Zum Inhalt der Seite

Journey to Evolution

Mit jedem Schritt wirst du stärker
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Es werde Licht

Lily atmete einmal tief durch. Dann noch einmal. Und dann ein letztes Mal, bevor sie das Tor zu den Alph-Ruinen durchschritt. Es war schon Nachmittag, da sie trotz ihres frühen Aufbruchs aus Teak City einen halben Tag zu Fuß gebraucht hatte, wohin sie auch erst nach einem Tagesmarsch von Oliviana City aus gekommen war. Sie hatte kurz überlegt, Aidan und sein Glurak um Transporthilfe zu bitten, diesen Gedanken aber wieder verworfen. Sie wollte sich nicht mehr von anderen abhängig machen, und wer wusste schon, ob Aidan sie nicht stattdessen einfach zu Hause in Dukatia City abgesetzt hätte, wo kleine Mädchen seiner Meinung nach hingehörten? Er hatte am Morgen noch versucht, ihr die Idee auszureden, sicher um sich vor Rose nicht verantworten zu müssen, falls ihr etwas zustoßen sollte. Doch sie war hart geblieben, oder stur, wie Aidan sie genannt hatte. Vermutlich war er schon bei Rose und brachte sie her, damit sie ihr gemeinsam ihre „Flausen“ austreiben konnten. Deshalb musste sie sich beeilen. Sie hatte schon genug Zeit damit verloren, sich unauffällig an den Forschern und anderen Besuchern vorbei durch die Absperrung zu schleichen, die ironischerweise erst durch ihre eigene Warnung aufgestellt worden war.

„Spürst du etwas, Girafarig?“, fragte sie das treue Pokémon ihrer Mutter, welches jedoch zu zögern schien.

Lily ging auf das Pokémon zu und legte ihm die Hand auf die Stirn. „Ich weiß, dass du mich beschützen und nicht in eine gefährliche Ruine schicken willst. Aber bitte, Girafarig, ich will endlich meine Mutter wiederhaben, das verstehst du doch sicher?“ Sie spürte, wie eine Träne sich aus ihrem Auge löste und ihre Wange hinunterrollte. Hastig wischte sie sie ab; jetzt war nun wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, um emotional zu werden. Jetzt war es Zeit zu handeln.

Girafarig nickte und lief dann voraus in Richtung des halb zerfallenen Gebäudes, zu dem es ihr bei ihrem letzten Besuch noch den Zutritt verwehrt hatte.

„Willst du das wirklich machen?“

Lily drehte sich zu Alex um, der einige Schritte hinter ihr stand und das Geschehen bisher stumm verfolgt hatte. „Habe ich denn eine Wahl? Ich will endlich meine Mutter zurück!“ Sie musste ja nicht zugeben, dass sie natürlich trotzdem große Angst hatte. Keines ihrer Pokémon war besonders kampferprobt und wer wusste schon, was sie drinnen erwarten würde? Was, wenn sich herausstellte, dass ihre Mutter gar nicht verschollen war, sondern...?

Lily schüttelte den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben. „Ich werde da jetzt hineingehen und ein für alle Mal herausfinden, was passiert ist.“ Entschlossen setzte sie einen Fuß auf die Schwelle zur Ruine.

„Dann werde ich mit dir gehen. Keine Widerrede.“ Seite an Seite schritten sie ins Innere des halbverfallenen Gebäudes und warteten, bis ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Vor ihnen erstreckte sich ein großes Loch im Boden, und Lily schluckte schwer. Sie wollte wirklich nicht allein gehen, aber es fühlte sich falsch an, Alex mit in ihre Familienangelegenheiten hineinzuziehen. Wenn ihm etwas zustoßen sollte, wäre das für seine eigene Familie eine Katastrophe.

„Ich denke, du solltest lieber hierbleiben“, sagte sie deshalb zu ihm und bemühte sich, das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen. Es gelang ihr nicht.

„Du glaubst doch nicht, dass ich dich alleine da reingehen lassen?“, widersprach Alex. „Lily, das ist gefährlich! Dir könnte sonst etwas passieren!“

„Das weiß ich! Und genau deshalb sollst du nicht mitgehen! Es gibt Menschen, denen du wichtig bist.“ Eigentlich hatte sie gehofft, dass er darauf bestehen würde, aber sie musste jetzt stark bleiben.

„Und du glaubst, du bist niemandem wichtig?“ Alex' erhobene Stimme hallte unangenehm laut in dem leeren Raum und in ihren Ohren. In Lilys Augen bildeten sich wieder Tränen. „Ich habe doch sonst niemanden“, flüsterte sie.

„Das ist nicht wahr“, erklang es hinter ihr. Im Eingang zur Ruine stand Rose. Die untergehende Sonne in ihrem Rücken ließ sie wie eine Erscheinung aussehen, und Lily unterdrückte einen erleichterten Schluchzer, als sie ihre ältere Schwester sah. Egal wie wütend sie war, ihre Angst überwog.

Die junge Frau wandte sich an Alex. „Danke, dass du Lily so ein guter Freund bist. Aber sie hat Recht, in diese Sache dürfen wir dich nicht hineinziehen. Das kann ich nicht verantworten.“ Sie hob eine Hand, als der Junge zum Protest ansetzte. „Falls wir Verstärkung brauchen, rufen wir euch.“

Bevor Lily sich wundern konnte, wer mit „euch“ gemeint war, trat Aidan herein. „Sorry, kleiner Bruder, aber die Damen sind stur. Muss in der Familie liegen.“

Widerwillig schritt Alex zurück zum Eingang und stellte sich neben seinen Bruder. „Ich weiß, du kannst es schaffen“, sagte er zu Lily. „Wir warten hier.“ Er lächelte ihr aufmunternd zu.

Rose ließ ihr Guardevoir aus seinem Ball und nahm Lily an die Hand. „Falls wir Hilfe brauchen, werdet ihr es wissen.“ Sie warf Aidan einen Blick zu, der zwischen hoffnungsvoll und ängstlich lag. Der Trainer nickte ihr zu. „Bis nachher. Versprochen.“

Dann drehten die beiden Schwestern sich um und kletterten in das Loch. Rose holte eine Taschenlampe hervor und leuchtete umher. „Siehst du die Symbole überall an den Wänden?“, fragte sie. „Das sind Icognito. Und irgendwie habe ich das Gefühl, sie sind mehr als nur gezeichnet.“

Lily erschauderte. „Meinst du, sie wissen, was mit Mum passiert ist?“

„Es würde mich nicht wundern, wenn sie etwas damit zu tun hätten“, erwiderte ihre Schwester. „Die Frage ist nur, wie wir sie zum Reden bringen.“

"Wieso hast du mir nie von Aidan erzählt?", fragte Lily plötzlich. Der Zeitpunkt war ungünstig, das wusste sie, aber falls ihnen etwas zustieße, würde sie niemals die Antwort erfahren.

Rose seufzte. "Ich weiß es auch nicht genau... Anfangs fand ich es spannend, ein geheimes Leben abseits von meiner Familie zu haben. Und es war schön, im Rampenlicht zu stehen und beliebt zu sein. Aber mit der Zeit habe ich gemerkt, dass mir das nicht reicht, dass all die Menschen, die mir zujubeln, nicht wichtig sind, sondern nur meine Familie. Aber das konnte ich nicht zugeben, nachdem ich jahrelang davon geredet hatte, Topkoordinatorin zu werden und Mum so stolz auf mich war... Und Daddy hatte sich ja auch immer gewünscht, dass ich einmal erfolgreich sein würde. Ich wollte es mir auch selbst nicht eingestehen, aber es gab Momente, in denen ich mich so elend gefühlt habe, dass ich am liebsten weinend nach Hause gerannt wäre. Das konnte ich mir einfach nicht erlauben, nicht nachdem ich so hart gearbeitet hatte. Irgendwann war ich an einem Punkt, dass ich nicht einmal mehr wusste, wieso mir die Wettbewerbe so wichtig waren und was der Sinn von all dem sein sollte. Ich war traurig und einsam und habe mich an Aidan geklammert, der daraufhin immer distanzierter wurde, und ich hatte wirklich Angst, alles zu verlieren. In dem Zustand hätte ich niemals das nächste Große Festival gewonnen und ich war kurz davor, alles hinzuschmeißen, als ich die Nachricht erhielt, Mum wäre verschwunden und du ganz allein zu Hause. Ich bin sofort aufgebrochen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was für eine Angst ich hatte. Ich hatte niemals vor, dich auszuspionieren, Lily, ich hatte nur solche Angst, dich auch noch zu verlieren. Ich habe doch nur noch dich..." Sie schniefte einmal hörbar.

Nachdem Rose sich ihr so geöffnet hatte, konnte Lily einfach nicht mehr wütend sein. "Ich habe doch auch nur noch dich", brachte sie noch hervor, bevor sie weinend die Arme um ihre Schwester schlang. Rose erwiderte die Umarmung und für eine lange Weile hielten sich die beiden Mädchen einfach nur gegenseitig fest, während sie endlich ihren Tränen freien Lauf ließen.

Als sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatten, fragte Lily: "Wieso hast du mich denn letztendlich doch ziehen lassen, wenn du dir solche Sorgen gemacht hast?"

"Ich konnte dich einfach nicht noch länger meinetwegen zu Hause behalten. Natürlich hatte ich Angst, dass dir etwas zustoßen könnte, aber auch ein schlechtes Gewissen dir gegenüber. Ich kann dich doch nicht ewig bei mir behalten... Nur weil ich nicht mehr träumen konnte, wollte ich nicht von dir verlangen, deine Träume aufzugeben. Vielleicht habe ich sogar gehofft, dass es mir mit der Zeit besser gehen würde, wenn ich sehe, wie du deinen Weg gehst. Jedenfalls tut es mir sehr Leid, dass ich dein Vertrauen missbraucht habe."

"Vergeben und vergessen. Aber wenn du einfach gesagt hättest, wie die Dinge stehen, wäre ich bei dir geblieben oder wir hätten zusammen reisen und nach Mum suchen können..."

Selbst im schwachen Licht der Taschenlampe konnte Lily sehen, wie ihre Schwester lächelte. "Du bist wohl doch die Klügere von uns beiden."

Lily erwiderte das Lächeln. "Ich habe nur von der Besten gelernt. Und ich glaube, ich habe eine Idee.“ Sie rief ihr Voltilamm aus seinem Ball und tätschelte ihm kurz den Kopf. „Kannst du bitte deine Blitzattacke einsetzen?“

Das Schafspokémon mähte einmal kurz, dann konzentrierte es sich und ein helles Licht umgab die kleine Gruppe. Plötzlich begann der Boden unter ihnen zu wackeln, und Lily konnte nur noch einen erstickten Schrei ausstoßen, bevor sie das Bewusstsein verlor.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  yazumi-chan
2015-05-15T19:01:44+00:00 15.05.2015 21:01
brachte sie mit noch hervor, bevor sich weinend die Arme um ihre Schwester schlang. -> noch streichen und sich durch sie ersetzen :)

Wie Kalliope bereits sagte, ist das Ende zu abrupt. Ein oder zwei Sätze Spannungsaufbau würden der Szene gut tun, vor allem, weil nicht klar ist, warum Lily überhaupt das Bewusstsein verliert. Fällt sie, stößt sie dich den Kopf, ist es irgendetwas Magisches? Ich vermute ja, dass sie durch Blitz eins der Rätsel aktiviert und dadurch irgendwohin teleportiert wurden. Die Sinjoh-Ruinen vielleicht?

Ich hoffe, du schaffst es, diese Geschichte bald zu Ende zu bringen, sie zieht sich ja nun schon über 5(?) Jahre hin und du bist so kurz vor dem Ende! :D Also ran an die Tastatur und los geht´s^^
Antwort von:  Yurippe
15.05.2015 21:15
Danke für den Hinweis und die Kritik! Ich bemühe mich, aber wie gesagt, momentan habe ich wenig Zeit, und wenn ich ehrlich bin, stecke ich auch etwas fest...
Antwort von:  yazumi-chan
15.05.2015 21:31
Weißt du denn, wie du das Ganze auflösen willst? Oder hapert es nur an der Umsetzung?
Antwort von:  Yurippe
15.05.2015 21:32
Teils, teils. :(
Von:  Kalliope
2014-09-30T17:58:04+00:00 30.09.2014 19:58
Girafarig nickte und lief dann voraus in Richtung des halb zerfallenen Gebäudes, zu dem es ihm bei ihrem letzten Besuch noch den Zutritt verwehrt hatte. --> zu dem es ihr

Gardevoir ist die englische Bezeichnung, die deutsche ist Guardevoir. :)

Ich mag das Kapitel, weil sich Lily und Rose endlich richtig ausgesprochen haben. Man möchte auch wissen, wie es weitergeht. Ein kleiner Kritikpunkt wäre für mich, dass die Icognito am Anfang und das Ende etwas plötzlich kommen. Alles in allem aber ein schönes Kapitel und ich freue mich, dass es weiter geht!
Antwort von:  Yurippe
30.09.2014 20:42
Danke, ich werde es verbessern! :)
Freut mich, dass es dir gefallen hat.
Antwort von:  Kalliope
18.10.2014 20:48
Ich bin schon gespannt, wie es weitergeht. Wenn eine Geschichte auf das Ende zugeht, ist das beim Schreiben immer nochmal ein ganz besonderes Gefühl, finde ich.
Antwort von:  Yurippe
18.10.2014 20:49
Ja, das merke ich gerade. Ich schwöre hoch und heilig, dass ich diese Geschichte dieses Jahr zu Ende bringen werde.
Antwort von:  Kalliope
18.10.2014 20:53
Das wäre schön :)
Von:  fahnm
2014-09-29T20:49:37+00:00 29.09.2014 22:49
Hammer Kapi^^
Antwort von:  Yurippe
30.09.2014 08:51
Danke! Was hat dir besonders gefallen, wenn ich fragen darf?


Zurück