuld stehen. Ney, so nich! Wortlos schob ich seine Hand erneut weg und sah ihn mit den Schultern zucken, als er sich die Uhr wieder umlegte. Irgendwie frustriert schlürfte ich meinen Eistee leer und natürlich musste Shiroyama mit genau der Hand wedeln, an welcher der Klunker baumelte und die nächste Runde bestellen. „Danach ist aber Schluss, Jungs, dann gibt’s nur noch Eistee mit Eiswürfeln!“ verkündetet der Typ hinter der Bar und löste damit bei uns Beiden ein resigniertes Seufzen aus. Dennoch, die bisherigen Gläser schienen nicht wenig Sprit gehabt zu haben, denn ich fühlte mich nicht mehr so genervt und hatte langsam das Gefühl, wenn der reiche Penner neben mir, kein reicher Penner wäre, man sich durchaus gut verstehen könnte. „Du bist gar nich so doof wie ich nich aussehe“ zischelte ich mit schon etwas schwerer Zunge und der kurzen Überlegung, ob der Satz eben Sinn ergibt, doch dann beschloss ich, dass mir dass auch egal sein könnte und nuckelte weiter genüsslich an meinem fabelhaften Eistee, der irgendwie immer besser zu schmecken schien. Mein Nebenmann reagierte so gut wie gar nicht auf meine letzte Bemerkung und schlürfte geräuschvoll die letzten Tropfen aus seinem Glas. Und auch ich hatte nur noch eine Pfütze des leckeren Gesöffs, als es Shiroyama doch noch mal probierte eine weitere Runde Spezial-Eistee zu bekommen, doch der Mann hinter der Theke sprach: „Keine Chance, ich hätte euch nicht mal die geben dürfen, die ihr schon hattet, aber der Boss sagt, dass der Sohn von Shiroyama alles bestellen darf was er möchte solange er nüchtern bleibt, und bei euch Beiden geht’s langsam zur Neige.“ Nach der ausführlichen Erklärung und der Erkenntnis, dass es hier nichts mehr geben würde, was Spaß macht, stellte der neben mir Sitzenden die Frage, welche ich auch eben stellen wollte: „Und jetzt?“ Mein Hirn ratterte. Es gäbe da schon was, was ich jetzt gern tun würde... Wortlos standen wir von den Hockern auf und eierten nicht mehr ganz gerade nach draußen. Vor der Tür tat ich spontan meine Idee kund: „Schon mal Gras geraucht?“ Der Angesprochene blieb stehen und hob fragend die Augenbrauen: „Gras? Wie Gras-Gras?“ „Gras, wie Gras. Auf jeden Fall kein Rasen-Gras“ sprach ich und Shiroyama schüttelte den Kopf. Ha! Endlich mal was, was er nicht hat! „Folge mich“ nuschelte ich und stapfte los. „Folge mir!“ Hörte ich es hinter mir und so sprach ich erneut: „Nee, wir geh'n jetzt erstma zu mir, ich muss was hol'n.“ „Eigentlich meinte ich, es heißt 'folge mir' nich mich... mir.. dir... ach egal! Ich folge dich!“ kam es von ihm, dann schwankte er mir hinter her. Heißt das nicht eigentlich 'ich folge dir'? Ach scheiß drauf... An einer Ampel holte Shiroyama auf und so eierten wir nebeneinander her, bis zu mir nach Hause. Weit war's nicht, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass der Weg, heute fast drei mal so lang war wie sonst... Woran das liegen mag..? Ein klein wenig klarte mein alkoholisiertes Hirn auf der Strecke wieder auf, sodass ich zumindest mal wieder etwas Leichtigkeit auf meiner Zunge verspürte, als ich sagte: „Wir sind da.“ „Hier wohnst du also“ kommentierte er die herunter gekommenen Baracken und so brummte ich: „Nicht der Luxus, den du gewohnt bist?“ Er sagte nichts dazu; war vielleicht auch besser. Beim Öffnen der Haustür stellte ich fest, dass diese nicht abgeschlossen war. Mein leiser Verdacht bestätigte sich, als ich hinter der Tür ein Hindernis bemerkte: „Och Gott, nich jetzt... nich heute...“ „Was'n?“ wollte meine Begleitung wissen und ich schob mit aller Gewalt die Tür auf, als ich fluchte: „Scheiß beschissener Wichser! Hättest deinen fetten versoffenen Arsch wenigstens aus dem Weg räumen können!“ „Wer ist das?“ hakte Shiroyama sichtlich irritiert nach und ich brummte: „Das Arschloch, das sich mein Pflegevater nennt.“ Ich stieg über den lauthals schnarchenden Fleischklops hinweg und ging die paar Schritte zu meinem Zimmer hinüber, als ich sah, wie der reiche Sack den Suffsack näher betrachtete. „Lass liegen, mach die Tür zu und komm mit“ sprach ich und nachdem sich der Gemeinte noch kurz umsah, folgte er mir. Auch in meinem Zimmer-chen schaute er sich um, als würden die Wände auf ihn zu kommen, doch eh er irgendwelche Bemerkungen hätte machen können, öffnete ich meinen Kleiderschrank. „Krass!“ kam es fast schon ein wenig bewundernd von meinem Besuch und so trat dieser näher heran. „Wehe du sagst irgendwem auch nur ein Sterbenswörtchen davon!“ drohte ich und fragte mich zugleich, wie ich selbst überhaupt dazu kam, ihm das alles so zu zeigen. Doch der Gedanke war relativ schnell wieder verdrängt, bei dem prächtigen Anblick und so holte ich aus dem unteren Bereich ein paar Pflanzen hervor, die ich zum Trocknen aufgehängt hatte. Während ich am Hantieren war, setzte sich Shiroyama auf eine Holzkiste und fragte: „Wie kriegst du das Licht da rein?“ Das war eine Frage, deren Antwort meinen exzellenten Geist zum Ausdruck bringen konnte und dies mich nun meinerseits breit Grinsen ließ: „Das erkläre ich gern, aber nur wenn du die Klappe hältst!“ Er gab mir sein Ehrenwort und so begann ich: „Das alte Werk hier neben an; die haben den Strom nie ganz abgestellt, da es für die Stromversorgen der Hütten hier noch gebraucht wird. Die Hütten wurde übrigens für die Arbeiter gebaut, die in dem Werk mal geschuftet haben, von denen einer da drüben vor der Tür liegt. Aber einige Jahre später, wurden die Arbeiter überflüssig, doch die konnten sie nicht so einfach aus den Wohnungen hier vertreiben. Da der alte Saftsack da noch Pläne vom Gebäude hatte, wusste ich genau, wo ich Strom abzapfen konnte.“ Am liebsten hätte ich mir jetzt vor Stolz und Eigenlob auf die Brust getrommelt wie ein Gorilla, aber ich wollte bescheiden bleiben. Nichtsdestotrotz bekam ich dennoch meine Anerkennung: „Nicht schlecht Suzuki, nicht schlecht!“ Mein Kraut war gehackt und mit Tabak geradezu vorbildlich zu einer 1A Tüte gerollt, als Shiroyama zum Feuerzeug griff und es entzündete, während er sprach: „Ich hab zwar schon Kippen gequalmt, aber nie das interessante Zeug.“ „Wird Zeit, Alter“ Kommentierte ich seine Feststellung und nahm ihm das Feuerzeug aus der Hand. Zum einen musste er nicht damit spielen und das ganze Feuerzeugbenzin vergeuden und zum anderen wollte ich endlich den guten Stoff inhalieren. Kaum glimmte der Stängel, verteilte sich nicht nur der Qualm in meinen Lungen, sondern auch auch die entspannte Stimmung in meinem Inneren. Dem angespannten Blick meines eigentlich unerwarteten Gastes zufolge, konnte der es auch kaum abwarten einen Zug zu nehmen, also überreichte ich ihm den Spliff. So aufmerksam wie möglich beobachtete ich das Schauspiel, welches meine Erwartungen so ziemlich erfüllte, denn der Typ hustete wie wild und ausgedehnt. Hilfsbereit wie ich bin, klopfte ich ihm sogar auf den Rücken: „Das erste Mal tut immer ein bisschen weh..“ „Wenn du das sagst...“ röchelte er und hüstelte noch zwei drei mal, dann hatte er sich gefangen und zog gleich noch mal an dem Ding. Herrlich! Ich liebe es zuzusehen, wenn Leute das erste mal Cannabis rauchen. Shiroyama beschloss offenbar so eben sich gleich mal die volle Dröhnung zu geben, denn er hielt eine gefühlte Ewigkeit die Luft an. „Jo, Bro, atmen nicht vergessen“ merkte ich an und nun entließ er den Rauch wieder, schniefte kurz und krächzte dann: „Ich kann ziemlich lange die Luft anhalten, mach dir um mich keinen Kopf.“ „Tu ich nicht, ich will nur nicht, dass du kollabierst. So guten Stoff kriegst du nicht an jeder Straßenecke“ wollte ich an dieser Stelle gleich mal klarstellen. „Uhhhh.... und zu Riskiken und Nebenwirkungen fragen sie bitte ihren Drogendealer“ hörte ich es mit kratziger Stimme von meinem Gegenüber bevor er mir den Stoff zurück gab, sich entspannt zurück lehnte und einen Moment später murmelte: „Blöd, dass wir keinen Eistee mehr gekriegt haben. So voll waren wir doch gar nicht.“ „Ja, voll der Spalter, Alter“ stimmte ich ihm zu und er begann dümmlich zu giggeln: „He hehe hee... kein Plan was ein Spalter ist, aber das reimte sich.“ Ach jaa... diese Neulinge.. wie sie alles lustig finden. Ich zog ebenfalls am Spliff und lehnte mich anschließend auf meinem Bett sitzend nach hinten, streckte alle Viere von mich und stöhnte: „Moah ja, jetzt noch'n Schirmchendrink, das wär's...“ Shiroyama griff abermals nach dem glimmenden Stängelchen und sprach dabei: „Unser Buttler macht göttliche Drinks, hab mir ein bisschen was von ihm abgeguckt.“ „Schön für dich“ brummte ich, doch er hatte es offenbar anders gemeint, als ich es verstanden habe: „Ich wollte damit sagen, dass wir bei mir noch einen trinken können. Wenn du willst...“ „Öhh, wenn das so ist, sag ich nich Nein“ war meine Antwort und schon rollte ich noch zwei Joints zusammen, dann konnte es los gehen. Wir räumten meinen Schrank schnell wieder ein und lüfteten schnell, doch der Wichser von Pflegevater lag immer noch an der selben Stelle. Als ich vor jenem stand, drückte ich Shiroyama, welcher kurz nach mir mein Zimmer verließ, mal eben den guten Stoff in die Finger: „Halt ma.“ Mit freien Händen konnte ich eines der Beine des auf dem Boden Liegenden besser greifen, weshalb mein Gast auch gleich wissen wollte: „Willst du ihn jetzt doch wegräumen?“ „Wo denkst du hin?“ antwortete ich und begann ihn abzutasten, die Beine zu Schütteln und zu horchen, ob irgendwo was klimperte. „Ahaaa!“ kam es von mir, als diverses Kleingeld auf den Fußboden fiel und ich sogar noch einen Schein in seiner Jackentasche erfühlte: „Jackpot! So, jetzt können wir gehen.“ Auch dieses mal stiegen wir über diesen stinkenden Wichser hinweg, doch schloss ich wenigstens hinter uns ab. Wir liefen einige wenige hundert Meter, als ein ziemlich edler Schlitten neben mir auftauchte, Shiroyama mich stoppte und sagte: „Einsteigen.“ Kurz war ich mir nicht sicher, ob womöglich im falschen Film gelandet sein könnte, als ich vorhin zur Tür hinaus getreten war, doch im Moment war ich zu relaxt, um mir zu viele Gedanken zu machen. Ich stieg also ein in dieses verdammt edle Gefährt und fuhr mit den Fingerspitzen über die Sitze. Krasser Scheiß, man! Ok, die seidenweiche Fahrstuhlmusik, die hier dudelte, die musste nun nicht sein, aber hey, wer in meinen Kreisen erlebt es überhaupt schon mal in so 'ner Luxuskarre herumkutschiert zu werden? Ich wusste gar nicht wo ich zuerst hingucken oder was ich mehr bestaunen sollte, da waren wir offenbar auch schon da. Man öffnete uns die Tür und nun war ich mir sicher, dass das nicht real sein konnte: „Das... das ist ja ein gottverdammter Palast!“ „Ja, ich schätze, das ist auch nicht das was du sonst gewöhnt bist“ konterte Shiroyama und schob meine zugegebenermaßen eingeschüchterte Gestalt auf den Eingang zu. Ey, das halten meine Nerven nicht aus! Hier funkelts überall und glänzt und und und... Alter Verwalter! Ich mussten Augen wie ein Buschbaby gemacht haben. So bekam ich nur am Rand mit, wie ganz plötzlich dieser Pinguin neben mir auftauchte und sowohl mir als auch Shiroyama die Uniformjacke entreißen wollte. „Nee, das lass ich lieber an!“ fiepte ich erschrocken und dieser Typ verbeugte sich wortlos. „Bringen sie uns zwei Gläser bitte, Salz und Zitronen!“ wurde ihm noch angewiesen, dann liefen wir weiter. Zum Glück bleiben wir nicht ewig in diesem beängstigend riesigen... Raum. Ich weiß nicht mal, ob man das noch Raum nennen kann. Vielleicht eher ein Saal, oder so. Und dann diese riesige Treppen, auf der locker zehn Menschen gleichzeitig hoch könnten! Als wir oben angekommen und um die Ecke gebogen waren, flüsterte ich dem vor mir her Laufenden zu: „Der ist nicht von hier oder?“ Gemeint war damit dieser Butler im Pinguinkostüm und Shiroyama schien gleich zu wissen wen ich meinte: „Nein, den hat Vater aus England importiert.“ „Importiert...“ wiederholte ich, nicht wirklich wissend, was ich mir bei dieser Information denken soll, doch mir wurde gleich erklärt: „Vater war vor 20 Jahren das erste Mal in England und war begeistert von den Butlern dort und da stand für ihn fest, er musste solch ein Original haben und er hat auch lange gesucht, bis er einen fand der James heißt. James allerdings war sich anfangs nicht sicher, ob er von seiner Familie weg und hier bei uns leben will, aber mit der richtigen Summe hat er sich überreden lassen und ist mittlerweile auch glücklich. Zumindest hat er das mal gesagt, als ich ihn fragte.“ „Jaja, wieder ein glorreiches Beispiel für 'der Scheck heiligt die Mittel' oder wie...“ blubberte ich so vor mich hin, als ich mich ein paar Schritte weiter selbst unterbrach und nur noch noch mehr staunen konnte: „Ach du Scheiße!“ „Was ist?“ hakte Shiroyama nach und ich zeigte nach unten: „Ich kann mich auf deinem verdammten Fußboden spiegeln!“ „Der ist auch poliert und gewachst“ erklärte er gelassen und so hoben sich meine Augenbrauen unwillkürlich: „Ich dachte immer, das macht man nur mit Autos...“ Ich glaube ich bin schon wieder viel zu nüchtern. Wenn ich nicht bald nachtanken kann, dann muss ich hier weg. „Ich brauch Sprit, Shiroyama, und zwar schnell“ teilte ich meinem Gastgeber als mit und kaum dass ich mich in seine Richtung gedreht hatte, schwenkte er auch schon eine Flasche Tequila Sunrise und mehreren Six-Packs Bier. Mit exzellentem Timing klopfte der Import-Butler an und brachte ein großes Tablett mit kleinen Gläsern, einer auf Hochglanz polierten Figur, die sich als Salzstreuer herausstellen sollte und viele fertig geschnittenen Zitronen-Bissen. „Haben sie noch einen Wunsch, Sir?“ fragte er und ich fühlte mich indes wie bei 'Dinner For One'. Der Film lief mal in einer Freistunde und ich konnte nicht weg, wegen eines verletzten Beins und einer Stichwunde. War zwar nichts Wildes, aber es tat weh und sonderlich Rücksicht nahm man beim alltäglichen Gedränge in´den Fluren nicht auf Verletzte... Der Pinguin verschwand dann auch schnell und lautlos, was mich gleich zum nächsten Thema brachte: „Jo Bro, hast du anständige Musik hier?“ „Das kommt drauf an was dein Verständnis von anständiger Musik ist“ konterte Shiroyama, während er ganz ohne Hilfe die kaiserlich anmutenden Gläser füllte. „Naja ich find den Bob ganz geil“ antwortete ich also und wie erwartet hatte dieser Typ keine Ahnung: „Was für ein Bob?“ „Marley! Der einzig wahre Bob, der jemals lebte!“ erklärte ich also gleich schwärmerisch und zumindest schien er ihm ein wenig bekannt zu sein: „Ach der Kiffer?“ „Moah, wird denn jeder großartige Mann auf das Wesentliche reduziert?“ moserte ich also gleich, mein Idol verteidigend und von dem mittlerweile auf dem Sofa Sitzenden hörte man nur ein wenig mitgerissenes: „Oha.“ „Was 'oha'?“ zischte ich also und er sagte fast schon emotionslos: „Ich bin nur überrascht, dass du das Wort 'reduziert' kennst.“ Knurrend setzte ich mich also auf das zweite Sofa – ja, der Spinner braucht offensichtlich mehr als ein Sofa in seinem... Palast-Zimmer. „Hat er etwa nicht gekifft?“ hakte Shiroyama nun doch nach und ich senkte den Kopf: „Doch.. schon...“ „Na also“ grinste er und reichte mir eines der Gläser, welche ich mich kaum anzufassen traute. Die sahen irgendwie diesen Dingern ähnlich, die ich letzten in dem Anime gesehen hatte, als ich bei Ayumi war, und da haben die sich schwarz gefärbt bei Berührung. Ich probierte es also vorsichtig mit zwei Fingerspitzen dieses Glas zu greifen, doch es färbte sich nicht und so nahm ich es richtig in die Hand. Also meine Fantasie blühte vom Dope noch ganz gut, nur der Alk musste langsam nachgefüllt werden. Zwischen uns stand ein Glastisch, sehr edles Teil – wie sollte es auch anders sein.. Darauf stand dieses Tablett mit den Zitronenstücken und dem Salz; jeder nahm sich ein Stück und krümelte sich das Salz auf die Hand. Kaum rannte der Tequila meine Kehle hinab, war ich zuversichtlich das Ganze hier aushalten zu können. Auch wenn ich mich zwischendurch immer mal wieder fragte, was ich hier, oder was ich mit Shiroyama bei mir zu Hause oder was verdammte Axt ich überhaupt in der Nähe dieses Typen zu suchen hatte. Mit steigendem Promillewert und sinkendem Stresspegel schoben sich diese Fragen jedoch wieder in den Hintergrund und wir tranken ein Glas nach dem anderen, während auch der Biervorrat nebenher langsam abgebaut wurde. Es grenzte schon fast an ein Wettsaufen. Auch meine mitgebrachten Joints fielen mit der Zeit der Vernichtung zum Opfer und so fragte mein buchstäblich umnebeltes Hirn: „Sama... was hörst'n du eigentlich so für Musssik?“ „Wahrscheinlich nich das was du denkst“ feixte er und zog ausgedehnt an der Tüte. Auch meine Mundwinkel fanden zu den Ohren, als ich mir das Schlimmste vom Schlimmen vorstellte: „Wieso, hörste Heimatmelodien un Omma's Schlager?“ „New Metal... Korn, Limp Bissskit, Syssstem Of A Down un so“ ließ er mich wissen und mir war die Musik zwar bekannt, aber freiwillig gehört hab ich das nie. Weshalb sich Shiroyama es sich auch nicht nehmen lies zu fortgeschrittenerer Stunde eben jene Musik laufen zu lassen. Mit einem Mal dröhnte es in einer mords Lautstärke aus allen Ecken und der Typ setzte sich gelassen wieder zu mir, als er mir zu rief: „Warte ab, gleich schhteht Muddern hier im Simmer un plärrt rum: Yuuuuu mach dies'n Krach leiser! Fünf – Vier – Drei – Swei – Einsss – ...“ „YUUUUU mach das leiser!!“ brüllte es tatsächlich von irgendwo her und der Gemeinte schnappte sich die Fernbedienung seiner Anlage vom Tisch, bevor er dämlich grinsend die Musik runter drehte. Kaum hatte er das Ding neben sich auf das Polster fallen lassen, fragte er plötzlich: „Hab ich dir schon von mein'n Blümchen ersählt?“ Ich schüttelte nur den Kopf und stolperte ihm dann hinter, als er in einen Nebenraum ging und mich zu sich winkte. Ein paar der leeren Bierflaschen riss es dabei gleich mit um und diese klirrten in dem riesigen Raum um ein vielfaches lauter, als wenn ich irgendwo anders zu Besuch bin und Bierflaschen umkegel. Aber da fallen die Flaschen meist auch auf herumliegende Klamotten und Fastfood-Schachteln; so was wird hier sicher nicht vorkommen... „Die seh'n ja freaky aus“ beschrieb ich meinen ersten Eindruck, als ich diese botanische Welt erblickte und Shiroyama erklärte: „Das sin fleischfressende Pflansen.“ Zugegebenermaßen, ich hatte Respekt vor diesen Dingern. Die sahen irgendwie komisch aus. Aber nicht 'Haha'-komisch, sondern eher merkwürdig komisch. Nicht dass dir nach mir schnappen, wenn ich zu nah ran gehe. „Un wie füttert man die?“ wollte ich nun wissen und der neben mir Stehende erklärte mit vollstem Ernst: „Naja, ich leg einfach 'n totes Tier ins Fenster un warte bis die Fliegen komm'n, dann schlag ich die tot un dann gib's Happa Happa.“ Irrr... also da find ich meine Blümchen wesentlich weniger eklig. „Das war 'n Witz... So eine Pflanse braucht nich täglich zwansich Fliegen... außerdem sin viele dabei deren Blätter nur unjefähr drei ma eine Fliege fangen könnten, eh sie absterb'n“ führte mein Gastgeber weiter aus und nun musste ich doch mal fragen: „Warum fress'n die überhaupt Fleisch?“ „Das klingt, als würdest du das damit vergleich'n, wie wenn man ein blutiges Ssschteak in ein Becken voller Piranhas schmeißt. So läuft das nich... aber diese Pflansen brauchen – um es ma einfach ausssudrücken – hin un wieder beschtimmte Nährschtoffe, die sie eben nur von Insekt'n bis su 'ner bescchhtimmten Größe bekomm'n, alles and're is zu groß un kann nich zersssetzt werd'n. Du kannst also kein blutiges Ssschteak da dran halten“ lallte Shiroyama schon ziemlich arg, aber die Flasche Tequila war ja mittlerweile auch schon fast leer. „Ich kriech 'ne Gänsehaut...“ murmelte ich bei dem Gedanken und neben mir schmunzelte es: „Du wirst dich doch nich vor 'n paar Blümchen fürcht'n?!“ „Naja nee...aber so ganz knusper sin deine Raubblumen-pflansen auch nich...“ kam es mir nur noch schwer über Lippen und Zunge. Wieder zurück auf den Sofas lehnte ich mich mit meinem Bier nach hinten und sprach: „Wir swei können keine Freunde werd'n.“ „Weil?“ hakte er nach und ich hatte bei der Begründung irgendwie Wortfindungsprobleme: „Weil.. ich bin... ich.... un du bist einfach... nur du.... verschtehste?“ „Nee so richtich konnte ich dir nich folg'n“ konterte er und ich nuschelte: „Naja macht nichs...“ Ich war so derbe besoffen und bekifft... ich wusste nicht mehr wo oben und unten ist, geschweige denn was ich sagen wollte. Nach einem Moment der Ruhe musste ich eines anmerken: „Man Alter... das is das krasseste Date aller Seiten...böööörrrrps.“ „Böööörrrps... oh ja das kann man wo sag'n“ entgegnete Shiroyama mir und einem kurzen Giggeln darüber, dass wir beide rülpsen mussten, stöhnte Shiroyama: „Boah, ssso breit war ich echt schon lange nich mehr.“ Ich auch nicht, und normal schaffe ich es auch irgendwie immer nach Hause, auch wenn ich am nächsten Tag keinerlei Erinnerung mehr daran hab, aber ich konnte mich nicht mehr bewegen. Nach dem letzten Schluck aus der Flasche beschlossen wir Beide nur mal kurz die Augen zu entspannen. Doch aus kurz wurde die ganze Nacht. Und morgen ist Schule... ____________________________________________________________________________ Haja, so zu enden hätten wohl beide nicht gedacht. Was man nicht alles unter Alkohol- und Drogeneinfluss macht :P Selbst mit seinem 'schlimmsten Feind' feiern. Und wie ihr vllt. gemerkt habt, sind diesmal wieder lauschige 7500 Worte dabei rumgekommen. Möglicherweise wären es mehr geworden, aber mein OpenOffice hat sich entschlossen sich mal eben aufzuhängen, nichts zu speichern und mir mitzuteilen, dass da ein Fehler war, weshalb das Dokument nicht wieder hergestellt werden konnte. Das war ne Menge doppelte Arbeit und Sucherei im Netz ob doch noch was zu retten ist.. Zumindest bin ich mir da mit meinen zwei Hauptdarstellern einige, wie haben keine Ahnung wie das nur so ausarten konnte x) Apropos, ich hoffe das die Worte die sie um Suff sagen trotzdem gut zu erraten sind^^ Anyway, ich hoffe diese Kapitel sagt euch vllt. etwas mehr zu. Ich würde mich jedenfalls freuen. Eventuell ist im nächsten Kapitel, welches wieder von Aoi sein wird, schon ein klein wenig Mehr im Anflug. Ihr wisst schon was ich mit 'mehr' meine xD Aber beginnen wird es mit dem berühmt berüchtigten 'Morgen danach' :D Der dürfte hart genug werden... Ach ja: übermäß. Alk und Drogen nix gut! Kapitel 7: (A) Auf engstem Raum ------------------------------- Ein Wummern. Ein heftiges unbarmherziges Wummern... Vielleicht ein Erdbeben? Ein Vulkanausbruch? Auf jeden Fall weckte mich dieses laute Geräusch unsanft aus dem Schlaf. Als ich zumindest ein paar meiner Sinne beisammen hatte und mir auffiel, dass ich auf dem Sofa statt im Bett schlief und keine Ahnung hatte wieso ich dies tat, wollte ich mich mühsam erheben, doch streckte mich dieser enorme Kopfschmerz sogleich wieder nieder. Erneut klopfte es an der Tür und ich murrte zerknirscht: „Ja doch...!“ Jemand trat herein und sprach mich an: „Sir, ihr Unterricht fängt in fünfzehn Minuten an. Soll ich die Limousine vorfahren lassen?“ Anhand der Stimme konnte ich unseren Butler identifizieren, denn meine Augen sahen alles nur verschwommen und waren geblendet vom grellen Tageslicht. „Fuck!“ fluchte ich, als mir die Situation langsam bewusst wurde und ich in meiner aufkeimenden Hektik unkoordiniert vom Sofa fiel. „Scheiße, wieso haben sie mich denn nicht eher geweckt?!“ fauchte ich unseren James an und dieser sprach in gewählt leisem Ton: „Sir, das habe ich, sie haben mir auch geantwortet.“ „Shit, man...“ fluchte ich schmerzerfüllt, als ich mich trotz der Schmerzen vom Boden hochhievte und die blondierte Bescherung auf dem anderen Sofa liegen sah. Den Kopf vom Sitzpolster hinunter hängend und ein Bein über die Rücklehne. Kurz sah ich mich weiter um und begutachtete das entstandene Chaos. Hier sieht's aus... Leere Flaschen und Gläser, angeknabberte Zitronen-Reste, überall Flecken von verschüttetem Schnaps und Bier und zu guter Letzt ein umgekippter Salzstreuer. „Suzuki! Schieb deinen Arsch hier raus!“ schimpfte ich, während ich meine versiffte Kleidung notdürftig richtete, welche ich wohl oder übel heute in der Schule noch einmal tragen musste, denn zum Umziehen blieb keine Zeit mehr. Der Angesprochene schreckte mit einem lauten Schnarchgeräusch aus dem Schlaf auf, plumpste samt Bierflasche im Arm ebenfalls zu Boden und grummelte mit heiserer Stimme irgendetwas Unverständliches. Anschließend sprang auch er auf und wollte scheinbar völlig ohne Orientierung los laufen und trat auf eine weitere Bierflasche, rutschte aus und konnte sich gerade so noch am Sofa festhalten. „Wie bin ich hier hergekommen...?“ grummelte er verwirrt und ich knurrte: „Bekifft... und dann hast du dich auch noch betrunken.“ „Witzig Shiroyama, ehrlich...“ hört ich es von ihm, eh ich meinen Gast auf die Beine zerrte und ihn zur Tür hinaus schob, die Treppe hinab dirigierte und auf dem vorderen Hof sagte: „Wenn ich dich mitnehmen soll, steig ein.“ „Passt schon, ich finde den Weg auch allein...“ brummte er, doch letztlich ließ ich ihm doch nicht die Wahl: „Jetzt stell dich mal nicht an wie 'ne Vierzehnjährige, die im Autokino befummelt wird und steig in die verdammte Karre!“ Zu meiner Verwunderung machte er keine Szene, sondern kletterte hinein. Das Schweigen während der kurzen Fahrt war irgendwie drückend und doch zugleich wohltuend. Ich wollte was sagen, aber irgendwie auch nicht und ich wusste auch nicht so recht was ich hätte sagen sollen, also ließ ich es unter angespanntem Lippenkauen bleiben. Schwer zu erklären dieses Gefühl, wenn man die Geschehnisse der letzten Nacht nicht wortlos lassen wollte, aber eigentlich auch nicht die richtigen Worte fand. Mein Blick wanderte ein paar mal hinüber zu meinem Mitfahrer, betrachtete den offenen Kragen und die zerzausten Haare, den zerknitterten Stoff und außerdem fiel mein Blick auch auf das Stück freie Haut am Brustbein. Die obersten Knöpfe vom Hemd der Schuluniform waren offen und... Plötzlich schaute er zu mir und unterbrach meine abdriftenden Gedanken, welche sich, ohne dass ich es bemerkte, selbstständig gemacht hatten. „Glotz nich! Du siehst genauso... so... beschissen aus!“ fauchte er und ich verdrehte genervt die Augen. Einen Augenblick später ließ er den Wagen anhalten und stieg eine Straßenecke vorher aus. Wahrscheinlich, damit man uns nicht zusammen in der Schule eintreffen sehen würde. Der Fahrer brachte mich anschließend bis vor das Tor und wollte eigentlich aussteigen und mir die Tür öffnen, doch hatte ich für derlei Etikette keine Zeit und keinen Nerv. Im Augenwinkel sah ich Suzuki im Dauerlauf heran nahen, also lief ich gleich hinüber zum Schulgebäude und stieg drinnen schwerfällig die Treppe hinauf, als gerade die Klingel zum Unterrichtsbeginn läutete. Den Umständen entsprechend eilig hastete ich auf unser Klassenzimmer zu und klopfte an. Der Lehrer öffnete und ließ es sich nicht nehmen sich lustig zu machen: „Na .. lange Nacht gehabt?“ „Hat irgendwie kein Ende genommen...“ murmelte ich wenig begeistert und mein Lehrer feixte: „Riecht man... Tequila? Ah, lecker!“ Er warf noch einen Blick in den Flur, durch welchen man gerade Suzuki joggen hörte, welcher noch zwei Räume weiter lief. Nachdem die Tür geschlossen wurde, wollte sich unser Mathe-Lehrer einen letzten Kommentar nicht verkneifen: „Von ihnen hätte ich mehr erwartet, als von ihrem Partner in Crime...“ Einen gequälten Rülps-Laut unterdrückend, ließ ich mich auf meinem Platz fallen und bat Naomi um ein zwei Pillen gegen die Schmerzen überall. Nie wieder Alkohol! Völlig platt, war ich heute kaum in der Lage dem Unterricht zu folgen und somit auch nur mäßig in Stimmung Naomis Fragerei zu antworten. „Es ist mitten in der Woche, da hast du noch nie gesoffen und schon gar nicht so sehr, dass du kaum stehen kannst! Was ging dir denn da nur durch den Kopf?“ „Eine Flasche Tequila und zwölf Flaschen Bier...“ war meine Antwort und eigentlich fand ich die unter meinen Umständen doch sehr humorvoll, doch Naomi scheinbar ganz und gar nicht: „Du stinkst wie Schnapsbrennerei und du siehst aus wie ein Penner...“ „Du weißt einfach wie man Männern Komplimente macht, das habe ich schon immer an dir bewundert...“ brummte ich und rutschte tiefer auf meinem Stuhl. Gott sei dank blieb es uns Allen heute erspart meine demolierte Gestalt an die Tafel vor zu holen. Einfach nur den Tag überstehen und morgen ist alles wieder beim Alten. In der ersten große Pause begab ich mich auf das Jungsklo, um mich wenigstens etwas frisch machen zu können, als ich in einer Kabine merkwürdige Geräusche hörte. Leidenden Geräusche, würde ich sagen... Und irgendwie kam mir die Stimme bekannt vor, die dort winselte. „Suzuki, bist du das?“ probierte ich also und der Typ in der Kabine erschrak hörbar, eh er mit vermutlich zusammengebissenen Zähnen zischte: „Verpiss dich, Shiroyama!“ „Nicht, dass ich mir Sorgen um dich machen würde, aber... dein Stöhnen klingt nicht grade... naja... gut...“ verhaspelte ich mich – mein Hirn schien heute morgen einfach auf dem Sofa liegen geblieben zu sein. „Alles easy... ich muss nur... ahhrrrrgh fuck!“ fluchte er und nun war ich doch etwas beunruhigt, weshalb ich energischer wurde: „Jetzt sag halt, verdammt!“ „Ok ok!“ kam es von drinnen, eh die Tür aufging und ich ohne Vorwarnung in die Kabine gezogen wurde. „Was zur Hölle?!“ „Sssschh!“ zischte er, während man gerade noch jemanden den gefliesten Raum betreten hörte. Mittels genervt fragendem Gesichtsausdruck und unterstreichender Gestik, wartete ich auf Erklärung des ganzen, doch da sich der Neuankömmling Zeit zu lassen schien, statt gleich wieder abzuhauen, näherte sich Suzuki wenig später meinem Ohr und flüsterte: „Ich... hab Kopfschmerzen... und Ayumi... meine Freundin... hatte mir mal dieses Minzöl gegeben...“ Er unterbrach sich selbst, eierte dann um den heißen Brei herum und so brummte ich: „Ja und?“ „Das Öl bewirkt, dass sich die Haut kühl anfühlt, auf welche man das Öl streicht... Und... naja... dieselbe Hand, mit der ich das Zeug auf meine Stirn geschmiert habe, benutze ich normalerweise auch beim Pissen...“ druckste er weiter herum, doch mir erschloss sich gerade nur der Grund, warum Suzuki so enorm nach Minze roch. Doch dann schien es die Rädchen in meinem Kopf doch noch in Schwung zu bringen: „Du hast... ich meine du du... hast dieses Öl jetzt am... naja da halt?!“ kam es entsetzt von mir, während ich kurz nach unten zu betroffener Stelle sah. Wieder verdeutlichte er mir leise zu sprechen und bestätigte meine Vermutung mit einem Nicken. „Oh. Ouhh! Oh oh...“ war mein geistreicher Beitrag dazu. Ein wenig Mitleid hatte ich ja schon mit ihm, doch das würde wahrscheinlich nicht helfen, also überlegte ich was man tun könnte. „Wie lange hält die Wirkung an?“ wollte ich nun wissen und er antwortete: „Sie meinte damals: auf der Stirn währen es nur zwanzig bis dreißig Minuten, aber an den Händen deutlich länger. Das käme wohl aufs individuelle Empfinden an.... Oh Shit, man... das fühlt sich an, als wäre mein Schwanz on the Rocks...“ „Ok ok, ich hab Verständnis für deine Lage, aber bitte keine Details!“ fiepte ich, da auch ich auf die Schnelle nicht wirklich wusste, ob ich das Schwanz on the Rocks-Gespräch hier und jetzt führen wollte. Als der andere Typ endlich weg war, schlug ich vor: „Versuch das Zeug irgendwie abzuwaschen... oder so...“ „Spinnst du? Aus dem scheiß Wasserhahn kommt nur kaltes Wasser und leider wird aus kalt plus eiskalt nicht gleich ein wohlig warmes Gefühl“ moserte er und ich zuckte mit den Schultern: „Hast du 'ne bessere Idee? Du kannst die Sache natürlich auch einfach über unbestimmte Zeit aussitzen.“ „So ein Scheiß, ey!“ schimpfte Suzuki, als er die Tür des Reihenklos aufstieß und sich umsah, eh er zum Waschbecken ging und ich ihm folgte. „Umdrehen!“ knurrte er und begann seine Hose zu öffnen, während ich mich in die andere Richtung wandte und die bekritzelten Fliesen an der Wand musterte. Der Wasserhahn ging an und kurz darauf hallte ein schrilles Quietschen durch das WC. Zugegebener Maßen, ich habe förmlich mitgelitten. Ich stell mir das wirklich nicht angenehm vor und schon gar nicht in der Schule. Die Papierhandtücher befanden sich auf meiner Seite, direkt vor mir und so beschloss ich guten Willen und Solidarität in dieser Angelegenheit zu zeigen und reichte ihm einige dieser Dinger hinter meinen Rücken. Wortlos nahm er sie an und ich wagte es auch erst mich umzudrehen, als ich die Gürtelschnalle hörte. Suzukis Gesicht war so was von rot angelaufen, dass ich echt an mich halten musste nicht zu Lachen. Weiterhin ohne jeglichen Kommentar, schritt er etwas breitbeinig an mir vorbei und verließ den Raum. Kopfschüttelnd tat ich das, weshalb ich eigentlich her kam und ging nach dieser Katzenwäsche ebenfalls zurück ins Klassenzimmer. Meine Stimmung hatte sich dank Suzukis Showeinlage etwas erhellt und dies bemerkte auch Naomi: „Dir geht’s ja offenbar wieder besser.“ „Irgendwie schon, ja“ antwortete ich unter Grinsen beim Gedanken an das so eben Geschehene. Der restliche Tag verlief dagegen wenig ereignisreich und so verbrachte ich den Abend zu Hause ruhig und entspannt in der Badewanne und ging anschließend recht früh ins Bett, um mein Defizit an Schlaf wieder auszugleichen. Das Chaos von letzter Nacht war inzwischen spurlos beseitigt worden. Da am nächsten Tag wieder Proben fürs Theater stattfanden und Iwamoto darauf brannte die aktuellen News zu erfahren, wurde ich auch gleich von ihm in sein Büro manövriert: „Und?“ kam es von ihm, mit großen Augen, wie ein kleiner Junge der seine Weihnachtsgeschenke nicht abwarten kann. „Was soll ich jetzt sagen, wir leben noch...“ murmelte ich unwillig, doch der Mann fuchtelte abwehrend mit den Händen: „Details, Junge, Details!“ wollte er, doch eigentlich gab es nichts wirklich Interessantes zu melden. „Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!“ probierte er es weiter, doch ich zuckte nur mit den Schultern und gab eine Kurzfassung des gestrigen Abends zum Besten: „Wir waren einen Trinken, dann bei ihm und am Ende bei mir, haben noch mehr gesoffen, die Friedenspfeife geraucht und... dann hat er bei mir gepennt.“ „Sehr gut! Dann werdet ihr euch ab jetzt zum Textlernen verabreden! Um eure frisch erblühte Freundschaft zu vertiefen und den Zwist ein für alle mal beizulegen!“ versuchte er mir doch tatsächlich weiß zu machen. „Also soweit würde ich noch nicht gehen, es Freundschaft zu nennen... Außerdem, so ein bisschen Zwietracht in den eigenen Reihen soll gesund sein – hab ich mal gehört...“ brummte ich sarkastisch, da ich absolut keine Ahnung hatte, was ich von der Sache halten soll. Suzuki und ich, Freunde? „Muss ich erst wieder mit Feenstaub drohen?“ sprach Iwomoto mit gespielt bedrohlicher Stimme und ich winkte gespielt panisch ab: „Nein, bitte nicht! Ich tu alles was sie wollen!“ „Ich will, dass ihr euch morgen Nachmittag nach der Schule trefft und gemeinsam Text lernt“ begann er, doch ich unterbrach ihn: „Ich kann aber meinen Text viel besser lernen wenn ich alleine bin!“ „Tzzz!“ unterbrach er meinen Einwand und äffte mich nach: „Ich tu alles was sie wollen.“ Seufzend lehnte ich mich zurück und verschränkte geschlagen die Arme. „Gut, dass wir uns einig sind!“ kam es erfreut von ihm, während er mir nachdrücklich auf die Schulter klopfte und mich dann alleine in seinem Büro zurück ließ. Toll... Wirklich toll... Ich weiß doch auch nicht, man! Suzuki ist einfach... total... Arrgh der Typ verwirrt mich! Während ich so vor mich hin sinnierte, ging hinter mir die Tür auf: „Yuu, kannst du mir einen Gefallen tun?“ Mein Kopf kippte geschlagen nach hinten, als ich brummte: „Natürlich...“ „Könnest du in die Kantine gehen und mir etwas von der tollen Béchamelsoße einpacken lassen? Heute haben die Lasagne angeboten und ich hab noch nie so gute Béchamelsoße in meiner Lasagne gehabt“ hörte ich es von ihm und so blinzelte ich ungläubig. Ich soll jetzt echt wegen der Soße los rennen? „Wieso schicken sie nicht Suzuki, den betrauen sie doch sonst auch gern mit Spezialaufgaben...“ grummelte ich angefressen, doch Iwamoto verteidigte seine Entscheidung: „Den hab ich heute noch nicht gesehen. Außerdem habe ich Keisuke eben gerade Zeitung holen geschickt und ich kann ja nicht immer wieder die Selben aussenden, dann fühlt sich womöglich noch jemand benachteiligt oder bevorzugt und dann gibt’s wieder dunkle Wolken über meinen Schäfchen. Also wärst du so freundlich?“ „Meinetwegen...“ murmelte ich, wenig begeistert. Ich setzte mich auch gleich in Bewegung und schlürfte zur Kantine, ließ mir unter skeptisch fragenden Blicken der dortigen Angestellten eine extra große Portion dieser verdammten Soße einpacken und war gerade zur Tür hinaus getreten, als Keisuke in einem Affenzahn mit seinem Fahrrad um die Ecke bog und mich über den Haufen fuhr. . . . Ich hatte offenbar einen Filmriss, denn das erste was ich wieder mitbekam, war ein hysterischer Keisuke, der schrie: „Ich hab ihn umgebracht, ich hab ihn umgebracht, ich muss ins Gefängnis!“ und ich hörte auch Iwamoto, wie er sagte: „Tretet doch mal zurück, der Mann muss atmen!“ Im ersten Moment konnte ich auch nur verschwommene Umrisse wahrnehmen, doch merkte ich, dass jemand meinen Kopf vom Boden fern hielt. Instinktiv versuchte ich irgendwie hoch zu kommen, doch erwies sich das als schwerer als gedacht. „Hat er was gesagt?“ hörte ich die Stimme unseres Regisseurs und nun realisierte ich auch so langsam, dass es Suzuki sein musste, der meinen Kopf hielt, als dieser antwortete: „Ja, irgendwas mit 'nem Becher Mehlsoße oder so...“ Noch einmal probierte ich hoch zukommen und man half mir auf die Beine. „Heute ist echt nich mein Tag...“ nuschelte ich benommen und versuchte mich halbwegs zu orientieren, als Keisuke voller Erleichterung sprach: „Gott sei dank, ich muss nicht ins Gefängnis!“ Doch ausgerechnet Suzuki ergriff zu diesem Kommentar das Wort: „Wegen versuchtem Mord, Totschlag oder schwerer Körperverletzung kann man genauso gut einsitzen!“ Wenn mich Iwamoto nicht festgehalten hätte, wäre ich womöglich nach der Äußerung noch mal umgekippt. Täusche ich mich, oder wurde ich gerade von dem Spinner verteidigt? Oder der Aufprall war doch zu heftig... Suzukis Hände jedenfalls waren voller Blut und da ich noch nicht so ganz verinnerlicht hatte, dass es sich wohl um mein eigenes Blut handeln würde, blieb ich schockiert stehen und griff unkoordiniert nach einem seiner Handgelenke. Es verschwamm vor meinen Augen. „Alles gut, Bro, wir bringen dich erst mal zur Schulkrankenschwester.“ Das ging irgendwie alles so schnell, ich bekam kaum mit wie mir geschah. Schneller als mir lieb war, fand ich mich im Krankenzimmer wieder und die Schwester fuchtelte schon mit einer Nadel und Faden. Jedoch quälte sie mich zunächst noch mit einer saumäßig brennenden Desinfektionslösung: „Glück gehabt. Wärst du mit der Schläfe auf die Stufe gefallen, hätte das schlimm enden können.“ Sie sprach ruhig und gelassen mit mir, was mich einerseits davon abhielt doch noch Panik zu kriegen, jetzt wo der erste Adrenalinschub vorbei war und andererseits machte es die Schmerzen an und in meinem Kopf erträglicher. Das war zumindest hilfreicher als das hysterische Geschrei von Kesuke, welcher sich draußen vor der Tür offenbar immer noch nicht eingekriegt hatte und deshalb wohl auch Iwamotos gutes Zureden ignorierte. Suzuki wusch sich währenddessen wortlos die Hände und schielte ab und an mal zu mir hinüber. Als die Schwester die Nadel ansetzte, zog er es allerdings vor sich mit Diarrhö- und Verhütungsprospekten abzulenken, welche mit vielen anderen Themen an einer Wand aufgereiht waren. Ich erkannte von hier, dass er sie falsch herum hielt... Als die Frau fertig war, klebte sie noch ein Pflaster drüber und sagte: „Sofern nichts weiter ist, seh ich dich in drei Tagen noch mal wieder. Wir machen jetzt noch ein paar Tests um festzustellen, ob du eine Gehirnerschütterung hast.“ Seufzend rutschte ich von der Liege und führte mit ihr diese Tests durch. Unter anderem sollte ich auf einer imaginären Linie gehen, aber Balance war nie meine größte Stärke... Zudem klappte es auch noch nicht ganz meinen Finger an die Nasenspitze zu führen. Was offenbar tatsächlich an einer leichten Gehirnerschütterung lag. Komisch, ich dachte immer das fühlt sich dumpf und betäubt an, als wäre man besoffen, oder so... Dabei war mir nur Schwindelig und ein bisschen schlecht. Und der Brummschädel natürlich. Kurz verließ die Schwester den Raum, um einen Unfallbericht ergänzen zu können und so steckte Suzuki seine Broschüren wieder an die Wand, eh er in seltsamem Ton fragte: „Wie geht’s dir?“ „Blendend“ antwortete ich sarkastisch und erfühlte das Pflaster an meinem Kopf. „Der hat dich voll um gekachelt, man!“ wurde er nun leicht aggressiv, eh er nach meinem Zusammenzucken etwas ruhiger fortsetzte: „Ein Wunder, dass er selbst nix abgekriegt hat. Aber was nicht ist, kann noch werden...!“ „Das klingt als willst du nachhelfen..?“ horchte ich auf und der mir gegenüber Stehende knurrte: „Seit wann ist Gerechtigkeit was falsches?“ Eigentlich wollte ich an der Stelle wissen, wo er da die Gerechtigkeit sieht, doch raus kam irgendwie eine ganz andere Frage: „Seit wann juckt es dich, ob ich umgefahren werde?“ Er antwortete nicht, sondern wühlte in seiner Hosentasche und hielt mir meine Armbanduhr vor die Nase, welche ich neulich mit Absicht bei ihm zu Hause liegen lassen hatte: „Ich glaube die hast du letztens vergessen.“ „Nie gesehen“ flunkerte ich und bevor Suzuki wieder ausflippen konnte, trat er einen Schritt zurück, als die Tür im selben Moment wieder aufging und die Schulkrankenschwester hinein kam. Ich sollte nun nur noch etwas unterschreiben und mich dann am besten nach Hause fahren lassen. Ach ja.. und ich soll's in nächster Zeit ruhig angehen. Als würde ich es am laufenden Band krachen lassen... Nachdem ich Hause angekommen war und gerade aus dem Fahrzeug stieg, sah ich vorne am Tor einen Blumenkurier stehen, welcher irgendwie ratlos aussah. Ich ging zu ihm hinüber und fragte was er wollte, auch wenn das sonst Sache des Personals ist. „Blumen für Herrn Shiroyama“ hieß es und da ich eh einmal hier stand, nahm ich ihm dass Ding ab und unterschrieb. Zwanzig rote und eine blaue Rose... Im Haus dann lief mir mein Vater über den Weg, der gerade auf wieder aufbrechen wollte, als er mich bemerkte und sagte: „Oh Blumen! Von wem sind die?“ Ich zuckte mit den Schultern und betrachtete die Karte dazu genauer: „Von dir – für dich.“ Kurz schien er zu grübeln und klatschte sich dann an die Stirn: „Oh Sch..... verdammt, der Hochzeitstag von deiner Mutter und mir!“ „Na dann, wie nett von dir dich an deinen Hochzeitstag zu erinnern. Was würdest du nur ohne dich tun?“ witzelte ich und reichte ihm den Strauß entgegen, er nahm diesen an sich und brummte: „Sehr lustig, mein Junge. Eines Tages steckst du in meiner Haut und musst für deine Frau Blumen zum Hochzeitstag besorgen! Dann wirst auch du einsehen, dass man(n) klugerweise vorsorgt, als später das Nachsehen zu haben.“ „Wenn du meinst...“ mehr wollte ich dazu nicht sagen, denn ich sah mich noch lange nicht in der Knechtschaft, die sich 'Ehe' nannte. „Was ist denn mit deinem Kopf?“ fragte er leicht besorgt, als ich mich bei der Übergabe zu ihm drehte. „Nichts... nur den Kopf gestoßen...“ grummelte ich leise, da ich auch nicht wirklich drüber reden wollte. Dass Eltern aber auch immer so neugierig sein müssen. Ohne mich weiter betatschen zu lassen oder Fragen nach dem Hergang beantworten zu müssen, machte ich mich schleunigst aus dem Staub. Auch wenn ich andere Pläne hatte, aber nach der Sache vor der Kantine zog ich es vor den Rest des Tages bis zum nächsten Morgen zu schlafen und mich von diesem miesen Gefühlsmix von Übelkeit und Schwindel zu erholen. Zum Glück war diese Woche endlich vorbei... . . . Wundersamer Weise wusste nach dem Wochenende plötzlich Alles und Jeder über den Vorfall Bescheid, was aber auch den Vorteil hatte, dass mich die Lehrer großteils in Ruhe ließen, was bei der Hitze heute noch zusätzlich sehr angenehm war. Nur Naomi wollte mich bemuttern und fand es vollkommen unverständlich, wieso ich da keinen Bock drauf hatte. Am liebsten hätte sie nachgesehen, ob die Krankenschwester ihren Job auch vernünftig gemacht hat, oder mich wahlweise ins nächste Krankenhaus geschliffen, nur mit eigenen Ohren zu hören, dass ich nicht sterben müsste. Ihre Besorgnis in allen Ehren, aber was zu viel ist, ist zu viel... Montag – Probetag. Wieder einmal war Suzuki nicht auffindbar, dafür ließ sich aber Ishiro nach seinem Unfall bei uns blicken. Mit eingegipstem Bein und Krücken eierte er durch die Aula und plumpste in einen der Sitze in der ersten Reihe, wedelte anschließend mit etwas, was sich als Röntgenbild entpuppte und dieses wurde ihm sogleich von Iwamoto entrissen und im Scheinwerferlicht begutachtet: „Man man man, Ishiro... ich hätte damit gerechnet, dass du mit 'ner Haarfraktur kommst, aber das hier... das ist 'ne Meisterleistung. Apropos Meisterleistung, wo bleibt Subaru? Der sollte doch nur schnell was aus dem Keller holen...“ Eigentlich wollte ich mich Kinderlieder-pfeifend wegdrehen, doch Iwamoto pickte sich natürlich niemand anderen heraus, um Suzuki einzusammeln: „Yuu, mein Freund! Da ihr Beide euch ja in letzter Zeit so gut versteht, sieh doch bitte nach, was der da unten solange treibt.“ Bevor ich auch nur ansatzweise hätte protestieren können, erklärte er seine Entscheidung außerdem damit, dass ich bei den schellen Tanzübungen, die die Anderen gerade machen mussten, eh nicht hätte mitmachen dürfen und sein minimal drohender Blick noch etwas nachhalf. Nicht, dass er wieder mit dem rosa Staub wedelt... Gemächlich begab ich mich nach unten in den Keller und sah dort die Tür offen stehen. Man hörte den Spinner schon von außen wühlen und graben, klappern und scheppern, weshalb ich ein herumstehendes Kehrblech zwischen Tür und Rahmen stellte, damit diese etwas angelehnt werden konnte und der Krach nicht durchs halbe Treppenhaus dröhnen würde. „Na du Maulwurf“ begrüßte ich Suzuki, welcher ziemlich erschrak und erst mal einen Beutel voll Murmeln fallen ließ. Natürlich kullerten die in alle Ecken und eben dies ließ nun den vor mir Stehenden mal wieder mosern: „Scheiße man, musst du dich immer so anschleichen?!“ Das war auch irgendwie keine wirkliche Frage, eher ein Vorwurf. Aber das kennen wir ja schon... Daher grinste ich nur und fragte: „Hast du schon wieder dieses Teil im Gesicht?“ Knurrend zog er seinen 'Staubschutz' von der Nase, ließ meine Frage unbeantwortet und brummte stattdessen: „Hilf mir lieber diese ganzen scheiß Perücken zu suchen...“ „Die wirst du da aber nicht finden, die sind im Regal ganz hinten, links“ entgegnete ich dem und schritt voran. An besagtem Regal stehend, wies er an: „Du vorn, ich hinten.“ Ich glaube nicht, dass er dabei die selben Gedanken hatte, wie sie mir nach dieser Äußerung in den Sinn kamen, daher stimmte ich einfach nur zu: „Hmkay...“ So durchwühlten wir einige Kartons und fanden als erstes einige der Fotoalben, die Iwamoto mit Liebe zum Detail von den vorherigen Bühnenstücken gebastelt hatte. Suzuki ließ es sich nicht nehmen einen Blick hinein zu werfen. „Bist du das?“ giggelte er belustigt, als man mich mit meiner allerersten Partnerin in meinem ebenfalls allerersten Schuljahr hier sah. „Ja, ich als Peter Pan und sie neben mir als Wendy... und da drüben, ganz am Rand vom Bild: Naomi als Tinkerbell.“ „Passt, zickig wie die ist...“ sagte er und irgendwie hatte er ja auch recht. Er zeigte auf meine damalige Partnerin und fragte aus heiterem Himmel: „Hattest du mal was mit der?“ Ich wusste im ersten Moment nicht was ich sagen sollte, denn mit so einer Frage hatte ich nicht gerechnet. „Nein... sie war auch fast zwei Jahre älter als ich...“ murmelte ich also leicht verlegen und Suzuki sprach daraufhin gelassen: „Hab gehört, ältere Frauen zu daten sei voll cool.“ „Wohl eher nicht für die 'älteren Frauen'...“ kam es daher von mir und so blätterte ich eiligst im nächsten Album. „Hier, Naomi und ich im zweiten Jahr als die Schöne und das Biest“ lenkte ich weiter vom Thema ab und zum Glück ließ er sich darauf ein, denn er schmunzelte: „Fragt sich wer von euch Zweien das Biest ist...“ Eh ich mir auch darauf etwas habe einfallen lassen können, hörte man es merkwürdig klappern. Jedoch kümmerte sich keiner von uns Beiden allzu sehr darum, denn man hört es ja in einer Schule eigentlich stets und ständig irgendwo lärmen. Nichtsdestotrotz packten wir die Alben wieder weg und fanden dann auch in den unteren Pappkartons die gesuchten Perücken. Jeder schnappte sich einen der recht großen Kartons und so wollten wir gerade den Raum verlassen, als wir feststellten, dass jemand zwischenzeitlich die Tür zugemacht hatte. Das Kehrblech stand fein säuberlich daneben an einem Regal gelehnt, doch die Tür selbst war einfach geschlossen worden. „Was zum Henker soll der Scheiß?!“ fluchte Suzuki, ließ gleichsam seine Kiste fallen und klinkte, ruckelte und hämmerte an der Tür: „Ey du Vogel, mach das scheiß Brett auf, man!“ Doch nichts. Niemand bemühte sich uns wieder raus zu lassen. Mit aufkeimenden ungutem Gefühl stellte ich ebenfalls meinen Karton ab und suchte nach meinen Schlüsseln, in der Hoffnung Iwamotos Ersatzschlüssel für diesen Raum würde sich zufällig an meinem Bund befinden, doch natürlich war dem nicht so... „Fuck, so ein... grrrhh!“ regte ich mich auf und natürlich stieg dadurch mein Blutdruck, weshalb mir wieder schwindelig wurde und ich mich erst mal irgendwo abstützen musste. „Setz dich, ich regel das!“ ordnete Suzuki an, doch eh ich fragen konnte wie er gedenkt das regeln zu wollen, trat er an die Tür und scheiterte kläglich mit schmerzverzerrtem Gesicht: „Scheiße... fucking Bitch, verdammte!!“ Hat er gerade die Tür als Bitch bezeichnet? Der Typ ist echt schräg... Und hat offenbar ein Faible fürs Fluchen. „Lass gut sein... Die Türen hier unten sind alle aus Stahl und gehen nach innen auf. Erdbebensicher und so... da ist nichts mit Eintreten...“ sprach ich relativ ruhig, wühlte daraufhin mein Handy hervor und stellte fest, dass ich kein Signal hatte, lief dann mit dem Ding den ganzen Raum ab, doch nichts – kein Empfang: „Verfluchter Bunker...“ Auch Suzuki probierte es mit seinem Telefon, aber bei ihm sollte es nicht anders sein und so schimpfte er weiter: „Wenn ich diesen Wichser in die Finger kriege...!“ „Wenn du überhaupt raus kriegst wer 'dieser Wichser' war...“ warf ich ein und setzte mich an eine Wand hinter einem Raum-trennenden Regal, da dort zusammengefaltete Hintergrundplanen von vorherigen Theaterstücken lagen und dies besser war, als auf dem bloßen Betonboden zu kauern und versuchte mir irgendwas Hilfreiches einfallen zu lassen. Blöderweise war es hier unten nicht nur ohnehin schon recht stickig, es wurde auch bald schon immer wärmer, da das Wetter ausgerechnet heute sich von seiner sonnigsten Seite zeigte. Am Kragen meiner mir langsam viel zu warm werdenden Uniform zupfend, beobachtete ich Suzuki wie er alle Fenster absuchte, dabei auf Regale, Truhen und Kisten kletterte und sogar versuchte das Türschloss mit einer Haarnadel knacken zu wollen. Nun.. nicht nur, dass sich diese schmalen Fenster in über zwei Metern Höhe befanden, sie wurden vor Jahren auch wetterdicht versiegelt, man kann sie also nicht öffnen. Zudem befanden sich auf der Außenseite ins Mauerwerk eingelassene Gitterstäbe. Sofern dieser Spinner nicht auf die Idee kommt die Scheibe einzuschlagen und an den Gitterstäben herum zu sägen, saßen wir hier fest. Resigniert ließ sich Suzuki neben mir auf den Planen fallen und knurrte leise vor sich hin: „So ein gottverdammter Scheiß...!“ Eine der Murmeln, die er vorhin hatte fallen lassen, schoss er nun durch den Raum, um seinem Frust Ausdruck zu verleihen. Anschließend zupfte auch er schnaubend an seinem Uniform-Hemd herum und entledigte sich seines Jacketts. Erneut stieg mir dieser angenehme Geruch in die Nase, welchen ich schon bei unseren Übungen vernahm. Die ganze Situation wurde immer seltsamer und seltsamer... Tief durchatmend versuchte ich mich wieder darauf zu konzentrieren einen Plan zu entwickeln, wie wir hier raus kämen. Während Suzuki sich noch mehr Murmeln zusammen sammelte, einige Zeit damit spielte und dann nach ewiger Funkstille mit einem Mal zu erzählen begann: „Weißt du wie deprimierend das ist, wenn du mit elf Jahren allein am Straßenrand sitzt und mit Murmeln spielst, während alle Anderen in deinem Alter Games auf ihren damals ultra-modernen Handys zocken?“ Ich sah wortlos zu ihm hinüber, beobachtete, wie er die kleinen Kullern in seiner Hand miteinander verdrehte und dann weiter sprach: „Als ich dreizehn wurde, hab ich mir mein erstes eigenes Handy gekauft. Hab es förmlich vom Munde abgespart und ich hab es auch heute noch, obwohl es damals schon ein älteres Modell war, und ich mir zudem die Prepaidkarten dafür kaum leisten kann.“ Ich wusste nicht was ich hierzu hätte tun oder sagen sollen, also ließ ich ihn schweigsam einfach weiter sprechen: „Aber ich brauch es zwingend für meine Geschäfte und Haschisch kann ich schließlich auch nicht mal eben selbst mit den Fingern zusammenpressen, da braucht man schon Ausrüstung für. Das Zeug geht gut weg, die Leute backen Kuchen und Hasch-Brownies damit, weil es aussieht wie Schokolade und weniger Aufsehen erzeugt als 'ne Dope-Wolke...“ Er hatte sich abermals unterbrochen und klang als würde er sich rechtfertigen wollen, dass er sich ein Handy 'gegönnt' hat, obwohl er das Geld für Lebensmittel ausgeben könnte. Es bestärkte mich auch in meinem Gedanken, dass er die Uhr haben sollte, die ich ihm überließ. Er macht nicht unbedingt den Eindruck, als würde er sich mal eben Geld schenken lassen... „Manchmal backe ich auch Hasch-Kuchen. Wenn einer meiner Freunde Geburtstag hat oder so...“ murmelte er und so beschloss ich ihm wenigstens jetzt zu antworten: „Machst du mir so einen Kuchen?“ Sein Blick wanderte zu mir, bevor er nickte: „Sicher.“ Genau in diesem Moment trafen sich unsere Blicke das erste mal völlig unbefangen. Jedoch wurde diese merkwürdig angenehme Stimmung durch ein Rascheln unterbrochen. Beide sahen wir in die Richtung, von wo das Geräusch herkam und so musste ich zweimal hingucken, als dort am anderen Ende des Raumes etwas Kleines saß. „Da, eine Maus!“ kam es von Suzuki neben mir und so krabbelte er auf allen Vieren zu dem Tier hinüber, welches natürlich bei seiner ersten Bewegung schon die Flucht ergriffen hatte. „Och nee... was soll den der Scheiß jetzt...“ moserte ich, als er mir mit der Hand wedelnd deutete mitzumachen. Er blieb auf allen Vieren und meckerte: „Alter, wir sind hier eingesperrt und entweder du langweilst dich, bis uns jemand aufmacht, oder du hilfst mir die Maus zu fangen...! „Und was dann? Wenn du sie hast, willst du sie dann essen?“ brummte ich unwillig und der Spinner grinste: „Kommt drauf an.“ „Worauf?“ hakte ich skeptisch nach, nicht dass er das arme Viech wirklich essen wollte. „Ob du ein Feuerzeug dabei hast, damit ich sie vorher ein wenig rösten kann“ kam es von ihm und so zog ich Augenbrauen hoch: „Das ist nicht dein Ernst oder?“ „Nein, natürlich nicht, aber jetzt mal wirklich ernsthaft, ob man 'ne Kuh frisst, 'ne Maus oder oder 'ne Made... Tier ist Tier und wenn jemand in seinen Hamburger beißt, da fällt auch den Wenigsten das Gesicht runter und sie schreien auch nicht: Ihhhh, der isst gerade Rind! Außerdem: Löwen fressen Schimpansen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich deren Fleisch geschmacklich so viel von unserem unterscheidet und dass es dem Löwen wurscht sein wird, wen er am Ende frisst, wenn er Hunger hat...“ faselte er immer weiter und irgendwie konnte ich seiner Ausführung kaum mehr folgen. Ich war absolut sprachlos und wusste nicht, was ich dazu sagen hätte sollen. Ist wohl doch schon weniger Sauerstoff hier drinnen, als ich vermutet hätte... „Hilfst du mir jetzt?“ sprach Suzuki mich erneut an, doch ich winkte ab: „Nein, ich leg mich hier in den Schatten wie ein Löwe am Mittag und guck zu wie der Schimpanse vor mir auf Beutezug ist.“ „Haha...“ grummelte er, bevor ich mich grinsend nach hinten lehnte und ergänzte: „Hältst du eh nicht lange durch... ist recht warm hier drin.“ „Sind bestimmt beschissene 100 Grad...“ stimmte Suzuki mir zu und begann ohne jegliche Vorwarnung sein Hemd auszuziehen. Diese Aktion hatte mich zugegebenermaßen komplett überrumpelt und so konnte ich meine Schockstarre auch erst dann lösen, als mir das abgelegte Kleidungsstück entgegen geworfen wurde. Oookaayyy.... was ist jetzt los? Ich meine, warm war mir eben auch schon, aber... Im Moment hatte ich das Gefühl Flammen würden mich auffressen. Was zur Hölle? Es war mir peinlich... Deswegen war mir bestimmt auch so warm! Ich wandte mein Blick ab, atmete mehrmals tief durch und starrte an die Decke. Dieses blöde Hemd roch auch nach diesem... Affen.. da drüben... Angepisst über meine eigene, mir unerklärliche Reaktion auf diese Sache, feuerte ich das mir eben zugeworfene Hemd zum Jackett hinüber, nur um es gleich wieder an mich zu reißen, da zu allem Überfluss, mein bestes Stück meinte sich auch mal 'zu Wort' melden zu müssen... „Verdammt...“ fluchte ich leise und deckte mit dem Stück Stoff hoffentlich das Problemchen ab. Ausgerechnet jetzt! Und wieso? Gut, ok.. man liest ja öfter, dass man(n) in meinem Alter öfter 'ne Latte kriegt, als einem lieb wäre, selbst wenn man nur einen modrigen Baumstumpf sieht. Aber warum verdammte Hacke, ausgerechnet jetzt? „Hast du was gesagt?“ wurde ich angesprochen und ich erschrak deshalb. „Was ich?“ kam es nervös von mir, eh ich genauso hektisch abwinkte: „Nee nee, alles bestens...!“ „Alter, du siehst aus als ob die gleich kollabierst“ kam es feststellend von ihm, weshalb er die Mäusejagd abbrach und sich auf mich zu bewegte. „Nee, ich.. nee.. wirklich alles super hier!“ fuchtelte ich panisch mit den Händen und versuchte irgendetwas weniger Dusseliges oder Verfängliches zu sagen: „I-ich hab nur... Durst!“ Was geht denn bitte gerade bei mir ab? Ich fühlte mich, als würde ich ertrinken, obwohl mein Mund gerade wirklich sehr trocken wurde. Meine Hand öffnete zwei drei Knöpfe meines Uniform-Hemdes und zupfte nun umso mehr am Kragen herum, um Luft darunter zu kriegen. Der Fakt, dass Suzuki sich gerade an dem alten leeren Getränkeautomaten zu schaffen machte, statt sich meiner scheinbar völlig bekloppt gewordenen Person zu widmen, erleichterte es ungemein die Fassung zurück zu erlangen. Beim Zusehen, wie der Jäger nun um den Automaten herum pirschte, pendelte sich so langsam alles wieder ein, weshalb ich ihm auch mitteilte: „Das Ding ist leer. Der wurde Anfang des Jahres gegen einen Neuen ausgewechselt und niemand hat den Alten bisher abgeholt, deswegen hat man den hier gebunkert.“ „Alt vielleicht, aber leer ist der nicht. Dahinten klemmt noch 'ne Cola“ berichtete mein Mitgefangener und so hockte er sich vor das Teil, steckte den Arm unten durch den Ausgabeschlitz hinein und fummelte drinnen herum, während er erklärte: „Wenn man kein Geld hat, kommt man nur zu was, indem man es klaut oder die Leute bescheißt. Außer im Drogen-Business, da bescheißte besser niemanden. Das kann böse enden, wenn du die falschen Leute aufs Kreuz legen willst.“ „Werd's mir merken...“ murmelte ich und vernahm an dieser Stelle auch, wie mein kleines Problem in meinem Schritt nachließ, als Suzuki verkündete: „Ha! Ich hab das Ding!“ „Gott sei Dank...“ kam es erleichtert von mir, auch wenn dies weniger der Cola galt. Einen Moment später hielt er mir die Dose vor die Nase: „Hier, eh du umkippst.“ „Nein, ja... ich meine... ich brauch das nicht so dringend...“ krächzte ich, während Suzuki sich wieder neben mir fallen ließ und sagte: „Denk an deinen Kopf. Außerdem seid ihr reichen Söhnchen doch eh kaum in der Lage längere Zeit ohne Essen oder Trinken...-“ „Oder Geld...“ unterbrach ich ihn kurzerhand, da ich die Leier ja schon kannte. „...auszukommen...“ vollendete der neben mir Sitzende seinen Satz, öffnete die Dose und überreichte sie mir erneut. Da ich keine Lust auf neue Streitereien hatte, nahm ich das Ding einfach und trank. „Pisswarm, oder?“ kommentierte er mein leicht angewidertes Gesicht, ich nickte und übergab ihm das Gesöff. Ohne sich Gedanken zu machen, nahm er die Cola und schlürfte, als würde ihm das 'Pisswarme' nichts ausmachen. Hab nie drüber nachgedacht, dass meine Getränke sonst immer gut gekühlt sind. „Hast du keine Angst irgendwelche 'reichen Schnösel-Bakterien' könnten dich bevölkern, wenn du aus der selben Dose trinkst?“ gab ich ihm zu denken und er schüttete gleich noch mal nach, eh er antwortete: „Ganz und gar nicht. Deine Schnösel-Bakterien haben keine Chance gegen meine Gangster-Bakterien.“ Ich musste unweigerlich grinsen und so gab ich auch mal eine Story zum Besten: „Wenn du Naomi schon für schlimm gehalten hast, dann musst du dir mal ihre Mutter geben... Bakterienphobie vom Feinsten. Wenn du dir bei der 'ne Weintraube aus der Schale nehmen willst, brauchst du OP-Handschuhe und Greifzange...“ „Ich sage ja, ihr habt alle ein Rad ab“ kam es lächelnd von Suzuki und ich könnte schwören, dass er das erste mal dabei lächelte, wenn er über uns 'reiche Pest' sprach. „Das kannst du laut sagen... Du willst gar nicht wissen wie der reiche Schnösel neben dir überhaupt erst zustande kam“ begann ich ein anderes Thema und er hatte noch immer dieses Lächeln im Gesicht, als er sprach: „Klingt wild, erzähl mal.“ „Naja, dass hab ich auch erst vor kurzem erfahren, aber... Meine Eltern haben es in dem einen Frühling auf Hawaii richtig hart krachen lassen mit Meskalin und Pilzen. Die waren fast jeden Tag zugedröhnt und naja... in irgendeiner Orgie mittendrin muss ich entstanden sein. Ich weiß zwar nicht warum sie so drauf waren, aber im Ernst... wenn du meine Eltern kennen würdest, würdest du das nie vermuten und sie eher für verklemmte Spießer halten.“ „Krasse Nummer, Shiroyama. Das erklärt einiges, macht dich aber auch glatt sympathischer“ sprach er daraufhin leise und mit gesenktem Kopf, bevor er mir die Cola-Dose zurückgab und fortsetzte: „Ich weiß nicht wer meine Eltern sind... Alles was ich weiß ist, dass ich als Baby adoptiert wurde und ich trotzdem wieder im Heim gelandet bin, als ich vier Jahre alt war. Man hat mir nie gesagt, was der Grund war; das musste ich wohl akzeptieren... Es gab zwar danach immer mal wieder Interessenten, aber das hat nie geklappt. Vielleicht bin ich ja irgendwie abartig, dass mich keiner wollte... Mit zehn Jahren hatte ich dann endlich Glück, auch wenn es anfänglich ein Missverständnis war, denn die wollten keinen Zehnjährigen, sondern ein zehn Monate altes Baby. Haben mich trotzdem behalten. Die Frau, die meine Mutter sein wollte... sie war wirklich lieb und sehr nett zu mir. Kein Wunder, dass sie es mit diesem Wichser, den du bereits von seiner besten Seite kennen gelernt hast, nicht lange aushielt, nachdem der seinen Job los war und immer mehr gesoffen hat... Wer würde sich das auch schon freiwillig tun, wenn er weg könnte?“ „Sie hätte dich mitnehmen können“ versuchte ich irgendwie einen Beitrag zu leisten, doch er schüttelte den Kopf: „Sie hatte alleine zu wenig Einkommen und wenn man nur eine Pflegschaft übernimmt, ist das Kind quasi Eigentum des Staates, weshalb ein Umzug gemeldet hätte werden müssen und dann wäre die Trennung eh raus gekommen. Einem Alleinerziehenden gibt man bei Adoptionen kaum eine Chance, egal wie beschissen die Chancen für das Kind stehen irgendwo anders unter zu kommen. Naja, es sei denn man heißt zufällig Madonna oder Angelina Jolie. Ich wollte jedenfalls nie wieder zurück ins Heim, also blieb ich bei dem Penner, denn das stellte das kleinere Übel für mich dar... Der Rest fiel dann quasi unter den Tisch, keiner hat was gesagt und keiner hat nachgefragt.“ Liegt's am mangelnden Sauerstoff, dass ich das Bedürfnis hatte Suzuki in den Arm zu nehmen? Was soll ich denn jetzt tun? Soll ich sagen: das wird schon? Oder dass sich das alles beschissen anhört? Das weiß er selber... Thema wechseln? Nicht, dass er denkt, mich würde das kalt lassen... Gar nichts dazu sagen? Könnte einen ähnlichen Effekt haben... „Sorry man, weiß gar nicht wieso ich dich damit voll sülze...“ brummte es neben mir und so teilte ich ihm gleich mit: „Nein, das ist wirklich Ok, ich weiß nur nicht was ich sagen soll. Alles was mir einfällt ist absolut nicht hilfreich.“ Zum Glück übernahm Suzuki den Themenwechsel und zeigte auf das Fenster der Westseite: „Die Sonne geht bald unter.“ „Auch das noch... Der Lichtschalter ist im Flur, nicht hier drinnen“ erklärte ich und hörte neben mir ein resigniertes Seufzen: „Naja, warum auch nicht? Der Tag ist eh schon so beschissen...“ Um ehrlich zu sein... hatte ich schon schlimmere Tage... „Glaub mir, du möchtest nicht mit Naomi eingesperrt sein, die würde dich in den Wahnsinn treiben“ gab ich ihm zu denken und wieder einmal kam so eine Frage von ihm, mit der man weder rechnet noch wirklich weiß wie man antworten soll: „Wieso vögelst du sie nicht einfach?“ „Was..?“ kam es nach dem ersten Schockmoment von mir und Suzuki erklärte: „Die klebt an dir wie 'ne läufige Hündin, also schnapp sie dir, bevor sie jemand Anderem nachläuft...“ „Schnappen...?“ wiederholte ich ungläubig und der neben mir Sitzende machte eine merkwürdige Handbewegung zur Unterstreichung, als er sagte: „Naja hier, Knick-Knack, du weißt schon.“ „Mhmm...“ brummte ich, ganz und gar nicht begeistert von der Idee, doch Suzuki legte gleich noch einen oben drauf: „Sie sieht doch gut aus.. oder nicht?“ War das jetzt 'ne Frage, oder 'ne Feststellung? „Ja, sie sieht super aus... und wenn sie was will, kann sie sogar nett sein... aber das war dann auch schon alles“ konterte ich Kopf-kratzend und der neben mir Sitzende zuckte mit den Schultern. „Aber sie will dich. Was willst du also mehr?“ fragte er und tippte fast schon sanft seine Faust gegen meinen Oberarm. Da ich ihm ja schlecht auf die Nase binden konnte oder wollte, 'hey ich bin noch unberührt wie der Morgentau und möchte generell nicht zu Denen gehören, die belanglos in der Gegend rumficken', murmelte ich also einfach: „Vielleicht hast du recht...“ „Türlich hab ich recht“ kam es mit einer Selbstverständlichkeit von ihm, die mich fragen ließ, ob ich der Einzige bin, der noch nie irgendwas laufen hatte. Es aber könnte, wenn er denn wollte. Bin womöglich ich der Freak? Sind meine Ansprüche zu hoch? Genüge ich überhaupt den Ansprüchen? Wie auch immer, das Thema musste schnellstens vom Tisch! „Was mich brennend interessieren würde, wie bist du eigentlich bei uns gelandet? Ich meine der Direx schickt niemanden ohne Grund gegen seinen Wunsch in unseren Kurs und die meisten bleiben auch nur ein paar Monate, dich hat er für das ganze Jahr verbucht“ begann ich also und Suzuki lehnte den Kopf an die Wand hinter uns, bevor er sprach: „Nichts worauf man sonderlich stolz sein kann, aber ich wusste, dass du das fragen wirst... Naja hauptsächlich wegen der Geschichte mit der Yasuno...“ „Atom-Zwerg?“ hakte ich grinsend nach, da unsere Physik-Lehrerin wirklich sehr klein geraten ist. Wir haben zwar nicht die gleichen Kurse in Physik, aber die gleiche Lehrerin. Suzuki nickte mit schelmischem Gesichtsausdruck, bevor er weiter erzählte: „Ich war Ende letzten Schuljahres so hacke dicht, dass ich selbst am Tag danach noch nicht mal halbwegs nüchtern war. Bin aber trotzdem zur Schule und morgens halb zehn Uhr mitten in ihren Unterricht geplatzt. Dabei hatte ich nicht mal Physik zu dieser Zeit und war offenbar im falschen Raum gelandet. Hab dann die Yasuno mit ihrem Vornamen begrüßt, bin dann direkt zu den Fenstern durch gestolpert und hab raus gekotzt... Hätte um ein Haar den Hausmeister getroffen, der hat unterm Fenster gerade Kaugummi und Taubenscheiße vom Sims gekratzt.“ Ich konnte nicht anders, ich musste bei der Vorstellung laut los lachen und krächzte nach Luft ringend: „Wenn du so weiter machst, bist du eines Tages der Hausmeister.“ „Kann sein...“ brummte er, nicht wirklich böse, aber so richtig einordnen konnte ich seine Stimmung auch nicht. Ich hoffte er würde mir den letzten Satz nicht übel nehmen, außerdem war die Stimmung gerade sehr entspannt. „Das war nicht so gemeint, wie's vielleicht rüber kam...“ sprach ich leise und versuchte ihn damit aufzubauen: „Wahrscheinlich ende ich als bettelarmer Schauspieler auf der Straße, weil meine Eltern meinen Traum einfach nicht gutheißen... geschweige denn unterstützen würden.“ „Wollen sie dich etwa enterben, wenn du tust was du willst und nicht das was sie wollen?“ fragte er und ich zuckte mit den Schultern: „Gesagt haben sie es, ob sie es tun, weiß ich nicht. Ich habe jedenfalls keine Geschwister und somit gäbe es auch keinen anderen Erben...“ „Vielleicht kann ich ja ein gutes Wort für dich bei der Hausmeisterjob-Börse einlegen“ witzelte Suzuki leicht schläfrig, dann schloss er die Augen und gänzliche Stille kehrte ein. Mir war ebenfalls immer mehr nach schlafen... Weshalb ich nun auch die Lider geschlossen hielt und dem seichten Atem neben mir lauschte, bis ich selbst weg döste. Als ich wieder aufwachte war es bereits ganz dunkel geworden und man sah in diesem Raum nicht mehr viel. Nur das Mondlicht schien an einer Seite schräg durchs Fenster und ließ den noch immer nackten Oberkörper neben mir in einem silber-bläulichen Schimmer glänzen. Ich hatte ihn vorhin schon die ganze Zeit immer mal wieder aus dem Augenwinkel beobachtet, ohne, dass ich mir erklären konnte wieso es so war. Obwohl es mir ja irgendwie peinlich ist... Doch jetzt wo er da so lehnte, betrachtete ich ihn genauer und in Ruhe. Das Bild sah einfach wundervoll aus und so probierte ich heimlich ein Foto mit meinem Handy zu machen. Dummerweise hatte ich vergessen, dass dabei dieses Geräusch entstand, wie bei einem alten Fotoapparat und eben dies weckte den Schlafenden. Ich beschloss einfach so zu tun als wäre nichts gewesen, denn er rappelte sich nun und gähnte ausgiebig. Verdammt, was tu ich hier nur? Was denke ich eigentlich? Reiß dich mal zusammen, man! „Was tust du?“ brummte Suzuki verpennt und streckte sich, bevor er offensichtlich das Leuchten meines Handys erspähte und fragte: „Hast du Empfang?“ „Ich.. nein... ich... hab nur auf die Uhr gesehen...“ stammelte ich, das Erstbeste was mir einfiel, doch er schien mir nicht zu glauben und angelte nach meinem Smartphone. Da ich mir aber nicht sicher war, ob man das gemachte Foto noch sehen würde, hielt ich das Gerät von ihm weg, doch Suzuki ließ sich davon wenig beeindrucken. Das Ganze führt schlussendlich dazu, dass ich seitlich weg kippte und er sich über mich stützte, um nach dem Handy zu greifen. Und genau jetzt folgte der haarsträubendste Moment des ganzen Tages. Ach was sag ich, die ganze Woche! Denn plötzlich hielt er abrupt inne in seiner Position und bewegt sich nicht mehr. Ich glaube so verfänglich und so nah war mir noch niemand gekommen und man sah im Mondlicht noch ganz gut, wie Suzuki von meinen Augen zu meinem Mund schaute, wieder zurück und sein Blick immer wieder zwischen diesen Stellen hin und her wanderte. Ich wusste nicht wie ich das finden sollte... Es überforderte mich ziemlich... Doch eh ich mir wirklich Gedanken machen musste, was das jetzt werden würde, hörte man schnelle Schritte im Treppenhaus und die aufgeregte Stimme Iwamotos. Hastig löste sich der über mich Gestützte von seiner Haltung und stand abrupt auf, das Licht ging an und blendete mich. Jedoch sah ich wie Suzuki nach seinen Klamotten griff und ohne auch nur irgendein Wort gesagt zu haben, an Iwamoto vorbei rauschte und durch die nun offene Tür verschwand. Ich hatte mich inzwischen wieder hingesetzt und trank nun den Rest der warmen Cola, die nun noch nicht mal mehr Kohlensäure hatte. „Tut mir Leid Yuu, ich hab völlig vergessen, dass ihr noch hier unten gewesen seid. Wieso habt ihr denn nichts gesagt, oder angerufen oder was auch immer? Erst als ich schon im Bett lag und deine Mutter mich durchs Telefon an gekeift hatte, dass man dich noch immer zu Hause vermisst, fiel mir wieder ein, dass ich euch gar nicht mehr gesehen hatte“ erklärte Iwamoto etwas durch den Wind, doch dank des wenigen Sauerstoffgehalts der Luft hier drinnen war mir ganz und gar nicht nach großen Reden schwingen. „Jemand hat die Tür zugemacht... Wir hatten keinen Schlüssel...“ versuchte ich mich kurz zu fassen und unser Regisseur nickte: „Ja, ein Schlüssel wurde bei mir abgegeben.“ Er half mir auf die Beine und stützte mich noch einen Moment, da mir doch etwas schwindelig war. „Wer?“ hakte ich kurz und knapp nach und die Antwort ließ mich doch irgendwie schmunzeln: „Der Hausmeister.“ __________________________________________________________________________________ Ja ja ja ja... der böse Hausmeister.... Das war bestimmt seine Rache an Reita :D Hoffe ich kann euch den Sonntagabend bzw. Montagmorgen (oder wann immer ihr Zeit findet) ein wenig versüßen. Nun die Frage aller Fragen, die wahrscheinlich auch Aoi im Kopf rumschwirren wird: was hatte Suzuki vor und was wäre passiert, wenn Iwamoto später aufgetaucht wäre? Mich persönlich beschäftigt da aber auch eine Frage, nämlich: möchtet ihr das hier weitererzählt haben? Den Eindruck habe ich nicht so richtig. Ich meine Ok, Reita und Aoi sind ein eher exotisches Pärchen, aber muss es denn wirklich immer Ruki und Reita sein, damit eine Story für lesenswert befunden wird? Ist eine Geschichte bloß deshalb gut, weil Ruki und Reita das handelnde Pärchen ist? Falls ich aufhören kann, möge man mir bitte kurz bescheid geben. Weiter im Text. Sind diesmal wieder über 8.300 Worte bei rumgekommen und ich hoffe, dass ich spätestens vor oder an Weihnachten das nächste Kapitel bescheren kann – sofern ich nicht aufhören soll. Im nächsten Kapitel geht’s wieder mit Reita weiter und man erfährt noch etwas mehr über ihn bzw. wie es nach diesem merkwürdigen Zwischenfall bei den Beiden weiter geht. Möchte jemand spekulieren? xD Ich hab da noch ein paar lustige Sachen geplant. Kapitel 8: (R) Und schlimmer geht's immer! ------------------------------------------ Nach dieser Nacht im Keller war ich unglaublich frustriert. Ich kann nicht mal genau sagen warum; ich war einfach... total wütend. Ja, wütend trifft es auch besser, denke ich, auch wenn ich am liebsten alles der Quelle des Übels: Shiroyama zuschustern würde, so wusste ich insgeheim, dass es an mir selbst liegen muss. Was schlimm genug ist... Falls jemand fragt, streite ich alles ab! Zwar musste ich mich am Tag darauf nicht direkt einer Konfrontation aussetzen, aber meinem angesammelten Frust musste ich Luft machen! Was wäre da besser geeignet als mal wieder 'ne Runde Kickboxen? Wegen diesem dämlichen Affentheater in letzter Zeit bin ich kaum mehr dazu gekommen und ich würd' gerade jetzt so gern mal wieder jemandem so richtig kurz und klein metzeln. Eben dies tat ich auch und ich hatte mich regelrecht verausgabt, nur um nicht darüber nachzudenken, was um alles in der Welt mich da geritten hatte. Als ich da so im schummrigen Licht über Shiroyama gelegen hatte, wurde mir irgendwie richtig mulmig und meine Gedanken drifteten schlagartig in eine Richtung ab, die mich echt erschrocken hatte. Ohne, dass ich geahnt hätte es zu wollen... Fuck! Ich denke schon wieder über diesen Mist nach! Und überhaupt, was heißt hier 'wollen'?! Es is eben einfach passiert, fertig! Gottverdammter Scheißdreck... Je mehr ich zum x-ten mal darüber nachdachte, desto mehr brodelte es in mir. Doch im Gegensatz zum gestrigen Nachmittag war heute wieder Proben angesagt und dem würde ich nicht entkommen können. Ich tat seid dem Abend vor zwei Tagen alles, um ihm und der Angelegenheit aus dem Weg zugehen, obwohl ich noch nicht mal einschätzen konnte, ob er das überhaupt so wahrgenommen hatte wie ich es tat. Am besten völlig cool bleiben und so tun, als wäre nie etwas Derartiges vorgefallen! Es war ja auch nichts! Es waren nur ein minimaler Teil meiner Gedanken... Ich saß gerade mit den Auslöser meines Selbsthasses, und natürlich dem Rest der Klasse im Chemie-Unterricht und nagte verbissen an meinem Bleistift, den Blick stur auf das Objekt meiner Missgunst vorn in der zweiten Reihe gerichtet, statt auf die Tafel... und dem sich nähernden Lehrer. „Sie scheinen sich ja mächtig mit dem aktuellen Thema zu befassen, Herr Suzuki, dann erklären sie uns doch die Problematik anhand des Beispiels, über welches wir eben gesprochen hatten“ sprach mich dieser Penner von Chemie-Lehrer an, doch ich schwieg lieber, eh mir womöglich noch eine Beleidigung raus rutscht und meine durchwachsene schulische Laufbahn hier und jetzt ein Ende nimmt... „Wie immer, ein Vorbild an Mitarbeit...“ seufzte er und wandte sich dann an die Nächsten, die ratlos drein schauten: „Jemand anderes?“ Selbstredend war das Augenmerk Aller auf mich gerichtet, nur Shiroyama nicht, der schaute stattdessen strikt aus dem Fenster. Gut, der Plan lautet also wie folgt: Ignorieren der Tatsachen, innere Vollkommenheit ausstrahlen und alles andere wird totgeschwiegen! Der Plan lief wie geschmiert, zumindest bis zum Beginn des Theaterkurses am Nachmittag. Ich stand zähneknirschend vor Shiroyama und sollte mit ihm die Szene proben, in der sich Romeo und Julia auf der Party das erste mal unterhalten. „Mensch, Subaru! Das ist nicht dein Erzfeind, das ist die große Liebe deines Lebens, also guck bitte nicht so als willst du ihn fressen um zu Töten, sondern aus Begehren! Wenigstens so wie du deine Freundin ansiehst. Wie hieß sie noch gleich... William?“ Ohne auf diese Bemerkung Iwamotos eingehen zu wollen, atmete ich tief durch und beschloss die Sache endlich durchzuziehen, meinen und den Plan des Regisseurs einfach mal umzusetzen und mir für die Zukunft was besseres einfallen zu lassen, denn so zu tun als wäre nix, ist gar nicht so einfach... Fuck, Reita! Es war ja auch nix, man! Krieg das endlich in deinen Schädel, verfluchte Axt...! „Ok.. ok! Ihr braucht noch Zeit, das seh ich ja ein. Geknutscht wird später, aber bitte... bitte lasst die Emotionen nicht so schleifen, als wärt ihr auf 'ner Beerdigung oder 'ner Lehrerkonferenz!“ moserte Iwamoto und gab der Sache noch eine letzte Chance. Selbstverständlich lief die ähnlich verkrampft ab, weshalb er Shiroyama letztlich in sein Büro schliff und das Rollo herunter ließ. Überlieferungen besagen, dass dies kein gutes Zeichen ist. Ob ich das gut finden würde oder nicht, konnte ich nicht sagen, aber etwas erleichtert war ich nun schon, erst mal Luft zu haben. Seufzend ließ ich mich auf einen der Stühle fallen, während der Rest der Anwesenden ihre Handys zückte und sie sich angeregt unterhielten. Mein Blick fiel immer mal wieder auf die Bürotür, hinter welcher man wild gestikulierende Schatten durch den Rollostoff hindurch erahnen konnte, was mich aber auch zu einer neuen Erkenntnis brachte. Nicht nur, dass ich mit der Umsetzung meines Planes am straucheln war, auch Shiroyama schien heute seine Probleme zu haben. Die Tür ging auf und so griff auch ich schnell in die Tasche nach meinem Handy, tippte sinnlos auf den Tasten herum und tat so als wäre ich wie alle Anderen schwer beschäftigt. Iwamoto rauschte im Sturmschritt an mir vorbei und ein gefalteter 'Romeo' schlich hinterher. Ich kann nicht mal sagen wieso, aber... ich glaube.. er tat mir irgendwie leid... Erneut fasste ich den Entschluss mich, diesmal nun wirklich, zusammen zu nehmen und die Sache letztens im Keller hinter mir zu lassen. Ohne, dass ich es zuvor geglaubt hätte, ging es plötzlich immer leichter, mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und für den Augenblick ganz in die Geschichte des Stücks einzutauchen. Abgesehen von dem ganzen Schmalz, war das ja damals schon 'ne ganz andere Welt. Der Regisseur mutete uns zwar für heute nicht mehr allzu viel Emotionen und Intensität zu, aber ordnete am Ende noch etwas an, eh wir gehen durften: „Ihr Zwei, ihr werdet das aus der Welt schaffen und es ist mir egal wie ihr das macht! Geht von mir aus zu 'ner Eheberatung oder was weiß ich was, aber das geht so echt nicht weiter! Meine Fresse, ich fühl mich langsam wie Baz Luhrmann, seine zwei Romo und Julia Darsteller konnten sich auch nicht ausstehen... Also... Leo, Claire.... macht was draus!“ Shiroyama räusperte sich und sprach: „Wir werden uns morgen nach der Schule treffen und unseren Text proben – mit Emotionen.“ Ich schaute hinüber zu ihm und wollte gerade Einwände los werden, dass ich über meine Zeit gern selber entscheiden würde, doch die drohend zusammengekniffenen Augen Iwamotos ließen mich dann doch nur noch zustimmen. Zwar konnten wir uns in den letzten zwei Stunden der Probe wie normale Menschen unterhalten, aber irgendwas lag noch immer in der Luft. Am Abend, als ich nach den anstrengenden Proben unter die Dusche wollte erwischte es mich kalt. Oder besser gesagt, Nichts erwischte mich, denn es kam kein Tropfen aus der Leitung! „Moah, hat dieser Penner schon wieder die Wasserrechnung nicht bezahlt! Ich werd noch bescheuert...“ fluchte ich so vor mich hin, als wäre der Tag nicht schon bescheiden genug. Einen Moment lang grübelte ich, was ich tun könnte und beschloss, einfach meinen Duschkrempel zu packen und hinüber in die Duschräume der Schule zu gehen. Um die Zeit ist schließlich keine Sau da und heißes Wasser gibt’s da auch! Gedacht, getan! Meine Utensilien waren schnell zusammengepackt, sowie ein paar fünf Liter Kanister an meinem Rucksack und schon war ich auf dem Weg. Wenn die Dusche nicht funktioniert, kommt auch woanders kein Wasser raus, dass heißt zum Kochen und fürs Klo ist auch nichts da, weshalb mich wohl wieder öfter bei meinen Nachbarn blicken lassen werde, bis das behoben ist, aber die kennen das ja schon. Von mir aus kann der Suffsack ja vor sich hin miefen, aber ich habe noch soziale Kontakte und möchte diese auch behalten. Es war zwar etwas ungewohnt hier in der Schule zu später Stunde keinen mehr zu sehen oder zu hören, aber auch entspannend. Zum Glück schließt sowohl in der Woche als auch am Wochenende niemand die Hintertür ab! Oder es hat einfach nur noch keine Sau mitbekommen... Wie auch immer. Frisch geduscht und mit gefüllten Kanistern ging's wieder nach Hause, wo ich schon den altbekannten menschlichen Türstopper vorfand, mich aber nicht im geringsten auch noch darüber aufregen wollte. Ich stieg gelassen drüber und verrammelte die Haustür, legte mich dann in mein Bett und schloss mit diesem Abend endgültig ab. Der nächste Tag verlief unerwartet entgegenkommend für mich, denn die letzten Unterrichtsstunden fielen überraschend aus, da der Lehrer auf dem Weg zur Schule einen Auffahrunfall baute und nun auf dem Bullenrevier fest hing. Mit meiner neugewonnen Freizeit beschloss ich mit Ayumi bei mir noch einen Joint durchzuziehen, eh ich mich wohl oder übel mit Shiroyama treffen würde. Sie sagte zunächst zu, entschied sich aber doch dazu, ihre Mathestunde nicht zu schwänzen, da sie auch nicht darauf aus war, wegen Mathe 'ne Ehrenrunde zu drehen und das Schuljahr zu wiederholen. Also saß ich ganz allein in meinem Zimmer auf meinem Bett, mit gerolltem Spliff und wusste nicht was ich tun sollte. Obwohl, eine Sache geht immer! Sich einen runter holen! Ohja, das trägt auch maßgeblich zur Entspannung bei. Während ich also wenig später so schön dabei war und mein Hirn auf Stand-by vor sich hin dümpelte, riss jemand unerwartet die Tür auf und platzte mitten ins Wichsen. Ich war dem Höhepunkt aber schon zu nah und konnte so schnell kaum reagieren, als ausgerechnet 'er' da stand und mich anstarrte, eh er Worte fand: „Oh... komme ich ungelegen?“ „Nein, aber ich.. ooohhaaa!“ stöhnte ich kraftvoll, als ich abspritzte und erst mal realisierte, das dort jemand stand. 'Wer' dort eigentlich stand! Doch eh ich meine Sinne beisammen hatte, sprach Shiroyama: „Dann... geh ich einfach noch mal durch diese Tür und wir Beide tun so, als wäre das hier eben nie passiert.“ Mir stockte im ersten Moment der Atem und so fiepte ich: „Ok.“ Was zur Hölle? Es klopfte nun zwei mal, was mich irritierte, denn jetzt gab es wohl kaum mehr was schlimmeres wobei man stören könnte und so fragte ich vorsichtshalber: „Wer ist da?“ „Suzuki...“ knurrte es von der anderen Seite und mir fiel nichts anderes ein als: „Nee, der bin ich.“ Im nächsten Moment riss er schon wieder die Tür auf und ich bedeckte hastig meinen Schritt mit der Decke, während er brummte: „Alter, willst du mich rollen oder was? Du weißt, dass ich es bin!“ „Und du weißt, dass die Tür offen ist, also schieb deinen Arsch hier rein“ grummelte ich, aber mein unverhoffter Gast hielt sich schnell die Hand vor die Augen, als er fragte: „Ähm.. bist du fertig und angezogen?“ „Fertig ja, angezogen nein.“ ließ ich ihn wissen und pfriemelte schnell die Hose wieder hoch: „So, jetzt.“ Shiroyama schaute prüfend zwischen den Fingern hindurch und brabbelte dann: „Man, ist das Wetter heiß heute... findest du nicht, dass es echt warm draußen ist?“ und reißt doch dabei glatt mein Fenster auf. Ich dachte, ich werd' bekloppt und fauchte daher: „Und du lässt diese scheiß Hitze hier rein! Spinnst du?“ „Hier drinnen riecht's komisch...“ rechtfertigte er sein Handeln, während er im Zimmer umher sah und ich das Fenster wieder schloss: „Wie auch immer...was gibt’s?“ „Wie, was gibt’s? Ich bin zum Text lernen hier, wir waren verabredet!“ kam es von ihm und so schaute ich auf die Uhr meines Handys: „Was jetzt schon? Ja... naja dann... nimm Platz...“ „Auf deinem Bett?“ fragte er ungläubig und so zuckte ich mit den Schultern: „Siehst du hier irgendwo einen Stuhl oder eine freie Fläche, wo man einen Stuhl hinstellen könnte?“ „Leck mich, Suzuki...!“ knurrte er und setzte sich ganz am Rand aufs Bett. „Und du mich erst!“ konterte ich und fragte auch gleich: „Wer hat dich eigentlich reingelassen?“ „Niemand, die Tür war auf...“ erklärte er und da fiel es mir wieder ein, dass ich die ja nur angelehnt hatte, weil ich davon ausging, dass Ayumi gleich vorbei kommen würde. Da das mit der Verdrängung zuletzt ja immer besser klappte, war es auch diesmal angesagt, das Thema totzuschweigen und da fortzufahren, wo wir gestern auf gehört hatten. Das klappte sogar so gut, dass wir die Zeit völlig vergaßen und Shiroyama plötzlich einen Anruf von seiner Mutter bekam, er möge sich unverzüglich zum Tee im elterlichen Domizil einfinden. „Ihr Schnösel habt doch alle ein Rad ab“ kommentierte ich das gut zu verstehenden Geschrei seiner Mutter durch das Telefon und er nickte: „Wem sagst du das...“ Der neben mir Sitzende brach auch gleich auf und... in seltsamer Weise fühlte ich mich komisch, nachdem er weg war. So allein, irgendwie... Nicht mal meinen Joint hab ich gebraucht, so unerwartet entspannt war ich die Zeit über – was aber auch daran gelegen haben könnte, dass ich mir vorhin einen runter geholt hatte. Ich erntete noch ein paar Pflanzen und hängte sie zum Trocknen auf, damit ich sie am Freitagabend verkaufen kann. Es musste dringend wieder Geld ran, damit ich die Wasserrechnung bezahlen kann und nicht mehr Nachts zur Schule muss. Wäre saublöd, wenn mich doch noch irgendwer erwischt. Anschließend verbrachte ich den restlichen Abend bei meinen Kumpels und Ayumi an der Skateboard Rampe. „Jo ReiRei, wie geht’s dir, Alter? Lange nich gesehen!“ empfing man mich und als ich meine Abwesenheit erklären wollte: „Ja, die Sache mit-..“ „Mit'm Theaterscheiß da, ja, hat Ayu schon erzählt. Muss ätzend sein mit Strebern, Schnösel und Schwuchteln abzuhäng' man“ wurde mir ins Wort gefallen und ich nickte nur zustimmend. Wenig später, als ich mich gerade mit Ayumi unterhalten wollte und überlegte, ob ich ihr von der Sache mit dem Wichsen erzählen soll, stand schon einer der Anderen vor mir und trippelte mit einem Ball auf der Stelle, während er mich fragte: „Jo man, biste morgen Nacht am Start?“ „Was is morgen?“ hakte ich unwissend nach und er antwortete: „Na, is doch wieder Fight-Club-Night dieses Wochenende.“ Stimmt. Die sind ja ein mal im Monat, da besser ich mein Einkommen gelegentlich auf, indem ich dort antrete. Nu hab ich leider diesmal wenig Zeit; eigentlich gar keine... Gras vor den Clubs zu verticken zieht sich meist die ganze Nacht, denn gerade wenn die Leute im Morgengrauen hackedicht raus stolpern, packen sie sich gern ein paar Gramm mehr ein, eh sie nach Hause gehen. Aber leider hat man eben nur Zeit für eine illegale Sache... Da morgen aber erst mal wieder Schule ist und ich mir ja an diesem Abend die Nacht um die Ohren schlagen muss, zog ich es vor nicht allzu lange hier zu bleiben, anschließend schnell bei den Nachbarn zu duschen und früh pennen zu gehen. Zum Glück nervte mich am nächsten Tag soweit niemand, sodass ich meine Nerven für die Proben am Nachmittag aufheben konnte und einigermaßen gechillt dort aufkreuzte. Dort stand mitten auf der Bühne der fertige Balkon – mein Balkon! Ich musste natürlich gleich mal Probestehen. Sehr geil, wie die Eierköppe da unten rumwuseln und ich hier oben alles im Blick hab: Dieser Ishiro mit seinem bekritzelten Gips, wie er versucht sich den Weg mit seinen Krücken zu bahnen, Kesuke wie er in der Nase bohrt und den Chef vom Laden, der mit 'nem Klemmbrett angelatscht kam. „Ahh sehr gut, Julia hat ihren Platz für heute gefunden!“ drang die Stimme Iwamotos an mein Ohr und ließ mich seufzen. „Und da kommt Romeo!“ rief er Shiroyama entgegen, welcher mit seinem furchtbar hässlichen Hut die Stufen erklomm, die von vorn auf die Bühne hinauf führten. Sinn und Zweck dieser Sache war wohl, dass 'Romeo' lernen sollte mit Hut zu gestikulieren, ohne dass dieser permanent runter fällt, wenn er zu Julia hinauf spricht. Wider der Erwartungen Aller klappte dies von Anfang an tadellos, der Text von allen Beteiligten saß, die Emotionen offenbar auch und Iwamoto stand sichtlich der Mund offen vor Begeisterung: „Geil! Das is doch echt ma geil, oder was meinst du, Keisuke?“ Er zog den kleinen runden Kerl zu sich und klopfte ihm auf die Schulter, bevor er ihn wieder von sich weg schob und weiter sprach: „Das will ich sehen, Freunde! Das war Leidenschaft! Subaru, sogar dir hat man's abgekauft!“ Leicht verlegen schaute ich zur Seite, denn sowas wie Lob bin ich nicht gewohnt und so wirklich wusste ich auch nicht wieso es jetzt so gut klappte. Vielleicht, weil Shiroyama gut einen Meter vor mir mit dem Hut so lächerlich aussah, dass ich ihn nur bedingt ernst nehmen konnte. Ich musste zudem grinsen, da es eine Szene war die wir gestern, unter Anderem, auch geprobt hatten, als er bei mir war. Möglicherweise hat Iwamoto auch mein belustigtes Gesicht als verliebtes Strahlen von Julia wahrgenommen und braucht 'ne Brille... Nachdem alles so spitzenmäßig lief, hatte ich auch nichts dagegen einzuwenden, dass Shiroyama vor meiner Nachtschicht noch mal vorbei schneit und wir Hasch-Brownies backen, die er für seine reichen Homies wollte. Ich hatte ihm ja letztens versprochen ihm auch 'nen Kuchen – oder nun eben Brownies zu machen. Da hat er aber Glück, dass ich noch die 'Spezial-Schokostückchen' da habe. Sogar ein wenig Ordnung habe ich in die Bude gezaubert, mit dem geliehenen Wasserkocher meiner Nachbarn, war es auch kein Problem, an heißes Wasser zu kommen. Am frühen Abend erschien er dann und hatte sogar sämtliche Zutaten dabei, die noch fehlten und das Extra-Cash natürlich. „Dann komm mal rein und stell den Kram in der Küche ab“ bat ich, er kam meiner Anweisung nach und fragte hinten angekommen: „Wo ist den das ganze dreckige Geschirr hin?“ „Im Schrank“ entgegnete ich dem kurz angebunden, doch Shiroyama hakte weiter nach: „Sauber?“ „Selbstverständlich sauber!“ kam es von mir, dann zeigte er nach unten: „Und was ist das da auf dem Fußboden?“ „Das ist das Muster vom PVC-Belag... Unglaublich, aber ich hab gewischt und da kam das, einfach so, krass oder?“ antwortete ich grinsend aber mit ernster Stimme und er brummte: „Verarsch mich nicht..“ „Du hast gefragt“ teilte ich ihm mit, während ich mich an den mitgebrachten Sachen zu schaffen machte. „Bio-Eier... Bio-Mehl... Bio-Dies, Bio-Das...“ murmelte ich vor mich hin, als ich die einzelnen Dinge auf den Tisch stellte. „Einkaufen macht irgendwie Spaß und Kuchenbacken sicher auch!“ kam es begeistert von meinem Gast, der ganz sicher noch nie das Problem hatte, ewig vor den Regalen zu stehen, sämtliche Preise zu vergleichen und generell abzuwägen, ob man das nun wirklich braucht oder das Geld für was Wichtigeres ausgibt. Als ich dabei war die Zutaten zu einem Teig verarbeiten zu wollen, fragte Shiroyama mich: „Muss man das nicht irgendwie.. naja abmessen oder so?“ „Hab ich einmal probiert... schmeckte nicht. Seit dem mach ich alles nach Gefühl und es wird der Hammer! Vertrau mir, das wird ein Meisterwerk!“ erklärte ich ihm und holte nun die Zutat aller Zutaten, die Essenz der guten Laune! „Sieht wirklich irgendwie aus wie Schokolade“ bemerkte Shiroyama und tippte mit den Fingern am Haschisch herum. Als der fertige Teig dann im Ofen war, stand mir der Sinn nach was Essbarem. So holte ich das Bügeleisen hervor und legte ein Brett auf den Tisch, kramte den etwas harten Toast hervor, den mir meine Nachbarn beim letzten Besuch überlassen hatten. Die erste Scheibe landete auf dem Brett und wurde schön knusprig braun gebügelt. Mein Gast saß daneben und wusste scheinbar nicht was er dazu sagen oder tun sollte. Ich drehte die Toastscheibe mit dem Pfannenwender auf die andere Seite und bügelte auch diese. „Interessante Technik“ nickte Shiroyama dann doch noch anerkennend und ich ließ ihn wissen, wie ich zu diesem guten Stück Bügeleisen kam: „Das war im Sonderangebot... hatte Farbfehler, deswegen haben sie's als B-Ware vercheckt.. das war vor ungefähr sechs Jahren.“ „Da warst du zwölf...?“ „Elf“ korrigierte ich und er hakte weiter nach: „Und die haben dir das Ding verkauft?“ „Naja...ich hab einfach vorm Geschäft einen Passanten gefragt, ob er mir von draußen durchs Fenster zuwinken könnte, wenn ich das Teil kaufe, der Verkäufer sollte denken, es sei mein Vater und ich würde jetzt lernen wie man etwas kauft.“ „Warst ein cleverer kleiner Scheißer“ vernahm ich es von Shiroyama, welcher mich dabei sogar ein wenig anlächelte. Das war irgendwie merkwürdig... zu merkwürdig. Daher wechselte ich schnell wieder das Thema: „Du hast ja keine Ahnung was man alles mit 'nem Bügeleisen zubereiten kann! Einfach schön von beiden Seiten bügeln und knusprig braun isses!“ Zum Glück lehnte er die höfliche Frag ab, ob er auch 'ne Scheibe wolle, so blieb mehr für mich! Die Brownies brauchten auch nicht sonderlich lange im Ofen; auch hier ging ich nach Gefühl. „Du musst das dann nur noch in Stückchen schneiden, vorm Servieren“ sprach ich, doch gerade als ich das fertige Ding halbiert und einzeln in seine mitgebrachte Folie gewickelt hatte, legte Shiroyama das Geld auf die eine Hälfte, schob sie zu mir zurück und sagte einfach: „Danke.“ „Aber das ganze Ding is für dich, immerhin bezahlst du auch dafür“ verdeutlichte ich, doch er nickte nur, als wüsste er genau was er tut. Hmm... Und was mach ich jetzt damit? Kühlschrank, irgendwo ganz unten, damit der alte Sack das nicht findet, sollte der hier doch mal aufkreuzen. Oder Gefrierfach, noch besser! Da guckt der nie rein... wäre auch zu viel Aufwand 'ne Pizza im Ofen warm zu machen. „Im Gegenzug will ich, dass du mich mit nimmst“ kam es wie aus dem Nichts von Shiroyama und ich fragte vorsichtshalber noch mal nach: „Wohin?“ „Dein Zeug nachher verticken, ich wäre gern dabei. Keine Angst ich misch mich nicht ein, ich will nur mal... was erleben, raus aus dem Trott... deine Welt kennenlernen, eben ein Abenteuer“ antwortete mein Gast, der zugegebenermaßen für 'ne Überraschung gut ist. „Aber das is kein Kinderspielplatz da draußen und nichts für wohlbehütete reiche Jungs“ versuchte ich ihm klar zu machen, doch er zuckte nur mit den Schultern: „Das kann ich mir denken. Also, Deal? Die Hälfte vom Kuchen und du nimmst mich mit?“ Wenn der wüsste wie viel lieber ich jetzt auf seinem Sofa... einem seiner Sofas... gammeln würde, meinen Kuchen futtern und alle Sorgen vergessen würde... „Wenn du meinst...“ seufzte ich und schaute zu ihm hinüber. „Aber so kannst du dich da nich blicken lassen, die überfallen uns, wenn sie deine Kohle wittern! Die stehen auch nicht zum Spaß da draußen und verticken ihre Pillen und Pulver...“ stellte ich gleich mal klar und ging hinüber in mein Zimmer: „Zieh was von mir an, 'nen ollen Sweater oder so, falls es kühler wird...“ rief ich ihm zu und wühlte in meinem Bettkasten ein passendes Teil hervor, wollte mich damit gerade umdrehen und in die Küche zurück, als der Typ plötzlich oben ohne hinter mir stand und das Teil an sich nahm. Räuspernd drängte ich mich, aufgrund der Enge des Raumes, dicht an ihm vorbei. „Und stell ja nichts Dämliches an und sprich mit niemandem, auch wenn er dir Bonbons andreht...“ brummte ich und holte dann kleine Tüten und die Küchenwaage, um anschließend das getrocknete Hanf genau abwiegen zu können. Dafür setzte ich mich auf mein Bett und Shiroyama nahm direkt neben mir Platz. Nun war er doch deutlich weniger abgeneigt dort zu sitzen, wie es noch am gestrigen Tag der Fall war. Nach dem Vorfall... Interessiert schaute er mir bei der Vorbereitung zu, während ich erklärte: „Die Menge in den Tüten ist die meiner Erfahrung nach am häufigsten gekaufte Gramm-Zahl. Einige kaufen auch mal das Doppelte, aber wer eigentlich weniger will, der muss eben doch diese Einheit kaufen oder ewig suchen bis er jemand findet, der weniger anbietet, dafür aber mehr verlangt.“ „Ich fass es nicht, dass ich das sage aber... Suzuki, du hast es drauf!“ sprach der neben mir Sitzende anerkennend und klopfte auf meine Schulter, ließ den Arm dort liegen und wollte mir scheinbar weiter zusehen, doch ich saß nun vollkommen regungslos da, bis er dies bemerkte und seinen Arm wieder weg nahm: „Sorry...!“ „Kein Ding“ kam es mit belegter Stimme von mir, eh ich die letzte Tüte füllte und den Rest wieder für Eigenbedarf versteckte, den Schrank abschloss und mir nun selbst noch etwas überzog. Denn auch wenn die Tage mittlerweile recht warm wurden, aber nachts wird’s doch noch etwas frisch. Vor allem wenn man nur blöd rumsteht und stundenlang auf Kunden wartet. Später, auf dem Weg zur Partymeile, gaukelte Shiroyama seinen Eltern vor bei irgendeinem seiner Schnösel-Freunde zu nächtigen und steckte dann sein Handy gut weg. Er zog sich sogar die Kapuze über den Kopf... Man hörte schon einige Meter entfernt, die dröhnende Musik und so führte ich mein Anhängsel als erstes zu einem Club, der schon um zehn Uhr abends einen recht hohen Andrang hat. Nun hieß es warten. Es kamen zwei Leute, die je eine Tüte kauften, was nicht der Brüller ist, aber es lief auch schon schlechter. Nach einer Stunde wechselten wir den Standort ein paar Straßen weiter, wo der nächste Einlass stattfand, nur leider kam da nur ein Kaufwilliger. Null Uhr war dann der Start vorm größten Club, mit den größten Erfolgschancen. Doch es lief schleppend... „Liegt es an mir?“ fragte Shiroyama mich und ich schüttelte den Kopf: „Nein, das wage ich zu bezweifeln... Manchmal läuft's, manchmal nich...“ Gerade, als ich die Umstände erklären wollte, woran es alles liegen kann, vernahm ich hinter uns eine mir bekannte Stimme: „Jo ReiRei altes Haus, auch wieder am Start?“ „Sicher doch Haru, aber solltest du nicht da drinnen sein und mitfeiern?“ entgegnete ich ihm und sah in seinem Mantel amateurhaft zusammengeschweißte kleine Tütchen mit lauter bunten Pillen hervor blitzen. „Willste ein paar? Echt guter Stoff!“ begann er und breitete seinen Mantel aus, ich besah mir das Angebot und wusste gleich, der Mann hat keine Ahnung von dem was er da tut: „Ouh ouh.. mit den Roten da musste vorsichtig sein, dass ist nur was für Experten.“ „Geht klar! Was nu, willste was davon?“ hakte er erneut nach und ich winkte ab: „Nee du, ich glaub Pillen vertrag ich nich so... wobei... ich nehme das nächste mal die Grünen hier, damit dünge ich ab und an meine Pflanzen. Aber sag mal, wenn der Stoff so gut ist, warum wirfst du ihn dir nicht selber ein?“ „Ich muss mich für 'ne Weile verdrücken und brauch dringend Bares. So'n Flugticket bezahlt sich nicht mit Smarties, weißt du...“ hielt er sich über seine Gründe eher bedeckt, doch ich wollte so was, eh nie so genau wissen, weshalb ich auch nicht weiter drauf einging: „Uhh, da haste dir aber was vorgenommen. Ja dann viel Erfolg, frag mal Toyo, der ist offen für alles. „Da war ich schon, er is indisponiert...“ antwortete Haru und das weckte nun doch mein Interesse, da dieser Toyo doch öfter mal bei mir kauft: „Oh, was is da los?“ „Naja, seine Mutter kam doch grad frisch aus'm Knast und hat ihn dabei erwischt, wie er den Schwanz von 'nem anderen Kerl im Mund hatte... in ihrem Bett. Da ist sie ausgeflippt und hat auf ihn geballert“ erzählte er recht trocken, doch ich war doch etwas schockiert: „Fuuuck...!“ „Ach der Typ ist wie 'ne scheiß Kakerlake, der überlebt alles. Du kannst ihn ersaufen, erschlagen, erschießen oder wegbomben... der kommt immer wieder aus den Trümmern vor gekrochen; mach dir um den keinen Kopp. Also, ich muss dann mal weiter, war nett mit dir“ hatte er es mit einem Mal sehr eilig und verschwand in einer nahegelegenen Gasse. Hat sicher wieder scheiße gebaut... Normalerweise hätte Jemand wie er, der aus dem Mittelstand kommt, es nicht nötig irgendwas auf der Straße verkaufen zu müssen. Wahrscheinlich hat er die Pillen bei seiner letzten Party zusammengeklaut... Mein nächster Blick ging wieder zu Shiroyama und dieser zeigte auf die Gasse, in der Haru – mit diversen Zwielichtigen Verfolgern – gerade eingebogen war und sagte: „Darauf brauch ich jetzt erst mal einen Schnaps!“ Damit setzte er sich in Bewegung und wollte in den Club hinein, der gerade erst geöffnet hatte. Ich sah noch wie er vom Türsteher aufgehalten und recht grob abgewiesen wurde, wildes Gestikulieren und Geschreie konnte ich vernehmen, dann kam mein Anhängsel zurück und zuckte mit den Schultern: „Die wollen einen 'Penner' wie mich nicht rein lassen... Der hat mich echt Penner genannt... unglaublich!“ „Da siehst du mal wie es der mittellosen Bevölkerung geht, wenn man dort nicht in Haut Couture aufschlägt. Aber den Schnaps kriegen wir auch woanders“ ließ ich ihn wissen und wollte eben da gerade hingehen, als ich im Augenwinkel sah, wie sich Shiroyama verdächtig wegdrehte und nun jemand sehr chic gekleidet vor mir stand: „Verkaufst du Gras? Wenn ja, nehme ich alles was du hast.“ Ich war im ersten Moment platt. Dann musste ich meinen Jubel im Zaum halten, um diesem Snob nicht vor Freude um den Hals zu fallen. „25 Gramm pro Tüte zu je 7000 Yen, 12 hab ich dabei“ teilte ich ihm mit – nach kurzem Check-Up, ob der Typ ein verdeckter Bulle sein könnte und holte dann die restlichen Tütchen hervor. Er gab mir das Geld, ich zählte es nach und überreichte ihm dann die Ware. „Besten Dank, man!“ sprach er und schon machte er sich vom Acker zu seinen Homies, die augenscheinlich vor dem teuren auf ihn Club warteten. Shiroyama drehte sich zu mir, als der Typ außer Sicht war und flüsterte: „Das war ein Kumpel von mir.... naja, mehr ein Bekannter; wir haben nicht viel miteinander zu tun, aber wenn er mich gesehen hätte, wüsste ich nicht ob mein Ausflug hier die Runde macht.“ Womit er auch meine nächste Frage gleich geklärt hatte und ich ihm freudig mitteilte: „Manchmal sind die reichen Schnösel doch zu etwas gut! Dann lass uns mal 'ne Flasche Schnaps besorgen und darauf anstoßen!“ Der Angesprochene schüttelte schmunzelnd den Kopf und folgte mir zu einem der anderen, kleineren Clubs zurück, wo wir uns eine Flasche vom billigsten Fusel kauften – meinem gefälschten Ausweis sei dank! – und zwei Bier, was alles auch so schon teurer war als in jedem Getränkeladen. Leider haben solche Läden, aber um diese Zeit schon lange zu und außerdem hatte Shiroyama seine Designer-Geldbörse bei mir versteckt und deshalb für seine Verhältnisse nur relativ wenig Geld dabei. „Und was machen wir jetzt mit der angebrochenen Nacht?“ fragte er und hatte offenbar nicht vor nach Hause zu gehen, also schlug ich vor: „Da wäre so 'ne Veranstaltung, wo sich Leute gegenseitig die Fresse polieren. Wir könnten zusehen, aber Wetten sind mir da echt zu riskant.“ „So ein richtiger Straßenkampf?“ kam es interessiert von Shiroyama und ich antwortete: „Ich denke, das werden mehrere Kämpfe sein, aber ja... Straßenkampf trifft's. Ist am Waldrand, wir müssten ein ganzes Stück laufen bis dahin.“ Wir waren dann auch eine gute Stunde unterwegs, haben auf der Strecke bei einer Tankstelle angehalten und noch etwas zum Trinken besorgt. Endlich angekommen, wagte es mein Anhängsel auch sich die Kapuze vom Kopf zu ziehen und bemerkte begeistert: „Das Ambiente ist echt der Wahnsinn, mit dem Lagerfeuer und dem Bierfass und so!“ Ich musste lachen, da mir das alles nie so bewusst war und ich es irgendwie als normal empfand. Mit einem mal vernahm ich eine mir sehr vertraute weibliche Stimme, die mich rief: „ReiRei! Ich dachte, du kommst heute nich?“ Ayumi kämpfte sich durch die Massen zu mir durch und drückte mir ein Bussi auf die Backe. „Dachte ich auch, aber ich hatte wohl mal Glück. Was geht denn hier ab, wieso seh ich hier niemanden mit gebrochener Nase oder blutigen Lippen?“ fragte ich sie das, was mir als erstes aufgefallen war, als ich hier ankam. „Die fangen jetzt erst an, keine Ahnung wieso. Mir sagt man ja nie was...“ schmollte sie gespielt und schaute dann an mir vorbei zu meiner Begleitung: „Kenn ich dich nich irgendwo her?“ Shiroyama schaute darauf hin von ihr zu mir und so wollte ich die Beiden dann doch vorstellen: „Ayu, das ist...“ Ich wusste nicht, ob er wollte, dass ich seinen Namen nenne, doch er erledigte das gleich selbst: „Aoi, freut mich sehr.“ „Ähm... Ayumi“ murmelte sie, ungewohnt schüchtern lächelnd. Aber vielleicht war sie auch nur von seiner Höflichkeit irritiert. „Ich.. öhm... hol mir dann erst mal noch'n Bier“ sagte sie und verschwand in Richtung Fass. Im Moment kann ich es wirklich nicht sagen, ob sie ihn erkannt hat oder nicht. „Aoi?“ hakte ich mit schiefem Grinsen nach und er zuckte mit den Schultern: „Das hat sich bei meinen Leuten einfach so eingebürgert.“ „Kenn den Namen nur von so 'nem Pornostar... also einem weiblichen!“ war mein Beitrag dazu und Shiroyama zog die Augenbrauen nach oben, bevor er nickend meinen Spitznamen aussprach: „ReiRei, ja?“ „Eigentlich Reita, aber die meisten finden ReiRei cooler. Hat sich eben so eingebürgert!“ zitierte ich den neben mir Stehenden und grinste noch breiter. Kurz darauf kam Ayumi wieder und brachte uns je einen Becher Bier mit, als sie sagte: „Es geht endlich los, Jungs! Die haben schon das dritte Fass Bier aufgestellt, um die Leute bei Laune zu halten, bis es anfängt.“ Wir schauten nach vorne über die vielen Menschen hinweg und sahen wie der Moderator sich auf ein kleines Podest stellte und mit einer Erklärung begann: „Werte Fangemeinde, entschuldigt die Verspätung, aber mein Weib hat vor 'ner Stunde meine Fußballmannschaft komplettiert und die Zwillinge sind wohlauf!“ „Ein Schuss, zwei Treffer!“ war der geistreiche Kommentar aus dem Publikum, eh der Mann auf dem Podest vorsetzte: „So isses! Aber ich denke, das reicht jetzt auch...“ „Fußballmannschaft?“ raunte Shiroyama mir zu und ich nickte: „Ja, der Typ hat neun... bzw. jetzt wohl elf Kinder zu Hause.“ Der entgeisterte Blick meines Nebenmanns sprach Bände. Weiter vorn wurden nun die übliche Regeln vorgelesen: „Jo Freunde der Nacht, ihr wisst wie's läuft: der Stärkere muss den Schwächeren verjagen... oder ihn fressen. Ich zähle noch mal im Einzelnen auf was nicht erlaubt ist: Athame, Aikuchi, Backlocks, Brieföffner, Macheten, Dolche, Cutter, Entermesser, Balisong, Friseurmesser, Fingermesser, Hippe, Integral- oder Jagdmesser. Des weiteren auch keine Jambia, Okuliermesser, Hirschfänger, Parmesanmesser, Rasiermesser, Skalpelle, Tantos, Tumis, Zigarrenschneider und Wurfmesser, dazu zählen auch Wurfsterne! Sowie jegliche Küchen-, Taschen- und Schnappmesser und auch keine Bajonette, Chaveta, Faustmesser oder Neck Knifes. Das gilt übrigens auch für diese scheiß Plastikbestecke aus den Fressbuden! Die splittern sowieso immer, wenn man jemanden damit wehtun will... böse Entzündung sag ich euch...“ Ich finde die gute alte Sicherheitsunterweisung, wenn man das so nennen darf, eigentlich immer ganz lustig, doch Shiroyama sah mich mit großen Augen an. Als dann noch ein mir fremder Kerl fragte: „Was ist mit Brotmessern?“ antwortete der Moderator mit gespielt ernster Stimme: „Willst du jetzt gleich sterben?“ Der neben mir Stehende hatte offensichtlich zu tun damit, das Geschehen hier zu schlucken und krächzte: „Wow, da ist aber jemand gründlich.“ „Und das waren erst nur die Stichwaffen.. warte ab bis er zu den Knarren kommt“ kam es amüsiert von mir, denn für jemanden, der noch hier bei so was dabei war, für den muss das sicher echt krass sein. „Warum sagt er denn nicht gleich: nur blanke Fäuste?“ wurde ich gefragt und ich erklärte dies meinem voller Ehrfurcht dreinblickenden Anhängsel: „Die Jungs hier haben vielleicht mehrheitlich keinen Schuldabschluss oder keinen mit besonders gutem Durchschnitt, aber die meisten sind echt nicht so dämlich wie sie aussehen. Die sind gewieft, hinterhältig und schrecken oft vor nicht allzu vielen Dingen zurück. Letztes Mal hat einer seinem Gegner drei Bleistifte in den Bauch gerammt.“ „Ach du Scheiße...“ nuschelte Shiroyama und ich legte daher noch einen drauf: „Kein schöner Anblick, aber das war nichts gegen den Kerl, der mit einer Stricknadel seiner Oma 'nem Anderen fast das Auge ausgestochen hat.“ „Erinner mich nich daran“ brachte sich Ayumi in unser Gespräch ein und wieder hörte ich es recht eingeschüchtert von der anderen Seite: „Oh Fuck...“ „Ist die das jetzt Abenteuer genug?“ schmunzelte ich, doch vom Gemeinten kam kein Wort dazu. Während weiter vorne nun noch mehr Gegenstände aufgezählt wurden, dachte ich mir, dass die Liste irgendwann keine Ende mehr nimmt, wenn die Leute hier schon so kreative Instrumente wie Stricknadeln und Bleistifte einsetzen und es sicher nicht lange dauert, bis der Erste seinen Kontrahenten mit 'nem Fahrradschlauch würgt. Als der Opening-Kampf schon recht schnell, sehr brutal anmutete, beugte sich Shiroyama zu mir und flüsterte: „Bist du es nicht leid, bei solchen Menschen zu leben?“ Ich zuckte mit den Schultern: „Hab ich irgendeine Wahl? Ist nicht so, als käme jemand zu mir und würde mich fragen, ob ich nicht lieber in Saus und Braus in einem eurer Luxusbunker leben will.“ Den Blick, den er nun hatte, war nicht wirklich zu deuten, aber er sagte auch dazu nichts mehr. Während Ayumi auf der einen Seite mit angestrengtem Gesichtsausdruck und geballten Fäusten regelrecht mitfieberte, sah sich Shiroyama um und schien sich immer unwohler zu fühlen. Als sich dann noch ein großer breiter Typ vor Ayumi drängelte und sie beiseite schubste, tippte er dem Typen auf die Schulter und sprach: „Entschuldigen sie, aber die Dame stand zu erst hier.“ Der Angesprochene drehte sich um und schaute erst auf Ayu, dann auf Shiroyama, eh er zu lachen begann und nun auch meine Begleitung schubste: „Was willst du, du Würstchen, hm?“ Bevor das Ganze ausarten konnte, mischte ich mich ein: „Alles easy, Die haben nur zu viel gesoffen.“ Ich schnappte ich mir die Beiden und zerrte sie schleunigst an den Rand. Da Ayumi Shiroyama's Aktion als heldenhaftes Einschreiten wahrzunehmen schien, wandte ich mich direkt an ihn: „Hör mal, wenn du nich 'nen Kopf größer und doppelt so breit bist wie der, kannst du so was bei solchen Typen nicht bringen!“ „Du hättest mich ja auch verteidigen können, ReiRei-Schatz“ murmelte Ayumi, doch ich stellte gleich klar: „Wenn so einer wie Der eben dabei ist, dann trete ich nicht an, gerade weil ich weiß, dass ich gegen so ein Tier keine Chance haben werde!“ Shiroyama schien nun auch ein Licht aufzugehen: „Du machst da auch noch mit??“ „Gelegentlich... wenn die Chancen gut für mich stehen“ antwortete ich und ließ mich dabei auf eine Holzbank fallen, da ich es nun vorzog, die Sache von hier aus weiter zu beobachten. Seufzend legte sich Ayu mit dem Rücken auf die Bank und mit dem Kopf auf meinen Schoß, gähnte herzhaft und sprach: „Eigentlich wollte ich schon längst wieder zu Hause sein...“ Sie überreichte mir ihr restliches Bier, was sie für gewöhnlich nur dann tut, wenn sie keinen Bock mehr drauf hat. Also schüttete ich ihren Rest in meinen Becher und steckte sie ineinander. „Meine Füße tun weh...“ murmelte Shiroyama und setzt sich auf das Stückchen freien Platz neben mir. Was soweit auch völlig ok war, bis... ja bis er sich mit dem Rücken an meine Schulter lehnte. Dann wurde mir plötzlich ganz komisch... Der Mann strahlt eine unglaubliche Wärme ab! Ich wedelte mir Luft unter das Shirt und sah mich um. Niemand beobachtete mich. Selbst Ayu hatte sich auf die Seite gedreht und schien trotz der lauten Geräuschkulisse zu dösen. Vorsichtig wagte ich einen Blick zur anderen Seite und... roch an den schwarzen Haaren, die so faszinierend im Licht des Lagerfeuers glänzten... Sie rochen echt gut... Moment mal, ReiRei! Den Kopfschüttelnd versuchte ich so schnell wie möglich auf die Beine zu kommen und ließ die Beiden damit ebenfalls hochschrecken. „Es wird bald hell, wir sollten gehen!“ schlug ich hektisch vor, auch wenn es eigentlich ein 'ich geh jetzt auf jeden Fall' war, egal ob allein oder zu dritt. Shiroyama hatte ich damit sicherlich einen Gefallen getan und so müde wie Ayumi nun schien, ihr wohl auch. So machten wir uns auf den Heimweg und kamen zwischendurch wieder an der Tankstelle vorbei, holten uns dort noch ein Bier und Ayu sich 'ne Cola-Light. Eher schweigsam trotteten wir in der aufgehenden Sonne über eine Stunde nebeneinander her, bis wir vor einem Piercing- und Tattooladen von Ayumi abrupt ausgebremst wurden: „Die haben offen! Da muss ich rein!“ „So früh haben die schon geöffnet?“ brummte Shiroyama müde und ich entgegnete dem: „Für die Einen ist es früh am Morgen, für die Anderen vielleicht das Ende einer langen Nacht.“ Augen verdrehend folgten wir ihr und während sie sich die Tattoo-Vorlagen betrachtete, standen wir an einem schmalen Tresen gelehnt, an dem eben noch eine kleine, zierliche, aber von Kunstwerken übersäte Frau war und nun mit einem Mal ein riesiger, von Metallen nur so durchlöcherter Typ da stand und ein Tätowiergerät auf die Platte knallte: „Wer will zuerst?!“ Aus dem ersten Schreck heraus entwich mir ein recht schriller Laut... „Das war kein Schrei! Das war eine Reaktion!“ untermalte ich meine Männlichkeit, die für den Bruchteil einer Sekunde flöten ging und war umso überraschter... oder soll ich sagen erschütterter(?), dass Shiroyama die Hand hob und sagte: „Hier ich, wollte schon immer mal ein Piercing haben.“ Fassungslos starrte ich ihn an und er lächelte zurück. Hat der sich das eben gerade erst überlegt? „Ernsthaft?“ hakte ich also nach und er nickte: „Ja, ich dachte, vielleicht hier so...“ und zeigte dabei seitlich an seine Unterlippe. „Na, wenn das mal nicht Scheppert im Hause Shiroyama“ schmunzelte ich, doch der Gemeinte zuckte wieder mit den Schultern: „Das ist meine Lippe, mein Leben und ich kann ja wohl mit einem gottverdammten Piercing sowohl Schauspieler werden, als auch meinen Arsch in einem Sessel von Vaters Firma breit drücken.“ Mit diesen Worten, ließ er sich von der zierlichen Frau zu einen Stuhl leiten und nahm Platz. Ich hab noch nie gesehen, wie das gemacht wird, also lief ich den Beiden nach und verzog das Gesicht beim Anblick der Nadeln, die dort lagen. „Tut das weh?“ fragte ich sie und sie lachte: „Ja klar tut das weh!“ Sie zog sich Handschuhe über, desinfizierte die Stelle und setzte die Zange an. Kurz bevor die Frau zur Tat schritt, griff Shiroyama nach meiner Hand. Ich war zunächst erschrocken, doch konnte ich den Mann jetzt unmöglich im Stich lassen und legte meine andere Hand auch auf die Seine. Die Zange ging zu, Shiroyama zuckte, aber gab keinen Mucks von sich. Einen Augenblick später war der Spuk auch vorbei, das Piercing drin, die Lippe rot und Ayumi sprachlos. Das erlebe ich auch selten genug... Sie fasste Shiroyama vorsichtig an den Kiefer und drehte seinen Kopf, um sich das von allen Seiten anzusehen. Irgendwie missfiel mir das, dass sie ihn so berührte... „Hat was“ war ihr Urteil, dann legte er seine restlichen paar Mäuse auf den Tisch, die nur ganz knapp reichten um den Unsinn zu bezahlen und dann konnte es endlich nach Hause gehen. Ayumi war die erste, die sich verabschiedete. Sie drückte erst ihm und dann mir ein Küsschen auf die Wange, doch ich nutzte die Gelegenheit und teilte ihr etwas mit: „Es gefällt mir irgendwie nicht, wenn du ihn küsst und anfasst...“ Daraufhin gab sie mir einen langen Schmatzer auf den Mund und flüsterte: „Wenn's nach mir ginge, würde ich euch Beide mit nach Hause nehmen und Dinge mit euch anstellen, bei denen Mutti garantiert ausrasten würde.“ Mit einem Zwinkern bog sie in die nächste Straße ein und winkte dann noch mal, eh auch wir weiter gingen. „Deine Freundin, hm?“ hakte Shiroyama nach und ich musste diese Frage noch einmal kurz durchdenken, eh mir wieder einfiel, dass sie und ich ja irgendwie als Paar gelten: „Ähm, ja..! Finger weg!“ Er hob abwehrend die Hände, als wolle er sagen, dass er nichts versuchen wird. Wir traten gerade um die Ecke, als Shiroyama stehen blieb und mit reichlich entsetztem Gesichtsausdruck in den Mülleimer neben sich starrte. Ich folgte seinem Blick und sah, weshalb er da stand wie 'ne Salzsäule. „Oha, 'ne Knarre!“ Vorsichtig tippte ich sie mit dem Boden der Bierdose an – man weiß ja nie warum jemand so'n Ding entsorgt. Dann drückte ich dem neben mir Stehenden mein Bier in die Hand und nahm das gute Stück mitsamt des Tuchs, in der die Waffe eingewickelt gewesen sein musste, in die Hand und besah mir das Ding fachmännisch. Sie war recht leicht, weshalb ich mir das Magazin ansah: „Hmm... keine Kugeln drin...“ In wenigen Handgriffen hatte ich das Teil weiter auseinander gebaut und stellte fest: „Jemand hat den Schlagbolzen entfernt. Und dieser Jemand wollte das Ding höchst wahrscheinlich nicht zum Töten, sondern zur Abschreckung. Hat vielleicht ein Geschäft überfallen oder so...“ Nachdem ich rein gar nichts mehr von Shiroyama hörte, wandte ich mich ihm zu und sah sein bis ins Mark erschütterten Blick: „Was'n?“ „Suzuki... wenn ich nicht noch halbwegs angetrunken wäre, würde ich jetzt echt Angst vor dir kriegen...“ nuschelte er und sah mich äußerst skeptisch an. Ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte und es stieg mir zudem auch gerade von irgendeinem Frühstücks-Imbiss der Duft von Essbarem in die Nase, also verkündete ich: „Hmm... also langsam krieg ich Hunger.“ Schnell baute ich die Waffe wieder zusammen, wischte ich meine Fingerabdrücke ab und legte sie wieder zurück in den Müll. Meine offensichtlich eingeschüchterte Begleitung schien auch sehr dankbar drum. „Lass uns was futtern, ich brauch jetzt echt was im Magen“ hörte ich es und so sah ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Wenn du so lieb wärst und uns von deinem hart verdienten Geld etwas zum Essen kaufen würdest, dann gebe ich dir das Geld dafür komplett zurück, sobald wir wieder bei dir sind!“ versprach er. Nicht, dass ich die Bitte ausschlagen wollte, aber ich konnte es mir auch nicht nehmen lassen, zu dieser Situation noch etwas zu sagen: „Stell dir mal vor, ich wäre jetzt nicht da und du wärst hier ganz alleine, ohne Handy und hungrig, vielleicht wäre deine einzige Möglichkeit an Geld zu kommen, dich mit dem Arschloch von vorhin bis aufs Blut zu prügeln...“ „Dann wäre ich verloren... nein, ich wäre ganz sicher tot“ antwortete er und irgendwie hatte ich das Gefühl, das Shiroyama trotz seiner Schnösel-Herkunft, mittlerweile ein recht gutes Verständnis dafür hatte, wie es ist jemand wie ich zu sein. Ich nickte daher zustimmend und steuerte zielsicher die Fressbude an, die er ohne meine Hilfe nicht so schnell gefunden hätte. Er bestellte die größte Portion, die er finden konnte und gleich noch ein Päckchen Party-Liköre dazu. Damit ging es dann die kurze, restliche Strecke zu mir nach Hause. Dort angekommen liefen wir direkt in mein Zimmer, wo er sich am Fußende meines Bettes setzte und sich lang legte, alle Viere von sich streckte und herzhaft gähnte. Ich kroch vom Kopfende aus aufs Bett und stellte das mitgebrachte Essen direkt neben seinem Kopf ab und sah wie er grinste. „Was gibs'n da zu Lachen?“ kam es von mir, nun ebenfalls grinsend. „Ach... Meine Mutter wäre so eckig, wenn ich im Bett essen würde, die würde mich mehr als rund machen“ erzählte er und ich probierte den ersten Bissen, um dann mit vollem Mund zu fragen: „Warum daf? Ich dachte immer, daff ihr reichen Typen Einen habt, der eure Wäffe macht.“ „Ja, natürlich haben wir Einen, der die Wäsche macht, aber Mutter würde schon aus Prinzip meckern, wenn sich ein Anlass dafür ergibt“ erklärte Shiroyama und drehte sich dabei auf den Bauch, langte nun auch beim Essen zu und schüttete sich hin und wieder ein Likörchen hinter. Ich tat es ihm gleich. Als wir fertig waren, lagen wir nun Beide auf dem Rücken gerollt da und starrten zufrieden an die Decke, bis ich das Wort ergriff und den ersten Gedanken aussprach, der mir nun in den Sinn kam: „Hab überlegt, ob ich 'ner Religion beitreten soll... vielleicht Buddha anbeten... oder Jesus... oder ich werd' Moslem! „Du wärst ein beschissener Moslem...“ vernahm ich es mit rauer Stimme nah an meinem Ohr und so hakte ich verunsichert nach: „Wieso?“ „Du hast gerade besoffen Schweinefleisch gegessen?“ schmunzelte er neben mir und verwirrte mich mit dieser Aussage: „Essen die so was nich? Dachte das wären Kühe...“ Nun lachte er und raunte: „Ich sag ja.. du wärst ein beschissener Moslem.“ Eigentlich wollte ich noch nachhaken, wie er das meinen würde, doch als mich zu ihm drehte, lag er da, mit geschlossenen Augen und leicht geöffneten Lippen. Mir entfielen sämtliche Worte, weshalb ich wieder an die Decke starrte. Das seichte Atmen dicht an meinem Ohr verleitete auch mich dazu recht bald einzuschlafen. Doch wurde ich viel zu früh wieder geweckt. Shiroyama hockte an meinem Bettrend und ruckelte an meiner Hand, ich ergriff diese in meiner Schlaftrunkenheit und entfernte sie schleunigst wieder, als ich mir dessen bewusst wurde. „Hey, ich wollte gerade gehen, aber ich glaube da ist gerade was zur Haustür reingefallen“ flüsterte der nah bei mir Kauernde und so erhob ich mich mühsam. „Man, der Typ hat ein scheiß Timing...“ knurrte ich und öffnete meine Zimmertür. „Immer der selbe Zirkus mit Dem...“ moserte ich, raufte meine Haar und wandte mich dann an meinen Gast: „Ja nee, am besten du kletterst aus dem Fenster, ist ebenerdig, da passiert nichts. Ayu macht das auch so...“ „Ok..“ bestätigte Shiroyama leise, schnappte sich seine Schuhe und stieg auf mein Bett, um aus dem Fenster zu kommen. Auf der anderen Seite stehend sprach er mit gedämpfter Stimme: „Dein Geld liegt da drüben, ich war so frei mein Portemonnaie aus deinem Schrank zu holen.“ „Alles klar“ kam es bestätigend von mir, als ich einen Blick drauf warf und mich gerade verabschieden wollte, als die Tochter meiner Nachbarn gerade den Müll raus brachte: „Jo ReiRei, wie merke ich das ich ein Trottel date? „Das lernst du schon noch, wenn nich, verprügel ich ihn für dich“ zwinkerte ich ihr zu und sie lächelte: „Voll cool!“ eh sie wieder im Haus verschwand und Shiroyama sich auf mein Fensterbrett lehnte: „Wie alt ist die Kleine?“ „Elf“ kam es kurz und schmerzlos von mir, doch er schien etwas erschrocken: „Was??“ „Ja, man kann nie früh genug damit anfangen, sich die Idioten vom Hals zu halten“ vertrat ich meine Meinung und der vor meinem Fenster Stehende schüttelte mit dem Kopf: „Frühreife Jugend heutzutage..“ „Du klingst wie'n alter Sack“ schmunzelte ich und auch Shiroyama musste lachen: „Im Moment fühle ich mich auch so.“ Er blickte zur Seite und sein zerzaustes Haar glänzte in der Sonne. Die Weiber stehen bestimmt auf so'n Typen... Als er wieder zu mir sah, schaute ich schnell weg und setzte beim Thema von eben fort: „Ich muss demnächst mal mit ihr reden...“ „Wieso und über was?“ fragte er und fuhr sich durchs Haar welches der Wind in sein Gesicht wehte. „Ihr Vater sitzt im Knast und die Mutter ist völlig überfordert mit ihrer physisch und psychisch kranken Schwiegermutter, da bleibt keine Zeit für die Kleine und irgendwer muss dem Mädchen ja sagen das Männer alle Schweine sind.“ „Ihr Vater ist im Knast? Weswegen?“ hakte Shiroyama nach, wohl wissend, dass nur wieder etwas kommen würde, wo er nur noch mehr mit dem Kopf schüttelt. „Ach nichts Wildes, nur Hehlerei, aber der ist erst in Sieben Jahren wieder draußen“ begann ich und er hakte weiter nach: „Sieben Jahre wegen Hehlerei? Da kriegt so Mancher für Mord weniger aufgebrummt.“ „Hehlerei im großen Stil, hat haufenweise Hightec-Computer und Zubehör illegal vertickt...“ erklärte ich die Sache näher und so wollte er wissen: „Woher hat er den Kram?“ „Vom Lastwagen gefallen“ antwortete ich mit schiefem Grinsen und auch er lächelte, als er sich von meinem Fensterbrett abstieß: „Ahja.“ Er winkte und ging weg. Barfuß... die Schuhe in der Hand. Als er außer Sicht war schloss ich das Fenster wieder und sah auf dem Bett den Sweater, den er letzte Nacht anhatte. Ich nahm ihn in die Hand und wollte ihn zusammenlegen, was an sich schon völlig gegen meine Art ist, aber ich schnüffelte auch noch daran und wusste nicht mal wirklich wieso. Irritiert von mir selbst, pfefferte ich das Ding in eine Ecke und beschloss mich lieber noch mal 'ne Runde aufs Ohr zu hauen. Nach der anstrengenden Nacht schlief ich auch bis in den späten Nachmittag hinein und wollte anscheinend einfach nicht aufwachen, was nicht zuletzt auch an diesem Traum gelegen haben könnte. Zuerst war da irgendein Fest und ich war am Feiern, bis ich mich – warum auch immer – von den ganzen Leuten abseilte und plötzlich in völliger Dunkelheit war. Ich bekam Panik, doch dann spürte ich etwas. Jemanden. Zunächst waren es leichte Berührungen, fast wie wenn einem auf die Haut gepustet wird, doch sie wurden fester, es waren nun definitiv Handflächen die ich spürte. Da ich niemanden sehen konnte, rief ich in die Dunkelheit wer da sei, jedoch bekam ich keine Antwort. Deshalb fragte ich erneut: Ayumi? Wieder keine Antwort, nur ein seltsames raues Schnurren an meinem Ohr, die Stimme kam mir bekannt vor, aber definitiv nicht Ayumis. Je massierender und kräftiger die Hände auf meiner Haut entlang fuhren, umso mehr gefiel es mir und ich dachte nur: scheiß drauf, es ist verdammt geil, was hier gerade passiert, also gab ich mich dem vollkommen hin. Und ich hatte das Gefühl gleich zu platzen vor Geilheit, aber auch konnte ich kaum genug kriegen. Irgendwie fühlte es sich auch bald so an als wären meine Hände festgebunden, irgendwo in der Finsternis, welche sich nur nach und nach lichtete und ich nun endlich Umrisse sehen konnte. Doch bei aller Wonne, mir schwante Böses, als sich diese Silhouette gänzlich zuerkennen gab. Nein! Shiroyama... Nein!!! Ich wandte mich im Bett und fuhr schweißgebadet und mit 'ner mords Latte hoch, sah mich hektisch im Raum um und wischte mir die klatschnassen Haare von der Stirn. Das darf einfach nicht wahr sein! Ich hab mich bestimmt geirrt... Warum ausgerechnet der Typ? Es brauchte eine Weile, bis ich meine Nerven soweit wieder beisammen hatte, doch das intensive Gefühl, was so verflucht echt schien... das blieb. Das musste ich ändern! Schleunigst! Nur wie? Ich könnte ja.... mhmm.. aber nein! Ich werd mir ganz sicher nicht auf Shiroyama einen von der Palme wedeln! Das geht nun wirklich zu weit. Aber dann bleibt nur eins: kalt duschen. Richtig kalt! Zum Glück hatte ich noch meine Klamotten an und mein Duschzeug war sowieso noch im Rucksack, so musste ich es mir nur schnappen und konnte los. Bei meinen Nachbarn war aber natürlich gerade jetzt niemand zu Hause, also blieb nur der Weg zur Schule. Es machte mich echt irre, so wuschig wie ich war durch die Gegend zu rennen, aber es hilft ja nichts! Dort endlich angekommen schlich ich schnell durchs hintere Tor und wollte direkt durch die Umkleide zu den Duschen hindurch marschieren, doch als ich den gefliesten Raum betrat traf mich der Schlag! Aber so richtig, man! Shiroyama! Nackt! Nur seitlich von hinten, aber splitterfaserfuckingnackt! Und glitschig eingeseift... „W-was zum...?!“ entwich es mir entsetzt und er drehte den Kopf nach hinten, sah mich an und sagte kein Wort. Mir wurde heiß und kalt und dann wieder unendlich heiß, doch ich konnte mich kein Stück bewegen. Was ist das wieder für eine neue Teufelei? Der unweit vor mir Stehende wandte den Blick nicht von mir ab und wollte sein Duschgel auf eine der Halterungen stellen, sah aber nicht wohin er es platzierte und so viel das Ding runter. Natürlich... Klischee olé! Noch immer erstarrt sah ich dabei zu wie er sich bückte und das verdammte Teil wieder aufhob. Und oh... ouuhh.... Hat die Welt je einen geileren Arsch gesehen...? Halt stopp! „Kann ich dir irgendwie helfen?“ hörte ich es nun von Shiroyama und ich stammelte verwirrt: „Ja.. Nein! Ehh... ich geh wieder... Weiter machen!“ Doch noch immer blieb ich wie angewurzelt stehen und vernahm nun wie sein Blick abwärts wanderte und ungefähr an meiner Körpermitte hielt. Irritiert sah ich ebenfalls an mir herab und bemerkte, dass ich schon wieder 'ne mords Latte hatte, welche ein formschönes Zelt in meiner weiten Hose bildete und nun wirklich keine Fragen offen ließ. „Fuck!“ entwich es mir, eh ich mein Handtuch davor hielt und aus dem Duschraum flüchtete. Kopflos stürzte ich neben an in der Umkleide zurück, stolperte auf eine Bank zu und setzte mich erst mal. Das ist ist ein Albtraum! Ein gottverdammter scheiß Albtraum... Ich meine, was mach ich denn jetzt? Wie soll ich ihm das erklären? Vor allem... kann ich es ja nicht einmal mir selbst wirklich zu erklären... Mein Hirn schien völlig frei von klaren Gedanken und ich war auch diesmal nicht in der Lage mich zu bewegen – jetzt erst recht nicht. Der Schock, über mich selbst, saß tief. Ich musste einige Minuten da gesessen und in Zweifel, Panik und Selbstmitleid gebadet haben, denn zu allem Überfluss trat Shiroyama nun ebenfalls in den Umkleideraum. Lediglich ein Handtuch bedeckte seine untere Hälfte und obenrum tausende Wassertropfen, die zusammen mit den nassen Haaren kleine Rinnsale auf der Haut bildeten. Er blieb stehen und unsere Blicke trafen sich, dann ging er langsam weiter zu einem Spind und stellte sein Zeug hab, während ich verbissen auf meinen Lippen kaute. Als er sich ein Stück nach vorn beugte, um seinen Kram abzustellen, wanderte mein Augenmerk wie magnetisch zu seinem Hintern und dann platzte es aus mir heraus: „Was zur Hölle machst du eigentlich hier?“ „Trainieren“ antwortete der vor mir Stehende knapp, doch ich war aufgebracht und fauchte weiter: „Bezahlt dir Papi nich ein ganzes Fitnessstudio?“ Der Angesprochene richtete sich langsam wieder auf und lehnte die Tür seines Schranks an, eh er sich herum drehte und sagte: „Würde er sicherlich, aber ich darf zum Einen, wie jeder andere auch auf dieser Schule hier, die Sportgeräte benutzen, wobei der Zeitpunkt durchaus diskutabel wäre... und zum Anderen hab ich um die Zeit hier meine Ruhe, im Gegensatz zu 'nem teuren Studio. Abgesehen davon... würden mir die... Highlights entgehen, die man hier so geboten bekommt.“ Das war zu viel! Vielleicht hatte ich auch nur drauf gewartet, dass er irgendetwas sagen würde, woraufhin ich explodieren könnte, aber der Funken war da und entfachte eine Feuersbrunst in mir. Ich sprang auf und ließ dabei allen Duschkrempel fallen, stemmte Shiroyama mit meinem Unterarm an die Spindschränke hinter ihm und knurrte: „Du blöde Schwuchtel, ich... ich...“ Ja... 'ich' wusste plötzlich nicht, was ich sagen wollte und starrte stattdessen nur auf die leicht geöffneten Lippen direkt vor mir. Mein Gegenüber hatte sich sofort abwehrend mit den Händen an meinem Shirt festgekrallt und schien ebenfalls abzuwarten was nun passieren würde. Mit der freien Hand wollte ich den fast nackten und irgendwie viel zu nahen Körper reflexartig wegschieben, doch hinter ihm waren die Schränke und so ließ es der triebgesteuerte Teil meines Hirns doch langsam zu, die wohlige Wärme zu fühlen, die von seinem Bauch ausging. Dieser hob und senkte sich zunächst schnell, bis ich merkte wie er die Luft anhielt. Ich wagte es kaum in seine Augen zu sehen, dafür wanderte mein Blick immer wieder hektisch von diesen vollen Lippen und dem Hals hin und her, an welchem sich noch immer die feinen Wassertröpfchen befanden. Es stieg eine unbändige, wenn auch irgendwie primitive Gier in mir auf. Ähnlich der Gier, welche mich überkommt, wenn ich mal wieder drei Tage nichts Essbares hatte. Nur war es diesmal nicht die übliche Art von Hunger, der mich trieb... Ich musste es tun. Ich musste förmlich in diesen Hals beißen, eh ich mich womöglich an den Lippen vergehen. Und ich denke, dass ich nicht gerade zärtlich geknabbert hatte, denn Shiroyama knurrte tief, als er sich merklich einen Laut zu verkneifen versuchte. Er ließ auch mein Shirt sofort los und krallte sich in meinen Haaren fest. Ich tat es ihm gleich und löste meinen Arm von seiner Brust, legte die Hand stattdessen an seinen Nacken und fuhr grob mit den Fingern durch das nasse Haar, eh ich es fest im Griff hielt. Ein Zischen. Und ich bin sicher, ein verflucht erregtes Zischen! Denn seine Hände an meinem Hinterkopf pressten mich nun regelrecht an ihn, weshalb auch meine Finger an seinem Bauch immer unruhiger wurden. Aus einem zunächst beiläufigen Kraulen und Tasten, wurde schnell ein zielsicheres, festes Massieren, welches immer tiefer rutschte und mein Opfer wieder schneller atmen ließ. Als ich Shiroyamas bestes Stück unter dem Frottee des Handtuchs spürte, hielten wir nun beide die Luft an. Vorsichtig strich ich über den Stoff und vernahm ein schweres Schlucken an meinem Ohr, welches mich förmlich anstachelte weiter zu gehen. Meine Finger fuhren nun ungeniert unter das Handtuch und ergriffen seinen nun steifen Schwanz und so hörte ich prompt ein sehr erregtes Stöhnen. Meine Lippen konnten sich noch immer nicht von seinem Hals lösen, Shiroyama jedoch ließ mit einer Hand meine Haare los und versuchte sich irgendwie an den metallen Türen hinter sich festzuhalten, als er seine Empfindungen scheinbar nicht mehr zu kontrollieren wusste. Das Tuch löste sich bei meinem Tun nach und nach und rutschte dann gänzlich zu Boden. Es hatte auch echt nicht lange gedauert, bis der Körper vor mir zu zittern begann und ich spürte wie es in meiner Hand warm und glibbrig wurde. Das war dann auch die Stelle, an der sich meine kurzzeitig deaktivierten Hirnzellen so langsam wieder einreihten und nicht völlig außer Kontrolle umher rasten, wie in den letzten Augenblicken. Abrupt ließ ich von dem von meinem Opfer ab und starrte ihn an; wieder einmal fassungslos über mein eigenes Handeln. Ohne mich um meinen fallengelassenen Duschkram zu kümmern trat ich zurück und stieß beim Rückwärtsgehen an die Bank, auf der ich vor wenigen Minuten noch gesessen hatte und dachte: schlimmer als bis dahin könnte es nicht kommen... Ich stolperte seitlich rückwärts weiter von Shiroyama weg und sah dabei nur noch wie er an den blechernen Türen der Spinde hinter sich hinabrutschte. Als ich im Flur war hielt ich kurz an, denn trotz der eigentlich eher mäßigen Anstrengung, bekam ich kaum Luft. Als ich meine Hand betrachtete und das glibbrige Resultat meines Tuns sah, bog ich direkt in die nächste Tür ein, die Damentoilette. Ich suchte das nächste Waschbecken und wusch mir die Hände, als könnte ich damit hinweg spülen, was hier eben passiert ist. ___________________________________________________________________ Ja, meine Lieben, es hat wieder ewig gedauert, aber was soll ich sagen, da kam Weihnachten, da kam mein Geburtstag, da kam dies und das... Genug der Ausreden! Hat mich überhaupt wer vermisst? XD Ich bin wieder mit einem Kapitel am Start und hoffe die über 10.000 Worte machen das einigermaßen wieder gut. Und die Handlung vor allem zum Schluss hin erst :P Was wird ReiRei nun tun, wo er sich doch gerade erst ein gelassenes und recht gutes Verhältnis mit Aoi erarbeitet hat? Und Aoi erst, was wird dem wohl jetzt durch den Kopf schwirren? Wer mag kann ja gern mal spekulieren :P Ja Fehler such ich später noch mal zusammen, und Antworten auf Reviews folgen auch! Kapitel 9: (A) Chaotische Energien und ihre Auslöser ---------------------------------------------------- Ich weiß nicht wie ich beschreiben kann, wie ich mich fühle... Irgendwie... auseinandergerissen und neu zusammengesetzt. So, dass ich die Welt nun irgendwie anders sehe... Nur weiß ich noch nicht wirklich was ich sehe.. oder sehen sollte... Ach verdammt, ich bin völlig verwirrt! Das klingt doch bescheuert... Als ich da so gesessen hatte, vor diesen blechernen Spindschränken, war ich völlig neben mir. So etwas... war das Letzte womit ich gerechnet hätte... Und so wie Suzuki aus dem Geschehen rennte war, wird das auch nicht sein Plan gewesen sein. Nun stand ich zu Hause in meinem Badezimmer vor dem Spiegel, beugte mich näher zu meinem Ebenbild und stützte mich dabei auf die marmorierte Waschbeckenzeile. Als ich meinen Kopf zur Seite drehte, mir die dunkelrote bis leicht bläuliche Stelle an meinem Hals ansah und mit den Fingern darüber fuhr, kamen mir unweigerlich Bilder des Augenblicks vor mein geistiges Auge, als diese entstand. Wieder einmal... Das nahm eigentlich kein Ende; schon seit ich in der Limosine meiner Eltern auf dem Weg zurück nach Hause saß... Nachdem er mit mir fertig gewesen war und ich dort auf dem Boden hockte, hatte ich echt zu kämpfen, der aufkommenden Müdigkeit Herr zu werden. Aber das konnte er ja nicht wissen... Ich hab mich sicher fünfzehn oder zwanzig Minuten kaum bewegen können, versuchte krampfhaft wach zu bleiben und mit dem eben Geschehenen klar zu kommen. Mehrere Male hatte ich zu der offenstehenden Tür geschaut, durch welche Suzuki regelrecht geflohen war. Geflohen, ja... das traf's. Irgendwie musste ich es zu den Duschen zurück schaffen. Schwerfällig hab ich mich zumindest mal auf alle Viere hieven können und kroch dann förmlich hinüber in den gefliesten Raum, hangelte mich irgendwie an der Wand hinauf, um das Wasser aufzudrehen. Die Kälte traf mich wie ein Schock, aber genau das brauchte es an der Stelle, um der Schläfrigkeit nach dem Orgasmus entgegen zu wirken. Viele Männer sind danach sofort weg im Land der Träume, bei mir ist es nur etwas... ausgeprägter, denke ich. Und ich gebe zu, wenn man abends im Bett liegt und nicht pennen kann, ist das sehr praktisch, nach einer Runde Selbstbefriedigung sofort einzuschlafen, aber wenn man nackt auf dem Boden der Tatsachen liegt... eher nicht. Aber das kalte Wasser wirkte dem schlaffördernden Hormonüberschuss in meinem Körper recht gut entgegen. Es war nicht nur die überkommende Müdigkeit, die mich hier so extrem zu Boden gerissen hatte, es war vor allem dieses krasse Wechselbad von Gefühlen, welches in den wenigen Minuten förmlich durch mich hindurch rauschte und mich von einem Moment auf den anderen fertig machte. Keine Ahnung, ob so etwas unter Suzuki's Leuten Gang und Gebe ist, so über einander her zu fallen, aber ich hab da sicher noch eine Weile dran zu knabbern... Ich wandte mich von meinem Spiegelbild ab und putzte mir die Zähne. Doch bald schon erwischte ich mich erneut dabei, wie ich mich wieder zum Spiegel gedreht hatte und mit den Fingern die Stellen an meinem Oberkörper abfuhr, an denen er mich mich berührte. Als ich mir dessen bewusst wurde spuckte ich genervt die Zahnpaste ins Waschbecken, gurgelte mit Wasser nach und wischte mir anschließend knurrend über den Mund. Ich wollte das Geschehen von vorhin als irgendwie eklig oder als unrecht empfinden, doch das war es einfach nicht und ich konnte mir echt nicht erklären wieso. Auch als ich im Bett lag, zermarterte ich mir das Hirn darüber, warum mich das alles so beschäftigte und weshalb ich den Vorfall nicht einfach als schlechten Scherz oder was auch immer abtun konnte. Und da haben wir auch wieder den Salat; ich konnte einfach nicht einschlafen. Im Normalfall wüsste ich ja wie ich der Sache Abhilfe leisten könnte, aber unter diesen Umständen...? Ich wälzte sicher zwei Stunden oder länger herum, bis ich mir selbst nachgab und anfing mich zögerlich zu berühren. Eigentlich würde ich nie soviel darüber nachdenken, ich würde einfach rann und 'gib ihm'. Aber jetzt war das alles andere als 'einfach'. Das fing schon mal damit an, dass mein bestes Stück nicht steif werden wollte und ich schließlich frustriert aufgab. „Boah...!“ stöhnte ich genervt in den dunklen Raum, was aufgrund seiner Größe doch ziemlich hallte. Scheiße... ich bin 17! Seit wann passiert das Leuten in meinem Alter? Warum ausgerechnet ich? Krampfhaft schloss ich die Augen und versuchte irgendwie doch noch zur Ruhe zu kommen. Es klappte einige Zeit natürlich nicht, doch dann kam der Punkt, an dem man so langsam am wegdösen war und sich die Gedanken verselbstständigen wollten. Selbstverständlich kreisten diese mal wieder nur um das Geschehen von vor wenigen Stunden und ließen das Ganze gewissermaßen noch einmal ablaufen, nur... dass ich dieses mal mitmachte. Meine Hände griffen wie von selbst nach dem imaginären Körper vor mir. Ich kann nicht definieren was ich tat, aber allein die Vorstellung im halb wachen, halb schlafenden Zustand ließ meinen Schwanz binnen Sekunden zu voller Pracht zum Leben erwecken. Eben dies ließ mich zumindest mal soweit aus den Träumereien zurückholen, dass meine Hände fast schon automatisch nach den Stellen suchte an denen Suzuki mich berührt hatte. Es fühlte sich herrlich an, besser als sonst. Ich stellte mir fast wie von allein vor, wie es wäre, wenn er jetzt hier bei mir im Bett wäre und es nicht meine sondern seine Hände wären, die mich so intensiv berührten. Ich glaube... so schnell kam ich noch nie zum Höhepunkt... Ich fuhr hoch und sah mich um; versuchte Traum und Realität zu trennen. Kurzzeitig war ich von mir selbst entsetzt und wühlte so schnell wie möglich neben dem Bett nach einem Papiertaschentuch, um das Ergebnis meiner wilden Fantasien zu beseitigen. Allerdings blieb nicht viel Zeit mir groß Gedanken darum zu machen, als meine Augenlider immer schwerer wurden und ich diesmal dankbar drum war, dass es so schnell ging. Wenn ich ehrlich bin, hab ich mir wohl irgendwie gewünscht, da weiter zu träumen wo ich mit großem finalen Feuerwerk aufgehört hatte, aber leider... oder soll ich sagen zum Glück(?), trat dies nicht ein. Der nächste Morgen dann fühlte sich deutlich ernüchternd an, sodass ich mir fast schon die Nacht und meinen begonnen halb Traum, halb Fantasie zurück wünschte. Ich fragte mich unablässig was um alles in der Welt mit mir los ist und warum sich eben diese Welt so anders anfühlte – seit gestern Abend in der Umkleidekabine. Warum habe ich mich selbst nicht mehr im Griff? Ok, die ganze Geschichte mit Suzuki war von Anfang an kurios, aber da dachte ich noch es liegt an ihm und nicht an mir... Verflucht, Yuu! Tu was dagegen! Nur was? Party. Oh ja! Einen drauf machen war schon immer ein gutes Mittel gegen Sorgen. Und Alkohol. Das erste was ich nach dem Aufstehen tat war: Balkontür auf, Anlauf und über das Geländer rein in den Pool im Innenhof. Das Wasser spritze und schwappte in alle Richtungen aus dem Wasserbecken und ich blieb auch so lange drin, bis die Haut schrumpelte. Ich liebe es durchs Wasser zu tauchen, auch wenn es am Boden des Swimmingpools nicht soviel zu sehen gibt wie am Great Barrier Reef in Australien. Da war ich schon drei mal und finde es immer wieder traumhaft. Wenigstens gibt’s im Pool keine Haie... Und wenn es einen gäbe, würde ich ihn Suzuki nennen...! Der schnappt sich auch alles was ahnungslos vorbei schwimmt und beißt sich in sein Opfer fest. Gnaaahh... vergiss diesen Hai! Sonntagmorgen ist mein Morgen. Ich hab die ganze Bude und das Personal für mich alleine. Vater ist meistens in seiner Firma, weil er da seine Ruhe hat und Mutter bei ihrem Frauentreff. Die unternehmen da immer irgendwas, sei es Shoppen, oder Ausstellungen, oder Kurztrips, die auch mal von Samstagmorgen bis Sonntagabend gehen können. Manchmal fahren meine Eltern auch zusammen übers Wochenende weg, dann hat auch das Personal frei – bis auf unseren Butler. So wirklich frei hat die arme Sau nie... Er wohnt zudem in einer separaten Wohnung hier im Anwesen und hat seinen eigenen Vorderausgang. Man hört oder sieht den Mann sonst nie, wenn er nicht gerade etwas bringt oder abholt. Aber Vater sagte mal: das macht gutes Personal aus – man merkt nicht, dass sie da sind, aber umso mehr, wenn sie es nicht sind. Allmählich konnte ich mich selbst davon überzeugen, den Swimmingpool zu verlassen und zu frühstücken, dabei meinen Leuten eine Nachricht zu schreiben, was sie von einer spontanen Clubtour halten – auch wenn die wohl nicht ganz so üppig ausfallen würde, da die meisten morgen – wie ich auch – zur Schule müssen. Aber es musste sein. Ich brauchte einfach wieder mal was anderes als Suzuki und Theater mit Suzuki; einfach den Kopf frei kriegen. Bis es losgehen würde, findet sich sicher auch wieder etwas Zeit für meine Pflanzen. Zu meinem Glück fanden sich im Laufe des Tages ein Paar, denen ebenfalls der Sinn nach derartiger Zerstreuung stand, und so gammelte ich am Abend an der Theke eines willkürlich gewählten Clubs und kippte einen Schnaps nach dem anderen hinter, um dann mit Bier nachzuspülen. Bislang hatte ich das Gefühl, dass mein Vorhaben ganz gut klappen würde, wäre da nicht mein langjähriger Kumpel Asahi an mich heran getreten und hätte mich gefragt was los sei. „Nichs, alles toll“ säuselte ich ziemlich angetrunken und zerbröselte weiter die Salzstangen, die vor mir standen. Ich spürte seinen Blick auf mir, der mehr als diese Antwort hören wollte, doch um über irgendwas zu reden bin ich nicht hergekommen. Dann hätte ich wohl das abgeschiedene Zweiergespräch gesucht und keinen lauten Club, mit massig Leuten und Alkohol, um mir die Birne zuzuschütten. „Dir ist schon klar, dass man dir den Knabberkram nur gereicht hat, damit das Salz deinen Durst anregt?“ fragte er mich und mir war das gelinde gesagt scheiß egal, was wer warum hinstellt, weshalb ich brummte: „Klappt doch super... bin siemlich voll.“ „Ja... aber was immer es ist, worüber du nicht reden willst, es sieht nicht so aus, als ließe es sich weg saufen, Kumpel“ bemerkte er und klopfte mir auf die Schulter, als er mich mit meinem Frust und einem verdatterten Gesicht alleine ließ. Meine Faust schlug entnervt auf den zerbröselten Haufen vor mir, was die Dame hinterm Tresen auf mich aufmerksam machte. Zu allem Überfluss wurden mir nun auch noch meine Salzstangen entrissen und so schnappte ich mein Bier und das Schnapsglas, um mich in die Polster-Ecke zu verziehen. Das Lichtspiel an der Decke erinnerte mich an meinen Pool zu Hause, wenn man im Wasser von unten nach oben guckt und man die Sonnenstrahlen auf die Oberfläche fallen sieht. Mein Alkoholkonsum ließ allerdings nur mitnichten nach, was meinen Kumpel erneut Plan rief: „Ich weiß es wirklich zu schätzen, wenn du dafür sorgst, dass meine Familie, der die Brauerei gehört, deren Bier du literweise in dich rein kippst, weiterhin in Geld schwimmt, aber...“ An der Stelle war der Satz schon wieder viel zu lang, als dass ich in meinem Zustand am Ende noch wusste worum es ging und hörte daher kaum mehr hin. Ich prostete ihm stattdessen zu und trank weiter. Am Ende nahm mir Asahi sämtlichen Alkohol weg und bestellte mir Wasser. Eigentlich ist er von allen noch der erträglichste; man könnte sagen: menschlichste, in meinem Bekanntenkreis, aber gerade jetzt ging er mir tierisch auf die Ketten. Der sehr feuchte, aber weniger fröhliche Abend endete darin, dass ich mich zu Hause auf der Lounge-Ecke der Terrasse wiederfand. Alles dazwischen war weg. Komplett weg. Es war mitten in der Nacht. Sicher nicht mehr lange und es würde bald wieder hell werden. Ich schob eine Decke von mir runter und hievte ich mich hoch, löste dabei das viel zu grelle Licht des Bewegungsmelders aus und fand vor mir auf dem Tisch ein Glas Wasser und eine Aspirin Brausetablette. Was machen nur all die Leute die keinen so fürsorglichen Butler haben? Mein Schädel wummerte höllisch und ich hatte noch immer große Schwierigkeiten auf dem Weg in mein Zimmer. Vor allem wollte ich das Glas nicht fallen lassen und Muttern aus dem Schlaf reißen... Einen Vortrag hätte ich jetzt nicht auch noch ertragen können... Für die letzten paar Stunden, eh der Wecker klingelt, fiel ich so gut wie tot ins Bett. Das elende Klingeln ließ natürlich nicht auf sich warten. Es war nicht minder schwer auf die Beine zu kommen, doch mit dem Wissen, dass jetzt nicht das weiche Bett, sondern Schule auf einen wartet, war das noch mal viel härter... Nach dem letzten Rausch mit Suzuki hatte ich mir zum Glück angewöhnt den Wecker gleich nach dem Aufstehen neu zu stellen, statt erst am Abend vor dem Schlafen. So hatte ich jetzt wenigstens noch Zeit den anhaftenden Nachgeschmack von gestern Abend wegzuspülen. Leider muss ich feststellen, dass sich die Sache mit Suzuki weder mit literweise Wasser noch mit Alkohol wegspülen lässt... Asahi hatte recht... Eben jener fing mich in der Schule prompt am Eingangstor ab und sülzte mich auf den Weg in den Unterrichtsraum über meine gestrigen Verfehlungen voll: „Dir ist schon klar, dass, auch wenn du gewissermaßen einen Alk-Freifahrtschein hast, du nicht bis zur Besinnungslosigkeit saufen und durch die Gegend torkeln solltest?“ „Mhmm...“ knurrte ich, wenig empfänglich für solche Gespräche und ließ mich zerknüllt auf meinem Platz fallenr. „Du bist nicht Volljährig und solltest vielleicht nicht so auffallen!“ schimpfte er weiter, als wäre er noch nie in der Hinsicht auffällig geworden. Ok, gestern hab ich möglicherweise etwas übertrieben... Aber angesichts der Tatsachen, wohl verständlich oder? Apropos Tatsachen.. Soeben schritt Suzuki weiträumig an mir vorbei, hinten in der letzten Reihe nahm er platz und schaute stur gerade aus. „Oh, bad vibrations!“ holte mich Naomis liebreizende Stimme aus meinen aufkeimenden Gedanken und auch ihr widmete ich lediglich ein verstimmtes: „Mhmm...“ „Du siehst mal wieder beschissen aus“ nörgelte sie weiter und so murrte ich wenig gewillt überhaupt zu reden: „Musst mich ja nicht angucken...“ „Du weißt wie ich's meine... Dann sag ich eben: du siehst gestresst aus“ probierte sie es erneut und so gern wie ich mich über alles aufregen wollte, so wollte ich aber keinesfalls Lawine lostreten, die dann wieder kein Ende nimmt. Ein erneuter Blick auf den Vogel in der letzten Reihe und noch immer keinerlei Reaktion seinerseits. Selbst als die Doppelstunde mit ihm vorbei war, war der Typ so schnell aus dem Raum, dass man meinen könnte er wäre auf der Flucht... Weiß nicht was das bringen soll, spätestens heute Nachmittag beim Kurs wird er nicht mehr entkommen können. Bis dahin war Suzuki auch nirgendwo mehr zu sehen, unter anderem, weil wir den Rest des Tages getrennt Unterricht hatten. Als ich später gelangweilt hinter der Bühne saß und darauf lauerte, dass irgendwas weiter gehen würde, war dieser Penner noch immer nicht zu finden. Reichlich genervt von allem erhob ich mich unwillig von meinem Stuhl und trat ins Büro von Iwamoto, welcher gerade in den Sportteil seiner Zeitung vertieft war: „Hast du gewusst, dass die japanische Fußballmannschaft der Frauen 2011 Weltmeister wurde? Wieso schaffen das die Männer eigentlich nicht?“ „Ähm ja, wusste ich... wissen sie wo Suzuki steckt?“ entgegnete ich dem und abermals murmelte unser Regisseur vor sich hin: „Ist wohl völlig an mir vorbei gegangen... Der ist ist im Keller, wollte unbedingt was wichtiges für das Stück suchen, oder so.“ Da mir eher nebenbei geantwortet wurde, beschloss ich den Mann nicht weiter zu behelligen. Na gut... Keller also. Ich wusste noch nicht was ich sagen wollte, aber Fakt war, dass das Geschehene vom Wochenende nicht so im Raum stehen bleiben konnte. Unten angekommen sah ich die Tür angelehnt und schlich vorsichtig hinein. Man hörte nichts und sah auch zunächst nichts. Erst als ich um die Regalwand herum ging, erblickte ich den Typen auf den Planen sitzen, auf welchen wir das letzte mal gesessen hatten, als wir eingesperrt wurden. Er blickte zu mir und wandte sich dann dann gleich wieder mit genervten Blick ab. „Siehst schwer beschäftigt aus...“ merkte ich an, doch mir wurde nur ein unwilliges Brummen entgegen gebracht. Seufzend fuhr ich mir durchs Haar und sprach in ruhigem Ton: „Ich will mit dir reden... über diese Sache.“ „Keine Ahnung was du meinst...“ knurrte er und erhob sich, ging zu einem der Karton hinüber und kramte darin herum. Da spielt jemand Katz und Maus... Nicht, dass ich so was nicht irgendwie schon erwartet hätte... Ich atmete tief durch und lief über die Planen zu der Wand dort und lehnte mich mit verschränkten Armen an. Gut, wie er will, dann eben auf die harte Tour! „Stell dich nicht dumm, du bist zu dumm, um dich dumm zu stellen“ stachelte ich Suzuki gezielt an, um ihn aus der Reserve zu locken, doch er missachtete mich völlig. „Du hast mir einen runter geholt!“ kam ich nun gleich zum Kern der Sache und er hielt zumindest kurz inne, doch noch immer schien er nicht sonderlich auf dieses Gespräch einlassen zu wollen. Es verging ein Augenblick in dem keiner von uns Beiden etwas sagte, aber dann richtete er sich wieder auf, atmete ebenfalls hörbar tief ein und sah an die Decke: „Ja, und?“ Ich hab zwar nicht mit einer bestimmten Antwort gerechnet, aber mit dieser so überhaupt nicht. Worte finden war in dieser Situation allgemein schwer, aber ich probierte es mit: „Und... das ist jetzt... normal für dich? Machst du das öfter?“ Suzuki neigte den Kopf etwas in meine Richtung, sah mich aber nicht an. Seine Finger knibbelten nervös in seiner Hand, bevor er sich dazu äußerte: „Nein... Aber es gibt da viele Statistiken, in denen steht, dass viele Jungs sich im Beisein ihrer Kumpels einen runter holen – auch gegenseitig.“ Nun war ich platt. Eben dies versuchte ich mir nicht anmerken zu lassen und sagte nach kurzer Überlegung: „Interessant, was du für Statistiken kennst.“ Offenbar reichte es Suzuki nun, denn er drehte sich ruckartig zu mir herum und knurrte: „Was willst du eigentlich von mir?“ Eine verdammt gute Frage. Antworten? Oder zumindest eine Antwort auf die Frage, was er denn von Mir will, wenn er so etwas wie in der Dusche neulich tut. Ich meine... kurz davor.... da hatte er eine Latte, die war deutlich zu sehen. Kann er mir erzählen was er will, oder auch dicht machen, aber das passiert doch nicht einfach so... Nicht in solch einer Situation. Selbst wenn, hätte man da cool drüber stehen können, aber der Kerl ist komplett ausgeflippt! Erneut versuchte ich ruhig zu bleiben: „Schön... Kumpels machen das so, sagst du... Aber was ist hiermit?“ hakte ich nach und zupfte den extra hoch gezerrten Kragen meines Uniform-Hemdes runter, damit er das dunkelrote bis bläuliche Desaster dort gut sehen konnte, welches er mit seinen Zähnen angerichtet hatte. Suzuki schaute auf die gemeinte Stelle und nun ging ihm der Arsch sichtlich auf Grundeis. Ich lauerte förmlich auf eine Aussage, doch er drehte den Kopf nur wieder weg. In mir kam der Impuls auf ihn zu zwingen mich anzusehen, in dem ich sein Gesicht wieder in meine Richtung drehe, doch eh ich die Hand nur in die Nähe seines Kiefers heben konnte, packte er mich am Handgelenk und drückte mich wie schon vor ein paar Tagen mit dem Unterarm an die Wand. „Ich glaube ich hab ein Déjà-vu.... Kumpel.“ Das letzte Wort betonte ich an dieser Stelle etwas mehr, was Suzuki natürlich wieder kampflustig machte und obwohl ich mich bis eben kaum wehrte, zog ich es nun doch vor, mich auf eventuelle Paroli gefasst zu machen. Gesagt hatte er nichts, aber dieses wilde Funkeln, dass ich in seinen Augen sah, war das gleiche wie vor wenigen Tagen. Ich wollte unbedingt wissen was dieses mal passieren sollte. Zunächst blieb mein Gegenüber aber einfach so stehen und schien selbst zu überlegen was er zu tun gedenkt. Eines war mir an der Stelle aber klar, wenn ich jetzt gar nichts mache, dann wird er wieder die 'War was?'-Karte spielen wollen, doch das wollte ich wiederum nicht. Einen Arm hatte ich ja noch frei und so hob ich diesen langsam. Ich hätte damit gerechnet, dass er den Arm ebenfalls schnappt und festhält, oder wenigstens zur Seite wegschlägt... aber er griff mich ohne Umschweife direkt am Nacken. Und sein Griff war sehr fest. So fest, dass mein Kopf etwas nach vorn neigte. Nun lehnte er seine Stirn an meine und sog scharf die Luft ein. Die Finger lösten sich wieder etwas und fuhren bestimmend durch mein Haar am Hinterkopf. Alleine diese kleine Handlung löste eine enorme Gänsehaut überall an mir aus. Das fühlte sich gut an... In diesem Moment bekam ich den aufsteigenden Drang genauso über mein Gegenüber herzufallen, wie es Tage zuvor über mich herfiel. Ich habe vorher nie groß darüber nachgedacht, wen ich küssen wollen würde oder wen nicht. Ok, wen nicht, da würden mir schon ein Paar einfallen, aber bei ersterem wäre ich nicht davon ausgegangen, dass es jemand wie Suzuki sein würde. Mein Herz donnerte regelrecht in meiner Brust. Seine Augen schauten auf meine Lippen, weshalb ich sie einen Spalt öffnete. Um etwas zu sagen? Oder etwas zu tun? Ich weiß es nicht... Denn dieser explosive Moment war jäh vorbei, als man jemanden die Treppe runterkommen hörte. Einerseits war ich erleichtert, denn diese Situation war nervlich kaum auszuhalten; so zum zerreißen gespannt. Aber andererseits würde ich nun wieder nicht erfahren wieso Suzuki das alles tut, was er tut. Der ließ abrupt von mir ab und verließ selbstverständlich das Feld, als er einmal mehr an Iwamoto vorbei rauschte. Jener bog nämlich nun um das Regal herum und fragte sichtlich verwirrt: „Habt ihr euch schon wieder geprügelt?“ Mein Herz schlug noch immer bis zum Hals und meine Zähne malträtierten meine Lippen. Ja, ich hätte dem Mann eine rein hauen können für sein Erscheinen, aber andererseits hat er mich womöglich vor Dingen bewahrt, die noch viel verworrener gewesen wären. Ein bescheidener Zwiespalt... Auf die Frage des Neuankömmlings antworte ich mit: „Ich brauch einen Schnaps...!“ „So früh schon dem Alkohol zugetan?“ entgegnete mir unser Regisseur und kam auf mich zu, ich ließ mich auf die Planen nieder seufzte: „Wenn ich nicht gestern Abend schon so betrunken gewesen wäre, würde ich das jetzt glatt tun...“ „Abgesehen davon, dass ich das in deinem Alter und vor allem als pädagogisch geschulte Lehrkraft und Vorbild nicht gutheißen kann, will ich dich trotzdem fragen, was eigentlich hier los ist“ kam es von Iwamoto, welcher sich nun unter angestrengtem Atemgeräusch neben mich setzte und auf Antwort zu warten schien. Ich überlegte ernsthaft, ob ich den ganzen Frust mit Suzuki einfach rauslasse oder ob ich noch ein oder zwei Minuten drüber nachdenke, was mit mir im Speziellen los sein könnte. Entschied mich daher automatisch für letzteres und lehnte meinen Kopf seufzend an die Wand hinter mir. „Ich... glaube...ich hab komplizierte Gefühle... für einen komplizierten Blödmann...“ sprach ich sehr leise, da mein Denkprozess noch in vollem Gange war. Warum sollte mich das alles sonst so beschäftigten, wenn es nicht das ist? Warum wollte ich, wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, dass Suzuki mich noch einmal berührt? Warum fand ich diese einfache Geste mit seiner Hand in meinem Nacken nur so unglaublich aufregend? Da von dem neben mir Sitzenden nichts mehr kam, schaute ich zu diesem hinüber. Auch er schien zu überlegen, was er sagen sollte und fragte dann wenige Augenblicke später: „Und... hat dieser komplizierte Blödmann auch komplizierte Gefühle für dich?“ Mit dieser Gegenfrage hätte ich genauso wenig gerechnet, also musste ich ebenfalls einen Moment grübeln, bevor ich noch immer recht leise sagte: „Ich weiß es nicht... Vielleicht... Ja, ich denke schon... Das was er tut... das tut man nicht einfach mal so...“ „Verstehe“ nickte Iwamoto und schaute nun nachdenklich auf den Krempel, der im Regal schräg vor uns lagerte. „Weißt du... ich hab immer gedacht: das mit dir und Naomi, das wird noch mal was“ begann er, ich lachte kurz auf und schüttelte den Kopf, bevor er fortsetzte: „Aber eigentlich hätte ich die Zeichen richtig deuten müssen. Es ist das gleiche Schema.“ Was denn für ein Schema, bitte? Irritiert schaute ich zu meinem Nebenmann und dieser begann zu erzählen: „Meine Frau und ich; als wir uns damals im Studium kennenlernten, konnten wir uns überhaupt nicht ausstehen. Wir haben uns so tierisch gegenseitig genervt, dass man uns irgendwann zusammen in die Bibliothek schickte, um Bücher einzusortieren.“ Da er aufhörte zu erzählen hakte ich nun weiter nach: „Und wie ging es weiter?“ „Nun ja, um es kurz zu machen: wir sind heute verheiratet, und dass schon seit vielen Jahren. Ich möchte keine Andere mehr“ ließ er mich wissen und hatte dabei ein verliebtes Grinsen, dass er augenscheinlich lieber versteckt gehalten hätte. Wenn ich Iwamotos Alter so um die 40 bis 45 schätzen würde und sie sich im Studium kennengelernt haben... dann sind sie wohl schon 15 bis 20 Jahre zusammen. Ok, es ist nicht so, dass sich meine Eltern hassen würden, aber eben solch ein Grinsen kenne ich von den beiden nicht. Muss schön sein, wenn man das nach so vielen Jahren noch sagen kann... Komisch... sonst hat mich dieser Pärchenmist nie interessiert, oder mir ging das Geturtel gehörig auf den Geist. „Dir ist aber schon bewusst, dass wir jetzt nur noch die Szenen haben, in denen ihr Beide näher miteinander zu tun habt? Und das die Generalprobe schon bald ansteht? Und wenn ihr das nicht irgendwie auf die Reihe kriegt, wir Drei tanzen werden?“ riss mich Iwamoto aus den Gedanken und ließ mich seufzen: „Ich weiß... An mir soll es auch nicht scheitern. Nur bei Suzuki bin ich mir da nicht sicher, der ist gerade... noch komischer als sonst...“ „Wenn es Subaru genauso geht wie dir, dann braucht er wohl einfach noch Zeit das zu akzeptieren. Meine Frau wollte das zwischen uns auch erst nicht einsehen und ich musste sie davon überzeugen, mich in ihrem Leben zuzulassen“ sprach er nachdenklich und sah an die Decke. Spitze... Suzuki ist der größte Dickschädel, den ich je getroffen habe! Und überhaupt, wenn ich mir nur halb so sicher wäre, wie es bei meinem Regisseur der Fall zu sein schien, dann wäre ich schon für mich selbst einen Schritt weiter. „Und das... also... das stört sie nicht?“ hakte ich mit unsicherer Stimme nach und auch wenn ich nicht expliziter wurde mit dieser Frage, schien mein Nebenmann zu wissen worauf ich hinaus will: „Dass du Subaru Naomi vorziehst?“ Ich nickte und sah wie er schmunzelte: „Wenn ich die Wahl hätte, würde ich das wahrscheinlich auch tun. Naomi ist.... nicht immer einfach...“ „Suzuki auch nicht, wie ich feststelle...“ murmelte ich, doch Iwamoto klopfte mir zuversichtlich auf die Schulter: „Aber bei dem seh ich Chancen sich zähmen zu lassen!“ „Mhmm...“ war meine Antwort darauf und so wurde ich fragend angeschaut, bevor ich mich weiter äußerte: „Ich... naja.... ich hätte nur nicht gedacht... ich meine... Suzuki... der Typ hat sie doch nicht mehr alle!“ Mein Gesprächspartner grinste nur belustigt, bevor er sich unter Schnaufen erhob und sagte: „Nichtsdestotrotz sollten wir langsam wieder hoch gehen. Ich muss mir Subaru eh noch vorknöpfen, irgendwer muss dem armen Kerl ja mal verkünden, dass -“ bis zu dieser Stelle bekam ich echt Panik das Iwamoto diesem Blödmann von dem Gespräch hier erzählen will, doch als er fortfuhr, entpuppte sich meine Angst als unbegründet: „... er seine Stimme noch ein paar Oktaven erhöhen muss, um seinen Text wenigstens einigermaßen glaubwürdig als junge Frau rüber zu bringen.“ „Da wird er sich freuen“ kam es mit gemischten Gefühlen von mir, dann trottete ich unserem Regisseur hinterher. Zurück im Proberaum, sah sich unser Kursleiter um und fand offenbar nicht das was er vorzufinden gedachte: „Wo ist Subaru?“ „Oh der kommt nicht“ wurde ihm geantwortet, was Iwamoto doch sichtlich irritierte: „Und wieso nicht?“ „Der wollte zum Klobürsten-Ausverkauf, er sagte. Er ist da jedes Jahr und kann's kaum erwarten. Ist scheinbar wie Weihnachten für ihn“ war die Erklärung für Suzukis Verschwinden und so hakte er noch mal nach: „Was bitte macht man mit so vielen Klobürsten?“ „Keine Ahnung...“ zuckte Ishiro mit den Schultern und Keisuke hatte dazu noch eine Anekdote auf Lager: „Ich hab mal von 'nem Typen gehört, der musste notoperiert werden, weil er sich so ein Teil hinten rein geschoben hat. Die hat sich im Enddarm verkeilt, wisst ihr? Ganz böse Entzündung...“ „Blöd gelaufen, aber er wird doch nicht... oder?“ wandte sich Iwamoto mit fragendem Gesichtsausdruck zu mir und auch ich zuckte mit den Schultern: „Dem trau ich mittlerweile alles zu, selbst diesen Schwachsinn.“ Mit dieser Antwort hatte ich scheinbar nicht zur allgemeinen Beruhigung beigetragen, denn der große Meister wurde unruhig. „Jaja, keine Panik...“ versuchte sich Ishiro wieder einzubringen, jedoch wenig erfolgreich. „Ich habe keine Panik, ich habe Erfahrungswerte. Schlechte Erfahrungswerte! Außerdem muss ich die Sache jetzt auf meine Kappe nehmen. Wenn der Direktor Subaru an die Luft setzt, weil der sich ohne Genehmigung aus dem Staub gemacht hat, ist meine Show gelaufen!“ malte Iwamoto den Teufel an die Wand und gab auch mir ein mulmiges Gefühl. Ich will nicht, dass er raus geworfen wird... „Boah, welcher Idiot hat diesen Idioten engagiert?“ ließ er weiter seinem Frust freien lauf und Kesuke antworte ihm auf diese mehr oder weniger rhetorische Frage: „Das waren sie...“ „Vergiss was ich gesagt habe... war mit Sicherheit die richtige Entscheidung!“ entgegnete er dem und rieb sich die Nasenwurzel. „Kann jemand herausfinden, wo dieser Verkauf stattfinden soll? Wobei, dass bringt auch nichts, ihn zurückzerren zu wollen... Aber wenn ihr den Kerl seht, richtet ihm bitte aus, dass ich so einen Scheiß nicht noch mal decken werde!“ kam es reichlich sauer vom Meisterregisseur, eh dieser in sein Büro rauschte und im Gehen rief: „Macht irgendwas Sinnvolles bis die Zeit rum ist, ich lass mir was Glaubhaftes einfallen, wieso ich diesen kleinen Idioten zum Klobürsten-Ausverkauf geschickt haben könnte...“ Da hat er wohl recht. Suzuki ist ein beknackter Idiot. Wie, um alles in der Welt, kann man auf so Jemanden abfahren? Vielleicht ist das auch alles nur eine Phase meinerseits... Irgend so eine spät-pubertäre Fehlzündung oder was weiß ich! Ja, anders kann ich mir das nicht erklären. Und vielleicht sollte ich es einfach doch mal mit Naomi probieren. Nur um sicher zu gehen. Ich meine, noch bescheuerter als das mit Suzuki kann es kaum werden oder? Gedacht, getan. Schnell schrieb ich Naomi eine Nachricht, ob sie heute Abend Zeit hätte sich mit mir auf einen Film bei mir Zuhause zu treffen. Keine Ahnung wie man an Dates ran geht, aber wenn das stimmt was Alle sagen, dass sie total auf mich steht, dann würde sie sich auch in einem Kuhstall mit mir treffen. Zumindest solange sie da nicht Hand anlegen soll – an den Kuhmist, versteht sich! Schneller als gedacht schrieb sie zurück, dass sie es 'einrichten könne' und auch schon eine Vorauswahl an Filmen parat hätte. Als würde sie jeder Zeit damit rechnen, dass jemand bzw. ich mit einer derartigen Einladung käme. Der Rest vom Proben-Nachmittag war relativ sinnlos und schnell vorbei, auch wenn ich zwischendurch immer wieder das Handy zücken und das 'Date' absagen wollte, so wollte ich mich noch mehr selbst davon überzeugen, dass das mit Suzuki eine Phase ist. Gerade als ich mich auf den Weg nach Hause machen wollte und meinen Kram unter den Arm klemmte, sah ich an der Pinnwand die Besetzungs-Liste, in welcher sich vor einigen Wochen jeder handschriftlich eingetragen hatte. Sein Name stach hervor; ein lustlos wirkender Krakel. Aber er schien ziemlich angepisst gewesen zu sein, als er das geschrieben hat. Die Schrift ist ziemlich ins Papier gedrückt... Akira... so heißt er mit Vornamen. Wieso wusste ich das bis jetzt eigentlich nicht? „Guckst du, ob du deinen Namen richtig geschrieben hast?“ riss mich Ishiro aus den Gedanken und vor lauter Schreck ließ ich zu allem Überfluss auch noch meinen Krempel fallen. „Ja, nein... ja!“ kam es ertappt und verhaspelt von mir, denn ich wollte jetzt nicht noch zugeben, schon wieder an diesen Spinner gedacht zu haben. Weder mir selbst, noch Ishiro gegenüber.... Schnell schnappte ich mein herunter gefallenes Zeug und trat schleunigst den Heimweg an. Am Abend zu Hause grübelte ich darüber nach, was man(n) denn so beim Date machen könnte. Ich bat unseren Butler James um ein paar Kerzen, eine Flasche lieblichen Wein und edle Häppchen. Naomi kam, wie immer, pünktlich zehn Minuten zu spät, aber das ist man ja nach all den Jahren schon gewohnt. Als sie mein Zimmer betrat funkelten ihre Augen mit den Kerzen um die Wette und irgendwie wurde ich bei der ganzen Sache immer unruhiger. Doch meine Bedenken, mein Gast würde sich schon beim Anblick des Ambientes auf mich stürzen blieben zum Glück unerfüllt. „Ich muss schon sagen, Yuu, du hast mich echt überrascht“ kommentierte sie ihren ersten Eindruck und setzte sich auf ein Sofa. Ich nahm ihr gegenüber platz und schenkte den Wein ein. Da ich absolut keine Ahnung hatte was ich hier tue oder tun sollte, brauchte ich wenigstens erst mal eine Basis an Ausgeglichenheit und das, obwohl ich eher nicht vor hatte schon wieder Alkohol zu trinken. Noch kann ich auch nicht sagen, dass ich mich auch nur ansatzweise bei dieser Sache wohlfühlen könnte. Schnell lenkte ich daher auf die Filme und mir war auch völlig egal was da auf mich zukommen würde, solange es seinen Zweck erfüllt. Sie breitete fünf Bluerays vor mir aus und wählte sozusagen spontan aus, eh ich auch nur auf die Idee kommen konnte eventuell auch Mitspracherecht zu haben. Mir soll es recht sein... Während die 'romantische Komödie' lief, konnte ich im Augenwinkel des öfteren vernehmen, dass nicht das Geschehen auf der Leinwand ihr Hauptaugenmerk hatte, sondern ich. Irgendwann ging sie in mein Badezimmer und setzte sich im Anschluss dessen direkt neben mich. Es dauerte auch nicht lange bis sie sich an mich lehnte und bald auch regelrecht anschmiegte. Je mehr Wein ich intus hatte umso erträglicher gestaltete sich der Abend und so ging ich einen Schritt weiter: Mein Arm rutschte von der Rückenlehne des Sofas um Naomis Schultern, was sie mit einem genießenden 'mhmmm' quittierte. Als ihre Hand auf meinem Bein landete und darüber strich, stieg mit einem mal meine Nervosität wieder derart an, dass ich förmlich die Flucht ergriff. Gott sei dank war der Streifen eh gerade beim Abspann! Ich schnappte mein Glas und trank es leer, füllte wieder auf und trank in großzügigen Schlücken weiter, während ich einen zweiten Film zum Laufen brachte. Kaum saß ich wieder, rückte sie auf und schmiegte sich an, diesmal strich ihre Hand an meinem Bauch leicht auf und ab. Mir kamen unweigerlich die Bilder und Gefühle in den Sinn, als Suzuki dies tat... Akira... „Yuu? Du magst doch Arthousefilme oder?“ riss mich Naomis Stimme aus den Gedanken und ich schreckte auf: „Wie was? Arthouse?“ Was zum Geier ist das? „Du hast gerade einen ausgesucht“ sprach sie und ich nickte nur zustimmen: „Ach ja.. ja ja. Ja, sicher!“ „Mach ich dich nervös?“ hakte sie lächelnd nach und ich schaute vermutlich ziemlich verdattert: „Warum das?“ „Naja, du wirkst irgendwie so“ antwortete sie mir und mir fiel an dieser Stelle auch nichts besseres ein, als auch dem zuzustimmen. „Du musst nicht aufgeregt sein...“ flüsterte sie, ich wollte meinen Kopf gerade in ihre Richtung neigen, eigentlich nur um zu sehen, was es mit dieser merkwürdigen Stimmlage auf sich hatte, als ihre Lippen plötzlich auf meinen landeten. Ich wich etwas zurück, doch Naomi fasste an meinen Hinterkopf. Die selbe Stelle, die auch Suzuki... Akira... berührt hatte und allein bei dem Gedanken daran bekam ich wieder diese enorme Gänsehaut. Meine Augen schlossen sich von selbst und ich ließ mich auf diesen Kuss ein. Willig wollte ich mich mitziehen lassen, als sie sich mit dem Rücken auf das Sofa senkte, doch als ich eine Fremde Zunge in meinem Mund spürte, wich ich verwirrt zurück. „Was ist los?“ fragte die unter mir Liegende und ich schüttelte mit dem Kopf: „Nichts...“ Ich muss diese Sache mit diesem Spinner endlich aus meinem Schädel kriegen! Energisch begann ich den nächsten Kuss und akzeptierte die andere Zunge in meinem Mund, auch wenn sich das alles seltsam anfühlte. Abermals versuchte ich darauf konzentriert zu bleiben, dass hier Naomi lag und wie ich am günstigsten damit umgehe. Am besten wie die Leute im Film! Ich probierte es mit mit einer Hand an ihrem Oberschenkel, was sie nicht nur zuließ, sondern auch noch zu deutlich mehr anregte, denn sie gab mir zu verstehen mich anzuheben. Zunächst dachte ich noch ich wäre ihr einfach zu schwer, so wie ich auf ihr lag, doch ihre Hand fand direkt an meinen Gürtel und da war dann für mich Ende im Gelände. Schnell hielt ich sie davon ab und bekam natürlich einen fragenden Blick. „Das... das geht mir zu schnell.. denk ich...“ murmelte ich und setzte mich wieder aufrecht hin. „Also.. bis eben hatte ich das Gefühl, du wolltest das..“ sprach sie leise und ich hatte Mühe mich selbst davon abzuhalten, zu denken, dass ich das schon wollte... aber nicht mit ihr... Verdammt, was soll das? Auch Naomi richtete sich wieder auf und fragte mich: „Willst du weiter gucken?“ Ich nickte und legte den Arm wieder um ihre Schulter, als sie sich anlehnte. Auf den Film achten war jetzt nur bedingt möglich. Zum Einen war der alles andere als spannend, oder lustig, oder sonst wie mitreißend und zum Anderen zermarterte ich mir erneut das Hirn, was ich hier eigentlich tue. Vielleicht braucht so was einfach seine Zeit. Man kann schließlich nicht immer gleich von Null auf Hundert! Schweigsam ließen wir uns geraume Zeit vom Geschehen auf der Leinwand berieseln, bis Naomi mich kurz vor Ende ansprach: „Sind wir jetzt zusammen?“ Irgendwie hat es mich vor dieser Frage gegraut und so stellte ich die Gegenfrage: „Sind wir?“ „Ja?“ entgegnete sie mir und so atmete ich tief durch, eh ich zustimmte: „Ja...“ Scheiße... so tief wollte ich eigentlich nicht gleich in die nächste Sache rein rutschen... Räuspernd schaltete ich nach dem Abspann des zweiten Streifens die Geräte ab und murmelte: „Der Tag war irgendwie stressig, ich glaub ich hau mich hin...“ Sichtlich ratlos nahm Naomi die Ansage so hin und erhob sich, richtete ihr Kleid und wollte mir einen Abschiedskuss aufdrücken. Ich drehte meinen Kopf dabei jedoch ein Stück sodass sie lediglich meine Wange erwischte und nicht meine Lippen. „Eigentlich sollte ich laut der Dame aus dem Tattoo und Piercing Geschäft ein zwei Wochen nicht rumknutschen...“ rechtfertigte ich diese Handlung sogleich und sie hob die Augenbrauen an: „Ich versteh sowieso nicht warum du das gemacht hast.“ „Da bist du dir ja mit meiner Mutter so ziemlich einig...“ brummte ich und hielt ihr die Tür auf. Eigentlich wollte ich die gleich hinter ihr schließen, doch sie bat mich selbstredend – als ihr neuer Freund – mit runter ans Tor zu kommen. Gott sei Dank bestand sie nicht noch darauf sie nach Hause zu begleiten... Mag jetzt wenig Gentleman-like klingen, aber ich hatte da wirklich absolut keinen Bock zu. Und Suzuki, diesem Penner, werd ich auch nicht mehr nachrennen! Schnauze voll langsam! Nur leider rannten mir dafür die Träume nur so nach... Mit ihm... mit Akira. Weshalb die Nacht genauso wenig erholsam war wie die Nächte zuvor und ich ziemlich müde am nächsten Tag im Unterricht saß. Naomi setzte natürlich alles daran, dass auch der letzte Depp an dieser Schule bis zum Ende des Schultages mitgeschnitten haben musste, dass wir jetzt irgendwie... zusammen sind. Klingt irgendwie krank.. Einzig getoppt wird das ganze nur noch von Suzukis Kapuzenpullover Outfit in welchem ich ihn zur Mittagspause in der Kantine, in der Schlange direkt vor mir nicht erkannt hatte, bis er er mich ansprach, ohne mich anzusehen: „Freundin also...“ „Mhm“ kam es kurz angebunden von mir, da ich nicht wirklich damit gerechnet hatte jetzt und hier auf ihn zu treffen. Zumal... es ist echt warm draußen; also welcher Depp trägt den Sportsweater, der eigentlich dafür da ist, wenn die Schüler in der kühleren Jahreszeit draußen Sportunterricht haben? „Na endlich... hab ja gleich gesagt, dass du sie dir schnappen sollst“ hörte ich es noch von ihm, dann verließ er die Schlange mit seinem wenig befüllten Tablett. Auch an diesem Tag machte er sich den Rest der Unterrichtszeit rar, was angesichts dessen, dass heute kein Kurs ist, nicht sonderlich schwer war. Der wird eh spätestens Morgen den Anschiss von Iwamoto kassieren. Naomi wollte sich gleich für diesen Nachmittag wieder bei mir blicken lassen, doch ich wimmelte sie damit ab, dass ich noch Text lernen müssen und mich schlecht konzentrieren kann, wenn 'meine Freundin' um mich herum schwirrt. Eigentlich meinte ich: weil sie die Klappe oft nicht halten kann, wenn ich Ruhe brauche, aber Naomi war scheinbar der Meinung ich fände sie einfach zu anziehend, als dass ich bei der Sache bleiben könnte. Verdammt, Yuu, nicht mal ein Tag und die Sache wächst dir nicht nur über den Kopf und geht einem tierisch auf den Wecker, es fühlt sich auch noch besch...eiden und falsch an. Was hab ich mir eigentlich dabei gedacht? Im Nachhinein fand ich keine andere Erklärung für mein Verhalten, als... Flucht. Ja, auch ich flüchtete vor dem großen Unbekannten. Nicht wirklich anders als Suzuki... Und ich mach ihm auch noch Vorwürfe! Erbärmlich... Ich gammelte am Abend an meinem Pool und versuchte mit aller Gewalt diesen Shakespear'schen Mist in meinen Kopf zu kriegen – vergebens. Laut Iwamotos Plan werden ab morgen die ersten wirklich intimeren Szenen geprobt und ich hab keine Ahnung wie ich das überstehen soll. Bei jeder dieser Szenen schweiften meine Gedanken sofort ins Bildliche ab, wenn ich die Szenebeschreibung am Rand las. Erst ein paar Runden im Wasser tauchen halfen mir, halbwegs wieder klar zu kommen. Warum kann ich nicht ewig in diesem Pool bleiben...? Doch es half alles nichts... Der nächste Tag nahte mit großen Schritten und zu meinem Pech gab es einen wunderschönen Überraschungstest für den ich selbstredend nicht ein bisschen gelernt hatte und die Antworten hoffentlich soweit richtig habe, dass ich den irgendwie doch noch bestehe. Sonst droht mir das Ende meiner Karriere im Theaterkurs... Entsprechend war meine Laune mehr schlecht als recht, als ich mit den Anderen auf der Bühne stand und die Requisiten sah. Ein großes Fenster und ein Futtonbett auf Rädern. „Ich muss mir wieder Helfer für die Show besorgen, die die ganzen Kulissen auswechseln, wir werden das kaum alleine zwischen den Pausen schaffen“ merkte Iwamoto an und notierte sich dies auf seinem Klemmbrett. „Subaru, auf deine Position bitte!“ wies er einem sichtlich unwilligen, aber dennoch gehorsamen Akira an und dieser setzte sich in Bewegung, legte sich seitlich aufs Bett und wartete weitere Instruktionen ab. „So... die Szene läuft wie folgt ab: Wir befinden uns in Julias Schlafzimmer. Romeo steht am Fenster und schaut raus, Oberkörper frei und ein Laken um sich gelegt... - du musst dir nicht gleich die Klamotten vom Leib reißen, Yuu, das hätte auch noch bei der Generalprobe gereicht. Aber gut, gebt dem Mann das Laken, dann proben wir halt gleich so“ kommentierte er mein Tun und so nahm ich das mir gereichte Stoffteil, legte es um mich und trat an das riesige Fenster. Schon beeindruckend wie die Jungs und Mädels aus den anderen AG's solche Sachen zaubern. Das Ding ist Mindestens zweieinhalb Meter hoch und anderthalb Meter breit. „Dann folgt euer Dialog. Ab dem zweiten Absatz geht Romeo hinüber zum Bett wo Julia liegt, dann wird Yuu auf allen Vieren über Julia krabbeln und beim letzten Satz das Laken über euch Beide werfen. Ende der Szene, danach wird das Bühnenbild ausgetauscht“ erklärte unser Regisseur wie immer den Ablauf und auch trotz der Notizen in unseren Textbüchern, noch einmal wie er sich das vorstellte. Doch auch hierzu äußerte sich Kesuke: „Weiß nich, hab mir 'ne Sexszene irgendwie besser vorgestellt.“ Iwamoto seufzte und rollte dabei mit den Augen: „Wenn ich das so machen würde, wie du dir das wahrscheinlich vorstellst, dann kann ich hier nicht nur einpacken, sondern ab eine Strafanzeige wegen Pornographie mit Minderjährigen am Hals...“ Mäßiges Gelächter war zu hören, dann gab man uns das Signal zu beginnen. Oh man... Meine Nerven! Mein Herz begann schneller zu schlagen, weshalb ich Angst bekam mich im Text zu verhaspeln. Was im ersten Moment schon etwas erschwert wurde, da Suzuki mit höherer Stimme seine Zeilen sprach. Offenbar hatte Iwamoto ihn sich schon zur Brust genommen... Der Augenblick der Wahrheit kam, als ich mich mit den letzten Sätzen des Textabschnitts dem Bett näherte und Suzuki sich auf den Rücken drehte. Kaum hatte ich das Laken über uns Beide geschwungen und mich Links und rechts neben seinem Kopf abgestützt, blieben unsere Blicke aneinander hängen. Während unser Regisseur weiter vorne noch etwas erklärte, hörte von uns Beiden scheinbar keiner zu, denn jetzt gerade war es, als würde die Welt für einen Moment stehen bleiben. Suzukis Blick wanderte an meinem Oberkörper hinab. Plötzlich hob sich seine Hand und strich mit den Fingern hauchzart über meine Bauch- und Brustmuskeln hinauf. Ich bekam Gänsehaut ohne Ende! Eh ich mich diesem Gefühl hingeben und meine Augen schließen konnte, hörte ich wieder Iwamotos Stimme rufen: „Los los, nicht pennen, wir haben noch ein paar Szenen vor uns!“ Etwas erschrocken über unsere eigene kleine Szene unter dem Stoff sprang ich auf und warf dieses Ding beiseite, holte mein Hemd und zog mich wieder an. Das war... also, das war... Ich weiß nicht was das war, aber gewiss kein Zufall seinerseits! „Na, da das zu klappen scheint, können wir direkt zur nächsten Szene!“ kam es euphorisch vom Meisterregisseur und während die meisten der Anderen, die jetzt natürlich wenig zu tun hatten mit ihren Handys herumspielten, wandte sich Iwamoto wieder an uns und zupfte seinen Papierstapel durch: „So, Freunde... ene mene muh und die nächste Szene, daaaas bist.. du!“ Angespannt wartete ich darauf, welche er sich ausgesucht hatte und er machte es noch spannender, bis diese verkündet wurde: „Ok, bisher haben wir die Szene an der Stelle beendet, in der Romeo und Julia nach ihrem Tanz sich in eine ruhigere Ecke verdrücken.“ Oh nein, knutschen... Und ich bin doch jetzt schon völlig hinüber mit meinen Nerven. Diese dämlichen Spielchen, die der Typ spielt! „Für dich gibt’s da ein paar Dinge zu beachten, Subaru“ begann Iwamoto und so bekam er die Aufmerksamkeit des Angesprochenen, welcher schon die ganze Zeit kein einziges Wort abseits seiner Textstellen gesprochen hatten. „Ich weiß nicht was du mit deiner Freundin, wie hieß sie... William(?) privat so treibst, aber bei Film- und Bühnenküssen haben Zungen im Normalfall nichts zu suchen. Hierbei kommt es eher auf die Gestik währenddessen an und nicht auf große Zungenakrobatik. Aber Yuu kann dir das zeigen, er hat da schon ein paar Jährchen Erfahrung gesammelt. Lass ihn einfach machen“ erklärte Iwamoto und mir fiel gelinde gesagt das Gesicht runter. Als wäre die Sache nicht schon kompliziert genug, wird man auch noch voll rein geschubst! Aber was beschwere ich mich, als Regisseur und Kursleiter macht er nur seinen Job und kann nicht permanent auf das Gefühlsleben Anderer Rücksicht nehmen. Gut, Yuu... das ist nicht dein erster Kuss auf der Bühne, du stellst dich nicht an wie ein unprofessioneller Vollhorst und ziehst das ganze einfach durch! Suzuki und ich, wir standen uns, beide mit abwehrend verschränkten Armen und auf den Lippen nagend, unweit von einander gegenüber und tauschten unsichere Blicke aus. Nachdem Iwamoto die Augenbrauen hochzog und seufzend auf die Uhr an seinem Handgelenk schaute, beendete ich dieses Blick-Duell und trat auf den Ursprung allen Übels zu. Dieser gab sich nun aber so gar nicht kooperationsbereit, was auch Kesuke bemerkte: „Sieht aber nicht so aus, als wäre Julia hin und weg von Romeo!“ „Da hast du wohl recht“ bekräftigte Iwamoto die Aussage und so ergriff ich schnell Suzukis Arme, faltete sie auseinander und legte sie mir auf die Schulter. Anschließend umfasste ich ohne zu Zögern seine Hüfte und tat einfach, wie ich tun sollte. Augen zu und durch! Mein Lippen landeten unvermittelt auf denen meines Gegenübers. Sein Oberkörper lehnt sich dabei ein Stück nach hinten, doch seine Hände fassten nun an meinen Nacken. Vermutlich einfach aus Reflex, denn Suzuki würde ja niemals den Eindruck erwecken wollen, dass ihm das mit – oder vielmehr das zwischen uns gefallen könnte – nein, niemals! Lieber heimlich unter der Decke oder in finsteren Ecken, wo's keiner sieht... „Und jetzt noch einmal mit Text und einem Quäntchen mehr Gefühl von Seiten Julias, dann hätten wir's!“ ordnete man uns an und ohne weitere Mätzchen tat auch mein Szenepartner was er tun sollte. Scheinbar muss er vorhin so richtig zusammengefaltet und ihm das Ausmaß seines Handelns kürzlich in den letzten Kurs-Stunden klar gemacht worden sein, so wie er jetzt spurte. „Geht doch! Ich muss sagen, nach dem Tanzdesaster hätte ich mir das Prozedere echt schlimmer vorgestellt. Aber... ich denke ich werde unseren männlichen Rollen noch Schuhe mit einer höheren Sohle besorgen, damit wenigstens Romeo etwas größer ist als Julia“ kommentierte unser Regisseur und hakte einen weiteren Punkt der Liste ab. Kaum dass er dies tat, ließ Suzuki von mir ab und schaute noch immer Wortlos im Saal umher. Auch die letzten Szenen, inklusive des Sterbe-Akts zum Schluss verliefen ähnlich, für mich merkwürdig, für Suzuki überflüssig, aber für Iwamoto offenbar zufriedenstellend. Trotz des fragwürdigen Vorfalls unter dem Laken bei der 'Sexszene' wollte ich meinen Plan, es mit Naomi weiter zu versuchen, nicht aufgeben – nur um sicher zu sein, dass mich mein Gefühl und diese verflixten Hormone nicht täuschen, was Suzuki betrifft. Auch an diesem Abend war sie bei mir, wir lagen auf dem Sofa und taten was Pärchen halt so tun, wenn sie alleine sind, auch wenn ich – mal wieder – weder wusste was ich tun sollte, oder was Naomi von mir wollte, noch sonderlich Lust dazu hatte. Gerade als ich glaubte den Dreh irgendwie raus zu kriegen und Naomi mehr als nur willig und halb nackt unter mir lag, meldete sich unser Butler per Sprechanlage, dass Besuch für mich da sei. Knurrend erhob ich mich und trat auf meine Zimmertür zu, in der Annahme jemand aus meinem Freundeskreis käme spontan vorbei und ich deshalb auch nicht nachhakte wer es denn sei. Doch weit gefehlt... Da stand kein geringerer als Suzuki, der mich mit ernstem Blick ansah. „Akira...“ flüsterte ich und sah mich um, ob uns jemand beobachten konnte, trat dann hinaus und lehnte die Tür hinter mir an, als ich zischte: „Was machst du hier?“ Er schaute an mir herab, sein Augenmerk blieb an meinem geöffneten Gürtel hängen. Ja, Akira, das ist genau das wonach es aussieht! Als ich ihn vor wenigen Tagen zur Rede stellte, was sein Überfall in der Dusche neulich zu bedeuten hätte, ist er mir Tagelang nur ausgewichen und hätte es wahrscheinlich auch weiterhin durchgezogen, wären wir nicht gewissermaßen gezwungen miteinander zu arbeiten. Er wollte damals von nichts wissen, also wusste ich jetzt auch nicht mehr, ob ich wissen will, weshalb er hier aufkreuzt! _____________________________________________________________________________ Werte Leser... Es ist schon wieder Lichtjahre her <.< An dieser Stelle kommt üblicherweise die Ausrede, weshalb das so lange dauert, aber ich verzichte darauf euch mein Leid zu klagen und entschuldige mich gleich für die elende Warterei. Und die ausstehenden Kommentar-Antworten folgen morgen im Laufe des morgigen Tages oder spätestens übermorgen! Hat denn irgendwer mit unserem Yuu mitgelitten? x.x Oder hätte wahlweise Akira windelweich geprügelt? :P Suzuki sorgt also mit seinen überaus dämlichen und mehr als kuriosen Launen für Wirbel bei Aoi. Was wird er nun an dieser Stelle sagen, wo er sich doch die Mühe gemacht hat zu Yuu nachhause zu gehen? Was sagt Naomi zu diesem Besuch? Man darf gerne spekulieren – ich freu mich immer wenn jemand sich eigene Gedanken dazu macht und sie mir mitteilt :D Und joar... was erwartet uns beim nächsten R-Kapitel? Nun, Reirei gesteht Ayumi sein beklopptes Verhalten in letzter Zeit und buddelt sich selbst durch ein riesen Chaos in seinem Schädel. Die Generalprobe wird auch Bestandteil sein, sowie eine Premieren-Vorfeier in der es turbulent zu zugeht u. A. sorgt Aoi für große Sorgen. Uuund... ja wahrscheinlich naht der Moment auf denen ihr Alle die ganze zeit schon hin fiebert xD Mehr will ich nicht verraten! Gespannt? Kapitel 10: (R) Endlich mal was richtig machen ---------------------------------------------- Da stand ich nun, ich Trottel... Eben hatte ich noch den Kopf voller Fragen, Vorwürfe und ich glaube auch so etwas wie einen Entschuldigungsversuch. Doch jetzt ist alles völlig hinfällig. Ich musste wissen was sich bis eben hier abspielt hat, auch wenn ich nicht mal selbst sagen kann, wieso mich das so brennend interessiert. Er wartete sichtlich auf eine Antwort, doch ich hatte weder eine für ihn, noch für mich. „Yuu?!“ hörte ich eine weibliche Stimme hinter der Tür rufen, was meine Vermutung... oder war es 'ne Befürchtung?.. bestätigte und so stieß ich hinter ihm die Tür auf, sah diese Naomi bei ihm auf dem Bett liegen, welche auch gerade die Bettdecke hastig vor sich zerrte. „Was soll das?“ fauchte Shiroyama mich an, doch das alles überforderte mich komplett. Sie halb nackt und er mit offener Hose... „Was macht der Typ hier?“ fragte sie ihn und klang recht vorwurfsvoll. Und ich musste zu geben, das war 'ne verdammt gute Frage. Ich war nun jedenfalls nicht mehr im Stande irgendwas zu tun oder zu sagen, von dem was ich mir mehr oder weniger vorgenommen hatte. Also ergriff ich die Flucht. Wie immer... Hastig rannte ich die Treppe wieder runter und verließ das Anwesen. Ich lief eine ganze Weile schnellen Schrittes, ohne wirklich auf meine Umgebung zu achten, rempelte Menschen an und kickte in Rage eine leere Coladose über den Fußweg. Verdammte Scheiße! Was bin ich für ein unsäglicher Idiot?! Was hab ich mir dabei gedacht? Hab ich überhaupt nachgedacht? Doch, eigentlich hab ich viel darüber nachgedacht... fast schon zu viel, und dennoch bin ich völlig planlos da aufgeschlagen. Ich hätte wissen müssen, dass die Zwei vögeln. Ich hab ihm ja selbst dazu geraten... Ich meine... wer würde denn nicht mit ihm... „Fuck!“ fluchte ich laut und unbeherrscht. Einige Passanten um mich herum hatten diesen Ausbruch mitbekommen, aber deren missbilligende Blicke konnte ich jetzt nicht auch noch ertragen, also bog ich in die nächste dunkle Gasse ein. Hier war es gediegener und unbelebt, nicht sonderlich ansehnlich mit all den überquellenden Mülltonnen, aber ich hatte um mich herum genug Ruhe, um mich zu sammeln. Ich setzte mich auf die Stufe des Hinterausganges von einem der Häuser hier, lehnte mich an die Tür und schaute nach oben, zwischen den Dächern hindurch, in den blauen Himmel. „Ich hab echt keine Ahnung, wie ich jetzt noch klarkommen soll...“ murmelte ich vor mich hin und schloss die Augen, in der Hoffnung mir käme irgendeine Erleuchtung. Wenige Augenblicke später kam diese auch – in Form einer Message auf mein Handy von einem Kumpel aus dem Kickbox-Club. Er wollte wissen, ob ich Bock hätte für Jemanden einzuspringen, der diesen Abend einen nicht ganz legalen Kampf hätte, sich aber nun doch nicht trauen würde. Na, aber logo! Das löst zwar keines meiner Probleme, aber es verschafft mir 'ne Auszeit von der ganzen Grübelei und wenn ich gewinne, gibt’s auch noch Geld. Mit Schwung stand ich auf und begab mich schnurstracks zu eben jenem Austragungsort. Fast schon krampfhaft versuchte ich all das andere Zeug zu verdrängen und mich auf diese Sache zu fokussieren. Ich war nicht weit weg, doch blieb kaum Zeit sich groß vorzubereiten. Kurz aufwärmen und die letzte Runde des aktuellen Kampfes abwarten, dann sollte es auch schon los gehen. Von zwölf Leuten hatten wohl fünf abgesagt, doch die Startgelder von Allen sind bereits bezahlt. Heißt: ich habe keinen Einsatz und muss nur die restlichen sechs überstehen. Die Gelegenheit konnte ich mir einfache nicht entgehen lassen! Ich war auch relativ spät an der Reihe und die Kämpfe vor mir hatten schon einen K.O.-Sieg hervorgebracht, was wiederum heißt, den muss ich nicht mehr besiegen, sondern nur noch die, die übrig sind. Beim Ersten klappte das auch noch recht gut, der Zweite hatte schon mehr drauf... Der Dritte allerdings... hatte es dummerweise echt in sich! Er war einer der Typen, gegen die ich normalerweise nicht antreten würde, wenn ich vorher wusste, was auf mich zukommt, aber nun steckte ich mitten drin und musste das beste draus machen. Was soll ich sagen... Das Beste war eben noch nicht gut genug... In einem Moment der Unachtsamkeit traf sein Bein direkt in meine Flanke und riss mich um. Da ich keine Kontrolle mehr über mein Gleichgewicht hatte knallte mein Kopf auf den Boden und dann verschwamm alles. Noch einmal trat der Typ zu und ich krümmte mich, mehr aus Reflex als aus Schmerz. Nur am Rand bekam ich mit, wie man erst den Gorilla und dann mich aus dem Ring zerrte. Mein Kumpel sprach mich an: „Jo, ReiRei.. hörst du mich? Wie viele Finger siehst du?“ Aber irgendwie war ich kaum in der Lage zu antworten, geschweige denn die Finger zu zählen. Dann vernahm ich die Stimme, die mir seit Jahren die vertrauteste ist: „Rei! Was hat er?“ hörte ich Ayumis aufgeregt fragen, doch sie bekam keine Antwort. So setzte sie sich zu mir auf die Bank, auf welche man mich gelegt hatte und so nuschelte ich benommen: „Was.. was machssu hier...?“ „Ich will dich vor Fehlern bewahren, du Spinner, aber offensichtlich bin ich zu spät...“ klang sie recht wütend, weshalb ich mich mühsam hochhievte, um zu beweisen, dass es mir blendend geht. Sie besah sich meinen Kopf und verzog das Gesicht: „Uh... das blutet, aber sieht nicht so aus als müsste das genäht werden.“ „Siehst du, alles wunderbar...“ kam es zugegebenermaßen so mickrig von mir, dass ich mich selbst nicht mal überzeugen würde. Sie stand auf und befahl: „Komm mit zu mir... du bekloppter Idiot! Ich seh mir das in Ruhe an...“ „Mir geht’s gut, wirklich...“ versuchte ich es noch einmal, doch im Moment hatte ich keine Chance gegen ihren Willen anzukommen. Auf dem Weg zu ihr nach Hause, sprach Ayumi kaum ein Wort. Erst als ich auf ihrem Bett saß, sie die Wunde desinfizierte und ich mir deshalb einen schmerzvollen Laut nicht verkneifen konnte. „Das hast du verdient...“ knurrte sie sauer und ich sprach zustimmend: „Mhm... mehr als du denkst...“ Sie ließ von mir ab und begann in ernstem Ton: „Rei... ich kenn dich lange genug, um zu wissen, wann du nicht Du bist und ich wollte erst auch nichts sagen, weil ich denke, jeder hat mal so Phasen. Aber so was wie das vorhin, hast du nie gemacht. Wie kannst du dich auf so was blindlings einlassen? Du weißt genau, was alles passieren kann, wenn... solche Veranstaltungen nicht ganz so 'offiziell' sind... Und einen Arzt oder geschweige denn einen Krankenhausaufenthalt kannst du dir nicht leisten!“ Um ihren Ärger zu unterstreichen Tupfe sie noch einmal mit dem brennenden Desinfektionszeug an meinen Kopf. „Au! Bist du sicher, dass du mich hier nicht foltern willst?“ „Stell dich nich an wie'n Mädchen, dein Knie letzten Sommer hab ich auch wieder hingekriegt!“ schimpfte sie und klebte nun eines dieser Pflaster, die sie von ihrer Mutter hat, auf die Wunde. „Gut, dass ich dich hab, was?“ murmelte ich und sie brummte: „Gut, dass meine Mama im Krankenhaus arbeitet, was? Zeig mal deine Hüfte!“ „Ist schon Ok... nich so schlimm“ probierte ich es noch einmal, doch Ayumi erwies sich als stur, sturer als ich: „Ich bin gerade rein, als ich sah wie der Typ auf dich eingetreten hat und das sah alles andere als 'nich so schlimm' aus!“ Augen verdrehend und unter Schmerzen richtete ich mich aus meiner gekrümmten Haltung auf und ließ mir das Tanktop ausziehen. „Ahh, Scheiße...!“ fluchte ich schmerzerfüllt und Ayumi schmunzelte: „Nich so schlimm, ja?“ „Eben tat es noch nicht so weh...“ knurrte ich mit zusammengebissenen Zähnen und sie vermutete: „Das wird wohl der Schock gewesen sein. Mama sagt, bei 'nem Schock wird Adrenalin freigesetzt und das betäubt den Schmerz 'ne Weile. Bleib liegen, ich bin gleich wieder da!“ Wenn's jetzt noch leckere Sandwichs von Ayumis Mutter geben würde, wäre ich bestimmt fast schon wieder heil. Fast... Je mehr ich erneut ins Grübeln geriet, weshalb ich mich überhaupt erst darauf eingelassen lassen, führte ein Gedanke zum anderen und ich war geistig wieder bei Shiroyama vor der Tür. Aber genau diese Gedanken wollte ich eigentlich los werden, weshalb ich genervt feststellte, dass die ganze Aktion – ach was sag ich, der ganze verfickte Tag nicht nur völlig umsonst war, sondern alles nur noch schlimmer geworden ist. Als meine beste Freundin zurück kam und mir eine Salbe auf die geprellten Stellen an meiner Hüfte schmierte, welche die Blutergüsse unter der Haut weniger ausgeprägt werden lassen sollen, tat ich etwas, was ich mir im Nachhinein wohl ebenfalls hätte sparen können. Unvermittelt drängte ich ihr einen Kuss auf, sie sah mich zunächst verwundert an, ließ sich jedoch darauf ein. Immerhin war Rumvögeln bei uns schon immer ein gutes Mittel um Stress abzubauen. Ich zog sie über mich und zuckte zusammen, als sie versehentlich zu nah an die Prellungen geriet. „Sorry!“ hörte ich es gleich von ihr, doch wollte ich mich deswegen nicht von meinem Plan abbringen lassen und nuschelte schnell: „Schon ok...“ setzte mein Tun fort und zupfte ihr das Shirt über den Kopf. Doch dann geschah es... Genau genommen geschah nichts... Denn sie fuhr ein paar mal mit der Hand in meinem Schritt auf und ab, aber es tat sich nichts... Gar nichts... „Ist bestimmt der Schock!“ knurrte ich und wollte weiter machen, doch sie drückte mich zurück auf die Matratze und sah mich fragend an. Ich wusste nicht was ich sagen wollte, also wich ich diesem Blick aus und fluchte: „Scheiße, verdammt.. das ist mir noch nie passiert!“ „Das kann schon mal vorkommen, öfter als man(n) glaubt...“ sprach sie gefasst, aber abwartend mit mir und ich moserte weiter: „Ich bin 17 verdammt noch mal... 17! Ich hab keine... Potenzprobleme...“ „Vielleicht bist einfach nur fertig wegen der Sache vorhin und...“ begann sie, doch ich unterbrach sogleich: „Gott, ich bin nicht fertig.. ich war noch nie zu fertig... 'dafür'... Ich bin... vollkommen gestresst!!“ Kam es fast schon laut von mir und nun setzte sie sich ans Fußende ihres Bettes und sagte: „Dann komm mal wieder runter und atme mal tief durch.“ „Ich kann nicht.. ich.. das... fühlt sich alles komisch an...“ murmelte ich und sah in ein augenscheinlich verwirrtes Gesicht, als sie nachhakte: „Komisch?“ „Ja, komisch... als läuft hier irgendwas schief...“ versuchte ich zu beschreiben was ich fühlte und biss mir auf die Lippen, während ich mich unter Schmerzen ebenfalls etwas aufrichtete und hilfesuchend zum Fenster sah. „Rei.. solange wir dieses kleine... Arrangement laufen haben... so wie eben hast du mich noch nie geküsst. Nicht, dass es schlecht war, oder so.. aber... eigentlich haben wir nie.. auf den Mund oder so. Höchstens mal 'n Schmatzer, aber das da eben... war was anderes“ begann sie und ich suchte derweil nach irgendwas, womit ich diese Aussage widerlegen könnte, doch fand ich nichts, weshalb ich auch nichts dazu sagte und noch immer hilflos zum Fenster guckte. „Können wir offen reden?“ fragte sie mich nun und so schaute ich sie an, bevor sie weiter sprach: „Solch ein Kuss hat was zu bedeuten, aber da du keinen hoch gekriegt hast... schätze ich, dass der nicht für mich war. Hab ich recht?“ Ich saß förmlich in der Falle, versuchte irgendwie um eine Antwort drumherum zu kommen, doch mein Hirn war schon lange völlig überlastet mit ähnlichen Fragen. „Sag's mir einfach“ bat sie und ich schluckte, während mein Herz wummerte. „Wir sind Freunde... und das bleiben wir, egal was es ist... ich versprech's dir!“ flüsterte Sie und ich konnte einfach nicht mehr. Es musste raus: „Erinnerst du dich an den Typen letztens, mit dem wir da bei der Veranstaltung am Waldrand waren?“ „Aoi... wer könnte den vergessen?“ geriet sie fast schon ins Träumen und von mir kam nur ein leises resigniertes: „Ja...“ Noch immer schien sie nicht ganz zu verstehen was ich sagen will und fragte daher weiter nach: „Was is mit dem?“ Ich atmete tief ein und entschied mich vorerst zu einer... naja, vielleicht weniger prekären Beichte: „Wir sind doch zusammen in diesem Kurs... Romeo und Julia... du weißt schon...“ „Ja, und ich kann's kaum erwarten, dich als Julia zu...“ brach sie mitten im Satz ab und starrte mich an, als würde es ihr so langsam dämmern: „Er...?“ Ich nickte zögerlich und flüsterte: „Er hat mich geküsst...“ Ich hatte definitiv ihre volle Aufmerksamkeit, also schaute ich nach unten, auf die vielen Disney-Figuren, auf ihrer Bettdecke und setzte fort: „Und ich ihn...“ Ayumis Gesichtsausdruck war 'ne Mischung aus allem. Aber nichts was irgendwie beruhigend aussah. „Wie war's?“ wollte sie nun wissen und ich schluckte erneut: „Es war...“ begann ich und stockte, doch meine hoffentlich noch immer beste Freundin wartete gespannt auf eine Antwort: „Ja? Jetz sag schon, lass dir nicht immer alles aus der Nase ziehen, man!“ „Es hat mich umgehauen...“ nuschelte ich unsicher, doch endlich verzogen sich ihre Mundwinkel zu einem Lächeln: „Ouh... war er so gut, ja?“ „Ja...“ kam es noch immer nicht ganz erleichtert von mir, was offenbar auch Ayumi bemerkte: „Hm, du klingst aber gerade eher, als würdest du auf deine Hinrichtung warten...“ „Kann sein.. weiß nicht... ach fuck.. ich weiß gar nichts mehr! Ich dachte immer, ich hab schon irgendwie alles unter Kontrolle... aber das.... das mit ihm... ich hab damit nicht gerechnet...“ kam es fast schon rechtfertigend von mir, doch das Lächeln wich nicht von ihrem Gesicht: „Liebe is'n Arschloch, sie überfällt einen einfach hinterrücks.“ „Klingt nach 'ner Menge Erfahrung...“ brummte ich, vielleicht auch um wieder etwas von mir abzulenken. „Zum Glück nicht meine, aber meine Mama verliebt sich schnell, nur leider immer in die falschen Männer...“ erklärte sie und so hakte ich argwöhnisch nach: „Denkst du, dass es falsch ist?“ „Mama und ihre vielen Männer? Definitiv.“ „Ich meine eigentlich...“ begann ich wiedermal einen Satz und brachte ihn nicht zu Ende, dafür tat sie es: „Dich und Shiroyama?“ Ich nickte kaum merklich und lauschte ihrer Antwort: „Was ich denke oder irgendwer anderes, spielt doch dabei überhaupt keine Rolle. Du musst wissen, ob es sich falsch angefühlt hat.“ „Das isses ja... nichts fühlte sich in dem Moment falsch an. Es war eher so... als würde ich endlich mal was richtig machen...“ erklärte ich und trotzdem wusste ich nicht, ob mich mein Gefühl irgendwie täuschen würde. „Dann hast du doch deine Antwort selbst gefunden oder?“ zwinkerte sie mir zu und wollte gleich noch wissen: „Wann und wo!?“ Eigentlich war Ayumi nie die neugierigste Person, doch jetzt schien sie gerade zu darauf zu brennen, alles zu erfahren, weshalb ich schmunzeln musste: „Bei den Proben letztens... Ich weiß, ich weiß... der Kuss war nur für die Bühne bestimmt... Aber... keine Ahnung... der eine komische Kerl hat's gefilmt mit seiner Kamera. Hab das Ding mitgehen lassen und...“ Wie schon so oft unterbrach ich einen Satz, doch Ayumi bohrte weiter nach: „Und du hast dir das Video angesehen!“ Das war schon keine Frage mehr, dass war eine Feststellung, also versuchte ich mich wie üblich irgendwie raus zu winden: „Ich habe dieses Video kein einziges mal... naja.. ich hab es mir ein paar mal….ok, ich hab's mir die ganze Nacht angesehen, aber dieser Kuss... ich meine dieser... dieser Kuss, der war einfach... Ich weiß, dass der Kuss überhaupt nix zu bedeuten hatte...“ Es war ein einziges hilfloses Gestammel und nie hätte ich vermutet, dass so'n dämlicher Kuss mich total.. umkrempelt. „Ja, nee... dir tut nichts weh und dieser Kuss hatte nix zu bedeuten... wer's glaubt!“ kam es unverschämt breit grinsend von ihr, eh sie weiter nachhakte: „Da war noch was oder? Ein Kuss kann einen schon mal verwirren, aber so wie du neben dir stehst, muss da noch mehr gewesen sein. Ich will alles wissen!“ Tief durchatmend überlegte ich wie ich es formulieren sollte, entschied mich aber für 'frei raus': „Er hat letztens bei uns in der Schule trainiert, keine Ahnung wieso und es ist auch egal. Ich hab jedenfalls mit nichts gerechnet und wollte eigentlich nur duschen. Du weißt ja, die stellen öfter mal bei mir das Wasser ab. Und naja, da stand er... komplett nackt und eingeseift und... mir ist das Blut nicht nur in den Kopf geschossen. Bin abgehauen, als er das bemerkt hat, aber ich bin nicht weit gekommen. Und... als er in die Umkleide kam, hab ich ihn förmlich überfallen... Ich hab.. ihn gepackt und... ihm einen runtergeholt. Keine Ahnung wieso, es war... 'ne Kurzschlussreaktion oder so...“ „Nein!!“ kam es ungläubig mit großen Augen von meinem Gegenüber und ich nickte nur bestätigend: „Doch... und ich hab ihn gebissen... und gekratzt... ich konnte nicht aufhören, es war wie ein Rausch... der erst endete als er kam.“ „Und dann?“ wollte sie gespannt wissen und ich zuckte mit den Schultern: „Bin wieder abhauen... und ihm dann aus dem Weggegangen, als er reden wollte... Was hätte ich denn da sagen sollen?“ Sie raufte sich die Haare und brummte: „Du bist so ein... Penner!“ „Danke, das weiß ich selbst...“ murrte ich und auch sie schien erst mal durchzuatmen nach der Story: „Ja.. also das erklärt so einiges... an deinem Verhalten in letzter Zeit, meine ich.“ Es herrschte eine Weile Schweigen, bis sie das Wort ergriff: „Denkst du ihm geht’s genauso?“ Ich seufzte und zuckte abermals mit den Schultern: „Keine Ahnung... er hat jetzt 'ne Freundin... Das kam erst nach der Sache in der Umkleide. Wer würde das tun, wenn er Gefühle für jemand anderen hätte...?“ „Ein mindestens genauso vertrottelter Depp wie du!“ antwortete sie und dieses Grinsen schien nicht zu weichen, bis sie einen Augenblick später wieder zu mir sah und ein bestimmtes Wort wiederholte: „Gefühle?“ Ich verzog keine Miene und sagte nichts weiter dazu, doch das musste ich wohl auch nicht, denn sie sah mich nun ihrerseits ernst an: „So schlimm, ja?“ Meinen Blick musste ich nun doch abwenden, denn ich hatte keine Ahnung wie es sich anfühlt Gefühle für jemanden zu haben, um da ein klares Ja oder Nein sagen zu können, also murmelte ich leise: „Er macht mich einfach total wahnsinnig...“ „Ohje...“ kam es mitleidig von Ayumi, weshalb ich mich mühsam auf die Seite legte, die weniger weh tat und sie sich im Anschluss an meinen Rücken schmiegte. Es blieb einige Zeit still, bis ich in den dunkler werdenden Raum hinein fragte: „Kann ich heute Nacht hier bleiben?“ „Selbstverständlich“ hörte ich die hinter mir Liegende sagen, eh es abermals ruhig blieb und sie wissen wollte: „Dir ist aber klar, dass du... nicht ewig weglaufen kannst? Nicht vor ihm, nicht vor der Situation in deinem Kurs... nicht vor deinen Gefühlen...“ Ich weigerte mich das alles mit 'Gefühlen' verbinden zu wollen und sagte daher erneut nichts dazu, bis sie fragte: „War nicht bald Premiere?“ „Mhm... jetzt kommenden Sonntag... Freitag ist Generalprobe und 'ne Party. Irgendeine Probenabschlussfeier... was weiß ich. Kannst gerne kommen und mir beim Versagen zusehen...“ murmelte ich und spürte wie sie sich anschmiegte: „Du wirst nicht versagen, das weiß ich!“ Auch dazu hatte ich nichts weiter gesagt, nur einfach die Augen geschlossen und bin dann irgendwann auch weggepennt. Wirklich gut geschlafen habe ich nicht, denn ich hab davon geträumt, dass es Alle wussten, was ich Ayumi erzählt hatte und so war das erste was ich sagte, als sie die Augen aufschlug: „Versprich mir, dass du es keinem sagen wirst... das von gestern...“ Sie strich mir durchs Haar und schüttelte den Kopf. Ich war mir schon lange bewusst darüber, dass die Jungs, mit denen ich sonst so abhänge ihre Probleme damit haben, wenn jemand irgendwie anders ist als sie. Hat mich aber nie sonderlich gestört – bis jetzt. Denn jetzt, wo ich feststelle, dass egal wie sehr ich einfach nur so normal sein wollte wie sie, wohl nun doch nicht dazu gehöre. „Ich muss los...“ flüsterte ich und hob mich schwerfällig an. Meine Hüfte war nun doch rot und blau und beschissen weh tat sie außerdem. Umständlich zog ich daher mein Tanktop wieder über und biss dabei die Zähne zusammen. „In der Schublade...“ murmelte Ayumi verschlafen, weshalb ich mich herumdrehte. „Vom Schreibtisch... da liegen noch ein paar Schmerztabletten“ ergänzte sie und ich befand, dass das besser war als gar nichts, weshalb ich diese dankend annahm und mich vorsichtig aus dem Zimmer schlich. Würde ich jetzt auch noch auf Ayumis Mutter treffen und sie mir an die Gurgel springen, weil sie genau dann, wenn es nicht der Fall war, vermuten würde, dass ich über ihr kleines unschuldiges Mädchen hergefallen sei, dann wäre das noch das Tüpfelchen auf dem I gewesen. Ich machte mich auf den Weg nach Hause, hielt mich dort aber nur kurz auf, um schnell unter die – Gott sei dank wieder funktionierende – Dusche zu gehen und mich in die Uniform zu werfen, eh es zur Schule ging. Auch wenn ich darauf nun am allerwenigsten Bock hatte, aber wegen Fernbleibens rausgeworfen zu werden, würde mir nur noch mehr Probleme bereiten als ich eh schon hab. Absolut demotiviert schlug ich dort auf und mir blieb auch nichts anderes übrig, als Shiroyama vorne im Unterrichtsraum zu ignorieren und selbiges mit all meinen Sorgen zu versuchen. Leider klappte das nur am Anfang der Stunde relativ gut, denn mit der Zeit erwischte ich mich immer öfter wie ich ihn ansah, wenn auch eher verschämt, als sabbernd auf dem Tisch hängend. Meine Gedanken schweiften ab, hinzu Shiroyamas Gesichtsausdruck während der Sache in der Umkleide neulich... Ja und was ich gestern Abend bei Ayumi nicht hingekriegt habe, dass passierte nun automatisch... Ich bekam 'ne Latte... und Panik. Ein Blick auf die Uhr gab mir den Rest, denn ich hatte nur noch zehn Minuten um das Problem zu beseitigen. Dummerweise waren die Tische und deren Anordnung in diesem Raum alles andere als günstig für eine angenehmere Lösung, also musste es auf die harte Tour sein. Vorsichtig drückte ich auf meine ohnehin schon schmerzende Hüfte und hielt die Luft an, um ja keinen Laut von mir zu geben. Es war echt nicht schön, aber es wirkte... Zumindest machte sich Erleichterung breit, dass die nächsten Stunden kein Shiroyama vor meiner Nase war, aufgrund verschiedener Unterrichtskurse. Dumm nur, dass ich nun nicht mehr der schnellste war, der den Raum verließ, was offenbar nicht nur mir auffiel: „Nanu, Herr Suzuki, sie sind heute nicht schon beim ersten Gong zur Tür raus?“ Mir war klar, dass unser Lehrer mich nur necken wollte, weshalb ich den Ball zurück spielte: „Fand's heute eben so fesselnd bei Ihnen.“ Er schmunzelte und deutete mit einer Kopfbewegung, dass ich doch auch mal den Raum verlassen möge. Notgedrungen tat ich dies, fürchtete aber Shiroyama stünde hinter der nächsten Ecke, um mir das Gespräch aufzudrängen, welches ich eigentlich nie führen will, und wenn doch, dann wenigstens nicht allzu bald. Im Flur sah ich mich um, doch er war nirgends zu sehen. Was mich im ersten Moment noch erleichtert ausatmen ließ, legte sich sogleich schwer auf mein Gemüt. Hab ich ihn jetzt endgültig vergrault? Würde mich nicht mal wundern... Da heute Donnerstag und morgen schon die Generalprobe war, blieb mir noch nicht einmal die Möglichkeit, mich einfach zuzudröhnen und/oder mir die Birne weg zu saufen. Aber das könnte ich ja danach, während dieser bescheuerten Feier machen! Da nehm' ich meinen Kuchen mit! Ja.. der Kuchen, den ich für ihn gemacht hatte und er mir die Hälfte überließ... Sei's drum, ewig könnte ich den eh nicht behalten, schon gar nicht als Andenken oder so 'n Schnulli. Am Abend sah ich vorsichtshalber noch einmal nach, ob der Kuchen noch an seinem Platz sein würde, was zum Glück auch der Fall war. Anschließend nahm ich mir mein Textbuch zur Hand und ging den restlichen Abend nochmal sämtliche Stellen durch. Bei einigen davon konnte ich sogar irgendwie nachvollziehen, wieso gerade diese Passagen seiner Freundin so zusagten, dass sie sie mit Herzchen schmückte. Auch wenn ich das selbst sicher nicht tun würde. Konnte sie ja damals auch noch nicht wissen, dass ich ihr Textbuch übernehmen würde... oder viel mehr musste. Was er wohl gerade mit ihr macht? Fuck, ReiRei! Reiß dich am Riemen und geh deine Szenen durch, damit morgen alles sitzt! Um mein Vorhaben diesbezüglich durchziehen zu können, rollte ich mir auch einen Joint – zur Entspannung! Meine Stimme krächzte inzwischen auch sehr, da ich so gut es ging höher sprach als normal. Dass ich überhaupt soviel redete schien meinem Alten nebenan gehörig auf den Sack zu gehen, denn der warf gelegentlich irgendwas an meine Tür und brüllte, dass ich die Schnauze halten solle, was ich zum einen ignorierte, aber manchmal ebenso konterte. Also eigentlich alles wie immer. Nur dass er heute mehr oder weniger ansprechbar war und sich Sportsendungen im TV reinzog. Normalerweise hätte ich mich daneben gesetzt und mit geguckt, was wohl einem halbwegs normalen Familienalltag ähnlich käme. Doch dazu hatte ich weder Bock noch Zeit. Als ich spät abends im Bett lag und mal wieder vollends ins Grübeln vertieft war, kam die Frage in mir auf, seit wann mir der Theatermist so wichtig geworden ist, dass ich nun soviel Zeit damit verbrachte. Die einzige Antwort die ich fand war, dass ich es immer noch dämlich finde, aber es mir nur deshalb irgendwie wichtig wurde, weil's Ihm wichtig ist. Shiroyama... Yuu... Und weil ich sonst wohl von der Schule flieg... Mit den Gedanken überall und doch nirgendwo, driftete ich in den Schlaf ab, der zwar keine Träume hervorbrachte, an welche ich mich erinnern würde, aber sonderlich erholsam war es auch nicht. Ich konnte nur auf dem Rücken und auf einer Seite liegen und das Herumdrehen bereitete Schmerzen. Die Tabletten von Ayumi hatte ich noch in meiner Hosentasche, denn ich hatte beschlossen sie nicht gleich zu nehmen, sondern erst, morgen bzw. am Sonntag bei der Premiere, sollte es dann noch sehr weh tun. Am morgen danach trat ich aus dem Zimmer und sah den alten Sack auf dem Sofa schlafen. Ich hatte Hunger und ging zum Kühlschrank, aber es war nichts drin außer zwei Flaschen Bier. Wundert mich fast, dass er die nicht mehr geschafft hat... Als mich die gähnende Leere nicht wirklich befriedigte, öffnete ich das Gefrierfach ganz unten und wühlte meinen Hasch-Kuchen hervor. Gerade wollte ich damit zur Tür hinaus, als ich den Pizzakarton auf dem Tisch erspähte. Bis auf ein einziges Stück lagen nur noch abgeknabberte Ränder drin. Ich wollte die Schachtel erst wieder zuklappen, entschloss mich aber doch dazu ihm das letzte Stück zu entreißen und auch gleich mal seine Sachen nach Kleingeld abzuklopfen. Keine große Ausbeute, die da zusammen kam, aber es reichte für 'ne Kleinigkeit aus der Schulkantine später. Der Tag verlief wie sonst auch, nur dass man Iwamoto schon den ganzen Morgen im Flur auf und ab hetzen sah, welcher mich in einer kleinen Pause abfing und meinen lädierten Kopf begutachtete: „Was zum Henker hast du dir dabei gedacht?“ „Is nich so wild..“ brummte ich, doch er war da anderer Meinung: „Nicht wild? Was, wenn dir einer die Nase gebrochen hätte oder den Arm, ein Bein oder was weiß ich was!!“ Da ich nicht wirklich etwas zu meiner Verteidigung vorbringen konnte, ließ ich den Mann einfach meckern: „Hoffentlich kriegen wir das hin...“ Weiß gar nicht was der hat. Ich muss eh so'n blödes Perückending aufsetzen, da lässt sich sicher was zurecht kämmen... Gott sei dank kam nun eine mir unbekannte Frau auf Iwamoto zu und sülzte ihn voll, über die Papiere die sie auf dem Arm herum trug. Schnellstens verschwand ich aus seinem Blickfeld, eh er mich schon zum frühen Morgen soweit haben würde, so gar keine Lust mehr auf das zu haben, was an diesem Abend noch folgen soll. Freitags ist ja generell ein eher kürzerer Schultag, doch heute wird er wohl der längste Freitag seit langem werden. Da muss man nicht gleich schon zu Beginn die Schnauze voll haben. Bevor der Unterricht heute früh begonnen hatte, war ich noch schnell im Proberaum vom Theaterkurs, welcher sich direkt neben der Aula befindet und im Aufenthaltsraum, der auch als Umkleide- und Make up Raum fungierte, stand ein Kühlschrank, in welchem ich den Kuchen zum auftauen legte, damit er zum Abend essbar sein würde. Das wird geil! Absolut ungeil war allerdings Stunden später der Anblick meiner selbst im Spiegel kurz vor m Auftakt der Generalprobe. Jetzt und hier würde alles in einem Stück ablaufen und es darf keine Unterbrechungen geben. Was angesichts dessen, was ich vor mir sah, echt schwer war, denn...: „Was habt ihr mir angetan? Ich seh aus wie Siegfried UND Roy! Und ich schwitze wie ein Schwein!“ moserte ich über das Gesamtoutfit und zupfte an allem herum. Vorher hatte ich nur mal das Kleid an, oder nur die Perücke auf und einen Make Up Testlauf gemacht. Dem Himmel sei Dank, dass nicht auch noch Absatzschuhe im Spiel waren. Neben mir saßen nur die Typen, welche die Rollen der beiden Mütter übernahmen – der einzige Grund, warum ich mich zusammenriss war der, dass die Jungs genauso beknackt aussahen wie ich und ebenfalls bis zur Unkenntlichkeit entstellt waren. Wenigstens erkennt mich so keine Sau... Das hat schon wiederum was Beruhigenderes...! Nach und nach trudelten auch die Anderen ein. Die männlichen Rollen hatten Glück und waren etwas weniger schmink-intensiv, weshalb sie zum Schluss dran kamen – zumindest wurde mir das so erklärt, als ich nachhakte wo der Rest bleiben würde. Nicht, dass die Alle nicht kommen und ich mach mich hier alleine zum Deppen! Diese Frau, die mich heute morgen schon vor Iwamotos Übereifer rettete ohne es zu wissen, war offenbar die angeheuerte Stylistin, von der er sprach. Sie zupfe, kämmte, toupierte und sprühte meine künstliche Frisur so zurecht, dass man nichts mehr vom Pflaster sah, was ich zunehmend aber nur noch am Rand mitbekam, denn eben trat Er hinein. Shiroyama... Yuu... Ich sah im Spiegel vor mir wie er seinen Blick ganz kurz und nur im Augenwinkel auf mich richtete und dann hinter mir vorbei ging. Jemand rollte einen weiteren Garderobenständer rein und was danach um mich herum passierte war völlige Nebensache, denn mit einem mal tauchte Shiroyama wieder im Spiegel auf und zog die Schuluniform aus, aber leider dieses kuriose Bühnenoutfit dafür wieder an. Wie gebannt starrte ich auf das was sich da hinter mir abspielte und bekam jetzt erst mit wie man mit mir redete: „Hey Kleiner, ich weiß, das da ist viel interessanter als ich, aber wir müssen das Make Up noch mal korrigieren, also bitte schließ die Augen. „Weiß nich was sie meinen..“ knurrte ich mit heißen Wangen und tat wie gewünscht. Als sie wenig später kurz ihre Hände von meinem Gesicht nahm, wagte ich einen prüfenden Blick, fand jedoch nicht mehr das vor was ich finden wollte. Da stand nur noch ein halbnackter Kesuke, welcher nun wirklich keine Augenweide war... „Was zum...!“ hörte man diesen Iwamoto fassungslos durch das Gewusel rufen, als er zur Tür rein stürmte und besagten Kesuke erspähte: „Hab ich euch nicht extra aufgetragen den Rücken zu rasieren, wenn ihr da Haare habt? Oder wolltest du deine Strumpfhose bis zum Hals hochziehen?“ Der angesprochene zuckte zusammen und murmelte betreten: „Aber ich komme da alleine nicht hin...“ Kurz angebunden schnappte sich unser Regisseur den komischen Vogel und schleifte ihn zum Waschbecken in der Ecke: „Es tut mir leid, aber niemand will eine Amme, mit einem Rücken der aussieht wie Chewbaccas Arsch!“ Damit landete das 'Fell' dank des Notfall-Rasierers plus Schaum, Bahn für Bahn im Abfluss. Gut, dass ich diese Probleme nicht auch noch habe. „Er ist süß“ sprach mich diese Stylistin abermals an, ich war gewissermaßen überrumpelt und mir nicht sicher wen sie meinen würde, weshalb ich auch nichts anderes zu sagen wusste, als: „Hm... wer?“ „Na, der Junge mit den längeren Haaren eben“ erklärte sie und ich tat daher unwissend: „Wenn sie das sagen...“ brummte ich und setzte gleich noch mal nach: „Echt, keine Ahnung wovon sie reden.“ Sie lächelte nur verräterisch, sagte aber kein Wort mehr dazu. Als sie dann auch endlich fertig war, stand ich in meinem opulenten Kleid mit leicht schmerzerfülltem Gesicht auf und ging hinüber zur Bühne, schaute hinterm Vorhang an der Seite hindurch und beobachtete das Treiben der Zuschauer. Heute sollten nur ein paar Reporter für eine Vorabstory da sein, sowie auch einige Mitwirkende der anderen Kurse wie Schneider, Bühnenbauer et cetera. Auch sie mussten oder wollten wissen wie ihr Werk ausfallen würde, um gegebenenfalls noch auf die Schnelle etwas ändern zu können, vor Sonntag. Ein paar Angehörige sah man auch vereinzelt, wie zum Beispiel die Frau des Meisterregisseurs, welche ich bisher nur von einem Bild auf seinem Schreibtisch kannte. An den Seitenwänden standen viele kleine Flaschen Wasser und Becher auf Tischen verteilt, einige Ventilatoren liefen auf Hochtouren und für Notfälle stand auch die Schulschwester bereit. Was soll da noch schief gehen...? Gerade, als mir diese Frage durch den Kopf ging, tauchte Shiroyama in voller Montur unweit neben mir auf, blieb kurz stehen und sah mich an, bevor er weiter lief und ohne ein Wort an mir vorbei rauschte. Dabei löste er einen Luftstrom aus, der seinen Geruch zu mir trug... Seine Schuhe klapperten auf dem Holzboden bei jedem Schritt, den er an mir vorüber zog. „Subaru!“ erschrak mich Iwamoto plötzlich, nur um noch mal etwas eindringlich erwähnen zu müssen: „Denk dran: beim Tanzen keine keine Hummeln auf einer Gänseblümchen-Wiese zertrampeln! Eleganz und Glamour!“ „Ja doch...“ knurrte ich und er packte an meine Oberarme: „Guter Mann!“ bevor er mich wieder los ließ und den nächsten nichts Ahnenden mit Ratschlägen überfiel. Ich mach drei Kreuze, wenn der Mist vorbei ist! Kein geringerer als Iwamoto selbst war es, der sich am Anfang auf die Bühne stellte und die Einleitung des Stückes vornahm. Zugegebenermaßen wurde ich nun doch ziemlich nervös, auch wenn ich mich selbst ermahnte, dass dies nur eine weitere, wenn auch allumfassende Probe war. Shiroyama und einige Andere hatte vor mir noch die ein oder andere Szene und... ich weiß nicht woran es lag oder wie ich es genauer beschreiben sollte, aber hier und heute... hatte er irgendwie eine besondere Wirkung dort vorne. Meine erste Szene näherte sich mit großen Schritten und je weniger Zeit mir blieb, umso mehr raste mein Herz. Vor Publikum zu proben war doch irgendwie ganz anders, als nur vor den anderen Deppen im Kurs. „Du schaffst das!“ kam es wieder einmal wie aus dem Nichts vom Regisseur, welcher mit seiner Hand auf meine Schulter klopfte. Ich zuckte zusammen und verkniff mir einen Schmerzensschrei. Obwohl ich zwischendurch Ayumis Tabletten einwarf, waren die Blutergüsse natürlich nicht einfach von heut auf morgen weg oder würden gar aufhören wehzutun. Wäre ja auch praktisch... „Bitte, ich bin schon flattrig genug!“ moserte ich, doch er überging einfach was ich sagte und blubberte mich weiter voll: „Pass auf, dass du nicht wieder auf dein Kleid trittst und falls du Textunsicherheiten verspürst: vorn am Bühnenrand ist ein kleiner Monitor, der den Text parallel ablaufen lässt.“ Würde mich der Typ nicht ständig voll sülzen, könnte ich womöglich noch mal gedanklich in mich kehren und mich auf den Mist hier konzentrieren. Aber nicht auf dieses dämliche Kleid zu latschen, kann ich echt nicht versprechen. Ist ja nicht so also würde ich tagtäglich in so 'nem Fummel rumrennen. Soweit kommt's noch... So, los geht’s! Meine erste Szene war... also.. merkwürdig war gar kein Ausdruck. Shiroyama alias Romeo stand da und starrte mich einfach nur an – und zwar direkt. Nicht wie vorhin, dieser verstohlene Blick aus dem Augenwinkel. Ich fühlte mich aufgrund dessen die ganze Zeit wie unter Strom. Auch wenn nun einige Szenen mit ihm folgten, die sonst immer ganz gut abliefen, legte sich das angespannte Gefühl nicht. Beim Tanz überkam mich die Unsicherheit, obwohl ich glaubte, diese im Griff zu haben. Mein Augenmerk richtete sich gen Boden – nicht nur, weil ich tierisch nervös war und Angst hatte zu stolpern. Ich schaffte es kaum seinem Blick stand zu halten, denn ich wusste irgendwie würde er mich wie angewurzelt stehen bleiben lassen. Doch kaum, dass ich nach unten sah, tauchte seine Hand vor mir auf und hob mein Kopf an. Mir war klar, dass ich wohl eher wirkte wie verklemmte Zwölfjährige, als 'ne vor Glück strotzende junge Dame, was auch noch von diesem Vogel Iwamoto unterstrichen wurde, welcher hinten am Bühnenrand wild gestikulierend zum Ausdruck bringen wollte, dass ich zufrieden lächeln solle. Stress pur für meine Nerven! Die Musik wechselte auf das langsamere Klavierstück, welches einen Übergang zu einer Textpassage bilden sollte und zur Krönung diesen ersten Kuss beinhaltete, vor dem es mir nun noch mehr graute als die ganze Zeit zu vor schon. Eben weil so ein Kuss von ihm schon einmal solch ein Chaos in meinem Kopf hinterlassen hatte, dass ich mir ernsthaft die Frage stellte: Bin ich noch ich? Oder bin ich nur noch ein Hormongesteuerter Primat, der überall Pheromone förmlich aufsaugte? Ich wusste zwar, dass dieser Moment kommen würde... aber 'bewusst' war ich mir dessen in diesem Augenblick nicht. Mein Herz setzte eine gefühlte Ewigkeit aus, als sich unsere Lippen berührten und der Text in meinem Kopf war weg. Erschrocken blickte ich anschließend in das abwartende Gesicht des vor mir Stehenden, welcher mich zum Glück nicht hängen ließ und mir aus der Patsche half. Shiroyama tat, als würde er meinen Hals küssen, obwohl das nicht in der Szenebeschreibung des Textbuchs stand und sorgte so dafür, dass sich mein Kopf zur Seite neigte und ich automatisch unauffällig in Richtung des kleinen Monitor schauen konnte, auf dem mein Text zu lesen war. Erleichterung machte sich breit, da auch die Zuschauer meinen Fauxpas nicht bemerkt zu haben schienen. Nun war alles wieder da, ich musste nur meine Stimme wieder finden und die Show konnte weiter gehen. Es folgte eine kleine Pause in der das Bühnenbild ausgewechselt wurde. Während Shiroyama nun gleich eine Szene ohne mich hatte, konnte ich mich so langsam auf die Balkonsache vorbereiten. Er lief in dieser Pause an mir vorbei, beachtete mich aber nicht weiter, als nur wieder dieser kurze Blick aus dem Augenwinkel. Doch ich hatte das Gefühl mich für die Hilfestellung eben äußern zu müssen: „Danke... ohne dich hätt' ich's vergeigt.“ sprach ich leise und er blieb stehen: „Schon Ok, bist nicht der Erste, dem ich irgendwie helfen musste...“ Er lief weiter, ohne sich dabei zu mir herum gedreht zu haben. Komisches Gefühl... Auf der Bühne ist er so... leicht und erwartungsvoll und ja.. liebevoll, irgendwie. Und hier... so anders, distanziert...und merkwürdig kühl... Dieses Gefühl etwas gewaltig verbockt zu haben ließ auch die nächsten Szenen nicht nach. Erst als die wortwörtlich verschleierte Sexszene zwischen Romeo und Julia an der Reihe war, sah ich meine Chance. Wie vor ein paar Tagen, nutzte ich die Gelegenheit und strich hauchzart an seinem Brustbein entlang, um seine Aufmerksamkeit zu haben. Warum ich diesen Weg wählte, kann ich nicht einmal mir selbst erklären, aber ich musste wissen, ob er noch genauso reagieren würde wie beim letzten Mal. Was sollte er auch machen? Aufspringen und fliehen konnte er nicht, wenn er die Generalprobe nicht versauen wollte. Also tat ich es einfach und spürte deutlich wie er die Luft einsog und anhielt, sich meinen Fingern sogar ein wenig entgegen bog. Jedoch nahm dies ein abruptes und viel zu schnelles Ende, als die Leute da draußen klatschten und man den Vorhang zugehen hörte. Ob aus Höflichkeit und weil man das im Theater so macht – keine Ahnung, aber es entriss mich aus meiner aufkommenden Tagträumerei. Die Hitze unter dem Tuch schwand genauso wie er und bevor das Bett weg geschoben wurde, sprang er hinunter und ging im Getümmel hinter der Bühne unter. „Zack zack, Subaru, raus aus den Federn, jetzt wird nicht gepennt, jetzt geht die Aktion erst richtig los!“ war zumindest Iwamoto kräftig dabei die Stimmung hinter der Bühne kräftig anzukurbeln. Wie sehr mich das alles hier nervt... Ich bin zur Zeit definitiv nicht mehr ich selbst, oder ich hab gerade einen Teil von mir entdecken müssen, der mir bisher nicht bewusst war und dieses ganze Drumherum hier, ging mir auch so tierisch auf die Ketten, ich wäre am liebsten einfach raus gerannt, mit 'nem saftigen: leckt mich doch alle am Arsch! Doch würde ich das tun, dann würde ich Shiroyama hängen lassen und das wäre mit oder ohne diese bescheuerten Gefühle, keine gute Revanche für seine Hilfe zuvor. Im Endeffekt würde ich mir damit auch selbst schaden... So zog ich es durch. Alles. So gut ich es konnte und so gefasst wie es die Umstände zuließen. Bis zum bitteren Ende. Und ich war so dankbar, als eben dieses endlich erreicht war! Ich wollte nur noch raus aus diesen fürchterlichen Klamotten und diese übertriebenen Schminke loswerden, weg von all dem Shakespear'schen Geschwafel und entspannt Gras rauchen. Hätte ich vielleicht vorher auch tun sollen, womöglich wäre ich dann gechillter an die Sache ran gegangen. Als ich endlich wieder in meinen gewohnten Klamotten war und mich ohne dem Zeug im Gesicht im Spiegel betrachtete, fühlte ich mich gleich befreiter. Ich hatte Ayumi schon während der Aufführung ganz hinten im Saal erspäht. Sie war nicht pünktlich, vermutlich wegen des längeren Unterrichts bei ihr, aber besser spät als nie. Und ich wusste, sie würde noch was von meinem Hanf dabei haben! Weshalb ich sie gleich in eine weit abgelegene Ecke des Geländes führte und sprach: „Gott sei Dank, ich dachte ich muss sterben da oben!“ „Du warst hinreißend“ scherzte sie und kniff in meine Wange, wie bei einem kleinen Kind. „Lass den Mist!“ knurrte ich und schob ihre Hand weg von meinem Gesicht. „Ehrlich jetz, Rei...“ begann sie und sah mich an, während sie nebenher den Spliff aus dem Etui hervor holte. Auch ich schaute ihr in die Augen, eh sie fortsetzte: „Wenn ich nicht vorher gewusst hätte, dass du das bist... ich hätte dich nicht wieder erkannt.“ „Dann lass' mal hoffen, dass der Rest von dem Haufen das genauso sieht. 'Ne Blamage ist das letzte was ich jetzt noch gebrauchen kann...“ Ich sog den Stoff tief in meine Lungen und hielt die Luft an, schloss die Augen und versuchte mal an nichts zu denken. Natürlich klappte das nicht, es klappte in letzter Zeit schließlich nie... „Oh Scheiße, man...“ murmelte ich und öffnete die Augen, blickte nach oben in den Himmel und atmete langsam den Qualm aus, während die neben mir Stehende nachhakte: „Was 'n?“ Ich neigte meinen Kopf in Ayumis Richtung und schaute sie abwartend an, in der Hoffnung sie würde selbst drauf kommen, doch das tat sie nicht, also moserte ich drauf los: „Na, guck's dir doch mal an: die Fresse voller Schminke, 'n verdammtes Kleid an und... ich dreh völlig am Rad, weil ich 'nen Kerl geküsst hab. Ich bin das totale Klischee... ohne dass ich gemerkt hab...“ Auch sie atmete nun ausgedehnt den Rauch aus und antwortete knapp: „Schwachsinn...“ „Und ich hab 'ne beste Freundin, die ich mit all dem zu mülle. Is' echt zum kotzen!“ ließ ich ungehindert meinen Gedanken freien lauf, schnappte mir dabei den Joint wieder und zog dran, nur um diesen im nächsten Augenblick wieder entrissen zu bekommen: „Vielleicht fängst du mal an nicht in Jungs und Mädchen oder Klischees und Schubladen zu denken... und versuchst es einfach mit: Menschen!“ Im ersten Moment wollte ich etwas dagegen sagen, doch mir fiel beim besten Willen nichts ein... Das klang beim drüber Nachdenken eigentlich auch ganz simple... weshalb ich erneut zu ihr hinüber sah: „Seit wann bist du eigentlich so weise?“ „Ich schätze schon immer. Nur tust du in letzter Zeit so abgedrehte Sachen, dass ich diese Eigenschaft mal zum Vorschein bringen musste“ konterte sie grinsend, was mich skeptisch und womöglich auch etwas bedröppelt aus der Wäsche gucken ließ. „Rei, ich bin vielleicht kein Experte in Beziehungen.. aber ich bin Experte was dich betrifft“ hörte ich es daraufhin von ihr, was nun auch mich schmunzeln ließ: „Denkste?“ „Weiß ich. Ich wage sogar zu behaupten, dass ich manchmal mehr über dich weiß, als du selbst“ kam es von ihr, bevor wir in angenehmer Stille die letzten Züge des gutes Krautes genossen. „Gut, kommen wir zum angenehmeren Teil des Abends! Paaaaaaaardyyy!“ verkündete ich, jetzt wo meine Stimmung um einiges aufgehellter war und wir den Rückweg antraten. Kaum hatte ich gerade wieder einen Fuß in der Tür, war die Feier schon voll im Gange und Iwamoto stürmte auf mich zu: „Wo wart ihr?“ Ayumi und ich sahen uns an und sagten, was wir in dieser Situation immer sagen: „Frische Luft schnappen!“ Wie aus einem Munde. Für einen Moment schien selbst der große Meisterregisseur nicht zu wissen was er sagen sollte, entschied sich dann aber zu: „Suzuki, du hast mich nicht enttäuscht!“ Nun war ich es, der überlegte, bevor ich verwirrt sprach: „Sie haben mich Suzuki genannt.“ „Joa. Sieh es als Beförderung!“ entgegnete er dem und drückte uns zwei Sektgläser in die Hand. „Ich denke, ein Glas geht in eurem Alter in Ordnung“ kam es mit einem Augenzwinkern von ihm, eh er die Nächsten anpeilte. Angesichts meiner nun weit aus entspannteren Grundstimmung sagte ich: „Ich wünschte Bob könnte jetzt bei uns sein, das ist wenigstens anständige Musik!“ „Nichts gegen Bob Marley, aber hier ist vielleicht nicht so das richtige Publikum für seine Musik“ hörte ich Ayumi sagen, eh sie uns einen Weg durch die Menge bahnte; zu einer Stelle, etwas abseits der Masse. Auf der Bühne selbst war nun die Tanzfläche, auf welcher schon einige Leute wüteten. Unter anderem dieser Kesuke. Auf eben Jenen deutete Ayumi und sagte: „Sieh dir Den an.“ „Mhmm...“ brummte ich, denn ich sah, dass Kesuke noch immer das Kleid der Amme anhatte und wie ein Irrer auf der Bühne herum sprang. „Er macht sich keine Platte.. so wie du... Er hat einfach nur Spaß“ wandte sich meine beste Freundin erneut an mich und ich betrachtete mir das Bild noch einen Augenblick, eh ich mich ihr entgegen neigte und sagte: „Ja, aber er ist nicht...“ ich stockte, weil ich kein Wort wie 'schwul' oder der gleichen aussprechen wollte, vor allem weil ich mich selbst nicht wirklich definieren konnte oder wollte. Also entschied ich mich zu etwas anderem: „Ich hab seinen Spind gesehen; alles voll mit halbnackten Russinnen mit mächtig Vorbau.“ Ayumi sah mich mit schiefem Grinsen an: „Warum aus gerechnet russische Frauen?“ Ich zuckte mit den Schultern und antwortete ihr, was ich nebenher mal mitbekam: „Er sagte, er steht halt drauf... findet die Namen so klangvoll... oder was weiß ich...“ Eine Weile standen wir schweigsam nebeneinander und zumindest ich für meinen Teil, suchte immer mal wieder den Menschen, unter all den anderen da vorne, der mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Ayumi hat recht, es ist leichter Ihn einfach als 'Menschen' zu sehen, den ich... sehr mag... oder auch mehr... wer weiß das schon... als zu sagen: der Kerl ist total heiß und das bringt mich um den Verstand. Nur konnte ich ihn nirgendwo entdecken. Ich wollte aber auch nicht los rennen und nach ihm suchen. Was hätte ich denn da auch sagen sollen? Ich wollte ihn einfach nur sehen... Wissen, dass er da ist... Es verging eine gefühlte Ewigkeit, in der wir Beide noch das ein oder andere Sektglas leerten, sich die Bühne füllte und noch immer kein Shiroyama zu sehen war, was mir zunehmend Sorgen bereitete. Als ich mich notgedrungener maßen damit abfinden wollte, dass das Objekt meiner Begierde schon gegangen sein könnte und das womöglich noch wegen mir, trat Iwamoto zu dem Typen am Soundsystem, der für die Musik verantwortlich ist und bat um Aufmerksamkeit: „Vielen Dank, dass ihr Alle gekommen seid! Ich hoffe, ihr hattet Spaß und seid auch am Sonntag bei der Premiere dabei. Es sind in jedem Falle alle Anwesenden herzlich dazu eingeladen! Dann lasst es mal noch ordentlich krachen, der Abend ist schließlich noch jung.“ Erst schien es, als sei er mit seiner Ansprache fertig, doch fügte er seiner Rede noch etwas hinzu: „Ich wollte außerdem noch einen ganz besonderen Musikwunsch ordern, mit einem Song*, der gestern Abend – oder viel mehr die halbe Nacht – bei uns zu Hause lief, da meine Frau wirklich sehr... sehr sehr angetan davon war. Zwar kann ich Denjenigen gerade nicht finden, aber ich hoffe, dass der für den ich den Song spielen lasse, zuhört und vielleicht bald selbst so wundervolle Nächte erlebt, wie ich mit meiner Frau. Bin eigentlich sonst kein allzu großer R&B-Fan, aber... Mehr möchte ich hier aus Jugendschutzgründen nicht breittreten!“ Die Menge lachte und seine Frau lief rot an, dann begann sein Song zu spielen und auch wenn es nicht Bob war, so konnte man sich es dennoch anhören. „Wen meint der damit?“ fragte Ayumi mich und ich zuckte mit den Schultern: „Woher soll ich'n das wissen?“ Die lauschige Musik und der zu Kopf steigende Sekt trugen dazu bei, alles um mich herum auszublenden und mir vorzustellen wie schön es wäre, selbst dort vorne so unbeschwert tanzen zu können – mit ihm zusammen... Ohne Scham und die Blicke der Anderen, die sie zweifelsohne wohl für uns übrig hätten. Seit wann will ich eigentlich tanzen?? Vielleicht ist es auch weniger des Tanzens wegen, als mehr die Nähe die dabei entsteht. Ja, verdammte Axt, ich will diesen blöden Sack einfach in meiner Nähe haben! Irgendwas zieht mich einfach zu ihm... Aber wie kann ich erwarten, dass Andere das akzeptieren, wenn ich es selbst nicht akzeptieren kann? Gott, ist das kompliziert! Warum kann nicht einfach alles wieder... normal werden...? Nach eher ruhiger Musik heizten die nächsten Songs nun wieder etwas mehr die Stimmung an – als wäre es nicht schon elend warm genug hier drin. „Isser das nich?“ riss mich Ayumi aus meinen Gedanken und ich stellte fest, dass er tatsächlich keine Einbildung war. Da vorne war Shiroyama ebenfalls wieder in seiner Schuluniform und sprang mit den Anderen auf der Bühne aká Tanzfläche herum. „Ja...“ bestätigte ich ihre Frage, bevor sie sagte: „Wusste nich, dass er so auf Rihanna** abfährt.“ „Ich auch nich...“ murmelte ich relativ leise, so dass mich Ayumi wahrscheinlich eh nicht gehört hatte. „Mich wundert's aber eher nich. Ich meine, der Song passt irgendwie zu euch. Den haben sie auch im Fernsehen auf so 'ner Parade gespielt“ erzählte sie und mir war klar, welche Art Parade sie da meinte... Was nun auch völlig egal war, denn: „Scheiße! Hat der sich gerade das Hemd vom Leib gerissen?“ fietschte meine Stimme entsetzt darüber, was meine Äuglein erblickten und zudem war bei der Aussicht mein Blut wieder in Wallung gebracht worden. Mir war jetzt nicht mehr nur warm, mir wurde nun regelrecht heiß! Die Ventilatoren, welche vorhin noch am Bühnenrand standen, waren zwar noch immer dort vorne, aber ein Stück zur Seite geräumt. Wohl um die Unfallgefahr zu minimieren. Dummerweise hatte man hier hinten nichts vom kühlenden Luftstrom. Je länger ich Shiroyama zu sah, desto mehr beunruhigte mich aber sein totales Ausflippen: „Irgendwie hab ich das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt...“ „Mit ihm?“ hakte Ayumi nach und ich nickte: „Das ist völlig untypisch für ihn...“ „Naja, solange kennst du ihn ja noch nicht. Vielleicht will er auch mal so richtig die Sau raus lassen“ versuchte sie mich mehr oder weniger zu beruhigen und ich sprach leise: „Ja... vielleicht...“ Ich schnappte mir noch ein weiteres Sektglas, was nicht unbedingt meine erste Wahl wäre, was alkoholische Getränke angeht, aber wenn man nur die Wahl zwischen Sekt und Wasser hat, fällt die Entscheidung nicht sonderlich schwer. Wann kommt man als arme Sau schon mal in den Genuss von edlem Blubberwässerchen? Doch eh ich mich weiter damit beschäftigen konnte, kam plötzlich doch der Augenblick, der meine Befürchtungen zu bestätigen schien. Shiroyama unterbrach sein wildes Herumgespringe von einem Moment auf den nächsten und schaute sich sichtlich verwirrt um. Als er in der Menge abtauchte war ich in höchstem Maße alarmiert! Ohne zu zögern kämpfte ich mich durch die Leute nach vorne, die jetzt um einiges mehr waren als vorhin noch und suchte im Gang direkt vor der Bühne nach ihm. „Ist er umgekippt?“ wollte Ayumi von mir wissen, doch ohne ihr zu antworten, suchte ich weiter und fand Shiroyama ganz außen auf den Stufen einer Treppe kauernd, die hinauf zur Bühne führten. In Windeseile war ich da und konnte ihn gerade noch davon abhalten sich dort irgendwie hinlegen zu wollen. Von jetzt auf gleich schien er komplett neben sich zu stehen. Er war auch kaum ansprechbar und schien mich oder die feiernde Masse zudem nicht wirklich zu registrieren. „Fuck, ey... der völlig zugedröhnt und glüht förmlich!“ rief ich Ayumi zu, nachdem ich an seinen Kiefer faste und sein Gesicht zu mir drehte. Sie schnappte sich Shiroyamas Arm und legte diesen um meine Schulter. Wir zerrten ihn trotz dessen, dass meine Seite dadurch wieder weh tat, gemeinsam auf die wackeligen Beine. „Wovon denn?“ rief sie mir entgegen und ich musste kurz überlegen, was es sein könnte, eh mir einfiel: „Der beschissene Kuchen!“ Wir erreichten mit Mühe den Flur und manövrierten ihn erst mal an eine Wand, eh sie nachhakte: „Etwa 'so ein' Kuchen?“ „Jepp. Der Kuchen, von dem er damals die andere Hälfte bekommen hatte“ führte ich näher aus und sie sah mich entsetzt an: „Etwa die Hasch-Brownies? Die, die ihr vor.. was weiß ich... zwei Monaten gemacht habt?“ „Naja, solange ist das jetz auch wieder nich her... denke ich... Aber ja, wir reden vom selben Gebäck. Und außerdem hab ich die im Tiefkühlfach aufbewahrt, die sind praktisch wie neu!“ bestätigte ich und wies an: „In die Dusche mit ihm!“ Als ich skeptisch angesehen wurde, verdeutlichte ich meine Absicht: „Wir müssen seinen Körper runter kühlen, eh sein Kreislauf gänzlich kollabiert. Die Luft draußen ist leider nicht wirklich kühler als drinnen... Und ich glaube, der hat auch noch ordentlich Sekt getankt...“ „Scheint so.. von deinem Kuchen alleine, passiert sowas eigentlich nicht...“ stimmte mir Ayumi zu und so setzten wir unseren Weg fort. So hab ich mir den Abend echt nicht vorgestellt... Im gefliesten Raum angekommen setzten wir ihn unweit einer Dusch-Nische ab. „Sollen wir nich lieber einen Krankenwagen rufen?“ fragte Ayumi mit besorgtem Gesichtsausdruck und ich dachte einen Moment über diese Möglichkeit nach, doch ich schüttelte den Kopf: „Nein, wenn seine Eltern ihn wegen Drogen aus 'nem Krankenhaus abholen müssen, dann kann er seinen Theaterkurs abschreiben. Das würde er nicht wollen... Er liebt diesen Unfug... Außerdem hab ich so was schon mal erlebt, ich weiß was ich hier tue“ sprach ich möglichst gefasst, auch wenn ich nicht leugnen kann echt Angst um diesen bekloppten Idioten zu haben. Meine beste Freundin half mir die richtige Temperatur des Wassers einzustellen, eh ich mich mit Shiroyama unter den Strahl hievte, mit all meinen Klamotten an. Langsam ließ ich mich mit ihm auf dem Boden nieder und atmete tief durch. Es fühlte sich an wie ein lauer Regenschauer, da die Duschen hier nicht sonderlich viel Wasserdruck haben und auch das Wasser selbst nicht zu warm, aber auch nicht zu kalt sein durfte. Es vergingen einige Minuten in denen ich Ayumi immer mehr auf ihren Lippen herum kauen sah, eh sie sich zu einer Äußerung entschloss: „Rei... es ist bald Mitternacht... ich muss nach Hause...“ „Wirst du dann zum Kürbis?“ versuchte ich zu scherzen und die Situation hier etwas aufzulockern. Sie brachte ein schwaches Lächeln hervor und erzählte: „Du weißt doch, dass Mama ziemlich ausgeflippt ist, als wir das eine Mal morgens um sieben erst zu Hause waren, wegen der Fightclub-Night am Waldrand.“ „Geh, ich komme klar“ nickte ich ihr zu und sie fragte noch einmal: „Bist du sicher, dass ich niemanden holen soll?“ erneut kam ein bestätigendes Nicken von mir, eh sie ihre Tasche durchwühlte und einfach mal so batteriebetriebene Teelichter hervorzauberte. „Was schleppst du eigentlich alles mit dir rum?“ schmunzelte ich und sie ließ mich wissen: „Die hab ich gestern gekauft und du weißt, dass ich auf sowas stehe, aber Mama will ja nicht, das ich echte verwende. Könnte ja die Bude abfackeln; ach was... gleich den ganzen Wohnblock!“ „Ich verstehe“ erwiderte ich lächelnd, als Ayumi die Dinger aufbaute und sich anschließend noch einmal an mich wandte, mit den Worten: „Ist vielleicht besser, wenn ihr mit dem grellen Licht hier drin, keine Aufmerksamkeit erregt und stattdessen die hier anlasst. Die Laternen im Hof dürften das Flackern dieser Dinger überstrahlen.“ Shiroyama bewegte sich kurz, was ein gutes Zeichen war. Ich hielt seinen Kopf fest und sprach ihn an, jedoch kam noch keine wirkliche Reaktion. „Ich muss los...“ wandte sich meine Freundin abermals an mich und erhob sich, verteilte die beiden künstlichen Lichter auf zwei der halbhohen Trennwände und verließ den Raum. Dann wurde es still. Bis auf das Plätschern des Wassers hörte man nichts; nur ganz weit entfernt die Musik der Feier. Darum erschrak mich wenig später das erneute Klappern an der Tür umso mehr, doch zu meiner unermesslichen Erleichterung war es war nur Ayumi, die mir eine kleine Flasche reichte: „Hier, das is so'n Isotonisches Wässerchen aus dem Automaten. Wenn er aufwacht, wird er unglaublich Brand haben.“ „Was würde ich nur ohne dich tun?“ entgegnete ich dem und sah wie sie erneut verschwand. Diesmal endgültig. Ehrlich gesagt, hab ich mir mein erstes Candlelight-Date anders vorgestellt. Vor allem unter anderen Umständen... Wenn ich überhaupt eine solche Vorstellung gehabt habe. Wir waren mittlerweile Beide komplett durchweicht. Ich beobachtete Shiroyamas Gesicht, welches er immer wieder mal verzog, als würde er etwas träumen und schwor ihm: „Wenn du nicht bald zu dir kommst, dann hol ich einen Krankenwagen, egal ob du mich dafür hasst.“ Ich würde mich noch mehr hassen, wenn was Schlimmeres passiert... Sein Körper fühlte sich zwar immer noch ziemlich heiß an, aber nicht mehr so kochend wie vorhin. „Für jemanden, der in 'nem Rausch von Meskalin und Magic Mushrooms entstanden ist, hältst du aber echt wenig aus...“ flüsterte ich mit einem Hauch von einem Lächeln in den nur wenig erleuchteten Raum hinein und strich ihm die nassen Haare von der Stirn, bevor ich abermals mehr oder weniger mit ihm sprach: „Warum hast du das nur gemacht...?“ Eine Antwort bekam ich natürlich nicht, aber dafür drehte er seinen Kopf in meine Richtung. Wenige Augenblicke später bildete sich eine Falte zwischen seinen Augen und man sah, wie er wohl instinktiv versuchte dem tropfenden Wasser entgehen zu wollen. Aber gerade der Kopf braucht die Kühlung, dann zieht der Rest des Körpers automatisch bald nach. Ich spürte nun auch wie langsam wieder Leben in eben diesen zurückkehrte, die Hände sich bewegten und die Atmung stärker wurde. Wahrscheinlich ist es auch eine Wohltat für seine Augen, wenn diese nicht in das grelle Licht blicken müssen, welches bis vor kurzem hier noch vorherrschte, wenn er die Lider öffnet. Ein leises unwilliges Stöhnen war zu hören, dann endlich blinzelte er. Alles was ich bis eben noch dachte war: wach endlich auf! Aber jetzt wo er genau das tat, wünschte ich mir, mich irgendwie ungesehen aus dem Staub machen zu können. Auf diese Konfrontation war ich nun nicht mehr gefasst. Ich hatte absolut keine Ahnung was ich nun sagen oder tun sollte, weshalb ich einfach nur da saß und beobachtete was er tun würde. Shiroyama blickte sich sichtlich konfus um, eh er sich anzuheben versuchte, aber auch da nicht weit kam. Er rollte sich auf die Seite und hievte sich dann erst in eine aufrechtere Position hoch. Abermals schaute er sich um und murmelte: „Oh man... mir tut alles weh...“ Kurz überlegte ich, ob ich was sagen soll und wenn ja, was. Unkommentiert konnte ich das aber doch nicht lassen, also entschied ich mich zu: „Wahrscheinlich zu recht...“ Er sah mich an und schien genauso zu überlegen, was er sagen sollte, bevor er Worte fand: „Ich wusste nicht, dass das Zeug so rein haut...“ „Das ist die andere Hälfte von deinen Brownies gewesen, hast du die nicht vorher mal probiert?“ hakte ich nach und er schüttelte den Kopf, sah zu Boden und schmunzelte: „Hab die Dinger damals meinen Freunden serviert und eh ich ein Stück abbekam, lagen sie alle völlig breit in meinem Zimmer verstreut und haben über jeden Scheiß gelacht, den irgendwer abgelassen hat.“ Abgesehen davon, dass wir uns gerade fast wie normale Menschen unterhalten konnten und keiner wegrannte, musste ich feststellen, dass ich nahezu den Umstand außer Acht ließ, dass ich noch immer unter dem plätschernden Wasser saß. Ich schob ihm die Flasche von Ayumi zu, welche er annahm und hastig trank. „Du hast also nicht mal gekostet?“ wollte ich wissen und er grinste kopfschüttelnd: „Nein, Mutter hat mich rund gemacht, wieso ich so viele Freunde eingeladen habe, ohne zu fragen oder es wenigstens anzukündigen. Und als ich wieder kam, war alles weg. Dann hab ich vorhin deine Hälfte im Kühlschrank gesehen und dachte: das ist meine Chance! War wohl... zu viel des Guten. Wusste ja nicht, dass die Dinger so... umwerfend sein würden...“ „Ich denke, der Alkohol hat sein Übriges getan... Wenn man verschiedene Substanzen miteinander kombiniert, weiß man nie genau wie das auf den Einzelnen wirkt“ erklärte ich, ohne zu wissenschaftlich zu werden und er nickte: „Ich hab's ja kapiert, ich... hab's verbockt... Ich wollte auch nur Spaß haben... alles andere einfach mal vergessen... glücklich sein...“ Shiroyama setzte sich unweit vor mir in den Schneidersitz und schaute zu Boden, während er sein nasses Haar nach hinten über den Kopf strich. Es herrschte eine gefühlte Ewigkeit Stille; abgesehen vom Wasser, welches noch immer keiner von uns Beiden abgestellt hatte. Um ehrlich zu sein war es viel zu angenehm, als dass ich es hätte abstellen wollen, denn seitdem er die Augen geöffnet hatte, wurde mir wieder viel heißer, als es mir lieb wäre. „Danke...“ sprach er leise und sah mich direkt an, ich wich dem Blick aus und brummte: „Du musst mir deswegen nicht danken, Shiroyama...“ „Yuu...“ hörte ich es gerade so verständlich von ihm, was mich dann doch wieder in seine Augen blicken ließ. „Meine Familie mag stolz auf ihren Namen sein, immerhin hat man damit viel Einfluss. Aber ich bevorzuge meinen Vornamen, denn der gehört einfach nur mir und ist kein Aushängeschild einer Dynastie“ ließ er mich wissen, was mir das Gefühl gab, ich würde hier und jetzt eine neue Seite von ihm kennenlernen. „Akira“ bot ich nach kurzer Überlegung an und sah ihn daraufhin lächeln: „Freut mich.“ Die ganze Situation war, als hätte jemand auf 'Pause' gedrückt und die Welt sich ohne uns weiterdrehen lassen. Es lag Anspannung in der Luft, aber auch ein gewisses Knistern. Ähnlich wie bei einem aufziehenden Gewitter. „Danke trotzdem...“ flüsterte er abermals und ich hakte unsicher nach: „Wofür?“ „Alles... aber hauptsächlich dafür, dass du jetzt hier bist, wir reden und du nicht wegläufst“ entgegnete er dem, ich richtete mich etwas auf und sah betreten zur Seite: „Tut mir leid... die ganze Sache ist einfach...total vermurkst...“ „Ich schätze da sind wir Beide nicht unschuldig dran“ murmelte der mir gegenüber Sitzende, der nun auffällig oft vermied mich anzusehen und immer wieder aus der Flasche trank, weshalb ich nachfragte: „Was ist? Wenn dir noch schlecht ist, dann...-“ begann ich und wurde mit einem Wink unterbrochen: „Das ist es nicht... wirklich nicht. Mir geht’s ganz gut...“ „Was ist dann?“ wollte ich besorgt wissen und beobachtete, wie er ausweichend zur Decke sah und durchatmete. Abwartend schaute ich ihm ins Gesicht und war doch eher überrascht von seiner Antwort: „Du bist nass... klatschnass... und... wenn weiße Klamotten nass werden, dann... Man sieht deine Nippel... das macht... mich gerade echt wahnsinnig.“ Kurz schaute ich nach unten auf besagte Stelle und blickte anschließend automatisch auf die gleiche bei ihm, doch leider war er so nach vorn gelehnt, dass man nichts sah. Aber allein mich wissen zu lassen, dass ihn etwas an mir erregte, war nicht nur verdammt mutig von ihm, denn er tat somit den ersten Schritt; es war zudem wie eine unendliche Last, die mir von der Seele fiel. Wenn ich bis eben noch keine Ahnung hatte wohin uns die Sache hier führen würde, so war ich mir nun sicher, dass... Yuu... mich genauso wollte wie ich ihn. Ich sah wieder auf und ließ mein Augenmerk auf die vollen Lippen meines Gegenübers wandern. Auch er blickte zwischen meinem Mund und meinen Augen hin und her, wartend darauf, dass ich etwas sagen oder tun würde. Mein Herz begann zu rasen und stolperte fast, als er sich noch ein bisschen in meine Richtung beugte. Zugegebenermaßen, ich hatte echt Schiss wieder was zu versauen, doch war ich außerstande mich groß zu bewegen. Mit etwas Schwung beförderte er sich aus seinem Schneidersitz auf die Knie und kam gleichsam noch etwas mehr auf mich zu. Nur noch wenige Zentimeter trennten uns und ich hielt die Luft an. Er näherte sich noch Stück und war somit nun ebenfalls wieder unter dem seichten Plätschern der Dusche. Das Wasser lief ihm übers Gesicht und ich wusste, dies war die Stelle, wo selbst ich kein Zurück mehr zulassen wollte. Ich fasste mit beiden Händen an den Kopf direkt vor mir, atmete tief ein, schloss die Augen und überwand den letzten Zentimeter, um meine Lippen auf die seinen zu pressen. Es vielleicht nicht der erste Kuss zwischen uns, aber der erste, der absolut so gemeint war – ohne Show und andere Leute drumherum. Die Glücksgefühle, die jetzt über mich hereinbrachen, konnten von keinem Joint oder Hasch-Brownie der Welt ausgelöst werden. Vor allem als Yuu sich über mich begab und mich mit dem Rücken auf den gefliesten Boden dirigieren. Ich spürte seine Gier nach mehr, so wie ich nun auch seine Zunge spüren konnte. Das kannte ich bisher weder von den Proben, noch hatte ich das bei Ayumi gemacht... Ohne Widerwillen ließ ich mich also von ihm zurück drängen und faste nach seinen Hüften, nur um wenig später seinen Hintern in meinen Händen zu kneten. Ein Seufzen des über mir Knienden stachelte mich zu mehr an, weshalb ich eine meiner Hände zu seinem Schritt führte und gleich darauf die Hose öffnen wollte. Jedoch wurde ich abrupt gestoppt. Er fasste nach meiner Hand und führte sie von sich weg, legte sich ganz langsam auf mir ab und lehnte seine Stirn an die Meine. Sein Atem ging schnell, doch er sagte nichts, weshalb ich doch ziemlich verunsichert nachhakte: „Hab ich was falsch gemacht?“ Er schüttelte kaum merklich den Kopf, weshalb ich weiter fragte: „Willst du nicht oder bin ich zu schnell?“ „Oh doch...! Ich will das hier... und dich.... so sehr...“ hörte ich ihn schnaufen, aber die Antwort ergab keinen Sinn für mich, weshalb ich meine andere Hand dazu nutzte Yuus triefendes Haar aus seinem Gesicht zu halten, um vielleicht aus diesem lesen zu können was los sei. „Nicht hier...“ seufzte er, doch so richtig verstand ich's noch nicht. Irritiert wartete ich auf weitere Erklärung, denn eigentlich war ich nicht gewillt, jetzt einfach aufzuhören. Selbst meine lädierte Flanke hätte mich nicht hindern können. Dafür hatte ich mich zulange danach gesehnt, was mir auch jetzt erst wirklich bewusste wurde. „Vertrau mir einfach... nicht jetzt und hier“ sprach er und ich wollte natürlich wissen: „Wann und wo dann?“ Ohne Vorwarnung wurde ich voller Leidenschaft nieder geknutscht, was ja wirklich anregend ist, aber eben nicht genug. „Gut, dann lass uns gehen!“ schlug ich vor, denn ich würde den Teufel tun und das alles hier so enden lassen. Ich war so was von scharf! Ich wollte ihn! Alles was ich kriegen kann! Das darf es nicht gewesen sein! Ich konnte kaum erwarten, dass er sich dazu äußern würde und schaute ihn daher eindringlich an, eh die erlösenden Worte kamen: „Zu mir oder zu dir?“ „Ich dachte schon, du fragst nie! Zu dir...“ sprach ich und eigentlich war's mir völlig egal wo, aber wenn ich die Wahl hätte, würde ich lieber nicht auf meinen Alten zu Hause treffen. „Dann raus aus den Klamotten...“ nuschelte er an meinen Lippen und ich flüsterte grinsend: „Ich dachte 'nicht hier'?“ Ich spürte sein Lächeln, mehr als dass ich es sehen konnte, doch er erklärte: „Schon, aber ich fürchte so nimmt uns der Chauffeur meiner Eltern nicht mit.“ Notgedrungenermaßen rafften wir uns auf, denn je länger wir hier rumliegen, desto länger würde es auch dauern, bis wir da weiter machen könnten, wo er mich gestoppt hatte. Nun endlich hatte die Wasserverschwendung über uns ein Ende, denn ich stand auf und drehte die Leitung zu, schnappte mir die unechten Teelichter und drückte Yuu eines davon in die Hand. Wir liefen hinüber in den Umkleideraum und schienen auch ohne Kommunikation genau zu wissen, dass wir beide dasselbe vorhatten: die Sportsachen aus unseren Spinden anziehen – sonst bliebe ja nur das bescheuerte Kostüm. Die Schränke lagen jedoch ein paar Reihen getrennt von einander. Auch wenn es irgendwie schade war, ihm nicht dabei zusehen zu können wie er sich die nassen Klamotten auszog, so erhöhte es jedoch irgendwie die Spannung auf das was noch kommen sollte. Als ich fertig war, lehnte ich mich an einer Reihe solcher Spind-Schränke und beobachtete ihn, wie er vornüber gebeugt die Haare mit einem Handtuch abrubbeln. Blöd nur, dass er leider auch schon angezogen war... Der Anblick erinnerte mich an die Sache vor nicht allzu langer Zeit, als ich Yuu genau an diesem Spind dort vor ihm einen runtergeholt hatte und nun unweigerlich Bilder dessen vor meinem geistigen Auge auftauchten Was wohl passiert wäre, wenn ich nicht abgehauen wäre? „Können wir?“ fragte er mich nun und ich nickte, nahm die Teelichter an mich und schaltete sie aus. Doch bevor Yuu – es ist noch irgendwie seltsam, ihn so zu nennen – die Tür zum Flur aufmachen konnte, griff ich ihn am Handgelenk und zerrte ihn zurück, drängte ihn an die Tür und küsste ihn leidenschaftlich, was er auch mehr als nur erwiderte. Aber bevor das wieder ausarten konnte, verließen wir nun endgültig den Raum und schlichen durch die viel zu grell beleuchteten Flure, bogen kurz hinein in den Aufenthaltsraum, um Handys und Schlüssel zu holen und dann hinaus auf den Parkplatz. Ich vernahm wie er ein kurzes Telefonat mit dem Chauffeur seiner Eltern führte, eh er sich zu mir gesellte. Man hörte hier wieder etwas mehr von der Musik und der Feier, die offenbar noch voll im Gange schien, also war die Chance recht groß, dass wir hier ungesehene davon kamen und niemand blöde Fragen stellt. Es dauerte auch nicht lange bis die Limousine vorfuhr und Shi... Yuu mir deutete einzusteigen. Mir wurde jetzt, beim Anblick dieser riesigen polierten Karre, auch wieder bewusster, dass er aus einer anderen Welt kommt, aber... flüchten wollte ich deswegen dennoch nicht. Eine seiner Hände landete während der recht schweigsamen Fahrt auf meinem Oberschenkel, was mich leicht panisch eben diese wieder entfernen ließ, weil ich Angst hatte der Fahrer würde uns beobachten. „Er kann uns nicht sehen...“ flüsterte der neben mir Sitzende nah an meinem Ohr und drückte einen weiteren Knopf, bevor er hinzufügte: „Und jetzt kann er uns auch nicht mehr hören.“ Mir war das alles dennoch zu unsicher, weshalb ich die Fahrt über verkrampft da saß, auch wenn diese eher von kurzer Dauer war. Wenig später, als die Limo das Tor passierte und vor der riesigen Villa zum stehen kam, fasste ich nervös nach Yuus Hand und fragte: „Sind deine Eltern da?“ Der Angesprochene schaute zu mir und antwortete mit leiser Stimme: „Ich weiß es nicht.“ Damit stieg er aus und ich tat es ihm gleich. Die Wände waren von außen beleuchtet, aber von innen drang kein Licht nach außen. Als wir das Gebäude betraten war auch alles ruhig, was aber nicht heißen muss, dass niemand da sein könnte. Immerhin ist es schon nach Mitternacht und manche Leute schlafen um die Zeit schon lange. „Du machst dir zu viele Gedanken“ riss mich der neben mir Stehende aus meinen Grübeleien und schritt voran; die Treppe hinauf. „Quatsch kein Blech!“ zischte ich gedämpft und lief ihm hinter her. „Ich würde mich nur wohler fühlen, wenn ich wüsste, dass deine Eltern nicht da sind. Die sind irgendwie.. unheimlich...“ „Sie sind nicht da“ kam es mit einmal mal von ihm, eh ich weitere Bedenken äußern konnte und so fragte ich verwirrt: „Woher weißt du das jetzt?“ Er blieb stehen und deutete auf der Treppe oben, aus dem Panorama Fenster. Mir fiel als erstes natürlich der Pool im Innenhof auf: „Krasses Planschbecken!“ „Ja... siehst du das Fenster da drüben?“ wollte er wissen und ich nickte, bevor er weiter sprach: „Das ist das Schlafzimmer meiner Eltern. Wären sie hier, wären die Jalousien unten. Also kein Grund nervös zu sein.“ „Ich bin nich nervös! Ich will nur deine Eltern mich mit meiner Anwesenheit auf die Palme bringen. Und außerdem ist hier alles so riesig und so hell und glänzt, als wäre in diesem gottverdammte Palast alles zerbrechlich wie Glas...“ faselte ich vor mich hin und bekam vor lauter Anspannung erst mit, das Yuu in sein Zimmer einbog, als er mich am Handgelenk packte und in eben dieses hinein zerrte. „Du redest viel zu viel Unsinn, wenn du nervös bist“ ließ er mich wissen und presste seine Lippen heftig auf die meinen, drängte mich dabei mit dem Rücken an die Tür, welche dadurch mit einem Rums ins Schloss fiel. „Ich bin nich nervös...“ wiederholte ich im Flüsterton und konnte nicht mal mich selbst davon überzeugen. Ja, vielleeeicht macht mich die Umgebung ein kleeein wenig nervös... Da war der Duschraum wenigstens noch ein neutraler Austragungsort. Aber beschweren kann ich mich eigentlich nicht, denn ich war es ja, der entschied wohin wir gehen und ich glaube der Suffsack bei mir zu Hause wäre ein viel größerer Liebestöter, als der blitzblanke Boden hier. Es war dunkel in diesem Raum, doch Yuu änderte dies sogleich. Er drückte auf irgendwelchen Knöpfen unterhalb eines Displays an der Wand herum, welches sich unweit neben der Tür befand. Ein grünes passives Licht erstrahlte nun unter allen Möbeln. Die Anbauwand samt Sideboard, das Bett, die Sofas, sogar die Beistelltische und der Couchtisch erstrahlten in diesem Farbton. Was angesichts dessen, dass alle Möbel weiß glänzend lackiert sind bzw. aus weißem Leder bestanden echt atemberaubend war. Doch viel Zeit blieb nicht, um das Ambiente zu bestaunen, denn etwas anderes erforderte meine Aufmerksamkeit! Yuu streifte sich das Shirt über den Kopf und präsentierte direkt vor mir seinen nackten Oberkörper. Ich musste einfach mit meinen Händen darüber fahren, um zu glauben dass hier alles echt ist und keine wild gewordene Fantasie meinerseits. Er fühlte sich definitiv anders an als Ayumi, aber... Gott, fühlte der sich geil an! Angetan davon fuhren meine Hände hoch zu seinem Hals und meine Finger krallten sich in das noch leicht feuchte Haar, eh ich einen Kuss begann, der von Gier geprägt war. Ich unterbrach das auch nur ungern, aber Yuu fummelte etwas verloren am Saum meines Sportshirts herum, weshalb ich hier nachhalf. Kaum hatte ich mich dem entledigt, schlossen sich die Arme des dicht vor mir Stehenden um mich und strichen an meinem Rücken auf und ab. Es war fraglos eine Wohltat, dennoch wollte ich wissen: „Du bist unsicher, oder?“ Sein Zögern hatte ihn verraten, aber es sah nicht danach aus dass er aufhören wollte. Vorsichtig tastete ich mich erneut an seiner Hose entlang, was dieses mal aber keine allzu große Herausforderung war, dank des Gummibund dieser Sporthosen. Er wehrte sich nicht, als ich dort zugange war, weshalb auch dieses Ding nun zu Boden rutschte und ich mich gleich danach auch meinem letzten Stück Stoff entledigte. Ganz offensichtlich brauchte der Mann weitere Führung, weswegen ich ihn in Richtung seines Bettes drängte. Dort angekommen stieg er rückwärts darauf und ich kroch ihm nach. Wir knieten uns gegenüber und so nutzte ich die Gelegenheit nicht nur seine Lippen zu küssen, sondern auch seinen Hals. Eben genau die Stelle, an der es ihm auch das letzte mal schon zugesagt haben musste. Ich brachte auch mit kleinen Bissen meine Zähne mit ein, was ihm ein angetanes Knurren entlockte. Es gefiel ihm wie erhofft, denn er umfasste mit festem Griff meinen Nacken. „Leg dich hin...“ nuschelte ich dicht an Yuus Hals und biss in seine Schulter um meiner Aufforderung Nachdruck zu verleihen. Er tat was ich wollte, also begab ich mich über ihn. Das dezente grüne Licht brachte seinen wirklich schönen Körper gut zur Geltung. Ich stützte mich selbst auf einem Arm ab und hielt ihn mit der anderen Hand am Nacken fest, welche er wiederum sanft streichelte. Yuu reckte mir seinen Unterleib förmlich entgegen und sog scharf die Luft ein, als er scheinbar spürte wie erregt auch ich mittlerweile war. Meine Oberschenkel waren links und rechts neben seinem Becken und eben dort packte er nun richtig zu. Von Ayumi war ich so was nicht gewohnt. Ich will nicht sagen, das es schlecht war mit ihr zu schlafen, aber... erst jetzt hab ich das Gefühl zu wissen was es heißt den anderen wirklich zu spüren. Abermals neigte ich mich ihm zu und begann eine wilde Knutscherei, begleitet mit einigen Bissen hier und da und der unter mir Liegende knetete jede für ihn erreichbare Stelle an meinem Körper und ließ sich augenscheinlich nur zu gern auf das ein was ich tat. Aber eines war recht bald sicher: lange würde ich mich damit nicht mehr aufhalten können! Dafür war alles viel zu intensiv. Ich hob mich daher an und fasste zwischen meine Beine und langte ohne Umschweife direkt an Yuus harten Schwanz. Er stöhnte daraufhin ungebremst und krallte sich in das Bettlaken, während ich begann meine Finger erst mal langsam auf und ab zu bewegen, bevor ich schneller werden würde. Inzwischen war uns beiden sichtlich mehr als nur warm geworden, denn unsere Haut schimmerte im grünen Licht. Was, wohlgemerkt, echt geil aussah bei ihm. Man möge mich egoistisch nennen, aber ich wollte nicht mehr abwarten, ob er sich von alleine trauen würde, also unterbrach ich mein Tun für einen Moment und schnappte mir seine Hand führte auch diese zwischen uns und hielt sie direkt an mein bestes Stück. Wenn auch zunächst zögerlich, aber er machte mit, weshalb ich mich nun auch wieder ihm widmen konnte und er seine anfängliche Scheu schnell ablegte. Er schnaufte sichtlich angetan von dem was wir hier vollführten und versuchte währenddessen irgendwie Worte zusammen zu kriegen: „Mhmm... verdammt.... Akira... hnn... wenn ich gleich... komme... uhh...und dann einschlafe.... nimm's nicht... persönlich... ouhh....“ Ich nickte einfach nur und machte unbeirrt weiter, denn auch bei mir würde es wohl nur noch um wenige Sekunden handeln. Aus meinem gelegentlichen Seufzen wurde so langsam ebenfalls ein unterdrücktes Stöhnen. Einen Augenblick später kam ich auch schon und ergoss mich auf den unter mir liegenden verschwitzten Körper. Yuu selbst überstreckte nun den Kopf, hechelte und sah dabei verboten sexy aus. Abermals fanden meine Zähne an seinen Hals, ein kurzer Biss und er griff fest an meinem Nacken zu, spritzte ab und sackte in sich zusammen. Sein zufriedener Blick und die weichende Spannung in seinem Körper... war eines der schönsten Dinge die ich je gesehen hatte. Er schloss die Augen und auch seine Atmung wurde allmählich immer ruhiger. Ich legte meinen Kopf auf sein Brustbein und lauschte dem Herzschlag, welcher sich schrittweise wieder normalisierte. Als ich wenig später meinen Kopf anhob, schlief er tatsächlich und ließ sich auch mit beherzteren Streicheleinheiten nicht aufwecken. Ich mag vielleicht gekommen sein, aber 'fertig' war ich noch nicht! Nach all dem Hin und Her konnte und wollte ich mich nicht mit nur einer Runde zufrieden geben. Sachte hob ich mich an und legte mich auf die Seite neben ihn, hatte somit einen exzellenten Blick auf die gesamte Vorderseite, auch wenn diese nur dezent beleuchtet wurde. Ich schaute mich um und überlegte kurz, ob ich es wagen sollte in Yuus Nachtschrank nachzusehen, ob ich irgendwas finden würde, womit man die kaum zu vermeidende Sauerei auf ihm und mir beseitigen könnte. Vorsichtig zog ich die Schublade auf und grinste: „Natürlich... welcher Kerl hat nicht irgendwelche Taschentücher oder Küchenrollen griffbereit, wenn er sich zwischendurch mal einen runterholen will.“ Nachdem das erledigt war, rollte ich mich auf den Rücken und grübelte was ich tun könnte. Alleine weiter machen, kam nicht in Frage – das kann man schließlich zur genüge, wenn man wirklich alleine ist. Aber was dann tun? Durchs Zimmer schleichen, während er pennt, ist auch nicht sonderlich gastfreundlich... Also was kann man anstellen? Ich entschloss mich letztlich dazu einfach ausgiebig den neben mir liegenden Körper zu streicheln und es zu genießen, wie sich er anfühlt. Es dauerte gar nicht mal so lange bis sich dieser wieder regte, vor allem die untere Hälfte war schneller wieder 'wach' als die obere. Aber auch die ließ nicht viel länger auf sich warten. „Sorry...“ nuschelte Yuu verpennt, weshalb ich ihn, zum hoffentlich wieder wachwerden, neckte: „Ich war mir nicht bewusst, dass ich so einschläfernd bin.“ Der Angesprochene lachte kurz auf, atmete tief durch und erklärte mir: „Das liegt nun echt nicht an dir. Ich penn nach 'nem Orgasmus immer weg. Das ist einfach so.“ Er hatte sich während seiner Erläuterung auf die Seite gedreht und mich dabei betrachtet, bevor er nun den Kopf auf meine Brust senkte. Meine Hand legte sich auf seinen Hinterkopf und kraulte ihn dort, solange ich noch am Überlegen war, wie ich nach einer zweiten Runde fragen könnte. Doch eh ich mir darum wirklich Gedanken machen musste, hob er den Kopf wieder an und tupfte seine Lippen auf mein Brustbein, küsste weiter an meinem Bauch abwärts und machte es echt spannend. Verdammt ReiRei, wieso hast du das hier nicht schon lange zugelassen?! Mit einem mal spürte ich seine Hand an meinem Schwanz, sie fuhr auf und ab und ließ mein Blut automatisch in die Lendengegend rauschen. Nun war Yuu es, der sich über mich begab und seine Zähne an meinem Brustmuskel entlang schaben ließ, was mich seufzen ließ, als er meinen Nippel erreichte. Innerhalb nur eines Augenblickes waren wir Beide wieder voll dabei und die von mir ersehnte zweite Runde wurde gänzlich eingeläutet. Als wir uns heftig küssten kam mir ein Gedanke, den ich vorsichtshalber aussprechen musste: „Wenn du jetzt kommst... schläfst du dann wieder ein?“ Auch Yuu unterbrach sein Tun und überlegte sichtlich, bevor er antwortete: „Keine Ahnung, bisher hat mich noch nie jemand geweckt, um zu gucken, was nach einem zweiten Orgasmus passiert. Aber ich denke schon... Vielleicht nur weniger ausgeprägt. Keine Ahnung, aber lass es uns raus finden!“ Das war doch etwas, womit sich arbeiten lässt, oder? Ich steh ja auf derartige Experimente. Bei der zweiten Runde, die um einiges länger dauerte als die erste, aber nicht minder intensiv war, hatte ich das Gefühl, dass Yuu schon weniger Scheu hatte, als beim ersten Mal. Er probierte von selbst ein wenig herum, was mich gedanklich kurz zu der Frage brachte, wie weit er mit dieser Naomi wirklich gegangen ist und was er allgemein jetzt mit ihr vorhat. Ich bin nie wirklich ein eifersüchtiger Mensch gewesen, aber der Gedanke teilen zu müssen behagte mir gar nicht. Allerdings wurden derartige Denkprozesse schnell untergraben, als er meine Handgelenke packte und sie ruckartig neben meinen Kopf führte, einen leidenschaftlichen Kuss begann und sein Becken an meinem rieb. Ich ließ ihn machen, auch wenn ich es nicht gewohnt war einfach nur da zu liegen. Es fühlte sich außerdem auch viel zu gut an, als dass ich es nicht zulassen wollen würde. Nun, als ich wieder ziemlich angeheizt war, entließ er meine Hand und so wanderte diese wieder zwischen uns, um das gleiche zu tun wie vorhin auch. Klar, wollte ich wissen wie es ist Sex mit ihm zu haben, also so richtig. Aber ich denke, dass das im Moment einfach zu früh ist, denn zumindest ich wusste nicht wie das ablaufen soll. Ich meine, ich weiß schon was wo rein muss... aber nicht wer im Endeffekt den Arsch herhält. Davor hatte ich dann doch gehörig Respekt und zu erwarten, dass Yuu das einfach so mit sich machen lässt, wäre dann auch nicht meine Art. Nein, so wie's jetzt ist, so ist das auch Ok... für uns Beide. Erneut wurde ich mit einem zarten Zwicken in einen meiner Nippel aus den Gedanken gerissen und ich massierte ihn schneller, angestachelt von seinem Tun. Der zweite Höhepunkt in dieser Nacht war genauso geil wie der erste... und der dritte... und der vierte... Bei Jedem davon schlief er ein, aber zumindest wurde der Schlaf seichter und kürzer, weshalb ich nach dem fünften scherzte: „Was meinst du, wie Viele du brauchst, bis du nicht mehr wegpennst?“ „Gute Frage. Vielleicht zwanzig?“ konterte er dreckig grinsend und ich schlug vor: „Sollten wir in den Ferien mal in Angriff nehmen, das raus zu finden, meinst du nicht?“ „Ich bin dabei“ flüsterte er, eh sein Kopf ein weiteres mal auf meine Brust landete und er sich nicht mehr regte. Aber so ganz langsam musste ich feststellen, dass dieser unverhoffte Marathon auch an meiner Ausdauer zehrte. Denn kurz bevor Yuu wieder aufwachte, nickte ich weg und schreckte hoch, als mich sein Haar auf meiner Brust kitzelte. „Machst du jetzt schlapp?“ witzelte der auf mir Liegende und fachte meine Feuer wieder an: „Niemals!“ Die ein oder andere Runde zuvor hatten wir auch nebeneinander liegend absolviert und ein weiteres Mal kämpfte ich mich wieder nach oben. Jetzt jedoch lag Yuu wieder auf mir und wir sahen uns einen Moment lang in die Augen, eh ich leise raunte: „Wir... tun das schon die ganze Nacht...“ „Was tun wir denn?“ entgegnete er mir und ich tat gespielt schüchtern: „Na... so...rummachen...“ „Und das gefällt dir nicht?“ hakte er skeptisch tuend nach und ich musste, ob seines verzogenen Gesichts dazu, lachen: „Doch! Es ist nur... ich krieg langsam echt Durst, und es ist sauheiß. Und nein, ich glaube nicht, dass das nur an uns Beiden liegt...“ Kaum hatte ich dies ausgesprochen, stand Yuu gänzlich vom Bett auf und steuerte ein ebenfalls grün beleuchtetes Sideboard zu. Dabei stellte ich fest, dass seine unverhüllte Rückseite mindestens genauso ansehnlich ist, wie die Vorderseite, nur leider sah man da drüben nicht mehr viel von ihm. Er öffnete eine Schranktür aus der weißliches grelles Licht strömte und was sich offenbar als die Beleuchtung eines Mini-Kühlschrank entpuppte. „Du hast 'nen eigenen Kühlschrank im Zimmer?“ kam es erstaunt von mir, während er eine Wasserflasche entnahm und auf dem Weg zu mir zurück mit den Schultern zuckte: „Sicher... oder wär's dir lieber, ich wecke James auf, damit er uns Wasser bringt?“ Ich wollte darauf antworten, doch kam ich nicht dazu, denn Yuu trank etwas und schüttete sich ein klein wenig davon über den Kopf, näherte sich mir anschließend weiter und setzte sich auf meine Oberschenkel. Bei dem Anblick musste ich erst einmal Schlucken, eh ich Worte fand: „Nee... lass... den Mann schlafen...“ „Siehst du...“ raunte er leise und reichte mir die Glasflasche, ich trank hastig, eh mir womöglich noch ganz sie Spucke weg blieb. Ich gab ihm das Mitbringsel zurück, doch statt die Flasche abzustellen, setzte er sie erneut an und nahm etwas Wasser in den Mund, entließ es in kleinen Spritzern auf meinem Körper und machte mich mal wieder wahnsinnig mit diesem Spielchen. Als wäre es nicht schon feucht-warm genug hier...! Schnell richtete ich mich in eine Sitzende Position auf und raunte: „Gut.. ich glaub, ich könnte meine Finger eh nicht von dir lassen...“ Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen, die Tropfen von seinem Oberkörper zu lecken, was nun auch er zu kommentieren wusste: „Mhmm... und deine Zunge auch nicht.“ Angeregt nahm ich ihm die Wasserflasche weg und stellte sie auf den Boden, packte an seinen Nacken und dirigierte ihn tunlichst mit mir in die Waagerechte, damit wir weiter machen konnten, wo wir aufgehört hatten. ______________________________________________________________________________ Und ab geht Runde 6 :D *Ahem...!* Über 14.800 Worte. Gab es je ein Kapitel von mir, dass mehr hatte? Ich glaube nicht... oder doch? Keine Ahnung x)! Nun denn, da würde ich mal sagen: hab ich's euch mal so richtig gegeben xD Aber das ist noch nicht alles, denn ich habe zu diesem Kapitelchen noch ein Bildchen gemacht! https://ssl.animexx.de/fanart/2651891/ Jaha! Das ist zwar schon damals entstanden, als ich die Story angefangen hatte – also vor gut zwei Jahren, aber ich wollte damit nicht vorgreifen, weshalb es nun jetzt erst was wird mit dessen Veröffentlichung! Vllt. interessiert's auch keinen mehr... Im Kapitel sind außerdem zwei Songs erwähnt, dabei handelt es sich um: * https://www.youtube.com/watch?v=HY2jXp2fF58 Der Künstler hat ein – meiner Meinung nach – sehr schönes Video gemacht mit atemberaubenden s/w Bildern. Er selbst identifiziert sich als 'pansexueller Feminist'. Seinen Song 'Around' finde ich auch ganz gut, und da geht’s darum, dass er was mit nem Typen hat, der ihn aber nicht weiter beachtet, wenn andere um Raum sind und stattdessen lieber mit Mädels flirtet. Und ein paar gute Tanzeinlagen sind auch zu sehen. Warum ich euch damit vollsülze? Weil ich es gerne sehen würde, wenn jemand wie er zu mehr Bekanntheit gelangen und der Welt die Augen für die Vielfalt des Menschen öffnen könnte. Und der zweite Song war wie erwähnt von Rihanna, da diese ja weitaus bekannter ist, wird euch 'We Found Love' wohl eher was sagen. ** https://www.youtube.com/watch?v=GchEVSx9XEA Vielleicht an dieser Stelle noch etwas zum weiteren Verlauf: Wir werden nun erfahren wie die Beiden nun mit ihrer Umwelt umgehen, bzw. die Umwelt mit ihnen; wie Aoi die Sache mit Naomi klärt und Reita sich lieber vor aller Welt verstecken möchte. Und wie sie ihre bisherigen Differenzen untereinander behandeln. Des weiteren möchte ich nur mal vorbereitend erwähnen, dass jetzt nicht mehr allzu viele Kapitel kommen werden, und, so verwirrend es klingen mag, ganz am Ende wohl ein Kapitel aus Ayumis Sicht kommt, was sich sozusagen 10 Jahre später 'abspielt'. Joar... war sonst noch was? Eigentlich nur noch das Übliche: ich freu mich über Feedback und Fehler gibt’s gratis zum mitnehmen dazu! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)