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Journey to Evolution

Mit jedem Schritt wirst du stärker
von

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Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen

Der Sandsturm legte sich, doch es dauerte noch einige Momente, bis Lilys Augen sich vom grellen Lichtschein der Explosion erholt hatte. Sie hoffte, dass Evoli von sich aus Schutzschild eingesetzt hatte, doch als sie aufs Kampffeld blickte, lag ihr Pokémon ebenso besiegt da wie das ihrer Gegnerin.

Die Zeit war abgelaufen und beide Kontrahenten kampfunfähig, also musste die Jury entscheiden, wer den Wettbewerb gewonnen hatte. Während dort also diskutiert wurde, ging Lily zu ihrem Pokémon und nahm es vorsichtig auf den Arm. „Alles in Ordnung bei dir, Evoli?“

Das kleine braune Wesen nickte schwach und kuschelte sich dann an seine Trainerin, bevor es wieder die Augen schloss.

„Die Jury verkündet nun die Siegerin des Wettbewerbs“, meldete sich die Moderatorin zu Wort.

„Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, da beide Teilnehmerinnen so wunderbar gekämpft haben.“ Typisch für Schwester Joy wollte sie niemandes Gefühle verletzen.

Der ältere Mann neben ihr, dessen Namen Lily sich nie merken konnte, räusperte sich und sprach dann ebenfalls. „Der Kampf war bis zum Ende spannend, und es ist schade, dass wir keine zwei Siegerinnen küren können. Deshalb geht das Band an diejenige, die aus der Macht der Verzweiflung ein wunderschönes Lichtspiel gemacht hat. Herzlichen Glückwunsch, Dara aus Azalea City!“

Die Menge begann zu applaudieren, und Lily verließ die Bühne. Sie war enttäuscht, nicht einmal unbedingt, weil sie verloren hatte, und das auch noch so knapp, sondern weil sie ausgerechnet diesen Wettbewerb verloren hatte. Gerade dieses Mal, wo ihre Großmutter im Publikum saß, hätte sie so gern zeigen wollen, dass sie auch etwas konnte. Vielleicht hätte sie dann Wettbewerbe weniger als Zeitverschwendung angesehen, oder wäre zumindest stolz auf Lily gewesen.

Mit Evoli, das weiterhin in ihren Armen schlief, ging sie durch den Raum hinter der Bühne, um ihre Tasche und Endivie zu holen, und dann weiter in die Lobby. Eigentlich wollte sie am liebsten sofort ins Pokémon Center, um ihr Pokémon versorgen zu lassen, aber sie musste sich wenigstens kurz von ihrer Familie verabschieden.

Diese drängte sich schon bald mit den anderen Zuschauern durch den Ausgang und steuerte auf sie zu.

„Geht es deinem Evoli gut?“, erkundigte ihre Tante sich, sobald sie bei Lily angekommen waren.

„Das wird schon wieder, wenn ich es gleich behandeln lasse“, erwiderte Lily und warf dann ihrer Großmutter einen besorgten Blick zu.

„Es ist eben noch kein Meister vom Himmel gefallen“, meinte die alte Dame jedoch nur. Dabei wirkte sie weder besonders böse, noch schien es, als wollte sie Lily damit trösten. Es war einfach nur eine Feststellung, und das Mädchen wusste nicht genau, wie es darauf reagieren sollte.

„Ich sollte dann mal mit Evoli ins Pokémon Center gehen“, verabschiedete sie sich also. „Vielen Dank, dass ihr gekommen seid.“ Dann drehte sie sich um und wollte schon losgehen, als ihre Großmutter sie noch einmal zurück rief.

„Das hier wollte ich dir noch geben.“ Aus dem Gürtel ihres Kimono zog sie einen Umschlag und drückte ihn Lily in die Hand. „Das Bild deiner Mutter, das ich dir versprochen habe.“

„Danke.“ Gerührt nahm Lily den Umschlag entgegen und wollte ihn einstecken, als ihr auffiel, dass sie selbst ebenfalls noch im Kimono war. „Ähm... ist es okay, wenn ich dir den Kimono später wiedergebe? Ich würde jetzt wirklich gerne Evoli versorgen lassen.“ Ausziehen konnte sie das komplizierte Kleidungsstück auch alleine.

Die alte Dame musterte sie, dann sagte sie: „Behalte ihn. Er steht dir.“ Sie nickte Lily noch kurz zu und wandte sich dann zum Gehen. Darcy umarmte Lily zum Abschied und Melanie hob missmutig die Hand, bevor die beiden sie ebenfalls verließen. Eine Weile stand Lily da und sah ihnen nach, außerdem wollte sie ihnen einen Vorsprung geben, bevor sie sich selbst auf den Weg machte.

Im Pokémon Center gab sie Evoli in die Obhut von Chaneira und ging dann erst einmal zu den Bildtelefonen, um Rose anzurufen.

„Hallo, Lily, sag nicht, Großmutter war bei deinem Wettbewerb?“, meldete sich ihre Schwester und warf einen erstaunten Blick auf Lilys Kimono.

„Du hast es erraten. Leider bin ich aber nur Zweite geworden.“ Lily berichtete vom Finalkampf und dessen knappem Ausgang. „Na ja, da kann man eben nichts machen“, versuchte sie, es tapfer zu nehmen.

„Zweite zu sein heißt doch, dass nur ein Teilnehmer besser war als du“, sagte Rose aufmunternd. „Und nächstes Mal gewinnst du sicher, so weit, wie du jetzt schon gekommen bist.“

„Vor allem wenn ich mich dann wieder bewegen kann.“ Lily lachte. „So ein Kimono ist wirklich ziemlich unbequem.“

Ihre Schwester fiel in ihr Gelächter ein. „Wem sagst du das. In den Ferien, wenn ich bei Großmutter war, wurde ich immer in einen gesteckt und musste dann gerade laufen und sitzen üben.“

„Scheint doch funktioniert zu haben?“ Rose hatte wirklich einen sehr aufrechten Gang und eine elegante Art zu sitzen. „Vielleicht übe ich das jetzt auch öfter.“ Lily grinste.

„Tu, was du nicht lassen kannst.“ Sie plauderten noch eine Weile über dies und das, dann wollte Lily wieder nach ihrem Pokémon sehen und verabschiedete sich.

Inzwischen war Schwester Joy zurückgekehrt und untersuchte Evoli im Behandlungszimmer.

„Es ist nur erschöpft, ansonsten fehlt ihm nichts. Wenn du es bis morgen hier lässt, wird es wieder ganz fit werden.“ Sie zog ihre Handschuhe aus und bedeutete Chaneira, das braune Pokémon in den Ruheraum zu bringen. „Übrigens wart ihr sehr gut beim Wettbewerb heute. Ich habe für euch gestimmt, aber die beiden Herren aus der Jury waren mehr für Krawall und Explosionen. Mir wäre es natürlich lieber, wenn die Pokémon sich nicht in solche Gefahren bringen würden...“

Lily bedankte sich und stimmte ihr zu, dann ging sie wieder in die Lobby, um nach Alex Ausschau zu halten. Bevor sie ihn selbst sah, hatte Endivie jedoch schon sein Bisasam entdeckt und flitzte auf es zu. Während das Samenpokémon es freundlich begrüßte, ging Lily zu dessen Trainer.

„Tut mir Leid, dass ich ohne dich gegangen bin, aber ich wollte Evoli gern behandeln lassen, und ich hatte keine Hand frei, um den PokéCom zu bedienen.“

„Kein Problem.“ Alex winkte ab. „Ich hab mir schon so was gedacht, und du hast ja vorher gesagt, dass deine Familie da war. Geht es Evoli gut?“

„Ja, morgen soll es wieder ganz fit sein. Ach ja, danke fürs Daumendrücken vorhin.“

„Nichts zu danken. Es ist schade, dass du nicht gewonnen hast, du hättest es verdient. Aber was soll denn nun die Verkleidung?“ Der Junge grinste.

„Ach, der Kimono?“ Auch Lily konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Meine Großmutter hat mich da reingesteckt, damit ich ordentlich angezogen bin. Ziemlich schick, oder?“

„Absolut. So solltest du unbedingt durch die Stadt laufen“, scherzte Alex.

„Vielleicht tue ich das auch“, gab Lily gespielt gestelzt zurück. Es war gar keine so schlechte Idee – allein konnte sie den Kimono nicht anziehen, also sollte sie die Gelegenheit lieber nutzen, wenn sie darin gehen üben wollte. „Ich werde jetzt sofort zu einem Spaziergang aufbrechen. Endivie, komm, lass uns promenieren.“

Widerwillig trennte das Pflanzenpokémon sich von seinem Freund und folgte Lily. „Ich werde noch etwas trainieren, wir sehen uns dann beim Abendessen!“, rief Alex ihr noch nach.

Sie folgte wieder dem Weg zu dem kleinen Park, den sie schon zuvor besucht hatte und der Endivie so gut gefallen hatte. Als sie sich auf der Bank im Schatten niederließ, kam ihr Bekannter, das Voltilamm, auf sie zugetrottet und mähte zur Begrüßung. Gedankenverloren gab sie ihm ein Leckerli und streichelte es, während sie über die Worte ihrer Großmutter sinnierte. „Sollte das eine Aufmunterung sein? Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen...“

In diesem Moment landete etwas großes orangefarbenes vor ihr und ließ sie aufschrecken. „Hallo, Lily“, begrüßte Aidan sie, als er von seinem Glurak stieg.

„Hallo.“ Perplex grüßte das Mädchen zurück.

„Ist das dein Voltilamm?“ Er deutete auf das Schafpokémon, welches misstrauisch vor ihm zurückgewichen war, bevor er sich zu Lilys anderer Seite auf die Bank setzte.

„Nein, aber ich habe es schon einmal hier getroffen. Es ist ein ziemlicher Zufall, dass wir uns schon wieder über den Weg laufen, oder?“ Damit meinte sie nicht Voltilamm, sondern den jungen Mann. Eigentlich würde sie unglaublich gern fragen, was er bei ihr daheim in Dukatia City gewollt hatte, doch da sie Rose gegenüber so getan hatte, als wüsste sie nichts von der Sache, konnte sie das schlecht tun.

„Zufall...“, murmelte Aidan und blickte nachdenklich auf den Teich in der Mitte des Parks. Dann nahm er wieder seine übliche Haltung an und wechselte das Thema. „Wieso trägst du einen Kimono?“

„Ach, das...“ Lily lachte nervös. „Das ist wegen des Wettbewerbs vorhin.“

„Oh, wie ist es denn gelaufen?“ Er sah ehrlich interessiert aus, wie er sie so anblickte.

Lily merkte, wie sie wieder errötete, hoffte aber, dass es im Schatten nicht auffallen oder er es auf die Hitze schieben würde. „Leider bin ich nur Zweite geworden.“

„Das heißt doch, dass nur ein Teilnehmer besser war als du!“ Als Lily ihn daraufhin erstaunt ansah – den Spruch hatte sie doch vor Kurzem erst gehört -, fügte er hinzu. „Na ja, das hat mir zumindest mal eine sehr kluge Koordinatorin gesagt.“

Jetzt musste sie ihn einfach fragen, woher er und Rose sich kannten. Dass sie sich kannten, war ja offensichtlich. Zwar hatte Lily in ihrem Kopf einige Szenarien durchgespielt, in denen er ihretwegen zu ihnen nach Hause gekommen war, doch wenn sie objektiv darüber nachdachte, ergab das natürlich keinen Sinn. Rose' Reaktion und sein Verhalten ließen keinen anderen Schluss zu, als dass sie sich von früher kannten. Doch wie konnte sie ihre Frage am besten formulieren?

Bevor sie jedoch dazu kam, etwas zu sagen, stand der junge Mann auf. „Ich werde dann mal weiterziehen. Es hat mich gefreut, dich wiederzusehen, Lily.“ Er stieg auf sein Glurak und hatte schon fast abgehoben, als er noch hinzufügte: „Vielleicht solltest du es fangen.“ Mit dem Kopf deutete er auf Voltilamm, welches noch immer zu Lilys Füßen lag. Dann war er verschwunden.

Lily seufzte frustriert auf. Sie hatte ihre Chance verpasst, ihn nach seiner Beziehung zu ihrer Schwester zu fragen. Wer wusste schon, wann sie je wieder die Gelegenheit dazu bekommen würde?

„Mäh“, ertönte es aus dem Gras.

„Ja, ich weiß, sich hinterher zu ärgern bringt nicht viel.“ Sie tätschelte das flauschige Pokémon und dachte dabei über das nach, was Aidan gesagt hatte. „Hättest du vielleicht Lust, mit mir weiterzureisen?“

„Mäh!“ Voltilamm legte den Kopf schief und betrachtete Lily aufmerksam. Dann stupste es sie freundschaftlich an.

„Soll das ein Ja sein?“ Was tat ein Trainer in einem solchen Fall? Ach ja, er warf einen PokéBall. Das Mädchen kramte in seiner Tasche, bis es einen der rot-weißen Bälle gefunden hatte, und legte ihn dann vor Voltilamm auf den Boden. Wenn es wollte, könnte es sich ihr nun anschließen.

Das Pokémon sah sie noch einmal eingehend an, dann drückte es mit der Schnauze den Knopf des PokéBalls und wurde in einem roten Lichtstrahl eingesaugt. Besagter Knopf leuchtete kurz auf und erlosch dann, was bedeutete, dass Voltilamm nun zu ihrem Team gehörte.

Lily nahm den Ball behutsam auf und drückte ihn vorsichtig, aber glücklich lächelnd an ihre Brust.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  yazumi-chan
2015-03-28T12:54:34+00:00 28.03.2015 13:54
Jetzt so beim zweiten Lesen fallen mir all die kleinen Details auf, Aidans eigene Verirrung ob der "Zufälle", und all das. Bald kommt der Knall xD Beziehungsweise, der war schon. Lily hätte ich den Sieg dieses Mal sogar gegönnt, weil ich ein Finale zum Schluss jetzt nicht besonders elegant finde, aber Joys Erklärung der Abstimmung fand ich super. Und Voltilamm ist irgendwie knuffig. Sehr bedacht. Sehr mäh. xD Woher eine Zwölfjährige das Wort promenieren kennt, ist mir zwar ein Rätsel, aber das kleine Geplänkel fand ich super.
Antwort von:  Yurippe
28.03.2015 19:40
Lily hat zwei Jahre lang nur von Reisen lesen können, bevor sie selbst diurfte, deshalb. Sie weiß ja auch theoretisch recht viel über Pokémon, nur bei der Praxis hapert es eben.
Von:  fahnm
2011-12-20T19:13:14+00:00 20.12.2011 20:13
Hammer kapi^^
Mach weiter so^^
Von:  Kalliope
2011-12-20T13:02:44+00:00 20.12.2011 14:02
Süüß, das Voltilamm gefällt mir, aber ich mag Voltilamm ja sowieso =)
Dass Lily verloren hat, ist zwar schade, aber dafür hat sie jetzt einen Grund mehr, um in Zukunft voll durchzustarten. Und die Gelegenheit mit Aidan zu reden kommt bestimmt auch mal wieder, jedenfalls hat mir das kurze Telefonat mit Rose gefallen :)


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