AOIeo & REITulia von -Sian- ((Aoi x Reita)) ================================================================================ Kapitel 5: (A) Explosionsgefahr ------------------------------- Einige Tage waren nun vergangen, seit der – meines Erachtens nach völlig dämlichen Entscheidung, diesem Spinner Suzuki die Rolle der Julia aufs Auge zu drücken und ich könnte es drehen und wenden wie ich wollte, ich konnte das einfach nicht glauben und hinnehmen schon gar nicht. Immerhin bin ich der Gelackmeierte, der vorrangig mit diesem Freak arbeiten soll... Heute nach dem Unterricht war auf jeden Fall ein erstes Treffen mit Rollenbesprechung, Frage/ Antwort-Spielchen und Klärung bei Unstimmigkeiten. Und ich hatte definitiv eine Unstimmigkeit, die aus dem Weg geschafft werden musste! „Ich weiß echt nicht, was sie mit diesem Penner wollen... Der hält es ja offenbar nicht mal für nötig hier pünktlich aufzutauchen“ sprach ich unseren Regisseur an, als dieser aus seinem kleinen Büro trat und sich zu uns setzte. „Subaru ist unterwegs, ich hab ihn mit einer Spezialaufgabe betraut“ antwortete der Angesprochene und so seufzte ich genervt. Abgesehen davon, sah Iwamoto heute ziemlich ramponiert aus. Als hätte er letzte Nacht die Sau raus gelassen. Die große schwere Eingangstür der Aula knarzte einen Augenblick später und Suzuki trat herein. Unter seinem Arm klemmte vermutlich sein zusammengerolltes Textbuch, in seiner Hand eine wenig aufschlussreiche Papiertüte und in der anderen ein Becher. Die letzteren beiden Dinge drückte er Iwamoto in die Hände und ließ sich dann anschließend wortlos in einer Ecke auf einen Stuhl fallen. „Also Freunde... wir haben ein Problem“ begann unser Kursleiter und raufte sich dabei schuldbewusst die Haare. Alarmiert durch die erst kürzlich gemachten unschönen Erfahrungen horchte ich auf: „Was genau heißt 'wir' haben ein Problem?“ „Ok, ich habe eins, aber ihr Zwei hängt da wohl irgendwie mit drin...“ verbesserte er sich und zeigte auf mich und meinen Erzfeind hier, welcher ihm nun auch mit skeptischem Gesichtsausdruck etwas mehr Aufmerksamkeit entgegen brachte: „Ich bin ganz Ohr.“ Iwamoto räusperte sich und begann zu erklären: „Also.. ich habe da diesen wirklich sehr guten alten Kumpel...“ „Ja?“ kam es angespannt von mir und so trug er weiter vor: „Und der hat 'ne Menge Geld... viiiel Geld!“ „Jaa?“ entgegnete ich fast schon genervt von seinen künstlichen Unterbrechungen und so setzte er nach tiefem Durchatmen fort: „Uuund als ich gestern bei ihm war, Einen trinken.. habe wir uns drüber unterhalten, was man sich mit Geld kaufen kann.. und was nicht...“ „Kommen sie zum Punkt...“ brummte Suzuki aus seiner Ecke und Iwamoto eierte weiter um den heißen Brei rum: „Das Ding ist.. er sagte: Spiel, Spaß und Spannung kann man sich nicht kaufen...“ „Bringen sie ihm das nächste mal ein Überraschungsei mit. Das kann man kaufen“ erwiderte der Spinner aus seiner Ecke und unser Regisseur schüttelte mit dem Kopf: „Nicht die Art von Spiel, Spaß und Spannung, die er da im Sinn hat...“ „Welche dann? Was gibt's denn da noch?“ fragte nun jemand anderes aus unserer Gruppe und so langsam machte sich unter uns Allen eine gewisse Unruhe breit, weshalb Iwamoto nun brummte: „Ich erzähl ja schon...! Also ich sagte, er solle zu meiner Aufführung von Romeo und Julia kommen, dann sieht er etwas, was er zumindest nicht alltäglich kaufen kann.“ „Aha... und wo ist nun das Problem?“ murrte Suzuki hörbar genervt und der Gefragte hob die Hand, als er weiter sprach: „Lasst mich ausreden. Er sagte: ich, also wir Alle hier, würden dass Stück eh versauen. Nur mit pubertierenden Jungs, die ihre Hormone nicht im Griff haben, liegt einfach zu viel Testosteron in der Luft. Also sagte ich zu ihm: Ok, las uns drum wetten.“ Oh oh... Wetten im Suff sind 'ne ganz finstere Sache... „Und um was haben sie gewettet?“ hakte ich mit flauem Gefühl im Magen nach und noch immer druckste er herum: „Sagen wir so... dass das nur etwas Peinliches sein kann, was selbst meine Erwartungen übersteigen würde, das war mir relativ schnell klar. Aber ich fürchte, Jungs... Männer!..., wenn wir das Ding versieben, dann machen wir Beyoncé's Single Ladies auf der Geburtstagsfeier meines Kumpels. Sofern ihm nicht etwas noch Peinlicheres einfällt...“ Nun war die Katze aus dem Sack und ich völlig davon erschlagen: „Bitte?! Hab ich mich gerade verhört? Und was genau heißt 'wir' machen Beyoncé??“ „Das heißt, ich und meine zwei Hauptdarsteller werden ein wenig tanzen“ bestätigte Iwamoto meine Befürchtung und nun meldete sich auch Suzuki zu Wort: „Muss man wissen worum's hier geht?“ „Japp, solltest du – und sag nicht, dass du Beyoncé's Single Ladies nicht kennst?! Und all die vielen peinlichen Videos im Internet erst...“ sprach unser Mercutio-Darsteller wenig mitleidig und der blonde nervtötende Typ in seiner Ecke antwortete gelangweilt: „Nope... kein Plan.“ „Na dann pass mal auf“ sagte unser Kursleiter und kramte sein Handy hervor, tippte ein wenig darauf herum und zeigte ein Video auf YouTube. Alle standen wir im Kreis um ihn herum und zumindest ich traute meinen Augen kaum. Das darf doch alles nicht war sein... „Was zur Hölle?“ entwich es Suzuki entsetzt und ausnahmsweise musste ich ihm da vollkommen zustimmen: „Nein, nein, nein... definitiv nein! DAS ist nicht nur unter meiner Würde, das ist … da fehlen mir die Worte!“ „Das seh ich auch so!“ kam es von Suzuki, welcher sich wieder in seine Ecke zurück begab. „Schön, dass es auch Momente gibt, in denen ihr euch einig seid. Aber es ist zu spät, ihr hängt da schon mittendrin!“ „Heißt das, wenn wir Romeo und Julia verhauen, dann müssen wir... dasda machen?“ hakte Suzuki ungläubig nach und Iwamoto nickte: „Richtig, und mal ehrlich Jungs.. ich bin zu alt für diesen Scheiß, also lasst uns einfach eine großartige Nummer abliefern, eh wir hiermit zur Lachnummer werden.“ „Ich brauch einen Schnaps...“ krächzte ich resigniert und setzte mich außerhalb der Menge auf einen Stuhl. Ich musste mir Luft zum Atmen verschaffen und Suzuki schien es ganz ähnlich zu gehen: „Ich nehm auch einen Schnaps... und 'nen Spliff...“ „Nun bleibt mal geschmeidig, immerhin wärt ihr nur meine Backround-Tänzerinnen...“ wollte unser Regisseur das Ganze wohl etwas entschärfen, doch ich murrte sarkastisch: „Na Gott sei dank... ich muss nicht in diesem schrulligen Paillettenteil auftreten...“ „Naja, die Mädels haben Badeanzüge mit Ärmeln oder sowas an, ich denke nicht, dass das an euch irgendwie besser aussieht als die schrulligen Pailletten...“ konnte sich der Benvolio-Darsteller seinen Kommentar nicht verkneifen und so lehnte ich mich zurück, schloss die Augen und versuchte das alles erst mal zu verarbeiten. Ein Albtraum... „Oh Shit, wenn das meine Frau sieht... die reißt mir den Ehering vom Finger...“ nuschelte Iwamoto, als das Video ein zweites Mal abspielte. „Aaach ich glaube eher, sie kreischt ihnen aus der ersten Reihe zu und steckt ihnen Geldscheine in die knallenge Hose“ vernahm ich mit einem mal Naomi's Stimme völlig unerwartet und sah mich nach ihr um. „Du hast ja keine Ahnung was sie das letzte mal über meine gewagte Inneneinrichtung gesagt hat...“ murmelte der Gemeinte zu unserem Neuankömmling und so teilte sie uns auch gleich den Grund ihrer Anwesenheit mit: „Ich hab hier noch ein paar Sachen von mir rumliegen, die wollte ich nur schnell holen.“ Damit verschwand sie um die Ecke und ich fragte, nicht wirklich mit einer positiven Antwort rechnend: „Und wenn wir die Wette einfach canclen?“ „Nun, dann entgeht uns eine Reise für vier Personen nach Verona, die mein Kumpel springen lassen würde, im Falle eines Erfolgs“ rückte Iwamoto erst jetzt mit dem anderen Teil der Wette raus und so hörte man Suzuki wieder mal mutmaßen: „Lassen sie mich zusammenfassen: Sie haben eine Wette angenommen - ohne unser Einverständnis und wir sollen das nun richten? Und wenn wir Erfolg haben, landen unsere Ärsche nicht in Pailletten auf den Titelblättern der Klatschpresse, sondern im Flieger nach Spanien?? „Italien..!“ zischte ich ihm verbessernd zu, doch er zuckte nur mit den Schultern: „Was auch immer...“ „Exakt. Ich denke das ist noch ein zusätzlicher Anreiz dafür, dass wir uns hier rein knien“ bekräftigte unser Kursleiter, holte nun aus der ihm mitgebrachten Papiertüte in seinen Händen eine Schachtel Aspirin hervor und spülte gleich drei von den Tabletten mit dem Kaffee hinunter, während er zurück in sein Büro ging und der Rest unseres Teams sich dieses verflixte Video zum wiederholten Male ansah und scheinbar noch mehr solcher Fundstücke ans Licht brachten. „Die spinnen doch, die Amerikaner... und dabei sagt man doch immer über unser Volk, dass wir nicht richtig ticken“ vernahm ich von dem Einen und Naomi kommentierte auf ihrem Rückweg ebenfalls: „Aber der Typ da, in dem Video, hat schon einen süßen Arsch... und der Hüftschwung erst...“ Die Blicke der Umstehenden richteten sich auf sie. „Was glotzt ihr so? Ich sag doch nur wie's ist.. Ihr alle seid solche Movement-Krüppel, wenn ihr das nur halb so gut hinkriegen könntet wie die Leute in dem Video da, dann wäre das schon schon viel wert“ entgegnete sie dem in ihrer bekannt liebenswerten Art, eh sie zu mir kam und mir völlig unverhofft ein Küsschen auf die Wange drückte. Im Gehen rief sie an mich gewandt: „Ich ruf dich heute Abend an!“ Seufzend kehrte auch Iwamoto wieder zu uns und forderte sein Handy zurück, als einer der Jüngeren zu ihm sagte: „Da werden sie aber lange für brauchen, bis sie den Hüftschwung so drauf haben.“ „Nu werd mal nicht frech, außerdem werden wir es gar nicht erst dazu kommen lassen!“ verkündete er, setzte sich wieder zu uns und sprach fest entschlossen: „Dann würde ich sagen, lassen wir's krachen, eh wir die Nächsten sind, die mit 1 Million Klicks so auf Youtube zu sehen sind.“ „Vielleicht wäre das ja ihr großer Durchbruch im Showbiz und sie werden doch noch reich und berühmt, so wie sie's immer wollten. Dann liest man ihnen jeden Wunsch von den Augen ab“ wurde ihm belustigt zu denken gegeben und ich musste bei der Vorstellung innerlich schmunzeln – allerdings nur ein bisschen, denn dummerweise häng ich ja in dieser Misere mit drin. „Wohl eher von den Augenringen...“ kommentierte Suzuki die ramponierte Erscheinung Iwamotos heute, und wirkte dabei ebenfalls nicht sonderlich begeistert. Er legte sein mit Herzchen beklebtes Textbuch auf den Tisch vor sich damit die eigentliche Besprechung endlich anfangen konnte. Einige Fragen konnten zum Glück schnell geklärt werden, doch manches ließ sich wohl nicht auf die Schnelle lösen. So zum Beispiel, wann genau die Erstaufführung stattfinden soll und wie viele Aufführungen es eigentlich insgesamt geben soll. Zwar konnte uns Iwamoto eine ungefähr-Antwort geben, jedoch nichts Detailiertes. Nur soviel, dass er diesmal etwas plane, was uns auch einen gewissen Ertrag einbringen soll. Quasi ein erstes richtiges Gehalt, auch wenn das wohl keine Unsummen werden. Für jemanden wie mich wären das so oder so nur Peanuts und deshalb würde ich von vornherein eine Bezahlung ablehnen oder spenden. Aber alles zu seiner Zeit, erst mal muss das Stück funktionieren und das seh ich im Moment noch in weiter Ferne... Kurz vorm Ende unserer Besprechung zückte unser Regisseur noch einen Zettel und wedelte damit herum. „Hört mal Leute: morgen ist hier eine kleine Pressekonferenz. Nichts Großes, nur ein paar Journalisten und ein Fernsehteam von 'nem Lokalsender. Ihr müsst nichts weiter machen, nur anwesend sein und in die Kamera lächeln, ihr kennt das ja schon. Uhrzeit steht hier drauf, notiert euch das! Wer nicht pünktlich da ist, dem reiß ich persönlich den Arsch bis zu den Ohren auf!“ verkündete Iwamoto und Suzuki fiel förmlich das Gesicht runter: „Hö, Fernsehen?!“ „Ja, das kriegt ihr schon hin“ antwortete er ihm, heftete das betreffende Blatt an die Pinnwand und blätterte weiter in seinen restlichen Zetteln: „Ach ja: nächste Woche sollen schon einige Kostüme fertig sein, aber Subaru muss noch mal vermessen werden. Naomi's Maße können ja nicht auf dich übertragen werden und gerade mit dem Korsett muss man aufpassen.“ „Korsett??“ kam es scheinbar völlig überrascht vom Gemeinten, welcher sogar vor Schreck aufhörte mit dem Stuhl zu kippeln. „Ja, deine Rolle ist weiblich und lebt im 16. Jahrhundert, ergo brauchst du ein Kleid mit Korsett, entsprechende Schuhe und eine Perücke. Deshalb wirst du dich gleich hiernach zum Schneiderei-Club begeben und deinen Elfenarsch ausmessen lassen“ erläuterte unser Regisseur und es machte nun den Anschein, als würde diesem Suzuki jetzt erst so richtig klar werden, was auf ihn zukommt. Irgendwie kann er einem ja schon fast leid tun. Aber nur fast! Der nächste Tag nahte mit großen Schritten und tatsächlich waren alle Darsteller komplett in einer Reihe versammelt hinter der Bühne und warteten auf den großen Auftritt, während Iwamoto uns in seiner Nervosität alle der Größe nach sortierte und unsere Schuluniformen zurecht zupfte. Selbstverständlich stand ich neben dem blondierten Trottel, denn Dummerweise schienen wir gleich groß zu sein. Normalerweise hätte ich mit Naomi hier oben stehen müssen und alles wäre sehr viel einfacher. Genau darauf hatte sie mich gestern Abend in unserem Telefonat noch mal deutlich hingewiesen und wahrscheinlich hatte sie auch vollkommen recht damit, was die Anwesenheit dieses Penners direkt neben mir noch unerträglicher machte. Während nun dem Direktor unserer Schule – der eigentlich so rein gar nichts mit unserer AG zu tun hat – noch ein paar Fragen von der Presse gestellt wurden, sollte sich das gesamte Ensemble hübsch in Reih' und Glied, lächelnd auf der Bühne aufstellen. Als ich die ganzen Leute da draußen fotografieren sah und die Typen mit den Kameras herum schoben, wurde mir schon ziemlich mulmig. Wir hatten zwar bisher auch mal die ein oder andere kleine Reportage in irgendwelchen kleineren Printmedien bekommen, aber so richtig mit Fernsehen... das verschärfte die Situation noch ein mal und ich zischte: „Super... wundervoll... phänomenal..“ „Alter, was brabbelst du da?“ brummte Suzuki neben mir zurück und ich knurrte: „Ich zähle Worte auf, die dein Talent dafür zum Ausdruck bringen, wie du uns Alle hier in den Schlamassel geritten hast...“ „Was willst du eigentlich jetzt von mir?“ kam es gedämpft zurück und ich fauchte: „Deinetwegen ist Naomi weg und deinetwegen wird das alles ein Desaster!“ „Wenn du sie so sehr vermisst, dann geh und hol sie wieder zurück! Du tust uns Allen nur einen Gefallen damit.“ vernahm ich es angesäuert von der Seite und ich entgegnete dem mindestens genauso aufgebracht: „Dank dir hat sich das aber für die nächsten drei Erdzeitalter erledigt!“ „Du kannst mich mal! Wer muss denn das Kleid anziehen...?“ wurde Suzuki schon etwas lauter und ich schimpfte: „Blödmann!“ „Arschgeige!“ fluchte er zurück und da nun schon Einige zu uns sahen, mischte sich Iwamoto möglichst unauffällig ein: „Männer, reißt euch mal zusammen! Wie sieht das denn aus? Ihr könnt euch nachher Nettigkeiten an den Kopf werfen oder von mir aus prügeln, aber nicht ins Gesicht und nicht jetzt vor laufenden Kameras!“ Das würde mit Sicherheit eine Schlagzeile geben... 'Romeo' schlägt 'Julia' nieder... Macht sich aber bestimmt nicht gut, wenn man ernsthaft in Betracht zieht später mal Schauspieler zu werden. Da außerdem noch ziemlich viele schaulustige Mitschüler aller Stufen anwesend waren, wusste nun auch bald die halbe Schule von unserem Vorhaben. Dem Himmel sei dank hatte Iwamoto aus der genauen Besetzung vorerst ein Geheimnis gemacht, sodass noch niemand Außenstehendes wusste, wer von uns welche Rolle spielen würde. Aber irgendwas wird uns früher oder später einfallen müssen, denn so wie es ist kann's nicht bleiben! Mit so einem Vollpfosten wie Suzuki kann ich auf keinen Fall die nächsten Wochen oder besser gesagt Monate arbeiten. . . . Vorerst bleib uns aber Allen keine Wahl, als die Sache mit eisernem Willen durchzuziehen. Meine ersten Proben verliefen allerdings ganz gut, was meine Nerven bezüglich der sonderbaren Umstände etwas beruhigte. Scheinbar gaben sich Alle viel Mühe, die Tatsache, dass hier nur Jungs waren, unter den Teppich zu kehren und wirklich brisant war ja auch nur das Verhältnis zwischen Romeo und Julia. Wir waren gerade dabei den Ablauf der Feier bei welcher sich die Beiden zum ersten Mal sehen würden, genauer durchzugehen und zu üben. Schließlich mussten hier einige unserer Darsteller Statistenrollen übernehmen, um die Größe des Festes zum Ausdruck zu bringen. Hier wäre zu Anfang zwar noch keine allzu intime Szene, aber Iwamoto war darauf bedacht, dass Romeo und Julia tanzen und das möglichst ästhetisch und harmonisch. „Kannst du tanzen Yuu?“ fragte er mich also und ich antwortete ihm: „Klar kann ich tanzen; Naomi und ich waren vor 2 Jahren in der Tanzschule.“ „Ichwaraufnertanzschule...bla bla..“ äffte dieser Suzuki mich nuschelnd nach und meckerte dann weiter: „Scheiße, Shiroyama, gibt es eigentlich irgendwas was du nicht kannst?“ „Ja, ganz offensichtlich komme ich nicht mit dir klar! Was hast du eigentlich für ein ein Problem mit mir?“ moserte ich zurück, denn seit unserer verbalen Auseinandersetzung als die Presse hier war, flogen dauernd die Fetzen zwischen uns, sodass ich mehrfach nach draußen frische Luft schnappen gehen musste, um nicht noch, wider meiner Natur, handgreiflich zu werden. „Ich hab kein Problem, du kannst und weißt immer alles besser und das kotzt mich an!“ führte er weiter aus und knurrte angepisst: „Na wenn das alles ist...“ „Nein, der Gestank von verdammt viel Zaster hängt dir nach!“ motzte der Spinner weiter und so konterte ich dem genervt: „Bist du irgendwie neidisch oder so?“ denn ich konnte es noch nie ausstehen, wenn mich Leute nach meinen Lebensverhältnissen beurteilen. „Wütend bin ich, aber du und Deinesgleichen, ihr wisst überhaupt nicht zu schätzen was ihr habt.“ „Das kann ja gut sein, dass das auf Viele zutrifft, Suzuki, aber ich persönlich kann weder was dafür, noch möchte ich mit diesen Leuten über einen Kamm geschert werden. Außerdem tun mir die Menschen mit Geldnot leid.“ „Und das soll ich dir glauben?“ fauchte er aufgebracht und so richtig wusste ich nicht, weshalb gerade er mich wegen dem Geld meiner Eltern so angeht. Schließlich prahl ich nicht damit. „Ach, glaub doch was du willst...“ zischte ich reichlich verärgert über diesen Penner und ging ein weiteres Mal nach draußen. „Jaa, hau mal wieder ab!“ rief er mir nach doch ich wollte einfach nur ganz schnell die große schwere Tür hinter mir zu wummern lassen, eh ich umdrehe und ihm doch noch eine rein drücke. Dieses Mal musste ich ein paar Minuten länger draußen bleiben, da meine Wut sich nicht so schnell abbaute wie erhofft. Zudem fragte ich mich, wieso gerade dieser kleine blonde Scheißer mich so über die Maßen aufregte. Nicht einmal Naomi hatte das bisher geschafft und ich hatte immer mehr Zweifel daran, dass wir noch mal auf einen grünen Zweig kommen würden. Halbwegs beruhigt ging ich für die letzte zwei Stunden doch noch mal zurück, obwohl ich drauf und dran war, die Kurve zu kratzen. Drinnen angekommen war Iwamotos erster Kommentar: „Könnt ihr Zicken euch vielleicht zusammenreißen, wenn wir proben wollen?“ Widerwillig ließ ich mich mit Suzuki in eine mir viel zu nahe Tanzposition schieben und auch meinem Gegenüber schien das wenig Spaß zu machen. „Jungs! Bitte!“ ermahnte man uns und so fasste ich Augenrollen nach einer von Suzukis Händen und umgriff seine Hüfte. Mein Tanzpartner in spe tat es mir gleich und wurde sofort von Regisseur korrigiert, indem seine Hand auf meiner Schulter platziert wurde. Die Musik begann und Iwamoto sprach: „Lass dich einfach von Yuu führen, Subaru.“ Schon bei den ersten Schritten blieb er einfach stehen und ich prahlte an seine Vorderseite: „Verdammt, ey!“ „Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn ich diese Guppyfresse vor mir hab!“ rechtfertigte er seinen Aussetzer und so hatte er mich gleich wieder auf 180: „Bitte? Guppyfresse? Ich zeig dir gleich mal was passiert, wenn der Guppy mit dir fertig ist, du Papagaienfischfresse!“ „Wenn ihr dann fertig seid euch lustige Tiernamen zu geben, würde ich gern weiter machen... Subaru hast du irgendwann in deinem Leben schon mal getanzt?“ „Nein, wozu auch“ antwortete der Gefragte und wieder einmal konnte ich nur genervt mit den Augen rollen. „Was kannst du eigentlich...“ brummte Iwamoto leise, doch hatte er noch ein Ass im Ärmel: „Ishiro! Bring dem Mann tanzen bei, auf dass er elfengleich übers Parkett schwebt bis zur Aufführung!“ Heldenhaft schritt der Angesprochene zur Tat und zerrte den Ursprung allen Übels in eine ruhigere Ecke um ihm die Grundlagen näher zu bringen. Das lernt der nie... Erleichtert setzte ich mich soweit weg wie es nur ging von den Beiden und lauschte dem Tun der Anderen. Unser Regisseur schnappte sich indes Kesuke; dieser war etwas rundlicher gebaut und nicht allzu groß, weshalb er Julia's Amme verkörpern durfte und war, zu unser aller Verwunderung, schon fast richtig scharf auf diese Rolle. Da er aber nur begrenzte Auftritte inne hat, wurde er zum persönlichen Foto-Assistenten auserkoren und bekam von Iwamoto eine Kamera in die Hand gedrückt. Er sollte schon mal ein paar Bilder von den Anfängen machen, weil wir nebenher sowas wie eine Inside-Story zum Programmheft machen wollte. Kesuke ging auch hierbei völlig auf und knipste was das Zeug hielt. Etwas später erkundigte sich unser großer Meister nach dem Stand der Dinge und hob eine kleine bunte Schachtel auf, klapperte damit und wandte sich an seinen Fotografen: „Du hast doch einen Film eingelegt oder?“ „Ich dachte, das ist ein Digitalkamera“ wurde ihm geantwortet so klatschte Iwamotos Hand an seine Stirn: „Junge, das is'n Erbstück, aus 'ner Zeit wo Kameras noch Filme hatten und Menschen noch Hirne!“ „Ups“ mehr hatte der Gemeinte nicht entgegen zu bringen, als ihm die bunte Schachtel mit dem Film darin an die Brust gedrückt wurde. Der kleine Kerl sorgte schon früher immer mal wieder unfreiwillig für Lacher und so erhellte sich auch meine Stimmung wieder etwas, nach diesem Schauspiel. Noch mehr, als ich vernahm, wie auch unser Tanzpärchen so seine Verständigungsprobleme zu haben schien. Gott sei dank war nun aber der Feierabend nahe, ich wollte echt nur noch nach Hause und den ganzen nervenaufreibenden Scheiß vergessen. Im Pool planschen und vielleicht ein wenig gärtnern, mehr stand heute nicht mehr auf meinem Plan. Immerhin würde ich die Meisten meiner Schauspielkollegen hier auch in diversen Unterrichtskursen sehen, so auch Suzuki, und da braucht man eben auch mal Abstand von Allem. . . . Leider gestalteten sich die nächsten Proben genauso... holprig. Um es nett zu formulieren... Die ersten Kostüme wurden auch schon schneller als gedacht eingereicht, auch wenn es sich nur um die Hosen der männlichen Rollen handelte. Allerdings musste mir die Farbe irgendwie entgangen sein, als ich mir die Entwürfe damals angesehen hatte. „Haben wir das so bestellt?“ fragte ich also in die Runde und irgendwie sah der Rest genauso sprachlos aus. „Und wie gefallen sie euch?“ wurden wir nun vom Regisseur gefragt und wie erwartet kamen nur verhalten begeisterte Äußerungen; meist in Form eines 'Mhmm..' Der Erste, der es fertig brachte einen vollständigen Satz und dazu noch geradeheraus unverblümt abzusondern war, zu meiner Überraschung, Suzuki: „Ja, aber mal ehrlich, Braun ist ja wohl eine total beschissene Farbe...“ „Im wahrsten Sinne des Wortes..“ gab ich ihm mehr oder weniger Recht, doch Iwamoto schien überrascht, als er sagte: „Ich wusste ja nicht, dass ich hier zwei Modekritikerinnen im Team hab... Aber wenn ihr Zwei euch ausnahmsweise mal einig seid, dann werde ich diese Dinger hier noch mal Überarbeiten lassen. Nicht, dass Subaru sich um braune Hosen überhaupt Gedanken machen müsste, für ihn wurde ein Traum in weiß und silber kreiert!“ stichelte er weiter und auch ich musste schmunzeln, als ich mir diesen blonden Spinner in einem 'Traum aus weiß und silber' vorstellte. He hehe! „Apropooos!“ war erneut die Stimme Iwamotos zu hören, als dieser kurz verschwunden war und einen Moment später mit einigen eher unscheinbaren Kleidern wieder kam: „Freunde, ich hab hier was für euch; zumindest für die weiblichen Rollen. Die Amme, Julia..., ihre Mutter und die von unserem Romeo. Die müssen nicht perfekt passen oder gut aussehen, es geht mir darum, dass ihr lernt euch nicht mit den bodenlangen Roben vor versammelter Mannschaft aufs Gesicht zu packen beim Laufen – vor allem Kesuke, unser Tollpatsch vom Dienst! Entsprechende Schuhe folgen, sofern wir überhaupt welche in euren Größen finden...“ „Also, ich wusste, dass das peinlich werden würde und ich hab mich so langsam zwangsweise mit dem Gedanken abgefunden hier im Kleid rumzurennen, aber bitte... bitte sagen Sie nicht, dass wir hier in Highheels oder ähnlichem rumstöckeln müssen!“ kam es bestürzt von Suzuki und natürlich horchten nun auch die anderen Jungs mit weiblichen Charakteren auf: „Ney, oder?!“ Oh man... dann lieber doch nur braune Hosen! . . . Alles in allem verliefen unsere Probennachmittage auch weiterhin mehr als nur schleppend, was wohl nicht zuletzt an uns, den Hauptdarstellern lag. Ja, ich möchte diesem Suzuki nicht die ganze Schuld an diesem Dilemma zuschieben, aber doch den größten Teil. Normalerweise schaffte es nicht mal Naomi mich in einer Tour so dermaßen zu reizen, wie dieser Penner und ich konnte mir bisher nicht Ansatzweise erklären wie er das schaffte. Ehrlich, sobald ich nur an ihn denke, könnte ich die Wände hochgehen! Und ihm schien es genauso zu gehen, aber ich finde nicht, dass ausgerechnet ich an seiner Lage Schuld bin und will somit auch nicht sein Sündenbock sein! Die brodelnde Luft um uns schien mittlerweile nach zwei weiteren Wochen auch die Anderen tierisch zu nerven und zu allem Überfluss fehlte heute Ishiro, welcher diesem Suzuki bisher Tanzunterricht gab. Somit musste ich ran und wir alle wussten, dass das ein Seiltanz über Kiloweise Sprengstoff sein würde. Er sah einfach total affig aus in diesem Kleid und da es Iwamoto tatsächlich schaffte Absatzschuhe in Suzukis Größe aufzutreiben stand der nun einen halben Kopf höher als ich und in einem diesmal hellblauen Kleid vor mir. Das erste ging natürlich relativ schnell kaputt, weil er ein paar mal drauf getreten ist,... dieser Trottel... Wieder einmal wurden wir von Iwamoto zusammengeschoben und so blickte ich in ein zur Faust geballtes Gesicht, welches ein paar Zentimeter über mir auf mich herab sah. Das war so lächerlich, ich musste einfach lachen, aber ich wurde sogleich von unserem Meister-Regisseur gerügt, doch bitte professionell zu sein. Mein Gegenüber ließ sich zuweilen nicht zu irgendeinem bissigen Kommentar hinreißen und funkelte mich stattdessen nur drohend an. Eine gefühlte Ewigkeit fummelte Kesuke, der als einzige weibliche Rolle nicht bei dem Fest tanzen musste, am alten Rekorder herum und so kam es, das wir übrigen Tanzpaare den Auftakt abwarteten. Ich fühlte mich unbehaglich Suzuki so lange wort- und bewegungslos vor mir stehen zu haben. Noch mehr wollte ich dieser Situation entfliehen, als ich einen sehr angenehmen Geruch wahrnahm. Sollte dieser Kotzbrocken etwa gut riechen können? Niemals, das musste das Kleid sein, oder so! Diese Sache beschäftigte mich kurzzeitig so sehr, dass ich den Einsatz verpasste und mich das angepisste Knurren meines Gegenübers wieder aus den Gedanken riss. „Unser Albtraumpaar mal wieder...“ hörte ich Iwamoto resigniert brummen und er bat darum erneut die Musik zu starten, eh er auf sein kleines Büro zusteuerte und beim Gehen rief: „Aber diesmal pennt hier keiner!“ Die ersten Klänge ertönten und gerade wollte ich den ersten Schritt tun, als wieder mal etwas hakte und zu meiner Schmach war diesmal auch ich dran Schuld. „Du stehst auf meinem Kleid, du Wichser!“ brach es nun aus Suzuki ungehalten heraus und so fauchte ich wütend – vermutlich mehr darüber, dass mich diese Duftsache so aus dem Takt brachte, als dass der mich schon wieder anmotzte – ebenso verärgert zurück: „Sag mal, kommen Worte wie Anstand und Benehmen in deinem Sprachgebrauch überhaupt vor?“ Der Gemeinte zuckte nur gleichgültig mit den Schultern und verschränkte die Arme. „Also mir reicht's jetzt, ich gehe..! Macht euren Mist alleine; den da tu ich mir heute nicht mehr an!“ knurrte ich und war gerade dabei den Proberaum verlassen zu wollen, als dieser Idiot mir zu rief: „Das scheiß Kleid ist jetzt auch hin, du hättest nur ma aufpassen müssen wo du hintrittst, Guppyfresse!“ „Leck mich! Das Kleid ist nicht mal eines von denen, die du tragen wirst!“ „Ach echt?“ kam es provozierend von ihm und so ließ ich mich zum ersten mal in meinem Leben auf ein Niveau herab, auf welches ich sonst nie sinken würde. „Nee, denn das wird viel opulenter, mit viel schwuckigem Schnick Schnack, genauso wie du es auch zu Hause gern trägst, wa! Und das hier ist nur, damit du Vogel lernst wie man als Frau in 'nem Kleid und mit diesen Schuhen läuft, ohne sich auf die Fresse zu legen!“ Ich konnte gar nicht so schnell gucken wieder dieser Typ mich am Kragen packte und bedrohlich zischte: „Erstens bist du drauf getrampelt und zweitens, nenn mich nie wieder schwuckig!“ Schnell faste ich an seine Handgelenke und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, während ich schon etwas lauter wurde: „Ich sagte, das Kleid ist schwuckig...!“ „Ich zeig dir gleich-...“ hörte ich diesen Sack noch knurren, als wir schon mitten in einer handfesten Rangelei steckten und Iwamoto uns unterbrach: „Was ist den hier los?! Sagt mal Freunde, habt ihr noch alle Tassen im Schrank? Also echt, manchmal glaube ich bei euch Zweien, dass ich im Kindergarten bin!“ Mit einem kraftvollen Ruck befreite ich mich aus seinem Würgegriff und besann mich auf meine eigentlich ganz gute Erziehung. Ich fass es nicht wozu mich dieser Schwachmat getrieben hat! So was ist mir überhaupt noch nie passiert! Suzuki jedenfalls schnaubte noch immer vor Wut und machte dieser nun auch ordentlich Luft, indem er erneut auf mich losging und weil ich damit nicht gerechnet hatte, verlor ich das Gleichgewicht und segelte zu Boden, während er mich an keifte: „Ich hab weder Tassen, noch 'nen Schrank dafür! Warum? Weil wir keinen Platz und kein Geld für so was haben! Und warum? Wegen so reichen Wichsern wie dem da, die meinen, die Allergrößten zu sein!“ Nun war er es, der hinter die Bühne und dann auf und davon stürmte. Ich habe nicht den blassesten Schimmer warum das scheiß Geld nun wieder im Spiel war. Iwamoto sah unserer 'Julia' hinterher und half mir wieder auf die Beine, bevor er mir einen teils fragenden und teils verärgerten Blick zu warf. Jetzt war ich derjenige der mit den Schultern zuckte und sagte: „Ich weiß ehrlich gesagt nicht mal wo das Personal die Tassen aufbewahrt.“ Zum einen, wusste ich nicht was ich sonst hätte dazu noch sagen sollen und zum anderen, regte mich mein eigener Satz zum Nachdenken an. Irgendwie ist ja was dran an der Sache, dass vermögende Leute ihren Reichtum nicht zu schätzen wissen. Ich meine, ich hab es bisher immer als gegeben hingenommen, aber wenn ich mir vorstelle gar nichts zu haben, dann bin ich schon froh, dass es so ist wies ist. Der Leiter unseres Kurses klatschte sich die Zeitung an Kopf und brüllte: „Schluss – aus... Vorbei für heute...! Und beim nächsten mal kriegt ihr bitte eure aufkeimende Pubertät in den griff, wir üben doch hier nicht für den Fight Club!“ Damit löste sich unsere Gruppe auf und selbstverständlich hörte man hier und da Getuschel, was mir meinen Ausbruch noch ein paar mal peinlich vor Augen führte. Iwamoto ordnete mir an, ihm in sein Büro zu folgen, damit er mir die Leviten lesen konnte: „Ich wollte eigentlich nur mal 'ne Pause machen, mein 17 Uhr Ei legen und dann sollte es locker flockig weiter gehen, aber das hier ist inakzeptabel! Das geht so nicht weiter, ihr müsst einen Weg finden wie ihr mit einander auskommt.“ Resigniert ließ ich mich auf einen Hocker fallen und seufzte: „Und wie? Feenstaub?“ Eigentlich ist mit Feenstaub Koks gemeint, aber bei jenem von unserem Meister-Regisseur handelte es sich lediglich um eine legale pulvrige Substanz, die er aus kleingehackter roter und weißer Tafelkreide gebastelt hat. Vor einigen Jahren hatte er mal Peter Pan als Bühnenstück aufgeführt, in dem es eine Fee gibt und seitdem benutzte er bei kniffeligen oder verfahrenen Situationen immer wieder diesen Kreidestaub, um die Wogen zu glätten. Aus irgendwelchen wissenschaftlich nicht nachvollziehbaren Gründen funktionierte es, auch wenn er nur selten dazu greift. Ich fand es lächerlich, bis ich mich selbst davon überzeugen konnte, dass es irgendwie zu wirken schien. Wahrscheinlich ein Placebo-Effekt, aber der Chemie zwischen mir und Naomi damals, kurz bevor wir das erste mal gemeinsam auf der Bühne standen, tat es offensichtlich gut. „Ja, warum nicht? Aber mal Spaß beiseite. Wir müssen das dringend in die Reihe kriegen. Ich verlasse mich da auf dich! Und ich würde sogar in der ganzen Schule die Kreide klauen, wenn es denn hilft“ verdeutlichte er noch einmal und holte sein Tütchen rosafarbenen Staub aus dem Schrank. „Nichts gegen ihre Märchen, aber das wird nicht funktionieren. Irgendwie... ich weiß nicht... Das ist wie mit zwei Magneten, wenn man gleiche Pole hat und je mehr man sie zusammendrücken will, umso mehr stoßen sie sich ab“ versuchte ich nachdenklich die Situation aus meiner Sicht zu erklären, doch Iwamoto winkte sogleich ab: „Paperlapapp! Ihr seid keine Magnete, sondern Menschen und da kommt's öfter vor, dass sich zwei gleich Gepolte anziehen. Versteh mich nicht falsch, das muss ja nicht gleich sexueller Natur sein. Ihr sollt einfach ein paar Grundlagen oder Gemeinsamkeiten finden, damit ihr euch nicht ständig an die Gurgel springt, denn so wird das nichts! Und glaub mir, wir alle wollen nicht noch Beyoncé einüben müssen, wenn wir das Ding versauen.“ „Also daran sind aber Sie schuld, nicht wir“ brummte ich wenig zuversichtlich diesem Schicksal entkommen zu können. „Ja doch ja, aber wenn wir das doch noch gebacken kriegen, dann lassen wir uns in Italien die Pizzen und den Wein schmecken!“ kam es motivierend von Iwamoto, aber so richtig glaubte ich noch nicht daran reelle Chancen zu haben. „Pass auf, du gehst zu ihm und lädst ihn irgendwo hin ein; Kino, Museum... von mir aus in die Kneipe, wenn du ihn nur dazu kriegst die Sache ernst zu nehmen und mit dir zusammen zu arbeiten“ begann er und ich wollte ihn protestierend unterbrechen: „Aber...-“ doch setzte er seine Rede einfach ungehindert fort, ohne mich zu Wort kommen zu lassen: „Das gleiche gilt natürlich auch für dich, du musst ihn als deine Partnerin akzeptieren und damit umgehen können.“ „Aber ich … wieso muss ich ihn eigentlich fragen?“ probierte ich es erneut mich heraus zu winden und so erklärte er mir: „Weil du Derjenige mit dem nötigen Kleingeld bist und ein außerdem ein ausgeglichener, angenehmer und eigentlich ganz umgänglicher Typ bist – normalerweise!“ „Aber...“ ein weiter Versuch von mir, welcher auch umgehend abgeschmettert wurde: „Nichts, aber! Das wird gemacht! Ich kann und will meine Besetzung nicht wieder umbelegen! Und wenn der Junge die Sache hier endlich ernst nehmen würde, dann wäre er einfach sensationell! Ein Rohdiamant! Quasi ein Stück Kohle und wenn man die nur richtig presst, was meinst du wie er funkelt, wenn wir mit ihm fertig sind!“ Ganz offensichtlich hatte auch Iwamoto am Kreidestaub geschnüffelt, sonst würde er nicht so fantasieren... „Also, sag mir .. nein versprich(!) mir, dass du das hinbekommen wirst!“ wandte er sich mit Nachdruck wieder an mich und ich fragte, eher rhetorisch: „Zweifeln sie etwa meine Kompetenz an?“ „Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen! Dass dieses Stück nur aus männlichen Personen bestehen wird, ist bereits eingereicht, wenn ich jetzt einen Rückzieher mache... wie steh ich denn dann da?“ redete er weiter auf mich ein und so erhob ich mich von meinem Hocker, als ich sagte: „Ja doch, ich bin so gut wie unterwegs und nehme mir etwas von ihrem Feenstaub mit...“ „Gut so, vielleicht erwischt du ihn ja noch“ wurde ich angefeuert, doch ich war relativ zuversichtlich: „Keine Sorge, mit Highheels kommt er nicht weit und wenn er doch rennt, dann bricht der sicher einen Absatz ab.“ „Ach ja die Geschichte... richte ihm bitte als kleines Entgegenkommen aus, dass ich von den hohen Schuhen absehe. Es sieht ziemlich dämlich aus, wenn Julia 'nen halben Kopf größer als Romeo ist.“ „Dass mir das nicht aufgefallen ist...“ witzelte ich und Iwamoto machte verscheuchende Handbewegungen: „Denk an deine Mission, Junge!“ Suzuki war natürlich über alle Berge, als ich ihn suchte. Er musste einen Umweg über die andere Seite des Korridors raus aus der Garderobe gemacht haben, denn sein ganzer Kram lag nun hier verstreut; die verhassten Schuhe wurden in die Ecke gekickt und das Kleid lieblos auf den Boden geknüllt, doch von ihm fehlte jede Spur. Da ich auch nicht so sonderlich scharf drauf war, mit dem Typen heute erneut aneinander zu rasseln, wenn der eh schon vor Wut kocht, verschob ich die Frage nach einem 'Date' lieber auf den nächsten Tag. ________________________________________________________________ Ich melde mich mal wieder aus der Versenkung zurück, es war mal wieder sehr viel zutun, z.B. hab ich endlich meine erste eigene Küche usw. Und ja, ich weiß, das Kapitel hier war noch nicht allzu spannend, aber ich wollte gerne den Weg vom Anfang beschreiben, wie diese Zwei aus einer neutralen Ausgangsposition heraus sich immer mehr in etwas verrennen und Wut und Aggressivität mit dem verwechseln, was eigentlich wirklich zwischen ihnen passiert ohne, dass sie es mitkriegen (wollen). Bis die vielen Funken irgendwann ein Feuer entfachen – sozusagen. Und in vielen Storys ist es meist auch nur einer von Beiden, der sich ziert. Hier werden es gleich zwei Trottel sein. Ich wollte eben nicht einfach schreiben: ja, da sind A und R die können sich nicht leiden und dann lass ich sie 2 Kapitel später zusammen in die Kiste hüpfen. Das fand ich nicht sehr ansprechend, und vllt. kennt der ein oder andere von euch auch diese oder eine ähnliche Situation. Mir ging es zumindest so, dass damals auf meiner Schule ein Typ war, voll der brutale Macho. Brutal weil er ständig ne Prügelei hatte und Macho weil er meinte jede überstylte Tussi angraben zu müssen. Der hat mich ständig dumm gemacht und mich beschimpft usw. und dann Jahre später nach der Schulzeit stellte sich heraus, dass er eigentlich auf mich steht, es nur nicht zugeben wollte. Hat er mir dann gestanden und da das absolut nicht auf Gegenseitigkeit beruhte, konnte ich das echt nur müde belächeln. Er nahm's mir dann auch nicht übel, dass er bei mir verschissen hatte. Wie auch immer. Falls unter meinen Lesern noch ein paar Schüler sind, die auch so einen speziellen Fall kennen: die Chance ist recht hoch, dass ihr aus solch einem Grund unter diesem Idioten zu leiden habt. Joar.. wie wärs mal wieder mit ner Vorschau? Im nächsten Kapi wird wieder Reita Wortführer sein und wir erleben mit, wie er von Aoi um dieses Date gebeten wird. Dass sie das nur unter Alkoholeinfluss überstehen sollte klar sein. Außerdem werden die beiden auch demnächst die Welt des jeweils anderen kennen lernen, was natürlich ein reichlicher Schock für beide Seiten ist. Sie nähern sich langsam aber sicher etwas an – natürlich erstmal wieder im neutralem Bereich. Für die Zukunft lässt sich vllt. eines schon mal sagen, sie werden nicht das liebevolle Pärchen schlechthin sein. Bei diesen Beiden wird ab und an eine Prügelei oder leidenschaftliche Rangelei schon fast zum Vorspiel gehören, wenn man so sagen will, aber bis es mal soweit ist haben Beide einen steinigen Weg vor sich, das alles zu erkennen und zu akzeptieren. p.s.: an alle Violence-Leser - Sry wenn ich mit dem Sad-End den ein oder anderen doch enttäuscht habe... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)